finden Sie die kompletten Presseunterlagen zum Gespräch.
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PRESSEGESPRÄCH Wien, 22. August 2014 Sehr geehrte Damen und Herren! Wir freuen uns, Sie über den aktuellen Stand der Vorbereitungen für die Viennale 2014 zu informieren. Die Viennale findet in diesem Jahr von 23. Oktober bis 6. November statt. In den vorliegenden Unterlagen präsentieren wir Ihnen eine erste Vorschau sowie bereits feststehende Programmpunkte der 52. Ausgabe der Viennale. Darüber hinaus stellen wir Ihnen die Plakatsujets des Festivals und der Retrospektive vor. Laufend aktualisierte Informationen finden Sie auf unserer Website www.viennale.at, Pressematerialien und Fotos zum Download unter www.viennale.at/de/presse/download. Für alle weiteren Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Mit besten Grüßen Das Viennale-Presseteam [email protected] Fredi Themel 01/526 59 47-30 Birgit Ecker 01/526 59 47-33 Antonella Cerullo 01/526 59 47-20 Akkreditierungen, ab 25. August: Antonella Cerullo 01/526 59 47-20 [email protected] (Annahme der Akkreditierungsanträge bis 3. Oktober) Viennale Vienna International Film Festival Siebensterngasse 2 A-1070 Wien printed by VIENNALE 2014 23. OKTOBER BIS 6. NOVEMBER VIENNALE 2014 The keeper of the flame HAUPTPROGRAMM VIENNALE 2014 Spielfilme Dokumentarfilme A DANGEROUS METHOD Ein Tribute an den Schauspieler Viggo Mortensen REVOLUTIONEN IN 16MM Zu einer anderen Geschichte des Schmalfilm-Formats ARABISCHE UTOPIE Der algerische Filmemacher Tariq Teguia DIE INSCHRIFT DER WELT Zur Erinnerung an den Filmemacher Harun Farocki RETROSPEKTIVE John Ford VIENNALE 2014 The keeper of the flame Das Kino, wie es seit den Tagen seiner Erfindung existiert hat, ist heute Geschichte. Mit der nahezu vollständigen Durchsetzung des Digitalen ist die alte analoge Form zu einer Art Restbestand geworden. Nur mehr vereinzelt ist das analoge Material Grundlage filmischer und künstlerischer Arbeit. Diese neue veränderte Welt des Filmischen findet sich auch in allen Präsentationsformen wieder, die digitalen Technologien folgen und damit auch in der Arbeit eines Filmfestivals. Von den rund 140 neuen, aktuellen Langfilmen des diesjährigen Hauptprogramms der Viennale sind der allergrößte Teil digitale Arbeiten. Das Filmfestival selbst in seiner Ausrichtung und Gestaltung hat sich jedoch dadurch nicht grundsätzlich verändert. Es ist so, wie es viele Jahre zuvor war. Ein Ort lebendiger Erfahrung, ein Ort der Konfrontation, ein Zusammenhang, in dem Menschen gemeinsam sich wieder finden in einer Welt der Bilder und Töne. Ein Fest, ein Ausnahmezustand, ein Ort der Freude, der Verunsicherung, des Neuen, des Alten, des Vergessenen, des Ungeahnten, der Verstörung, des Glücks. Zugleich aber ist ein Filmfestival wie die Viennale jetzt ein Moment, in dem diese technologischen Umbrüche sichtbar werden, wo das Alte und das Neue aufeinander treffen und manchmal das Alte ganz neu erstrahlt und das Neue ganz alt aussieht. Nehmen wir etwa zwei wichtige Programme der kommenden Viennale, die traditionelle, gemeinsam mit dem Filmmuseum veranstaltete Retrospektive, die in diesem Jahr dem vielleicht größten Filmemacher der Geschichte, John Ford, gewidmet ist und das Programm zum filmischen Format 16mm, also erstmalig bei der