wallpaper christy turlington
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ICON April 2014 aahh Alles Design in diesem Heft PRIME SOLUTION Das Erwachen makelloser Haut Das Geheimnis der Koishimaru-Seide wird enthüllt Es waren die geschmeidigen Hände der japanischen Seidenspinnerinnen, die SENSAI zu dem Geheimnis der Koishimaru - Seide führten. Diese edle Faser fördert die Bildung von Hyaluron*, einer natürlichen Substanz, welche die Haut ausgiebig mit Feuchtigkeit versorgt. SENSAI PRIME SOLUTION ist eine Intensiv -Lotion, die Koishimaru - Seide mit revolutionärer Hautpflege Technologie verbindet. Dieser hochwirksame erste Pflegeschritt belebt die Zellen, deren Aktivität bedingt durch die Hautalterung nachgelassen hat. Ihre Haut wird deutlich sichtbar revitalisiert und nimmt die * In-vitro-Tests nachfolgende Pflege effektiver auf. Erleben Sie Ihre Schönheit. Mit SENSAI. www.sensai-cosmetics.com E r h ä l t l i c h a u s s c h l i e ß l i c h i n L o u i s V u i t t o n G e s c h ä f t e n . T e l . 0 211 / 8 6 4 7 0 0 L a d e n S i e d i e L o u i s Vu i t t o n p a s s a p p h e r u n t e r, u m ex k l u s i ve I n h a l t e z u e n t d e c ke n . collage studio - photo tommaso sartori DESIGN PORTRAIT. Sophie liebt Ray und zeitgenössische Kunst. Ray, design von Antonio Citterio. www.bebitalia.com B&B Italia Stores: München, Maximiliansplatz 21 - Tel. 089 461 368 0 - Berlin, Torstrasse 140 - Tel. +49 3024 0477377 Plz 0 1 2 3 4 5 Andreas Weber T. +49 51305840584 [email protected] Plz 5 6 7 Thomas Köber T. +49 173 7490937 [email protected] Plz 0 7 8 9 Norbert Juelicher - T. +49 172 9572772 [email protected] Und wie leben Sie so? U TITEL: ARCHITECTURALWATERCOLORS.COM; DIESE SEITE: METZ + RACINE / RCS / PICTURE PRESS; MARTIN U. K. LENGEMANN; JUERGEN FRANK; HUBERTA VON VOSS; OLIVER MARK m es gleich vorweg zu sagen: Ich beneide das Bein oben auf dem Foto, oder besser gesagt, den Kopf, der damit zu tun hat. Denn meiner würde es leider einfach nicht zulassen, dass die Dinge so durcheinander liegen. Ich putze keine Dackelbilder auf dem Fernsehgerät, während der Tatort läuft (wir haben keinen Dackel), aber ich muss leider immer alles ordentlich haben. Auch Schränke von innen. Allerdings würde ich die Füße in solchen Schuhen auch auf den Tisch legen. Schon weil ich darin nicht stehen könnte. Doch natürlich haben wir das Bild nicht ausgewählt um herum zu spießern. Sondern weil wir unserem Magazin gern eine Art innerer (Themen-) Ordnung geben, und die heißt für diese Ausgabe: Design. Das ist ein so weites, individuelles, beflügelndes Feld wie die Natur, die uns nun wieder mit ihren Entwürfen die Seele wärmt. Von Ettore Sottsass stammt der Satz: „Wenn ich nicht weiß, wozu etwas zu gebrauchen ist, fällt mir auch nichts ein.“ Nun. In unserem Garten steht eine kleine Marmorbank von ihm, zunächst als Objekt gedacht, inzwischen wird sie von einer Parade Terrakotta-Töpfchen mit Kräutern bevölkert... COVER: Das Buchstaben-Aquarell ist eine Arbeit des Pariser Künstler-Duos „Architectural Watercolors“ ANDREAS TÖLKE Seine Artikel sind in über 20 Ländern erschienen, seit 2011 zählt der Autor und „Berliner aus Leidenschaft“ zum ICONInventar. Andreas Tölke schreibt nämlich für sein Leben gern über Design. Und das wurde nun – ausgewählt vom Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel – honoriert: Er wurde zum Jurymitglied für den Deutschen Designpreis ernannt. Glückwunsch, und wir finden: berechtigt. Seit über zwanzig Jahren trifft er die Großen der Design-Szene. Von A bis Z, also von Ron Arad bis Zaha Hadid. Und er sprach auch gern mit den „schwierigen Fällen“. Für unsere Design-Ausgabe hat er wieder das richtige Näschen gehabt. Im Wortsinn. Er traf auf die Parfümeurin Sissel Tolaas, die den Geruch des britischen Königspalastes einfängt (S. 84). Sprach dann aber auch mit Paolo Baratta über Architektur (S. 70), mit Piero Lissoni (S. 40) über, klar, Design und mit Theatergenie Robert Wilson über seine, ja, Stuhlsammlung. Seite 34 HUBERTA VON VOSS Dass sie Geschichte studieren wollte, weil sie auch die Unterfläche interessiert, wusste sie schon als junges Mädchen. Dass sie das alle paar Jahre in ein neues Land führen würde, ahnte sie nicht. So lebte die Journalistin, Buchautorin und Mutter von vier Kindern bislang in Paris, der Vendée, Beirut, Nikosia, Berlin und New York, von wo aus sie gerade nach Washington D.C. zieht. Ab Mai wird sie an der Seite ihres Mannes, des deutschen Botschafters Peter Wittig, Deutschland repräsentieren. Ihr literarischer Salon, in dem sich in Manhattan Autoren, Verleger und Künstler trafen, zieht kurzerhand mit. Wie ihr vielfältiges Engagement, unter anderem für die New Yorker Organisation „Community Access“, die Wohnungen und Ausbildung für psychisch kranke Obdachlose vermittelt. In einer ruhigeren Minute traf sie den Chef des New Yorker Costume Institutes, Harold Koda, und schaute ins Geschichtsbuch des „Meisterstücks“. S. 46 und 76 JÜRGEN FRANK Er hatte schon John Irving, Mia Farrow oder Joschka Fischer vor der Kamera: Dem Fotografen Jürgen Frank haben also schon die unterschiedlichsten Charaktere Einblick in ihre Persönlichkeit und Lebenswelt gewährt. Kein Wunder vielleicht: Für ihn ist es eine emotionale Angelegenheit, es geht ihm nicht nur darum, Leute gut aussehen zu lassen – vielmehr will er, nach eigener Auskunft, ihre Aura porträtieren. Deshalb recherchiert der gebürtige Schwarzwälder bei jedem Shooting besonders genau, welche Geschichten seine Protagonisten zu erzählen haben. In New York, wo er auch lebt, hat Jürgen Frank für uns Harold Koda fotografiert, den Kurator des Costume Institutes im Metropolitan Museum of Art. Er lässt ihn vor ausladenden Roben sitzen, natürlich – aber in einer eigenwilligen Mischung aus Macher- und Denkerpose, dass sofort klar ist: Hier geht es um den Menschen, nicht ums Museum. Aber machen Sie sich am besten selbst ein Bild – auf Seite 46. IMPRESSUM ICON