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www.n-coding.com | 1. Quartal 2009 | gratis
Der subjektive Blick auf Unternehmen, Kultur und Unterhaltung
NC0901
Inhalt:
Editorial | Lobhudelei und Prunksucht | Fragen im Wert von 20 Euro
So wird 2009 | Information Overload | 9 Patentrezepte | Schilderwald
World Wide Weg | Fusion | Gefeuert | Der simulierte Mensch | Reisebericht
Selbst, verständlich | Maschinelle Produktion | fraubumte
Die dritte Ausgabe des Branchenbuches
»Selection – Germany’s Finest Agencies« aus
dem Hause NBVD ist erneut ein aufwendig produziertes Kompendium geworden. Mit Goldschnitt
und Leineneinband erscheint es auf 384 Seiten
und dokumentiert den Status-Quo der Kommunikationsbranche in Deutschland.
EDITORIAL
Verehrte Leserschaft,
als Werbeagentur ist Kommunikation unser tägliches Geschäft. Als Redaktion
von »filterNC« ist sie außerdem unser Spielplatz. In dieser Ausgabe packen wir
Schüppchen und Eimer aus, schwingen die Schaukel und laden die anderen Kinder
zum Spielen ein.
Zum Schwerpunkt »Kommunikation« bereichern drei Gastbeiträge unseren ersten
»filter NC« des Jahres. Claudia Hiepel lässt uns in ihre interne Kommunikation blicken. Die Produktdesignerin und Malerin überließ uns freizügig ihre über Jahre geführten Skizzenbücher. Wir zeigen ihre Mini-Kunstwerke in Originalgröße ab Seite
14. Kommunikationstrainerin Beate Beckmann nimmt uns mit auf eine ihrer vielen
Reisen. Ihr Thema ist Veränderung und wie sie Menschen bewegt, in wirtschaftlich
angespannten Zeiten mit Veränderungen umzugehen. Mitten aus dem Alltag eines
Bochumer Callcenters berichtet uns Matthias Zucker: Um weiter leben und schreiben zu können, bestritt der junge Schriftsteller seinen Lebensunterhalt eine Weile
mit Telemarketing. Wie er sich dabei fühlte, verrät er uns auf Seite 12.
Wir selbst spielen natürlich auch wieder eine Rolle. Volker Elsen spielt Hellseher
und sagt das Jahr 2009 voraus. Daniela Elflein baut auf Seite 5 einen Schilderwald auf und zeigt, wie man im Straßenverkehr mehr Spaß haben könnte. Stephan
Hilpert zeichnet sein Bild vom »Information Overload«. Stephan Tyziak fasst zusammen, wie es sich eine Woche ohne Internet und Handy leben lässt. Seien Sie
gespannt auf die Ergebnisse einer einzigartigen Umfrage unter unseren Freunden
und Bekannten. Die Grenze zwischen Spiel und Ernst lotet das gesamte »n-coding«
Team auf Seite 10 aus: Vergessen Sie die »singende Firma«! Machen Sie mit und
feuern Sie uns! Richtig gelesen: Einer von »n-coding« muss die Koffer packen.
Wer? Das entscheiden Sie mit Ihrer E-Mail.
Bevor Sie uns feuern, machen Sie sich noch schlau: Lesen Sie, was in der Werbung
gespielt wird und ob Sie als Kunde dabei gut wegkommen. Wir stellen Ihnen 9 Patentrezepte vor und wie Sie Ihnen entrinnen können. Falls Sie im Exportgeschäft
tätig sind, wird Sie unser kleiner Schulterblick auf ein laufendes Projekt interessieren – das Kommunikations-Konzept für eine russische Handelskette. Ansonsten erfreuen Sie sich weiterhin an unseren Rubriken mit »fraubumte«, der Werbekolumne (diesmal über den SMS Guru) oder unseren Webtipp über die großartige
»Riesenmaschine«.
Spielen Sie mit. Spielen Sie eine Rolle!
Ihre Redaktion von »filter NC« und Ihr Team von »n-coding«
Übersichtlich nach Bundesländern geordnet, wird
eine hochkarätige Auswahl der besten deutschen Agenturen aus Werbung, Design und
Digitalen Medien vorgestellt. In der aktuellen
Ausgabe werden, neben dem »Who is Who« der
Branche, auch einige vielversprechende Newcomer präsentiert. Das sind wir dann wohl: wir.
Der Verleger Norman Beckmann wählte »n-coding Designlabor« als einzige Agentur Ostwestfalens aus. Wir gratulieren zum guten Geschmack!
Das Amt für Öffentlichkeitsarbeit und Stadtmarketing in Paderborn rief ortsansässige Agenturen
auf, sich mit Ideen für den NRW-Städtewettbewerb »Ab in die Mitte« zu beteiligen. Wir stellten unsere »Wasserspiele« vor. Unter dem Motto
»Paderborn in seinem Element« bringen wir schwimmende Mitmachkunst an die Pader und
ihre Quellen – vorerst noch als Idee. Mit Platz 2 sind wir sehr zufrieden. Noch zufriedener sind
wir mit der Aussage, dass die Idee so gut angekommen ist, dass man sie unter Umständen außerhalb des Wettbewerbs aufgreifen will. Paderborn würde es gut tun. Weiter so!
Für unser soziales Projekt »akku« konnten wir die prominente Porträtfotografin Herlinde
Koelbl (»Spuren der Macht«) gewinnen. Sie wird einige der ausstellenden Künstler mit Autismus
fotografisch in Szene setzen. Die Fotografien werden 2010 zusammen mit den Werken der Künstler als Teil einer Ausstellung in der »documenta-Halle« in Kassel zu sehen sein. Wir freuen uns
auf die Zusammenarbeit. Mehr Infos: www.initiative-akku.org
Seite 2 Fragen im Wert von 20 Euro | So wird 2009
Fragen im Wert von 20 Euro
Wegzappen kann jeder. Mutige genießen die TV-Werbung und steigen ein,
in die wichtigsten Fragen des Lebens. Folge 7: SMS-Dienste.
Eine Redensart besagt, dass es keine dummen Fragen gibt, sondern nur dumme Antworten.
Die pädagogisch durchaus wertvolle Floskel stammt noch aus einer Zeit, als man schüchternen Kindern unter der Knute einer konservativ-repressiven Erziehung aufmunternd die
auf den Lippen liegende Frage entlocken wollte, um ihr Gehör zu verschaffen. Das arme
Kind! »Frag nur! Es gibt keine dummen Fragen, es gibt nur dumme Antworten.«
Seit es »SMS Guru« gibt, hat diese schöne Lebensregel ihre emanzipatorische Unschuld
verspielt. Denn dumme Fragen gibt es zwar immer noch nicht, dafür aber kostenpflichtige
Antworten. 1,99 € pro Stück. Eine gute Frage an dieser Stelle ist: »Was ist »SMS Guru«
eigentlich?« Die Antwort: »SMS Guru« ist ein Dienst, der wirklich jede Frage beantwortet,
die man per SMS an den Dienst versendet (Kosten bis hierher 1,99 €). Im Antwort-Business darf man eine Menge Fragen stellen – dumm oder intelligent. Vor dem Guru sind alle
gleich teuer.
Was an Einnahmen reinkommt, wird jedenfalls nicht in die Produktion eines ordentlichen
Werbespots gesteckt. In seinen Low-Budget-Filmchen zeigt der Guru »Testimonials« vor
einem nüchternen blauen Hintergrund. Menschen, die aussehen wie Mitarbeiter aus dem
»SMS Guru«-Team. Menschen, die zwischen Frühstückspause und Zigarette abgegriffen
und vor die Kamera gezerrt werden. Keine Zeit zum Umziehen, Frisieren oder für die Maske.