Viennale eine Schau, die von einem technischen Aspekt des Kinos ausgeht und einen wunderbaren Bogen über die Geschichte, Genres und Formen des Kinos spannt. Das Neue und das Alte, mehr denn je ist es Thema und Gegenstand der Viennale und es ist vielleicht gerade dieser Zusammenhang, der das Festival von so vielen anderen unterscheidet. Das Feuer des Kinos weiter zu reichen, immer neu zu entfachen, zu schüren, das ist die Idee der Viennale, Luft und Licht und Flamme zu sein. Hauptprogramm Viennale 2014 Wie schon in den Jahren zuvor stellt das umfangreiche Hauptprogramm der Viennale 2014 den Versuch dar, die wichtigsten Arbeiten der vergangenen Monate in einem akzentuierten Überblick im Herbst in Wien zu präsentieren. Dennoch ist das Programm des Festivals nicht als ein einfaches “The Best Of ” konzipiert, sondern es will als “The Most Important Of ” gesehen werden, also als eine Art von Behauptung, als ein Argument oder besser: als eine eigene Kino-Erzählung. Dass dies immer auch ein gewisses Maß an Subjektivität und Willkür beinhaltet, ist notwendiger Teil des Ganzen. So finden sich in der Auswahl der aktuellen Filme entscheidende Arbeiten von wichtigen Regisseuren und großen Festivals wie etwa ADIEU AU LANGAGE 3D von Jean-Luc Godard, CLOUDS OF SILS MARIA von Olivier Assayas, JAUJA von Lisandro Alonso, DEUx JOURS, UNE NUIT von Jean-Pierre und Luc Dardenne, LOVE IS STRANGE von Ira Sachs oder SORG OG GLæDE von Nils Malmros, aber ebenso weitgehend unbekannte und neue Filme, die auf ihre Weise besondere und unverzichtbare Momente im aktuellen internationalen Kino markieren. AMOUR FOU Jessica Hausner, A/LUX/D 2014 FAVULA Raúl Perrone, Argentinien 2014 HAGANENET Nadav Lapid, Israel/F 2014 Dazu zählen etwa FAVULA von Raúl Perrone, HAGANENET von Nadav Lapid, MAMBO COOL von Chris Gude, BEN O DEĞILIM von Tayfun Pirselimoglu oder MERCURIALES von Virgil Vernier. Auch wenn in vielen Fällen eine klassische Unterscheidung zwischen fiktionalem und dokumentarischem Kino obsolet und wenig hilfreich geworden ist, gibt es dennoch diese beiden Grundlinien im Programm. Vielleicht entsteht auf diese Weise manchmal auch eine produktive Verwirrung oder Verunsicherung. Und eine nahezu eigene Kinoform ist jenes Arbeiten mit bereits existierendem Material, ein Argumentieren und Fabulieren mit dem Filmischen selbst, wie es sich in Beispielen wie THE MANy FACES OF COMRADE GELOVANI von Mikheil Antadze, MR LEOS CARAx von Tessa Louise Salomé oder OUTTAKES FROM THE LIFE OF A HAPPy MAN von Jonas Mekas findet. Auch das österreichische Kino ist zum jetzigen Stand der Filmauswahl Mitte August mit einer Reihe neuer Arbeiten im Programm der Viennale 2014 vertreten, wobei insbesonders die Unterschiedlichkeit und Vielfalt der Filme auffällt, von Jessica Hausners AMOUR FOU bis Peter Kerns DER LETZTE SOMMER DER REICHEN , von Sudabeh Mortezais MACONDO bis Hubert Saupers WE COME AS FRIENDS , um nur einige Beispiele zu nennen. Es ist gerade der Formenreichtum, das Hin und Her, das Unberechenbare und manchmal Wuchernde, das vielleicht die spezifische Qualität eines Festivalprogramms ausmacht. Nicht die Namen, die Kategorien, die Fixpunkte, sondern die Entdeckungen und das Unerwartete. Im Grunde ist das ideale Festival jeder einzelne Film. Die Sujets der Viennale 2014 In dem