ffh_gebiet_hahnenmoor
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FFH 52 Tipp Natura 2000-Gebiete im Landkreis Osnabrück Schaurig ist's übers Moor zu gehen ... TERRA.natura Tipp 1 FFH-Gebiet „Hahnenmoor, Hahlener Moor, Suddenmoor“ Natur- und Geopark TERRA.vita Nördlicher Teutoburger Wald, Wiehengebirge, Osnabrücker Land e.V. Scheidiges Wollgras (Eriophorum vaginatum) Der Natur- und Geopark TERRA.vita Lust auf Natur? Dann sind Sie hier genau richtig, denn Naturparke sind Landstriche von besonderer Eigenart und Schönheit. Im Vordergrund steht der umweltfreundliche sanfte Tourismus in Verbindung mit dem Erhalt des Naturraums und der Kulturlandschaft. 2 Die Broschürenserie TERRA.natura befasst sich mit den besonders wertvollen Schutzgebieten in unserer Region – den NATURA 2000-Gebieten. Im Landkreis Osnabrück liegen 28 dieser „europäischen Premiumschutzgebiete“. Ausgesuchte Bereiche werden in den TERRA.natura Tipps auf anschauliche und nachvollziehbare Weise vorgestellt. So bekommen Naturliebhaber und naturinteressierte Wanderer nicht nur Hintergrundinformationen zur Besonderheit dieser Gebiete, sondern auch gezielte Wandervorschläge. Geologische Exkurse geben Einblick in die Entstehung unserer Landschaft ... Natura 2000? NATURA 2000-Gebiete bestehen aus EU-Vogelschutzgebieten und FFH-Gebieten. Die Abkürzung „FFH“ steht hierbei für Fauna-Flora-Habitat. Fauna bedeutet Tierwelt, Flora ist die Pflanzenwelt und Habitat beschreibt den Lebensraum. Es werden durch NATURA 2000 also nicht nur einzelne Tier- und Pflanzenarten betrachtet, sondern auch deren Lebensräume geschützt. Gemeinsam bilden sie ein europaweites ökologisches Netz! Selten gewordene Lebensräume sowie gefährdete Tier- und Pflanzenarten werden über die Ländergrenzen hinaus geschützt, erhalten und entwickelt. Die niedersächsische Landesregierung hat 385 teils großflächige Landschaftsteile als FFH-Gebiete und weitere 71 als EU-Vogelschutzgebiete gemeldet. Die terrestrischen NATURA-2000-Gebiete – also ohne die großflächigen Gebiete in der Nordsee – umfassen eine Fläche von rund 500.000 ha. Das entspricht etwa 10,1 % der Landfläche Niedersachsens! Weitere Informationen zu Natura 2000-Gebieten sowie zum Natur- und Geopark TERRA.vita entnehmen Sie bitte den TERRA.natura Basisinformationen! FFH 52 3 Ein Wechsel von Schlenken und Bulten im Moor Abendstimmung im Hahnenmoor Hahnenmoor, Hahlener Moor, Suddenmoor Auf einen Blick ... 4 Bezeichnung FFH-Gebiet „Hahnenmoor, Hahlener Moor, Suddenmoor“ Gebietsnummer in Niedersachsen Nr. 52 (3311-301) Lage Nordkreis, zwischen Berge und dem emsländischen Herzlake. Größe 1205 ha Naturraum Dümmer-Geestniederung und Ems-Hunte-Geest Geologie Eiszeitlich geprägte Moorlandschaft am Rande der Ankumer Höhen. Auswahl der besonderen Lebensräume gemäß FFH-Richtlinie Dystrophe Stillgewässer (3160) Renaturierungsfähige degradierte Hochmoore (7120) Moorwälder (91D0*) Moorlandschaften – früher prägten sie weite Flächen der Norddeutschen Tiefebene. Riesige Hochmoore, tiefschwarze Moorseen, Sümpfe und ausgedehnte Moorwälder – für