Stattdessen bieten die Laienschauspieler dem Zuschauer ihre brennendsten Fragen an:
»Bin ich zu dick?« (Zwischensumme 3,98 €), »Sind die echt?« (mit Fingerzeig auf den Busen,
Zwischensumme 5,97 €) oder »Wieso kriege ich keine Freundin?« (7,96 €).
Als Musterfrage wird nicht nur Persönliches, sondern auch Philosophisches wie »Was war zuerst da: die Henne oder das Ei?« (9,95 €) und
sogar Selbstkritisches wie »Warum kommen immer die größten Loser
ins Fernsehen?« (11,94 €) herangezogen.
Abgesehen davon, dass sich ein Großteil der Fragen selbstverständlich
nicht ernsthaft beantworten lässt, etwa die Frage nach den Lottozahlen
der kommenden Ziehung, stelle ich meine Frage an den Guru unverblümt:
»Wer nutzt Deinen haarsträubenden Service eigentlich?« (13,93 €). Eine mögliche, aber
unwahrscheinliche Antwort: kultivierte Leute, die sich beim Waldspaziergang über die Genese des Federviehs streiten und eine dritte Meinung hören wollen. Wahrscheinlicher ist,
dass diejenigen abkassiert werden, die wenig Techniken der Informationsbeschaffung und
kaum Zugang zu Bildung haben. Oder? (15,92 €). Kann ich die Frage eventuell zurückziehen?
(17,91 €). Nein! Gut, dann machen wir die zwanzig Euro voll: Wie nennt man unseriöse
Abzocke mit den Verlierern der Informationsgesellschaft? (19,90 €). Richtig, und der Rest
ist für die Kaffeekasse! (ve)
Erstes Quartal
War Ihnen 2008 noch nicht schwarz genug, dann kommen Sie 2009 voll auf Ihre Kosten!
Die vielbeschworene Rezession wird als kollektive Phobie unser Bewusstsein bevölkern.
Von der Banken- und Autokrise zur allgemeinen Weltwirtschaftskrise: Immobilien, Möbel,
Maschinenbau, Spielwaren, Kleidung, Büroklammern – sind jetzt schon dran. Computer,
Unterhaltungselektronik, Mobilfunk werden folgen. Gute Zeiten für paralleles Wirtschaften, Plagiate und Recycling. Marken verlieren an Wert und Bedeutung. Nur diejenigen werden bleiben, die es verstehen, Wertewandel glaubhaft zu vermitteln. Honda macht es vor:
»Vernunft ist der neue Punk.« Mehrwert durch Konzepte mit Substanz, die zum Über- und
Weiterleben animieren. Sexy ist, was Nutzen bringt. Verführung wird verdächtig!
Zweites Quartal
2009 wird ein Jahr der Widersprüche: Hoffnung und Verzweiflung liegen dicht beieinander.
Das zeigt sich zuerst im kommerziellen Fernsehen, das nach wie vor als Medium Nummer 1
den Mainstream bedienen wird: Noch mehr Reality-Trash trifft auf noch mehr Luxury-Trash.
Protz und Proll. Dazwischen gibt es nichts. Die Neureichen füttern uns mit ihrer Mediengeilheit, die Ausgemusterten werden Futter für Billigproduktionen. Qualität hat ausgedient.
Kein Ruhm für Normalität. Daran verzweifelt die Intelligenz und die stets kleiner werdende
Mittelschicht, die den letzten Resten der Bildung nachweint. Nur in diesen Kreisen ist
Reich-Ranitzki noch ein Held, überall sonst war er schon immer bloß eine Schießbudenfigur. Hoffnung baut sich bei denen auf, die sich ihre 15 Minuten Ruhm abholen wollen. Weitere Formate mit Emporkömmlingen aus den Talentbereichen »Gut aussehen«, »Gar nicht
mal so schlecht singen« und »Irgendeine Ausstrahlung haben« werden erfunden. Weitere
B-Promis werden ausgekramt und dürfen ihre Charakter- und Einfallslosigkeit vor laufenden Kameras auspacken. Mehr desselben statt neuer Medienkompetenz, die man sich
beim Internet abgucken könnte, es aber nach wie vor unterlässt.
Drittes Quartal
Parallel entsteht eine erstarkende Konsumkritik, die die Großen trotz Entfusionierungswelle und Rettungsmilliarden noch lahmer legen wird und die die Kleinen, sofern sie Nischen
finden, größer machen könnte. Billig funktioniert nur noch, wenn man wirklich am billigsten
ist. Das muss man allerdings erst einmal hinkriegen, denn wen wird man in den lauter,
aggressiver und intelligenter werdenden Drittländern noch an die Kette legen können?
Die Piraten aus Somalia weisen den Weg. Die eine Seite der Konsumkritik wird sich aufs
nackte Überleben fokussieren: selber machen, weil billiger. Das geht mit Internet, Kontaktbörsen, Verticken, Tauschen, Sammeln, Basteln. Der anderen Seite geht es ums Prinzip:
selber machen, weil kontrollierbarer. Essen, Möbel, Farbanstrich – alles nur in feinstem Bio
und komplett umweltkorrekt. Auch deswegen, weil »slow« einfach dekadenter und damit
sexier ist als die Hektik der Verzweifelten. Nur: Leisten können muss man sich das!
Viertes Quartal
Als Zwillingsphänomen zur Millennium-Katastrophe läutet das letzte Nuller-Jahr des ersten
Jahrzehnts die Resümeeflut ein. Was bisher geschah: 9/11, TEURO, Irak, Bush, deutscher
Papst, erste Kanzlerin, Web 2.0, Piraten, Georgien, The Palm Jumeirah, Tsunamis und Katrina. Wie es weitergeht? Herr, Obama Dich unser! Der erste afroamerikanische Präsident
der freien Welt wird als Universal-Retter-Maskottchen für alles eingesetzt, was man so
retten kann und könnte. Und als Sahnetupfer entpuppen sich dann endlich die schönen
2010er Jahre als das eigentliche Millennium. Bis dahin: gute Nerven für 2009! (ve)
Alle Bilder sind Eigentum der SMS Guru GmbH
Rechte Seite: Free Artwork by Stephan Hilpert:
»Information Overload«
Patentrezepte
9
für gelungene
Werbung
und warum sie
nichts bringen.
Rezepte haben den Sinn, eine einmal hergestellte Qualität reproduzieren zu
können. Patentrezepte suggerieren eine immerwährende Qualität unabhängig
von Verfahren, Zutaten und Zubereitungszeit. Im Dschungel der Unternehmensund Markenkommunikation machen gerade in wirtschalich schwierigen Zeiten
Patentrezepte die Runde. »n-coding« räumt auf mit Vorurteilen, Halbwahrheiten
und Masterplänen, die niemanden glücklich und schon gar nicht erfolgreicher
machen.
Wir sind wie Audi, Mercedes und BMW
Falsch. Die Tatsache, dass Menschen sich mit Automarken identifizieren, verleitet Kontakter von Agenturen dazu, Vergleiche mit hochwertigen Autoherstellern heranzuziehen. Ja, die Erfolgsgeschichten
der Prestigemarken sind durchaus beeindruckend. Häufig hinkt der Vergleich jedoch, weil man in einer
komplett anderen Branche agiert, weil man nicht die Finanzmittel zur Verfügung hat, weil man andere
Planungszeiträume für Produktzyklen vorfindet.
Richtig. Vorsicht bei Auto-Schmeicheleien! Auto-Vergleiche dienen der Einschätzung einer Positionierung. Diese muss ehrlich erfolgen, um die Chancen für die eigene Marke sauber herauszuarbeiten. Wenn
»Honda« dabei herauskommt, ist das kein Drama, sondern eine Aufgabe.