diesjährigen Sujet zum Hauptprogramm des Festivals findet sich diese oben erwähnte Idee wieder, der Anspruch und die Hoffnung als Filmfestival in diesen Zeiten so etwas zu sein wie “the keeper of the flame”. Der vielleicht nicht unbescheidene, aber ernsthafte Anspruch, das Feuer des Kinos weiterzugeben, aus der Gegenwart ins Vergangene zu leuchten, aus dem Vergangenen das Jetzt zu erhellen. Das Heute des Kinos. Das Bild zur Retrospektive zeigt den Regisseur John Ford im Alter von 78 Jahren. Es trägt den Titel “John Ford, Director, Bel Air, California, April 11, 1972” und stammt aus einer Serie von Porträtaufnahmen des amerikanischen Fotografen Richard Avedon. Eine Werkgruppe, die neben Aufnahmen von Künstlern wie Francis Bacon, Pablo Picasso oder Jean Renoir auch zahlreiche Porträts von zufälligen und alltäglichen Begegnungen Avedons umfasst und zu seinen wichtigsten und entscheidensten Arbeiten zählt. Viennale 2014 Retrospektive 2014 VIENNALE VIEN NALE • FILMMUSEUM FILM MU SEUM RETROS PEKT IV E JOHN JOH OHN FORD FORD 16. OKTOBER – 3 0. NOVEMBER 2014 www . viennale.at • www . filmmuseum.at el. 533 70 54 Österreichisches Filmmuseum • 1010 Wien, Augustinerstraße 1, Te Auswahl aus dem Spielfilm-Programm ADIEU AU LANGAGE 3D Jean-Luc Godard, F 2014 AMOUR FOU Jessica Hausner, A/LUX/D 2014 BEN O DEĞILIM Tayfun Pirselimoglu, Türkei/GR/F/D 2013 BUZZARD Joel Potrykus, USA 2014 CLOUDS OF SILS MARIA Olivier Assayas, F 2014 DEUX JOURS, UNE NUIT Jean-Pierre Dardenne, Luc Dardenne, B/F/I 2014 DOS DISPAROS Martín Rejtman, Argentinien/Chile/D/NL 2014 EIN PROLETARISCHES WINTERMÄRCHEN Julian Radlmaier, D 2013 FAVULA Raúl Perrone, Argentinien 2014 FRANK Lenny Abrahamson, IRL/GB 2013 HAGANENET Nadav Lapid, Israel/F 2014 JAUJA Lisandro Alonso, Argentinien/USA/NL/F/Mexiko … 2014 JIGOKU DE NAZE WARUI Sion Sono, Japan 2013 KIŞ UYKUSU Nuri Bilge Ceylan, Türkei/D/F 2014 DER LETZTE SOMMER DER REICHEN Peter Kern, A 2014 LOVE IS STRANGE Ira Sachs, USA 2014 MACONDO Sudabeh Mortezai, A 2014 MAMBO COOL Chris Gude, Kolumbien/USA 2013 MERCURIALES Virgil Vernier, F 2014 PLEMYA Myroslav Slaboshpytskiy, Ukraine 2014 P'TIT QUINQUIN Bruno Dumont, F 2014 SIDDHARTH Richie Mehta, Kanada/Indien 2013 SORG OG GLÆDE Nils Malmros, DK 2013 TIME LAPSE Bradley King, USA 2014 EL TRISTE OLOR DE LA CARNE Cristóbal Arteaga Rozas, E 2013 TRUDNO BYT'GOGOM Aleksej German, RUS 2013 TURIST Ruben Östlund, S/DK/F/NO 2014 VON MÄDCHEN UND PFERDEN Monika Treut, D 2014 WHIPLASH Damien Chazelle, USA 2013 Auswahl aus dem Dokumentarfilm-Programm 20,000 DAYS ON EARTH Iain Forsyth, Jane Pollard, GB 2013 THE AIRSTRIP (PHOTOGRAPHIE UND JENSEITS 21) Heinz Emigholz, D 2013 ART AND CRAFT Sam Cullman, Jennifer Grausman, USA 2014 BRANCO SAI, PRETO FICA Adirley Queirós, Brasilien 2014 DOMINO EFFEKT Elwira Niewiera, Piotr Rosolowski, PL/D 2014 JOURNEY INTO A FOG. ARTUR BERGER – FILMARCHITEKT C.Dewald, W. M. Schwarz, A 2014 MAIDAN Sergei Loznitsa, NL/Ukraine 2014 THE MANY FACES OF COMRADE GELOVANI Mikheil Antadze, Georgien/USA 2014 MR LEOS CARAX Tessa Louise Salomé, F 2014 NATIONAL GALLERY Frederick Wiseman, F/USA/GB 2014 NEPAL FOREVER Aliona Polunia, RUS/Nepal 2013 OUTTAKES FROM THE LIFE OF A HAPPY MAN Jonas Mekas, USA 2013 PULP: A FILM ABOUT LIFE, DEATH AND SUPERMARKETS Florian Habicht, GB 2014 LE RAPPEL DES