Kooperation bei der Hilfsmittelversorgung
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Kooperation bei der Hilfsmittelversorgung
Click to edit the title text format Herzlich Willkommen! Click to edit the title text format Kooperationen bei der Hilfsmittelversorgung 14.Wissenschaftliche Tagung des ASBH-Beirats 23./24.11.2012 in Wohnst Du noch oder lebst Fulda Du schon? © Hartmann Rechtsanwälte 2012 1 Was will der Gesetzgeber? – n e n n e o g i t n ra tu Grenzen, z.B. e sektorenübergreifenden h c p e o l o rf Zusammenarbeit z.B. K e V d § 128 SGB V n e i l l s e t Strafrecht i ll Versorgungsmanagement z o n a Berufsrecht ew n Entlassungsmanagement i f G t Wettbewerbsrecht h Verträge über Integrierte c i n Versorgung © Hartmann Rechtsanwälte 2012 2 Vorgaben des Gesetzgebers SEKTORENÜBERGREIFENDE VERSORGUNG Prävention Hausarzt Facharzt Akut-KH Reha-Kinik Pflege Homecare Hilfsmittel Apotheken Sozialdienst Heilmittel Ziel: Überwindung von Sektorengrenzen und Steigerung der Versorgungsqualität • Sektorenübergreifende Versorgung erwünscht • QM - Nachvollziehbarkeit der Qualität • Vermeidung von Fehlversorgungen • Nahtlosigkeit der Versorgung • Finanzielle Vorteile durch schnelle Versorgung © Hartmann Rechtsanwälte 2012 3 Versorgungs- und Entlassmanagement §§ 11 Abs. 4 und 39 Abs.1 SGB V Anspruch der Versicherten insb. zur Lösung von Problemen beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche Als Entlassmanagement bezeichnet, soweit Krankenhäuser betroffen sind Hier: Neuregelungen des GKV-VStG einschlägig, insb. § 39 Abs. 1 sowie § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB V Als Versorgungsmanagement bezeichnet, bei Formen der vernetzten Zusammenarbeit verschiedener Bereiche © Hartmann Rechtsanwälte 2012 4 Versorgungsmanagement § 11 Abs. 4 SGB V „Versicherte haben Anspruch auf ein Versorgungsmanagement insbesondere zur Lösung von Problemen beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche. Die betroffenen Leistungserbringer sorgen für eine sachgerechte Anschlussversorgung des Versicherten und übermitteln sich gegenseitig die erforderlichen Informationen. Sie sind zur Erfüllung dieser Aufgabe von den Krankenkassen zu unterstützen.“ © Hartmann Rechtsanwälte 2012 5 Entlassmanagement § 39 Abs. 1 SGB V „Die Krankenhausbehandlung umfasst auch das Entlassungsmanagement zur Lösung von Problemen beim Übergang in die Versorgung nach der KH-Behandlung. Das Entlassungsmanagement und eine dazu erforderliche Übermittlung von Daten darf nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. § 11 Abs. 4 Satz 4 SGB V gilt entsprechend.“ © Hartmann Rechtsanwälte 2012 6 Konsequenz für die Kooperation Der Gesetzgeber will die Zusammenarbeit und nicht nur in den ausdrücklich genannten Fällen „Generalklausel“ des § 11 Abs. 4 SGB V verschiedenste rechtliche Ausgestaltungen von Kooperationsformen möglich Es gibt nicht nur einen Weg der Kooperation, individuelle Lösungen sind gefragt © Hartmann Rechtsanwälte 2012 7 Grenzen von Kooperationen © Hartmann Rechtsanwälte 2012 8 Wertungswiderspruch? Versorgungsmanagement erfordert Kooperation aller Sektoren! Prävention Arzt Akut-KH Reha Hilfsmittel Heilmittel ABER: Aus Angst vor unzulässigen Kooperationen erfolgt zeitgleich der Aufbau neuer Sektorengrenzen!!! § Berufsrecht § § Strafrecht SGB V © Hartmann Rechtsanwälte 2012 § KK-Verträge 9 Problem: Vielzahl der Regelungen Strafrecht Ärztliche Berufsrecht Heilmittelrecht § 128 SGB V Unlauterer Wettbewerb Steuerrecht Kassenverträge © Hartmann Rechtsanwälte 2012 10 Orientierungshilfe Dokumentationsprinzip Transparenzprinzip Trennungsprinzip Äquivalenzprinzip © Hartmann Rechtsanwälte 