Die AIDA Formel
Billigstockfotos tun es auch
Falsch. Die immer wieder gern genommene Formel steht für Attention Interest Desire Action
und beschreibt ein vermeintlich zielführendes Werbewirkungsprinzip, bei dem der Kunde in
4 Stufen zum Kauf animiert werden soll. Das Modell geht davon aus, dass die werbliche Kommunikation
eine Einbahnstraße ist. Der AIDA-Kunde funktioniert wie ein Pawlowscher Hund mit konditionierbaren
Reflexen.
Falsch. In Zeiten allgemeiner Kostensenkung, greifen Unternehmen wie auch Agenturen immer häufiger zum Foto von Discountanbietern. Gesucht wird ein schönes Motiv mit einer positiven Ausstrahlung.
Kostenpunkt: 10 Euro. Lizenzverpflichtungen: Keine. Was gut klingt, wird auf lange Sicht zum visuellen
Einheitsbrei. Austauschbare Motive, die in der Aneinanderreihung nicht miteinander korrespondieren und
die gewünschte Kommunikation lahmlegen.
Richtig. Das Traumschiff sinkt. Denn es unterschätzt die Marketingkompetenz moderner Konsumenten.
In Zeiten von Konsumkritik und Web 2.0 geht es darum, den Kunden in die Kommunikation einzubeziehen
und die Glaubwürdigkeit der Marke zu stärken. Wie das im Einzelnen geschieht, ist bis heute in keiner
Formel festgehalten und kommt auf die individuellen Anforderungen der Produkte und Leistungen an.
Richtig. Je mehr Fotoangebote im Billigstock erscheinen, desto schwieriger wird die Suche nach dem
richtigen Motiv. Wenn schon Stockfotos eingesetzt werden, dann ist es unabdingbar, dass ein Bildredakteur das vorhandene Fotomaterial sichtet, auswertet und für den Einsatzzweck testet. Dass das Geld
kosten muss, leuchtet auch einem Controller ein. In vielen Fällen ist es daher eine Überlegung wert, ob
man nicht von vornherein mit einem Fotokonzept und einer eigens entwickelten Bildsprache sehr viel
weiter kommt.
Ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte
Falsch. Diese Redensart stellt einen unsinnigen Widerspruch zwischen Text und Bild her. Es ist richtig,
dass ein Bild unmittelbare Emotionen auslöst. Zugleich kann ein falsch eingesetztes Bild eine komplette
Kampagne zunichte machen. Schlechte technische Qualität, unpassende Bildauswahl, falsche Bildsprache – all das beeinflusst das »vielsagende« Motiv.
Richtig. Optimalerweise greifen Bild und Text ineinander und unterstützen sich. Zuweilen ist der Text
sogar führend. Welches Element in welcher Gewichtung zum Tragen kommt, entscheidet das Konzept.
Das lässt sich allerdings nicht so leicht aus dem Ärmel schütteln wie ein hübsches Bildchen, weswegen
der Spruch bei manchen Agenturen stets Hochkonjunktur hat.
Sex sells
Falsch. Die Annahme, dass insbesondere der Mann triebgesteuert ist und sich durch schlichte Reize
zum Kauf verleiten lässt, ist stark verbreitet. Deswegen findet man immer wieder Motive mit leicht bis
kaum bekleideten Blondinen, die Produkte zieren, deren Zusammenhang zur Sexualität nur abstrakt herzuleiten ist. Sex sold!
Richtig. Heutzutage werden sexuelle Reize inflationär benutzt. Von der 0900er Werbung, über strippende
Quiz-Night-Moderatorinnen bis zum erotischen TV-Programmzeitschrientitel ist Sex so gegenwärtig,
dass er als Reiz nahezu funktionslos geworden ist. Ein Unternehmen sollte sich überlegen wie sinnvoll es
ist, sich einer Wirkung zu bedienen, die nur noch Spuren von Zielgruppen erfasst. Dabei geht es weniger
um Prüderie als vielmehr um Ermüdung.
Buzz, Viral und Guerilla Marketing als Erfolgsbringer
Integrierte Kommunikation
Falsch. Das Zusammenführen von Print, Event, Direct Marketing, Web und anderen Werbeformen zur
»integrierten Kommunikation« klingt nach einer durchdachten Idee und einem erstrebenswerten Ziel.
Allerdings suggeriert das Zauberwort auch, dass ein Kommunikationskonzept mit einer Idee auskommt,
die man dann lediglich auf diverse Templates übertragen muss – und fertig ist die integrierte Kommunikation. Kostengünstig und schnell.
Richtig. Finger weg von integrierter Kommunikation als kostensenkende Sparmaßnahme. Ernst gemeinte integrierte Kommunikation bedarf einer differenzierten Betrachtungsweise hinsichtlich der Kontaktsituation mit dem jeweiligen Medium. Das bedeutet: Eine Print-Kampagne muss im Internet anders
aufgegriffen und vertie werden als am POS oder im Briefkasten.
Kinder und Tiere
Falsch. Der Niedlichkeitsfaktor, den Kinder und Tiere mitbringen, führt immer wieder dazu, dass Kreative
sich dazu verleiten lassen, sie als Werbeträger anzubieten. Es ist richtig, dass Werbespots mit Tieren
allgemein gut ankommen, aber sind sie zielführend und bringen die Kunden das witzige Tier mit dem
Produkt in Verbindung?
Richtig. Kinder und Tiere sind auch nur Menschen. Der Kontext entscheidet, wann ein Kind oder Tier
seinen Auritt bekommt. Niedlichkeit kann in Infantilität und Albernheit umschlagen. Zudem muss man
sich ansehen, auf welche Zielgruppen das Motiv überhaupt wirken soll. In den meisten Fällen ist deshalb
zu überlegen, ob nicht andere Strategien tragender sind.
Falsch. Diese subversiven Marketingtechniken wollen das Pferd von hinten aufzäumen. Buzz Marketing
basiert auf der persönlichen Empfehlung im Sinne von gesteuerter Mundpropaganda über selektierte
»Buzz Agents«, die ihre Freundeskreise für ein Produkt begeistern sollen. Viral Marketing will über Videoplattformen wie »Youtube« eine virenartige Ausbreitung von Werbebotschaen erreichen. Guerilla Marketing will in Zielgruppenzonen vorstoßen, die der Marke sonst vorenthalten bleiben. Manche Agenturen
empfehlen diese Werbeformen, um eine gewisse Hipness zu verkaufen.
Falsch. Das vielleicht größte Missverständnis im Marketing-Mythos. In dem Maße wie sich Bilder des
Guten, Schönen und Positiven in der Werbung häufen, werden die Produkte am Ende ununterscheidbar.
»Emotional sein« ist zu einem Dogma geworden, das es verbietet, etwas anderes zu zeigen als grinsende
Menschen, die paralysiert durch eine Welt aus Zuckerprodukten schweben.
Richtig. Don’t believe the Hype! Glaubwürdigkeit kann man nicht kaufen. Man muss sie sich erarbeiten. Eine persönliche Empfehlung durch einen Buzz Agent ist daher wenig wertvoll, denn die Motivation
basiert nicht auf ehrlicher Begeisterung, sondern auf der Entlohnung für die Empfehlungen. Fast noch
wichtiger: Welche Produkte kommen für diese Werbeformen überhaupt in Frage. Zitronenpresse, Feuerlöscher, Pflegeversicherung? Entscheiden Sie selbst!
