Durchblick 100 - Backhaus Kinder

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Durchblick 100 - Backhaus Kinder
100
Die Zeitung für die Familie
Ausgabe 100
Oktober / November 2014
Pädagogischer Alltag
Quelle: Torsten Schröder pixelio.de
PÄDAGOGISCHER ALLTAG
Mein pädagogischer Alltag 9 // Wenn
ich wütend bin, ziehe ich aus! 10 // Traumatisierte junge Menschen 7 // Durchblick 100 Zeit für einen Rückblick 12
INHALT
Leitthema: Pädagogischer Alltag
Pädagogischer Alltag | A. Wagner ............................................................... 6
Pädagogik in den Nachbarländern | B. Veldhoff ....................................... 7
Traumatisierte junge Menschen | M. Wischka ........................................... 7
Pädagogischer Alltag | A. Möllerhaus / Kinderredaktion .......................... 8
Mein pädagogischer Alltag | L. Ringe .......................................................... 9
Wenn ich wütend bin, ziehe ich aus! | S. Tönjes / Kevin........................ 10
Ausbildung sichert Qualität | S. Vogel ........................................................ 11
Durchblick 100 - Zeit für einen Rückblick | B. Hansmann .................... 12
Durchblick 20 / 2001
25 Jahre Bindung, Beziehung, Erziehung | M. u. G. Backhaus.... 12
Durchblick 47 / 2005
Pubertät | H. Treblin-Malecki ............................................................. 15
Durchblick 57 / 2007
Begleitung mit Fingerspitzengefühl | D. Robben .......................... 19
„Resilienz“ - Bedeutung im pädagogischen Alltag | E.-M. Keeve .. 20
Durchblick 70 / 2009
Was Kinder von Tieren lernen können | E.-M. Keeve .................... 22
Weitere Themen
Die Abteilungsleiterkonferenz in Meppen | Y. Schauf ............................ 25
Vernetzungstreffen von Partizipationsgruppen | A. Backhaus ............. 26
Fortbildung zum Thema „Kinder psychisch kranker Eltern“
| H. Treblin-Malecki ... 28
Kindgerecht | K. Feldmeyer ......................................................................... 31
Eine Frage der Perspektive | K. Feldmeyer ............................................... 32
PEKIP im Mutter/Vater und Kind-Haus der BKJH | A. Lübken .............. 33
Das bisschen Haushalt ................................................................................ 33
Reaktion auf den Beitrag zu Janusz Korczak (Heft 99) | A. Backhaus . 34
Interne Fortbildung der BKJH Lüneburg | A. Schmitz-Köster .............. 36
Gleichberechtigung | K. Feldmeyer ........................................................... 37
Eine neue Wohngruppe entsteht | D. Robben......................................... 37
Die Hauswirtschafterin der WG Osterbrock stellt sich vor
| A. Veenaas ............... 38
Bei Ebbe und Flut im Leuchtturm Neuwerk | S. Rux-Böse .................... 39
Die BKJH Uckermark lädt ein zum Freitags-Brunch | R. Kraus ............ 40
Alexandra Pauli aus der Personalabteilung stellt sich vor | A. Pauli .... 40
Bootsfahrt mit der WG Vollersode auf der Hamme | S. Rux-Böse ...... 41
Meike Berends stellt sich vor | M. Berends ............................................... 42
Es darf gelacht werden | A. Möllerhaus / Kinderredaktion ..................... 42
Die BKJH Uckermark stellt sich vor | A. Wagner ..................................... 43
Rubriken
Vorwort ........................................................................................................... 4
Intro Familie Backhaus ................................................................................. 5
Lösungen Heft 99 ......................................................................................... 44
Rätsel .............................................................................................................. 45
Fast das Letzte .............................................................................................. 46
Wissenswertes der BKJH ............................................................................ 47
Die nächste Ausgabe ................................................................................... 50
DURCHBLICK Ausgabe 100
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VORWORT
Liebe Leser_innen!
Ein Jubiläum: Sie halten die hundertste Ausgabe des Durchblick in der
Hand. Am 19.09.1997 erschien ein Heft zum 5jährigen Jubiläum des
Pädagogischen Zentrums in Aurich als „Vorbote“ des späteren Durchblicks. Unter dem Namen „GfS-Kurier“ erschien dann die Ausgabe 1 im
Dezember 1997. Im Vorwort hieß es damals: „Sie halten heute die erste
reguläre Ausgabe des GfS-Kuriers in den Händen…“ / „Für die Zukunft ja, unsere Zeitung soll keine ‚Eintagsfliege‘ sein, sondern etwa monatlich erscheinen - würden wir uns wünschen, dass weiterhin so viele
Personen wie möglich, … ,Ideen und Beiträge liefern“. Vielen Dank,
dass so viele diesem Aufruf in den letzten 17 Jahren gefolgt sind und
Beiträge geschickt haben. Nur so können wir den Durchblick so vielfältig und interessant gestalten. Leider konnten wir die monatliche Erstellung einer Ausgabe nicht einhalten und händigen Ihnen zurzeit alle
zwei Monate eine Zeitschrift aus. Ab der Ausgabe 3 haben wir unsere
Zeitschrift „Durchblick“ genannt.
Meine erste Ausgabe, die ich als Redakteur zusammengestellt habe,
war die (Jubiläums-)Ausgabe 20. Den Zusatz Jubiläum haben wir gewählt, weil diese Ausgabe im Juni/Juli 2001 zum Thema „25 Jahre
Bindungskonzept - in Theorie und Praxis“ gestaltet wurde. Am 21.06.01
fand dann das große Jubiläumsfest in Meppen statt.
BODO HANSMANN
Durchblick Redaktion
Profivater
BKJH Emsland
In fast allen Ausgaben finden Sie Beiträge zum Thema „Pädagogischer
Alltag“, das Leitthema dieses Durchblicks. Wir haben für Sie in den alten
Heften geblättert und interessant erscheinende Beiträge, neben aktuell
verfassten, hier in dieser Ausgabe noch einmal veröffentlicht.
Ich wünsche allen Leser_innen viel Freude beim Lesen der Beiträge
und dem Durchblick „Herzlichen Glückwunsch zum Geburstag“.
In diesem Sinne,
Ihr
1 Unsere erste Zeitschrift 2 Die Ausgabe 1 im Jahr 1997 3 (Jubiläums-)Ausgabe 20 „25 Jahre Bindungskonzept“ Juni/Juli
2005 4 Doppeltes Jubiläum: 50te Ausgabe und 30 Jahre KJHB Backhaus 5 Die erste Ausgabe im aktuellen „Gewand“
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DURCHBLICK Ausgabe 100
INTRO
Liebe Leser_innen,
vor 100 Ausgaben boten wir knapp 100 jungen Menschen eine Heimat.
Heute hat sich diese Zahl mehr als verfünffacht. Vor 17 Jahren hätten
wir uns nicht vorstellen können, dass wir eines Tages eine Mutter-Vater-Kind-Einrichtung vorhalten würden (S. 33), uns Gedanken über betriebliche Gesundheitsförderung machen würden (S. 40), oder dass wir
im Pädagogischen Zentrum in Aurich eine Fortbildung zum Thema
„Kinder psychisch kranker Eltern“ anbieten würden (S. 28). Wir hätten
nicht gedacht, dass sich eine Partizipationsgruppe aus der Region Berlin/Uckermark Gedanken über die Privatsphäre von Kindern im Hilfeplangespräch machen würde (S. 26) oder sich eine Gruppe Abteilungsleiter_innen Gedanken zum Datenschutz in der BKJH machen
würde (S. 25).
MARIANNE UND GERHARD BACKHAUS
Gründer_in und Träger_in
Wir hatten nie geplant, eine große Einrichtung zu werden. Wir hatten
und haben keine Kapazitäten, uns Gedanken zu einer Expansion zu
machen oder an Unternehmensstrategien zu feilen. Wir waren und
sind mit dem Leitmotiv KiM (Kind im Mittelpunkt) bereits voll beschäftigt. Die Expansion hängt mit diesem KiM-Fokus maßgeblich zusammen. Wenn uns ein Kind anvertraut wurde, für das wir nicht die
passende Hilfeform bieten und das zuständige Jugendamt keine
adäquate Unterbringungsform finden konnte, dann haben wir diese
geschaffen. Dieses organische Wachstum hat zu der Größe und Ausdifferenzierung der BKJH geführt.
Und wenn nun alle Bedarfe im Sinne von KiM befriedigt sind, dann hat
die Expansion ihr Ende erreicht. Doch die Vielschichtigkeit der gesellschaftlichen Probleme und die Individualität der Anfragen der Jugendämter lassen erahnen, dass mit dem Mutter-Vater-Kind-Haus nicht das
Ende der Ausdifferenzierung erreicht ist.
SEBASTIAN BACKHAUS
Aufsichtsführender Gesellschafter
Wir sind gespannt, worüber wir uns in der 200. Ausgabe an dieser Stelle wundern werden!
Herzlichst
Ihre
DURCHBLICK Ausgabe 100
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PÄDAGOGISCHER ALLTAG
Was wir umgangssprachlich als Alltag bezeichnen, ist in Bereichen der Soziologie und
Erziehungswissenschaft ein fachlicher Termini
geworden.
Die Begrifflichkeit der „Lebensweltorientierten
Sozialpädagogik“ ist durch die Theorie von
Hans Thiersch seit den 70-er Jahren in den
fachlichen Diskurs Deutschlands gebracht
worden. Die Theorie sollte den Blick auf die
Bearbeitung und den Umgang jeglicher
Schwierigkeiten von Betroffenen im Alltag
lenken, weg von medizinisch geprägten Interventionen wie Diagnostik, Therapie und
Anamnese, welche die Betroffenen ausschließlich in ihren Rollen als Kranke oder
Beeinträchtigte beschränkt.
Hierbei gilt es, den Hilfesuchenden und -bedürftigen mit Respekt und Achtung zu begegnen und sie nicht als Klient_innen bzw. Patient_innen zu stigmatisieren. Die Rolle der
Sozialarbeit sollte sich der umfassenden Lebenswelt anpassen und eben jene aufsuchen.
Heutzutage ist der Begriff der „Aufsuchenden
Hilfen“ unter anderem ein Beispiel dafür. Kritische Stimmen beklagten jedoch die Gefahr
einer Verharmlosung, einem Mangel an Zielorientiertheit und dem inflationären Gebrauch
des Wortes.
Inzwischen ist das Konzept der „Lebensweltorientierung“ allerdings in vielen Arbeitsfeldern der Sozialen Arbeit Standard geworden.
Es gilt bereits seit dem Achten Jugendbericht
der Bundesregierung 1990 als Paradigma der
Kinder- und Jugendhilfe, das mittlerweile
auch in den Bereich der Behindertenhilfe,
Drogenhilfe und auch in den der Psychiatrie
übergegangen ist. Die Vielfältigkeit, Individualität und Besonderheit der Lebenswelt (umgangssprachlich: Alltag) eines jeden Einzelnen
- abhängig vom momentanen Umfeld wie
Arbeit, Schule, Familie, Einrichtung - macht
allerdings eine Standardisierung sehr schwierig. Wer entscheidet beispielsweise über die
geeignete Hilfeform? Inwiefern stimmt die
Wahrnehmung zur bestehenden Problematik
durch das Hilfesystem mit dem eigenen überein? Wer ist überhaupt das Hilfesystem
des/der Betroffenen? Und: woran ist der Erfolg einer Hilfeform zu messen? Das sind
Fragen, mit denen sich die Theorie und Praxis
der Sozialen Arbeit immer wieder von Neuem
6
DURCHBLICK Ausgabe 100
auseinandersetzt
und
auseinandersetzen
muss.
In der Bewältigung des Alltags formen
sich Deutungsmuster und Handlungsstrategien, wird Bedeutsames von Unbedeutsamen
unterschieden. Insofern prägt der Alltag die
Menschen, aber prägen die Menschen auch
den Alltag. Sehen wir uns unserem Alltag
ausgeliefert, machen wir uns selbst zu unbeweglichen, passiven Menschen. Der Alltag
bringt aber auch Strukturen mit sich, allein
bedingt durch die Betreuungszeiten der Kinder, den Arbeitswegen, der Infrastruktur des
Landkreises etc, die ein selbstbestimmtes
Handeln erschweren. Durch unser eigenes
Tun und Handeln beeinflussen wir auch die
Lebenswelt anderer Menschen, was wiederum unseren Alltag verändert.
Die Pädagogik knüpft nun am Alltag und an
der je individuell interpretierten Welt der Menschen an mit dem Ziel, diesen Alltag und die
Menschen in ihrem Bewältigungshandeln
besser zu verstehen, um dann wiederum über
dieses tiefere Verstehen den Adressat_innen
angemessener helfen zu können.
„Pädagogik“ ist nach Heinrich Roth mehr als
nur eine theoretisch-philosophische Wissenschaft, die vor allem durch empirische Forschungen und Beispiele aus der Praxis der
Lebenswelt(en) untermauert werden sollte.
Roths Assistent Klaus Mollenhauer läutete
schließlich die „kritische Wende“ der Pädagogik ein und formulierte Emanzipation als vorrangiges Ziel von Pädagogik: den Adressaten
zu helfen, sich von überkommenen Verhältnissen zu emanzipieren.
Mit diesem Hintergrund können wir uns bewusst machen, wie stark wir durch die Gestaltung des Alltags in unseren Profifamilien® und
den Wohngruppen auf die Pädagogik der
jungen Menschen einwirken. Alltag zu erleben, mit einem klar strukturierten Ablauf, aber
auch kleinen Ausnahmen, Besonderheiten
und Ritualen, hat über Jahre oftmals mehr
positive Wirkung auf die Entwicklung der uns
anvertrauten Kinder als eine halbjährliche
Verhaltenstherapie, die nicht der Lebenswelt
der Kinder entspricht und: die nicht auf Bindung basiert, sondern als reine Dienstleistung
angefordert wurde. …aber das ist wieder ein
ganz anderes Thema!
ANNETT WAGNER
Erziehungsleitung
BKJH Uckermark
Quellen:
-
Grunwald,
Klaus
/
Thiersch, Hans (Hrsg.):
Praxis Lebensweltorientierter
Sozialer
Arbeit.
Handlungszugänge und
Methoden
in
schiedlichen
unter-
Arbeitsfel-
dern. München, Weinheim: Juventa 2004
- Bundesministerium für
Jugend, Familie, Frauen
und Gesundheit (Hrsg.):
Achter
Jugendbericht.
Bericht über Bestrebungen und Leistungen der
Jugendhilfe. Bonn: Bonner
Universitäts-Buch-
druckerei 1990.
- Wolfgang C. Müller:
Nachwort zu einem historischen Dokument. In:
Klaus Mollenhauer: Einführung in die Sozialpädagogik. Probleme und
Begriffe der Jugendhilfe.
10. Auflage. Beltz, Weinheim 2001, S. 179ff.
PÄDAGOGIK IN DEN NACHBARLÄNDERN
Jeden Tag haben wir mit ihr zu tun, egal ob
zu Haus oder in unserem Beruf, bei den
eigenen Kindern, Pflegekindern oder jungen
Menschen in den Wohngruppen. Es geht um
die Pädagogik.
Im 19. Jahrhundert war das Ziel der Erziehung
bestimmte soziale Einstellungen an kommende Generationen weiterzugeben. Dabei ging
es insbesondere um Religion, Traditionen und
bestimmte Fähigkeiten wie lesen oder schreiben. Verantwortlich für die Erziehung waren
die eigenen Eltern, andere Familienmitglieder
und die Nachbarschaft. Heutzutage sind die
Ziele der Erziehung gesetzlich festgelegt. In
der Kinder- und Jugendhilfe werden im Kinder- und Jugendhilfegesetz die gesetzlichen
Ziele und Wertvorstellungen beschrieben. Die
Eltern haben das Recht und die Pflicht zur
Erziehung und Pflege ihrer Kinder. Die staatliche Gemeinschaft wacht darüber, dass das
Recht der Kinder gewährleistet wird. Werden
die Eltern ihren Aufgaben nicht gerecht, müssen Leistungen von außerhalb in Anspruch
genommen werden. Dies kann z.B. Familienberatung, intensive Einzelbetreuung oder
sogar Inobhutnahme sein. Die Aufgabe der
Pädagog_innen in der Jugendhilfe ist die Förderung der eigenen Entwicklung des jungen
Menschen und die Erziehung zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten. Des Weiteren sollen die Erhaltung positiver Lebensbedingungen sowie der
Abbau von Benachteiligungen unterstützt
werden.
Wie sieht Kinder- und Jugendhilfe eigentlich
bei unseren Nachbar_innen aus? In den Nie-
derlanden z.B. findet zurzeit ein Umbruch in
der Jugendhilfe statt. Um Kosten zu sparen,
wurde ein neues Gesetz verabschiedet, dieses
wird am 1. Januar 2015 in Kraft treten. Ab dann
ist die Kinder- und Jugendhilfe nicht mehr
Aufgabe der niederländischen Regierung,
sondern der einzelnen Gemeinden. Die Gemeinden sind dafür zuständig, Probleme in
Familien früh zu erkennen, pädagogische
Hilfe anzubieten, die Kinder sowie Jugendlichen und deren Eltern zu unterstützen und
bei Bedarf Hilfe von außerhalb zu organisieren
(Spezialist_innen, andere Pädagog_innen oder
Einrichtungen wie Wohngruppen). Vorteile
des neuen Gesetzes sind zu allererst die Einsparungen, die ca. 15%1 weniger als die jetzigen Kosten betragen werden. Zusätzlich findet alles vor Ort statt. Jede Person kann bei
der Gemeinde um Hilfe bitten, es darf niemand abgewiesen werden. Im Laufe der Zeit
wird entschieden, ob weitere Hilfe notwendig
ist oder nicht. Außerdem wissen die Gemeinden am besten was ihre Ressourcen sind und
können diese nutzen. Nachteile des neuen
Gesetzes sind, dass nicht immer genug Geld
vorhanden ist. Falls die Gemeinden nicht mit
dem zur Verfügung gestelltem Geld auskommen, müssen Gelder aus der Gemeindekasse
fließen. Zusätzlich kann nicht jede Gemeinde
die benötigte Hilfe bieten. In ländlichen Gemeinden z.B. ist das Hilfsangebot oftmals
schlechter ausgebaut als in Gemeinden mit
hoher Population. Deswegen wird oft die
Frage gestellt, ob wirklich jede Person in den
Niederlanden die Hilfe bekommt, die sie
braucht.
BETINA VELDHOFF
Erzieherin
Jugendwohngruppe
Bokeloh
BKJH Emsland
Quelle:
1. Angabe der Regierung
der Niederlande: „Rijksoverheid“. Das dazugehörige Gesetz lautet „Transitie jeugdzorg“.
http://www.rijksoverheid.
nl/onderwerpen/jeugdzo
rg/jeugdzorg-in-de-wet
TRAUMATISIERTE JUNGE MENSCHEN
Die besondere Herausforderung in der Kinder- und Jugendhilfe ist der Umgang mit
den traumatisierten Kindern und Jugendlichen. Diese Kinder zeigen die Folgen der
Traumatisierung in allen Lebenslagen.
Sie haben oft Schwierigkeiten anderen Menschen zu vertrauen, sie zeigen sich feindselig
und misstrauisch. Ihre Impulse und Affekte
können sie nur schwer kontrollieren. Sie wirken oft geistig abwesend, sie haben Probleme
im Bereich der Aufmerksamkeit. Sie haben ein
geringes Selbstwertgefühl, kompensieren dies
u.U. durch „Rambogehabe“ oder aber auch
durch scheinbare Überanpassung. Sie zeigen
häufiger somatische Beschwerden und Schlafstörungen. Sie sind oft sehr unruhig (ständig
auf der Flucht) oder wirken wie innerlich erstarrt. Sie haben oft ein Grundgefühl von
Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit und entwickeln diverse Verhaltensweisen, um diesem
Gefühl der Verzweiflung zu entgehen.
Oft erleben die begleiteten Pädagog_innen
eine große Hilflosigkeit und kommen an ihre
Belastungsgrenzen. Um dieser eigenen Hilflo-
MARION WISCHKA
Abteilungsleitung
BKJH Emsland
DURCHBLICK Ausgabe 100
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sigkeit zu entgehen, wird mit Strenge reagiert.
Der pädagogische Alltag ist oft eine schwierige Gratwanderung: auf der einen Seite brauchen die jungen Menschen Klarheit und
Grenzen. Sie sind sehr verunsichert und brauchen einen „sicheren Ort“, auf der anderen
Seite besteht immer die Gefahr, in die Gegenübertragung zu „rutschen“, also mit zu viel
Grenzen und Strenge zu reagieren. Die Grenzen der jungen Menschen wurden massiv
verletzt, sie haben nie gelernt, Grenzen von
anderen zu akzeptieren. Sie sind oft grenzenlos in ihrem Verhalten, also benötigen sie
Grenzen von außen, aber wo kippt dies, wo
werden Grenzen gesetzt, um Halt zu geben
oder wo aus Enttäuschung, aus Hilflosigkeit
oder Wut und bergen damit die Gefahr einer
Retraumatisierung?
Wichtig für traumatisierte junge Menschen
sind starke und stabile Erwachsene, die das
oft unverständliche Verhalten der Kinder aushalten. Die ihnen trotz aller Schwierigkeiten
im Alltag wohlwollend gegenüberstehen. Die
ihnen immer wieder Beziehung anbieten,
auch wenn traumatisierte Kinder oftmals alles
dafür tun, Beziehung nicht zuzulassen oder
sie zu zerstören.
Dies bedeutet für die pädagogischen Mitarbei-
ter_innen viel „Fingerspitzengefühl“ im Umgang mit traumatisierten jungen Menschen. Oft
lösen diese junge Menschen intensive Gefühle
aus. „Letztlich ist für die Frage, ob ein Kind
nach einer Eskalation in einer Wohngruppe
verbleiben und gehalten werden kann, nicht
das Problemverhalten, sondern die Tragfähigkeit des pädagogischen Teams entscheidend.
Nur „stabile, sichere Mitarbeitende“ können in
Krisensituationen stabilisieren und deeskalieren
(vgl. Marc Schmid).
Immer wieder wird es im pädagogischen
Alltag zu Krisen kommen, die sowohl die Kinder als auch die Mitarbeiter_innen belasten
und überfordern. Dies führt oft zu hohen
Abbruchquoten der Kinder und Fluktuation
der Mitarbeiter_innen. Die Bindungsstörung
verfestigt sich dabei bei den Kindern. Gleichzeitig bewirkt es bei den Mitarbeitern ein Gefühl des Versagens und der Selbstabwertung.
(vgl. a.a.O) „Mitarbeiter benötigen in Krisensituationen ähnliche innerpsychische Fertigkeiten (natürlich auf viel höherem Niveau), wie
die Kinder (Emotionsregulation, Resilienzfaktoren). Sowohl die Heranwachsenden, als
auch die Mitarbeiter brauchen letztlich einen
sicheren Ort, an dem sie sich selbstwirksam
erleben.“ (a.a.O.)
Quelle:
Marc Schmid, Universitäre Psychiatrische Kliniken
Basel, Vortrag
www.upkbs.ch v. 7.11.12
PÄDAGOGISCHER ALLTAG
Gemeinsam in unserer Kinderredaktionssitzung haben wir uns über den Wortlaut „pädagogischer Alltag“ ausgetauscht. Wir haben bemerkt, dass es ganz unterschiedliche Sicht-
weisen und Erklärungen für den Begriff gibt,
sodass wir ein Schema mit verschiedenen
Deutungen erstellt haben:
Kinder versorgen
Tanz AG
Am PC arbeiten
Termine wahrnehmen
ASTRID MÖLLERHAUS
Gärtner AG
Aufsichtspflicht
Leitung der Kinderredaktion
trösten
Zuhören
Bezugsperson
Reit AG
Hausaufgabenbetreuung
Kinderredaktionsteam
Hilfe
Geschichten vorlesen
beobachten
(erstellt von der Kinderredaktion)
8
DURCHBLICK Ausgabe 100
Kinderredaktion
BKJH Emsland
MEIN PÄDAGOGISCHER ALLTAG
Viele fragen sich, wie unser pädagogischer
Alltag aussieht? Als Erzieherin der Backhaus
Kinder- und Jugendhilfe werden es euch
verraten.