2012 11 Orientierungshilfe Jede Kooperation muss so gestaltet sein, dass • die Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit und • das Wahlrecht des Patienten gesichert ist und • sowohl Ärzte als auch nichtärztliche Leistungserbringer nicht gegen die für sie geltenden Regelungen verstoßen © Hartmann Rechtsanwälte 2012 12 Was ist erlaubt? • Maßgeblich für die Zulässigkeit der Zusammenarbeit ist immer die tatsächliche Ausgestaltung (keine „Scheinverträge“)! • Maßgeblich bei der Bewertung ist immer das gesamte Beziehungsgeflecht! © Hartmann Rechtsanwälte 2012 13 § 128 SGB V © Hartmann Rechtsanwälte 2012 14 § 128 Abs. 1 SGB V Das Verbot der Versorgung aus einem Depot © Hartmann Rechtsanwälte 2012 15 § 128 Abs. 1 SGB V § 128 Unzulässige Zusammenarbeit zwischen Leistungserbringern und Vertragsärzten (1) Die Abgabe von Hilfsmitteln an Versicherte über Depots bei Vertragsärzten ist unzulässig, soweit es sich nicht um Hilfsmittel handelt, die zur Versorgung in Notfällen benötigt werden. Satz 1 gilt entsprechend für die Abgabe von Hilfsmitteln in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen. © Hartmann Rechtsanwälte 2012 16 § 128 Abs. 1, 6 SGB V – Überblick Depotverbot Produkte Betroffene § 128 Abs. 1 SGB V: Hilfsmittel, § 33 Vertragsärzte Krankenhäuser, andere med. Einrichtungen § 128 Abs. 6 SGB V: - Arzneimittel, § 31 I - Arzneimittelähnliche Medizinprodukte, § 31 I - Verbandstoffe, § 31 I - Harn- und Blutteststreifen, § 31 I - Enterale Ernährung, § 31 V - Ambulante ärztliche Behandlung, § 116 b Pharmazeut. Unternehmer, Apotheken, Pharmazeut. Großhändler, Sonst. Anbieter von Gesundheitsleistungen, Vertragsärzte, Ärzte in Krankenhäusern, Krankenhausträger © Hartmann Rechtsanwälte 2012 Verboten sind Abgabe von Hilfsmitteln an Versicherte über Depots bei den Betroffenen Ausnahme: Jeweilige Produkte werden zur Versorgung in Notfällen benötigt Es besteht eine Berechtigung oder Verpflichtung, Ware vorzuhalten (z.B. Einweisung) 17 Das Verbot der Zuwendung gegen Entgelt © Hartmann Rechtsanwälte 2012 18 § 128 Abs. 2 SGB V (2) Leistungserbringer dürfen Vertragsärzte sowie Ärzte in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen nicht gegen Entgelt oder Gewährung sonstiger wirtschaftlicher Vorteile an der Durchführung der Versorgung mit Hilfsmitteln beteiligen oder solche Zuwendungen im Zusammenhang mit der Verordnung von Hilfsmitteln gewähren. Versorgungsstrukturgesetz 2012: § 128 Abs. 2, 3, 5 und 5a SGB V gelten für die Versorgung mit Heilmitteln entsprechend © Hartmann Rechtsanwälte 2012 19 § 128 Abs. 2 SGB V Unzulässige Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind auch die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Geräten und Materialien und Durchführung von Schulungsmaßnahmen, die Gestellung von Räumlichkeiten oder Personal oder die Beteiligung an den Kosten hierfür sowie Einkünfte aus Beteiligungen an Unternehmen von Leistungserbringern, die Vertragsärzte durch ihr Verordnungsoder Zuweisungsverhalten selbst maßgeblich beeinflussen. Hierbei handelt es sich um Regelbeispiele, also nicht abschließend Versorgungsstrukturgesetz 2012: § 128 Abs. 2, 3, 5 und 5a SGB V gelten für die Versorgung mit Heilmitteln entsprechend © Hartmann Rechtsanwälte 2012 20 § 128 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. SGB V Keine Zuwendungen im Zusammenhang mit der Verordnung von Hilfsmitteln Davon werden alle Zuwendungen erfasst, die in Bezug zur „Verordnung von Hilfsmitteln“ stehen, selbst wenn die Zahlung eine adäquate Gegenleistung für eine Leistung des Arztes darstellt Weiterhin erlaubt sind jedoch alle anderen äquivalenten Leistungen für