Redaktionsleitung: Inga Griese (verantwortlich) Textchef: Dr. Philip Cassier Redaktion: Caroline Börger, Nicola Erdmann, Silvia Ihring, Sarah Lehnert, Lisa Strunz, Mira Wiesinger. Mitarbeit: Julia Hackober Redaktionsassistenz: Ursula Vogt-Duyver Artdirektorin: Barbara Krämer Gestaltung: Maria Christina Agerkop, Katja Schroedter Fotoredaktion: Julia Sörgel, Elias Gröb Verlagsgeschäftsführung: Jan Bayer (Vorsitzender), Dr. Stephanie Caspar, Frank Mahlberg General Manager: Johannes Boege Gesamtanzeigenleitung: Stephan Madel Anzeigen ICON: Roseline Nizet ([email protected]) Objektleitung: Carola Curio ([email protected]) Verlag: Axel Springer SE Repro: Druckvorstufe WELT GRUPPE Berlin Druck: Prinovis Ltd. & Co. KG, Nürnberg Herstellung: Olaf Hopf ICON ist ein Supplement der „Welt am Sonntag“, die nächste Ausgabe erscheint am 18. Mai 2014. Sie erreichen uns unter [email protected] Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter www.axelspringer.de/unabhaengigkeit. 11 Anzeige Retro ist in: Sonnenbrille „Elasta 3003N“ (1970) von Marc Newson, die er für Safilo entwarf ICON AUSGEWÄHLT 67 ODE AN DIE BROSCHE Als wären die Preziosen von Hemmerle nicht schon Poesie genug: Nun haben die Münchner ihnen Gedichte gewidmet 68 AU S DEM FOTOKÄSTCHEN Helmut Newton liebte ihren Porsche. Peter Lindbergh brauchte viel Requisite. Zum ersten Mal spricht Yasuko Austin über ihre Zeit als Produzentin 70 MANN IM WALD Zurückgezogen lebt Designlegende Yrjö Kukkapuro nahe Helsinki. Esther Strerath fand und besuchte ihn dort H ERR DER BIENNALE Signore Baratta hat den Überblick, und zwar über alle „Biennalen“. Wir trafen den Dogen von Venedig in Berlin 71 FREISCH W INGER Seit 155 Jahren wird der klassische „Nr. 14“ in der Manufaktur von Thonet gefertigt. Ein Grund, mal nachzusitzen MISSION: SCHÖNES LEBEN Erst initiierte sie die Design Miami. Nun verkauft Ambra Medda selbst herausragende Designerstücke 72 U ND WAS SAMMELN SIE SO? Was dem einen die Briefmarken, sind Theater-Guru Robert Wilson seine Stühle. Andreas Tölke nahm Platz DAS SYSTEM SCHWEIGER Kreativität liegt ihnen im Blut. Til wurde Schauspieler, sein Bruder Nik Architekt. Gemeinsam sind sie Design-stark 74 ALLES KOMMT ZU RÜ CK Aktueller Trend in der Designwelt? Re-Editionen – also Klassiker, die wieder entdeckt wurden. Wie in der Mode NEU LICH IN SHANG HAI Made in Europe ist das Schlüsselwort für chinesische Luxusbegeisterung. Zwei italienische Architekten bauen darauf auf 76 SIGONORE TAL ENTI Es gibt kaum etwas, was Piero Lissoni nicht entworfen hat. Andreas Tölke traf den Italiener im Design-Mekka Mailand MEISTERHAFT Wer schreibt, der bleibt. Für das „Meisterstück“ gilt das seit 90 Jahren. Huberta von Voss gratuliert zum Jubiläum 77 42 MÖBEL SALON Und wo soll das alles hin? Esther Strerath hat sich auf dem „Mailänder Salone“ umgeschaut NU R NICHT WEGRÄUMEN Wir verbringen viel Zeit am Schreibtisch. Da wollen wir nicht nur Papierkram sehen. Wir fanden schönste Accessoires 90 BAU PLAN Bei THG Paris durften wir beobachten, wie eine Badezimmerarmatur entsteht 44 PICOBELLO Lass das bloß nicht den Bsirske sehen: Das neue Atelier von Bottega Veneta ist ein „Must-have“-Arbeitsplatz 66 U H R DER ARCH ITEKTEN Eine kleine sächsische Manufaktur fertigt seit 22 Jahren Uhren, die auch Männer nach rein optischen Erwägungen kaufen 16 EXPERTENRU NDE Unsere Stilisten tauschen sich aus. Und zwar über Design – in allen Lebenslagen 24 DIE JA-SAGER Bislang lebten Icona und Iken noch in wilder Ehe. Nun ist Schluss damit. Sie sagen Ja. Mit allem Drum und Dran DESIGN 26 30 34 38 40 Endlich: Die Ausstellung „David Bowie“ kommt nach Berlin AB DEM 20. MAI IM MARTIN-GROPIUS-BAU © DUFFY ARCHIVE & THE DAVID BOWIE ARCHIVE APRIL 2014 unuetzer.com + 49 89 255427-49 Jagdinstinkt: Dieses von Martin Handford designte Ei ist eins von 275, dem die New Yorker beim interaktiven Fabergé Big Egg Hunt in der Osterzeit nachspüren können ICON APRIL 2014 46 H INTER DEN KU L ISSEN Harold Kodas Reich ist der Kostümfundus des „Costume Institute“ in New York. Das ist kein Operettenjob 49 EH RE, W EM EH RE GEBÜ H RT Er war es, den sie alle kopieren. Eine Ausstellung in New York ehrt endlich den Modeschöpfer Charles James 50 FÜ R DEN L ANGEN BLICK Ihre Arbeiten aus Aquarellfarben sind von einem Foto kaum zu unterscheiden. Caroline Börger traf das Künstlerduo von „Architectural Watercolors“ in Paris 87 SOUND OF BEAUTY Haben Sie schon mal daran gedacht, dass sich ein ganzes Team Gedanken um den perfekten Klang Ihres Lippenstiftes macht? Susanne Opalka hat’s getan UNTERWEGS 88 89 GLOBAL DIARY Dieses Mal geht’s nach L.A. und auf Bärensafari in die Karpaten AGATA POSPIESZYNSKA/AGATA POSPIESZYNSKA GESCHICHTEN Josefine trägt ein Bustierkleid aus Satin von Christian Dior. Tanktop darunter und Cap: Naco Paris. Mehr Shooting finden Sie ab Seite 54 NEUES WOHNEN In dieser Provinz möchte man gern mal verschlafen: Das „Ritz-Carlton“ in Wolfsburg wurde umgestaltet MODE 52 BELLA ITAL IA Gesprächsthema italienische Mode? Angesagter denn je. Silvia Ihring reiste eigens dafür nach London und schaute auch im Berliner KaDeWe vorbei 54 PU NKT, KOMMA, STRICH Die Designer empfehlen derzeit Design. Wir haben das fotografiert Neuestes Mitglied der Bottega VenetaFamilie? Besteck. Selbstverständlich wurde das berühmte Intrecciato-Muster eingearbeitet KOSMETIK 80 FORMVOLLENDET Kosmetik und Design gehören zusammen, finden unsere beiden Beauty-Experten Plus: die neuesten Produkte 82 CH IC IM BAD In einer Design-Ausgabe dürfen auch stylische Beauty-Produkte nicht fehlen. Form- und Funktionsgetestet 84 FEINES NÄSCH EN Wie es wohl im Buckingham Palace duftet? Die Duftexpertin Sissel Tolaas hat (nicht nur) darauf eine Antwort in Flaschen 86 SO EINFACH W IE MÖGLICH Aber nicht einfacher, sprach Einstein. Er hätte wohl Freude an einer neuen Kosmetik-Linie aus Schweden Ziert jeden noch so faden Esstisch: „About a Chair AAC 22" von Hay. Gibt’s über iconist.de ICON Und natürlich digital: Auf dem iPad in der WELT sowie online auf welt.de/icon Ich bin ein Teppich: Entwurf des polnischen „Kosmos Project"-Designstudios. Mehr unter kosmosproject.com 15 STILISTEN NICHT EINFACHER ALS MÖGLICH – UNSERE LIFESTYLEWEISEN SCHÄTZEN EINSTEINS DESIGN-THEORIE Große Kunst ANNIE LEIBOVITZ/COURTESY TASCHEN VERLAG Als Annie Leibovitz gefragt wurde, ob sie ihre Fotos in einem übergroßen Bildband im Taschen Verlag veröffentlichen würde, überlegte sie nicht lange – brauchte aber mehrere Jahre, um eine Auswahl zu treffen. Immerhin ist die Amerikanerin seit den Siebzigern im Geschäft und schoss unvergessliche Bilder. Etwa vom „Kunstobjekt“ Steve Martin (links) oder von Whoopi Goldberg in einer Badewanne voller Milch. 