Mein Alltag kann ruhig und harmonisch, aber
auch sehr turbulent und aktionsreich sein. Er
wird durch klare Regeln und Rituale bestimmt.
Diese Strukturen geben den Kindern Halt auf
dem Weg, ihr Leben wieder in die eigene
Hand zu nehmen.
Während der Schulzeit fängt für einige Kinder
der Tag schon früh an. Mit einem netten „Guten Morgen“ wecke ich die Ersten schon um
5:00 Uhr morgens. Stimmt, das ist für manche
sehr früh, doch ein paar von den Kindern
brauchen die Zeit, damit sie pünktlich an der
Bushaltestelle sind. Ich sorge dafür, dass jedes
Kind gefrühstückt hat, sein Zimmer ordentlich
hinterlässt und mit geputzten Zähnen, gekämmten Haaren und mit wettergerechter
Kleidung das Haus verlässt.
Den Vormittag verbringen die jungen Menschen in der Schule, wo sie lesen, schreiben
und rechnen lernen. Während der Schulzeit
habe ich Gelegenheit, mich um organisatorische Dinge zu kümmern. Wenn die Schule
vorbei ist, trudeln alle Kinder zwischen 13:00
Uhr und 13:30 Uhr zu Hause ein. Da erwartet
sie dann ein herrlicher Geruch aus der Küche
und ein freundliches Lächeln von mir mit der
Frage: „Wie war die Schule?“ Die Antworten
der jungen Menschen sind häufig kurz gehalten wie z.B.: „Gut“ oder „ Nicht so gut.“
Nach dem gemeinsamen Mittagessen werden
Hausaufgaben gemacht, wo die jungen Menschen von mir unterstützt werden. Nach Leseübungen und Kopfrechnen gibt es eine
kleine Mittagspause, wo die jungen Menschen
alleine oder auch zu zweit in ihren Zimmern
verbringen. Hier können sie sich ausruhen,
lesen oder spielen. Ihre Zimmer werden dann
oft zu Höhlen oder zu Einkaufsläden. Ihren
Fantasien sind da keine Grenzen gesetzt.
In der Mittagspause tausche ich mich mit anderen Erzieher_innen über wichtige Themen
aus und bespreche den weiteren Verlauf des
Nachmittags. Nach der Mittagspause haben die
jungen Menschen bis zum Abendbrot Freizeit.
In ihrer Freizeit haben sie die Möglichkeit, Gesellschaftsspiele zu spielen, draußen in der
Sandkiste oder Piraten in dem neuen Baumhaus zu spielen. Manchmal müssen auch wichtige Termine wahrgenommen werden, bei
denen ich die Kinder dann begleite.
Zu Beginn jeden Monats verteile ich erneut
Aufgaben an die jungen Menschen, die täglich
zu erledigen sind. Wie z.B. den Tisch decken,
die Geschirrspülmaschine ausräumen oder
den Müll nach draußen bringen. So übernimmt jede_r Einzelne oder die Gruppe Verantwortung. Ich integriere auch Projekte in
unseren Alltag, die ich selber oder zusammen
mit den jungen Menschen entwickle und an
denen wir dann gemeinsam arbeiten.
Jeden Tag gibt es eine Kaffeezeit, die zwischen 15:30 Uhr bis 16:00 Uhr stattfindet.
Gemeinsam mit Gemüse, Kakao und manchmal mit leckeren Kuchen tausche ich mich
mit den jungen Menschen über die Schule
oder andere wichtige Themen aus. Einmal in
der Woche findet in der Kaffeezeit eine Kinderkonferenz statt. Dort können die Kinder
ihre Wünsche und Beschwerden äußern, die
ich dann in unserer nächsten Teamsitzung
ansprechen werde. Außerdem werden Vorschläge gesammelt, was man am Wochenende machen könnte. Anschließend stimmen
wir darüber ab.
Um 17:00 Uhr gehen die jungen Menschen
duschen. Ab 18:00 Uhr dürfen die Kinder bis
zum gemeinsamen Abendbrot fernsehen.
Nach der Gutenachtgeschichte gehen die
jungen Menschen dann ins Bett und träumen
- so hoffe ich - von ihrem heutigen oder
LISA RINGE
Erzieherin
Backhaus Vollersode
BKJH Bremen / Vollersode
1 Unser Projekt Tapetenunterwasserwelt 2 Ein kleiner Ausschnitt des Ergebnisses 3 Das Projekt Baumhaus bauen
DURCHBLICK Ausgabe 100
9
nächsten Tag bis der Wecker wieder um 5:00
Uhr klingelt, in der Hoffnung, dass wieder ein
turbulenter Tag beginnt.
Meine Aufgabe ist es, die jungen Menschen in
ihrem Alltag zu betreuen und zu unterstützen,
so dass sie klare Strukturen und einen gleichmäßigen Rhythmus erhalten. So erfahren die
jungen Menschen wieder Normalität in ihrem
Leben, was eine essentielle Voraussetzung für
ihre Entwicklung ist.
WENN ICH WÜTEND BIN, ZIEHE ICH AUS!
Wenn ich so richtig wütend bin, dann sitze ich
auf einem Berg und könnte Feuer spucken.
Und dann ziehe ich aus.
So wie neulich! Es war an einem Sonntag und
ich wollte für alle einen Kakao warm machen.
Wie immer ging ich in die Küche, stellte den
Topf mit der Milch auf den Herd, stellte die
Herdplatte an und plötzlich fiel mir ein, dass
ich noch etwas Wichtiges in meinem Zimmer
vergessen hatte. Also schnell zurück und
schon geholt. Als ich dann aber wieder in die
Küche kam, war die Herdplattenabdeckung
Unsere Broschüren
„Leitbild“, „Rahmenkonzeption“
und
„Konzeption Profifamilie ® “ können Sie
sich auf unserer Internetseite ansehen:
WWW.BKJH.DE
10 DURCHBLICK Ausgabe 100
hinten ganz heiß. Ich hatte die falsche Herdplatte angeschaltet. Ehe ich das alles wieder
richten konnte, kam auch schon meine Profimutter in die Küche und sagte: „ Was machst
du denn da, willst du uns alle abfackeln?“
Ich merkte, wie mein Wut-Berg kam und ich
ganz rot wurde, ich hätte Feuer spucken können. Man, das habe ich doch nicht mit Absicht
gemacht. Ja immer ich. Die anderen in der
Profifamilie® haben es ja sowieso besser. Die
können ihren Vater am Wochenende besuchen und ich nicht. Das ist eine Bruchbude
hier, hier will ich nicht mehr wohnen, ich
packe meine Tasche und haue ab. Was nehme ich mit und zu schwer darf sie auch nicht
sein. Alles gepackt noch ein wenig geflucht
und ab zu Tür.
Da stand schon meine Profimutter.
Ich will hier weg. Ich will hier nicht mehr
wohnen.
Meine Profimutter schaute mich an, nahm
mich in den Arm und sagte, sie möchte aber,
dass ich hier wohne. Oh, tat das gut! Ich
merkte, dass der Wut-Berg kleiner wurde. Immer wenn ich so richtig wütend bin, will ich
ausziehen.
Heute nicht mehr.
SABINE TÖNJES
Erziehungsleitung
BKJH Berlin
Quelle:
Erzählt von Kevin R. 12 Jahre
Bild: Sloganmarker.com
AUSBILDUNG SICHERT QUALITÄT
Die Anforderungen an die Hauswirtschaftliche Fachkraft steigen ständig an. In den Bereichen Versorgung, Verpflegung, Gästebetreuung und Service werden die Ansprüche
spezieller.
Qualitätssicherung ist gerade auch für den
Dienstleistungsbereich Hauswirtschaft ein
wichtiger Aspekt, es wird mehr Leistung und
Eigenverantwortung verlangt.
Auch der Gesetzgeber gibt strenge Maßnahmen in der Qualitätssicherung vor, diese können die verschiedenen Dienstleistungsunternehmen nur durch ausreichend geschultes
und ausgebildetes Personal sichern. Es müssen nicht nur in Großküchen strenge Hygieneregeln beachtet werden, sondern auch
unsere Jugendwohngruppen mit Selbstverpflegung sind an strenge Verordnungen des
Gesetzgebers gebunden.
Die Qualifikation der Mitarbeiter_innen in den
vielseitigen Arbeitsbereichen ist Grundlage für
ein verantwortungsbewusstes und wirtschaftliches Handeln.
Der Ausbildungsbetrieb hat die Möglichkeit,
eine sinnvolle und praktikable Personalentwicklung durch kontinuierliche Ausbildung in
diesem Berufsfeld zu schaffen.
Die Ausbildungsinhalte des Berufsbildes Hauswirtschaft sind sowohl in der Theorie, als auch
in der Praxis sehr umfangreich und vielschichtig. Aktuelle Alltagsthemen wie Nachhaltigkeit
in der Lebensmittelindustrie und Umweltschutz sind Ausbildungsschwerpunkte, die
während der gesamten Ausbildung vermittelt
und so gefestigt werden.
Hauswirtschaft erlebt einen Umbruch, es wird
immer mehr zum Servicemanagement.
Diese Entwicklung lässt sich auch an den
Ausbildungseinheiten erkennen:
Für gesunde und bedarfsgerechte Ernährung
sorgen, z.B. welche Personengruppe wird
zum Mittagessen erwartet? Sind es Senior_innen, Erwachsene, Jugendliche oder Kinder?
Mit welcher Personenanzahl ist zu rechnen,
wird eine leichte Kost verlangt?
Eine Fachaufgabe zu diesem Thema könnte
lauten: Sie arbeiten in einem Bistro an einer
berufsbildenden Schule.
· Eine Referendarin legt ihre zweite Staatsprüfung ab und bestellt ein Mittagessen für
acht Personen für 12.30 Uhr. Sie wünscht
sich ein vegetarisches Menu, bestehend aus
drei Gängen. Pro Person dürfen inkl.
Getränke 5.-€ verbraucht werden.
· Der Tisch ist dem Anlass entsprechend einzudecken.
· Die Mahlzeit soll um 12.30 Uhr im kleinen
Essraum von Ihnen serviert werden.
Weitere Ausbildungseinheiten sind:
· Versorgung und Betreuung,
· Motivation und Beschäftigung in der Pflege,
· Leistungen kalkulieren und abrechnen,
· Räume gestalten und pflegen,
· Anwenden von Hygienemaßnahmen,
· Einhalten von Gesundheits- und Arbeitsschutz,
· Präsentation und Vermarktung von Produkten und Leistungen,
· Der Umgang mit Internet und Multimedia
ist ein neuer und beliebter Trend in der
Ausbildung. In vielen dieser Bereiche steht
der Mensch im Mittelpunkt.
Im Laufe der Ausbildungszeit sammelt die Azubis Eindrücke im Umgang mit Kund_innen,
Kolleg_innen und Vorgesetzten. Sie lernen lösungsorientiertes Handeln, sind in der Lage
Konflikte auszutragen.
Nach Beenden der Ausbildung können Hauswirtschafter_innen Verantwortung für Arbeitsorganisation übernehmen.
Sie sind flexibel einsetzbar, kreativ, kommunikativ, kund_innen- und serviceorientiert. Diese erlernten Voraussetzungen ermöglichen
ihnen den Einstieg in verschiedene Dienstleistungsunternehmen, z.B. Tourismus, Hotel,
Event- und Cateringbetriebe, Betreuungsund Pflegeeinrichtungen.
Mit einer Ausbildung schafft sich der junge Erwachsene eine Existenzsicherung, die langfristig mehr soziale Sicherheiten bieten kann.
Da in den Gruppenpädagogischen Einrichtungen mit verschiedenen Personengruppen gearbeitet wird, bieten sich die Möglichkeiten,
die Fertigkeiten und Kenntnisse der Ausbildenden der Einrichtung an die jungen Auszubildenden weitergeben.
Die Backhaus Kinder- und Jugendhilfe hat sich
als Ausbildungsbetrieb für die Hauswirtschaft
schon im Durchblick vorgestellt. Im Moment
werden in der Einrichtung u.a. Auszubildende
zur „Fachpraktikerin Hauswirtschaft“ ausgebildet.
Diese Berufsausbildung erfolgt nach § 66 des
BBiG und ist speziell für junge Menschen
gedacht, die mit einer regulären Ausbildung
überfordert sind.
Ziel dieser Ausbildungsform ist es, die Stärken
des Auszubildenden zu erkennen und diese
zu fördern. So soll dem Azubis eine Chance
auf dem Arbeitsmarkt gewährleistet werden.
SUSANNE VOGEL
Hauswirtschaftsleiterin
Intensivpädagogische
Wohngruppe Borken
BKJH Emsland
DURCHBLICK Ausgabe 100 11
DURCHBLICK 100 - ZEIT FÜR EINEN RÜCKBLICK
Redaktionssitzung zu dieser Ausgabe (Es
fehlen Frau Schauf und Herr Hansmann)
Für diese Durchblick-Ausgabe 100 haben wir
geplant, aus den zuvor erschienenen Heften
hier noch einmal Beiträge, die sich im weitesten Sinne auch mit dem Leitthema dieser
Zeitschrift: „Pädagogischer Alltag“ beschäftigten, als eine Art Retrospektive zu veröffentlichen.
In der abschließenden Redaktionssitzung stellten wir aber fest, dass die gesammelten ca. 25
bis 30 Beiträge nicht in diesem Heft Platz finden würden. So haben wir spontan entschieden, dass jede_r einen von ihm_ihr gesammelten Vorschläge heraussuchen solle. Das
Ergebnis erscheint nun auf den folgenden
Seiten. Sechs Beiträge, die natürlich nur einen
kleinen Ausschnitt aus 100 Ausgaben unseres
Durchblicks darstellen können. An dem jeweiligen rechten Bild in den Einleitungen kann
man den jeweiligen ehemaligen Stil der Ausgabe erkennen. Wir haben uns auch in diesem
Punkt stark verändert. Zudem haben wir sukzessive eine Genderschreibweise eingeführt
und weiterentwickelt. All dies ist, neben den
inhaltlichen Aspekten, in den folgenden Beiträgen ersichtlich. Viel Spaß beim Lesen.
RETROSPEKTIVE: DURCHBLICK 20 / JUN./JUL. 2001
Die Ausgabe 20 erschien im Juni 2001 und
erhielt den Titel „(Jubiläums-)Ausgabe 20. Wie
auf dem Deckblatt rechts zu sehen, war es ein
Heft der Rückschau auf 25 Jahre Bindungskonzept. In dem Heft stellten sich zudem die
ersten Gesellschaften für Sozialpädagogik
(GfS) vor, die sich im Rahmen der Kinder und
Jugendhilfe Backhaus (KJHB) sukzessive
gründeten. Damals schon neben der GfS
Emsland, die GfS Aurich, GfS Bremen, GfS
Lüneburg, GfS Oldenburg und GfS Osnabrück.
Nach einer Reform vor nicht all zu langer Zeit,
werden diese Zentren nun BKJH Aurich, BKJH
Bremen etc. und die Gesamteinrichtung BKJH
Backhaus Kinder- und Jugendhilfe genannt.
Im Folgenden der einleitende Artikel der Zeitschrift verfasst von Frau und Herrn Backhaus.
25 JAHRE BINDUNG, BEZIEHUNG, ERZIEHUNG
Als wir vor ca. 30 Jahren unser erstes
Heimpraktikum in einem großen Heim in
NRW machten, ahnten wir noch nicht, welche
Auswirkungen dies auf unser privates und
berufliches Leben haben wird.
20 Kinder lebten in einem Schlafsaal, betreut
von einer Erzieherin und einem „Hilfserzieher“. Isoliert lebten die Heimkinder, ca. 200,
auf einem großen Heimgelände. Es gab eine
Kantine für die Erzieher, die Kinder aßen unter
12 DURCHBLICK Ausgabe 100
Aufsicht in der Gruppe. Einmal in der Woche
kam der Arzt, es gab eine Krankenstation. Das
Heim in sich war autark. Es gab eine Schule,
eine Kirche, Landwirtschaft, Schneider, Schuster, Sportplatz, Badeteich und vieles mehr.
Dies alles auf einem riesigen Gelände einige
Kilometer entfernt vom nächsten Dorf. Es
herrschte ein „militärischer Drill“, um den
vielen jungen Menschen mit wenigen Erziehern einen geordneten Tagesablauf zu bieten.
Marianne und Gerhard
Backhaus
Gründer_in und Träger_in
Erziehung zur Anpassung mit drastischen
Erziehungsmaßnahmen waren Eckpfeiler der
realen Konzeption, die auf dem Papier mit
christlicher Nächstenliebe umschrieben war.
Damals, 30 Jahre jünger, waren wir entsetzt
über die ausweglose Situation dieser jungen
Menschen, die sich in ihrer Entwicklung negativ beeinflussten, in der Regel nach dem Heimaufenthalt eine kriminelle Karriere begannen
oder fortsetzten. Ein Kreislauf, der nicht unterbrochen wurde: Großeltern waren Heimkinder, Eltern etc..
„Wie lange bleibst Du“, war eine häufige Frage
der Heimkinder. Wer länger blieb war gefragt,
denn hier lohnte es sich, vielleicht in Bindung
und Beziehung zu gehen.
Alle Kinder und Jugendlichen litten unter
ihren traumatischen Erlebnissen, die in keinster Weise aufgearbeitet werden konnten. Die
Selbstmedikamention in Form von Verhaltensauffälligkeiten (gesehen werden), Aggressionen und Stehlhandlungen waren die Fol-
gen dieser Form der Heimerziehung.
Nach dem Studium der Sozialpädagogik, mit
dem Schwerpunkt Heimerziehung, arbeiteten
wir in weiteren größeren Einrichtungen der
damaligen Zeit.
Es gab schon Erneuerungen, wie z. B. kleinere
Gruppen. Eine ganzheitliche Erziehung, am
Kind orientiert, konnten wir nicht feststellen.
Gefragt in diesen Einrichtungen waren die
Putzfrauen, die auch mal einen Knopf annähten und dies mit einem liebevollen Gespräch
verbanden, der Hausmeister, mit dem man
sein Fahrrad reparieren konnte oder der
Nachtdienst, der sich viel Zeit für die Anliegen
der Jugendlichen nahm.
So manch ein Sozialpädagoge schielte neidisch
auf die guten Beziehungen des nicht pädagogischen Personals zu seinem Klientel, den
Heimkindern. Unsere damaligen Versuche, die
Konzeptionen der Großeinrichtungen, in denen
wir arbeiteten, auf die Bedürftigkeit der Kinder
zu zu schneidern, scheiterten kläglich und
endeten schließlich in einer Kündigung.
Unser Engagement in der damaligen Heimkampagne hat im Nachgang doch noch einige Träger zum Umdenken bewegt. Für uns
stand jedoch fest, es muss eine Konzeption
entwickelt werden, die ausschließlich den
Bedürfnissen der Kinder und nicht, wie häufig
beobachtet, der Institution zugutekommt. Bis
heute ist und war für uns deutlich: Erziehung
ist nur über Bindung und Beziehung möglich!
Dies bedeutete, dass wir in der Konsequenz
dieser Erkenntnis, mit den Kindern und Jugendlichen zusammenleben mussten und
wollten, um es auf ein gemeinsames Leben in
guten und in schlechten Zeiten (Krisenmanagement) einzurichten.
1976 war es dann soweit. Wir mieteten in
Meppen-Bokeloh ein großes Haus mit Garten
Kleinstheimgruppe mit unseren beiden jüngsten leiblichen Kindern und Ulrike Peters als
Erzieherin (heute Erziehungsleitung)
Veränderung des Normen und Wertesystems
Kleinstheim / Kinderhaus
DURCHBLICK Ausgabe 100 13
und zogen dort mit sieben Kindern/Jugendlichen im Alter von 2 bis 17 Jahren ein. Eine
anstrengend schöne Zeit begann!
Mit viel Idealismus, Enttäuschungen und immer wieder neuen Anfängen durchlebten wir
die ersten Jahre. Es fehlten insbesondere
Supervision und fachlicher kollegialer Austausch. Unterstützt durch unsere Familien und
Freunde, aber auch durch das örtliche Jugendamt, wuchsen unsere Kinder heran.
Das Kleinstheim konzepierte sich als Institution (siehe Schaubild). Wir waren trotz der unnatürlichen Situation des Zusammenlebens
mit 7 bis 8 traumatisierten Kindern/Jugendlichen, aus unterschiedlichen problematischen
familiären Verhältnissen, bemüht, uns als Familie an zu bieten. Den Kindern tat dies gut. Es
wurden z.T. lebenslange Beziehungen installiert. Sie übernahmen unser Werte- und Normenverständnis. Heute leben drei der Ehemaligen mit ihren gegründeten Familien in unserer unmittelbaren Nachbarschaft. Die überwiegende Zahl der „Kleinstheimkinder“ lebt
heute in gut situierten, sozialen Verhältnissen.
Über Bindung und Beziehung ist es gelungen,
die häufig über Generationen nachweisbare
Heimerziehung zu unterbrechen. Es zeigte
sich jedoch in der praktischen Arbeit, insbesondere mit jüngeren Kindern, dass das
„Nachnähren“ der nichtbefriedigten Grundbedürfnisse in dieser großen Familiengruppe
vernachlässigter Kinder, schwierig war.
Wie bekannt, wollen diese unterversorgten
Kinder, den Mangel an Bedürfnisbefriedigung
in erhöhtem Maße nachgenährt bekommen.
Für uns, die erwachsenen Bezugspersonen,
war dies eine kaum erfüllbare Anforderung.
Weitere Komponenten, die in unserer Kleinstheimkonzeption die Erziehungsarbeit erschwerten, waren insbesondere:
Alle Kinder zeigten Verhaltensauffälligkeiten,
die typisch für unsere Heimkinder sind und
leider auch als hochgradig „infektiös“ zu betrachten sind. Kurz: der Einfluss der Kinder
untereinander musste durch uns kanalisiert
und gefiltert werden, um eine negative Beeinflussung zu verhindern.
Die Elternarbeit im Kleinstheim war häufig problematisch. Alle Kinder waren betroffen: Ängste, Aggressionen, Loyalitätskonflikte, Identifikation mit den und der Idealisierung der
Eltern u.v.m. bewirkten häufig einen Rückfall in
alte Verhaltensweisen. Aus heutiger Sicht war
eine fachliche gute Elternarbeit durch uns
kaum leistbar, da wir selbst zu stark involviert
14 DURCHBLICK Ausgabe 100
waren und zum anderen die gesamte Familiengruppe, in der Regel unausgesprochen,
durch Erinnerung an die traumatischen Erlebnisse in der eigenen Familie, stark verunsichert
wurde. Es dauerte nicht selten Tage, Wochen
bis die Familiengruppe wieder im „Lot“ war.
Auch ein Besucherzimmer konnte dieses
Problem nicht lösen. Wir ersonnen eine Konzeption, die o.g. Defizite in der Erziehungsarbeit mindert bzw. nicht aufkommen lässt.
Insbesondere Kinder, die Schwierigkeiten mit
sich selbst und anderen haben, wo der „Ärger“
also vorprogrammiert ist, sollten nicht mit
solchen zusammen leben, die ähnlich strukturiert sind. Sie sollen sich im familiären Rahmen ausschließlich an Kindern und Erwachsenen orientieren, die ein wünschenswertes,
gesellschaftlich akzeptiertes Normen- und
Wertesystem vorleben.
Desweiteren sollte sich die wichtige Arbeit mit
den leiblichen Eltern, nicht im neuen familiären Rahmen (wie hier Kleinstheim) gestalten,
sondern auf einem neutralen, für das Kind
sicheren Terrain stattfinden. Die Elternarbeit
muss, das haben wir in unserer Kleinstheimarbeit erkannt, durch eine Fachkraft federführend geleistet werden, die nicht, wie die „neuen, erwachsenen Bezugspersonen“ (Kleinstheimeltern, siehe auch Pflegeeltern) durch
emotionale Bindungen und Vorurteile den
leiblichen Eltern gegenüber, belastet ist.
