§299a StGB-E aus Sicht der Landesärztekammer Hessen Manuel

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§299a StGB-E aus Sicht der Landesärztekammer Hessen Manuel
§299a StGB-E
aus Sicht der Landesärztekammer Hessen
Manuel Maier
17. November 2015
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"Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz
zu machen, dann ist es notwendig, kein
Gesetz zu machen."
(Charles de Montesquieu)
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Quelle: Der Spiegel
2009/38 – S. 122
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Regierungsentwurf§ 299a StGB
Bestechlichkeit im Gesundheitswesen
(1) Wer als Angehöriger eines Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der
Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, im Zusammenhang mit der
Ausübung seines Berufs einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür
fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei der Verordnung oder der Abgabe
von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten oder bei der Zuführung von
Patienten oder Untersuchungsmaterial
1. einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer
Weise bevorzuge oder
2. seine berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit
verletze,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer als Angehöriger eines Heilberufs im Sinne des Absatzes 1 einen
Vorteil dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug von
Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten, die zur Abgabe an den Patienten
bestimmt sind, seine berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen
Unabhängigkeit verletze.
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Notwendigkeit eines§ 299a StGB ?
Gibt es nicht bereits genügend Verbote und
Sanktionsmöglichkeiten auch außerhalb des
Strafrechts?
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Beispiel 1 - Berufsordnung für Ärzte:
(1)
(2)
(3)
(4)
(5)
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§ 30 Ärztliche Unabhängigkeit
§ 31 Unerlaubte Zuweisung
§ 32 Unerlaubte Zuwendungen
§ 33 Zuwendungen bei
vertraglicher Zusammenarbeit
§ 18a Teil-BAG (Umgehung §31 BO)
(1) § 30 Ärztliche Unabhängigkeit
Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, in allen
vertraglichen und sonstigen beruflichen
Beziehungen zu Dritten ihre ärztliche
Unabhängigkeit für die Behandlung der
Patientinnen und Patienten zu wahren.
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(2) § 31 Unerlaubte Zuweisung
(1) Ärztinnen und Ärzten ist es nicht gestattet, für die Zuweisung von
Patientinnen und Patienten oder Untersuchungsmaterial oder für die
Verordnung oder den Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln oder
Medizinprodukten ein Entgelt oder andere Vorteile zu fordern,
sich oder Dritten versprechen oder gewähren zu lassen oder
selbst zu versprechen oder zu gewähren.
(2) Sie dürfen ihren Patientinnen und Patienten nicht ohne
hinreichenden Grund bestimmte Ärztinnen oder Ärzte, Apotheken,
Heil- und Hilfsmittelerbringer oder sonstige Anbieter
gesundheitlicher Leistungen empfehlen oder an diese
verweisen.
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(3) § 32 Unerlaubte Zuwendungen
(1) Ärztinnen und Ärzten ist es nicht gestattet, von Patientinnen und Patienten oder anderen
Geschenke oder andere Vorteile für sich oder Dritte zu fordern oder sich oder
Dritten versprechen zu lassen oder anzunehmen, wenn hierdurch der Eindruck
erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst
wird. Eine Beeinflussung liegt dann nicht vor, wenn der Wert des Geschenkes oder des
anderen Vorteils geringfügig ist.
(2) Die Annahme von geldwerten Vorteilen in angemessener Höhe ist nicht berufswidrig,
sofern diese ausschließlich für berufsbezogene Fortbildung verwendet werden. Der für
die Teilnahme an einer wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltung gewährte
Vorteil ist unangemessen, wenn er über die notwendigen Reisekosten und
Tagungsgebühren hinausgeht.
(3) Die Annahme von Beiträgen Dritter zur Durchführung von Veranstaltungen (Sponsoring)
ist ausschließlich für die Finanzierung des wissenschaftlichen Programms ärztlicher
Fortbildungsveranstaltungen und nur in angemessenem Umfang erlaubt. Das Sponsoring,
dessen Bedingungen und Umfang sind bei der Ankündigung und Durchführung der
Veranstaltung offen zu legen.