Richtig. Werbung muss einen positiven Ausblick bieten auf das, was man von dem Produkt erwarten
kann. Die Eingangsfrage kann dabei durchaus etwas Negatives beschreiben. Ein gutes Beispiel ist der
Hornbach-Werbespot mit dem Mann, der von seinem alten, hässlichen Badezimmer verfolgt wird. »Mach
es fertig, bevor es Dich fertig macht!« Ein negatives Bild, das viele Männer bei einer realen Emotion abholt.
Die Marke überfrachtet sich nicht und wirkt am Ende glaubwürdig und erreichbar. (ve)
Werbung muss positiv und emotional sein
Schilderwald Seite 5
Update für den Schilderwald
Immer mehr Schilder fallen dem Bürokratieabbau zum Opfer. Platz für Neues. Wir haben uns Gedanken
gemacht und herausgekommen ist ein Potpourri an bunten Schildern, die die Straßen nicht nur schöner,
sondern auch lebendiger gestalten. (de)
Stop in the name of love
Gays crossing
Anhalten passt nicht mehr in den
auch: Cruisingschild. Schützens-
Multitasking-Schild
Das uneingeschränkte Haltverbot
Fluss der Zeit. Es sei denn, man
werten Randgruppen weist dieses
Wer beim Autofahren das Make-Up
Ein Klassiker, der durch ein winziges Ergänzungs-
hat einen triftigen Grund. Kann es
Schild den Weg in schützenswerte
auffrischen, eine rauchen, Notizen
schildchen seine volle Sprengkraft entfaltet. Ganz
einen schöneren Anlass geben, aufs
Randzonen.
machen, telefonieren, simsen und
einfach, auch zum Selbermachen!
Bremspedal zu treten als die Liebe?
Poesiealben durchblättern kann, für
den ist eine Verkehrssituation wie
diese ein Klacks. Nichts für Anfänger!
Subkulturschild
Supereffizient! In das braune
Eingebaute Vorfahrt
Sightseeing-Schild zwei Löcher
Gab’s schon immer. Jetzt ist sie
stanzen und die regionstypische
offiziell! Ein Must-Have, das gerade
Off-Kultur preisen!
in der Autokrise unverzichtbar ist.
STOP
Von zwölf bis Mittag, von 1400 bis 1405 Uhr,
von Viertel-Vor-Dings bis Viertel-nachBums, von Fünf-Vor-Zwölf bis der kleine
Zeiger auf der 6 ist… Ach, suchen Sie
sich doch einfach irgendwas aus!
Lüneburger Heide
Seite 6 World Wide Weg
DIE JA-SAGER
Herzlichen Dank an die Probanden, die bereit waren sich dem Wagnis auszusetzen. Sie erhielten einen
Fragebogen, den sie uns nach Abschluss der Aktion zusenden sollten. Auszugsweise drucken wir
Fragen und Antworten ab.
EINE WOCHE OHNE HANDY
UND INTERNET. EIN FELD
VERSUCH UNTER FREUNDEN.
Für diese Ausgabe von »filter NC«
starteten wir unter unseren Freunden und Bekannten einen Feldversuch und baten sie, eine Woche
ohne Handy und Internet auszukommen.
Die ersten Absagen spiegelten
unsere Erwartungen in vollem
Umfang wider. Doch dann bekamen wir vier Zusagen für das
Experiment! Zwei wollten Geld.
Zwei wollten es für Ruhm und
Ehre tun.
Wir wählten letztere aus
und das Experiment konnte
beginnen.
Jetzt stehen sich Ja- und
Nein-Sager
gegenüber.
Machen Sie sich Ihr eigenes Bild. Vielleicht wird
»Offline« für Sie eine zukunsweisende Strategie. (st)
Proband 01 – Name: Maria M. / Geschlecht: weiblich / Alter: 39 Jahre / Beruf: Lehrerin
01) Wofür nutzt du üblicherweise Internet und Handy? Internet: Kontakt mit Freunden; ebay; Bücher, einkaufen; Unterrichtsvorbereitung; Einsatz im Unterricht (Schülerrecherchen zu U-Themen); Informationen einholen
(Theater, Bahn, …) / Handy: hauptsächlich SMS
04) Warum möchtest du bei unserem Experiment mitmachen? Was versprichst du dir davon? Ich möchte
herausf., ob ich diese Medien tatsächlich brauche oder ob ich darauf verz. kann. (›Früher‹ ging es ja auch ohne.)
06) Hast du eine Strategie? Wie bereitest du dich auf den Feldversuch vor? Nein. Keine bes. Vorbereitung,
außer der Information an eine Freundin, die zurzeit auf einer Weltreise ist und die ich anders nicht erreichen kann.
12) Was war die letzte Website, die du aufgerufen hast? Und wie lange hast du am letzten Tag vor dem
Feldversuch im Internet gesur? Mein Postfach.
17) Welche Internetseite vermisst du am meisten? Mit welcher Person aus deinem Handy-Adressbuch
würdest du jetzt gerne kommunizieren? Mein Postfach
18) Erhältst du Anrufe (auf dem FN) von Freunden/Bekannten, die sich nach dir erkundigen? Was fragen sie
dich? Persönlich fragen einige (aus dem Freundes- / Kollegenkreis); danach haben sich einige per sms / Internet erkundigt,
warum ich das mache (vielleicht als Fastenzeit?).
21) Schaust du jetzt öer Fernsehen? Wenn ja, wie lange/o? Nein.
22) Nach welcher Zeitspanne hast du bei dir Verhaltensänderungen in der Kommunikation festgestellt? Zugauskun persönlich am Bahnschalter eingeholt, nicht per Internet.
24) Hast du dich wirklich an das Verbot gehalten? Konntest du die Woche spielend ohne Handy und Internet
überleben? Ja.
25) Wann ist dir die Abstinenz am schwersten gefallen? Wenn ich Informationen brauchte.
30) Wie haben deine Mitmenschen auf deine Handy-/Internetabstinenz reagiert? Hast du ernsthae Probleme
mit einigen von ihnen bekommen? Keine ernsthaen Probleme, die meisten fanden das interessant.
31) Was war das Erste, das du nach dem überstandenem Feldversuch gemacht hast? Das Handy angestellt.
32) Würdest du es wieder tun? Nein.
Proband 02 – Name: Stefan H. / Geschlecht: männlich / Alter: 22 / Beruf: Vermessungstechniker (in Ausbildung)
01) Wofür nutzt du üblicherweise Internet und Handy? Internet: E-Mails / Foren, um sich z.B. über Produkte vor dem Kauf
oder über Anwendungstipps zu informieren … / Chats und Plattformen: studi- und schülervz, facebook, ICQ / Veranstaltungsinform.
sammeln … / sonstige: wikipedia, ebay, Preisvergleichsseiten / … dienstlich … / Onlineradios …
04) Warum möchtest du bei unserem Experiment mitmachen? Was versprichst du dir davon? Einfach mal ausprobieren
und schauen, ob es wirklich so schlimm ist, eine Woche darauf zu verzichten. (›Früher ging’s ja auch ohne‹)
06) Hast du eine Strategie? Wie bereitest du dich auf den Feldversuch vor? Leute, von denen ich vermute, das sie versuchen
werden, mich zu erreichen, bescheid geben. … / die wichtigsten Festnetznummern (20 Stück) dieser Personen tabellarisch auf ein Blatt
Papier schreiben / … / kurz vor Beginn noch eben E-Mails und Einträge im studi- und schülervz abchecken und alles was mir bis dahin
noch wichtiges einfällt
12) Was war die letzte Website, die du aufgerufen hast? Und wie lange hast du am letzten Tag vor dem Feldversuch im
Internet gesur? letzte Seite: studivz / (Dauer: nur 5 Minuten, da jemand anderes grad am PC war) / Dauer am Letzten Tag insgesamt:
ca. 30 Minuten inklusive der oben genannten 5 Minuten / Ich habe die in 06) genannten Vorbereitungen bereits am vorletzten Abend
in aller Ruhe getroffen und dafür ca. 2 Stunden gebraucht.