den Menschen damals eine eher unwirtliche und lebensfeindliche Landschaft. Schon vor hunderten von Jahren begannen die Menschen, die Moore zu entwässern und den Torf abzubauen. Was als kleinbäuerliche Nutzung begann, wurde im Laufe der Zeit immer weiter intensiviert. Der gewonnene Torf diente als Brennmaterial – sowohl zum Beheizen der Häuser als auch zum Betrieb von Ziegeleien und sogar Kraftwerken. Auch in den Gartenbau hielt der Torf als Bodenverbesserer Einzug. Nach erfolgtem Torfabbau wurden die Moore in landwirtschaftliche Nutzung genommen. Heute kommen natürliche, lebende Moore aufgrund von Kultivierung, Entwässerung oder Abbau so gut wie gar nicht mehr in unserer Landschaft vor. Auch das FFH-Gebiet Hahnenmoor, Hahlener Moor, Suddenmoor ist ein Komplex aus entwässerten Niedermooren und degenerierten Hochmooren. Degenerierte Moore sind durch äußere Einflüsse veränderte Moore, die aber dennoch wegen der dort vorherrschenden besonderen Standortbedingungen als unbedingt schützenswert gelten. Nicht umsonst sind die einzelnen Moore, aus denen sich das FFH-Gebiet zusammensetzt, schon seit langer Zeit als Naturschutzgebiete ausgewiesen. * FFH-Lebensraumtypen von prioritärer Bedeutung FFH 52 FFH-Lebensraumtypen Folgende im Hahnenmoor, Hahlener Moor und Suddenmoor vorkommende Lebensraumtypen waren ausschlaggebend für die Meldung des FFH-Gebiets: Dystrophe Stillgewässer Unter dystrophen Stillgewässern werden naturnahe Seen und Weiher verstanden, die sehr nährstoffarm und sauer – also basenarm – sind. Man findet sie überwiegend in Moorund Heidegebieten. Das Wasser dieser Seen ist braun gefärbt. Es ist nicht etwa dreckig – die im Boden enthaltenen Huminstoffe geben dem ihm seine Farbe. Die Wasservegetation ist meist sehr artenarm und besteht vorwiegend aus Torfmoos, Wollgras und SchnabelSegge. Vorkommende Tierarten haben sich an die eigentlich lebensfeindlichen Bedingungen angepasst. Hier leben zum Beispiel Moorfrosch und verschiedene Libellenarten. Renaturierungsfähige degradierte Hochmoore – dieser Fachbegriff beschreibt waldfreie Hochmoorflächen, die zwar entwässert wurden, aber trotzdem noch Reste einer typischen Hochmoorvegetation aufweisen. Meist siedelten sich entwässerungsbedingt Heiden und Gräser an. Die Flächen haben dennoch eine gute Ausgangsbasis, sich langfristig durch Wiedervernässung zu einem lebenden Hochmoor entwickeln zu können. Man muss allerdings bedenken, dass sehr viel Zeit vergeht, bevor ein Moorkörper sichtbar zu wachsen beginnt – ein lebendes Hochmoor wächst nur etwa 1 mm pro Jahr! Moorwälder Moor- bzw. Bruchwälder entstehen auf nährstoffarmen, nassen, torfigen Standorten – vom Niedermoor bis zum teilentwässerten Hochmoor. Hier wachsen Bäume, die gut mit den schwierigen Bedingungen zurecht kommen – meist Moorbirken und Kiefern. Oft wirken Moorwälder sehr urwüchsig. Tote Bäume werden nicht entfernt, sondern bleiben einfach stehen oder liegen. In Senken steht Wasser, Torfmoose, Pfeifengras und Heidelbeere bedecken den Waldboden. Neben einigen Vögeln, wie Weidenmeise und Kleinspecht, haben sich verschiedene Reptilien, zum Beispiel Waldeidechse und Kreuzotter, diesen Lebensraum erschlossen. 