Vorträge, Beratungen, Referate u. a., sofern kein Bezug zur „Verordnung von Hilfsmitteln“ besteht © Hartmann Rechtsanwälte 2012 21 § 128 Abs. 2 SGB V Konkretisierung der Zuwendungen durch Einführung von Regelbeispielen Bergriff der Zuwendung dient als Oberbegriff für „Entgelt“ und „sonstige wirtschaftliche Vorteile“ Regelbeispiele für wirtschaftliche Vorteile: Unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Geräten und Materialien Unentgeltliche oder verbilligte Durchführung von Schulungsmaßnahmen Gestellung von Räumlichkeiten oder Personal oder die Beteiligung an den Kosten hierfür Immer unzulässig, wenn diese Leistungen „im Zusammenhang mit der Verordnung von Hilfsmitteln“ erfolgen. © Hartmann Rechtsanwälte 2012 22 § 128 Abs. 2 SGB V Zuwendungsverbot verschärft Weiteres Regelbeispiel für „wirtschaftlichen Vorteil“ zum 01.01.2012 hinzugefügt: Einkünfte aus Beteiligungen an Unternehmen von Leistungserbringern, die Vertragsärzte durch ihr Verordnungs- oder Zuweisungsverhalten selbst maßgeblich beeinflussen können Immer unzulässig, wenn diese Leistungen „im Zusammenhang mit der Verordnung von Hilfsmitteln“ erfolgen. © Hartmann Rechtsanwälte 2012 23 Alle drei Elemente müssen kumulativ erfüllt sein § 128 Abs. 2 SGB V Zuwendungsverbot neu: Adressaten PLUS Zuwendung PLUS Beteiligungshandlung Konkreter Zusammenhang Vertragsärzte Leistungserbringer ng u s . Fas 01.01 t sei Ärzte in Krankenhäusern Entgelt Ärzte in anderen med. Einrichtung Einkünfte aus Beteiligungen an Unternehmen von Leistungserbringer ndie Vertragsärzte durch ihr Verordnungs- oder Zuweisungsverhalt en selbst maßgeblich beeinflussen Unentgeltl. oder verbilligte Überlassung von Geräten und Materialen Sonst. Wirtsch. Vorteil Unentgeltl. oder verbilligte Durchführung von Schulungsmaßnahmen (soweit nicht gesetzlich vorgeschrieben) © Hartmann Rechtsanwälte 2012 Im Zusammenhang mit der Verordnung von Hilfsmitteln, Heilmitteln bzw. Produkten nach § 31 SGB V Gestellung von Räumlichkeiten oder Personal oder die Beteiligung an den Kosten hierfür 24 Berufsrecht der Ärzte © Hartmann Rechtsanwälte 2012 25 Ärztliches Berufsrecht Berufspflichten der Ärzte haben zum Ziel, das Vertrauen zwischen Arzt und Patient zu erhalten und zu fördern; die Qualität der ärztlichen Tätigkeit im Interesse der Gesundheit der Bevölkerung sicherzustellen; die Freiheit, das Ansehen des Arztberufes und die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung zu wahren; medizinischen Interessen Vorrang vor rein kommerziellen Motiven einzuräumen Die Regelungen der MBO sind der Maßstab, an welchem das Verhalten der Ärzte zu messen ist © Hartmann Rechtsanwälte 2012 26 § 30 Ärztliche Unabhängigkeit § 30 MBO „Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, in allen vertraglichen und sonstigen beruflichen Beziehungen zu Dritten ihre ärztliche Unabhängigkeit für die Behandlung der Patientinnen und Patienten zu wahren.“ Die Neufassung des bisherigen § 30 Abs. 1 dient der klarstellenden Hervorhebung der ärztlichen Unabhängigkeit als wesentliches Grundlage für die Patienten-Arzt-Beziehung. © Hartmann Rechtsanwälte 2012 27 § 31 Unerlaubte Zuweisung § 31 MBO „Ärztinnen und Ärzten ist es nicht gestattet, für die Zuweisung von Patientinnen und Patienten oder Untersuchungsmaterial oder für die Verordnung oder den Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten ein Entgelt oder andere Vorteile zu fordern, sich oder Dritten versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren.“ © Hartmann Rechtsanwälte 2012 28 § 31 Unerlaubte Zuweisung § 31 Abs. 2 MBO „(2) Sie dürfen ihren Patientinnen und Patienten nicht ohne hinreichenden Grund bestimmte Ärztinnen oder Ärzte, Apotheken, Heil- und Hilfsmittelerbringer oder sonstige Anbieter gesundheitlicher Leistungen empfehlen oder an diese verweisen.