250 Fotos, viele bisher unveröffentlicht, schafften es schließlich in den 476 Seiten dicken, auf 10.000 Stück limitierten Band „Annie Leibovitz“, der mit einem von Marc Newson entworfenen Buchständer geliefert wird. MEIN NAME IST HASE Inhaberin der PR-Agentur Stilart in München 16 Glück! Das ist bis zum 1. Juni das Thema der Movimentos Festwochen in der Autostadt Wolfsburg MOVIMENTOS/RAVI DEEPRES Ala Zander In meinem Leben drehte sich schon immer alles um Design. Die Mama war KaschmirDesignerin, der Papa fuhr Design-Autos und ich designte mich und meine Umgebung bereits in frühen Jahren stets (vermeintlich) zeitgemäß. Nur mit den Zähnen ging es nicht. Dabei waren sie zu klein. Fand ich. Ich wollte Zähne groß wie ein Nagetier. Außer mir fand jeder meine Zähne total okay (wobei „total okay“ grundsätzlich nicht mein Leitmotiv ist). Also war ich sofort alarmiert, als ich von einem Berliner Zahn-Atelier hörte, das einem die perfekten Traum-Zähne innerhalb eines Tages designt – und man sich diese dann ähnlich wie Kunstnägel, falsche Wimpern oder Haar-Extensions einfach „vorübergehend“ aufsteckt. Testeneers heißen die Dinger, Test-Veneers also, die pro Zahn „nur“ 80 Euro kosten statt – wie echte Veneers – ein Vermögen. Nachdem ein Computer meine optimale Zahngröße und die sogenannte perfekte „Lächel-Linie“ errechnet hatte, bekam ich sie: acht kleine Zahn-Hütchen, die mittels Haftcreme auf die ollen kleinen Ur-Zähnchen geklebt werden – und tatsächlich das Lächeln meines Lebens strahlen ließen. 30 Jahre hatte ich von diesem Supersmile geträumt und plötzlich war es da. Offen gestanden gefiel ich mir damit so gut, dass ich beschloss, aus Testeneers echte Veneers werden zu lassen, mit meinen eigenen Zähnen war mir endgültig nicht mehr zum Lachen zumute... Auch dabei hat mir das coole Berliner Lächel-Studio übrigens geholfen und mich dauerhaft mit meinen neuen großen Hasen-Zähnen ausgestattet. Dass mein Freund mich schon vorher Hase nannte, ist wirklich reiner Zufall... Gentlemen Only ist für den Duftstar 2014 nominiert. Aber ein Gentleman genießt und schweigt. Teppichmalerei © MARGRET EICHER / SABINE KRESS Sind das da nicht Gerhard Richter, Scarlett Johansson und Martin Kippenberger in der Berliner „Paris Bar“? Richtig! Margret Eicher bringt den Adel von heute auf höfische Wandteppiche von damals. Gerade ist die Konzeptkünstlerin auf Ausstellungstour, ab dem 25. April werden ihre Werke zum Beispiel im Berliner Kaffeehaus [P103] Mischkonzern unter dem Titel „Neuer Adel“ gezeigt. SO LEBEN DIE HOLLYWOODKUMPEL David Blieswood & Friends Connaisseur aus Hamburg DESIGN VERRÜCKT Kürzlich saß ich in der Bar des Hotels „Das Stue“, eines der neuen Berliner Design-VorzeigeBeispiele, eingerichtet von der Spanierin Patricia Urquiola. Am Nebentisch eine coole Runde, von Kopf bis Fuß durchgestylt. Von der Handtasche bis zum Sneaker, alles scharfes Design – Nieten- und Triangle-Taschen, Schmuck, der sehr nach „artist’s piece“ aussah, und Schuhe wie frisch aus einer Kunstgalerie. Überhaupt: der Sofastoff vom Modedesigner. Die Badewanne vom Autodesigner. Die Pfeffermühle vom Architekten. Die Mineralwasserflasche vom internationalen Künstler, dessen Skulpturen im Museum stehen und bei Auktio- Emmanuel de nen Rekordwerte erzielen. Wir sind in unserem Alltag mehr und mehr umgeben von De- Bayser sign. Das Neue, Überraschende und das Bleibende entstehen heute zwischen Kreativ-Dis- Mitbesitzer von ziplinen, die Genres mischen sich – Kunst beeinflusst Mode, Interior- und Ge- The Corner Berlin brauchsdesign werden umgekehrt von Künstlern und Fashion-Creative-Directors belebt. Sogar das iPhone kriegt eine Design-Hülle, gemacht von dem kalifornischen Designer-Duo Carol Lim und Humberto Leon, die das Modelabel Kenzo mit ikonografischem Tier-Design wieder auf Trab brachten. Das Publikum im „Stue“ gehörte augenscheinlich zu einer neuen Gesellschaftskaste, einer Art neuer „tribes“ und Clans, die man auf bestimmten Events immer wieder trifft. Auf den Modeschauen in Paris, Mailand, New York und London. Auf den Kunstmessen bei der Art Basel in Basel und Miami, in London und Paris bei der PAD, in Mailand beim Salone del Mobile. Den Trend kann man auch ganz gut auf den Society-Seiten der internationalen Hochglanzmagazine verfolgen. Die In-Crowd hat sich völlig verändert. Zu den ÖlMilliarden-Erbinnen und Socialites der New Yorker Upper East Side gesellt sich die Kreativszene: Models, Fotografen, Galeristen, Künstler, Designer. Kürzlich traf ich einen, an sich sehr konservativen, Kurator eines wichtigen Museums. Er wollte einmal Sneaker tragen und fragte um Rat. Er verknallte sich, ausgerechnet, in das nun wirklich abgefahrenste Modell der Saison: Design by Rick Owens. UND SONST NOCH BUCH I: Blickt hinter die Türen der schönsten New Yorker Apartments: Vanessa Weiner von Bismarcks Bildband „Living in Style New York“ (teNeues).