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(4) § 33 Zuwendungen bei
vertraglicher Zusammenarbeit
Soweit Ärztinnen und Ärzte Leistungen für die Hersteller
von Arznei- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten
oder die Erbringer von Heilmittelversorgung erbringen
(z.B. bei Anwendungsbeobachtungen), muss die
hierfür bestimmte Vergütung der erbrachten Leistung
entsprechen. Die Verträge über die Zusammenarbeit
sind schriftlich abzuschließen und sollen der
Ärztekammer vorgelegt werden.
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(5) § 18 Abs. 1 S. 2 und 3
Berufliche Kooperationen (Teil-BAG
– Umgehung des § 31 BO)
– Der Zusammenschluss zur gemeinsamen Ausübung des Arztberufs kann
auch zum Erbringen einzelner Leistungen erfolgen
Teilberufsausübungsgemeinschaft), sofern er nicht einer Umgehung des
§ 31 oder anderer Vorschriften der Berufsordnung dient. Eine
Umgehung liegt insbesondere vor, wenn der Gewinn ohne Grund in
einer Weise verteilt wird, die nicht dem Anteil der persönlich
erbrachten Leistungen entspricht. Die Anordnung einer Leistung,
insbesondere aus den Bereichen der Labormedizin, der Pathologie und der
bildgebenden Verfahren, stellt keinen Leistungsanteil im Sinne des Satzes
3 dar. Verträge über die Gründung von Teilberufsausübungsgemeinschaften sind der Ärztekammer vorzulegen.
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Beispiel 2 - Vertragsarztrecht:
• Verbot der Zuweisung gegen Entgelt:
– § 73 Abs. 7 SGB V – Es ist Vertragsärzten nicht gestattet,
für die Zuweisung von Versicherten ein Entgelt oder
sonstige wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder sich
gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu
gewähren.
– § 128 Abs. 5 a SGB V - Vertragsärzte, die unzulässige
Zuwendungen fordern oder annehmen oder Versicherte
zur Inanspruchnahme einer privatärztlichen Versorgung
anstelle der ihnen zustehenden Leistung der gesetzlichen
Krankenversicherung beeinflussen, verstoßen gegen ihre
vertragsärztlichen Pflichten.
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Unzulässige Zusammenarbeiten nach § 128 SGB V (Ärzte, Anbieter von
Hilfsmitteln und Heilmitteln, Arzneimittel- und Medizinproduktehersteller
und – lieferanten) u.a.
•
Depotverbot –
Die Abgabe von Hilfsmitteln an Versicherte über Depots bei Vertragsärzten ist unzulässig, soweit es sich nicht um Hilfsmittel
handelt, die zur Versorgung in Notfällen benötigt werden. Satz 1 gilt entsprechend für die Abgabe von Hilfsmitteln in
Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen.
•
Beteiligungsverbot –
Leistungserbringer dürfen Vertragsärzte sowie Ärzte in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen nicht gegen
Entgelt oder Gewährung sonstiger wirtschaftlicher Vorteile an der Durchführung der Versorgung mit Hilfsmitteln beteiligen oder
solche Zuwendungen im Zusammenhang mit der Verordnung von Hilfsmitteln gewähren.
•
Zuwendungsverbot
Unzulässige Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind auch die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Geräten und
Materialien und Durchführung von Schulungsmaßnahmen, die Gestellung von Räumlichkeiten oder Personal oder die Beteiligung
an den Kosten hierfür sowie Einkünfte aus Beteiligungen an Unternehmen von Leistungserbringern, die Vertragsärzte durch ihr
Verordnungs- oder Zuweisungsverhalten selbst maßgeblich beeinflussen.
•
Verbot der Zahlung von IGEL
Unzulässig ist ferner die Zahlung einer Vergütung für zusätzliche privatärztliche Leistungen, die im Rahmen der Versorgung mit
Hilfsmitteln von Vertragsärzten erbracht werden, durch Leistungserbringer.
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• Umgehungsverbot bei
Teilberufsausübungsgemeinschaften
– § 33 Abs. 2 Satz 3 Ärzte-ZV:
Die gemeinsame Berufsausübung, bezogen auf einzelne Leistungen, ist
zulässig, sofern diese nicht einer Umgehung des Verbots der Zuweisung von Versicherten gegen Entgelt oder sonstige wirtschaftliche
Vorteile nach § 73 Absatz 7 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch dient.
