finden Sie die kompletten Presseunterlagen zum Gespräch.

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finden Sie die kompletten Presseunterlagen zum Gespräch.
PRESSEGESPRÄCH
Wien, 22. August 2014
Sehr geehrte Damen und Herren!
Wir freuen uns, Sie über den aktuellen Stand der Vorbereitungen für die Viennale 2014 zu informieren.
Die Viennale findet in diesem Jahr von 23. Oktober bis 6. November statt.
In den vorliegenden Unterlagen präsentieren wir Ihnen eine erste Vorschau sowie bereits feststehende
Programmpunkte der 52. Ausgabe der Viennale. Darüber hinaus stellen wir Ihnen die Plakatsujets
des Festivals und der Retrospektive vor.
Laufend aktualisierte Informationen finden Sie auf unserer Website www.viennale.at,
Pressematerialien und Fotos zum Download unter www.viennale.at/de/presse/download.
Für alle weiteren Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit besten Grüßen
Das Viennale-Presseteam
[email protected]
Fredi Themel 01/526 59 47-30
Birgit Ecker 01/526 59 47-33
Antonella Cerullo 01/526 59 47-20
Akkreditierungen, ab 25. August:
Antonella Cerullo 01/526 59 47-20
[email protected]
(Annahme der Akkreditierungsanträge bis 3. Oktober)
Viennale
Vienna International Film Festival
Siebensterngasse 2
A-1070 Wien
printed by
VIENNALE 2014
23. OKTOBER BIS 6. NOVEMBER
VIENNALE 2014
The keeper of the flame
HAUPTPROGRAMM VIENNALE 2014
Spielfilme
Dokumentarfilme
A DANGEROUS METHOD
Ein Tribute an den Schauspieler Viggo Mortensen
REVOLUTIONEN IN 16MM
Zu einer anderen Geschichte des Schmalfilm-Formats
ARABISCHE UTOPIE
Der algerische Filmemacher Tariq Teguia
DIE INSCHRIFT DER WELT
Zur Erinnerung an den Filmemacher Harun Farocki
RETROSPEKTIVE
John Ford
VIENNALE 2014
The keeper of the flame
Das Kino, wie es seit den Tagen seiner Erfindung existiert hat, ist heute Geschichte. Mit der nahezu vollständigen
Durchsetzung des Digitalen ist die alte analoge Form zu einer Art Restbestand geworden. Nur mehr vereinzelt
ist das analoge Material Grundlage filmischer und künstlerischer Arbeit.
Diese neue veränderte Welt des Filmischen findet sich auch in allen Präsentationsformen wieder, die digitalen
Technologien folgen und damit auch in der Arbeit eines Filmfestivals. Von den rund 140 neuen, aktuellen Langfilmen des diesjährigen Hauptprogramms der Viennale sind der allergrößte Teil digitale Arbeiten.
Das Filmfestival selbst in seiner Ausrichtung und Gestaltung hat sich jedoch dadurch nicht grundsätzlich verändert. Es ist so, wie es viele Jahre zuvor war. Ein Ort lebendiger Erfahrung, ein Ort der Konfrontation, ein Zusammenhang, in dem Menschen gemeinsam sich wieder finden in einer Welt der Bilder und Töne. Ein Fest, ein
Ausnahmezustand, ein Ort der Freude, der Verunsicherung, des Neuen, des Alten, des Vergessenen, des Ungeahnten, der Verstörung, des Glücks.
Zugleich aber ist ein Filmfestival wie die Viennale jetzt ein Moment, in dem diese technologischen Umbrüche
sichtbar werden, wo das Alte und das Neue aufeinander treffen und manchmal das Alte ganz neu erstrahlt und
das Neue ganz alt aussieht. Nehmen wir etwa zwei wichtige Programme der kommenden Viennale, die traditionelle, gemeinsam mit dem Filmmuseum veranstaltete Retrospektive, die in diesem Jahr dem vielleicht größten
Filmemacher der Geschichte, John Ford, gewidmet ist und das Programm zum filmischen Format 16mm, also
erstmalig bei der Viennale eine Schau, die von einem technischen Aspekt des Kinos ausgeht und einen wunderbaren Bogen über die Geschichte, Genres und Formen des Kinos spannt.