17) Welche Internetseite vermisst du am meisten? Mit welcher Person aus deinem Handy-Adressbuch würdest du jetzt
gerne kommunizieren? Internetseite: studivz / Person: Am Freitag: eine Person, die ich auf Festnetz nicht erreicht habe. Ansonsten habe
ich ja alle wichtigen Festnetznummern - jedoch insgesamt kaum genutzt.
18) Erhältst du Anrufe (auf dem FN) von Freunden/Bekannten, die sich nach dir erkundigen? Was fragen sie dich? Nein.
21) Schaust du jetzt öer Fernsehen? Wenn ja, wie lange/o? Nein. Bis zum Ende hatte ich meine Fernsehgewohnheiten nicht verändert. Jedoch habe ich am PC Dinge getan, die nichts mit dem Internet zu tun haben und schon einige Zeit ›liegen geblieben‹ sind. Zeitlich
gesehen dauerte dieses aber kaum länger.
22) Nach welcher Zeitspanne hast du bei dir Verhaltensänderungen in der Kommunikation festgestellt? n. 2 Tagen (Ich wollte
einer nahestehenden Person per SMS bescheidgeben, das diese mich schon 1,5 Stunden eher besuchen kommen könnte, da in der Schule 2
Stunden ausgefallen waren, aber ich ›dure‹ ja nicht. Stattdessen habe ich eine kurze Radtour durch die Schneelandscha gemacht …)
24) Hast du dich wirklich an das Verbot gehalten? Konntest du die Woche spielend ohne Handy und Internet überleben? Überleben: sowieso. / Einmal habe ich aus Versehen zu einem Arbeitskollegen auf den Bildschirm rübergeschaut, der gerade eine Website zeigte. Ich
habe schnell weggesehen (es ging nicht um eine rein arbeitstechnische Sache).
25) Wann ist dir die Abstinenz am schwersten gefallen? Am Wochenende Abends, aber nicht dramatisch. Es war handlebar, da ich das
Handy zuhause ›vergessen‹ habe....
30) Wie haben deine Mitmenschen auf deine Handy-/Internetabstinenz reagiert? Hast du ernsthae Probleme mit einigen von
ihnen bekommen? Ernsthae Probleme nicht, jedoch: Meine Fahrgemeinscha hat sich gewundert, warum ich nicht auf die SMS geantwortet
habe, die sie geschrieben hat, weil ich zuvor vergessen habe, diese Person vorher zu informieren. / Die nahe stehende Person, der ich am 2. Tag nicht
schreiben ›dure‹, meinte, ich solle zu dieser Frage schreiben, das sie säuerlich reagiert hat. ;-) Ich vertrete diese Meinung aber auch …
31) Was war das Erste, das du nach dem überstandenem Feldversuch gemacht hast? Ich habe um kurz nach Mitternacht … das Handy
eingeschaltet und weniger SMS erhalten, als ich gedacht habe. (nur die SMS der letzten 3 Tage werden gespeichert, wenn das Handy ganz aus ist)
32) Würdest du es wieder tun? Ja, wenn es dienstlich im Rahmen liegt. Privat aber auf jeden Fall.
World Wide Weg Seite 7
DIE NEIN-SAGER
Diejenigen, die sich gegen die Teilnahme an unserem Experiment entschieden hatten, sollten eine kurze Begründung abgeben.
Sie konnten dazu den folgenden vorgegebenen Satzanfang nutzen: Ich mache bei der Aktion »1 Woche ohne Handy und Internet« nicht mit, weil...
Claudia H. – Produktdesignerin
Walter G. – Steuerberater
Jörg B. – Systemadministrator
René Z. – Student
»… nicht mit, weil es ein Mehraufwand an
Zeit wäre, z. B. Faxe zu schreiben, auszudrucken, zu faxen...auf den ich keine Lust
habe. Übrigens war ich die letzen 10 Tage
sehr glücklich Handyfrei im Urlaub, zwar
eher ungewollt weil es ›kein Netz‹ anzeigte,
und in Wirklichkeit hin war. Ich bin da kein
Junky, auch Internetmässig nicht, kann dabei aber euren Ansatz gut verstehen.«
»… das ist aber mutig, dass Sie den Versuch starten, mich Handy und Internetfrei
zu machen. … Aber Internet und vor allem
e-mail, das geht gar nicht. Ich glaube, das
brauche ich gar nicht erst zu versuchen.
Es wäre mein Untergang. Oder nicht? Ne,
den Stress will ich mir gar nicht antun, hinterher allen Mandanten zu begründen, warum ich im kommunikationstechnischen
Nirvana gelandet bin. …«
»Handy wäre mir egal. Wenn ich keine Lust
habe, den Akku zu laden, liegt das auch
mal eine Woche lang ausgeschaltet rum.
ABER wenn ich eine Woche lang kein Internet benutzen kann, kann ich meine Arbeit
nicht machen. Chatten könnte ich abschalten, aber ich muss für mein Unternehmen
E-Mails beantworten. Ich muss mich für
ein ganzes Institut über Sicherheitslücken
in Soware informieren und ggf. Patches
runterladen und einspielen. Das Netz
selbst generiert am laufenden Band
Probleme, für deren Lösung ich das
Netz brauche. Mein Gott, ich bin verloren!
Vielleicht habe ich Glück und einen Autounfall, so dass ich im Krankenhaus liegen
muss. Zählt es, wenn meine Biometrie über
das Netz an die Stationsschwester übertragen wird?«
»Da ich keinen Festnetzanschluss habe,
bliebe zur Kommunikation ›nur‹ die direkte mit Menschen. Hier frag ich
mich selbst, warum das so schwierig sein soll. Nun ja, die meisten meiner Bekannten und Freunde (abgesehen
von meiner Freundin) sehe ich nach einer Absprache über Telefon oder Internet.
Annette F. – Bestatterin
»… nicht mit, weil ich mich beruflich als Bestatterin dem Rund-um-die-Uhr-Wahnsinn
nicht entziehen kann, ohne ernsthae
Probleme zu bekommen… so ist das. Traurig, aber wahr. Doch die Aktion finde ich gut
und bin auf das Ergebnis gespannt …«
Andrea E. – Backoffice/Organisation
»… Aber ganz ehrlich ein Feldversuch über
das Leben ohne Handy und Internet!? NIEMALS! … Wie bitte soll ich meinen Arbeitstag ohne mein Mailprogramm sinnvoll gestalten? Schließlich erfahre ich doch was
meine Tagesaufgaben sind und was es zum
Mittag in der Kantine gibt. Warum über den
Gang gehen und mit meinen Kollegen kommunizieren, man kann sich doch auch ganz
bequem per Mail oder Chat austauschen. …
Ein Leben ohne StudiVz, Facebook oder My
Space? Unmöglich! Dort habe ich alle meine Freunde!!! Alle aufgelistet in einer lange
Liste! … Noch schlimmer ist nur noch...
ein Leben ohne mein Handy. … Es ist mein
zweites Hirn. Es kann so viel: sich hunderte
von Nummern merken, mich am Morgen
wecken, süße kleine Nachrichten verschicken und empfangen, die Welt mit seiner
Kamera festhalten … Außerdem leuchtet es
mich immer so schön an, wenn ich angerufen werde. Und ich freue mich, dass jemand
an mich denkt. … Ich werde mich einsam
fühlen, keine netten Nachrichten, keine
Verabredungen (ich bezweifle, dass man
eine Verabredung mittels Briefwechsels innerhalb einer Woche schafft!). Ich will gar
nicht weiter denken... NIEMALS! Nicht
mit mir!«
Andrea B. – Leitg. Altenpflegeheim
»… nicht mit, da ich beruflich nicht auf EMails verzichten kann und auch in Notfällen für meine Kollegen auf meinem Handy
erreichbar sein muss. Zudem ist es privat o die einzige Möglichkeit, kurze Absprachen mit Sohn Felix zu treffen, da wir
uns an manchen Tagen erst abends sehen.