5 Hahnenmoor, Hahlener Moor, Suddenmoor Geologischer Hintergrund Grundvoraussetzung für eine Moorentstehung ist ein Klima, bei dem die Niederschlagsmenge die Verdunstungsrate deutlich übersteigt. Angefangen hat die Moorbildung vor etwa 11.500 Jahren nach dem Ende der letzten Eiszeit. In den Ebenen und Senken unserer Landschaft sorgte zunächst das Schmelzwasser der Gletscher, später das Niederschlagswasser für einen ständigen Wasserüberschuss. Das heutige FFH-Gebiet Hahnenmoor, Hahlener Moor, Suddenmoor liegt am Rande des eiszeitlich geprägten Artlandes. Es ist als ehemaliges Gletscherbecken ein Relikt aus der Saale-Eiszeit – vor gut 200.000 Jahren lag hier ein riesiger Gletscher – siehe Geologischer Hintergrund im TERRA.natura Tipp 2. Dieser formte nicht nur die Landschaft, sondern hinterließ auch beim Abschmelzen riesige Mengen an Sand, Kies und Geröll in unserer Region – nicht zuletzt große Wassermengen, die sich in den Senken sammelten ... Moorbildung in Stationen 6 Aufgrund der flachen Landschaft, des hohen Grundwasserstandes sowie dem ständigen Nachschub an Niederschlagswasser staute sich in den Senken das Wasser. Diese flachen Seen verlandeten und versumpften allmählich... Durch den Sauerstoffmangel konnten abgestorbene Pflanzen sehr viel langsamer abgebaut werden als die Pflanzen wuchsen. Schichten aus unvollständig zersetzten Pflanzen häuften sich an – es entstanden großflächig Niedermoore. Die Niedermoore konnten sich zu Bruchwäldern entwickeln – nasse, zeitweilig überstaute, sumpfige Wälder. Mit der Zeit starben aber auch diese wegen einer sich verschlechternden Nährstoffversorgung ab. Die Reste der abgestorbenen Bruchwälder wurden von Torfmoosen überwuchert. Das Moor wuchs in die Höhe – etwa 1 mm pro Jahr – und ein Hochmoor entstand. Dieses hat keinen Kontakt mehr zum Grundwasser, sondern wird ausschließlich vom nährstoffarmen Regenwasser gespeist. Die älteren, gut zersetzten Schichten nennt man Schwarztorf, die jüngeren, schlecht zersetzten Schichten Weißtorf. Kennzeichnend für die Hochmoore ist die Wölbung – man sagt auch, ein Hochmoor sei „uhrglasförmig“ aufgebaut. FFH 52 Weiße Tupfen im Moor Bedeutung für den Naturschutz Moore, besonders Hochmoore, sind einzigartige Lebensräume, denn sie sind besonders nährstoffarm, sauerstoffarm und mit einem ph-Wert zwischen 2,5 – 4,8 sehr sauer. Die Tiere und Pflanzen, die hier leben, haben sich den extremen Lebensbedingungen angepasst. Sie sind hochspezialisiert auf genau diesen Lebensraum und können demnach nicht einfach auf andere Biotope ausweichen. Durch Entwässerung, Abtorfung und Düngung werden jedoch die Bedingungen, die zur Moorbildung geführt haben, aufgehoben. Lebende Hochmoore werden so zerstört – dabei wird nicht nur den im Moor vorkommenden Pflanzen und Tieren ihre Lebensgrundlage genommen, es wird auch der Torf, der sich über Jahrhunderte, meist sogar über Jahrtausende entwickelt hat, durch Mineralisierung zersetzt oder komplett entfernt. Schutz- und