OISEAUX Stéphane Batut, F 2014 SOBRE LA MARXA Jordi Morató, E 2014 STRAY DOG Debra Granik, USA 2014 DER UNFERTIGE Jan Soldat, D 2013 WE COME AS FRIENDS Hubert Sauper, F/A 2013 ZUO TIAN Saw Tiong Guan, Malaysia 2013 A Dangerous Method Ein Tribute an den Schauspieler Viggo Mortensen Der amerikanisch-dänische Schauspieler Viggo Mortensen ist wahrscheinlich genau das, was man einen klassischen Hollywood Maverick nennt. Kultstar und Außenseiter in einem, unberechenbar, eigensinnig und gefeiert für seine denkwürdige Arbeit. Auf den, wenn auch vereinfachten, Nenner gebracht, liegt Mortensens ganze Vielseitigkeit und spielerische Begabung etwa zwischen seiner Rolle als mystischer Schwertkämpfer Aragorn in Peter Jacksons THE LORD OF THE RINGS -Trilogie und der dreimaligen Zusammenarbeit mit David Cronenberg in A HISTORy OF VIOLENCE (2005), EASTERN PROMISES (2007) und A DANGEROUS METHOD (2011). Aber Viggo Mortensen ist viel mehr als ein Meister der Verwandlung, er erfindet sich im Grunde mit jeder Rolle neu, von THE INDIAN RUNNER (1991) bis THE ROAD (2009) und zuletzt mit seiner großartigen, an die physischen Grenzen des Schauspiels gehenden Darstellung in Lisandro Alonsos in Cannes gefeierten Emigranten-Epos JAUJA . Indem er sich allen Klischees und Typisierungen radikal verweigert hat, ist Mortensen innerhalb weniger Jahre zu einem der interessantesten und eigenwilligsten Schauspieler seiner Generation geworden. Und sozusagen wie nebenbei zu einem Weltstar des Kinos. Mit rund einem halben Dutzend seiner filmischen Arbeiten und der Premiere seines neuesten Werks JAUJA würdigt die Viennale als erstes Filmfestival den Schauspieler Viggo Mortensen . Revolutionen in 16mm Zu einer anderen Geschichte des Schmalfilm-Formats Viele der bedeutendsten Umwälzungen im Kino des 20. Jahrhunderts wurden durch die Erfindung des 16mmFilms überhaupt erst möglich. Von Direct Cinema und Cinéma Verité bis hin zu den zahlreichen, nach wie vor mächtigen Wellen des Avantgarde-Films hat die dynamische Mobilität, Handhabbarkeit und unvergleichliche Intimität von 16mm-Kameras und -Technik Filmemacher_innen in einem bis dato nicht hinreichend wahrgenommenem Ausmaß inspiriert, ja hervorgebracht. Trotz seines enormen Einflusses steht eine umfassende Würdigung und Aufarbeitung der Geschichte des 16mm-Films bis heute aus. In zwölf eigenen, vielfach provokanten, als Versuchsanordnungen komponierten Kapiteln erzählt die Filmreihe eine inoffizielle, andere Geschichte dieses revolutionären Schmalfilmformats. Die wichtigsten Genres des 16mm-Films wie Amateurfilm, Kriegsreportage, Stag und erotischer Film, Lehr- und Industriefilm, Tagebuchfilm oder First-Person-Cinema, radikale Ethnographie, kollektiver Film und Gegen-Kino, struktureller und freier Film werden formuliert, untersucht und dekonstruiert. Nicht zuletzt präsentiert die Reihe Filme ausgewählter Meister_innen des 16mmFilms: Shirley Clarke, Nathaniel Dorsky, Marjorie Keller, Marie Menken, Gunvor Nelson, Dorothy Wiley, Leslie Thornton und Shinsuke Ogawa – um nur einige zu nennen. Sie haben das unendliche Potential des 16mm-Films als künstlerisches Medium erweitert, ihre Arbeiten künden von der Zukunft des Schmalfilm-Formats. Kuratiert von Haden Guest und Katja Wiederspahn Arabische Utopie Der algerische Filmemacher Tariq