Da ist es wichtig, eben zu klären, wie es ist
mit Essen, Hunderunde und und und. …«
Marlene R. – Angestellte
»… nicht mit, weil meine Arbeit aus Mailen,
Internetrecherche und der Pflege einer Onlinepraktikumsbörse besteht ... Ich könnte
also nur mitmachen, wenn ich meinem
Chef eine Arbeitsverweigerung ankündige – davon wäre er sicherlich nicht sehr
begeistert ;-) Handy wäre absolut kein Problem, aber das Internet ist ein absolutes
Essential für mich, um zu arbeiten …«
Anika V. – Doktorandin der Physik
»Also, nee, ich kann das auch nicht! Alle
Physiker-Kooperationspartnerorganisation
läu über emails, Vortragsankündigungen
und Bestellungen auch. Datenblätter von
Bauteilen,
Bedienungsanleitungen
von Geräten, Treiber für Computergesteuerte Geräte, alles aus dem Internet. Aufs Handy verzichten ginge allerdings, glaube ich. …«
Yvonne A. – Creative Director
»… nicht mit, weil........O-Ton Jörg: da kann
ich meine Firma zumachen ;-) Also Du
siehst, ich kann nicht ohne...also zumindest Internet...Woher bekomm ich dann
meine Bilder, E-Mails, Freigaben, Korrekturwünsnsche der Kunden...und und und.
Du weißt ja selber, Internet ist unser täglich Brot...aber trotzdem viel Spaß beim
Selbstversuch...will mal sehn, wie lange Du
das durchhältst :-) hahahaha. ...«
Spontanbesuche gibt es so gut wie nie,
so traurig das auch ist. Als Kind dagegen
bin ich o einfach so losgefahren und hab
bei Freunden geklingelt.
Heute bekäme ich dafür wohl wenig Verständnis oder würde einfach niemanden
antreffen.«
Elli N. – Studentin
»… nicht mit, weil ich als lieber stduent
auf diese kommunikationsmittel angeweisen bin (skripte laden, mail als
hauptkommunikationsmittel der profs
usw.). wenn du magst kannst du mir
den bogen trotzdem shcicken falls mein
beispiel mit reinpasst. ich hab anfang
september sone woche gehabt (ok, allerdings mit handy, da festnetz u inet
noch nich ging als ich meine bude bezogen hab). war shcon ne entspannte zeit ;)
liebe grüße und viel erfolg bei eurer ›studie‹
…«
Antwort auf Elli N.
Sabine K. – Schulleiterin
Carolin K. – Studentin
»… leider kann ich an dem Feldversuch nicht
mitwirken – insbesondere nicht geschälich. Da wäre ich dann töter als tot. Privat
vielleicht. Auf TV und dergleichen kann ich
ja leicht verzichten. Aber geschälich geht
halt gar nicht. Also - dies die Rückmeldung.
Aber die ist ja vielleicht auch so gewollt …«
»… nicht mit, weil ich Studentin bin und
im heutigen Zeitalter sowohl Internet als
auch Handy für mich nicht mehr wegzudenken sind. Ich bin auf jeden Fall für
das Projekt und würde es gern mitmachen.
Da beides aber nun mittlerweile sowas wie
lebensnotwendig ist, muss ich leider ablehnen. …«
Elisabeth D. – Museumsdirektorin
»… nicht mit, weil ich zur Ausübung meines
Berufes diese Medien dringend benötige.
Sie sind für mich unabdingbar. Ich muss
für meine Mitarbeiter und die Verwaltung
erreichbar bleiben. … Sie ersparen mir
einen nicht unerheblichen Prozentsatz der tariflich vereinbarten Präsenspflicht! … auch in meiner Freizeit sehr
wichtig für mich, da ich für meine Kinder
erreichbar sein möchte …«
Ute C. – Kulturmanagerin
»… das ist eine gute Aktion, aber ich kann
leider nicht mitmachen, selbst wenn ich
diesen Zustand ohne Internet und
Mobiltelefon zu gerne erleben wollte
… das kann ich mir nicht leisten …«
Viola L. – Studentin
»… nicht mit, weil ich derzeit aufs Internet wegen einer Ausstellungseröffnung angewiesen bin. Ich kann aber
aus meinem letzten Jahr schöpfen, wo ich
3 Monate in Andalusien ohne Handy, Internet und TV ausgekommen bin, falls das
auch geht! …«
Norbert G. – Projektmanager
»… sehr geile Aktion, bin gespannt ob ihr da
jemanden findet und ich bin gespannt auf
die Berichte im neuem Filter. … Ich mache
nicht mit, weil ich dann sicher sterben
würde oder auf eine einsame Insel auswandern müsste. Andererseits könnte ich
mir dies nicht leisten da durch diese Abnabelung circa 90% meines Handlungsspielraumes betroffen wäre und ich verhungern
müsste. Außer ich halte meinen Kundenkontakt per Rauchzeichen :o) …«
Frank V. – Vertreter
»Liebe E., an Deiner Schreibweise erkennt
man schon stark die möglichen Folgen
einer zu starken Nutzung dieses Kommunikationsmittels!!!
Die Zitate wurden von uns nur hinsichtlich grober
Tippfehler korrigiert (außer bei Elli N.) und sind ansonsten in der unveränderten Originalschreibweise
erhalten geblieben.
Fusion Seite 9
DIE KLATSCHTANTE
Name Sabine Gerdau
Alter Jetzt mal nicht so indiskret!
DU HAST DIE MACHT – EI
FÜR IMMER.
Wähle Deinen Abschussk
bis zum 28. Februar an die
Mein Job Betriebsinterner Nachrichten-Dienst (BND)
Best Buddy Mein Kuschelbär – hört immer zu und hält absolut dicht
(man kann sich ja heute auf niemanden mehr verlassen)
Meine Faves Arztbesuche (die neuesten Infos gratis!), Doku-Soaps
(Nicht zu fassen, was die Leute in Küche, Garten und Kindererziehung
alles anstellen. Und ham die etwa Schulden?)
Absolutes No-Go Wenn mir im Urlaub jemand die letzte »BamS«
vor der Nase wegschnappt
Ich hab’ beef* mit meiner Nachbarin. Nur weil ich sie neulich
gefragt habe, wer denn auf dem Weihnachtsmarkt die gut
aussehende Blondine an der Seite ihres Mannes war. Phhh!
Ich muss bleiben, weil in der Informationsgesellschaft
schließlich einer die anderen auf dem Laufenden halten
muss!
DER NERD
DER SNOB
Name Volker Elsen
Name Stephan Hilpert
Alter Auf gar keinen Fall älter als 44
Mein Job CEO and Head of n-coding, Senior Junior Creative Director and Acquired
Wording Consultant
Best Buddies Charles Montgomery Burns (»The Simpsons«), Meryl Streep als Miranda
in »Der Teufel trägt Prada«, Oscar Wilde (»Was interessiert mich mein Geschwätz von
Gestern?«) und Rolfe (Germany’s Next Top Model by Heidi Klum)
Meine Faves Südfranzösische Trüffelbutter mit Fleur de Sel auf einer schönen
frischen lauwarmen locker ausgebackenen Ciabatta. Ganz, ganz toll, allerdings
sollte man unbedingt darauf achten, dass die Kruste nicht zu dunkel wird –
einfach wegen dieser schrecklich unangenehmen Röstaromen!!