Das Neue und das Alte, mehr denn je ist es Thema und Gegenstand der Viennale und es ist vielleicht gerade
dieser Zusammenhang, der das Festival von so vielen anderen unterscheidet. Das Feuer des Kinos weiter zu reichen, immer neu zu entfachen, zu schüren, das ist die Idee der Viennale, Luft und Licht und Flamme zu sein.
Hauptprogramm Viennale 2014
Wie schon in den Jahren zuvor stellt das umfangreiche Hauptprogramm der Viennale 2014 den Versuch dar, die
wichtigsten Arbeiten der vergangenen Monate in einem akzentuierten Überblick im Herbst in Wien zu präsentieren. Dennoch ist das Programm des Festivals nicht als ein einfaches “The Best Of ” konzipiert, sondern es will
als “The Most Important Of ” gesehen werden, also als eine Art von Behauptung, als ein Argument oder besser:
als eine eigene Kino-Erzählung. Dass dies immer auch ein gewisses Maß an Subjektivität und Willkür beinhaltet,
ist notwendiger Teil des Ganzen.
So finden sich in der Auswahl der aktuellen Filme entscheidende Arbeiten von wichtigen Regisseuren und
großen Festivals wie etwa ADIEU AU LANGAGE 3D von Jean-Luc Godard, CLOUDS OF SILS MARIA von Olivier
Assayas, JAUJA von Lisandro Alonso, DEUx JOURS, UNE NUIT von Jean-Pierre und Luc Dardenne, LOVE IS
STRANGE von Ira Sachs oder SORG OG GLæDE von Nils Malmros, aber ebenso weitgehend unbekannte und neue
Filme, die auf ihre Weise besondere und unverzichtbare Momente im aktuellen internationalen Kino markieren.
AMOUR FOU
Jessica Hausner, A/LUX/D 2014
FAVULA
Raúl Perrone, Argentinien 2014
HAGANENET
Nadav Lapid, Israel/F 2014
Dazu zählen etwa FAVULA von Raúl Perrone, HAGANENET von Nadav Lapid, MAMBO COOL von Chris Gude, BEN
O DEĞILIM von Tayfun Pirselimoglu oder MERCURIALES von Virgil Vernier. Auch wenn in vielen Fällen eine klassische Unterscheidung zwischen fiktionalem und dokumentarischem Kino obsolet und wenig hilfreich geworden
ist, gibt es dennoch diese beiden Grundlinien im Programm. Vielleicht entsteht auf diese Weise manchmal auch
eine produktive Verwirrung oder Verunsicherung.
Und eine nahezu eigene Kinoform ist jenes Arbeiten mit bereits existierendem Material, ein Argumentieren
und Fabulieren mit dem Filmischen selbst, wie es sich in Beispielen wie THE MANy FACES OF COMRADE GELOVANI von Mikheil Antadze, MR LEOS CARAx von Tessa Louise Salomé oder OUTTAKES FROM THE LIFE OF A
HAPPy MAN von Jonas Mekas findet.
Auch das österreichische Kino ist zum jetzigen Stand der Filmauswahl Mitte August mit einer Reihe neuer
Arbeiten im Programm der Viennale 2014 vertreten, wobei insbesonders die Unterschiedlichkeit und Vielfalt der
Filme auffällt, von Jessica Hausners AMOUR FOU bis Peter Kerns DER LETZTE SOMMER DER REICHEN , von
Sudabeh Mortezais MACONDO bis Hubert Saupers WE COME AS FRIENDS , um nur einige Beispiele zu nennen.
Es ist gerade der Formenreichtum, das Hin und Her, das Unberechenbare und manchmal Wuchernde, das
vielleicht die spezifische Qualität eines Festivalprogramms ausmacht. Nicht die Namen, die Kategorien, die Fixpunkte, sondern die Entdeckungen und das Unerwartete. Im Grunde ist das ideale Festival jeder einzelne Film.
Die Sujets der Viennale 2014
In dem diesjährigen Sujet zum Hauptprogramm des Festivals findet sich diese oben erwähnte Idee wieder, der
Anspruch und die Hoffnung als Filmfestival in diesen Zeiten so etwas zu sein wie “the keeper of the flame”. Der
vielleicht nicht unbescheidene, aber ernsthafte Anspruch, das Feuer des Kinos weiterzugeben, aus der Gegenwart
ins Vergangene zu leuchten, aus dem Vergangenen das Jetzt zu erhellen. Das Heute des Kinos.