“ © Hartmann Rechtsanwälte 2012 29 § 32 Unerlaubte Zuwendungen § 32 Abs. 2 MBO „(2) Die Annahme von geldwerten Vorteilen in angemessener Höhe ist nicht berufswidrig, sofern diese ausschließlich für berufsbezogene Fortbildung verwendet werden. Der für die Teilnahme an einer wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltung gewährte Vorteil ist unangemessen, wenn er über die notwendigen Reisekosten und Tagungsgebühren hinaus geht.“ © Hartmann Rechtsanwälte 2012 30 § 32 Unerlaubte Zuwendungen § 32 Abs. 3 MBO „(3) Die Annahme von Beiträgen Dritter zur Durchführung von Veranstaltungen (Sponsoring) ist ausschließlich für die Finanzierung des wissenschaftlichen Programms ärztlicher Fortbildungsveranstaltungen und nur in angemessenem Umfang erlaubt. Das Sponsoring, dessen Bedingungen und Umfang sind bei der Ankündigung und Durchführung der Veranstaltung offen zu legen.“ © Hartmann Rechtsanwälte 2012 31 § 33 Zuwendungen bei vertraglicher Zusammenarbeit § 33 MBO „Soweit Ärztinnen und Ärzte Leistungen für die Hersteller von Arznei- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten oder die Erbringer von Heilmittelversorgung erbringen (z.B. bei Anwendungsbeobachtungen), muss die hierfür bestimmte Vergütung der erbrachten Leistung entsprechen. Die Verträge über die Zusammenarbeit sind schriftlich abzuschließen und sollen der Ärztekammer vorgelegt werden.“ © Hartmann Rechtsanwälte 2012 32 BGH - Urteil vom 13.01.2011 (I-ZR 111/08) Der BGH hat den Begriff der „Verweisung“ gem. der ärztlichen Berufsordnung definiert Hintergrund hierfür ist, dass es Ärzten untersagt ist, ohne hinreichenden Grund an bestimmte Hilfsmittelleistungserbringer zu verweisen Nach der Entscheidung des BGH gilt bereits die Empfehlung eines konkreten Leistungserbringers als Verweisung, wenn hierfür kein hinreichender Grund vorliegt Etwas anderes gilt, wenn der Patient von sich aus nach einer Empfehlung nachfragt. In diesen Fällen ist es dem Arzt erlaubt, einen konkreten Leistungserbringer zu empfehlen. Eines hinreichenden Grundes bedarf es dann nicht. Ebenso gilt dieses, wenn der Patient auf entsprechende Nachfrage aus der ärztlichen Praxis ausdrücklich nach einer Empfehlung eines Leistungserbringers fragt. © Hartmann Rechtsanwälte 2012 33 BGH - Urteil vom 13.01.2011 (I-ZR 111/08) Nicht ausreichend für hinreichende Grund, dass auf eine Zusammenarbeit mit dem betreffenden Leistungserbringer aufgrund der guten Erfahrungen mit der Qualität der Versorgung verwiesen wird Vielmehr müssen konkrete sachliche Gründe bei dem individuellen Patienten bestehen, die die Empfehlung eines konkreten Leistungserbringers begründen. Beachte: Die konkrete Empfehlung eines Leistungserbringers soll die Ausnahme und nicht die Regel darstellen sein Wichtig daher: saubere Dokumentation des Empfehlungsvorgangs und insbesondere der hinreichenden Gründe © Hartmann Rechtsanwälte 2012 34 Wettbewerbsrechtliche Aspekte © Hartmann Rechtsanwälte 2012 35 Allgemeines Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht führen zu Abmahnungen sowohl durch Krankenkassen als auch Wettbewerber und Unterlassungsverfügungen durch das Gericht, wenn die Abmahnung nicht dazu führt, dass der Abgemahnte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt. © Hartmann Rechtsanwälte 2012 36 Abmahnung Ziel der Abmahnung Außergerichtliche Streitbeilegung durch Abgabe einer Unterlassungserklärung, die das Versprechen einer Geldzahlung an den Abmahnenden bei zukünftigem Verstoß gegen die Unterlassungserklärung enthält Keine