Teguia Der 1966 geborene algerische Photograph und Filmemacher Tariq Teguia ist nicht nur der seit Jahren wichtigste Regisseur seines Landes, sondern darüber hinaus einer der wesentlichen politischen Chronisten des sogenannten «arabischen Frühlings». Das jedoch nicht als unmittelbarer Dokumentarist historischer Ereignisse, sondern als ein politisch-ästhetischer Rechercheur, ein Geschichtsschreiber und Erzähler von verlorener und verdrängter arabischer Identität. Von dem jungen Paar in ROMA WA LA N’TOUMA (2006), das zerrissen ist zwischen seinen algerischen Wurzeln und dem Wunsch nach Veränderung und Emigration, über den Photographen und Landvermesser einer verlorenen Heimat in GABBLA (2008) zu Tariq Teguias neuester Arbeit ZANJ REVOLUTION (2013) über verschüttete Tradition des Widerstands und der Revolte in der langen, reichen, arabischen Historie, alle Anstrengungen des Filmemachers sind jenen Frage nach dem Eigenen, nach Gewalt und gelebter Geschichte gewidmet. Dieses kleine filmische Werk ist eine große, radikale Herausforderung, eine ästhetische und politische Provokation und im Grunde nicht mehr und nicht weniger als die leidenschaftliche Beschwörung einer anderen, möglichen, utopischen arabischen Welt. Mit dem Programm «Tariq Teguia in Focus» präsentiert das Festival eine Auswahl an kürzeren Arbeiten sowie die drei Langfilme dieses bedeutenden, zeitgenössischen Regisseurs. Die Inschrift der Welt Zur Erinnerung an den Filmemacher Harun Farocki Vor wenigen Tagen starb unerwartet im Alter von 70 Jahren der deutsche Filmemacher und Videokünstler Harun Farocki. Farocki hatte, beginnend Mitte der 60er Jahre über mehrere Jahrzehnte und rund 120 Filme und Installationen hinweg, die höchst originäre und spezifische Form eines essayistischdokumentarischen Kinos entwickelt, das sich auf vielfältige Art mit den Funktionsweisen, den Wirklichkeiten und Ideologien moderner medialer Bildproduktion beschäftigt. In zugleich analytischer wie spielerischer Form, fragend, behauptend, spekulierend und insistierend entwarf der Filmemacher ein politisch und ästhetisch herausforderndes und reiches Œuvre, das im zeitgenössischen Filmschaffen nicht seinesgleichen findet. Mit Farocki verliert das Kino einen großen Denker, Provokateur und Analytiker. Und einen wunderbaren Menschen. Im Eingedenken an Harun Farocki widmet die Viennale dem Filmemacher ein mehrteiliges Programm seiner wichtigsten Arbeiten. © Markus J. Feger RETROSPEKTIVE JOHN FORD Am Anfang war die Freude. Man freute sich, dass John Wayne sich auf einer nächtlichen staubigen Straße plötzlich fallen lässt und im Fallen mit seinem Gewehr drei Banditen erschießt. Man freute sich, wenn Claire Trevor, die von den bigotten Reisenden in der Postkutsche ignoriert wurde, den Platz, den Wayne ihr anbietet, mit einem verschämt-glücklichen Lächeln annimmt. Man freute sich, wenn der Sheriff am Ende Wayne und Trevor in die Freiheit entlässt und zufrieden sagt, “Well, they’re saved from the blessings of civilization.” Man freute sich und war berührt. Das dürfte ganz am Anfang gewesen sein, vielleicht in der Jugend, als man STAGECOACH unter dem Titel RINGO oder HöLLENFAHRT NACH SANTA FE auf einem dritten Fernsehprogramm sah und keine Ahnung davon hatte, dass sein Regisseur John Ford hieß. Später, als man