Diese grundlegende Erkenntnis führte zum
Konzept der „Profieltern“. Nachdem unsere
Kleinstheimgeneration erwachsen geworden
ist, nahm Ulrike Peters, vor ca. 15 Jahren, das
erste „Heimkind“ in die eigene Familie auf.
Die guten Erfahrungen mit diesem intensiven
familiären Setting überzeugten! In den Folgejahren wurden Pädagogische Zentren ins
ELTERNSCHULE
Profifamilie
Leben gerufen, die diese neue Form der
„Heimerziehung“ in Familie ausbauen und
unterstützen soll.
Ein Konzept, von dem wir heute, aufgrund der
sehr guten Erfolge, überzeugt sind.
Ca. 300 Kinder/Jugendliche haben wir in den
25 Jahren begleitet bzw. wir begleiten sie
noch heute. Wir können feststellen, dass insbesondere durch die gute Auswahl, Vorberei®
tung und Begleitung der Profifamilien viele
junge Menschen eine echte Chance haben,
die häufig tradierte Fremderziehung in ihren
Generationen zu unterbrechen und in die
Lage versetzt werden, ein eigenständiges
Leben zu führen, ohne die „Serviceleistungen“
des Staates (Sozialhilfe, Heimerziehung etc.)
in Anspruch nehmen zu müssen.
®
Für viele ist die Profifamilie eine reelle Chance, aber leider nicht für alle! Wir rechnen trotz
aller Vorbereitung und Begleitung mit 5%
Abbrüchen. Wir müssen feststellen, dass trotz
hohem Engagement der Profieltern, guter
Vorbereitung und Fachkenntnisse nicht allen
Kindern mit unserer Konzeption geholfen
werden kann. Es gibt „familienmüde“ Kinder,
Kinder die Abstand von Familie gewinnen
müssen, in der sie Schreckliches erlebten. Es
gibt Kinder, die bedingt durch ihr Verhalten
eine Familie zu stark belasten würden.
Deshalb sind wir froh über die Vielfalt der
Konzeptionen in der heutigen Kinder- und
Jugendhilfelandschaft. Jede hat ihre Berechtigung, wenn sie authentisch ausschließlich
dem Wohl des jungen Menschen dienlich ist.
RETROSPEKTIVE: DURCHBLICK 47 / DEZ. 2005/JAN. 2006
Ab der Ausgabe 31 haben wir den Stil im Innenteil geändert. Die Bilder haben wir einem
Raster angepasst und der Text wurde in Spalten gesetzt.
In einem Rückblick auf das damalige Jahr
2005 hieß es in einem Beitrag: Wir betreuen
zurzeit 227 junge Menschen, beschäftigen 218
Mitarbeitende und auf die Aufnahme eines
jungen Menschen freuen sich viele vorbereitete Profifamilien®.
PUBERTÄT
Achtung! Wegen wichtiger Bauarbeiten an
Hirn, Herz und Hormonen kommt es vorübergehend zu Unannehmlichkeiten.
Wir bitten um Ihr Verständnis.
Noch bis Mitte der 1990-er Jahre galt: Wenn
die Kinder sich plötzlich verwandeln, ihren
Eltern widersprechen, sie provozieren, dann
liegt es ausschließlich am Aufruhr der Hormone und an der Verwirrung, welche die
jugendliche Psyche im Niemandsland zwi-
schen Kindheit und Erwachsensein ergreift.
Fachleute glaubten, das menschliche Gehirn
sei mit zwölf Jahren fast ausgereift. Die entscheidenden neuronalen Entwicklungen, so
war die wissenschaftliche Lehrmeinung, würden sich sogar früher abspielen, in der Zeit bis
zum dritten Lebensjahr.
Seit 14 Jahren werden am „National Institut of
Mental Health“ (NIMH) in Bethesda nahe
Washington, Woche für Woche unzählige
Teenagerhirne in dem Kernspintomographen
HELGA TREBLIN-MALECKI
Abteilungsleitung Nordwest
BKJH
DURCHBLICK Ausgabe 100 15
untersucht. Radiowellen und Magnetfelder
tasten ihren Kopf Region für Region ab, Computer zeichnen aus den Daten 3D-Grafiken
und addieren die Profile unzähliger Teenager
zu endlosen Zahlenkolonnen.
„Das Gehirn“, so Psychiater Jay Giedd, „entwickelt sich in den Teenagerjahren weitaus
dynamischer, als wir es vermutet hatten.“
Wenn also Heranwachsende infrage stellen,
was Erwachsene ihnen über das Leben weismachen wollen, wenn sie in ihre frühkindliche
Trotzphase zurückzufallen scheinen, wenn sie
klauen und ihre Sätze mit den Vokabeln
„krass“, „geil“ und „uncool“ spicken, dann hat
das zwar mit Hormonen zu tun und mit der
psychosozialen Herausforderung, sich von
der Kindheit zu verabschieden; aber im entscheidendem Maß auch mit Vorgängen im
Gehirn
Giedd erkannte auf seinem Aufnahmen, dass
die graue Substanz des Gehirns - aus ihr besteht vor allem die mit höheren kognitiven
Aufgaben betraute Großhirnrinde - in den
Jahren vor der Pubertät einen Wachstumsschub erlebt. Diese Entwicklung erreicht nach
den Beobachtungen ihren Höhepunkt ungefähr zur Zeit der Adoleszenz. Danach
schrumpft die Zellmasse langsam wieder.
Während der Adoleszenz justiert also unser
Gehirn die Kanäle, auf denen wir Informationen und Emotionen transportieren und verarbeiten, noch einmal ganz neu.
Dabei reifen die verschiedenen Hirnregionen
keineswegs im Gleichtakt. Während die Baustellen in den Arealen, die an der Bewegungssteuerung und der Wahrnehmung beteiligt
sind, also der motorische und der sensorische
Bereich, relativ bald wieder geschlossen werden, dauern die Umbauten in den Feldern für
Sprache und räumliche Orientierung länger.
Die meiste Zeit beansprucht die Fertigstellung
des Präfrontalhirns, das unmittelbar hinter der
Stirn liegt. Sie dauert bis über das 20. Lebensjahr hinaus.
Ausgerechnet dieser Stirnlappen aber ist für
Aufgaben wie Planung, Prioritätensetzung,
das Abwägen von Konsequenzen und die
Unterdrückung von Impulsen zuständig. Er
entscheidet darüber wie „Jetzt beende ich
zunächst meine Hausaufgaben und bringe
den Müll raus, und erst dann maile ich meinen
Freunden“. Wenn also ein Sprössling auch auf
wiederholte Aufforderungen nicht reagiert,
könnte es schlicht daran liegen, dass sein
Präfrontalhirn die Welt und deren Signale
16 DURCHBLICK Ausgabe 100
anders bewertet. Auf die gebrüllte Frage seiner Eltern: „Hast du mich jetzt endlich verstanden?“, müsste ein solcher Teenager ehrlicherweise antworten: „Ja, aber nicht so, wie
ihr denkt!“
Sind emotionale Ausbrüche, ausschweifende
SMS-Orgien und riskante Spritztouren mit
Papas Auto lediglich eine Frage von Mandelkern, Frontallappen und grauer Masse? So
weit gehen die neuen Erkenntnisse dann auch
wieder nicht. Hirnforscher glauben, dass die
praktischen Lebenserfahrungen eines Jugendlichen enorme Rückwirkungen auf die
Strukturbildung unter dem Schädeldach haben. „Ihr entscheidet selbst über die permanenten Verschaltungen in eurem Gehirn“,
ermutigt Jay Giedd junge Leute. Und er fragt
weiter: „Willst du es durch Sport zur Reifung
bringen, durch das Spielen eines Musikinstruments oder durch das Lösen mathematischer
Aufgaben? Oder indem du auf der Couch vor
dem Fernsehapparat liegst?“
Die phänomenale Plastizität des jugendlichen
Hirns sei ein mächtiger und viel versprechender Aspekt, der bislang viel zu wenig berücksichtigt worden sei. So ist es zu erklären, dass
Jugendliche trotz ähnlicher Prozesse in ihrem
Hirn die Pubertät unterschiedlich bewältigen.
Ihre biologische Konstitution ist lediglich ein
Motor, der sie vorantreibt - wohin er sie bewegt, hängt ab von den Widerständen, die
ihnen Gesellschaft und Kultur, Psyche und
Familie entgegensetzen, und von den Wegen,
die sie ihnen weisen. Und natürlich spielen
auch die Hormone eine gewichtige Rolle gleich hochwirksamen Drogen, die nicht nur
das Bewusstsein, sondern ebenso Körper und
Verhalten radikal verändern.
Barbara Strauch, Wissenschaftsredakteurin der
„New York Times“, beschreibt diesen Regelkreis
in ihrem Buch „Warum sie so seltsam sind“ an
einem einfachen Beispiel: „Anfangs lassen die
Hormone einen Penis entstehen, aber schon
der Besitz eines Penis führt zu anderen Erfahrungen, die sich später ihrerseits auf Hormonspiegel, Gehirnstruktur und Verhalten auswirken.“ Letztlich müssen wir uns die drei Faktoren
Gehirnstruktur, Hormone und Psyche wohl wie
die Zutaten einer Backmischung vorstellen, die
zusammengerührt und in den Ofen geschoben
werden und dort über die Pubertät hinweg
überhitzt miteinander reagieren. Als potenziellen Schalter, der diese Prozesse in Gang setzt,
identifizierte die Wissenschaftlerin eine Veränderung des Gens GPR54.
Über den Zeitpunkt, wann das PubertätsRührwerk anläuft, entscheidet GPR54 jedoch
nicht allein. Offenbar sammelt der Körper
zunächst einmal die Energie, die er benötigt,
um den anstrengenden Wachstumsschub
durchzustehen. Bevor es losgehen kann,
müssen Mädchen einen Mindestanteil von
Fett am Körpergewicht erreicht haben, vermutlich um die 17 Prozent. Bei magersüchtigen oder unterernährten Kindern setzt die
Geschlechtsreife deshalb deutlich später ein
als bei gut genährten. Afrikanische Mädchen
beispielsweise erleben ihre erste Blutung in
der Regel mit 14 bis 17, US-Amerikanerinnen
und Europäerinnen meist bereits mit 12,5 bis
13,5 Jahren. Bei Jungen ist der Start der Pubertät statistisch schlechter erfasst. Fest steht
nur: Bei 90 Prozent passiert es irgendwann im
Alter zwischen neun und 15 Jahren. Kinder
aus gut situierten Familien, die gesünder
wohnen und essen, reifen im Allgemeinen
früher und schneller.
Sind die Voraussetzungen für das PubertätsProgramm erfüllt, ist also die Zeit laut genetischer Entwicklungsuhr gekommen, genügt
das Gewicht und stimmen womöglich weitere, noch unbekannte Faktoren, so startet im
kindlichen Körper eine konzertierte Aktion.
Der Hypothalamus, eine wichtige Steuerzentrale des Gehirns für Körperfunktionen wie
Kreislauf, Atmung und Nahrungsaufnahme,
sendet chemische Signale an die benachbarte
Hypophyse. Diese Drüse schüttet Botenstoffe
aus. Unter deren Einfluss produzieren Eierstöcke und Hoden mit Hochdruck Sexualhormone wie Östrogen und Testosteron und pumpen sie in die Blutbahn. Bei Mädchen setzen
diese Vorarbeiten etwa mit acht, bei Jungen
mit zehn Jahren ein.
Parallel dazu steigt auch der Spiegel anderer
Botenstoffe wie der von Hormonen aus der
Nebennierenrinde. Sie lassen Pickel auf der
Haut und Haare unter den Achseln sowie im
Genitalbereich sprießen (das Wort "Pubertät"
ist abgeleitet von lateinisch pubes = Schamhaar). Dank Wachstumshormonen legen Jungen in dieser Zeit bis zu 9,5, Mädchen maximal acht Zentimeter Körperlänge pro Jahr zu.
Spätestens jetzt, wenn die jungen Menschen
für sich und andere unübersehbar in der Pubertät stecken, übernimmt die Psyche eine
Führungsrolle im Entwicklungsprozess. Wie
reagieren die anderen auf die Tatsache, dass
ich kein Kind mehr bin - das wird in dieser
Phase zu einer entscheidenden Frage. Vor
allem aber: Wie finde ich dies selbst?
Das Gros der Jugendlichen bewältigt die
drastischen Veränderungen, Untersuchungen
zufolge, ohne langfristige emotionale Verstimmungen und ohne mit dem eigenen Erscheinungsbild auf Dauer unzufrieden zu sein.
Kleinere Krisen, die meist auch schnell wieder
vorübergehen, gibt es allerdings immer wieder: So ist bei Mädchen die Entwicklung der
Schambehaarung - anders als die der Brüste eher mit negativen Gefühlen verbunden. Und
wenn sich neben Busen auch Hüften und
Bauch runden und sich das Körpergewicht
binnen weniger Jahre in Extremfällen sogar
verdoppelt, entfernen sich die angehenden
Frauen in ihrem subjektiven Empfinden mitunter weit vom gültigen Schönheitsideal.
Jedes zweite Mädchen zwischen 13 und 14
hierzulande hält sich denn auch für zu dick.
Die Emotionen bewegen sich in diesen Jahren auf und ab wie beim Trampolinspringen,
wobei, wie es der Grazer Kinderpsychologe
Peter Scheer umschreibt, den Eltern leider
„die Rolle des Sprungtuchs zukommt“. Denn
um sich selbst suchen und finden zu können,
müssen die Jugendlichen erst einmal jene
übermächtigen, allgegenwärtigen Bezugspersonen abschütteln, in deren Schutzzone sie
bisher gelebt haben. „Eltern sind jetzt nicht
mehr Vorbilder, sondern Gegenspieler“, beschreibt Guggenbühl den radikalen Rollenwechsel, der viele Väter und Mütter an ihre
Verständnis- und Toleranzgrenzen treibt.
Für den Schweizer Psychologen ist der Zoff
ein durch nichts zu umgehendes Ritual, das
Eltern und Kinder miteinander durch- und
überleben müssen. „Eltern werden in der
Pubertät zu Figuren, dank derer Grunderfahrungen wie Wut, Rebellion und Auseinandersetzung mit Autoritäten gemacht werden. Sie
können dabei gar nicht zu Kumpeln ihrer
Kinder werden. Sie haben die Aufgabe, sich als
Gegenspieler zu präsentieren und sollten
versuchen, Gelassenheit zu entwickeln.“ Aber
ist die Auseinandersetzung überhaupt sinnvoll, wenn Jugendliche und Erwachsene sich
nicht verstehen können - weil sie auf unterschiedlichen neuronalen Wellen schwimmen,
weil sie einander fremde Sprachen sprechen?
Psychologen meinen: Auch wenn Jugendliche die Reaktion ihrer Eltern nicht akzeptieren
können - sie brauchen überhaupt erst einmal
eine, um ihre eigene Position finden zu können. Ihre Seele tastet in dieser unruhigen Zeit
die Welt ab und sucht nach Fixpunkten -
DURCHBLICK Ausgabe 100 17
selbst wenn diese mitunter lediglich dazu
dienen, sich daran abzustoßen. Skurrile Folge
in diesen Fällen: Eltern, die sich für progressiv
halten und beispielsweise die Fahne von
Gleichberechtigung und Pazifismus schwenken, sehen sich plötzlich mit "konservativen"
Meinungen konfrontiert, die sie fatal an jene
ihrer eigenen Eltern erinnern. Dabei geht es
Pubertierenden meist gar nicht um die konkreten Inhalte, sondern vielmehr um die Gegenposition an sich.
Auf die Eltern Pubertierender wartet damit
eine wahrhaft schizophrene Aufgabe: Sie
müssen gleichzeitig Halt geben und loslassen.
Dabei ist die Gefahr groß, sich bei diesem
Spagat zu verrenken. Manche ziehen sich
kurzerhand in eine Laissez-faire-Haltung
zurück und mischen sich nicht mehr ein - mit
fatalen Folgen. „Der Kampf mit sich selbst,
den Jugendliche führen“, meint Guggenbühl,
„verläuft dann im Leeren. Ihr Geschrei, ihre
Ungehorsamkeit, ihr unflätiges Reden stößt
nicht auf Widerstand. Oft greifen sie deshalb
zu noch extremeren Provokationen.“
So kommt es, dass auch Kinder aus vermeintlich gutem Hause plötzlich ins Visier der Polizei geraten. „Pubertätsexzess“ nennen Kinderpsychologen die Rebellion mit übermäßigem
Alkoholkonsum, Drogen und Delikten. Das
gegenteilige Verhalten bezeichnen Fachleute
als „Pubertätsaskese“. In Millionen Fällen beschreibt es den stillen Rückzug von Jugendlichen in eine eigene Welt. Besorgniserregend
wird es, wenn die innere Emigration so weit
geht, dass die Teenager jeglichem Gespräch
ausweichen, völlig ziel- und planlos leben
oder sich beispielsweise mit Brandings (Tätowierungen) oder Piercings selbst zu verstümmeln beginnen. „Das kann bis hin zu einer
echten Depression mit Selbstmordgefährdung
gehen“, sagt der Münchner Jugendpsychologe Ulrich Diekmeyer.
Dennoch sind dies traurige Einzelfälle - lediglich ein bis drei Prozent der Heranwachsenden werden von ernsthaften Depressionen
geschüttelt und brauchen Hilfe. Die große
Mehrheit der Eltern, die am Pubertätsalltag
verzweifelt, darf zuversichtlich sein:
80 Prozent aller Jugendlichen, so eine Schätzung der Jenaer Psychologin Weichold, bewältigen die Adoleszenz gut, also lediglich mit
den normalen Kämpfen und Krämpfen.
Es mag zynisch klingen, aber der Pubertätsstress ist auch eine Art Therapie für Erwach-
18 DURCHBLICK Ausgabe 100
sene. „Indem Pubertierende sich ein paar
Jahre lang danebenbenehmen“, meint Psychologe Guggenbühl, „tun sie im Grunde
nichts anderes, als ihren Eltern die spätere
Trennung zu erleichtern. Denn die ist ebenso
schwer wie unausweichlich.“
Überraschend, aber wahr: Während der Pubertät kommt es, wie amerikanische Studien
gezeigt haben, zwischen Eltern und Kindern
gar nicht zu mehr Konflikten als in anderen
Phasen ihrer Beziehung. Was allein zunimmt,
ist die Intensität der Auseinandersetzungen.
Viele Jugendliche machen ihre Selbstfindung
geräuschlos mit sich selbst aus - und das
ohne negative Folgen oder Defizite. Auf etwa
30 Prozent schätzt Guggenbühl den Anteil
jener, die ihren eigenen Weg denkbar unspektakulär durch ein neues Hobby, eine neue
Aufgabe oder neue Freunde finden und bestens mit ihren Eltern auskommen, während es
um sie herum kracht.
„Wenn wir Studien durchführen, ist es für viele
überraschend, wie gut sich die meisten Teenager entwickeln“, berichtet Jay Giedd. „Sogar
Teenager selbst schätzen andere Jugendliche
als weniger verantwortungsvoll und sozial ein,
als sie tatsächlich sind.“ Was bedeutet: Die
Pubertät hat zu guten Teilen lediglich ein
„Imageproblem“.
Warum empfinden viele Eltern diesen Abschnitt dennoch als den schlimmsten ihrer
Erzieherkarriere? „Ganz einfach“, meint
Weichold, „weil die Eltern es sind, denen die
Trennung am schwersten fällt. Sie werden in
dieser Phase des Lebens entwertet. Der Kontrollverlust, das Infragestellen, die Ablösung
sind für sie schmerzlicher als für die Jugendlichen selbst. Im Grunde wird von den Eltern
der radikalste Wandel verlangt.“ Diese Veränderung fällt umso dramatischer aus, je weniger Nachkommen ein Paar hat. Denn umso
schwerer wiegt dann die Rolle jedes einzelnen
Kindes, und umso tragischer wirkt es, wenn es
aus eben jener Rolle zu fallen scheint.
Eine weitere Faustregel: Je enger das Verhältnis zwischen Eltern und Kind, desto stürmischer der Trennungskampf. „Wenige von uns
sind sich bewusst, wie nah wir wirklich unseren Kindern sind - bis wir sie an die Pubertät
verlieren“, schreibt der US-Psychologe Michael Bradley in seinem Ratgeber mit dem nur
halbwegs beruhigenden Titel „Yes, your teen
is crazy!“
RETROSPEKTIVE: DURCHBLICK 57 / AUG./SEP. 2007
Die beiden folgenden Beiträge haben
wir dem Heft 57 entnommen.
BEGLEITUNG MIT FINGERSPITZENGEFÜHL
Das Bezugserziehersystem in den Gruppenpädagogischen Einrichtungen
„Resilienz, auf deutsch die Widerstandskraft,
ist ein Begriff aus der Werkstoffkunde und
meint die Fähigkeit eines Werkstoffes, sich
verformen zu lassen und trotzdem wieder in
seine ursprüngliche Form zurückzufinden.
Einen Bleistift zum Beispiel kann man nicht
biegen, das Holz zerbricht, einer Büroklammer kann man ihre ursprüngliche Form fast
wieder zurückgeben, zerknautschtes Plastik
glättet sich von allein“ (Renate Kingma, „Stark
werden trotz schwerer Kindheit“, 2005).
Bereits 1955 entstand auf einer hawaiianischen Insel eine erste Langzeitstudie über die
Resilienzforschung. Die amerikanische Psychologin Emmy Werner untersuchte die verschiedenen schwierigen Startsituationen von
Kindern in Familien und deren Auswirkungen
auf das spätere Leben. Sie begleitete Kinder
aus den Familien, die trotz Armut, Alkohol,
Gewalt und Trennung zu lebenstüchtigen
Erwachsenen heranwuchsen.
Die Langzeitstudie ergab, dass der wichtigste
Faktor die verlässlichen und vertrauenswürdigen
Bezugspersonen in der frühen Kindheit sind.
Wenn junge Menschen in unseren gruppenpädagogischen Einrichtungen ihr Leben verbringen müssen, sind die Familiensysteme in
der Regel auseinander gebrochen oder der
Kontakt ist aus vielerlei Gründen unterbrochen worden. Nicht selten kommt es vor,
dass die jungen Menschen außer den Mitarbeitern im Schichtdienst keine verlässlichen
Bezugspersonen mehr haben. Es stellt sich
den Bezugserziehern und -erzieherinnen oft
die Frage, wie viel Sicherheit, Vertrauen und
Nähe wir jungen Menschen geben können
und müssen. In unserem Qualitätsmanagementhandbuch ist zwar geregelt, wie die
ersten Tage nach der Aufnahme verlaufen
sollen und wie die Tagesabläufe zu strukturieren sind, trotzdem entscheidet immer der
persönliche Kontakt und das Fingerspitzengefühl eines jeden Mitarbeiters darüber, wie weit
die jungen Menschen sich auf die Hilfen und
Angebote einlassen können. In der Forschung
können wir lesen, dass eine beständige und
verlässliche Bezugsperson entscheidend für
die weitere Entwicklung sein kann. Kann jedoch ein Mitarbeiter in einer gruppenpädagogischen Einrichtung diese Rolle ausfüllen?
Der pädagogische Mitarbeiter in einer gruppenpädagogischen Einrichtung muss konsequent sein, immer ein vorbildhaftes Verhalten
zeigen, dem jungen Menschen zugewandt
sein, die richtige Dosierung zwischen Nähe
und Distanz wählen, motivieren können und
mit viel Engagement und Kreativität auf die
jungen Menschen zugehen können.
In der Vergangenheit konnten wir erleben,
dass wir durch Beständigkeit und Beharrlichkeit die Kinder und Jugendlichen erreichen
konnten und einen großen Einfluss auf die
weitere Entwicklung nehmen konnten. In
einigen Fällen - und das ärgert uns sehr - ist
DIETER ROBBEN
Abteilungsleitung
Stellv. Gesamtleitung
BKJH
DURCHBLICK Ausgabe 100 19
trotz intensiver Pädagogik und Einwirkung
keine Möglichkeit gegeben, einen Zugang
zum jungen Menschen zu schaffen. Immer
wieder halten dann die Kinder und Jugendlichen die Regeln und Grenzen nicht ein und
machen alles, um gegen unsere Angebote
und Vorgehensweisen zu rebellieren. In die-
sen Fällen spüren wir nach einer gewissen
Zeit immer mehr unsere Ermüdung und Enttäuschung. Im Team muss dann von allen
Seiten Mut gemacht werden und gemeinsam
nach Auswegen und auch manchmal nach
Umwegen gesucht werden. Hier gilt es, sich
gegenseitig zu unterstützen und zu stützen.