Absolutes No-Go PUR und wie diese ganzen anderen Hardrockbands alle
heißen; Vin Diesel (so ein talentierter Bursche in so schlimmen Rollen
– eine Vergeudung!)
Ich hab’ beef* mit hispanoider Geräuschbelästigung à la »Vaya con Dios«
(insbesondere dem Hit: »Ne, na, na, na«) und QuarkXPress.
Ich muss bleiben, weil die Agentur ohne mich in einer desaströsen Verfassung wäre.
Alter Vierundzwanzig (Licht
Mein Job Visualisieren von manchmal mehr, manchmal w
Gedankengängen des Raum-Zeit-Kontinuums in Warp 9-G
Best Buddies C-3PO, James Tiberius Kirk (in jungen Jahr
Meine Faves Sternegucken, Sternnudelsuppe essen, auf
kator schlagen, sobald ich ein elektronisches Fiepsen höre
Absolutes No-Go Slow Motion, Gamepads ohne Force Fe
Lichtschwertimitate, Pizza the Hutt (aus dem Film »Spaceb
Ich hab’ beef* mit A.L.F. (es gibt gar keine lustigen Auße
Superman (weil er ein extraterrestrisches Weichei ist), E.T
Wesen weder süß noch furchteinflößend ist, und eines vo
einfach sein)
Ich muss bleiben, weil ich in dieser Holodecksimulation
wahrscheinlich die einzig real existierende Materie bin. D
bezüglich Bildbewegungen im Hyperspace unschlagbar un
anderer hier!
INER MUSS RAUS. FRISTLOS,
kandidaten und sende Deine E-Mail mit dem Kandidaten-Code
ese E-Mail-Adresse: [email protected]
DAS BIEST
Name Comtesse Sandra de Koberstein
Alter Alt genug, um mit jedem fertig zu werden
Mein Job VIP
DAS MAUERBLÜMCHEN
Name Daniela Elflein
Best Buddies Naomi Campbell, Joan Collins, Désirée
Nick, Cleopatra, Fräulein Rottenmeier
Alter 28 zarte Lenze
Meine Faves Mein vormittäglicher Prosecco, Froschschenkel, Hummer in kochendes Wasser werfen (gerne
auch Schnecken, die quietschen so schön), dem Schuhputzer »aus Versehen« aufs Fingerchen treten, »hi hi hi«
Mein Job Ausschließlich harmonische Dinge im »Goldenen Schnitt« gestalten
Best Buddy Meine Freundin Marie-Therese, die sich als einzige in meinem PoesieAlbum verewigen wollte
Meine Faves Die zartrosa Blümchen auf meinem Kleid zählen, kleine fluffige Tiere im
Streichelzoo füttern, ruhige Abende im Schaukelstuhl verbringen und Zierkissen besticken, Uhrmacher Heinrich, der mir neulich durchs Schaufenster heimlich zugezwinkert
hat (vielleicht spricht er mich beim Frühlingsfest ja einmal an)
Absolutes No-Go Meine erbärmlichen Kollegen und
jeder, der nicht mit mir kooperieren will
Absolutes No-Go Laute, ausgelassene Festivitäten zügelloser Menschen
(sog. Partys)
Ich muss bleiben, weil ich gar nicht darüber diskutiere,
ob ich bleiben DARF!
Ich hab’ beef* mit jedem in diesem Provinzkaff und
Schneewittchen.
Ich hab’ beef* mit Raubtieren, die kleine fluffige Tiere fressen
Ich muss bleiben, weil ich an der harten, kalten Realität außerhalb
der kuscheligen Agentur zerbrechen würde.
POWERED BY
DARUM GEHT’S:
DIESMAL DABEI:
Vergiss »Mein Restaurant« oder »Frauentausch«. »Gefeuert« ist die erste Doku-Show,
die wirklich Ernst macht. Eine echte Firma mit echten Angestellten und einem echten Chef.
Du bestimmst, wer bleiben darf. Du bestimmst, wer fliegt! Fristlos ohne Rückkehr und ohne
Chancen für die Zukunft. Dafür sorgen wir! Mach mit! Das Schicksal der Kandidaten liegt in
deinen Händen. Nur hier hast du die Chance: vernichte eine Existenz oder rette sie!
Diesmal: 6 Kandidaten von »n-coding Designlabor«, einer erfolgreichen Werbeagentur aus Paderborn.
Einer muss raus! Sende bis zum 28. Februar 2009 eine E-Mail mit dem Code und wenn du willst mit einer Begründung an:
[email protected]
DIE ULKNUDEL
Name Stephan Tyziak
Alter Da frag mal Graf Zahl!
Mein Job Senior Pixelschubser und Männchen für Alles
Best Buddies Helge Schneider, Dieter Nuhr, Stromberg
Meine Faves Zum Bleistift, Kennste den schon...?,
Wer andern‘ eine Grube gräbt, der braucht ein Grubengrabgerät (ein Klassiker!)
)Jahre
Absolutes No-Go Rote Ampeln, Verstopfung, der Titel
»Stop« von Jamelia, Klumpfüße und Türstopper
weniger verqueren
eschwindigkeit
Ich hab’ beef* mit Michael Mittermeier, Mario Barth,
Cindy aus Marzahn, Ingolf Lück, Bastian Pastewka, Nils
(das Ding aus dem Radio), Marco Rima, Oliver Pocher,
Mirja Boes, Bürger Lars Dietrich, Stefan Raab und sein
Elton, Dieter »Didi« Hallervorden, Cordula Stratmann,
Ralf Schmitz und Toastbrot
ren), H.G. Wells
meinen Kommunie
eedback, Sonnenlicht,
balls«)
Ich muss bleiben, weil ich das Ganze nicht persönlich
nehme oder als Wettkampf betrachte.
Ich denke, momentan steht’s 1: 0 für mich.
Ganz objektiv gesehen...
erirdischen!),
T. (da er als außerirdisches
n beiden muss ein Alien
von Arbeit und Kollegialität
es weiteren ist mein Wissen
nd das hat auch kein
* beef bedeutet in der aktuellen Jugendsprache
so viel wie: Stress, Streit, motzen
(sh/st)
Seite 18 Call Boy
Reisebericht Seite 13
Selbst, verständlich.
Claudia Hiepel ist im normalen Leben Produktdesignerin und gestaltet Oberflächen. Wenn der
Job gelaufen ist, kratzt sie daran. Ihre Miniaturbücher sind ein Dialog mit sich selbst und mit
engen Freunden. Ein Prozess um das Selbst verständlich zu machen. Die nur postkartengroßen
Büchlein enthalten Zeichnungen, Collagen, handgeschriebene Texte und Fundstücke. Sie dienen
Claudia Hiepel außerdem zur Vorbereitung ihrer
Kunst – große farbgewaltige Leinwände aus
Acryl und Mischtechniken, die sie von Zeit zu Zeit
ausstellt. Bleibt zu hoffen, dass auch die Bücher
ihren Weg in eine Galerie finden. Wir danken für
den intimen und exklusiven Einblick! (ve)
Seite 20 Maschinelle Produktion | fraubumte
Eigentlich fühle ich mich nicht »web 2.0« genug, um ein Zwillings-Blog wie »Riesenmaschine« und »Lesemaschine« hinreichend befriedigend rezensieren zu können.