Entwicklungsmassnahmen Eine der wichtigsten Maßnahmen ist die Wiedervernässung! Um ein Abfließen des Regenwassers zu vermeiden und so ein moortypisches nasses Bodenmilieu zu fördern, müssen Entwässerungsgräben am Hochmoorrand verschlossen werden. Nach Verschluss der Gräben siedeln sich häufig auf den noch zu trockenen Hochmoorflächen Birken an. Diese entziehen dem Boden zusätzlich viel Wasser, beschatten ihn gleichzeitig und wirken so der Hochmoorbildung entgegen. Hier sind gezielte Pflegemaßnahmen nötig, um einer Moorentwicklung bessere Voraussetzungen zu bieten. Dazu zählt vor allem die regelmäßige Entkusselung. Das bedeutet, die aufkommenden Gehölze regelmäßig zu entfernen. Meist geschieht dies durch den Einsatz freiwilliger Helfer. Auf großen Flächen kommen auch Tiere zum Einsatz: Schafe und Ziegen freuen sich über das schmackhafte Grün und helfen so, den Baumaufwuchs zu stoppen. Eine Gefährdung der nährstoffarmen Lebensräume durch Nährstoffeintrag aus angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen lässt sich durch die Einrichtung von sogenannten Pufferzonen vermeiden. Diese zeichnen sich durch eine extensive Grünlandbewirtschaftung ohne Düngung und chemische Pflanzenschutzmittel aus. Ziel von NATURA 2000 Die wesentlichen Ziele im Hinblick auf die Moorlebensräume sind der Erhalt und die Entwicklung eines europaweit stabilen Bestandes von möglichst naturnahen Hochmooren, dystrophen Stillgewässern und Moorwäldern, um den hier vorkommenden Tier- und Pflanzenarten auch zukünftig einen Lebensraum zu sichern. 7 Urwüchsiger Moorwald Wandern durch Natura 2000 Willkommen im schaurig schönen Moor! Im FFH-Gebiet „Hahnenmoor, Hahlener Moor, Suddenmoor“ sind verschiedene Stadien der Moorbildung zu finden - von Niedermoor über Moorwald bis hin zum revitalisierten Hochmoor. Vielerorts sind noch Reste der typischen Hochmoorvegetation erhalten. Auch die kulturelle und industrielle Torfnutzung lässt sich an vielen Stellen ablesen. Das Gebiet eignet sich hervorragend für einen kompletten „Moorerlebnistag“ mit verschiednenen Exkursionspunkten! 8 Bereits beim Erreichen des Wanderparkplatzes am Hahlener Moor (Hahnenmoorstraße, 49637 Menslage) 1 steigt der unverkennbare Moorgeruch in die Nase. Hier startet der 4 km lange Moorlehrpfad. Dieser informiert durch anschauliche Tafeln entlang des Weges über den Lebensraum Moor und seine Bewohner. Kennzeichnend für das Hahlener Moor ist sein urwüchsiger Moorwald, der sich über weite Teile des Gebietes erstreckt. 2 Er ist in sehr nassen Bereichen vergleichbar mit dem Bruchwaldstadium der Moorbildung. Dieser Moorwald hat sich allerdings erst nach Aufgabe der bäuerlichen Torfnutzung auf den ehemaligen Hochmoorfächen entwickelt. Hier stehen „mit nassen Füßen“ Birken und Kiefern. Sumpfig sieht es aus – in den ständig feuchten Bereichen wächst Torfmoos und Wollgras, auf trockeneren Stellen bildet sich ein Teppich aus Preiselbeere. Im Zentrum des Hahlener Moores befindet sich eine renaturierte Hochmoorfläche – eine baumfreie Ebene mit Moorgewässern und Torfmoos, Bulten aus Pfeifengras und Wollgras sowie Heide in den trockeneren Bereichen. 