„RESILIENZ“ - BEDEUTUNG IM PÄDAGOGISCHEN ALLTAG
Der Begriff Resilienz kommt ursprünglich aus
der Werkstoffkunde und bezieht sich auf Materialien, die selbst unter starkem Druck nicht
zusammenbrechen.
Übertragen auf den Menschen bedeutet der
Begriff soviel wie, die seelische Widerstandskraft bzw. die innere Kraft, die dem Menschen
hilft, selbst schwierige Lebenssituationen zu
bewältigen. Sie kann somit auch als psychische Widerstandskraft übersetzt werden.
Was bedeutet das jetzt aber für die Arbeit mit
den uns anvertrauten Kindern und Jugendlichen? Sie alle haben schwere Schicksalsschläge und keine leichte Vergangenheit
ertragen müssen. Sind die Jugendlichen, die
es immer wieder schaffen sich trotz seelischer
Belastungen anzupassen und ihr Leben weiter
zu gestalten besonders resilient? Wenn das so
ist, ist die Frage, ob und wie man Resilienz
trainieren und erlernen kann ein zentraler
Punkt in unserer Arbeit.
Die Forschung ist sich ziemlich sicher, dass
sich Resilienz erlernen lässt. Für sie scheint es
sicher zu sein, das jeder Mensch resiliente
Fähigkeiten besitzt, die unterschiedlich stark
ausgeprägt sind. Resiliente Menschen versuchen ihr Leben selbst aktiv zu gestalten und
sich ihrem Schicksal nicht einfach hinzugeben. Hierbei gibt es sieben Schritte, die dazu
beitragen können an seiner Resilienz zu arbeiten. Zunächst sollte man die Opferrolle verlassen und realistisch und optimistisch werden. Es ist sinnvoll, die Dinge so zu akzeptieren wie sie sind und zu wissen, dass sie sich in
der konkreten Situation nicht ändern lassen.
Ganz wichtig ist es, dass die Verantwortung
für das eigene Handeln übernommen wird,
damit dann auch nach realistischen Lösungen
gesucht werden kann. Dadurch kann dann die
Zukunft mitgeplant werden und vor allem
Netzwerke aufgebaut werden.
Das bedeutet, bezogen auf die uns anvertrau-
20 DURCHBLICK Ausgabe 100
ten Jugendlichen, dass sie ebenfalls an diesen
Dingen arbeiten müssen, um ihre Resilienz zu
stärken. In einer Zeit, wo die Sicherheit von
außen nicht mehr gewährleistet ist, sollte die
innere Sicherheit gestärkt werden. Wie soll
aber gerade diese Sicherheit gestärkt werden,
wenn es von außen keine gibt?
Um die Resilienz von Kindern zu stärken,
bedarf es einer Basiskompetenz, damit sie
besonderen Anforderungen gewachsen sind
und sich zu „gesunden“ und kompetenten
Erwachsenen entwickeln können. Hierzu
gehört,
· ein positives Selbstkonzept
· Kontrollerwartung und ein Gefühl der
Selbstwirksamkeit
· die Fähigkeit zur Selbstregulation
· die Anpassungsfähigkeit im Umgang mit
Belastungen oder übermäßigen Reizen
· die Fähigkeit, sich vor gefährdeten Einflüssen zu schützen
· Regelbewusstsein
· die Fähigkeit zu konstruktivem Denken
· die Fähigkeit, sich zu entscheiden und zu
organisieren
· die Fähigkeit, sich in verschiedenen kulturellen und sozialen Umwelten zu bewegen
und mit unterschiedlichen Rollenerwartungen konstruktiv umzugehen
· die Fähigkeit, Konflikte gewaltlos zu bewältigen
· die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen
· Kreativität und Explorationslust
· sachbezogenes Engagement und intrinsische Motivation
Diese Fähigkeiten sollten möglichst früh erlernt werden. Hierbei können die persönlichen und sozialen Ressourcen in schwierigen
Situationen schützen. Bezugspersonen wirken
dabei immer als seelischer Schutzfaktor und
sind somit für die Entwicklung der Resilienz
enorm wichtig.
Übertragen auf die in unserer Einrichtung
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Abteilungsleitung GPEEmsland
BKJH Emsland
lebenden Jugendlichen, fehlen Ihnen häufig
diese Fähigkeiten und die Grundvoraussetzungen dies in ihrer Vergangenheit erlernt haben
zu können. Viele der Jugendlichen haben bedingt durch mehrere Einrichtungswechsel kein
konstantes Bezugspersonensystem aufbauen
können, so dass ihnen eine wichtige Grundvoraussetzung fehlt. Um ihre Resilienz aber trotzdem zu stärken, sollte mit ihnen für die Zukunft
daran gearbeitet werden:
· spezifische Fertigkeiten zu erlernen
· Interessen und Hobbys zu entwickeln
· Soziale Fertigkeiten zu entwickeln und sich
auch an Anderen zu orientieren
· Verantwortung zu übernehmen
· Bewältigungsmechanismen zu entwickeln
· sich Ziele zu setzen und zu erreichen
· eine Einstellung des Bestmöglichen zu
entwickeln
· effektiv mit Veränderungen umzugehen
· eine bedeutungsvolle Philosophie zu entwickeln
· außerdem sollte dem Kind, von Außen,
Struktur gegeben werden
In dem letzten Punkt wird wieder deutlich,
dass eine bestimmte Grundsicherheit von
außen auf jeden Fall gegeben sein muss, damit sich ein Kind oder ein Jugendlicher eine
innere Sicherheit aufbauen kann.
Wenn bereits frühe psychische oder körperliche Auffälligkeiten auftreten, ist es wichtig,
dass spezielle Hilfe in Form einer Therapie
oder ähnlichem angeboten wird.
Es wird deutlich, das zur Stärkung von Resilienz immer wieder auf die Fähigkeiten eines
Jugendlichen gebaut wird. Hieran kann eine
Veränderung in der Forschung erkannt werden. Bislang wurde in der Forschung hauptsächlich an Fehlentwicklungen und Inkompe-
tenzen gearbeitet, wobei in der Resilienzforschung die Fähigkeiten und Möglichkeiten der
Lebensentwicklung im Mittelpunkt stehen. Das
bedeutet konkret, dass in der Forschung ein
Wandel vom Defizitmodell zum Kompetenzmodell stattgefunden hat. Hierbei werden die
protektiven Faktoren zur Vermeidung von
Risiken erforscht, die oben bereits genannt
wurden. Sie können in Persönlichkeitsmerkmalen und der Umwelt liegen. Ziel der Forschung
soll sein, dass Kinder nicht nur passive Sozialisationsobjekte darstellen, sondern aktiv ihr
Leben gestalten können. Hierbei liegt der
Schwerpunkt in der Wechselwirkung von Risiko- und Schutzfaktoren in der kindlichen Entwicklung. Diese Faktoren spielen dann wiederum eine große Rolle bei der Frage nach der
Vorhersehbarkeit von der Entwicklung eines
Kindes und dessen eventuellen Störungen.
Für die praktische Arbeit ist es somit wichtig
immer weiter an den protektiven Faktoren zu
arbeiten und Defizite zu erkennen, aber nicht
in den Mittelpunkt der Arbeit mit den Jugendlichen rücken zu lassen. Es soll bewusst auf
die Ressourcen der Jugendlichen zurückgegriffen werden, um ein positives Lebensgefühl
zu vermitteln. Es muss den Jugendlichen das
Gefühl gegeben werden, dass sie nicht nur
passive Opfer ihrer Vergangenheit sind, sondern aktive Gestalter ihrer Zukunft.
Resilienz ist die Abwesenheit von Störungen,
Fehlanpassungen oder Krankheiten. Sie bedeutet nicht die völlige Abwesenheit von
psychischen Beeinträchtigungen. Der Begriff
„protektiv“ beschreibt die Faktoren oder Prozesse, die dem Kind oder Jugendlichen helfen, trotz eines erhöhten Risikos sich normal
zu entwickeln. Resilienz ist somit das Ergebnis
schützender Prozesse.
Quellen:
N.N. Resilienz, Stressbewältigung und Konfliktmanagement. Zugriff am
19.06.2007 unter:
http:// www.nlptrainings-tille.de
N.N.: Resilienz-Erziehung
zwischen Risiko- und
Schutzfaktoren. Zugriff
am 19.06.2007 unter:
http://www.hausarbeiten
.de
RETROSPEKTIVE: DURCHBLICK 70 / OKT./NOV. 2009
Ab dem Heft 48 (Feb. 2006) haben wir im Innenteil vereinzelt farbige Bilder untergebracht. Bis dahin waren Grafiken und Fotos in
Schwarz / Weiß gehalten.
Ab der Umstellung auf den aktuellen Stil im
Heft 87 (Aug. 2012), sind nun alle Bilder und
Grafiken im Innenteil farbig.
Auf der folgenden Seite ein Beitrag aus dem
Heft 70.
DURCHBLICK Ausgabe 100 21
WAS KINDER VON TIEREN LERNEN KÖNNEN
oder Wie Tiere Kindern helfen.
Das Leitthema des Durchblicks 70, der tiergestützten Pädagogik, beschäftigt mich bereits
seit einiger Zeit.
Ich bin die Hausleitung der Intensivpädagogischen Wohngruppe in Borken und arbeite gemeinsam mit meinen Mitarbeitern auf einem
ehemaligen Bauernhof, auf dem wir acht Kinder im Alter zwischen 9 und 15 Jahren betreuen. Zusätzlich haben Kaninchen, ein Vogel, Schafe, Rinder, Schweine, Laufenten,
Hühner, Gänse, Pferde, Fische und Katzen ein
zu Hause auf dem Hof gefunden und wollen
dementsprechend auch versorgt werden.
Die Intensivpädagogische Wohngruppe in
Borken hat den Auftrag, junge Menschen mit
Beziehungs- und Bindungsstörungen, Lernund Leistungsproblemen, Problemen im Sozialverhalten, nach sexuellem Missbrauch, sowie
seelischer
Beeinträchtigung
einen
Schutz- und Entwicklungsraum zu geben.
Als Ziel für unsere Erziehungs- und Förderarbeit sehen wir, die uns anvertrauten Kinder
und jungen Menschen zu befähigen, ihre
seelischen, sozialen, emotionalen und schulischen Beeinträchtigungen zu bewältigen.
Der Beziehungsaufbau zum Kind oder Jugendlichen steht im Vordergrund von jeglichem pädagogischem Handeln. Unsere Arbeit
ist so ausgerichtet, dass traumatisierende
Erlebnisse, Defizite, auffälliges Verhalten und
Beziehungsstörungen der Kinder und Jugendlichen behandelt werden. Wir stellen das
Kind oder den Jugendlichen in den Mittelpunkt unserer Arbeit und gehen dabei ganzheitlich in der Bewältigung des alltäglichen
Lebens vor.
Ein wichtiger Schwerpunkt in der Arbeit mit
den Kindern ist, wie bereits erwähnt, die Einbeziehung von Tieren. Durch eine Tiergestützte Pädagogik sollen Persönlichkeitsbildende Elemente sozialer Kompetenz vermittelt werden, wie
· Konfliktfähigkeit
· Rücksichtnahme
· Übernahme von Verantwortung für die
Tiere auf dem Hof
· Übernahme von Verantwortung für sich selbst
· Beziehungsfähigkeit
· Kommunikation und Kooperation
· Wahrnehmen von eigenen Grenzen
· Wahrnehmen von Grenzen der Tiere und
der Mitmenschen
Seit den 70-er Jahren kann von einer welt-
22 DURCHBLICK Ausgabe 100
weiten Forschung auf diesem Gebiet gesprochen werden. Levinson, ein Amerikanischer
Kinderpsychotherapeut entdeckte bereits in
den 60-er Jahren, das ihm sein Hund als „CoTherapeut“ bei der Behandlung von Kindern
eine große Hilfe war, da er über sie mit den
Kindern leichter kommunizieren konnte. Jedoch gehen die positiven Wirkungen von
Tieren auf den Menschen und speziell auch
auf die Kinder noch viel weiter zurück.
Es stellt sich nun nicht die Frage ob Tiere
positiven Einfluss auf die uns anvertrauten
Kinder haben, sondern in welchem Maße und
warum. Als problematisch erweist sich hierbei
allerdings, dass wissenschaftliche Daten über
die Vorteile häufig nicht in ausreichender
Form vorliegen, so dass es schwierig ist die
zahlreichen klinischen Beobachtungen, die
auf eine positive Wirkweise vom Tier auf den
Menschen verweisen, zu bestätigen. Sicher ist
jedoch, dass es einige Beispiele und Erklärungsversuche unterschiedlicher Forscher
gibt.
Levinson spricht in diesem Zusammenhang
darüber, dass Tiere als Katalysator für menschliche Interaktionen wirken können (Levinson,
1978), sprich, dass Kinder eine nicht bedrohliche Beziehung mit dem Tier eingehen können, die sie später auf den Therapeuten oder
andere Mitmenschen übertragen können.
Bergmann spricht von der Beobachtung, dass
die Kommunikation der Kinder durch Tiere
angeregt wird (Bergmann 1988), während
Hutton und Bergler davon sprechen, dass
Tiere auch als gute Zuhörer fungieren und
eine Kommunikation ohne Wertung ermöglichen (Hutton, 19983; Bergler 1994).
Corsons berichtet bereits 1975, über die Möglichkeit, dass durch die Interaktion mit Haustieren in der Psychiatrie schwere soziale
Isolation und Zurückgezogenheit unterbrochen werden können (Corsons,1975). Robb
spricht darüber, dass ein enger Kontakt zu
Haustieren genügt, um eine Verbesserung der
Stimmungslage zu erreichen (Robb,1983).
Katcher stellte 1981 fest, dass der Körperkontakt zu Tieren eine Blutdrucksenkende Wirkung haben kann und somit auch zu einer
Entspannung führt (Katcher 1981).
Mc Culloch beobachtere in seiner Arbeit, das
durch die Tiere ein Gefühl des Gebrauchtwerdens vermittelt wird und somit auch Einsamkeit
und Isolation zurück gingen (Mc Culloch, 1983).
EVA-MARIA KEEVE
Abteilungsleitung GPEEmsland
BKJH Emsland
Andere Forschungen wiesen immer wieder auf
die Katalysatorenwirkung der Tiere hin.
Es ist anhand dieser ausgewählten Beobachtungen leicht erkennbar, welche breit gefächerten Einsatzmöglichkeiten von Tieren
möglich sind. Jedoch ist es auch immer wichtig zu schauen in welchem Kontext Tiere als
Unterstützung eingesetzt werden. Hierbei
sollte berücksichtigt werden, welche Tiere
eingesetzt werden. Die Gegebenheiten der
Einrichtung sollten der Tierhaltung gerecht
werden und den Bedürfnissen der Patienten,
in unserem Fall, denen der Kinder angemessen und passend sein. Wird hierbei nicht professionell gearbeitet, können sich leicht auch
negative Folgen ergeben, bspw., wenn ein
Kind nicht in der Lage ist ein Tier zu versorgen
und es überfordert wird. Hierbei sind der Einsatz und die Unterstützung der Erzieher gefragt. Wichtig ist auch darauf zu achten, ob es
eine Allergie gegen Tierhaare gibt, da dies
nicht nur frustrierend für ein Kind sein kann,
sondern zusätzlich gesundheitliche Folgen
hat. Weiterhin muss ein gutes Auge nicht nur
auf die Kinder, sondern auch auf die Haltung
der Tiere gelegt werden, immer wieder gibt es
auch Kinder, gerade auch in der Jugendhilfe,
die die Grenzen anderer nicht wahrnehmen
und somit auch die der Tiere nicht wahren.
Für diese Kinder ist der Umgang mit Tieren
eine große Chance die Grenzwahrnehmung
wieder zu erlernen, jedoch muss das Tier vor
Quälereien geschützt werden.
In der Intensivpädagogischen Wohngruppe in
Borken bedienen wir uns der positiven Aspekte, die die Tiere im Umgang mit den Kindern
haben können, ohne die möglichen negativen
Aspekte aus dem Auge zu verlieren.
Jedes Kind ist an der Versorgung und Pflege
der Tiere beteiligt. Dazu zählt nicht nur das
Kuscheln mit dem Tier und die angenehmen
Seiten, sondern auch das Ausmisten des Stalls,
die Fellpflege, das Füttern und die tierärztliche
Versorgung.
Wichtig ist hierbei, dass die Kinder mit den
ihnen zugeteilten Aufgaben nicht überfordert
werden, sondern bei Bedarf Hilfestellung durch
die Betreuer bekommen um Misserfolgen
vorzubeugen. Zu beachten ist hierbei auch,
dass dem Kind vermittelt werden muss, welche
Bedürfnisse ein Tier hat und wie es artgerecht
gehalten wird. Jedes Kind hat die Mitverantwortung für ein Tier bzw. eine Gattung von
Tieren, deren Pflegeaufwand und Charakter
zum jeweiligen Kind gut passt. Das bedeutet,
dass ein eher nervöses und aufgekratztes Kind
ein Tier versorgen darf, das eher ruhig ist und
eine beruhigende Wirkung ausstrahlt. Auch die
DURCHBLICK Ausgabe 100 23
Gestaltung der Stallungen und Weiden wird
gemeinsam mit den Kindern durchgeführt, so
hängen in einem Stall Poster und in einem
Anderen selbst gemalte Bilder oder Schilder.
Von dem engen Umgang der Kinder mit den
Tieren erhoffen wir uns im Idealfall, dass die
Kinder wieder Vertrauen in ihre Umwelt schöpfen und sie auf ihre Mitmenschen übertragen
können. Wichtig ist es uns auch, dass die Kinder
durch die Authenzität der Tiere die Grenzen der
Tiere wieder erkennen lernen und dadurch
bemerken wie sie auf ihre Umwelt wirken und
was sie tun können um dieser positiv zu begegnen. Auch eine Steigerung des Selbstwertgefühls durch die Versorgung der Tiere und immer
wieder kehrender kleiner Erfolgserlebnisse
bspw. durch die Zuwendung der Tiere erhoffen
wir uns für die uns anvertrauten Kinder.
Durch die Versorgung der Tiere soll es den
Kindern ermöglicht werden Verantwortung
für jemand anderen wieder zu erlernen und
somit im Laufe der Zeit auch immer mehr
Verantwortung für das eigene Leben übernehmen zu können.
Das „Gesprächsangebot“ der Tiere an die uns
anvertrauten Kinder und jungen Menschen in
Borken soll jedoch nicht unterschätzt werden.
Die Tatsache, dass Tiere geduldige Zuhörer
sind, die ohne eine bestimmte Intention dem
Kind zugewandt sind, kann auf ein Kind sehr
beruhigend wirken. Das Kind kann seine Sorgen an das Tier weitergeben, ohne Angst zu
haben, dass das Tier ihn weniger gerne mag
oder es irgendwelche Konsequenzen für die
Beziehung zwischen dem Kind und dem Tier
hat. Dies erleichtert den Kindern sich auf neue
Beziehungen einzulassen und neues Vertrauen zu lernen und dies im Idealfall auf andere
Mitmenschen zu übertragen.
Im gemeinsamen Umgang mit den Kindern
und den Tieren haben wir in der Intensivpädagogischen Wohngruppe in Borken bislang
viele positive Erlebnisse sammeln können,
wobei auch nicht außer Acht gelassen werden
darf, dass sich durch die Pflege der Tiere ein
erhöhter Zeit-. Platz- und Kostenaufwand
ergibt. Dennoch überwiegen die positiven
Erfahrungen, die sich nicht nur auf die Kinder
und jungen Menschen, sondern auch auf die
Mitarbeiter auswirken.
Zur Vervollständigung unserer Arbeit mit den
Tieren wollen wir den Einzelkontakt zwischen
einem Erzieher oder Therapeuten mit einem
Kind und einem Tier, in dem das Tier als Katalysator fungiert noch weiter ausbauen und
noch gezielter mit der Körpersprache der
Tiere arbeiten um den Kindern und jungen
Menschen deutlich zu machen wo die Grenzen der Tiere sind und wie sie diese auf ihre
Umwelt übertragen können.
Wir wissen, dass die Arbeit mit den Tieren
nicht ein Wundermittel oder ein Patentrezept
zur Gesundung von jungen Menschen ist,
sondern wir sind davon überzeugt, dass es für
viele Kinder eine Erleichterung in ihrer Entwicklung schafft und sich der Umgang mit
den Tieren allein schon positiv auf ihre Gemütslage auswirkt.
Literatur:
· Bergler, R. (1994). Warum Kinder Tiere brauchen.
· Hutton, J.S. (1983). Heimtiere in Pflegefamilien - eine
Studie: Erkenntnisse über ihren therapeutischen
Wert.
In:
Die
kumentation des Internationalen Symposiums in
Wien (131-138). Wien: Institut für Interdisziplinäre
Freiburg: Herder
Mensch-Tier-Beziehung.
Doku-
Erforschung der Mensch-Tier-Beziehung
· Levinson, B.M. (1978). Pets and personality development. Psychological Reports, 42, 1031-1038
mentation des Internationalen Symposiums in Wien
· Mc Culloch, M.J. (1983). Therapie mit Haustieren-
(68-75). Wien: Institut für Interdisziplinäre Erfor-
Eine Übersicht. In: Die-Mensch-Tier-Beziehung. Do-
schung der Mensch-Tier-Beziehung
kumentation des Internationalen Symposiums in
· Katcher, A.H. u. Beck, A.M. (1983). Sicherheit und
Vertrautheit. In: Die Mensch-Tier-Beziehung. Do-
24 DURCHBLICK Ausgabe 100
Wien (26-33). Wien: Institut für Interdisziplinäre Erforschung der Mensch-Tier-Beziehung
DIE ABTEILUNGSLEITERKONFERENZ IN MEPPEN
Seit einigen Jahren in der Führungsebene fest
verankert, stellen die Abteilungsleiter_innen
eine wichtige Rolle in der BKJH dar.
Die BKJH betreut zurzeit etwa 480 junge Menschen in neun Bundesländern. Der Großteil der
®
Bewohner_innen lebt in Profifamilien . Des
Weiteren gibt es Gruppen mit unterschiedlichen pädagogischen Ausrichtungen.
Die Abteilungsleiter_innen sorgen in ihrer
Verantwortung dafür, dass die Qualität und
das Leitbild "KiM" in allen Bereichen gewahrt
wird. Sie haben aufgrund ihrer Regionalität
intensiven Kontakt zu den Erziehungsleitern_innen/Hausleitern_innen, den Profifami®
lien und Erzieher_innen.
Neben der Kontrolle der Qualität, der Hilfestellung im Alltag, der Beratung und vieles
mehr, sind die Abteilungsleiter_innen für das
Betriebserlaubnisverfahren zuständig.
Um auf der Ebene der Abteilungsleiter_innen
eine gute, kollektive Zusammenarbeit zu gewährleisten, findet in regelmäßigen Abständen
die mehrtägige Konferenz statt, wie dieses
Mal am 23. und 24. September 2014.
In diesen Tagen wurde über aktuelle Themenstellungen in der BKJH diskutiert. Dabei wurden Prozesse gemeinsam (weiter-)entwickelt
und verbindlich festgelegt. Zudem gab es in
diesem Rahmen auch Zeit für Visionen.
Wo stehen wir heute?
Wo wollen wir hin?
Besondere Punkte in diesen Tagen waren:
· Datenschutz in der BKJH
· Verbindliche Besuche der Abteilungsleitung
im Vorbereitungskurs
®
· Akquise neuer Profifamilien in den einzelnen Pädagogischen Zentren
· Supervision und Auswahl der Supervisor_innen
Visionen für 2015
· Aufteilungen und Namensgebung der Abteilungen
· Veränderungen der Strukturen der Leitungskonferenzen
· Urlaubs- und Krankheitsvertretung der Abteilungsleitungen.
· Erweiterung des Personenkreises der Kinderschutzfachkräfte (gem. §8a SGB VIII).