——— BUCH II: Angefangen hat alles mit der Internetseite solebich.de, auf der man Bilder von seiner Wohnung hochladen kann. Mittlerweile ist daraus bereits das zweite Buch entstanden: „Das neue SoLebIch Buch“ (DVA). ——— BUCH III: Middleton Pink, Elephant’s Breath Grey oder Cooking Apple Green – allein die Namen machen schon Spaß. Wie man die Farben und Tapeten von Farrow & Ball am schönsten einsetzt, zeigt das Buch „Zeitlos wohnen mit Farbe“ (Callwey). LIVING IN STYLE NEW YORK / TENEUES Sein – oder Design? Stars, die es geschafft haben, leben ihre Freiheit – unbekümmert. Christian Bale („Batman“) trägt ein 14 Jahre altes Hemd und eine fünf Jahre alte Armee-Hose. Die wichtigsten Lifestyle-Elemente: Küche, TV, Pool, Kamin, Autos, Motorräder oder Boote. Wenn Roland Emmerich in seinem HollywoodPalmen-Anwesen im neuen Pool schwimmt, blickt er über die Skyline von Los Angeles: „Aber jetzt baue ich mir noch einen Turm mit Whirlpool obendrauf, damit ich den Pazifik sehen kann!“ In sein Berliner Apartment stellt er erst mal nur ein großes Sofa. Seine Flucht-Oase: die Oldtimer-Holz-Yacht vor Thailand. Architektur- und Design-Freak Brad Pitt sagt: „Das Wichtigste in all unseren Häusern ist das Ehebett, weil morgens alle zum Kuscheln kommen.“ Seine L.A.-Villa ist minimalistisch mit Felsenwand am Eingang. Sein New-Orleans-Stadthaus hat Balkone und offene Fenster, damit er die Musik der Stadt hört. Sein Schloss in Frankreich hat Paparazzi-Flugverbot. In Berlin wohnt er im Soho House und Q-Hotel. George Clooney lebt versteckt und geschützt in einem 12.000-qm-Park, im ZiegelHerrenhaus von Clark Gable (drei Autos: Lexus, Porsche Carrera, Corvette Cabrio) mit schwarzem Cockerspaniel Einstein (Tierheim). Er sammelt gerahmte Krawatten von Prominenten (wie John F. Kennedy). Der Fernseher steht im Kamin. Thomas Gottschalk fährt in Malibu durch einen Batman-Tunnel (Code-gesichert) in eine Art Villa Kunterbunt (Mix aus Schloss und Ritterburg) – mit silbernem Not-Wohnwagen (für Evakuierung bei Waldbrand). Legende Kurt Douglas, 97, erwacht in seinem Schlafzimmer neben 5 Chagall-Gemälden: „Das ist mein Himmel!“ Bruce Willis hat seine Oase in der Karibik gefunden, George Lucas liebt den Comer See, Leo DiCaprio liebt den Baja Californea Cabo und die Sehnsucht nach Europa. Roland Emmerich seufzt: „Am liebsten bin ich in meinem Townhaus voller China-Kunst in London neben Harrods. Da kann ich endlich zu Fuß gehen.“ Ich liebe Autos. Nicht nur, weil sie mich von A nach B kutschieren, ich laut Musik hören kann und etwa die Hälfte meines Hausrats im Kofferraum zwischenlagere. Ich würdige auch gelungene Design-Leistungen. Aufgewachsen in „Mo-Town“ Wolfsburg, habe ich wahrscheinlich Benzin im Blut, habe aber in der Stadt, in der man nur VW fährt, früh gegen die Gleichschaltung des „guten“ Autogeschmacks rebelliert. Dabei hatten wir recht lustige VW-Modelle: einen Hippie-„Bulli“, einen Käfer in Bronze mit cremefarbenem Dach, einen K70 im Biene-Maja-Design, gelb mit schwarzen Streifen. Unser Familienalbum blättert sich wie eine Marketing-Broschüre zum VW-Kult. Zum Start meiner persönlichen Autokarriere schlug mein Vater einen Golf vor. Quadratisch, praktisch, gut. Um Himmels willen! Aber Papa zahlte. Der Kompromiss war ein Seat Marbella. Den habe ich dann wirklich zu schätzen gewusst. Er knatterte, und das formlose graue Interieur hatte Kantinencharme. Und das Beste: Ich konnte ihn in eine komplette Liegefläche verwandeln ... Während meines Studiums habe ich dann Jahreswagen von Wolfsburg nach Hamburg überführt; das gab mindestens 100 DM die Strecke. Und ich entdeckte den „need for speed“. Den Führerschein hatte ich in Amerika geschossen und so bekam ich in dieser Zeit – „learning by doing“ – die deutsche Verkehrsordnung recht kostspielig beigebracht. Danach suchte ich mir meine Freunde (auch) nach ihren Autotypen aus. Mit Sunnyboy-Jan und seinem umgebauten Beerdigungskombi hatten wir einen unvergesslichen Surftrip nach Biscarosse. Mit Tront und Bobbi Brown lustige Fahrten im Mini an die Ostsee. Mit Werber-Hans kalifornisches Feeling im Alpha Spider. Ich selbst fuhr immer irgendeine Kaschemme – bis zu dem Tag, an dem ich plötzlich annahm, ich müsste in cooles Design investieren. Ein Audi TT sollte es sein, in YuppieSchwarz und mit Lederausstattung, von mir persönlich in Ingolstadt abgeholt. Ich weiß gar nicht, was mich damals geritten hat. Wurde ich erwachsen, gar eine Spießerin? Als das Modell irgendeinen Test nicht bestanden hatte, konnte ich ihn Gott sei Dank wieder abgeben, saß man in der Schüssel doch so tief wie in einer Taucherglocke, vom Rückwärtseinparken will ich gar nicht anfangen. Dann doch lieber ein Auto mit mehr Seele: Ein Fiat Cinquecento Baujahr 74 mit Hebelanlasser rechts neben dem Sitz eroberte mein Herz. Türkis mit pinkem Lenkrad und Faltdach, ich war restlos hin und weg. Ich nannte sie zärtlich Luci (es gab nur den einen Lichtschalter an der Konsole), und wenn ich mal stehen blieb, war immer jemand da, der uns wieder angeschoben hat. Auch auf der Autobahn, immer erschien ein Ritter in glänzender Rüstung, um uns zur Seite zu stehen. Als die Tür nicht mehr abzuschließen war, beherbergte Luci auch den ein oder anderen Heimatlosen. Im Winter liegt, mangels Heizung, immer eine Decke auf dem Rücksitz. Ich hege und pflege meine Luci noch immer. Bella ciao! Das gute Leben Berggipfel, Wüstenlandschaften, jeden Tag Sonne, und das alles nur zwei Stunden von Los Angeles entfernt – kein Wunder, dass sich Schauspieler wie Frank Sinatra oder Cary Grant in den 60er-Jahren ein Ferienhaus in Palm Springs kauften. Die amerikanische Fotografin Nancy Baron hat das kleinstädtische, heute leicht aus der Zeit gefallene Leben zwischen Häusern mit Leo-Tapeten und türkisfarbenen Oldtimern nun in ihrem Bildband „The Good Life – Palm Springs“ (Kehrer Verlag) dokumentiert und damit ein wunderbar authentisches Abbild des Ortes geschaffen. Das Bikini Haus in Berlin hat (wieder) eröffnet. In der „Concept Mall“ findet man unter anderem Shops von Andreas Murkudis, Closed und Odeeh „In der Einfachheit liegt die höchste Vollendung“, soll Leonardo da Vinci gesagt haben. Worte, die, ohne größenwahnsinnig wirken zu wollen, auch von mir stammen könnten. Wer sich in meinem