3 Auch der seltene Sonnentau kommt vor. Von der hier vorhandenen Aussichtsplattform erhalten wir einen guten Überblick über das Gelände. Dass die Renaturierung noch lange nicht abgeschlossen ist, zeigt der ständige Aufwuchs an jungen Birken – erst wenn das Moor wieder nass genug ist, können sie nicht mehr wachsen. Damit sich auf diesem Hochmoorrest zwischenzeitig kein Wald bildet, werden aufkommende Birken und Kiefern regelmäßig entfernt. Dieser Job wurde in der Vergangenheit teils von Schafen übernommen, teils helfen auch Schulklassen oder Freiwillige beim sogenannten „Entkusseln“ tatkräftig mit. Am zerklüfteten Gelände lässt sich an vielen Stellen der ehemalige kleinbäuerliche Handtorfstich erkennen. 4 Noch bis zur Mitte Besenheide (Calluna vulgaris) FFH 52 des letzten Jahrhunderts ist hier in kleinem Stil Torf für Heizzwecke abgebaut worden. Heute haben sich diese Handtorfstiche größtenteils mit Wasser gefüllt und sind zu nährstoffarmen Kleingewässern – Dystrophen Stillgewässern – geworden. Der Weg verläuft weiter entlang der ausgedehnten Moorwälder – mal nasser, mal trockener ausgeprägt. Die Randbereiche des Hahlener Moores zeichnen sich durch Wiesen und Weiden aus. 5 Nach dem Erreichen unseres Ausgangspunktes können wir uns zu einem zweiten Exkursionspunkt begeben – dem Hahnenmoor. Hierzu steuern wir den Wanderparkplatz Stift Börstel (L102, 49626 Berge) an 6 und wandern von hier ausgehend anfänglich durch das waldgeprägte FFH-Gebiet „Börsteler Wald und Teichhausen“ in Richtung Hahnenmoor. Es handelt sich um ein Teilstück des Hünenwegs; Ziel ist das alte Torfwerk der Gemeinde Herzlake. Hin und zurück ist diese Tour insgesamt 10 km lang ... Geheimnisvolles Hahnenmoor Absolute Ruhe und uneingeschränkter Naturgenuss – so könnte eine Kurzcharakteristik für das Hahnenmoor lauten. Bis auf den Wind und das Trällern der Vögel herrscht angenehme Stille. Ab und zu ruft der Kuckuck ... Beim Erreichen des Hahnenmoores verändert sich die Landschaft. 7 Rechts des Weges Heidelandschaft mit Birken, links des Weges ausgedehntes Grünland. In den grünlandgeprägten Randbereichen des renaturierten Hochmoores rasten häufig Singschwäne und Kraniche. Mit dem Passieren der Kreisgrenze zum Landkreis Emsland wandelt sich auch dieses Landschaftsbild. Wir können einen ersten Blick auf die renaturierten Flächen werfen. 8 Im Hahnenmoor wurde Torf industriell und in großem Stil noch bis Ende der achtziger Jahre abgebaut. So wurde die Hochmooroberfläche fast vollständig zerstört. Nach Ende des Abbaus wurde ein Großteil der Flächen in öffentliches Eigentum überführt und mit Hilfe der Staatlichen Moorverwaltung wiedervernässt, um so eine erneute Moorentwicklung zu fördern. Anfangs mögen die sterbenden und abgestorbenen Birken in den ausgedehnten Wasserflä- 9 Schwarzkehlchen (Saxicola rubicola) Wandern durch Natura 2000 chen auf den Betrachter etwas befremdlich wirken – sie sind jedoch Zeichen der erfolgreichen Moorrenaturierung. Vorraussetzung für die Hochmoorbildung ist