· Namensgebung der neuen Pädagogischen
Zentren.
· Ansprechpartner_innen für die Landesämter in den einzelnen Bundesländern.
An beiden Tagen herrschte eine gute Arbeitsatmosphäre. Es wurde viel besprochen und
festgelegt.
Gemeinsam haben wir nun die Veränderungen für 2015 fest im Blick!
YVONNE SCHAUF
Gesamtleitung
BKJH
Frühlingsfest!
Sollten Sie auch in den kommenden Tagen /
Wochen das Jahr 2015 planen, so vergessen
Sie nicht, sich folgenden Termin in Ihren Kalender einzutragen.
29.05.2015 Frühlingsfest in Meppen Bokeloh
DURCHBLICK Ausgabe 100 25
VERNETZUNGSTREFFEN VON PARTIZIPATIONSGRUPPEN
Treffen der Partizipationsgruppen Berlin und Uckermark
Am 25. September trafen sich die Partizipati®
onsgruppen der Profifamilien aus Berlin und
der Uckermark in gemütlicher Atmosphäre im
Gemeindehaus Warnitz. Vielen Dank der
Uckermärkischen Gruppe für die liebevolle
Vorbereitung! Die regionalen Produkte, besonders die Blumen und der Uckerkaas haben
zusammen mit dem herzlichen Empfang für
Wohlbefinden gesorgt. Neben einem allgemeinen Austausch und einigen Informationen
zum großen Partizipationstreffen in Schneverdingen, welches vom 24.-26.10.14 stattfinden wird, ging es darum sich gegenseitig auf
den aktuellen Stand zu bringen. Da jede
Gruppe an sehr spannenden Projekten arbeitet und wir in der Diskussion an interessanten
Punkten angelangt sind, wollen wir alle daran
teilhaben lassen, die den Durchblick lesen.
Die Partizipationsgruppe Berlin hat sich zum
Ziel gesetzt, junge Menschen im Hilfeplanprozess zu stärken. Besonders beim Hilfeplangespräch brauchen viele junge Menschen in
wahrstem Sinne des Wortes Selbst-Bewusstsein. Denn es geht ja um den jungen Menschen als Persönlichkeit mit allen Facetten.
Ein Knackpunkt, der immer wieder in den
Diskussionen um das Hilfeplangespräch auftaucht ist die Frage danach, wie viel ein junger
Mensch von sich preisgeben muss und kann:
Denn einerseits soll die optimale Erziehungshilfe gefunden werden, wofür möglichst viele
Informationen notwendig sind und andererseits ist es für viele junge Menschen auch unangenehm über bestimmte Dinge im Setting
des Hilfeplangespräches zu sprechen. Es gibt
das Kinderrecht auf Privatsphäre. Diese
schwierige Frage hat die Partizipationsgruppe
Berlin an die Partizipationsgruppe der jungen
Menschen im Emsland weitergeleitet, die sich
mit Kinderrechten auseinandersetzt. Wir sind
sehr gespannt, was diese Gruppe herausfindet. Vielleicht können wir ja demnächst im
Durchblick zu dieser Frage mehr erfahren?
Da die jungen Menschen am besten wissen,
wie sie sich beim Hilfeplan fühlen, was ihnen
hilft und was für sie schwierig ist, hat die PG
Berlin einen Fragebogen entwickelt. Dieser
wurde an die Profifamilien® in Berlin und der
Uckermark verteilt. Wir bedanken uns bei allen
jungen Menschen, die sich bei dieser Umfrage
beteiligt haben! Ihr habt uns super Ideen gegeben und uns geholfen einen Einblick zu
bekommen. Den Durchblicklesenden wollen
26 DURCHBLICK Ausgabe 100
wir kurz von den zentralen Ergebnissen der
Auswertung erzählen.
Es wurde deutlich, dass die meisten jungen
Menschen relativ gut darüber informiert sind
was Hilfeplan bedeutet. Mit steigendem Alter
wird das Wissen darüber, was ein Hilfeplangespräch ist, wer sich dort trifft und warum immer differenzierter. Es wurde deutlich, dass
das Gespräch für die jungen Menschen von
großer Bedeutung ist. Leider versteht nur die
Hälfte der jungen Menschen alles, was im
Hilfeplangespräch beredet wird. Die andere
Hälfte sagt, dass die Erwachsenen so reden,
dass sie „ein bisschen verstehen“. Von insgesamt 27 jungen Menschen gaben zwei an,
nichts zu verstehen.
Es gab einige tolle Ideen, wie das Hilfeplangespräch so gestaltet werden kann, dass es für
alle Beteiligten konstruktiv ist. Die Vorlage
wurde einmal als gute Vorbereitung genannt,
weil dann vorher schon klar ist, um was es
gehen wird und der junge Mensch nicht ins
„Stocken“ gerät. Eine andere Idee war vor
dem Hilfeplangespräch Fotos herauszusuchen an Hand derer der junge Mensch erzählen kann. Ein Angebot an Getränken und Snacks
wurde von vielen jungen Menschen als hilfreich
wahrgenommen und auch kleine Entspannungspausen wurden positiv bewertet.
Als unangenehm wurde von einigen jungen
Menschen empfunden, wenn in der Vorlage
oder im Gespräch Dinge zur Sprache kamen,
die sie nicht in diesem Rahmen besprechen
wollen. Es ging dabei um Körper (Gewicht
und Größe), Sexualität, um Fehlverhalten
ihrerseits, Schule und auch um die Beziehung
zur Herkunftsfamilie.
Viele junge Menschen bewerteten den Hilfeplan aber auch positiv. Sie fanden es gut, dass
es nur um sie geht, einen Überblick darüber
zu bekommen, wie das vergangene (halbe)
Jahr war und Ziele für das nächste halbe Jahr
festzulegen. Ein junger Mensch schrieb, dass
es toll ist auch einmal aus anderer Perspektive
zu hören, wie die eigene Entwicklung läuft
(aus der Jugendamtsperspektive). Auch Klarheit über mögliche Kontakte zur Herkunftsfamilie zu bekommen wurde als positiver
Aspekt des Hilfeplans bewertet.
Momentan sammelt die Berliner Partizipationsgruppen Ideen, wie junge Menschen gut
auf ein Hilfeplangespräch vorbereitet werden
können und Selbst-Bewusst und gestärkt in
ANNE BACKHAUS
Inklusionsbeauftragte
BKJH
In Zusammenarbeit mit
den Partizipationsgruppen Berlin und Uckermark
ein solches gehen können. Wenn Sie/ Ihr
Erfahrungen gemacht habt, wie das gut
klappt, sind wir für Hinweise dankbar. (Bitte
EMail an die Sprecherin der Gruppe Christina
Andrasch: [email protected]).
Die Partizipationsgruppe Uckermark erarbeitet
ein Konzept zur Beteiligung von jungen Men®
schen in Profifamilie . Dazu hat sie drei Treffen organisiert, in denen junge Menschen aus
®
Profifamilie verschiedener Altersstufen sich
mit dem Themen „Selbstbestimmung“ auseinandersetzten.
Die Gruppe der 6-9 Jährigen nahmen das
Wort „Selbst-Ständig“ auseinander. Das Stichwort „Selbst“ führte die Kinder dazu sich die
Fragen zu stellen: „Wer bin ich?“ Und „Was
kann ich schon?“. Im Weiteren beschäftigten
sich die Kinder mit der Frage, was sie selbst
bestimmen können und welche Regeln es zu
Hause gibt. Weil Protokoll schreiben in dem
Alter etwas total überflüssiges und langweiliges ist (sinngemäßes Zitat aus den Fragebögen der Berliner Gruppe: „Die Vorlage ist total
überflüssig. Dann hat man ja alles doppeltEinmal geschrieben und dann noch mal gesagt!“) entschieden die Kinder ihre Gedanken
aufzumalen.
An dem Treffen der 10-13 Jährigen nahmen
fünf junge Menschen teil. Sie forderten ihr
Mitspracherecht ein; vor allem im Bereich
Freizeit und Spielzeug.
Während des Treffens der Jugendlichen
herrschte höchste Konzentration. Es wurde
deutlich, dass nicht immer klar ist, was die
Jugendlichen selbst bestimmen dürfen/wollen/müssen und in welchen Bereichen die
Profieltern ein Mitbestimmungsrecht haben
oder Empfehlungen aussprechen dürfen/sollen. Die Bereiche Urlaub, Mediennutzung,
Freizeit und die Aufnahme eines neuen Familienmitgliedes wurden diskutiert.
Wir von der Steuerungsgruppe Partizipation
freuen uns sehr darüber, dass in der Gruppe
der Jugendlichen zwei engagierte und interessierte Jugendliche sich weiter mit dem
Thema Partizipation auseinandersetzen wollen und als erste Vertretungen aus Profifamilie® an dem großen Partizipationstreffen im
Oktober teilnehmen werden. Wir heißen Euch
herzlich Willkommen und sind gespannt auf
Eure Ideen!
Das nächste Vernetzungstreffen der Partizipationsgruppe Berlin und Uckermark findet am
25.3.2015 ab 9:30 im Pädagogischen Zentrum
®
in Marzahn statt. Alle Profifamilien aus Berlin
und der Uckermark und Umgebung sind
herzlich eingeladen!
Einladung
Das nächsten Vernetzungstreffen der Partizipationsgruppe Berlin und Uckermark
findet am
25.03.2015 ab 9:30 Uhr
im Pädagogischen Zentrum in Berlin Marzahn statt.
DURCHBLICK Ausgabe 100 27
FORTBILDUNG ZUM THEMA „KINDER PSYCHISCH KRANKER ELTERN“
Am 16.09.14 trafen sich die Mitarbeiter_innen zu einer Fortbildung im Pädagogischen
Zentrum Aurich. Frau Dr. Lisa Schulze Steinmann, Systemische Supervisorin, Coach und
Organisationsberaterin (DGSF) brachte uns
das Thema „Kinder psychisch kranker Eltern
- oder besser: Es ist nicht Deine Schuld, dass
es Vater/Mutter schlecht geht“ näher.
Erscheinungsformen und Klassifikationen
psychischer Erkrankungen
Persönlichkeitsstörungen
Zwangserkrankungen
Angsterkrankungen
Psychosen
Depressionen
Manie
Bipolare Störungen
Schizophrenie
bzw. schizo-affektive Erkrankungen
Was bedeutet es im pädagogischen Alltag mit
den aufgenommenen jungen Menschen und
in der Arbeit mit dem Herkunftssystem, wenn
ein Elternteil psychisch erkrankt ist? Welche
Aspekte sollten wir im Umgang mit den aufgenommenen jungen Menschen berücksichtigen?
Jungen Menschen psychisch kranker Eltern
waren es gewohnt
· In Provisorien zu leben
· Die Regeln des Zusammenlebens waren
unklar - das psychisch kranke Elternteil ist
„nicht lesbar“ für das Kind, es erlebt Unvorhersehbarkeit - Unberechenbarkeit
· Jungen Menschen übernahmen die Verantwortung - Rollenumkehr - der junge Mensch
wird zur Quelle von Trost und Unterstützung für die Eltern
· Sie lebten in Angst vor einer Zuspitzung der
Situation
· Sie lebten in einer Krisensituation
· Sie hatten Sorge um die Zukunft, werde ich
auch so?
· Mit wem bin ich loyal, mit kranker Mutter
oder gesundem Vater?
· Sie möchten helfen - Parentifizierung
· Sie haben eine hohe Schamgrenze, das
Reden über die Erkrankung ist tabu und
somit ein Familiengeheimnis
· Sie haben große Hoffnung, dass alles
wieder normal wird
„Resilienz - Was stärkt Kinder psychisch erkrankter Eltern?1
Nur ein Drittel der Kinder psychisch erkrankter
Eltern weisen psychische Störungen auf. D.h.
28 DURCHBLICK Ausgabe 100
zwei Drittel der Kinder haben Schutzfaktoren,
Ressourcen und Bewältigungsstrategien entwickeln können, diese schwierige familiäre
Situation relativ unbeschadet zu überstehen.
Wie gelingt das? Was genau trägt dazu bei?
Resilienz meint Widerstandskraft. Resilienz ist
die psychische Widerstandkraft eines Menschen, eine strapazierfähige Verfasstheit der
Seele, Synonyme sind psychische Stabilität,
Robustheit und Widerstandskraft. Resilienz
umfasst die Entwicklung von Fähigkeiten und
Kompetenzen unter widrigen Bedingungen.
Resilienz ist ein Wort aus der Werkstoffphysik
und meint Spannkraft / Elastizität / Strapazierfähigkeit. Es bezeichnet die Eigenschaft elastischen Materials wie z.B. Gummi nach Momenten extremer Spannung unversehrt in die
ursprüngliche Form zurückzuschnellen. (Gummiband) „Unter Resilienz wird die Fähigkeit
des Menschen verstanden, sich in einer
schwierigen Lebenssituation nicht unterkriegen zu lassen bzw. nicht daran zu zerbrechen.“ (Lenz 2013;49)
Resilienz wird in der Sozialisation eines Menschen durch verlässliche Bindungen gestärkt.
Resilienz wird in der Sozialisation eines Menschen ebenso durch erfolgreiche Lern- und
Bewältigungserfahrungen gestärkt. Es geht
um das Einüben von Verhaltensmustern, die
einen Menschen befähigen, schwierige Situationen erfolgreicher zu meistern und diese
Erfahrung zu internalisieren. (siehe Infokasten a.)
Die wissenschaftliche Studie auf der Hawai-
HELGA TREBLIN-MALECKI
Erziehungsleitung
Abteilungsleitung Nordwest
BKJH Aurich
Insel Kauai über 40 Jahre an 700 Kindern des
Jahrgangs 1955 konnte die Faktoren, die Resilienz besonders ausbilden gut explorieren und
nachweisen.
Entdeckt wurden
I. Persönliche Schutzfaktoren des Menschen
II. Familiäre Schutzfaktoren
III. Soziale Schutzfaktoren
Zu I: Persönliche Schutzfaktoren des Menschen
1. Ausgeglichenes Temperament
2. Selbsthilfefertigkeiten
3. Problemlöse- und Kommunikationsfähigkeiten sowie Selbstvertrauen und positives
Selbstwertgefühl
4. Schulische Leistungsfähigkeit
5. Selbstwirksamkeitsüberzeugung
6. Hohe Sozialkompetenz
7. Ausgeprägter Kohärenzsinn (siehe Infokasten b.)
8. Planungskompetenz
Zu II: Familiäre Schutzfaktoren
1. Sichere Bindung
2. Positives Erziehungsklima
3. Gute Paarbeziehung
4. Flexibilität und Verbundenheit
Zu III: Soziale Schutzfaktoren
1. Soziale und emotionale Unterstützung
2. Unterstützende und anregende Freundschaftsbeziehungen
3. Positive Erfahrungen in der Schule
4. Integration in der Freizeit
Psychische Gesundheit wird in aktuellen
Modellen der Gesundheitswissenschaft in
folgenden Dimensionen erfasst.
1. Generalisierte positive Ergebniserwartung:
Der Mensch hat die Überzeugung, dass das
Leben beeinflussbar ist und sich die Dinge
„zum Guten“ hin entwickeln.
2. Generalisierte positive Handlungserwartung: Der Mensch hat Zuversicht, Situationen bewältigen zu können.
3. Internalisierte Kontrollüberzeugung. Der
Mensch hat die Überzeugung, selbst Ein-
fluss auf das Leben und die Handlungen zu
haben.
4. Umgang mit Veränderungen: Das Leben
stellt sich für den Menschen in einem inneren Zusammenhang dar und Anforderungen werden als Herausforderungen begriffen.
5. Sinnhaftigkeit: Das Leben wird von dem
Menschen als sinnvoll betrachtet und es
lohnt sich, sich zu engagieren und Probleme zu lösen.
6. Optimismus und positives Selbstbild: Der
Mensch hat ein positives Selbstbild und ist
zuversichtlich.
7. Widerstandsfähigkeit: Der Mensch kann in
die Umgegung eingreifen und selbstbestimmt und selbstverantwortlich negative
Auswirkungen von Belastungen reduzieren.
Zentraler Aspekt von Resilienz ist die
Selbstwirksamkeit.
Selbstwirksamkeit beinhaltet
- Kontrollwirksamkeit
- positive Handlungserwartung
- positive Ergebniserwartung
- vorherige Erfahrungen von Selbstwirksamkeit
Pathische Kategorien von Resilienz
Ich habe – Ich bin – Ich kann
Ich steuere mein Leben.
Ich führe Regie.
Ich habe Einfluss und kann etwas bewirken.
Ich erreiche das, was ich beabsichtige.
Ich kann auf ein gutes Ergebnis vertrauen.
Resilienzförderung beinhaltet
· Ressourcenorientierung (Nutzung externer
und interner Ressourcen)
· Verbesserung von Lebensbedingungen (Absicherung und Entfaltung)
· Persönliche Autonomie über das eigene Leben (Einflussnahme auf das eigene Leben)
· Entwicklung und Ausbau von persönlichen
und gesellschaftlichen Bewältigungsmöglichkeiten
· Reduktion von Stress und Problemen
Infokasten:
a. Statuspassagen: Aus der Resilienzforschung ist bekannt, dass Übergänge zusätzliche Belastungen für ein Kind sind. Der Wechsel in die Kindertageseinrichtung, der Übertritt in die Schule
usw.. Neue Situationen, für die Menschen noch keine Handlungs- bzw. Verhaltensskript haben,
sind hohe Anforderungen und bedeuten häufig eine Krise. Das ist normal. Diese Übergänge
heißen Statuspassagen und jeder Mensch muss lernen, sich in der neuen Rolle und dem neuen
Status einzufinden.
b. Kohärenzsinn: Stimmigkeit/Zusammenhalt im inneren und äußeren Erleben, Kohärenzgefühl=Dazugehörigkeit, entsteht durch Bindung, bietet Orientierung und Gefühl des Vertrauens.
DURCHBLICK Ausgabe 100 29
· Stabile Integration in ein soziales Netzwerk:
Zunahme der Kontaktpersonen, Verhinderung von Einsamkeit, hohe soziale Unterstützung
· Stärkung von Selbstwert
· Aktivierung von Problemlösungskompetenzen und Abwehrstrategien
· Erfolgsorientierung anstatt Versagenserwartung und Hilflosigkeit
· Stärkung bzw. Ausdifferenzierung des HilfeSuch-Verhaltens
Resilienz ist stark durch innere Überzeugung
bedingt. Inneres Erfahrungswissen (Empirie)
lautet z.B.
· Krisen sind überwindbar
· Das Leben besteht aus ständigen Veränderungen
· Ich verfolge meine eigenen Ziele
· Ich treffe eigene Entscheidungen
· Ich nutze Möglichkeiten, neue Fähigkeiten
zu entdecken
· Ich pflege ein positives Selbstbild
· Ich betrachte die Welt realistisch
· Ich bewahre Hoffnung
· Ich sorge achtsam für mich
· Ich bin vernetzt mit anderen Menschen
Fragen zu Resilienz lauten:
Was kannst Du gut?
Was gefällt Deinen Freund_innen an Dir?
Welche guten Seiten kennst Du an Dir?
Wie würde jemand, der Dich mag, Dich beschreiben?
Was tust Du gern?
Was tut Dir gut?
Pädagogische Unterstützungsarbeit
beinhaltet im Hinblick auf Einstellungen und
Gefühle des Kindes:
· Die Steigerung von Kompetenzüberzeugung
· Die Steigerung des Selbstwertgefühls
· Die Minderung von Zuständen negativer
Affekte wie Gefühle der Hilflosigkeit, Feindseligkeit, Angst, Niedergeschlagenheit
Wie kann Resilienz gefördert werden?
· Sichere Bindung anbieten
· Verlässlichen Rückhalt und Sicherheit
anbieten
· Anregungen und Lob aussprechen
· Eigenaktivität des Kindes unterstützen
· Einflussnahme auf Umwelt ermöglichen
· Fehlertoleranz ggü. Kind
· Information
Wie wird Resilienz des Kindes in der Erziehungspraxis verstärkt?
a. Nähe und gefühlsmäßige Sicherheit anbieten
b. Stabile belastbare Bindung entwickeln und
vertiefen
c. Signale des Kindes aufmerksam wahrnehmen und verstehen lernen
d. Richtige Einschätzung der kindlichen Signale
e. Auf Signale der Kinder prompt reagieren
(Reiz-Reaktionsmuster) durch Nähe, Zuwendung, Blickkontakt, Körperkontakt,
Echo des Kindes, Führen und Folgen als
wichtiges Prinzip von Bindung, Beruhigungstechniken
Matching: verbales Echo des kindl. Verhaltens, und/oder Verbalisierung kindl. Gefühle;
· Beschreibungen der Handlungen des Kindes (Du baust einen hohen Turm)
· Beschreibungen für Wahrnehmungen des
Kindes (Du hörst ein Vögelchen)
· Beschreibungen des emotionalen Zustandes des Kindes (Du bist traurig)
· Beschreibungen von Handlungen des Elternteils (Ich hole dich jetzt aus dem Bettchen)
· Beschreibungen des emotionalen Zustandes des Elternteils (Ich bin glücklich, dass es
dich gibt)
Genaues, positives uneingeschränktes Loben
Unterstützung bei der Problembewältigung
· Wahrnehmung und Beschreibung der
Probleme
· Suche nach Lösungsmöglichkeiten
· Nachdenken über Konsequenzen (Antizipation)
· Abwägen der Möglichkeiten und Entscheidung
· Systematisches Handeln
· Bewertung: Hat die Lösung funktioniert?
Kontakte zu anderen Personen durch
Stärkung des sozialen Immunsystems
· Patenmodell als Vertrauensperson
· Teilnahme am Leben in Vereinen, externe
Angebote
Umgang mit Erkrankung
· Krisenplan
· Altersgerechte Information über Erkrankung: Wissen und Information über psychische Erkrankungen: Krankheitswissen und
Krankheitsverstehen, Offener Umgang mit
der Krankheit, Aktive Interaktion mit Umwelt insbesondere in Krisen.
Literaturempfehlung für die Arbeit mit dem Kind
Sonnige Traurigtage, Homeier, 2006
Mamas Monster: Was ist nur mit Mama los?, Mosch, 2008
30 DURCHBLICK Ausgabe 100
Literatur:
M Lenz, A., Brockmann,
E.: Kinder psychisch
kranker eltern stärken,
Göttingen 2013
Fröhlich-Gildhoff, K.,
Rönnau-Böse, M.: Resilienz, Stuttgart 2014. 4. Aufl.
Weiter-Enderlin, R., Hildebrand, B.: Resilienz
trotz widriger Umstände,
Heidelberg 2008
Kontext – Zeitschrift für
Systemische Therapie
und Familientherapie:
Titel Kinderschutz: Systemische Beiträge und
kritische Perspektive
03/2014, Bd. 45 “ 1)
Quelle:
1. Dr. Lisa Schulze Steinmann, Vortrag vom
16.9.2014 im PZ Aurich
KINDGERECHT
Verändertes Aufwachsen in einer modernen Gesellschaft
Bericht von dem 10. Kinderschutzforum
2014 in Köln der §8a-SGB VIII Beauftragten
der BKJH.
Kindgerecht aufwachsen zu können in einer
modernen Gesellschaft, das ist der öffentliche
Anspruch, auf den junge Menschen sich verlassen können sollen. Ein Anspruch, der auf
den ersten Blick konsensfähig ist und dem
sicher niemand widersprechen wird.
Doch was bedeutet es, wenn die Rechte der
Kinder und Jugendlichen entsprechend umgesetzt würden? Was muss oder müsste dann
in der Gesellschaft, in der Jugendhilfe, in Einrichtungen, in praktischem politischem Handeln, im Kontakt mit den jungen Menschen
geschehen und sich verändern – und wo gibt
es gute Ansätze dazu?
Diesen Fragen ging das 10. Kinderschutzforum der Kinderschutzzentren in Köln unter
eben dem Titel „KindGerecht“ nach, das Karen
Heimberg (BKJH Huntlosen) und Katrin Feldmeyer (BKJH Aurich) gemeinsam mit 650
Fachleuten aus Deutschland und angrenzenden Ländern besuchten.