sich «ernsthaft» für Filme interessierte, kamen all die Informationen über Ford, die Deutungen und Wertungen mit ins Spiel, die einen ihrerseits nährten und weiterbildeten, die jedoch die anfängliche Freude unter Umständen vergessen ließen. François Truffaut schrieb einmal, dass Ford zu jenen Künstlern gehörte, die nie das Wort Kunst aussprachen, zu jenen Poeten, denen nie das Wort Poesie über die Lippen kam. Dieser Umstand mag wichtiger sein, als man denkt. Denn auch seine Filme verzichten stets auf Allgemeinheiten, auf Begriffliches und Abstraktionen. Die Figuren definieren sich über ihr Verhalten und Handeln, nicht über Standpunkte. Zwischen John Wayne und Claire Trevor entspinnt sich eine Liebe, die umso spürbarer ist, als die Liebe eine wechselseitige Bewegung zwischen den Figuren darstellt und sie sich gerade nicht erklären müssen. Sehen wir ihnen zu, färbt diese Bewegung auch auf uns ab, was – und diese Erfahrung kann man bei Ford-Filmen häufig machen – zu einem seltsam gesteigerten Freiheitsgefühl unsererseits beiträgt. So kommt es beim Sehen von STAGECOACH , aber auch bei vielen anderen Filmen Fords, zu einer Freude am Einzelnen, Unabstrakten, die uns zutiefst bereichert und uns – in einem eigenartigen Umkehrschluss – den Respekt vor der eigenen Handlungsfähigkeit lehrt. Der berühmte Ausspruch “My name is John Ford and I make westerns” steht wie ein Epitaph über Fords künstlerischem Werk, doch ist er gar nicht richtig. Der Regisseur, der 1917 seinen ersten und 1966 seinen 124. Film machte, hat in praktisch allen Genres gearbeitet und dabei die Formensprache des Hollywood-Kinos nicht nur in verschiedensten Varianten gehandhabt, sondern überhaupt erst mit erfunden. Wenn die Viennale und das österreichische Filmmuseum in diesem Jahr ihre Retrospektive John Ford widmen, nehmen sie sich vor, mit einer Auswahl von insgesamt 45 Filmen jede Etappe seines Schaffens zu würdigen und vorzustellen. Mit seltenen Titeln wie JUST PALS , KENTUCKy PRIDE und BUCKING BROADWAy wird man sich durch die Zeit der frühen Stummfilme bewegen, mit den expressionistischen THE INFORMER und THE PRISONER OF SHARK ISLAND , aber auch dem wenig bekannten Meisterwerk PILGRIMAGE die Periode des frühen Tonfilms entdecken. Die klassischen, das heißt anerkannt großen Filme der 1940er Jahre wie My DARLING CLEMENTINE , THE GRAPES OF WRATH oder HOW GREEN WAS My VALLEy geben sich die Hand mit Fords dokumentarischen Filmen, die während des 2. Weltkriegs entstanden sind, danach beginnt mit den Kavallerie-Filmen wie FORT APACHE oder SHE WORE A yELLOW RIBBON die Etappe der nostalgischen Rückschau Fords, und mit THE SUN SHINES BRIGHT , THE SEARCHERS und THE MAN WHO SHOT LIBERTy VALANCE die Phase des Spätwerks. Zusätzlich werden Filme über John Ford gezeigt. Dokumentiert wird die Retrospektive wie immer durch ein Buch, das neben neuen Essays auch Selbstaussagen Fords wie Aufsätze zu allen gezeigten Filmen enthalten wird. Stefan Flach EIN PROGRAMM VON VIENNALE UND ÖSTERREICHISCHEM FILMMUSEUM 16. Oktober bis 30. November 2014 Österreichisches Filmmuseum, Augustinerstraße 1, 1010 Wien Tel. 01/533 70 54 • www.filmmuseum.at Filme der Retrospektive BUCKING BROADWAY, 1917 THE LAST OUTLAW, 1919 JUST PALS, 1920 THE IRON HORSE, 1924 LIGHTNIN’, 1925 KENTUCKY PRIDE, 1925 THE SHAMROCK