ein hoher Wasserstand. Mit diesem kommen die Birken auf Dauer nicht zurecht, so dass sie absterben. Natürlicherweise halten sich lebende Hochmoore selbstständig baumfrei ... das Hahnenmoor ist also auf einem guten Weg! 10 Heute hat sich in weiten Bereichen die typische Hochmoorvegetation wieder angesiedelt: Wollgras, das die Landschaft im Sommer mit weißen Tupfen überzieht, der fleischfressende Sonnentau und das charakteristische Torfmoos. In den ehemaligen Abbauflächen haben sich große, flache Polder gebildet, die sich ganz langsam durch Torfmooswachstum wieder zu Hochmoorgesellschaften entwickeln. Bedrohte Tierarten finden in dieser einzigartigen Landschaft ihren Lebensraum: Moorfrosch, Kreuzotter und Brachvogel sind nur einige Vertreter. Am Rande des Hahnenmoores befindet sich ein altes Torfwerk. 9 Dieses wurde im Jahr 2002 von der emsländischen Gemeinde Herzlake gekauft und dem Verein Torfwerk e. V. zur Nutzung überlassen. Dieser hat in liebevoller Arbeit das Gebäude saniert und alte Maschinen sowie die alte Moorbahn restauriert. Heute bekommt man hier vielfältige Informationen rund um das Hahnenmoor – es dient als Ausstellungs- und Veranstaltungsort sowie als Ausgangsort für geführte Moortouren. Daneben ist das Torfwerkcafé eine willkommene Zwischenstation auf unserer Moorexpedition. Nach einer ausgiebigen Pause geht es auf dem selben Weg wieder zurück in Richtung Stift Börstel – in Anbetracht der wunderschönen Moorlandschaft ist dies nicht weiter schlimm ... Wer nun vom Moor noch nicht genug hat, kann auf dem Rückweg einen kurzen Zwischenstopp am Suddenmoor (Antener Straße, 49637 Menslage) einlegen. Hier bekommen wir nochmal ein völlig anderes Erscheinungsbild einer ehemaligen Moorlandschaft geboten ... Ein Paradies für Wiesenvögel Das Suddenmoor 10 ist heute als Moorlebensraum kaum noch zu erkennen, aber für den Naturschutz nicht von minderer Bedeutung. Nach Entwässerung und Kultivierung des ehemaligen Niedermoorbereiches wurden die Flächen bewirtschaftet. Heute findet sich hier größtenteils extensiv bewirtschaftetes Dauergrünland. Kennzeich- FFH 52 nend ist ein Mosaik unterschiedlich großer Wiesen und Weiden, gegliedert durch Baumreihen und zahlreiche kleine Wasserläufe. In Teilbereichen findet man noch Reste der typischen Vegetation auf Niedermoorböden – gut entwickelte Erlen- und Birkenbruchwälder. Das Suddenmoor hat gerade für Wiesenvögel eine hohe Bedeutung. Es gibt hier keine ausgewiesenen Wanderwege, es darf aber auf befestigten Wegen betreten werden. Bei einer Exkursion sollte auf jeden Fall ein Fernglas dabei sein! Mit ein wenig Glück kann man im Frühjahr Kiebitze und Brachvögel bei der Balz beobachten – selbstverständlich mit genügend Abstand und Respekt vor den Tieren! 