Viele Konzepte zur Teilhabe und zu Partizipationsrechten von Kindern liegen vor. Nicht
zuletzt finden sich entsprechende Forderungen auch in den Ergebnissen der Runden
Tische zum sexuellen Missbrauch und den
fachlichen Diskussionen zur Umsetzung des
Bundeskinderschutzgesetzes wieder.
Richtig ist, dass die Rechte der Kinder durch
die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen
in den letzten Jahren gestärkt werden sollen.
Richtig ist aber auch, dass die von den zentralen politischen Gremien und Institutionen
erarbeiteten und vom Gesetzgeber auf den
Weg gebrachten Reformen noch in vielen
Bereichen auf die entsprechende Realisierung
warten. Bei genauer Betrachtung der Praxis
fällt dabei auf, dass der Umsetzungsprozess
teilweise sehr aufwändig und arbeitsintensiv
ist.
Gesetzgeberisches und wissenschaftliches
Handeln benötigt einen entsprechenden
Transfer in die Praxisfelder der Jugendhilfe.
Erst dann sind die Grundlagen vorhanden, die
es der Praxis ermöglichen, die sich herausbildenden fachlichen Konzepte im Alltag zu
implementieren.
An diesen Fragestellungen setzte das 10. Kinderschutzforum an. Speziell für die Jugendhilfe und den Kinderschutz ging es dabei um
die zentrale Frage, in welche Richtung sie sich
verändern müssen, wenn sie das Recht von
Kindern und Jugendlichen auf Partizipation
und Teilhabe umsetzen wollen. Folgende
Fragestellungen bestimmten das Programm:
Kinder und Jugendliche im Kinderschutz –
Verstehen und beteiligen!
Entgegen dem Partizipationsgebot des SGB
VIII werden Kinder und Jugendliche in langwierigen und konfliktreichen Hilfeprozessen
oftmals nicht angemessen beteiligt. Insbesondere im Prozess der Risikoeinschätzung
wird deutlich, dass ihre Perspektive oftmals
nicht wahrgenommen wird. Die Aufgabe
besteht darin, die Entwicklungserfordernisse
unterschiedlicher Altersgruppen zu berücksichtigen und Kinder und Jugendliche altersgemäß am Hilfeprozess zu beteiligen.
KATRIN FELDMEYER
Erziehungsleitung
BKJH Aurich
Kinderschutz auch für Jugendliche!
Ältere Kinder und Jugendliche sind in ihrem
Aufwachsen anderen Risiken ausgesetzt als
kleine Kinder, weisen aber auch andere Resilienzfaktoren auf als diese. Deshalb bedarf ihre
jeweilige Lebenssituation der spezifischen und
ausgewogenen Einschätzung entlang ihres
Entwicklungsstadiums. Während kleine Kinder
von Fachkräften als „Objekte der Sorge“ betrachtet werden, geraten ältere Kinder und
Jugendliche oftmals aus dem Sichtfeld. Kinderschutzangebote und -ansprüche gelten
aber gleichsam für sie und sie sind in ihren
Ansprüchen sogar gestärkt worden.
Kinderschutz vor allem an Übergängen!
Aus der Sozialisationforschung ist bekannt,
dass Risikofaktoren immer dann wirksam
werden, wenn biografische und institutionelle
Übergänge misslingen. Am Übergang zwischen den Zuständigkeiten unterschiedlicher
Hilfesysteme zeigen sich immer wieder
Schwierigkeiten. Einrichtungen sind mit herausforderndem Verhalten von Kindern und
Jugendlichen zunehmend überfordert. Damit
beginnt oftmals ein Kreislauf, in dem die Verantwortung den jeweils anderen Berufssystemen übertragen wird und es zum Teil zu unrealistischen Erwartungen an die gegenseitige
Zusammenarbeit kommt. Konflikte und Brüche, insbesondere zwischen Kinder- und
Jugendhilfe und Schule, der Kinder- und
Jugendpsychiatrie, aber auch der Polizei sind
DURCHBLICK Ausgabe 100 31
deshalb keine Ausnahme, sondern eher die
Regel in der Praxis.
Interaktive soziale Netzwerke – eine
besondere
Herausforderung
für
die
Jugendhilfe!
Der zentrale Einfluss moderner Kommunikationstechnologie, eine zunehmend mediatisierte Kindheit und Jugend führt zu weiteren
Chancen aber auch Risiken im Aufwachsen.
Andererseits stellt diese rasante Entwicklung
den Kinderschutz und die gesamte Jugendhilfe kurzfristig vor eine kaum lösbare Aufgabe.
Zu all diesen Fragestellungen haben Expert_innen auf dem 10. Kinderschutzforum
referiert und diskutiert. Hier war der Ort, an
dem Wissenschaftler_innen und Expert_innen
aus dem Arbeitsfeld der Jugendhilfe in einen
intensiven Austausch treten konnten und
gemeinsam Perspektiven für ein kindgerechtes Hilfesystem entwerfen konnten.
Für nähere Informationen stehen Karen
Heimberg und Katrin Feldmeyer gerne zur
Verfügung.
Quelle:
Karen Heimberg (links) ist Erziehungsleiterin
der BKJH Huntlosen und insoweit erfahrene
Fachkraft nach §8a SGB VIII
Katrin Feldmeyer (rechts) ist Erziehungsleiterin
der BKJH Aurich, insoweit erfahrene Fachkraft
nach §8a SGB VIII und Mitglied des Partizipationsgremiums der BKJH
Heute ist mein Tag!
Außergewöhnliche
Lösungen für alltägliche
Probleme, Taschenbuch
- 1. Juli 2008, Joseph
O`Connor (Autor), Isolde
Seidel (Übersetzerin)
EINE FRAGE DER PERSPEKTIVE
Sherlock Holmes und Doktor Watson gingen
zusammen zum Campen. Sie verbrachten
einen wundervollen Tag in der freien Natur
und wanderten durch die hügelreiche Landschaft.
Als es dämmerte errichteten sie ihr Zelt.
Nachdem sie ein köstliches Mahl zubereitet
und aufgegessen hatten, fielen sie beide müde in den Schlaf.
Sehr früh in der Nacht wachte Holmes auf,
grunzte etwas und weckte seinen Assistenten
32 DURCHBLICK Ausgabe 100
mit einem leichten Stoß in die Rippen.
“Watson” sagte er. “Öffne schnell die Augen
und schau hinauf zum Himmel. Was siehst
du?”
Watson erwachte schlaftrunken.
“Ich sehe Sterne, Holmes.” antwortete er.
“Unendlich viele Sterne.”
“Und was sagt dir das, Watson?” fragte Holmes.
Watson dachte für einen Augenblick nach.
“Tja Holmes, das sagt mir, dass dort draußen
ungezählte Sterne und Galaxien sind und
wahrscheinlich Tausende von Planeten. Ich
nehme deshalb an, dass doch eine ganze
Menge gegen die Theorie spricht, dass wir
allein im Universum sind. Ich schau hinauf in
den Himmel und fühle mich demütig angesichts dieser unendlichen Weiten. Und was
sagt es dir?”
“Watson, du bist ein Narr!” rief da Holmes. “Mir
sagt es, dass jemand unser Zelt gestohlen
hat!”
KATRIN FELDMEYER
Erziehungsleitung
BKJH Aurich
PEKIP IM MUTTER/VATER UND KIND-HAUS DER BKJH
Wie hier im Mutter/Vater und Kind- Haus
besuchen deutschlandweit fast 60000 Babys
pro Woche PEKiP-Kurse. Entstanden ist das
Prager- Eltern- Kind- Programm vor rund 40
Jahren. Die Idee: Babys sollen hier Spiel und
Bewegungsanregungen bekommen, die
ihrem
individuellen
Entwicklungsstand
entsprechen. Denn nie wieder in seinem
Leben lernt der Mensch so viel wie im ersten
Lebensjahr, wusste der Psychologe und
PEKiP- Gründer Dr. Jaroslav Koch.
Für die Bindung zwischen Mutter/Vater und
Kind sind die ersten Lebensmonate entscheidend, daher soll möglichst in dieser Zeit eine
besondere Förderung stattfinden.
Die kleine PEKiP- Gruppe im Mutter/Vater und
Kind-Haus besteht derzeit aus einem Elternpaar mit ihrem Kind (8 Monate alt) und der
Gruppenleitung. Es finden ca. 1-2x pro Woche
in unserem Wohnzimmer Treffen statt. Dieses
wird zuvor durch die Gruppenleiterin vorbereitet: Der Boden wird mit Isomatten ausgelegt und mit zwei Heizlüftern auf ca. 24C°
vorgewärmt. Auf den Matten wird eine Bewegungslandschaft aufgebaut, die zum Ausprobieren einlädt. Eine Faltmatratze, schiefe Ebene und handliches, einfaches Spielzeug sollen
die Sinne des Kindes anregen.
Das Kind entscheidet selber, womit es sich
beschäftigen möchte. Es wird lediglich ein
wenig angeleitet und bei Bedarf geholfen. Ob
es sich den Greifring nimmt oder sich lieber
das rote Tuch über den Kopf zieht, liegt in der
Entscheidung des Kindes. Plastikschüsseln untersuchen oder mit Reis gefüllte Stoffsäckchen
liegen dem Kind zur Beschäftigung bereit. Es
wird den Babys offen gehalten, auf dem Rücken zu liegen oder auf dem Bauch. Den
Schrägsitz üben, knien, robben, krabbeln oder
sich hochziehen zum Stand - je nach Lust und
Laune.
Die Motorik wird ebenfalls innerhalb einer
PEKIP-Gruppenstunde gefördert: Unser Baby
lernt das Aufrichten und Klettern spielerisch
an einem Hocker, Wäschekorb oder an Mama
und Papa. Mit Hilfe einer Puppe zeigt die
Gruppenleitung, wie die Eltern die Anregungen am besten umsetzten können. Das Elternpaar reagiert häufig erstaunt, zu welchen
Bewegungen ihr Kind, ohne Windel schon im
Stande ist.
Hierzu ein Zitat des Vaters: „Ich sehe, dass
meine Tochter sich körperlich bei PEKiP sehr
stark weiterentwickelt.“
ALMUT LÜBKEN
Erzieherin und PEKiP
Gruppenleiterin
Mutter/Vater und KindHaus
BKJH Emsland
Quelle:
Prager-Eltern-KindProgramm
PEKiP e.V.
Verein für Gruppenarbeit
mit Eltern und Kindern
im ersten Lebensjahr
DAS BISSCHEN HAUSHALT
Eines späten Nachmittags kommt ein Mann
von der Arbeit nach Hause und findet das
totale Chaos vor. Die Kinder sind noch im
Schlafanzug und spielen im Vorgarten im
Matsch. Überall im Gras verstreut liegen leere
Packungen und Papier von Süßigkeiten. Die
Türen am Auto seiner Frau stehen weit offen,
auch die Haustür ist sperrangelweit auf und
der Hund ist nirgendwo zu sehen.
Als der Mann in den Flur tritt sieht er, dass
eine Lampe umgefallen ist und der Läufer
zusammengeknüllt an der Wand liegt. Im
Wohnzimmer plärrt das Fernsehen laut und
im Esszimmer liegen überall Spielzeug und
Klamotten verstreut. In der Küche stapelt sich
das Geschirr in der Spüle, die Reste vom Frühstück stehen noch auf dem Tisch, Hundefutter liegt auf dem Boden, ein zerbrochenes
Glas unter dem Tisch und an der Terrassentür
liegt ein Haufen Sand.
Schnell läuft er die Treppe hoch, um seine
Frau zu finden und muss dabei über Spielzeug
und weitere Klamottenhaufen steigen. Als er
am Bad vorbeigeht, läuft ihm Wasser entgegen. Als er ins Bad geht, sieht er einen Haufen
nasse Handtücher, Seife und Spielzeug auf
dem Boden. Vor der Toilette liegt abgerolltes
Toilettenpapier und Zahnpasta ist über den
Spiegel und über einen Teil der Wand verschmiert.
Er rast ins Schlafzimmer und findet seine Frau
im Schlafzimmer, im Bett liegend ein Buch
lesend. Sie sieht ihn lächelnd an und fragt, wie
sein Tag gewesen ist. Er sieht sie verwirrt an
und fragt: "Was ist denn heute hier passiert?"
Sie lächelt wieder und antwortet: "Jeden Tag,
wenn Du nach Hause kommst, fragst Du
doch, was ich um Himmels Willen den ganzen
Tag gemacht habe." "Ja und?" sagt er entsetzt.
Sie antwortet: "..heute habe ich mal nichts
gemacht!!!"
DURCHBLICK Ausgabe 100 33
REAKTION AUF DEN BEITRAG ZU JANUSZ KORCZAK (HEFT 99)
Auch ich war und bin nachhaltig begeistert
von Janusz Korczak, seinem Leben und wie
früh er wichtige Zusammenhänge erkennen
konnte, obwohl die (erwachsene) Welt um ihn
herum zu seiner Zeit noch nicht so weit war.
Deshalb bedanke ich mich bei Karin Katz, dass
sie sich die Zeit genommen hat, den Vater der
Kinderrechte im Durchblick vorzustellen und
uns einen spannenden Einblick in sein Leben
zu geben. Während ich den Artikel las, kamen
mir einige Gedanken, die ich hier für alle zugänglich machen möchte. Als Inklusionsbeauftragte (aber auch ganz privat) lese ich alles
mit einer Vielfältigkeitsbrille und klappere im
Inneren die zentralen Identitätsdimensionen
ab. Aus dieser Perspektive war es interessant
zu sehen, was Korczak geprägt hat. Jüngst bin
ich auf eine Kritik an einem Buch von Korczak
gestoßen. Da es mich als Korczak-Fan erstaunt und geschockt hat, möchte ich auch
hiervon berichten. Abschließend stelle ich ein
Kinderbuch vor, welches einige Kinderrechte
erklärt und in dem auch Korczak eine zentrale
Rolle spielt.
Sozialer Status
Als Kind aus wohlhabendem Haus, spielte Janusz Korczak trotzdem mit den „Schmuddelkindern“. Er bekam früh mit, was mit niedrigem sozialen Status in Verbindung gebracht
wurde und auch sicherlich heute häufig noch
wird: Läuse, Krankheiten, Prügeln und Steine
werfen. Auch später, als Leiter des Waisenhauses, wohnte er mit jungen Menschen
zusammen, die eher aus schwachen sozialen
Verhältnissen kamen; er selbst besaß jedoch
einen hohen sozialen Status.
Die Mitarbeitenden der BKJH haben in der
Regel einen gesicherten sozialen Status, während viele junge Menschen aus Herkunftsfamilien mit niedrigem sozialem Status kommen. Mit diesem Unterschied sind viele Menschen in der BKJH tagtäglich konfrontiert und
es kann lohnenswert sein sich bewusst zu
machen, was dies für unsere pädagogische
Arbeit bedeutet.
Religion und Herkunft
Als Jude aus Warschau in der NS-Zeit spielte
seine Religion und Herkunft zweifelsfrei eine
Rolle. Auch heute, auf ganz andere Weise
selbstverständlich, sind Religion und Herkunft
Aspekte, die in unserer Arbeit Bedeutung haben. Nur selten werden auch heute noch
Menschen in Deutschland auf Grund ihrer
34 DURCHBLICK Ausgabe 100
Religion oder Herkunft in Deutschland verfolgt und ermordet. Der Zugang zur Kinderund Jugendhilfe ist aber für diejenigen erschwert, die nicht aus Deutschland kommen
und nicht dem Christentum angehören.
So werden Erziehungshilfen von Familien mit
Migrationshintergrund später in Anspruch
genommen, sind im Durchschnitt von kürzerer Dauer und weniger wirksam als bei Familien ohne Migrationshintergrund.1 Potentielle
Mitarbeitende, die ihren Abschluss nicht in
Deutschland gemacht haben, müssen mit viel
Aufwand ihre Abschlüsse anerkannt bekommen und sehr gute Deutschkenntnisse vorweisen, bevor sie die Anerkennung als Profifa®
milie durch das Landesamt erhalten. Christliche Träger, wozu die BKJH nicht gehört,
haben das Recht nicht christliche Bewerber_innen auf Grund ihrer Religion abzulehnen. Welche Rolle Herkunft und Religion in
der Arbeit mit den jungen Menschen und
ihren Herkunftsfamilien spielt ist eine spannende Frage, welche es ermöglicht, Situationen aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten und manchmal besser zu verstehen.
Gender
Frau Katz beschreibt eine Episode aus Korczaks Kindheit, die aufschlussreich beschreibt,
was Geschlechterrollen damals und auch
heute bedeuten und welchen Einfluss sie auf
junge Menschen (und natürlich auch Erwachsene) haben. Mit Puppen spielen schien etwas
zu sein, was Korczaks Mutter den Mädchen
überlassen wollte. Da Korczak aber mit Puppen spielte, würde er keinen Ehrgeiz entwickeln können. Ehrgeiz scheint also eine
männliche Eigenschaft zu sein. Sich selbst zu
fragen, welche Vorstellung wir davon haben,
was Männlichkeit oder Weiblichkeit bedeuten
und wie diese Vorstellung unser pädagogisches Handeln mit den jungen Menschen
beeinflusst, ist ein lohnenswertes Experiment.
Alter
Wie Karin Katz schon deutlich gemacht hat,
war Janusz Korczak einer der ersten, der
Kinder ernst genommen hat. Er betrachtete
sie nicht nur als Wesen, die warten müssten,
ANNE BACKHAUS
Inklusionsbeauftragte
BKJH
bis sie erwachsen sind, bevor sie wahrgenommen und gehört werden und das Recht
hätten ihre Meinung wirksam zu vertreten. In
einer Zeit, in der ausschließlich Erwachsene
festlegten was die Norm ist und für abweichende Ideen von jungen Menschen kein
Raum war, ist diese Haltung von Korczak
gewiss provokant gewesen, eine Revolution.
Die Erkenntnis, dass Kinder eine machtlose
unterdrückte Klasse sind, wird heutzutage
auch als Adultismus bezeichnet. Auch heute
noch bestimmt in erster Linie eine erwachsene Norm unsere Welt. Die Türklinken und
Toiletten werden in Erwachsenen-Höhe angebracht und die noch abends arbeitende
Partnerin wird eher gefragt, wann sie fertig ist
und Abendbrot gegessen werden kann als das
spielende Kind. Erwachsene Arbeit scheint
wichtiger zu sein, als das für das zukünftige
Leben grundlegende Spiel des Kindes.
Beim Lesen frage ich mich immer auch, welche der zentralen Identitätsdimensionen scheinbar keine Rolle spielen. In den Ausführungen
über Korczak scheinen Behinderung und
Hautfarbe irrelevant zu sein. Im Folgenden
möchte ich kurz auf Hautfarbe eingehen, weil
ich im Internet auf ein für mich schockierendes Video gestoßen bin.
Hautfarbe
Es ging mir sehr nahe und ich war erstaunt,
als ich im Internet ein Video gefunden habe,
in dem Prof. Dr. Maisha Maureen Eggers,
Professorin für Kindheit und Differenz (Diversity Studies) über Korczaks Erziehungsroman
„Der kleine König Macius“ berichtet. Da ich
hier bestimmt nicht so gute Worte finde wie
Frau Eggers, lege ich allen Interessierten nahe,
sich dieses kurze Video selbst unter www.you
tube.com/watch?v=W3ghyPtbuaI (ab 4:30) anzuschauen. Dennoch möchte ich erzählen,
was mich geschockt hat: „Der kleine König
Macius“ sollte ein Buch sein, welches Kinder
dazu anregt, darüber nachzudenken, wie ein
Kinderparlament funktionieren könnte und
wie es organisiert werden kann. Für Schwarze
Kinder kann dieses Buch aber keine Anregung
zur Partizipation darstellen. Schwarze Menschen werden in diesem Buch häufig als
„Menschenfresser“ dargestellt. Die Reiche der
Schwarzen Könige gehen an Menschenfres-
serei zu Grunde. Es gibt eine brutale Erzählung über einen König, dessen Vorrat an gepökelten „Negerfleisch“ ausgeht. In einer
anderen Erzählung lässt der Weiße König
Macius Schwarze, Betrunkene und wilde
„Menschenfresser“ in Booten aufs Meer hinaus, damit sie dort sterben. Ein Schwarzer
König im Buch heißt Bumstrums und seine
Tochter Kluklu. Diese Namen sind im Gegensatz zum ernstzunehmenden und kultivierten
Namen Macius putzig, niedlich und nicht
ernst zu nehmen. Prof. Dr. Eggers schließt
damit ab, dass es für ein Schwarzes Kind,
welches beim Lesen mitgeht eine Katastrophe
wäre dieses Buch zu lesen.
Auch wenn Korczak rassistische Tendenzen
vorgeworfen werden können, hat er in anderen Bereichen hervorragende Arbeit geleistet.
Er hat sehr früh erkannt, dass Kinder unterdrückt werden und eine Stimme und Rechte
brauchen, um sich auf diese beziehen zu
können, um sicher und glücklich zu sein.
Deshalb möchte ich nach dieser Nicht-Empfehlung ein tolles Buch vorstellen.
In dem Buch „Justine und die Kinderrechte“,
werden Geschichten erzählt, in denen Kinder
Unrechtserfahrungen machen. Es werden
schwierige Themen bearbeitet, wie z.B. sexuelle Übergriffe oder Kinderarbeit. Es gibt aber
auch leichtere Themen, wie z.B. die Beteiligung von jungen Menschen bei der Gestaltung eines Spielplatzes. Jede Geschichte
befasst sich mit einem Kinderrecht, welches
verletzt wird. Zum Glück kommen jedes Mal
Justine und ihr Kater Joschi, die den Kindern
erklären, dass sie Rechte haben und entwickeln Lösungen, wie die Kinder aktiv ihre
Situation verbessern können. Zusätzlich gibt
es Anregungen, wie sich weiter auf kreative
Art und Weise mit dem vorgestellten Recht
auseinandergesetzt werden kann. Das Buch
eignet sich hervorragend für Gruppen junger
Menschen und auch Erwachsener, die sich
mit einzelnen Rechten auseinandersetzen
wollen, wie einige unserer Partizipationsgruppen. Es ist aber auch ein tolles Vorlesebuch
und kann helfen auf eine stärkende Art und
Weise mit jungen Menschen ins Gespräch
über Rechtsverletzungen und Grenzüberschreitungen zu kommen.
Buchinfo:
Justine und die Kinderrechte, Antje Szillat und
Mariana Krämer (Autorinnen), Diözesan-Caritasverband (Hrsg.),
Quelle:
1. Handschuk, S., Die
interkulturelle Öffnung
der stationäre Erziehungshilfe ist überfällig,
In: Wohin steuert die
stationäre Erziehungshilfe, SPI des SOS Kinderdorf e.V. (Hrsg.), München, 2007, S. 108
DURCHBLICK Ausgabe 100 35
INTERNE FORTBILDUNG DER BKJH LÜNEBURG
Zahlreiche Mitarbeitende der BKJH Lüneburg,
der Wohngruppe Backhaus Schneverdingen,
der BKJH Celle und der BKJH Hamburg nahmen sich an einem Samstag Zeit, für ein Inhouseseminar zum Thema „Einführung in die
Traumapädagogik“. Der Referent dieser Veranstaltung war Martin Kühn, der Leiter vom
traumapädagogischen Institut Norddeutschland. Mit viel Sachverstand und Elan referierte
Herr Kühn über das Thema Trauma, erläuterte
zum einen die Definition und die Folgen des
Traumas und zum anderen die Grundlagen
der traumapädagogischen Methodik. Wichtige
Aspekte des Seminars waren auch die „Pädagogik des sicheren Ortes“ und die Selbstfürsorge für pädagogische Fachkräfte.
Im Folgenden möchte ich die Inhalte unseres
Seminars näher erläutern.
Was ist ein Trauma? Laut ICD 10 wird ein Trauma als „ein belastendes Ereignis oder eine Situation außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaßes (kurz oder langhaltend), die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung
hervorrufen würde“ beschrieben. Ein Trauma
entsteht durch eine Situation die bei der betroffenen Person eine große Hilflosigkeit (Todesangst) hervorruft, wenn Flucht oder Kampf
keine Optionen mehr sind.