Das Bild zur Retrospektive zeigt den Regisseur John Ford im Alter von 78 Jahren. Es trägt den Titel “John Ford,
Director, Bel Air, California, April 11, 1972” und stammt aus einer Serie von Porträtaufnahmen des amerikanischen
Fotografen Richard Avedon. Eine Werkgruppe, die neben Aufnahmen von Künstlern wie Francis Bacon, Pablo
Picasso oder Jean Renoir auch zahlreiche Porträts von zufälligen und alltäglichen Begegnungen Avedons umfasst
und zu seinen wichtigsten und entscheidensten Arbeiten zählt.
Viennale 2014
Retrospektive 2014
VIENNALE
VIEN NALE • FILMMUSEUM
FILM MU SEUM
RETROS PEKT IV E
JOHN
JOH
OHN FORD
FORD
16. OKTOBER – 3 0. NOVEMBER 2014
www . viennale.at • www . filmmuseum.at
el. 533 70 54
Österreichisches Filmmuseum • 1010 Wien, Augustinerstraße 1, Te
Auswahl aus dem Spielfilm-Programm
ADIEU AU LANGAGE 3D Jean-Luc Godard, F 2014
AMOUR FOU Jessica Hausner, A/LUX/D 2014
BEN O DEĞILIM Tayfun Pirselimoglu, Türkei/GR/F/D 2013
BUZZARD Joel Potrykus, USA 2014
CLOUDS OF SILS MARIA Olivier Assayas, F 2014
DEUX JOURS, UNE NUIT Jean-Pierre Dardenne, Luc Dardenne, B/F/I 2014
DOS DISPAROS Martín Rejtman, Argentinien/Chile/D/NL 2014
EIN PROLETARISCHES WINTERMÄRCHEN Julian Radlmaier, D 2013
FAVULA Raúl Perrone, Argentinien 2014
FRANK Lenny Abrahamson, IRL/GB 2013
HAGANENET Nadav Lapid, Israel/F 2014
JAUJA Lisandro Alonso, Argentinien/USA/NL/F/Mexiko … 2014
JIGOKU DE NAZE WARUI Sion Sono, Japan 2013
KIŞ UYKUSU Nuri Bilge Ceylan, Türkei/D/F 2014
DER LETZTE SOMMER DER REICHEN Peter Kern, A 2014
LOVE IS STRANGE Ira Sachs, USA 2014
MACONDO Sudabeh Mortezai, A 2014
MAMBO COOL Chris Gude, Kolumbien/USA 2013
MERCURIALES Virgil Vernier, F 2014
PLEMYA Myroslav Slaboshpytskiy, Ukraine 2014
P'TIT QUINQUIN Bruno Dumont, F 2014
SIDDHARTH Richie Mehta, Kanada/Indien 2013
SORG OG GLÆDE Nils Malmros, DK 2013
TIME LAPSE Bradley King, USA 2014
EL TRISTE OLOR DE LA CARNE Cristóbal Arteaga Rozas, E 2013
TRUDNO BYT'GOGOM Aleksej German, RUS 2013
TURIST Ruben Östlund, S/DK/F/NO 2014
VON MÄDCHEN UND PFERDEN Monika Treut, D 2014
WHIPLASH Damien Chazelle, USA 2013
Auswahl aus dem Dokumentarfilm-Programm
20,000 DAYS ON EARTH Iain Forsyth, Jane Pollard, GB 2013
THE AIRSTRIP (PHOTOGRAPHIE UND JENSEITS 21) Heinz Emigholz, D 2013
ART AND CRAFT Sam Cullman, Jennifer Grausman, USA 2014
BRANCO SAI, PRETO FICA Adirley Queirós, Brasilien 2014
DOMINO EFFEKT Elwira Niewiera, Piotr Rosolowski, PL/D 2014
JOURNEY INTO A FOG. ARTUR BERGER – FILMARCHITEKT C.Dewald, W. M. Schwarz, A 2014
MAIDAN Sergei Loznitsa, NL/Ukraine 2014
THE MANY FACES OF COMRADE GELOVANI Mikheil Antadze, Georgien/USA 2014
MR LEOS CARAX Tessa Louise Salomé, F 2014
NATIONAL GALLERY Frederick Wiseman, F/USA/GB 2014
NEPAL FOREVER Aliona Polunia, RUS/Nepal 2013
OUTTAKES FROM THE LIFE OF A HAPPY MAN Jonas Mekas, USA 2013
PULP: A FILM ABOUT LIFE, DEATH AND SUPERMARKETS Florian Habicht, GB 2014
LE RAPPEL DES OISEAUX Stéphane Batut, F 2014
SOBRE LA MARXA Jordi Morató, E 2014
STRAY DOG Debra Granik, USA 2014
DER UNFERTIGE Jan Soldat, D 2013
WE COME AS FRIENDS Hubert Sauper, F/A 2013