11 Suddenmoor 12 Schaurig-schönes Hahnenmoor FFH 52 Der Knabe im Moor Annette von Droste-Hülshoff O, schaurig ist’s, übers Moor zu gehn, Wenn es wimmelt vom Haiderauche, Sich wie Phantome die Dünste drehn Und die Ranke häkelt am Strauche, Unter jedem Tritte ein Quellchen springt, Wenn aus der Spalte es zischt und singt – O, schaurig ist’s, übers Moor zu gehn, Wenn das Röhricht knistert im Hauche! Fest hält die Fibel das zitternde Kind Und rennt, als ob man es jage; Hohl über die Fläche sauset der Wind – Was raschelt drüben am Hage? Das ist der gespenstige Gräberknecht, Der dem Meister die besten Torfe verzecht; Hu, hu, es bricht wie ein irres Rind! Hinducket das Knäblein zage. Vom Ufer starret Gestumpf hervor, Unheimlich nicket die Föhre, Der Knabe rennt, gespannt das Ohr, Durch Riesenhalme wie Speere; Und wie es rieselt und knittert darin! Das ist die unselige Spinnerin, Das ist die gebannte Spinnlenor’, Die den Haspel dreht im Geröhre! Voran, voran, nur immer im Lauf, Voran, als woll’ es ihn holen; Vor seinem Fuße brodelt es auf, Es pfeift ihm unter den Sohlen Wie eine gespenstige Melodei; Das ist der Geigenmann ungetreu, Das ist der diebische Fiedler Knauf, Der den Hochzeitheller gestohlen! Da birst das Moor, ein Seufzer geht Hervor aus der klaffenden Höhle; Weh, weh, da ruft die verdammte Margret: „Ho, ho, meine arme Seele!“ Der Knabe springt wie ein wundes Reh, Wär’ nicht Schutzengel in seiner Näh’, Seine bleichenden Knöchelchen fände spät Ein Gräber im Moorgeschwehle. Da mählich gründet der Boden sich, Und drüben, neben der Weide, Die Lampe flimmert so heimathlich, Der Knabe steht an der Scheide. Tief athmet er auf, zum Moor zurück Noch immer wirft er den scheuen Blick: Ja, im Geröhre war’s fürchterlich, O, schaurig war’s in der Haide! 13 Hahnenmoor, Hahlener Moor, Suddenmoor 14 9 8 7 FFH 52 1 2 3 4 5 15 10 6 • Die Kleine Moosjungfer (Leucorrhinia dubia) gilt wegen ihrer Spezialisierung auf Moorbiotope als stark gefährdet. Im Gegensatz zu dem hier gezeigten gelb-schwarz gefärbten Weibchen sind die geschlechtsreifen Männchen blutrot-schwarz gefärbt. Hahnenmoor, Hahlener Moor, Suddenmoor Vorkommende Tier- und Pflanzenarten 16 FFH- Art Die der Kleinen Moosjungfer sehr ähnliche Nordische Moosjungfer (Leucorrhinia rubicunda) – hier sieht man ein rot-schwarz gefärbtes Männchen – ist ebenfalls auf Hochmoore und Moorseen als Lebensraum angewiesen. Im Gegensatz zur Kleinen Moosjungfer hat sie rote Flügelflecken. Sie erreicht eine Flügelspannweite von bis zu 6,5 cm. Torfmoose (Sphagnum spec.) sind die Haupttorfbildner im Moor. Sie sind enorme Wasserspeicher und können bis zum 20-fachen ihres Trockengewichtes aufnehmen! Nur die oberen Zentimeter der Pflanzen leben, die tieferen Teile sterben ab und vertorfen. Der Rundblättrige Sonnentau (Drosera rotundifolia) ist im Moor an feuchten Stellen zu finden. Die runden Blätter haben rote Tentakeln, an deren Enden kleine „Leimtropfen“ glitzern. Die davon angelockten Insekten kleben hieran fest und werden verdaut. An feuchteren Stellen im Moor findet man die Glockenheide (Erika tetralix). Sie wird passenderweise auch Torfheide genannt. Sie wächst in nährstoffarmen Mooren und Moorwäldern. Ihre Blüten werden als kopfig oder glockenförmig bezeichnet. FFH 52 • Die Torf-Mosaikjungfer (Aeshna juncea) gehört zu den größten Libellen ihrer Art. Man kann sie im Moor von Mitte Juni bis Mitte Oktober