Refugium umsieht, dem wird nicht entgehen, dass Schnickschnack jeglicher Art tabu ist. Ich habe eine Schwäche für Geradlinigkeit und naturbelassene Materialien. Deshalb schaue ich auch lieber aus meinen Fenstern als auf ein Gemälde. Da kann ein da Vinci noch so genial sein: Die schönsten Bilder sind die von der Natur selbst gemalten. Vor allem auf Sylt ... Beim Wein ist das nicht anders: In Zeiten von Geschmacksverstärker und Co. heben sich die Un-Gedopten hervor. Einer davon ist der 2009er „Herdade dos Grous Reserva“ – Reserva ist eine Bezeichnung für Weine in Portugal und Spanien von höherer Qualität. Was man in diesem Fall auch schmecken kann. Ein makelloser Wein vom gleichnamigen Weingut, dessen Name übersetzt „Landgut der Kraniche“ bedeutet. Schlicht und einfach gut. FLÜGELVERLEIH Herbert Seckler Kultwirt vom Sylter „Sansibar“ PHOTO BY LAWRENCE SCHILLER © COPYRIGHT POLARIS COMMUNICATIONS,INC.,ALL RIGHTS RESERVED GENERATION GOLF Sue Giers PR-Chefin von Closed Volle Fahrt voraus Als Lawrence Schiller 1962 Fotos am Set von Marilyn Monroes Film „Something’s got to give“ machen sollte, traute er seinen Augen nicht: Marilyn, nackt im Swimmingpool! Für die Schauspielerin wurden es die letzten Aufnahmen vor ihrem Selbstmord, für den damals 25-jährigen Schiller bedeuteten sie den Durchbruch. Er arbeitete fortan für große Magazine und machte in den 60er-Jahren viele weitere legendäre Bilder. Von Muhammad Ali während eines Kampfes zum Beispiel, von Lee Harvey Oswald kurz nach der Anklage wegen Mordes an John F. Kennedy oder, siehe oben, von Tippi Hedren und Alfred Hitchcock auf dem Freeway in Los Angeles. Vom 26. April an zeigt die Berliner Galerie Hiltawsky das überraschend vielfältige Repertoire des New Yorker Künstlers unter dem Titel „Like Zelig“. DESIGN AUF DÄNISCH 20 Mit Arne Jacobsen, Jørn Utzon, Finn Juhl, Hans Wegner, Børge Mogensen und Verner Panton ist Dänemark in den vergangenen Jahren zu einem der wichtigsten Orte geworden, wenn es um Möbel und Inneneinrichtung geht. Schon in meiner Jugend haben mich dänische Architekten und Designer inspiriert, die Wert auf Handwerk gelegt haben und trotzdem eigene, neue Produkte entwarfen. Das Wort „zeitlos“ bekam auf einmal eine ganz neue Bedeutung. Wie konnte Dänemark mit nur 5,5 Millionen Einwohnern so viel großartiges Talent hervorbringen? Und wieso bekam skandinavisches Design international so viel Anerkennung? Was uns in meinen Augen von anderen unterscheidet: Wir schaffen es, Design mit Funktionalität zu verbinden. Das liegt wahrscheinlich daran, dass unsere Winter lang und kalt sind und Skandinavier viel Zeit zu Hause verbringen. Wir laden gern Freunde und Charlotte Lynggaard Familie nach Hause ein und geben uns viel Mühe mit der Einrichtung. Wir schätzen den KomDesignerin und Creative fort eines „Y“-Stuhls von Wegner, lieben die Schönheit einer Henning-Koppel-Karaffe von GeDirector von Ole Lynggaard org Jensen und trinken unseren Kaffee am liebsten aus einer Tasse von Royal Copenhagen. in Kopenhagen Einfach, weil wir glauben, dass er so gleich viel besser schmeckt. Tradition in transparent: Der Hüttenstuhl aus der „See through“Kollektion vom Südtiroler Label Scomodo KUNST I: Das Vitra Design Museum in Weil am Rhein zeigt unter dem Titel „Konstantin Grcic – Panorama“ die bislang größte Einzelausstellung des deutschen Industriedesigners. ——— KUNST II: Trix und Robert Haussmann blicken mittlerweile auf 50 Jahre Schaffen zurück. Die Kunsthalle Fri Art in Fribourg widmet dem Schweizer Architektenpaar eine Ausstellung. ——— KUNST III: Im Berliner Comme des Garçons Black Shop ist bis zum 26. April eine Installation des Künstlers Thomas Jeppe zu sehen. Titel: „Abstract Journalism: Annexe“. 21 NANCY BARON; AMIN AKHTAR; INGRID CANINS UND SONST NOCH TRENDBAROMETER VON WOLFGANG JOOP Herr Haka Kaum hat man sich alles schmaler nähen lassen, man musste ja unbedingt so aussehen wie ein Boy aus dem Berliner Berghain, die Hosenbeine so eng, dass man kaum noch mit dem Spann durchkam - schon kann man alles wieder auftrennen. Denn jetzt trägt Mann keinesfalls mehr auf, sondern: weit. Und ganz wichtig; die Beine hochgeschoben oder gekrempelt in Richtung Knie. Ja, ja. Wie am Strand. Und dazu Wadensocken mit Gesinnungsstickern dran! Schon absurd genug, aber auch noch Püppchen von Marni! Mickey Mouse oder was ist das? Wie? Tokidokis. Aha. Ich kann es nicht fassen, dass Du jetzt auch so etwas trägst. Da hilft der Zweireiher auch nicht mehr. Wie? Es geht nicht darum, ob Du es gut findest? Seid wann? PATRICK DEMARCHELIER Frau Dob Maus an Model Was für ein Glück, dass Patrick Demarchelier an seinem 17. Geburtstag eine Kamera geschenkt bekam: Prompt blühte seine Liebe zur Fotografie auf. Heute, knapp 53 Jahre später, zählt der Franzose zu den besten seiner Zunft, auch wegen seiner natürlichen Bildsprache. Er knipst so schnell, dass sein Motiv, hier das Model Christy Turlington, gar nicht erst über den Gesichtsausdruck nachdenken kann. Die 50 schönsten Werke des Fotografen sind ab dem 26. April in der Berliner Galerie Camera Work zu sehen. AUSGEZEICHNET 22 Seit drei Jahren schreibe ich für ICON, aber was wir sonst so tun, war bisher kein Thema. Bei einer Design-Ausgabe darf das ausnahmsweise anders sein. Mutabor ist das Zauberwort aus „Kalif Storch“ von Wilhelm Hauff. Es bedeutet „ich möge verwandelt werden“. Dieses Motto ist Name und Wahlspruch unserer Designagentur, die unlängst vom größten internationalen Design-Award „Red Dot“ zur „Agency of the year“ gekürt wurde. Für ein Jahr darf der Titel geführt werden, bevor er wieder seine Reise um den Globus antritt. Nun kam also der Pokal zu uns nach Deutschland. Eine große Ehre für ein Designteam, das vor gut 15 Jahren aus einem selbst verlegten Grafikdesign-Magazin entstand und über Aufträge von Adidas, Audi, BMW oder Airbus zu einer Mannschaft von 80 Kreativen, App-Entwicklern, Interface-Designern, Architekten, Grafikern und mehr