ZUO TIAN Saw Tiong Guan, Malaysia 2013
A Dangerous Method
Ein Tribute an den Schauspieler Viggo Mortensen
Der amerikanisch-dänische Schauspieler Viggo Mortensen ist wahrscheinlich genau das, was man einen klassischen Hollywood Maverick nennt. Kultstar und Außenseiter in einem, unberechenbar, eigensinnig und gefeiert
für seine denkwürdige Arbeit. Auf den, wenn auch vereinfachten, Nenner gebracht, liegt Mortensens ganze Vielseitigkeit und
spielerische Begabung etwa zwischen seiner Rolle als mystischer Schwertkämpfer Aragorn in Peter Jacksons THE LORD OF
THE RINGS -Trilogie und der dreimaligen Zusammenarbeit mit
David Cronenberg in A HISTORy OF VIOLENCE (2005), EASTERN PROMISES (2007) und A DANGEROUS METHOD (2011).
Aber Viggo Mortensen ist viel mehr als ein Meister der Verwandlung, er erfindet sich im Grunde mit jeder Rolle neu, von
THE INDIAN RUNNER (1991) bis THE ROAD (2009) und zuletzt
mit seiner großartigen, an die physischen Grenzen des Schauspiels gehenden Darstellung in Lisandro Alonsos
in Cannes gefeierten Emigranten-Epos JAUJA . Indem er sich allen Klischees und Typisierungen radikal verweigert
hat, ist Mortensen innerhalb weniger Jahre zu einem der interessantesten und eigenwilligsten Schauspieler seiner
Generation geworden. Und sozusagen wie nebenbei zu einem Weltstar des Kinos.
Mit rund einem halben Dutzend seiner filmischen Arbeiten und der Premiere seines neuesten Werks JAUJA
würdigt die Viennale als erstes Filmfestival den Schauspieler Viggo Mortensen .
Revolutionen in 16mm
Zu einer anderen Geschichte des Schmalfilm-Formats
Viele der bedeutendsten Umwälzungen im Kino des 20. Jahrhunderts wurden durch die Erfindung des 16mmFilms überhaupt erst möglich. Von Direct Cinema und Cinéma Verité bis hin zu den zahlreichen, nach wie vor
mächtigen Wellen des Avantgarde-Films hat die dynamische Mobilität, Handhabbarkeit und unvergleichliche
Intimität von 16mm-Kameras und -Technik Filmemacher_innen in einem bis dato nicht hinreichend wahrgenommenem Ausmaß inspiriert, ja hervorgebracht. Trotz seines enormen Einflusses steht eine umfassende
Würdigung und Aufarbeitung der Geschichte des 16mm-Films bis heute aus. In zwölf eigenen, vielfach provokanten, als Versuchsanordnungen komponierten Kapiteln erzählt die
Filmreihe eine inoffizielle, andere Geschichte dieses revolutionären
Schmalfilmformats. Die wichtigsten Genres des 16mm-Films wie
Amateurfilm, Kriegsreportage, Stag und erotischer Film, Lehr- und Industriefilm, Tagebuchfilm oder First-Person-Cinema, radikale Ethnographie, kollektiver Film und Gegen-Kino, struktureller und freier Film
werden formuliert, untersucht und dekonstruiert. Nicht zuletzt präsentiert die Reihe Filme ausgewählter Meister_innen des 16mmFilms: Shirley Clarke, Nathaniel Dorsky, Marjorie Keller, Marie
Menken, Gunvor Nelson, Dorothy Wiley, Leslie Thornton und Shinsuke Ogawa – um nur einige zu nennen. Sie haben das unendliche Potential des 16mm-Films als künstlerisches
Medium erweitert, ihre Arbeiten künden von der Zukunft des Schmalfilm-Formats.