fliegen sehen – dabei erreicht sie eine Geschwindigkeit von bis zu 54 km/h! Die Kreuzotter (Vipera berus) ist gut an ihrer typischen Zickzackzeichnung auf dem Rücken zu erkennen. Sie ist eine Giftschlange aus der Familie der Vipern und erreicht eine durchschnittliche Länge von 50 bis 70 cm. Ihr Gift kommt bei der Jagd zum Einsatz – Mäuse, Frösche, Blindschleichen und andere Tiere stehen auf ihrem Speiseplan. Bei sonnigem Wetter liegt die ansonsten sehr scheue Schlange gerne an exponierten Plätzen, um sich aufzuwärmen. Als Lebensraum besiedelt sie Moore, Heiden und zwergstrauchreiche Waldränder. 17 Die auffälligste Pflanze im Moor ist wohl das Scheidige Wollgras (Eriophorum vaginatum). Mit abertausenden schneeweißen „Haarschöpfen“ überzieht es von Mai bis Juni die offenen Hochmoorbereiche. Der Ziegenmelker (Caprimulgus europaeus) wird erst in der Dämmerung aktiv und heißt daher auch Nachtschwalbe. Der Zugvogel hält sich von Ende April bis August in eurpäischen Breiten auf und findet in den baumfreien Hochmooren ideale Lebensbedingungen. Die männlichen Exemplare des Moorfrosches (Rana arvalis) sind während der Balz im März leuchtend blau gefärbt. Der sonst braungefleckte Frosch kommt nur in nassen Randbereichen des Hochmoores vor. FFH- Art Folgende TERRA.natura Tipps sind erhältlich: Basisinformationen TERRA.natura Tipp 1 FFH-Gebiet 52 „Hahnenmoor, Hahlener Moor, Suddenmoor“ TERRA.natura Tipp 2 FFH-Gebiet 53 „Bäche im Artland“ TERRA.natura Tipp 3 FFH-Gebiet 69 „Teutoburger Wald, Kleiner Berg“ TERRA.natura Tipp 4 FFH-Gebiet 161 „Silberberg“ TERRA.natura Tipp 5 FFH-Gebiet 175 „Grasmoor“ TERRA.natura Tipp 6 FFH-Gebiet 319 „Gehn“ TERRA.natura Tipp 7 FFH-Gebiet 354 „Hüggel, Heidhornberg, Roter Berg“ TERRA.natura Tipp 8 FFH-Gebiet 446 „Fledermauslebensraum Wiehengebirge bei Osnabrück“ 18 TERRA.natura Tipp 9 EU-Vogelschutzgebiet V 17 „Alfsee“ Weg durch‘s Hahlener Moor FFH 52 Wiedervernässte Moorflächen Impressum Natur- und Geopark TERRA.vita Am Schölerberg 1 49082 Osnabrück Telefon: 0541-501 4217 Telefax: 0541-501 4424 www.naturpark-terravita.de [email protected] Gefördert durch: 19 Konzeption, Recherche, Text, Layout, Grafik + Wanderkarten: Melanie Schnieders, Dipl. Ing. (FH) Landschaftsentwicklung Ein besonderer Dank für die fachliche Unterstützung gilt der Naturschutzbehörde des Landkreises Osnabrück. Fotos: Hammerschmidt, R.: Moorfrosch (S. 15), Schwarzkehlchen (S. 10), Ziegenmelker (S. 15) Volmer, B.: Kreuzotter (Titel & S. 15), Torf-Mosaikjungfer (S. 15) Schnieders, M.: alle weiteren Fotos Infos über Copyrights beim Natur- und Geopark TERRA.vita Druck: Medienpark Ankum, www.medienpark-ankum.de Kartengrundlage: Auszug aus den Geobasisdaten der Niedersächsischen Vermessungs- und Katasterverwaltung (TK 1:25.000 und 1:100.000) © 2005 Quellen: siehe TERRA.natura Basisinformationen Stand 01/2012 Tipp Wandern durch Natura 2000 – Hahnenmoor, Hahlener Moor, Suddenmoor Natur- und Geopark TERRA.vita Am Schölerberg 1 49082 Osnabrück Telefon (0541) 501 4217 Telefax (0541) 501 4424 www.naturpark-terravita.de [email protected]