Aber ich bin begeistert genug. Also los:
Regen Sie sich auch so gerne auf? Dann sind Sie hier richtig!
Unsere Alltagsquerulantin »fraubumte« hält Sie auf dem
Laufenden über Marginales, Widriges und Beklagenswertes.
HAUPTSÄCHLICH
NEBENSÄCHLICHES IN
DER RIESENMASCHINE
www.riesenmaschine.de
Die »Riesenmaschine« wird gespeist von multiplen Text- (weniger Bild-) Beiträgen
in so schönen Kategorien wie »Berlin«, »Alles wird schlechter«, »Fakten und Figuren«,
»Effekte und Syndrome«, »Supertiere« oder »Vermutungen über die Welt«. Fundstücke
und kultur- weil lebensrelevante Marginalien finden hier ihren Weg in das Rampenlicht.
Beiträge über Dinge, die man sonst nur im Vorbeigehen denkt und die hier ausgeweitet
werden – und genau deshalb so viel Spaß machen. Eine Kostprobe von Lars Weisbrod
über Playmobil: »Auf die Immobilienkrise folgt die Playmobilienkrise. Ein mittelmäßiges
Wortspiel, das sich aber angesichts der Neuheiten aus dem Playmobil-Katalog 2008/2009
kaum vermeiden lässt. ... eine Spielwelt Ägypten, schön und gut. Aber was denkt man
bei Playmobil, wer die Pyramiden gebaut hat? Lachende Sklaven?...« Oder Beiträge wie
die von Aleks Scholz über die Metamorphose der Medien: »Andere Medien sind ... deutlich schlechter als Radio. Das traditionelle Fenster zum Beispiel. Es beschlägt bei Nässe,
zeigt jeden Tag dasselbe Bild und ab und zu scheißen die Vögel drauf, alles Nachteile,
die das Radio elegant vermeidet. Die Welt vor dem Radio war darum klar schlechter
als die Welt nach dem Radio. Zum Beispiel auch deswegen, weil man, als es das Radio
noch nicht gab, auch nicht im Radio erfahren konnte, dass es in Wahrheit umgekehrt ist
und die Welt prinzipiell immer schlechter wird.« Besucher der »Riesenmaschine«
werden erleben, dass die kurzen Schnipsel erst in der Addition richtig schön werden. Je
mehr du liest, desto lustiger wirds. Ein Vorgang, den jeder kennt, der schon mal Alkohol
konsumiert hat.
LESEN UND
LESEN LASSEN DURCH
DIE LESEMASCHINE
www.lesemaschine.de
Da meine verfügbare Zeichenmenge jetzt rum ist, erwähne ich nur noch, dass die Schwesterseite »Lesemaschine« mindestens genauso unterhaltsam ist. Da werden Bücher
besprochen. Nicht unbedingt ganze Bücher. Manchmal nur das Vorwort, manchmal ein
paar Seiten. Niemals erfährt man den gesamten Plot, dafür aber eine hochgradig subjektive Meinung. Wie das genau funktioniert, muss man selber rausfinden. Es lohnt sich!
(ve)
Impressum
Herausgeber
Chefredakteur
Redaktion
Gastautoren
Verbreitung
n-coding Designlabor | Volker Elsen
Volker Elsen (ve)
Daniela Elflein (de), Sandra Koberstein (sk),
Sabine Gerdau (sg), Stephan Hilpert (sh),
Stephan Tyziak (st)
Beate Beckmann (bb), Matthias Zucker (mz)
1. Quartal 2009
Druck
Credits
Rechtl. Hinweise
Was habe ich mich aufgeregt. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, könnte ich
immer noch platzen...
Aber ruhig fraubumte, tief Luft holen und immer schön der Reihe nach:
Wie jeder weiß, hat das Internet immense Vorteile. Schnelles Kontakten,
schnell ins Geschäft kommen – und neuerdings auch schnelle Hormonbäder.
Im Internet gibt es eine Plattform, die Agenturen und Werbekunden
zusammenbringen will. Das Prinzip ist denkbar einfach: Eine Firma schreibt
einen Job aus und die Agentur bewirbt sich bei Interesse. Schnittstelle ist
die – ich nenne sie mal – »WAdV«. Kostenpunkt pro eingereichter Bewerbung:
120,00 EUR plus satter Umsatzbeteiligung.
Wie Sie ja alle wissen, ist »n-coding« eine Werbeagentur und als solche
waren wir mal Kunde der »WAdV«. Betonung liegt auf waren! Einige Zeit
hatte ich an der Zusammenarbeit nichts auszusetzen, bis folgendes geschah:
Wir bewarben uns um einen Corporate Design-Auftrag für einen großen
Mittelstandsbetrieb in OWL. Bewerbung eingereicht, Geld überwiesen,
warten! Soweit ok. Als sich nach einer längeren Frist immer noch nichts tat,
hakte ich freundlich nach. Man vertröstete mich. Weitere Zeit verstrich und
in meinem Memo erschien erneut »WAdV«. Diesmal erfuhr ich per Mail, dass
die Firma von einem amerikanischen Konzern übernommen wurde und dieser
die Werbung zentral steuert. Der Witz an der Sache war, dass diese nicht
ganz unerheblichen Infos der »WAdV« durchaus schon vor der Ausschreibung
bekannt waren. Ein Sachverhalt, der dem Werbevermittler allerdings nicht
wichtig genug zu sein schien, um ihn auch an die Agenturen weiterzutragen.
Wir hatten uns also unter falschen Voraussetzungen beworben und das
empfanden wir als unfair.
Als ich diesen – für jedermann nachvollziehbaren – Gedanken in einem
Telefonat mit dem Geschäftsführer Martin B. äußerte und ihn bat, uns die
Bewerbungsgebühr zurückzuerstatten, regte dieser sich mächtig auf. Ja,
Martin zog es sogar vor auszurasten, anstatt sich zu entschuldigen und eine
Lösung anzubieten! Und das mit gefühlten 130 dB: »Wie können Sie es wagen!
Das ist ja eine Unverschämtheit!« – »Moment! Ich komm da nicht ganz mit,
Herr B.! SIE haben doch die harten Fakten verschwiegen.« Martin: »Wenn
ich mir sowas anhören muss, dann werde ich Ihre Bewerbungen in Zukunft
einfach gar nicht mehr weiterleiten!«
Stopp! Im Klartext hieße das ja: Wir bewerben uns, werden zur Kasse gebeten
und unsere Unterlagen frisst der Reißwolf. Vertrauen adé! Entsprechend fand
das Gespräch sein jähes Ende. Martin blieb uneinsichtig und ließ nicht mit
sich reden und ich hatte ebenfalls die Schnauze gestrichen voll. Kurz darauf
bekam ich eine Mail, in der er mir vorwarf, ihn als
Betrüger dargestellt zu haben. Für mich steht »WAdV«
seither für »Wechselnde Adrenalinschübe durch
Vertriebsschwäche« und auch gar nicht mehr zur Debatte.
Sie haben Nachrichten für »fraubumte«? [email protected]
Industrie- und Werbedruck, Herford
Wir danken Maria M. und Stefan H. für die Teilnahme am World Wide Weg-Experiment und
Claudia Hiepel für das Leihen der Tagebücher
Alle Artworks und sonstige Fotos soweit nicht
anders angegeben: n-coding
Abdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher
Genehmigung von n-coding.
Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine Gewähr
übernommen. V.i.S.d.P.: Volker Elsen
Adresse
n-coding Designlabor
Schildern 15
33098 Paderborn
Tel.: 05251-184747
E-Mail: [email protected]
Internet: www.n-coding.com