Kuratiert von Haden Guest und Katja Wiederspahn
Arabische Utopie
Der algerische Filmemacher Tariq Teguia
Der 1966 geborene algerische Photograph und Filmemacher Tariq Teguia ist nicht nur der seit Jahren wichtigste
Regisseur seines Landes, sondern darüber hinaus einer der wesentlichen politischen Chronisten des sogenannten
«arabischen Frühlings». Das jedoch nicht als unmittelbarer Dokumentarist historischer Ereignisse, sondern als
ein politisch-ästhetischer Rechercheur, ein Geschichtsschreiber und
Erzähler von verlorener und verdrängter arabischer Identität. Von
dem jungen Paar in ROMA WA LA N’TOUMA (2006), das zerrissen ist
zwischen seinen algerischen Wurzeln und dem Wunsch nach Veränderung und Emigration, über den Photographen und Landvermesser
einer verlorenen Heimat in GABBLA (2008) zu Tariq Teguias neuester
Arbeit ZANJ REVOLUTION (2013) über verschüttete Tradition des Widerstands und der Revolte in der langen, reichen, arabischen Historie,
alle Anstrengungen des Filmemachers sind jenen Frage nach dem Eigenen, nach Gewalt und gelebter Geschichte gewidmet.
Dieses kleine filmische Werk ist eine große, radikale Herausforderung, eine ästhetische und politische Provokation und im Grunde nicht mehr und nicht weniger als die leidenschaftliche Beschwörung einer anderen, möglichen, utopischen arabischen Welt.
Mit dem Programm «Tariq Teguia in Focus» präsentiert das Festival eine Auswahl an kürzeren Arbeiten sowie
die drei Langfilme dieses bedeutenden, zeitgenössischen Regisseurs.
Die Inschrift der Welt
Zur Erinnerung an den Filmemacher Harun Farocki
Vor wenigen Tagen starb unerwartet im Alter von 70 Jahren der deutsche Filmemacher und Videokünstler Harun Farocki. Farocki hatte, beginnend Mitte
der 60er Jahre über mehrere Jahrzehnte und rund 120 Filme und Installationen hinweg, die höchst originäre und spezifische Form eines essayistischdokumentarischen Kinos entwickelt, das sich auf vielfältige Art mit den
Funktionsweisen, den Wirklichkeiten und Ideologien moderner medialer Bildproduktion beschäftigt. In zugleich analytischer wie spielerischer Form, fragend, behauptend, spekulierend und insistierend entwarf der Filmemacher
ein politisch und ästhetisch herausforderndes und reiches Œuvre, das im zeitgenössischen Filmschaffen nicht seinesgleichen findet. Mit Farocki verliert das
Kino einen großen Denker, Provokateur und Analytiker. Und einen wunderbaren Menschen.
Im Eingedenken an Harun Farocki widmet die Viennale dem Filmemacher
ein mehrteiliges Programm seiner wichtigsten Arbeiten.
© Markus J. Feger
RETROSPEKTIVE
JOHN FORD
Am Anfang war die Freude. Man freute sich, dass John Wayne sich auf einer nächtlichen staubigen Straße plötzlich
fallen lässt und im Fallen mit seinem Gewehr drei Banditen erschießt. Man freute sich, wenn Claire Trevor, die
von den bigotten Reisenden in der Postkutsche ignoriert wurde, den Platz, den Wayne ihr anbietet, mit einem
verschämt-glücklichen Lächeln annimmt. Man freute sich, wenn der Sheriff am Ende Wayne und Trevor in die
Freiheit entlässt und zufrieden sagt, “Well, they’re saved from the blessings of civilization.” Man freute sich und
war berührt. Das dürfte ganz am Anfang gewesen sein, vielleicht in der Jugend, als man STAGECOACH unter dem
Titel RINGO oder HöLLENFAHRT NACH SANTA FE auf einem dritten Fernsehprogramm sah und keine Ahnung
davon hatte, dass sein Regisseur John Ford hieß.
Später, als man sich «ernsthaft» für Filme interessierte, kamen all die Informationen über Ford, die Deutungen
und Wertungen mit ins Spiel, die einen ihrerseits nährten und weiterbildeten, die jedoch die anfängliche Freude
unter Umständen vergessen ließen.
François Truffaut schrieb einmal, dass Ford zu jenen Künstlern gehörte, die nie das Wort Kunst aussprachen, zu
jenen Poeten, denen nie das Wort Poesie über die Lippen kam. Dieser Umstand mag wichtiger sein, als man denkt.