HANDICAP, 1926 THREE BAD MEN, 1926 FOUR SONS, 1928 RILEY THE COP, 1928 THE BRAT, 1931 PILGRIMAGE, 1933 DOCTOR BULL, 1933 THE LOST PATROL, 1934 THE INFORMER, 1935 THE WHOLE TOWN’S TALKING, 1935 STEAMBOAT ROUND THE BEND, 1935 THE PRISONER OF SHARK ISLAND, 1936 WEE WILLIE WINKIE, 1937 YOUNG MR. LINCOLN, 1939 STAGECOACH, 1939 DRUMS ALONG THE MOHAWK, 1939 THE GRAPES OF WRATH, 1940 THE LONG VOYAGE HOME, 1940 HOW GREEN WAS MY VALLEY, 1941 THE BATTLE OF MIDWAY, 1942 TORPEDO SQUADRON, 1942 DECEMBER 7TH, 1943, THEY WERE EXPENDABLE, 1945 MY DARLING CLEMENTINE, 1946 THE FUGITIVE, 1947 THREE GODFATHERS, 1948 FORT APACHE, 1948 SHE WORE A YELLOW RIBBON, 1949 RIO GRANDE, 1950 WAGON MASTER, 1950 WHEN WILLIE COMES MARCHING HOME, 1950 THIS IS KOREA, 1951 THE QUIET MAN, 1952 THE SUN SHINES BRIGHT, 1953 THE SEARCHERS, 1956 THE HORSE SOLDIERS, 1959 SERGEANT RUTLEDGE, 1960 TWO RODE TOGETHER, 1961 THE MAN WHO SHOT LIBERTY VALANCE, 1962 CHEYENNE AUTUMN, 1964 SEVEN WOMEN, 1965 DIRECTED BY JOHN FORD, 1971, Peter Bogdanovich R AU M F Ü R N OT I Z E N PRESSEBILDER DER VIENNALE 2014 Ausgewählte Spielfilme ADIEU AU LANGAGE 3D Jean-Luc Godard, F 2014 SORG OG GLÆDE Nils Malmros, DK 2013 JIGOKU DE NAZE WARUI Sion Sono, Japan 2013 BUZZARD Joel Potrykus, USA 2014 EIN PROLETARISCHES WINTERMÄRCHEN Julian Radlmaier, D 2013 CLOUDS OF SILS MARIA Olivier Assayas, F 2014 PULP: A FILM ABOUT LIFE, DEATH AND SUPERMARKETS Florian Habicht, GB 2014 NATIONAL GALLERY Frederick Wiseman, F/USA/GB 2014 BUCKING BROADWAY John Ford, USA 1917 THE GRAPES OF WRATH John Ford, USA 1940 Ausgewählte Dokumentarfilme THE MANY FACES OF COMRADE GELOVANI Mikheil Antadze, Georgien/USA 2014 Retrospektive John Ford John Ford bei Dreharbeiten mit John Wayne A Dangerous Method THE LORD OF THE RINGS: THE FELLOWSHIP OF THE RINGS Peter Jackson, Neuseeland/USA 2001 A HISTORY OF VIOLENCE David Cronenberg, USA/Kanada/D 2005 JAUJA Lisandro Alonso, Argentinien/USA/NL/F/ Mexiko 2014 MULTIPLE SIDOSIS Sid Laverents, USA 1977 © UCLA Film & TV Archive LA LUTTE Michel Brault, Marcel Carrière, Claude Fournier, Claude Jutra, 1961 © NFB/La Cinémathèque québécoise FERRAILLES D’ATTENTE Tariq Teguia, Algerien 1998 ROMA WA LA N’TOUMA Tariq Teguia, Algerien/F/D 2006 ZUM VERGLEICH Harun Farocki, D/A 2009 NICHT OHNE RISIKO Harun Farocki, D 2004 Revolutionen in 16mm SUMMER Nathaniel Dorsky, USA 2013 Arabische Utopie GABBLA Tariq Teguia, Algerien/F 2008 Harun Farocki Harun Farocki Diese und weitere Fotos zum Download finden Sie unter www.viennale.at im Bereich Presse. Kostenloser Abdruck nur im Zusammenhang mit der Viennale 2014. Rückfragen bitte an: Viennale PRESSE • [email protected] • Tel. 01/526 59 47-30 Anlässlich des Sommer-Pressegesprächs dankt die Viennale ihren wichtigsten Förderern und Sponsoren, ohne deren großzügige Unterstützung das Festival in dieser Form nicht realisierbar wäre. FÖRDERER SPONSOREN RECYCLINGPARTNER HAUPTSPONSOR FESTIVALSPONSOR Am Gelingen des diesjährigen Festivals ist wieder eine große Anzahl von Sponsoren und Kooperationspartnern beteiligt. Zur Programm-Pressekonferenz am 14. Oktober werden alle Sponsoren der Viennale 2014 bekannt gegeben. VIENNALE – Vienna International Film Festival Siebensterngasse 2, 1070 Wien • T +43/1/526 59 47 • F +43/1/523 41 72 offi[email protected] • www.viennale.at