Die Folgen eines Traumas können sehr vielschichtig sein, die posttraumatische Belastungsstörung ist die wohl am häufigsten auftretende
psychische Störung nach einem Trauma. Zu den
Symptomen der posttraumatischen Belastungsstörung zählen das Wiedererleben des Traumas
(innere Bilder, Alpträume, Geräusche und Körperempfindungen), die Vermeidung von Situationen, die das Wiedererleben auslösen, Gefühlstaubheit und die Chronische Übererregbarkeit
(massive Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen und erhöhte Reizbarkeit).
Weitere häufige Folgeprobleme sind Defizite auf
der Ebene der sensorischen Integrationsfähigkeit: z.B. Körperempfinden, Schmerzempfinden,
Bewegungskoordination, vielfältige Verhaltensstörungen, Defizite auf der Ebene von Lernen
und Gedächtnis, Dissoziative Symptome, Ge-
36 DURCHBLICK Ausgabe 100
störte Affektregulation, Manifestation unterschiedlicher psychiatrischer Störungsbilder:
Somatisierungsstörungen,
Borderlinestörung,
Drogenabhängigkeit, selbstverletzendes Verhalten, Depressionen, Zwangsstörungen, Essstörungen, Angststörungen, ADHS etc. Diese uns
häufig bekannten Diagnosen gilt es zu prüfen
und nicht als Zu-oder Festschreibung des jungen Mensch zu verstehen.
In der Traumapädagogik ist der „sichere Ort" ein
unerlässlicher Bestandteil der Therapie. Die
Betroffenen benötigen einen Raum in dem sie
sich geschützt fühlen und stabile Bindungen
finden. (Pädagog_innen als „Sicherheitsbeauftragte"). Andere konkrete Rahmenaspekte der
Traumapädagogik sind zum einen der „geschützte Handlungsraum" (Pädagog_innen als
„Entwicklungshelfer_innen) und zum anderen
der "emotional-orientierte Dialog" (Pädagog_innen als „Sprachforscher_innen"). Die
pädagogischen Fachkräfte tragen hierbei eine
große Verantwortung und werden viel gefordert, daher ist es wichtig, dass die Pädagogischen Fachkräfte „Selbstführsorge" betreiben
und einen Ausgleich zu der Arbeit schaffen. Zum
einen dient dies der Qualitätssicherung bei der
pädagogischen Arbeit und zum anderen der
Gesunderhaltung der Fachkraft.
Trotz der massiven Wetterbedingungen, großer Hitze und heftigem Gewitter, hielten die
Mitarbeitenden und Herr Kühn von 10.00 Uhr
bis 16.00 Uhr durch und schlossen den Tag
mit einer guten Stimmung und mit dem
Wunsch zur Vertiefung / Weiterarbeit ab. Zu
diesem tollen und informativen Tag haben
auch die eigens dafür angereisten Betreuenden der rund 30 anwesenden jungen Menschen beigetragen, welche die Kinder bestens
versorgt haben und so einen reibungslosen
Ablauf ermöglicht haben. Für das leibliche
Wohl der Erwachsenen wurde durch, ein von
den Mitarbeitenden liebevoll zubereitetes,
umwerfendes Buffet gesorgt. An dieser Stelle
möchte ich mich herzlich bei den lieben fleißigen Mitarbeitenden, für ihren Einsatz und ihr
zahlreiches Erscheinen, bedanken.
ANDREA SCHMITZKÖSTER
Erziehungsleitung
BKJH Lüneburg
GLEICHBERECHTIGUNG
Neue Kampagne der Vereinten Nationen zum Thema „Gleichberechtigung“
Foto: Katrin Feldmeyer, geschossen vor dem
Bundesgerichtshof in Karlsruhe
Als UN-Botschafterin für Frauenrechte hielt
die Schauspielerin Emma Watson (bekannt als
Hermine aus Harry Potter) vor den Vereinten
Nationen eine vielbeachtete Rede zum Start
der neuen Kampagne "He for She". Das Projekt hat es sich zum Ziel gesetzt, die Gleichberechtigung der Geschlechter weltweit zum
Thema zu machen und auch verstärkt Männer
für diesen Kampf mit an Bord zu holen.
Watson warb damit, dass auch Männer von
den weiterhin bestehenden Rollenklischees
negativ betroffen sind. So sei es auch in westlichen Ländern für sie immer noch schwer,
Schwächen zu zeigen und sich Hilfe zu holen,
wenn es ihnen schlecht geht. „In Großbritannien ist Suizid bei Männern im Alter zwischen
20 und 49 noch immer die Todesursache
Nummer Eins", führte die Schauspielerin aus.
Sie hat es sich laut ihren Ausführungen auch
zum Ziel gesetzt, das Image des Feminismus
ein Stück weit mit zu verändern. Denn bei
vielen Menschen würde es noch immer in den
Köpfen festsitzen, dass Feministinnen aggressiv und männerhassend seien. „Das muss aufhören", so Watson. Denn damit alle freier
leben können, müsse die Gleichberechtigung
der Geschlechter durchgesetzt werden, was
noch in keinem Land der Welt gelungen sei.
Während Watson in ihrer Rede gerade das
Selbstbestimmungsrecht über ihren Körper
einforderte, wird ihr gerade dies von fragwürdigen Personen nicht zugestanden, die bereits
drohen, Nacktfotos von ihr ins Internet zu
setzen. Hier setzt sich auch fort, was Watson
nach eigenen Angaben mit dazu brachte,
Feministin zu werden: Bereits mit 14 Jahren
sei sie in der Öffentlichkeit sexualisiert worden.
KATRIN FELDMEYER
Erziehungsleitung
BKJH Aurich
Die Rede ist im Internet zu finden.
EINE NEUE WOHNGRUPPE ENTSTEHT
Anfang des Jahres bekamen wir das Angebot, ein ehemaliges Kinderheim in der Nachbarstadt Lingen (ca. 25 Kilometer südlich
von Meppen) zu erwerben. Vor den Sommerferien war es dann soweit, unsere Hausmeister und Gartenbauer konnten zum
ersten Mal das Haus in Augenschein
nehmen un mit den Veränderungen
beginnen.
Gleichzeitig musste eine Baunutzungsänderung durch die Stadt Lingen und eine Brandschutzüberprüfung durchgeführt werden. Nach
neuen Auflagen zum Brandschutz, die in den
jetzigen Tagen umgesetzt werden, konnten
wir einige Dinge am Wohnhaus und im Garten
verändern. Für das Landesjugendamt wurde
einen neue Leistungsbeschreibung angefertigt
und im Internet und in der Zeitung nach neuen Mitarbeitenden gesucht. Nach einigen
Vorstellungsrunden hatten wir das neue Team
beisammen. Aufgrund des großen Angebotes
an bestehenden Wohngruppen in Meppen
konnten wir eine erfahrene Hausleitung gewinnen, uns beim Aufbau der neuen Gruppe
mit einer halben Stelle zu unterstützen. Die
DIETER ROBBEN
Abteilungsleitung
Stellvertr. Gesamtleitung
BKJH
DURCHBLICK Ausgabe 100 37
neuen Mitarbeiter_innen wurden zum September und Oktober eingestellt und arbeiten
bereits in den vorhandenen Gruppen in Meppen mit. Ende Oktober findet nun mit den
neuen Mitarbeitenden zweitägige Teamtage
statt, um den Kolleg_innen den letzten Schliff
zu geben.
Somit gehen wir jetzt davon aus, dass am 1.
November mit dem Start der neuen Wohngruppe in der Stadt Lingen begonnen werden
kann.
Die Wohngruppe „Backhaus Lingen“ wird für
acht Mädchen und Jungen im Alter von 6 bis
12 Jahren Platz anbieten. Im Nächsten Durchblick werden wir die ersten Fotos von der
Inneneinrichtung präsentieren.
DIE HAUSWIRTSCHAFTERIN DER WG OSTERBROCK STELLT SICH VOR
Hallo!
Die Wohngruppe in Osterbrock betreut sechs
junge Menschen im Alter von 5-12 Jahren. Ich
bin dort die Hauswirtschafterin und möchte
mich und meine Arbeit gern einmal vorstellen.
Mein Name ist Angelika Veenaas. Ich bin 56
Jahre alt und gelernt habe ich den Beruf der
Köchin. Seit ca. zwei Jahren arbeite ich bei
der Backhaus Kinder- und Jugendhilfe. Ich
komme aus Wietmarschen/ Lohne, habe
selbst drei erwachsene Kinder. Somit ist mir
ein gewisser Trubel im Haus nicht unbekannt.
In meinem Arbeitsleben habe ich bereits einige Aufgaben erfüllt. So war ich einige Jahre
als Organisatorin eines Heimathauses, als
Hauswirtschaftsleitung in einer Reha-Klinik,
Reinigungskraft in dem Lingener Kernkraftwerk und in den letzten Jahren als Stationshauswirtschaftsleitung im Service und in der
Reinigung in einem Lingener Altenpflegeheim
tätig.
Seit dem Start der Wohngruppe Ende 2012
bin ich für die Hauswirtschaft des Hauses in
Osterbrock zuständig. Zu meinen Aufgaben
gehören insbesondere die Reinigung, die
Wäschepflege und -reparatur, das regelmäßige Einkaufen und das Zubereiten der Mittags-
38 DURCHBLICK Ausgabe 100
mahlzeiten für Bewohner_innen und Erzieher_innen. Gerade das Essen ist immer ein
wichtiges Thema. Die jungen Menschen der
Wohngruppe Osterbock sind sehr lebhaft und
äußern auch einige Male ob das Essen
schmeckt oder nicht.
Gemüse ist dabei nicht unbedingt das beliebteste Lebensmittel Die Kinder haben natürlich
auch ihre Leibspeisen z.B. Apfelpfannkuchen
oder eine Gemüse-Hähnchenpfanne mit
einem schönen Salat. Die Besonderheit in
unserer Küche ist, wie ich finde, dass die persönlichen Wünschen berücksichtigt werden.
Daher kommt es immer wieder vor, dass ich
vegetarisch, religiös bedingt, gallenschonend,
laktosefrei oder wunschgemäß unterschiedlich koche. So kann ich wirklich behaupten,
dass ich in meiner Dienstzeit schon einige, für
mich völlig neue Gerichte kennengelernt
habe. Dem „Chefkoch“ im Internet sei Dank.
Obst gehört im übrigens bei uns auch auf
jeden Fall auf die Speisekarte. Die Kinder mögen sehr gerne Obst; insbesondere Bananen
sind dabei der absolute Renner. Alle paar Tage
besorge ich frisches Obst - und was liegen
bleibt und nicht so gern gegessen wird,
kommt für die Nachspeise in den Joghurt.
ANGELIKA VEENAAS
Hauswirtschafterin
Wohngruppe Osterbrock
BKJH Emsland
BEI EBBE UND FLUT IM LEUCHTTURM NEUWERK
Am 2. u. 3.9.2014 waren die jungen Menschen
der Wohngruppe in Vollersode, zusammen
mit zwei Erzieherinnen zu einem Kurzurlaub
auf der Insel Neuwerk. Die Überfahrt von
Cuxhaven nach Neuwerk mit dem Schiff
„Flipper" dauerte 1 1/2 Stunden. Hierbei konnten die Kinder Krabbenkutter beim Fang aber
auch große Containerschiffe auf ihrer Fahrt
von oder nach Hamburg, sowie Seehunde
und andere Meeresbewohner hautnah beobachten. Auf Neuwerk wurde zunächst das
sog. „Heuhotel", -hier kann man für wenig
Geld im Heu übernachten- aufgesucht, aber
sogleich auch von ihnen abgelehnt, da man
dort nicht alleine duschen und kein Handy
aufladen könne.
Diese Finte der Erzieher_inen wurde von den
Kindern also relativ schnell erkannt und man
suchte dann die gebuchte Unterkunft im
Leuchtturm Neuwerk auf. Von ganz oben (138
Stufen, ohne Fahrstuhl) hatte man einen wunderschönen Überblick über die gesamte Insel,
dem Wattenmeer und Richtung Cuxhaven.
Zunächst wurde die Insel auf „eigene Faust"
erkundet, bevor am nächsten Tag mit dem
Ranger „Niels" vom Naturkundehaus aus eine
zweistündige Wattführung durchgeführt wurde. Mit der Wattforke „bewaffnet" wurde gegraben und den Kindern das Watt und seine
Bewohner- wie Wattwürmer, Seeigel, Muscheln etc.- erläutert. Anschließend suchten
die Kinder selbständig im Watt nach Muscheln
und nahmen diese auch mit nach Hause.
Die Überfahrten mit dem Schiff, die Wattwanderung durch den Ranger, die Übernachtung
im Leuchtturm und das Spielen/Baden im
Watt u. Wasser hatten sehr gut geklappt.
Die Tage auf Neuwerk waren für alle Kinder
ein besonderes Erlebnis, da sie vorher noch
nie auf einer Insel waren oder so viel Wasser
mit Ebbe/Flut gesehen hatten. Zuhause angekommen kam sogleich der Wunsch auf, dort
im nächsten Jahr wieder hinzufahren
SIGRID RUX-BÖSE
Hausleitung
Backhaus Vollersode
BKJH Bremen / Vollersode
DURCHBLICK Ausgabe 100 39
DIE BKJH UCKERMARK LÄDT EIN ZUM FREITAGS-BRUNCH
Kalendermäßig war es einer der letzten
Sommertage in diesem Jahr, und auch diesmal hielt die heißeste Jahreszeit ihr Versprechen…
Zeitweise waren es 20-25 Personen (Profieltern, Erzieher_innen aus den Wohngruppen,
Erziehungsleiter_innen), die den Weg ins
Pädagogischen Zentrum Warnitz fanden, um
es sich kulinarisch gut gehen zu lassen und
den gedanklichen Austausch mit anderen zu
pflegen. Wir ließen es uns nicht nehmen, die
Sitzbänke und Stühle immer wieder in schattige Plätze zu verrücken - so blieben wir mobil!
… die Sonne ließ uns keine andere Wahl.
Wir haben uns natürlich gefreut, dass so viele
unserer Einladung gefolgt sind, um sich in
einem ungezwungenen Rahmen zu begegnen.
Unser Dank gilt den fleißigen Händen aus
dem hauswirtschaftlichen Bereich und dem
Hausmeister.
RICHARD KRAUS
Erziehungsleitung
BKJH Uckermark
ALEXANDRA PAULI AUS DER PERSONALABT. STELLT SICH VOR
Hallo liebe Leser_innen, für einige von Ihnen ist
mein Name bereits ein Begriff, für andere vielleicht noch nicht. Daher möchte ich mich sehr
gerne noch einmal vorstellen.
Nach meinem Abitur in 2006 habe ich die
Ausbildung zur Industriekauffrau in einem
Unternehmen in Bremen erfolgreich abgeschlossen. Anschließend habe ich mich für ein
sportwissenschaftliches Studium mit den
Schwerpunkten Betriebliche Gesundheitsförderung, Prävention und Therapie an der Deutschen Sporthochschule in Köln entschieden.
Da mir meine Familie sehr am Herzen liegt,
habe ich nach sieben Jahren den Weg zurück
in die Heimat eingeschlagen. Neben Familie,
Freund und Freund_innen ist Handball eine
große Leidenschaft von mir. Ich trainiere eine
Jugendmannschaft und spiele selbst in einem
Nordhorner Verein.
Im Januar 2014 wurde meine Rückkehr in die
40 DURCHBLICK Ausgabe 100
Grafschaft aufgrund einer beruflichen Perspektive dann zu einer runden Sache!
Ich freue mich sehr seitdem das Team der
Verwaltung in Meppen-Bokeloh zu unterstützen. Zusammen mit meiner Kollegin Jutta
Schlawin bin ich Ansprechpartnerin für unsere
Mitarbeiter_innen bei Fragen rund um die
Personalsachbearbeitung, zur Lohnabrechnung, Steuer, Renten-, Sozial- und Krankenversicherung. Auch zu den Themen Mutterschutz / Elternzeit und betriebliche Altersvorsorge stehen wir den Kollege_innen bei Fragen zur Seite. Die Anzeigenschaltungen im
Internet und in den Printmedien gehören
ebenfalls zu meinem Aufgabengebiet.
Das Thema betriebliche Gesundheitsförderung wird in naher Zukunft ein weiterer wichtiger Bestandteil der Backhaus Kinder- und
Jugendhilfe sein. Das Ziel ist es, ein speziell
auf das Unternehmensprofil angepasstes
ALEXANDRA PAULI
Personalwesen
BKJH Emsland
Konzept zu entwickeln und nachhaltig zu implementieren. Bis zum Frühlingsfest im
nächsten Jahr würde ich gerne die ersten
Schritte in diesem langfristig ausgelegten
Projekt unternommen haben. Bei allen Fragen
rund um das Thema „Gesundheit am Arbeitsplatz“ stehe ich Ihnen somit jederzeit gerne
zur Verfügung und freue mich über Anregungen und Wünsche.
Zum Abschluss bedanke ich mich für die
herzliche Aufnahme in das Verwaltungsteam
der Backhaus Kinder- und Jugendhilfe und
freue mich auf eine weitere spannende und
tolle Zeit!
BOOTSFAHRT MIT DER WG VOLLERSODE AUF DER HAMME
Am 11.8.2014 hatte der selbst auf „großer
Fahrt" gewesene und ehemalige Schiffsingenieur Herr Uwe Nispel den jungen Menschen
der Wohngruppe in Vollersode, zusammen
mit zwei Erzieherinnen auf seinem selbstumgebauten „Tuckerboot " zu einer Tour auf
dem Fluss Hamme von Ritterhude nach
Worpswede (Anleger: Neu Helgoland) eingeladen.
Nachdem die Kinder mit Schwimmwesten
versorgt worden waren, ging die Fahrt um ca.
14.00 Uhr los. Während der Tour konnten die
jungen Menschen Fischreiher und Kormorane
bei ihren "Beutezügen"und verschiedene Arten von Enten und Fischen, vom Boot aus
beobachten.
In Neu Helgoland angekommen, wurde eine
Pause eingelegt und Uwe spendierte allen
Kindern ein Eis. Uwe erlaubte den Kindern
unter seiner Mithilfe, sein „Tuckerboot", so
hatte er sein Boot selbst getauft, auch „alleine" zu steuern. Am Ende der Fahrt wurde
Merano dann von ihm als sein bester Steuermann geehrt.
Während der Fahrt hatte Uwe den Kindern
über seine eigenen „großen" Reisen mit Äquatortaufe und dergleichen, sowie über sein
kleines Boot mit den Gerätschaften u. Funktionen erzählt. Die ein -oder andere Frage der
Kinder wurde ausführlich von ihm beantwortet. Am Ende der Tour um ca. 17.30 Uhr, nach
ca. 25 km = 14 Seemeilen, wurde im Ritterhuder Hafen angelegt. Für alle Beteiligten war es
ein schönes Erlebnis. Jede_r war froh, mal
selbst ein Boot gesteuert zu haben.
SIGRID RUX-BÖSE
Hausleitung
Backhaus Vollersode
BKJH Bremen / Vollersode
DURCHBLICK Ausgabe 100 41
MEIKE BERENDS STELLT SICH VOR
Mein Name ist Meike Berends. Ich bin 38
Jahre alt und Diplom Sozialpädagogin/ Sozialarbeiterin. Seit Dezember 2013 gehöre ich
als vierte Erziehungsleitung zum „Team Hagebuttenweg“.
In den letzten Jahren war ich in verschiedenen sozialen Bereichen tätig (voll- und teilstationäre Kinder- und Jugendhilfe, berufliche
Integration von langzeitarbeitslosen Menschen, Wiedereingliederungshilfe für psychisch erkrankte Menschen, Ehe-, Familien-,
Lebens- und Erziehungsberatung) und habe
dementsprechend vielfältige berufliche wie
persönliche Erfahrungen gemacht.
Um die äußerst komplexe Arbeit der Erziehungsleitung begreifen zu können, war eine
intensive Einarbeitungszeit notwendig.
Komplex ist die Arbeit deshalb, weil sowohl
®
das System der Profifamilie als auch das
System der Herkunftsfamilie eine große Rolle
spielt. Hinzu kommt die Zusammenarbeit mit
verschiedenen Institutionen und Berufsgruppen, wie z.B. Schule, Kindergarten, Jugendamt, Vormünder_innen, Ärzte und Ärztinnen,
Therapeut_innen. Die Erziehungsleitung verknüpft die Systeme miteinander und hat einen
Überblick über die gesamte Dynamik, ebenso
aber auch die Individualität jedes Beteiligten
im Blick. Meine Weiterbildung zur systemischen Beraterin (DGSF), die ich Ende 2014
abschließe, erlebe ich deshalb als äußerst
hilfreich.
Neben Beratung nimmt Verwaltung und Bürokratie einen großen Raum ein.
Struktur und Zeitmanagement ist für mich
sehr wichtig in meiner täglichen Arbeit. Eine
Arbeitswoche ist randvoll gepackt mit z.B.
Erziehungskonferenzen und deren Dokumentation sowie Reflexion, Beratung der Profifa®
milien in ihren alltäglichen Prozessen, Hausbesuche, Gespräche mit dem Herkunftssystem sowie Besuchskontakte, Gespräche mit
Jugendamt, Vormünder_innen, Psycholog_innen usw. sowie dem Schreiben von Tischvorlagen, Dokumentation von Gesprächen,
Aktenverwaltung.
®
Ich betreue mittlerweile 12 Profifamilien mit
jeweils ein bis drei aufgenommenen jungen
Menschen, die sich in drei Erziehungskonferenzen zusammengeschlossen haben. Drei
Familien begleite ich in der Vorbereitung zur
Aufnahme eines jungen Menschen. Im Herbst
startet ein neuer Vorbereitungskurs, den ich
gemeinsam mit meinen Kolleg_innen Irene
Stehmann und Clemens Deters durchführe.
Des Weiteren bin ich Mitglied des Arbeitskreises „sexueller Missbrauch“.
Die Unterschiedlichkeit meiner Kolleg_innen
in ihrer Persönlichkeit und Arbeitsweise auf
der einen Seite und die Wertschätzung und
kollegiale Beratung auf der anderen Seite
erlebe ich als sehr bereichernd. Ich freue
mich, fester ins Team zu wachsen und auf
eine hoffentlich lange Zusammenarbeit.
MEIKE BERENDS
Erziehungsleitung
BKJH Emsland
ES DARF GELACHT WERDEN
Sarah: „Vati, kannst Du im Dunkeln schreiben?“ Vater: „Ich denke schon. Was soll ich
denn schreiben?“ Sarah: „Deinen Namen unter das Zeugnis!“
Lehrer: „Was ist Dein Vater?“ Schüler: „Krank.“
Lehrer: „Ich will wissen, was er macht.“ Schüler: „ Er hustet.“ Lehrer: „Aber nein! Was treibt
er, wenn er gesund ist?“ Schüler: „Da hustet er
nicht!“
„Warum weinst du denn, Kleiner?“ - „Weil kein
Auto kommt.“ - „Na und?“ - „Wir haben in der
Schule gelernt, dass man erst dann über die
Straße gehen darf, wenn das Auto vorbei ist!“
42 DURCHBLICK Ausgabe 100
Streiten sich zwei Schüler. Sagt einer zum
anderen: „Du bist ein Kamel!“ Entgegnet der
andere: „Du bist ein viel größeres Kamel!“
Dann kommt der Lehrer dazu und schimpft:
„He, ihr habt wohl vergessen, dass ich auch
noch da bin!“
Zwei Freunde unterhalten sich. Sagt der eine:
„Stell dir vor: Gestern musste ich im Kaufhaus
wegen eines Stromausfalls zwei Stunden im
Lift warten.“ Sagt der andere: „Ist ja noch gar
nichts. Ich habe letzte Woche fünf Stunden
wegen eines Defekts auf der Rolltreppe gestanden!“
ASTRID MÖLLERHAUS
Leitung der Kinderredaktion
Kinderredaktion
BKJH Emsland
DIE BKJH UCKERMARK STELLT SICH VOR
Wie alles begann
Vor mittlerweile 16 Jahren entstand die Idee,
auch östlich der Ems - um nicht zu sagen so
weit wie möglich im Osten Deutschlands,
nämlich in der dünn besiedelten Uckermark –
neue Erziehungsstellen zu akquirieren und die
Jugendämter in der Nähe für das Bindungs®
konzept in Profifamilien zu gewinnen. Der
damalige Erziehungsleiter Herr Kraus siedelte
von Berlin in die Uckermark mit seiner Familie
um und stellte sich dieser Herausforderung.