Denn auch seine Filme verzichten stets auf Allgemeinheiten, auf Begriffliches und Abstraktionen. Die Figuren
definieren sich über ihr Verhalten und Handeln, nicht über Standpunkte. Zwischen John Wayne und Claire Trevor
entspinnt sich eine Liebe, die umso spürbarer ist, als die Liebe eine wechselseitige Bewegung zwischen den Figuren darstellt und sie sich gerade nicht erklären müssen. Sehen wir ihnen zu, färbt diese Bewegung auch auf
uns ab, was – und diese Erfahrung kann man bei Ford-Filmen häufig machen – zu einem seltsam gesteigerten
Freiheitsgefühl unsererseits beiträgt. So kommt es beim Sehen von STAGECOACH , aber auch bei vielen anderen
Filmen Fords, zu einer Freude am Einzelnen, Unabstrakten, die uns zutiefst bereichert und uns – in einem eigenartigen Umkehrschluss – den Respekt vor der eigenen Handlungsfähigkeit lehrt.
Der berühmte Ausspruch “My name is John Ford and I make westerns” steht wie ein Epitaph über Fords künstlerischem Werk, doch ist er gar nicht richtig. Der Regisseur, der 1917 seinen ersten und 1966 seinen 124. Film
machte, hat in praktisch allen Genres gearbeitet und dabei die Formensprache des Hollywood-Kinos nicht nur in
verschiedensten Varianten gehandhabt, sondern überhaupt erst mit erfunden. Wenn die Viennale und das österreichische Filmmuseum in diesem Jahr ihre Retrospektive John Ford widmen, nehmen sie sich vor, mit einer Auswahl von insgesamt 45 Filmen jede Etappe seines Schaffens zu würdigen und vorzustellen. Mit seltenen Titeln
wie JUST PALS , KENTUCKy PRIDE und BUCKING BROADWAy wird man sich durch die Zeit der frühen Stummfilme bewegen, mit den expressionistischen THE INFORMER und THE PRISONER OF SHARK ISLAND , aber auch
dem wenig bekannten Meisterwerk PILGRIMAGE die Periode des frühen Tonfilms entdecken. Die klassischen,
das heißt anerkannt großen Filme der 1940er Jahre wie My DARLING CLEMENTINE , THE GRAPES OF WRATH
oder HOW GREEN WAS My VALLEy geben sich die Hand mit Fords dokumentarischen Filmen, die während des
2. Weltkriegs entstanden sind, danach beginnt mit den Kavallerie-Filmen wie FORT APACHE oder SHE WORE
A yELLOW RIBBON die Etappe der nostalgischen Rückschau Fords, und mit THE SUN SHINES BRIGHT , THE
SEARCHERS und THE MAN WHO SHOT LIBERTy VALANCE die Phase des Spätwerks. Zusätzlich werden Filme
über John Ford gezeigt. Dokumentiert wird die Retrospektive wie immer durch ein Buch, das neben neuen Essays
auch Selbstaussagen Fords wie Aufsätze zu allen gezeigten Filmen enthalten wird.
Stefan Flach
EIN PROGRAMM VON VIENNALE UND ÖSTERREICHISCHEM FILMMUSEUM
16. Oktober bis 30. November 2014
Österreichisches Filmmuseum, Augustinerstraße 1, 1010 Wien
Tel. 01/533 70 54 • www.filmmuseum.at
Filme der Retrospektive
BUCKING BROADWAY, 1917
THE LAST OUTLAW, 1919
JUST PALS, 1920
THE IRON HORSE, 1924
LIGHTNIN’, 1925
KENTUCKY PRIDE, 1925
THE SHAMROCK HANDICAP, 1926
THREE BAD MEN, 1926
FOUR SONS, 1928
RILEY THE COP, 1928
THE BRAT, 1931
PILGRIMAGE, 1933
DOCTOR BULL, 1933
THE LOST PATROL, 1934
THE INFORMER, 1935
THE WHOLE TOWN’S TALKING, 1935
STEAMBOAT ROUND THE BEND, 1935