Voraussetzung für eine gerichtliches Verfahren – fehlt sie, besteht jedoch das Risiko der Kostentragung im Prozess, wenn der Abgemahnte die Unterlassungserklärung sofort abgibt © Hartmann Rechtsanwälte 2012 37 Unterlassungserklärung Die Unterlassungserklärung legt fest, o welche Aussage der Abgemahnte bei Werbung für seine Produkte nicht mehr verwenden darf oder o welche Handlungen er zur Unterstützung des Produktabsatzes in Zukunft nicht mehr ausführen darf Bei Verstoß: Verwirkung der versprochenen Vertragsstrafe Besonders wichtig ist daher die Formulierung der Unterlassungserklärung: Soviel wie nötig – so wenig wie möglich © Hartmann Rechtsanwälte 2012 38 Übersicht Unlautere und damit abmahnfähige Werbehandlungen: Vornahme der in § 4 UWG aufgelisteten Werbehandlungen – hier von besonderer Bedeutung: § 4 Nr. 11 UWG Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift, die auch das Marktverhalten regelt also auch: der Verstoß gegen § 128 SGB V Strafrechtliche Normen – Antikorruptionstatbestände Vorschriften des HWG und des MPG Aber auch: Verstoß gegen das ärztliche Berufsrecht! © Hartmann Rechtsanwälte 2012 39 Wer kann abmahnen? § 8 Abs. 3 UWG: Jeder Mitbewerber Verbände zu Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen – dazu gehört auch die sog. Wettbewerbszentrale für ihre gewerblichen Mitglieder Industrie- und Handelskammern Qualifizierte Einrichtungen der Liste nach § 4 Unterlassungsklagen-gesetz – Verbraucherverbände Krankenkassen? § 69 SGB V – Im Verhältnis zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern findet das UWG keine Anwendung © Hartmann Rechtsanwälte 2012 40 Strafrechtliche Bewertung rechtswidriger Kooperationen © Hartmann Rechtsanwälte 2012 41 Relevante Strafrechtsnormen (Abrechnungs-) Betrug, § 263 StGB Untreue, § 266 StGB Bestechung/Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr, § 299 StGB Amtsträgerdelikte im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2c StGB Bestechlichkeit, § 332 StGB Vorteilsgewährung, § 333 StGB Bestechung, § 334 StGB © Hartmann Rechtsanwälte 2012 42 Die Entscheidung des BGH Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr(§ 299 StGB) Voraussetzung: Arzt ist Beauftragter der Krankenkassen „Amtsträgerdelikte“: Vorteilsannahme (§ 331 StGB) Vorteilsgewährung (§ 333 StGB) Bestechlichkeit (§§ 332 StGB) Bestechung (§§ 334 StGB) Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung (§ 335 StGB) © Hartmann Rechtsanwälte 2012 43 Der Bundesgerichtshof Mit Beschluss vom 05.05.2011 (Az.: 3 StR 458/10) hat der 3. Strafsenat des BGH dem Großen Senat für Strafsachen zwei Fragen vorgelegt: 1. Ist ein Vertragsarzt im Rahmen der Behandlung von GKV-Patienten (hier: Verordnung von Hilfsmitteln) als Amtsträger gem. § 11 Abs. 1 Nr. 2 c) StGB anzusehen Folge: Beteiligten können ein Amtsdelikt (Vorteilsannahme bzw. gewährung, Bestechlichkeit bzw. Bestechung, §§ 331 ff. StGB) begehen Wenn nein: 2. Ist der Vertragsarzt Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen im Sinne des § 299 StGB? © Hartmann Rechtsanwälte 2012 44 Die möglichen Folgen Wenn der BGH den niedergelassenen Arzt als Amtsträger oder Beauftragten der gesetzlichen Krankenkassen angesehen hätte, hätte dies erhebliche Folgen: Ausweitung der in Betracht kommenden Straftatbestände für niedergelassene Ärzte und die beteiligten anderen Leistungserbringer Strafrahmen • Geldstrafen oder Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren • Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren • In besonders schwere Fälle Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bzw. Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren, das heißt o die Tat sich auf einen Vorteil großen Ausmaßes bezieht. o Fortgesetzte Annahme von Vorteilen, o gewerbsmäßiges Handeln © Hartmann Rechtsanwälte 2012 45 Das Ergebnis Niedergelassene Arzt ist weder im Rahmen der Bestechlichkeit/Bestechung noch als Amtsträger strafbar Aber: nach BGH besteht eine Strafbarkeitslücke. Damit Aufforderung an den Gesetzgeber zu handeln die ärztliche Die anderen gesetzlichen Regeln gelten weiter wie z.B. § 128 SGB V Heilmittelwerberecht § 73 Abs. 7 SGB V Berufsrecht … © Hartmann Rechtsanwälte 2012 46 Der besondere sozialrechtliche Schadensbegriff © Hartmann Rechtsanwälte 2012 47 Der besondere sozialrechtliche Schadensbegriff am Beispiel des Betrugs § 263 Abs. 1 StGB: „Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Beachte: Gilt nicht nur für Betrug, sondern lässt sich auf Regressforderungen, Untreue und anderes übertragen © Hartmann Rechtsanwälte 2012 48 Der besondere sozialrechtliche Schadensbegriff am Beispiel des Betrugs Kassenarzt hat Injektionen, Infusionen und Blutentnahmen von seinem Praxispersonal auf Grund genereller Anweisungen durchführen lassen. Abrechnungsfähig wären diese Leistungen nur gewesen, wenn er die Anweisungen in jedem Einzelfall gegeben hätte. Verurteilung wegen Betrugs, da Leistung insgesamt nicht erstattungsfähig, obwohl die Maßnahmen medizinisch indiziert waren und kunstgerecht durchgeführt wurden (BGH, 28.09.1994, 4 StR 280/94) © Hartmann Rechtsanwälte 2012 49 Der besondere sozialrechtliche Schadensbegriff am Beispiel des Betrugs Vorbestrafter und nicht zugelassener Zahnarzt setzt einen als Kassenzahnarzt zugelassenen Kollegen als „Strohmann“ ein, um auch Kassenpatienten behandeln und die für diese erbrachten Leistungen abrechnen zu können. Er behandelt die Patienten selbst und lässt den Kollegen abrechnen. Alle Leistungen mangelfrei und wären auf jeden Fall zu bezahlen gewesen Verurteilung wegen Betrugs, da die Honorare insgesamt nicht hätten abgerechnet werden dürfen (BGH, 05.12.2002, 3 StR 161/02) Aber wo ist der Schaden? © Hartmann Rechtsanwälte 2012 50 Der besondere sozialrechtliche Schadensbegriff am Beispiel des Betrugs Grundsätzliche Definition Vermögensschaden: „Ein Vermögensschaden liegt vor, wenn für das Opfer eine nachteilige Vermögensdifferenz eingetreten ist. Das Opfer also eine Vermögenseinbuße erlitten hat, der nicht durch einen Gegenwert ausgeglichen wird.“ Danach läge im Beispielsfall kein Schaden vor, weil die Vermögensdifferenz der Krankenkasse (Vergütung) durch einen Gegenwert (ordnungsgemäße Versorgung des Versicherten) kompensiert wird. Problem: „sozialrechtlicher Schadensbegriff“ © Hartmann Rechtsanwälte 2012 51 Der besondere sozialrechtliche Schadensbegriff am Beispiel des Betrugs Vergütungsansprüche erwirbt ein Leistungserbringer nur, wenn die entsprechenden gesetzlichen und untergesetzlichen Vorschriften eingehalten wurden, selbst wenn die Versorgung im Übrigen ordnungsgemäß ist (st.Rspr. BSG) Eine Leistung ist insgesamt nicht erstattungsfähig, wenn sie in Teilbereichen nicht den gestellten Anforderungen genügt Keine Kompensation des Schadens durch die ordnungsgemäß erbrachten Leistung Konsequenz: Rückforderungsverlangen in Höhe der gesamten Vergütung und Vermögensschaden im strafrechtlichen Sinne © Hartmann Rechtsanwälte 2012 52 Fazit „Alles in allem wird deutlich, dass die Zukunft große Chancen bereithält - sie enthält aber auch Fallstricke. Der Trick ist, den Fallstricken aus dem Weg zu gehen, die Chancen zu ergreifen und bis sechs Uhr wieder zu Hause zu sein.“ Woody Allen © Hartmann Rechtsanwälte 2012 53 VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT © Hartmann Rechtsanwälte 2012 54