Innerhalb eines Jahres 1999/2000 konnte die
Uckermark mit sechs Kindern in neuen Familien belegt werden. Die Jugendämter in Berlin,
Mecklenburg und der Uckermark gewannen
über Jahre Interesse und Vertrauen in das
Konzept und die Arbeitsweise des Trägers. An
der Seite von Herrn Kraus arbeitete Frau Ina
Bottke für ein knappes Jahrzehnt. Sie hatte
ebenso großen Anteil an der Aufbauarbeit.
Das Büro der „GfS- Gesellschaft für familienorientierte Sozialpädagogik“, wie der damalige
Name des Trägers lautete, befand sich in Seehausen direkt am Oberuckersee, in einem
Wohnhaus, deren Fassade bunt gestaltet wur®
de und Profifamilien zur Begegnung einlud.
Wo wir heute stehen
Auch heute befindet sich das Bürogebäude
am Oberuckersee, allerdings in Warnitz,
einem lebhaften Feriendorf fünf Minuten entfernt von Seehausen. Aus ursprünglich einem
Büro sind in der Zwischenzeit drei geworden,
die sich drei Erziehungsleitungen in einem
Pädagogischen Zentrum teilen. Nach wie vor
ist Herr Kraus als Erziehungsleiter mit mehr als
zehn Erziehungsstellen dabei. Seit sechs Jahren arbeiten hat Frau Buse mit fünf Erziehungsstellen und hat den Aufbau und die
Konzeption von vier Klein- und Regelwohngruppen in und um Warnitz übernommen.
Eine weitere Erziehungsleiterin, Frau Wagner,
ist seit anderthalb Jahren beim Träger dabei
und mit der Betreuung neuer akquirierter Familien beschäftigt.
Die sehr kooperative und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Jugendamt Uckermark garantiert ein gutes Wachstum und erweitert den Gestaltungsspielraum der BKJH.
Derzeit leben 60 Kinder in den Profifamilien®
und Wohngruppen.
®
Von den 21 Profifamilien und ihren 36 betreuten Kindern leben 16 Familien in der
Uckermark und drei Familien in MecklenburgVorpommern. Die meisten Kinder stammen
mittlerweile aus dem näheren Umfeld. Die
Wege zum Jugendamt sind kurz, die Elternarbeit scheitert nicht an langen Wegen, Kontakte zu den betreuenden Einrichtungen wie
Schule, Kindergarten etc. werden gepflegt.
In den zwei Wohngruppen in Warnitz und den
Wohngruppen in Seehausen und Templin leben bis zu je acht Kindern, die größtenteils
aus Geschwisterreihen kommen, d.h. mit
mehr als zwei Geschwistern zusammen leben
können. Die Kinder werden von jeweils vier
pädagogischen Fachkräften und einer Hauswirtschaftskraft im Alltag fürsorglich begleitet.
Entsprechend unseres Leitbildes „Kind im Mittelpunkt“ gestalten wir das Gruppenleben in
unseren liebevoll eingerichteten Häusern so
familiennah wie möglich. Wir sehen die Stärken der Kinder und bieten ihnen unterschiedliche Möglichkeiten ihre Stärken für eine
positive aktive Lebensgestaltung zu nutzen.
Wer wir sind
Wir, das sind drei Erziehungsleitungen, mit
verschiedenen Kompetenzen aus unterschiedlich erfahrenen beruflichen Kontexten
von offener Jugendarbeit über ambulanter Jugendhilfe bis hin zu stationärer Leitungsarbeit.
Was wir gemeinsam haben, ist das Verinnerlichen des Bindungskonzeptes, und die Wichtigkeit in der pädagogischen Arbeit mit den
Herkunftseltern der uns anvertrauten Kinder.
Wir verstehen unsere Arbeit als sinnvolle und
notwendige Begleitung der Profieltern. Neben
dem Begleiten leiten wir; wir vermitteln, wir
meditieren, wir coachen, wir organisieren, wir
motivieren- kurz: wir gehen in Beziehung
miteinander und zueinander, in den Profifamilien®, in den Wohngruppen und mit den Herkunftseltern und an erster Stelle mit dem Kind.
Wir, das sind im Einzelnen und Individuellen
drei Erziehungsleitungen, die für den Bereich
Uckermark in einem Team arbeiten, in dem
jeder seine eigenen Stärken einsetzt und das
Konzept des Trägers, Kind Im Mittelpunkt,
lebt: Wir, das sind Richard Kraus, Kerstin Buse
und Annett Wagner. Wir, das sind ebenso unsere Mitarbeitende in den Familien, deren
Partner_innen, Hausleiter_innen und Erzieher_innen der Wohngruppen, Praktikant_innen, Hauswirtschaftskräfte, Hausmeister und
Betreuer_innen im Stundendienst.
ANNETTE WAGNER
Erziehungsleitung
BKJH Uckermark
DURCHBLICK Ausgabe 100 43
LÖSUNGEN
Wahrstadt
Fragen Sie: „Wo geht es zu Ihrer Stadt?“ Wenn er aus Wahrstadt kommt, wird er Ihnen den
richtigen Weg zeigen. Stammt er aus Lügenstadt, wird er Sie ebenfalls nach Wahrstadt schicken.
Hotel Unendlichkeit
Sie verfrachten einfach jeden Gast in dasjenige Zimmer dessen Nummer dem Doppelten seiner
bisherigen Zimmernummer entspricht Der Bewohner von Zimmer 1 zieht in Zimmer 2 um, der
von Zimmer 2 in Zimmer 4, der von Zimmer 3 in Zimmer 6 etc. Auf diese Weise werden alle
Zimmer mit ungeraden Nummern geräumt, und da die Menge ungerader Zahlen unendlich ist,
können alle Neuankömmlinge untergebracht werden.
Magisches Primzahlenquadrat
Wenn das die Lösung ist,
hätte ich gerne
meine Probleme zurück!
Wahrheit oder Hochzeit
Die richtige Frage muss lauten: „Bist du verheiratet?"
Gleichgültig, wer die Frage beantwortet, bedeutet „ja“, dass Amelie verheiratet ist, und „nein“,
dass Leila verheiratet ist. Die tugendhafte Amelie wird die Wahrheit sagen: „ja", wenn sie schon
vergeben, und „nein“, wenn Leila das ist. Die verschlagene Leila hingegen wird „nein" antworten,
wenn sie verheiratet ist, und „ja", wenn sie ledig, aber Amelie verheiratet ist.
SPRÜCHE
Pünktlichkeit ist die Fähigkeit, auf die Unpünktlichen zu warten.
Wer den Himmel auf Erden sucht, hat im Erdkundeunterricht geschlafen.
Ein Synonym ist ein Wort, dass man benutzt,
wenn man nicht weiß, wie das andere geschrieben wird.
„Mist“, sagte die Giftschlange, als sie sich auf
die Zunge biss…
Die Lebenserwartung des Menschen wäre beträchtlich höher, wenn Gemüse so gut duften
würde wie Speck.
Historiker sind Menschen, die sich für die Zukunft erst dann interessieren, wenn sie Vergangenheit ist.
44 DURCHBLICK Ausgabe 100
Ein Kaktus, der laufen kann, ist kein Kaktus,
sondern ein Igel.
Logik für Anfänger:
Wenn fünf Leute in einen Raum gehen und
sechs wieder herauskommen, dann muss
einer wieder hineingehen, damit der Raum
leer ist.
RÄTSEL
Polygonbrücke
Fügen Sie diese Vielecke (Bild rechts) zu einer
Brücke zusammen, die die vier schwarzen
Dreiecke an ihren Ecken miteinander verbindet. Die Polygone dürfen verschoben, aber
nicht gedreht werde, und ihre Seiten müssen
bündig aneinanderliegen. Die Position der
schwarzen Dreiecke wird nicht verändert.
Zahlenschloss
Das hier abgebildete
Schloss lässt sich
mittels der korrekten
Kombination
aus
drei verschiedenen
Buchstaben öffnen.
Wenn ein Einbrecher
es nur einmal versuchen kann, wie hoch stehen dann seine
Chancen, richtig zu raten?
Derbysieger
Wenn an einem Rennen sieben Pferde teilnehmen, wie viele unterschiedliche Kombinationsmöglichkeiten ergeben sich dann für die
ersten drei Plätze?
Überlappende Dreiecke
Diese drei überlappenden Dreiecke (Bild rechts) bilden 18 Regionen.
Gelingt es Ihnen, die Dreiecke so übereinanderzulegen, dass noch
mehr Regionen entstehen?
Meine Klasse
In einer Klasse mit 15 Jungen haben 14 blaue Augen und 12 schwarzes Haar, elf sind
übergewichtig und zehn hochgewachsen.
Auf wie viele Jungen treffen alle vier Eigenschaften zu?
DURCHBLICK Ausgabe 100 45
FAST DAS LETZTE
Warum sollte man immer eine leere Flasche
im Kühlschrank haben? Falls jemand vorbeikommt, der nichts trinken möchte.
net?“ „Höhenluft und viel Bewegung, Mausi.“
„Das ist ja wunderbar! Dann kannst du ja am
Wochenende den Dachboden aufräumen!“
Der Verkehrspolizist zur Autofahrerin: „Wissen
Sie denn nicht, dass ein Kind erst ab zwölf auf
dem Beifahrersitz mitfahren darf?“ „Ach, seien
Sie doch nicht so kleinlich“, sagt die Fahrerin
und schaut auf die Uhr, „wegen der paar Minuten!“
Zwei Reisende warten auf den Bus, da sagt
der eine: „Ich warte auf Bus 4.“ Der andere:
„Und ich auf Bus 12.“ Da kommt der Bus 16.
Sagt der eine: „Jetzt können wir zusammen
fahren!“
„Warum hat das Flugzeug einen Propeller?“,
möchte der Lehrer wissen. „Damit der Pilot
nicht schwitzt“, antwortet Mäxchen. „So ein
Unsinn, das ist ja völlig falsch.“ „Komisch“,
erwidert Mäxchen, „ich sah einmal, wie in
einem Flugzeug der Propeller ausgefallen ist.
Da hätten Sie mal sehen sollen, wie der Pilot
geschwitzt hat.“
Ein Mann rennt verzweifelt neben einem Bus
her. Eine alte Dame beugt sich aus dem
Fenster und ruft: „Den kriegen Sie aber nicht
mehr!“ „Ich muss aber“, ruft der Mann außer
Atem, „ich bin doch der Fahrer!“
„Wie war denn deine Führerscheinprüfung?“
„Leider bin ich durchgefallen. Ich habe einen
Geisterfahrer überholt.“
Ein kleiner Junge war zwei Tage nicht in der
Schule. Am dritten Tag bringt er die Entschuldigung für seine Lehrerin: „Hiermit entschuldige ich das Fehlen meines Sohnes in der
Schule. Er war sehr krank. Hochachtungsvoll,
meine Mutter.“
„Hast du den Wagen in die Garage gefahren?“
„Nicht ganz, aber die wichtigsten Teile…“
„Hast du auch deinen Lebertran genommen,
Fritzchen?“, fragt die Mutter. „Ja, sicher“, antwortet dieser treuherzig, „eine ganze Gabel
voll!“
Nun Kurt, was hat dir denn der Arzt verord-
46 DURCHBLICK Ausgabe 100
„Hören Sie um Himmels Willen endlich mit
diesen blöden Kunststücken auf“, ruft ein vor
Angst schlotternder Flugschüler dem Piloten
zu, „ich sitze zum ersten Mal in so einer Kiste
und Sie nehmen überhaupt keine Rücksicht
auf mich.“ „Oje“, sagt darauf der Pilot, „dann
sind Sie wohl nicht der Lehrer, der mir heute
das Landen beibringen wollte?“
„Guten Tag, ich bin der Klavierstimmer.“ „Ich
habe doch gar keinen bestellt.“ „Das weiß ich,
aber Ihre Nachbarn haben alle zusammengelegt.“
In der Autowerkstatt bekommt der Besitzer
die Auskunft: „Das Problem ist größer, als ich
dachte. Ihr Batterie braucht ein neues Auto!“
„Ich habe bereits mit zehn Jahren Geige
gespielt. Mein Lehrer verglich mich sogar mit
Paganini.“ „Donnerwetter, das ist aber ein Lob.
Was sagte der denn genau?“ „Einen Paganini
werde ich wohl nie aus dir machen können!“
Ein Vater liebt es, seine Tochter zu belehren.
So fragt er sie: „Welche Muskeln treten in
Aktion, wenn ich reiten würde?“ „Seine Tochter antwortet: „Die Lachmuskeln.
Einer wird gefragt: „Wie geht es deinem neuen Fahrrad?“ Antwort: „Es geht nicht, es fährt.“
„Na gut, wie fährt dein Fahrrad?“, ist die erneute Frage. „Antwort: „Es geht!“
Tschüss
Frühlingsrolle
Hallo
Winterspeck
WISSENSWERTES DER BKJH
Wer Sind Wir?
Wir sind die Mitarbeiter_innen, Leiter_innen und Träger_in eines sozialen Unternehmens, das sich seit 1976 für die Vermittlung nachhaltiger
Bindung einsetzt. In der Balance zwischen Professionalität, Leidenschaft und Realität leben wir unser Leitbild KiM – Kind im Mittelpunkt.
Dies ist das Leitmotiv für unser gesamtes Wirken und alle die von uns
zu treffenden Entscheidungen.
Unser Engagement für junge Menschen, die aus unterschiedlichsten
Gründen nicht in ihrer Herkunftsfamilie aufwachsen können, wurzelt in
der aktiven Auseinandersetzung mit der Heimkampagne der 1970er
Jahre. Wir kehrten uns bewusst von Großeinrichtungen ab. Unserer
Überzeugung nach kann eine sichere Bindung zwischen aufgenommen Kindern / Jugendlichen und Bezugspersonen nur im kleinen, möglichst familienähnlichen Rahmen erreicht werden. Gleichzeitig wird ein
professioneller Wirkungskreis benötigt, um den oft traumatischen Vorerfahrungen der jungen Menschen gerecht zu werden. Unsere Erfahrung zeigt, dass durch die BKJH-Konzepte und dem Engagement der
BKJH-Fachkräfte verlässliche Bindungen entstehen, die einen therapeutischen Effekt erzielen und Traumata auffangen können.
ZIELE UND ABSICHTEN
Wir unterbrechen die tradierte Fremdunterbringung in den Generationen und können diesbezüglich in den vergangenen Jahrzehnten
nachweislich Erfolge aufweisen. Unsere Absicht ist die Förderung der
jungen Menschen zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten, die mit
Freude einem sinnerfüllten Leben entgegen blicken. Unser Ziel ist, die
uns anvertrauten Menschen zur nachhaltigen Unabhängigkeit von
staatlichen Hilfeleistungen zu befähigen.
METHODEN
Den überwiegend emotional unterversorgten Kindern und Jugendlichen bieten wir im Rahmen des Bindungskonzeptes das „Nachnähren“
von Grundbedürfnissen in einem geschützten Rahmen an. Die Erfah®
rungen von zuverlässigen Bezugspersonen, in Profifamilien zuverlässigen „Ersatzeltern“, stellen das Fundament dar, die Ziele der BKJHAngebote zu erreichen. Dabei ist der professionelle Umgang mit der
Herkunftsfamilie der aufgenommenen jungen Menschen unabdingbar
und wird nach Möglichkeit durch die BKJH gefördert. So können die
Kinder und Jugendlichen ihre Angstbindungen lösen, Übertragungsmechanismen abbauen, das Zurückfallen in alte Verhaltensweisen
vermeiden und sich ihrer Wurzeln bewusst werden.
DURCHBLICK Ausgabe 100 47
PROFIFAMILIE®
®
Die Profifamilie (Erziehungsstelle nach § 34 SGB VIII) bildet das Kernstück der BKJH. Mit über 35 Jahren Erfahrung in der pädagogischen
®
Begleitung von Profifamilien , schauen wir auf die Lebensentwicklung
von mehreren Generationen junger Menschen zurück. Das Vorleben
von Werten und das Befriedigen von Grundbedürfnissen sind die wich®
tigsten Aufgaben einer Profifamilie . Mindestens ein Elternteil einer
®
Profifamilie verfügt über eine pädagogische Ausbildung und wird über
ein halbes Jahr in einem Intensivkurs der BKJH vorbereitet. Nach er®
folgreichem Abschluss können Profifamilien bis zu zwei junge Menschen aufnehmen. Auch Alleinerziehende und gleichgeschlechtliche
Paare kommen für diese Aufgabe in Frage. Wichtiger Bestandteil dieses
pädagogischen Engagements ist die Zusammenarbeit mit der Erzie®
hungsleitung im jeweiligen Pädagogischen Zentrum. Die Profifamilien
treffen sich dazu wöchentlich in den Erziehungskonferenzen unter der
Moderation der Erziehungsleitung und erhalten somit die kontinuierliche Möglichkeit zu Austausch, Reflektion und Beratung. Auch die notwendigen Kontakte zum Herkunftssystem werden durch die Erziehungsleitungen gestaltet und begleitet. Sie finden in der Regel in den
Pädagogischen Zentren statt. Die BKJH bietet dem pädagogisch ausgebildeten Elternteil ein sozialversicherungspflichtiges Anstellungsverhältnis.
DAS CLEARINGHAUS
Das Clearinghaus in Meppen ist eine diagnostische Einrichtung mit
acht Plätzen für junge Menschen im Alter von 0 bis 14 Jahren. In einem
Zeitraum von drei Monaten bieten wir für die Jugendämter eine pädagogische/psychologische Diagnostik an, mit der wir eine Empfehlung
für die weitere Lebensperspektive des Kindes abgeben. Weitere diagnostische Fragestellungen werden in Kooperation mit dem Sozialpädiatrischen Zentrum in Meppen abgeklärt.
KLEINSTHEIME
In Berlin und in Meppen halten wir zwei besondere Angebote bereit,
die jungen Menschen einen familienähnlichen Rahmen in einer Kleinstgruppe bieten. In diesen Häusern leben die hauptverantwortlichen
Fachkräfte mit den jungen Menschen zusammen (innewohnend).
INTENSIVPÄDAGOGISCHE
UND THERAPEUTISCHE WOHNGRUPPEN
Die Erfahrungen im Clearinghaus haben uns gezeigt, dass einige junge
Menschen mehr Förderung benötigen und nach der Diagnostikphase
nicht in ein niederschwelliges Setting wechseln können. Somit haben
wir in Meppen drei Wohngruppen mit unterschiedlichen pädagogisch/psychologischen Leistungsangeboten gegründet, u. a. mit einem
tiergestützten Angebot auf einem Bauernhof. Ein wesentlicher Bestandteil der inhaltlichen Arbeit dieser Wohngruppen ist die enge Zusammenarbeit mit dem psychologischen Dienst der BKJH.
48 DURCHBLICK Ausgabe 100
HEIMREGELGRUPPEN
An unterschiedlichen Standorten in der Bundesrepublik betreiben wir
Heimregelwohngruppen. In der Uckermark bei Berlin sind diese in den
Orten Seehausen, Warnitz und Templin angesiedelt. Im Westen
Deutschlands befinden sich die Wohngruppen in Vollersode und
Schneverdingen. Nach Möglichkeit haben wir in diesen Wohngruppen
®
auch sogenannte Krisenplätze integriert, um Profifamilien im Notfall
Entlastung bieten zu können.
JUGENDWOHNGRUPPEN
Mit den Wohngruppen „Alte Molkerei“ und „Bokeloh“ in Meppen halten
wir zwei Einrichtungen für heranwachsende junge Menschen aus
®
Profifamilien vor. In einigen Fällen ist das Zusammenleben in der
®
Profifamilie für die Jugendlichen zunehmend problematisch und der
familiäre Rahmen kann zu eng werden. Mit der Aufnahme in eine Ju®
gendwohngruppe wird der Kontakt zur Profifamilie nach Möglichkeit
fortgeführt, so dass die Bindung weiter erhalten und gefördert werden
kann. In einigen Fällen kehren die jungen Menschen nach einer Aus®
zeit / Klärungszeit wieder in die Profifamilie zurück. Die Jugendlichen
nutzen hier besonders die Förderung im schulischen Bereich und die
Angebote der BKJH-Ausbildung.
BERUFSAUSBILDUNG
Für die heranwachsenden jungen Menschen haben wir verschiedene
Möglichkeiten der beruflichen Ausbildung geschaffen, die sozialpädagogisch intensiv begleitet werden. Diese Ausbildungsbereiche sind
®
speziell für junge Menschen aus Einrichtungen / Profifamilien der BKJH
entwickelt, die auf dem freien Ausbildungsmarkt keine Chancen bekommen.
In Meppen finden sich folgende Ausbildungsangebote zur_m
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Garten- und Landschaftsbauer_in
Hauswirtschafter_in
Köchin / Koch
Einzelhandelskauffrau_mann
Bürokauffrau_mann.
Angegliedert an die Einrichtungen in Berlin und Vollersode wird auch
hier in den Bereichen Hauswirtschaft und Gartenbau ausgebildet.
Fachkräfte des Verselbständigungsbereiches begleiten die Auszubildenden. Durch dieses weitere Angebot der BKJH ist eine enge Verknüpfung von Ausbildung und Pädagogik gewährleistet.
ERHOLUNGSMÖGLICHKEITEN
Um unseren Mitarbeitenden und ihren Familien eine Freude zu bereiten und möglicher emotionaler und geistiger Erschöpfung vorzubeugen, bieten wir an verschiedenen Standorten Erholungsmöglichkeiten
an. Folgende Auswahl stellen wir zur Verfügung:
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Ferien- und Fortbildungshaus in Vlagtwedde (NL)
Ferienhaus in der Lüneburger Heide
Ferienwohnung im Pädagogischen Zentrum der BKJH-Aurich
Ferienwohnungen im Pädagogischen Zentrum der BKJH-Berlin
DURCHBLICK Ausgabe 100 49
DIE NÄCHSTE AUSGABE
N° 101 // Tempo
Im kommenden Heft möchten wir unter diesem Thema einiges
veröffentlichen. Wir würden uns freuen, wenn auch viele außerhalb des
Redaktionsteams dazu Beiträge einreichen würden. Es müssen nicht
immer seitenfüllende Artikel sein, auch kurze Bemerkungen, Hinweise
und Statements können wir unterbringen. Wir freuen uns auf Ihre
Mitarbeit!
Beiträge bitte an
BODO HANSMANN
Backhaus Kinder- und Jugendhilfe Emsland
Fillastraße 7 | 49716 Meppen
[email protected]
T 059 21 . 72 31 47
Hinweise zur Lieferung
Beiträge können sowohl als Brief oder als Datenträger gesendet
werden (alle gängigen Dateiformate können bearbeitet werden). Vom
Fax bitte ich möglichst abzusehen. Bei Einsendungen von Fotos bitte
darauf achten, dass diese scharf, hell und nicht zu klein sind.
Jede Einsendung bitte mit der Rubrik, für die sie bestimmt ist, und mit
dem Namen des Autors versehen.
Hinweise zum Inhalt
Für folgende Rubriken können Beiträge verfasst werden:
Vorstellungen des Leiterteams, aller Kolleginnen und Kollegen (nicht
nur aus dem pädagogischen Bereich) und ihrer Familien, sowie
potentieller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Aktuelles (z. B. Presseschau, Allgemeines zur Heimerziehung,
­politische Sicht)
Berichte über Aktivitäten unserer Familien (z.B. Feste, Urlaub)
Buchbesprechungen (Kinder- und Fachbücher)
Kinderseiten, die auch von Kindern gestaltet sein sollten
Informationen über interne und externe Fortbildungsangebote
Witze, Kindermund und Rätsel
Kleinanzeigen (suche, biete, tausche …)
Leserinnen- und Leserbriefe
Praktische Tipps (Basteln, Werken, Rezepte …)
Interne und externe Termine und Veranstaltungshinweise
Sonstiges
Im Internet finden Sie uns unter: www.bkjh.de
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