THE PRISONER OF SHARK ISLAND, 1936
WEE WILLIE WINKIE, 1937
YOUNG MR. LINCOLN, 1939
STAGECOACH, 1939
DRUMS ALONG THE MOHAWK, 1939
THE GRAPES OF WRATH, 1940
THE LONG VOYAGE HOME, 1940
HOW GREEN WAS MY VALLEY, 1941
THE BATTLE OF MIDWAY, 1942
TORPEDO SQUADRON, 1942
DECEMBER 7TH, 1943,
THEY WERE EXPENDABLE, 1945
MY DARLING CLEMENTINE, 1946
THE FUGITIVE, 1947
THREE GODFATHERS, 1948
FORT APACHE, 1948
SHE WORE A YELLOW RIBBON, 1949
RIO GRANDE, 1950
WAGON MASTER, 1950
WHEN WILLIE COMES MARCHING HOME, 1950
THIS IS KOREA, 1951
THE QUIET MAN, 1952
THE SUN SHINES BRIGHT, 1953
THE SEARCHERS, 1956
THE HORSE SOLDIERS, 1959
SERGEANT RUTLEDGE, 1960
TWO RODE TOGETHER, 1961
THE MAN WHO SHOT LIBERTY VALANCE, 1962
CHEYENNE AUTUMN, 1964
SEVEN WOMEN, 1965
DIRECTED BY JOHN FORD, 1971, Peter Bogdanovich
R AU M F Ü R N OT I Z E N
PRESSEBILDER DER VIENNALE 2014
Ausgewählte Spielfilme
ADIEU AU LANGAGE 3D
Jean-Luc Godard, F 2014
SORG OG GLÆDE
Nils Malmros, DK 2013
JIGOKU DE NAZE WARUI
Sion Sono, Japan 2013
BUZZARD
Joel Potrykus, USA 2014
EIN PROLETARISCHES WINTERMÄRCHEN
Julian Radlmaier, D 2013
CLOUDS OF SILS MARIA
Olivier Assayas, F 2014
PULP: A FILM ABOUT LIFE, DEATH AND
SUPERMARKETS
Florian Habicht, GB 2014
NATIONAL GALLERY
Frederick Wiseman, F/USA/GB 2014
BUCKING BROADWAY
John Ford, USA 1917
THE GRAPES OF WRATH
John Ford, USA 1940
Ausgewählte Dokumentarfilme
THE MANY FACES OF COMRADE
GELOVANI
Mikheil Antadze, Georgien/USA 2014
Retrospektive John Ford
John Ford bei Dreharbeiten mit John Wayne
A Dangerous Method
THE LORD OF THE RINGS:
THE FELLOWSHIP OF THE RINGS
Peter Jackson, Neuseeland/USA 2001
A HISTORY OF VIOLENCE
David Cronenberg, USA/Kanada/D 2005
JAUJA
Lisandro Alonso, Argentinien/USA/NL/F/
Mexiko 2014
MULTIPLE SIDOSIS
Sid Laverents, USA 1977
© UCLA Film & TV Archive
LA LUTTE
Michel Brault, Marcel Carrière, Claude
Fournier, Claude Jutra, 1961
© NFB/La Cinémathèque québécoise
FERRAILLES D’ATTENTE
Tariq Teguia, Algerien 1998
ROMA WA LA N’TOUMA
Tariq Teguia, Algerien/F/D 2006
ZUM VERGLEICH
Harun Farocki, D/A 2009
NICHT OHNE RISIKO
Harun Farocki, D 2004
Revolutionen in 16mm
SUMMER
Nathaniel Dorsky, USA 2013
Arabische Utopie
GABBLA
Tariq Teguia, Algerien/F 2008
Harun Farocki
Harun Farocki
Diese und weitere Fotos zum Download finden Sie unter www.viennale.at im Bereich Presse.
Kostenloser Abdruck nur im Zusammenhang mit der Viennale 2014.
Rückfragen bitte an: Viennale PRESSE • [email protected] • Tel. 01/526 59 47-30
Anlässlich des Sommer-Pressegesprächs dankt die Viennale ihren wichtigsten Förderern und Sponsoren,
ohne deren großzügige Unterstützung das Festival in dieser Form nicht realisierbar wäre.
FÖRDERER
SPONSOREN
RECYCLINGPARTNER
HAUPTSPONSOR
FESTIVALSPONSOR
Am Gelingen des diesjährigen Festivals ist wieder eine große Anzahl von Sponsoren und
Kooperationspartnern beteiligt. Zur Programm-Pressekonferenz am 14. Oktober
werden alle Sponsoren der Viennale 2014 bekannt gegeben.
VIENNALE – Vienna International Film Festival
Siebensterngasse 2, 1070 Wien • T +43/1/526 59 47 • F +43/1/523 41 72
offi[email protected] • www.viennale.at