heranwuchs. Knapp 400 Designpreise hat das Team bis heute gewonnen. Meinen kongenialen Geschäftspartner und Freund Johannes Plass und mich treibt die Faszination für kommunikatives Design. Corporate Identity, Verpackungen, Logos, Shopdesign, Messestände, Apps, Bücher, Filme, Websites – es gibt kaum eine Gestaltungsdisziplin, mit der wir uns in unserem Studio an Heinrich der Elbe nicht beschäftigen. Verwandlung ist Programm. Paravicini Das führt uns in diesem Jahr sogar zu Kunden nach BarGeschäftsführer celona, Peking, Moskau, Paris. Das ist unser Märchen. Mutabor Design in Hamburg PERSÖNLICH: Der amerikanische Designer Ted Muehling hat für die Porzellan Manufaktur Nymphenburg eine „Monogramm“-Kollektion entworfen: Auf die 26 Teller ist von Hand je ein Buchstabe des Alphabets gemalt. ——— AUF ANFERTIGUNG: Neu bei Hermès: die „Twillaine“-Kollektion. Auf Wunsch können acht verschiedene Seidencarrés zu Top, Kleid oder Cardigan umgestaltet werden. Ab sofort in den Pariser Boutiquen bestellbar. ——— KOOPERATION I: Emilio Pucci und der Fliesenhersteller Bisazza haben sich zusammengetan. Das Ergebnis: Mosaiksteine, die schönste PucciMuster ergeben. ——— KOOPERATION II: Der deutsche Künstler Olaf Hajek hat für Swatch zwei bunte Uhrenmodelle entworfen: „Flowerhead“ und „Nature Man“. Auf 888 Exemplare limitiert. NYMPHENBURG UND SONST NOCH OH, LOOK! UNSERE ICONA ZEIGT IHRE AKTUELLEN LIEBLINGSTRENDS ILLUSTRATIONEN: JAMES DIGNAN (JAMESDIGNAN.COM) ICONA IKEN Eine gute Figur macht Iken im grauen Smoking von Lanvin über mrporter.com (kommt mit Hose) Handschmeichler: Lederhandschuhe von Roeckl + + Für eine rosige Zukunft: Ohrhänger von Tiffany + Lacky me! Farbton „Mimosas for Mr & Mrs“ von OPI Egal in welcher Sprache, schön: Ja, Yes, Sì oder eben Oui. Ring von Christian Dior Einfach spitze: Kleid „Mystic Rose“ von Kaviar Gauche Immer stilvoll: Hemd und Fliege von Brioni + Lieblingsduft statt Liebesschwüre: „Love“ von Kilian + Herzensangelegenheit: Clutch von Charlotte Olympia über net-aporter.com Der Name sagt alles: „Love in White“ von Creed Der Bund fürs Leben: KnotenManschettenknöpfe von Cartier + + + Zeit für die Liebe: Die „Grande Reverso Ultra Thin“ von Jaeger-LeCoultre Spontan am Arm: Einwegkamera über blueboxtree.com + Das Schleifenband für die „Kutsche“ gibt’s über pinjafashion.com + Statt Hochzeitstorte: Pumps von Valentino über mytheresa.com + Sorgt für leuchtende Augen: Lampion über missetoile.dk + = 18.325,70 € Für den schönsten Augenblick des Lebens: „Anti-Fatigue Eye Treatment“ von Tom Ford jourdhermes.com + + = 13.838,90 € 24 ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER Nix da wackelige Knie: Standhaft in Schuhen von Louis Vuitton das neue Eau de Parfum Ein Wald, ein Stuhl, der Finne Seine Sessel gefallen Auge und Wirbelsäule: Designer Yrjö Kukkapuro hat Esther Strerath seinen persönlichen Lieblingsplatz gezeigt, Thomas Meyer fotografierte Yrjö Kukkapuro in seinem berühmten „Karuselli Chair“ 26 Das Haus ist nicht zu übersehen. Zwischen gelben und roten Holzvillen liegt das ufo-ähnliche Zuhause von Yrjö Kukkapuro, mitten in einem Wald in Kauniainen, rund 15 Kilometer westlich von Helsinki. Tannen rauschen im Wind, da tritt der Möbel-Designer schon mit wehendem, rotem Schal aus der blauen Haustür und bittet hinein. Ein riesiger Raum öffnet sich, hier lebt und arbeitet Kukkapuro seit 1968 mit seiner Ehefrau, der Malerin Irmeli Kukkapuro. Überall stehen Stühle, aus sämtlichen Schaffensphasen des Finnen, Prototypen, Bestseller, „Ateljee“ zum Beispiel, der famose Sessel mit den lederbezogenen, überbordenden Armlehnen aus Schichtholz, der „Experiment chair“, „Fysio“, „Nelonen“. Die Jahrzehnte der Entstehungen sind ihren Exponaten sofort anzusehen. „Die 60er-, 70er- und 80er-Jahre sind klar zu erkennen“, sagt Kukkapuro. „Danach wird es schwierig.“ Er nimmt „in den 70ern“, auf einem Sofa, Platz. Von hier sticht „Karuselli“ ins Auge, ein wenig zierlicher als das jetzt von Artek wieder produzierte Original. Auf der Möbelmesse „IMM Cologne“ war er der Super-Star. Man hätte Nummernzettel ausgeben können, so begehrt war das Probesitzen in dem wuchtig-futuristischen Sessel aus Fiberglas und mit Lederpolsterung, der auf einem Stahlbogen zu schweben scheint und seine „Insassen“ mit einem sanften Ruck verschluckt. Sein Erfinder lacht, als er von der langen Warteschlange hört. Nach der Entstehung gefragt, holt er ein wenig aus: „Ich war in den ersten Jahren in der Kunstschule, heute ist es ein Museum. Mein Lehrer schickte mich damals zu der Designschule, die auch im Atheneum war. Ich war etwas verunsichert, ich war ja Maler. Aber ich war jung, kam vom Land, der Lehrer war aus der großen Stadt Helsinki und so folgte ich seinem Rat. Und das war gut.“ Die beste Malerin, wirft er ein, sei sowieso seine Frau, die er an der Kunstschule kennenlernte und die während des Interviews unbeirrt am anderen Ende des Raumes an ihrem Zeichentisch arbeitet. Kukkapuro erzählt weiter: „1957, im Frühjahr, erzählte mein Professor in einer Lesung erstmals von Ergonomie, damals hieß es nur noch nicht so. Er hatte Kopien von Untersuchungen eines schwedischen Arztes, Okerblom war sein Name, der physiologische Studien über den Rücken angefertigt hatte. Er fand heraus, dass man ein Ischias-Problem bekommt, wenn man falsch sitzt. Vielleicht war er der Erste in der Welt, der solche Studien machte. Mein Professor erklärte uns also, wie wichtig es ist, richtig zu sitzen und den Rücken zu unterstützen. Gleich nach dieser Stunde hatte ich Ideen zu einem GanzkörperStuhl. Plötzlich schien dies möglich, denn jetzt hatte ich das erforderliche Wissen. Ich verstand, Möbel zu designen heißt, nicht nur Beine und Lehnen zu zeichnen, sondern etwas anderes, etwas Inneres. Wow“, sagt er und die Begeisterung für diese Sternstunde ist ihm immer noch anzumerken. Seitdem hat sich Kukkapuros Priorität nicht geändert – er entwirft – „auch heute noch, vielleicht nicht so ergonomisch, aber komfortabel“. Inzwischen hat wohl jeder Finne schon einmal auf einem „Kukkapuro“ gesessen. Theater, Konzertsäle, Universitäten, Krankenhäuser, Flughäfen und zahlreiche Büros hat er bestuhlt. Nur einmal wollte er einen Stuhl für den privaten Gebrauch produzieren. Dabei hat er sein ganzes Haus selbst gestaltet, die tankför- migen, runden Riesenboxen, in denen Dusche und WC versteckt sind, die Leuchten, die halbrunde Küche, auch das Bett für die Tochter. „Als wir jung waren, hat jeder alles selbst gemacht, man nahm Holz und Nägel, wir hatten kein Geld“, winkt er ab. Doch sein Privat-Entwurf für andere scheiterte: „Das war Ende der 70erJahre. Ein Architekt kam zu mir und sagte, der Stuhl passe wunderbar in sein Krankenhaus. Danach habe ich nie wieder versucht, für zu Hause zu designen.