Eine Umgehung liegt insbesondere vor, wenn sich der Beitrag des Arztes
auf das Erbringen medizinisch-technischer Leistungen auf Veranlassung
der übrigen Mitglieder einer Berufsausübungsgemeinschaft beschränkt
oder wenn der Gewinn ohne Grund in einer Weise verteilt wird, die nicht
dem Anteil der persönlich erbrachten Leistungen entspricht. Die Anordnung einer Leistung, insbesondere aus den Bereichen der Labormedizin,
der Pathologie und der bildgebenden Verfahren, stellt keine persönlich
erbrachte anteilige Leistung in diesem Sinne dar.
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Beispiel 3 – Wettbewerbsrecht – OWI
• Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
• § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG):
(1) Es ist unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren
oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als
Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, dass
1.es sich bei den Zuwendungen oder Werbegaben um Gegenstände von
geringem Wert, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare
Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes oder beider
gekennzeichnet sind, oder um geringwertige Kleinigkeiten handelt;
Zuwendungen oder Werbegaben sind für Arzneimittel unzulässig, soweit
sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die auf Grund des
Arzneimittelgesetzes gelten;
….
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Rechtsfolgen bei Verletzung:
1) Berufsrecht - LÄKH
-
Berufsrechtliches Verfahren
2) Vertragsarztrecht - KVH
-
Disziplinarverfahren
3) Wettbewerbsrecht – Ordnungswidrigkeiten
-
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Zivilverfahren – (Unterlassung u.a.)
Ordnungswidrigkeitenverfahren RP – (Ordnungsgeld)
Quelle:
Der Spiegel 2013/3 – S. 39
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Nachteil des berufsrechtlichen Verfahrens:
• Staatsanwaltschaft verfügt über größere
Ermittlungsmöglichkeiten (Durchsuchung und
Beschlagnahme) als Ärztekammern (und KVen)
• (Landes-) Gesetzgeber war nicht bereit, die
Ermittlungsmöglichkeiten der LÄKH im
Heilberufsgesetz zu erweitern
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Was ändert sich durch das Gesetz:
• Gefahr des Anstiegs von
Ermittlungsverfahren gegen Ärzte
• Gefahr der Rufschädigung für Ärzte in
der Öffentlichkeit
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Wie reagiert die
Landesärztekammer ?
Lösungsansätze:
• Prävention vor Repression
• Beratung durch Ärztekammer
• Wiederbelebung und Erweiterung des
Clearingstellenverfahrens
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Repressive Maßnahmen der LÄK:
• Strafantrag -§ 301 StGB-neu
– LÄK gehört zum Kreis der Strafantragsberechtigten, es besteht
aber anders als für KVH nach § 81a StGB keine Pflicht, deshalb
Ermessen eröffnet.
• Berufsrechtliches Verfahren -§ 57 I Heilberufsgesetz
– Werden Tatsachen bekannt, die den Verdacht eines
Berufsvergehens rechtfertigen, oder wird ein Antrag nach Abs. 3
(Selbstanzeige) gestellt, so stellt der Kammervorstand
Ermittlungen an und teilt dies dem Beschuldigten mit. Mit der
Durchführung von Ermittlungen kann der Kammervorstand eine
Person mit der Befähigung zum Richteramt oder ein von ihm als
geeignet befundenes Kammermitglied betrauen.
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Prävention I:
§ 24 BO - Verträge über ärztliche Tätigkeit
Ärztinnen und Ärzte sollen alle Verträge über ihre ärztliche
Tätigkeit vor ihrem Abschluss der Ärztekammer vorlegen, damit
geprüft werden kann, ob die beruflichen Belange gewahrt sind. Auf
Verlangen der Ärztekammer haben sie den Vertrag über ihre
ärztliche Tätigkeit vorzulegen.