“ Rund ein Jahr lang arbeitet Yrjö Kukkapuro an einem Stuhl. Wie viele sein Œuvre umfasst, kann er nicht sagen. Es müssen mindestens 50 sein. Für „Karuselli“ brauchte er vier Jahre. Ob er damals ahnte, dass ihm ein Klassiker gelungen war? Schließlich hatte schon seine erste Kollektion „Moderno“ (1956) für Aufsehen in Finnland gesorgt. „Avar Aalto war damals schon international berühmt. Ich hatte nur etwas geformt, über Monate, Jahre. Und eines Tages war es fertig. Es war so völlig anders als alles, was es bisher im finnischen Design gab“, sagt er, springt auf und holt ein Buch über sein Werk, blättert darin und zeigt die einzige Fotografie, von ihm und der Schale des berühmten Sessels. „Ich habe ein Metallnetz gespannt und mich hineingesetzt, Sackleinen darüber gelegt und es mit Gips ausgegossen und dann mit der Hand modelliert. Das kostete nix“, erklärt er seine Studien, das damals plötzlich so begehrte und teure Plastik zu formen. Angeblich entstand die UrIdee zu dem Projekt beim Spielen mit seiner Tochter im Schnee? „Nein“, widerspricht er lachend. „,Ein Engländer hat sich das ausgedacht. Aber ich habe eine andere Geschichte: Karuselli war bereits fertig, da kam ein Mann aus London, Terence Conran, damals noch ohne 3 „ALS ICH 50 WAR, DACHTE ICH, ICH BIN ALT UND HABE SCHON ALLES GEMACHT. DOCH DANN KAM DER POST-MODERNISMUS“ 3 den Titel, und wollte den Stuhl mit einer Lizenz in England produzieren und verkaufen. Es war Winter, es lag sehr viel Schnee, ich spielte mit meiner Tochter Isa draußen. Wir gruben Löcher, sie baute Tiere und ich natürlich Sitzplätze, als er fragte, was wir machten. 20 Jahre später erzählte er die Geschichte ganz anders in einem Buch. Er hat nicht wirklich unrecht, er erinnert sich nur ein wenig falsch“, stellt Yrjö Kukkapuro klar. 1964 kam Karuselli auf den Markt, er stand bei dem Möbelhersteller „Haimi“ im Fenster, dessen Inhaber ihn „hässlich“ fand, so Kukkapuro. Doch er wurde verkauft. Gio Ponti setzte ihn 1966 auf das Cover der „Architektenbibel“ „Domus“, die „New York Times“ feierte ihn als den bequemsten Stuhl der Welt. Weil das Licht gerade so herrlich in den Garten scheint, bittet der Fotograf Thomas Meyer, schnellstmöglich Porträts von Yrjö Kukkapuro aufnehmen zu dürfen. Der schlaksige Finne setzt sich in den Garten und lächelt, während eine Skulptur von Susumu Shingu Reflexe ins Haus wirft. Dann trägt er Karuselli eigenhändig wieder hinein. Es gibt Tee, den sein chinesi„Karuselli Chair“ scher Freund, der Architekt Fang Hai, bei einem Besuch mitgebracht hat, finnische Kekse Fällt auf zwischen typisch finnischen Holzhäusern: Kukkapuros „Ufo“ mit viel Glas und und Bach vom Band. Stahl steht in der Umgebung von Helsinki. Dort ist er mit seiner Frau Irmeli zu Hause Er entwerfe keine Stühle, in denen man nicht gut sitzen kann, Nutzung von Plastik komplett und arbeitete hat er einmal in einem Interview gesagt. „Ha- nur noch mit Schichtholz. be ich das? Doch es stimmt ja. Wenn ich einen Plastik ist nicht so – naja, es besteht aus Öl. Dies Stuhl für das Theater entwerfe, ist es besser, in guten Stühle zu verwenden ist kein Verbreihn so zu designen, dass man relaxt und kon- chen, damit zu heizen, das ist nicht gut. Ich sagzentriert darin sitzt. Ich habe viele, viele Stüh- te einmal zu einem Bekannten, wenn wir den le, die sehr simpel sind. Aber alle Maße und letzten Tropfen Öl in einen Karuselli-Stuhl geWinkel sind richtig. Wenn dies der Fall ist, ben, das ist nicht so schlimm, denn so kann sitzt man gut, ohne besondere Ergonomie.“ So man ihn lange sehen. Wenn man ihn nicht verviele Designer wüssten das nicht, ärgert er brennt.“ sich und windet sich auf dem Sofa (auf dem Abermals steht er auf und holt aus einem Staman ganz ausgezeichnet sitzt). Die perfekten pel hinter seinem Arbeitstisch (ein Steh-ZeiWinkel hat Kukkapuro so berechnet: „Wenn chentisch mit höhenverstellbarer Fußpumpe) es kein Lounge-Sessel ist, habe ich einige Re- eine Schwarz-Weiß-Fotografie. Sie zeigt Archigeln. Die Neigung der Lehne bis zu sieben tekt Marcel Breuer, wie er im Dreiteiler in eiGrad, das Sitzelement 25–28 Grad, nicht für nem „Karuselli“ lümmelt. „Ich weiß nicht, wie Stühle zu Hause, aber für Hallen und Warte- es zu dieser Aufnahme kam, aber ich bin sehr zimmer sind diese Winkel gut. Auch darf stolz auf sie“, sagt er strahlend. Vor ein paar die Lehne nicht zu niedrig sein, sondern Wochen bat ihn sein Hausarzt verlegen um ein 45–50 cm betragen, sonst presst man sich Autogramm, seine Mutter sei ein Fan, beide gegen eine Kante.“ mussten herzlich lachen. Er selbst bezeichnet sich als Industrie- Kukkapuro hat viele Jahre als Professor an der Designer. „Ich mag Element-Konstruktio- Universität für Kunst und Design in Helsinki nen. Ich habe immer mit den unter- unterrichtet. „Die meisten meiner Studenten schiedlichsten Herstellern und Gewer- sind in Rente“, sagt er grinsend. Er lobt das ken in Finnland gearbeitet. Aus dieser skandinavische System, „einige Lehrer waren Separation entsteht eine andere Ästhe- moderne Interieur-Designer, viele waren sehr tik, die durch Details und kleine Dinge berühmt. Hier unterrichten alle Architekten geprägt wird. Es ist wichtig für mich, und Designer, während andernorts Professozu sehen, wie etwas gemacht wird, die ren lehren, die selbst noch nie etwas produziert Konstruktion ist bei mir sehr offen- haben. Das ist nicht gut.