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Anwaltliche Beratung allein kann zu wenig sein
Die klagenden Ärzte nehmen die Beklagten wegen fehlerhafter anwaltlicher Beratung auf Schadensersatz in Anspruch. Nach
Darstellung der Kläger hatte der Beklagte zu 1 ein Geschäftsmodell entwickelt, nach welchem die Kläger und andere
Orthopäden sich zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (fortan: P. ) zusammenschlossen. P. sollte einer nach irischem
Recht zu gründenden Gesellschaft, einer Limited, Kapital zur Verfügung stellen, welches diese in eine GmbH & Co. KG
einbringen würde. Die Gesellschaft sollte eine radiologische Praxis einrichten und an einen Radiologen verpachten. Am 22.
November 2006 wurde die P. gegründet. Der Beklagte zu 1 legte am 1. Februar 2007 eine auf der Basis einer Prüfung durch
Rechtsanwalt Dr. K. gutachterliche Stellungnahme zur Vereinbarkeit des Modells mit dem Berufsrecht vor. Unter dem Abschnitt
"Zusammenfassung und Empfehlung" heißt es unter anderem: 2 "Die Vermietung von vollständig eingerichteten und
ausgestatteten Praxisräumen an die Radiologische Praxis auf der Grundlage der angestrebten Struktur dürfte mit den
Vorschriften des ärztlichen Berufsrechts sowie des Vertragsarztrechts im Einklang stehen ... Die avisierte Konstruktion dürfte
mit § 31 BO-Ä vereinbar sein ... Da diese Frage bisher allerdings - soweit ersichtlich - die Rechtsprechung nicht beschäftigt
hat, lässt sich nicht völlig ausschließen, dass die Ärztekammer im Streitfall zur gegenteiligen Rechtsauffassung gelangen und
gegen die Beteiligten ein berufsgerichtliches Verfahren anstrengen könnte ...„ 3 Das Modell scheiterte. Die Kläger werfen den
Beklagten vor, sie nicht ausreichend über die mit ihm verbundenen berufsrechtlichen Risiken hingewiesen und insbesondere
keine Stellungnahme der zuständigen Ärztekammer eingeholt zu haben. Sie haben behauptet, bei vollständiger Aufklärung
hätten sie anderweitig investiert. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision ist zuzulassen und begründet.
(Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 24.09.2015 (IX ZR 266/14))
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Prävention II - Vorbild: „Clearingverfahren
Rechtskonformität“
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Bestehen: seit 2010/2011
Seinerzeitiger Grund: Vorgänge in jüngerer Zeit haben
Bundesärztekammer, Deutsche Krankenhausgesellschaft und
Kassenärztliche Bundesvereinigung veranlasst, sich in einer
Spitzenkonferenz mit Fragen der Zusammenarbeit zwischen
niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern (Prä- Poststationäre
Versorgung) zu befassen. Dabei war unter anderem auch die Beurteilung
von so genannten Zuweisungsvergütungen Gegenstand. Berichten
zufolge haben sich aber auch Praktiken entwickelt, welche insbesondere
sowohl berufsrechtlich als auch wettbewerbsrechtlich unzulässig sind
und im Einzelfall auch strafrechtliche Relevanz haben können.
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Gemeinsame Empfehlungen BÄK/KBV/DKG vom 15.10.2009
• Besetzung der sektorübergreifenden Clearingstelle in Hessen
– durch LÄK, HKG, KVH
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Prüfungsgegenstand
– Absprachen und Verträge
•
Prüfungsmaßstab
– Berufsrecht, Vertragsarztrecht, Krankenhausrecht, Wettbewerbsrecht
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Verfahren
– Antragstellung bei LÄKH, HKG oder HKG
– Weiterleitung der Unterlagen zur Stellungnahme an übrige Träger der Clearingstelle
– Zusammenfassung der Stellungnahmen und Gesamtbeurteilung für Antragsteller
•
Kosten
– Kostenfrei für Mitglieder
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Clearingstelle 2 – „Korruptionsprävention“
LÄKH
KVH
Arzt
KKen
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HKG
Vorteile:
• Präventive Transparenz
• Größere Rechtssicherheit für den
Normadressaten, wenn der Vertrag nach
Vertragstext gelebt wird
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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