“ Kukkapuros Arbeiten sichtlich“, erklärt der Maestro. Wie- stehen unter anderem im MoMa, im Victoria & der steht er auf und geht hinüber zu Albert Museum in London, auch im Hamburdem „Karuselli“-Sessel, dreht ihn um ger Museum für Kunst und Gewerbe. Aus Chiund zeigt, wie Fuß und Stahlbogen na, wo es einen Lizenznehmer für den asiatimiteinander verschraubt sind. schen Markt von Kukkapuro-Entwürfen gibt, Auch heute noch, bekräftigt er, traf neulich ein kleines Paket ein. Darin: eine werde alles bei Artek genauso her- Miniatur seines Hauses in einem Geschenkkargestellt wie damals. Nur das Kugel- ton, so wie er Kunden dort überreicht wird. Dalager ist jetzt ein Nylonlager. Nach rauf sollte in chinesischen Schriftzeichen „StuKaruselli hat der Designer nie dio Kukkapuro“ stehen. Doch ein Freund verwieder mit Plastik gearbeitet. riet ihm: „Da steht Museum.“ „Die Pop-Art war neu, frisch, Davon ist sein „Ufo“ allerdings weit entfernt. schön. Wir waren jung, sie hat „Als ich 50 war, dachte ich, ich bin alt und habe uns alle beeinflusst. Aber dann schon alles gemacht. Doch dann kam der Postkamen die 70er-Jahre. Modernismus und ich hatte neue Ideen für ForAlles war nur funktional, es men von Stühlen.“ So scheint es immer bei Yrjö gab keine Farben, keine Ästhe- Kukkapuro zu funktionieren. Es liegt etwas in tik, ‚beautiful‘ war ein der Luft und er macht daraus ein Möbel, ZeitSchimpfwort. In dieser Zeit zeugen, manchmal sogar Klassiker. Jetzt zeigt verwendete ich viel Ergono- er Skizzen seines neuen Stuhls „Colour-Elemie. Dann kam die erste Öl- ment“: „Ich benutze nur Schwarz, Rot, Blau krise, 1973, und auch Ökolo- und Gelb. Da ich nie Zeit hatte, Farben zu stugie wurde zunehmend dieren, benutze ich nur Primärfarben. Nächste wichtiger. Ich stoppte die Woche erwartet er einen Prototyp. MÖBEL Zukunft in Stahl und Holz Auf Thonet-Stühlen sitzt man 2014 genauso gut wie im Gründungsjahr 1819 – und was kommt jetzt? Esther Strerath war zu Besuch in Frankenberg, Thomas Meyer fotografierte Percy Thonet aus der jüngsten Generation des Familienunternehmens mit seinem Lieblingsstuhl, dem „S32“ von Marcel Breuer 30 Hinter schwarzem Stoff und im Spotlight eines Strahlers thront ein seltsames Stück Holz, gebogen wie eine Haarnadel, ein großes „U“. Es ist Teil der Ausstellung „In the Making“ des britischen Duos „Barber & Osgerby“ im Designmuseum London (bis 5. Mai). Dazu erklären die Designer: „Sicher der ikonischste Teil eines Objektes aus der Möbelgeschichte, ist dieses gedämpft-gebogene Bugholz das essentielle Stück, das dem ersten wirklich industriell gefertigten Möbelstück seinen Charakter verleiht – dem Nr. 14-Stuhl.“ Szenenwechsel: Zwei Männer, sie sehen ziemlich kräftig aus, biegen einen 2,26 m langen Holzstab so weit, dass sich die Enden überkreuzen, sie fixieren ihn in einem Metallrahmen, drehen dann die Füße um 70 Grad nach innen und ziehen sie wieder auseinander. Ort des Geschehens: Frankenberg, Nordhessen. Hier sind professionelle Bieger bei Thonet zugange. Sie fertigen, genau wie vor 155 Jahren ein Stuhl-Teil vom Nr. 14, der heute 214 genannt wird. Ein paar hundert Meter entfernt, man geht über Bahngleise und an leerstehenden Fabrikhallen vorbei, reihen sich ThonetStühle im Regal aneinander, gegenüber steht der neue „S 1200“, ein smarter Sekretär. Es gibt ihn in unterschiedlichsten Farbkombinationen. Dies ist der Showroom des FamilienUnternehmens, zwischen Firmenmuseum und der privaten Fachwerk-Villa, die die Familie in dritter Generation bewohnt. Drumherum schlängelt sich die Landstraße sanfte Hügel und Mini-Orte mit Pizza-Service. Thonets Vergangenheit ist groß: Picasso liebte seinen Thonet-Schaukelstuhl, es gibt Fotografien von Charlie Chaplin auf einem Thonet, ebenso Marylin Monroe, Liza Minelli tanzt mit einem Thonet in „Cabaret“, auch im Weißen Haus saß man darauf. „Wir haben viel Potenzial, das in den vergangen Jahren geschlummert hat“, sagt Percy Thonet, der jüngste seiner Familie im Unternehmen. „Es gab schon immer Farbvielfalt bei Thonet. Die Innovation ist also nicht vom Himmel gefallen. Aber wir greifen das Thema ,Classics in Colour jetzt wieder auf. Der Startschuss war die IMM Köln, Mailand war ähnlich.“ Da Stahlrohr ein wichtiges Standbein sei, sei es in diesem Kontext logisch gewesen, die Farben aus der Bauhaus-Zeit, die sich an der Farbpalette von des Bauhaus-Leiters Johannes Itten orientieren, aus der alten Kollektion wieder aufzunehmen. „Schon im vergangenen Jahr haben wir neue Beizfarben gespielt. Dafür waren Mitarbeiter unserer Produktentwicklung auf der Modemesse ‚Bread & Butter’, auf Floristikmessen, kurz, auf Messen die gar nichts mit Möbeln zu tun haben, um zu schauen, was in Zukunft aktuell sein wird“, ergänzt Thonet, der als Vertriebsleiter Österreich fungiert. Thorsten Muck, seit Ende 2013 Geschäftsführer, erzählt die Geschichte von der IMM in Köln. Dort war Anfang des Jahres der Stand schon am Vortag der Eröffnung fertig. Die Botschaft lautete: Hey, wir sind schon da. „Zwei Mal zeichnete unser Haus für große Innovationen verantwortlich, war gestalterisch prägend. Zuerst mit dem gebogenen Bugholz, als Kontrapunkt zu den wuchtigen Möbeln damals, was Michael Thonet erfand. Und dann mit seinen Bauhaus-Klassikern aus Stahlrohr“, sagt Muck. Und heute? „Erfinde Dich selbst neu“ – ist der Titel zu einem Trendbericht auf der Homepage. „Man muss sich selbst gut finden und wissen, warum. Was ist das Skelett, die DNA der Firma? Das muss man lesen können und es in neue Projekte injizieren, ohne zu 3 MICHAELKORS.COM shop.santonishoes.com DIE STAHLROHR-KLASSIKER ENTWARF MART STAM SCHON 1931 - INZWISCHEN SIND SIE ETWAS BUNTER GEWORDEN. DASS DAS DESIGN-ERBE SO BEHUTSAM MODERNISIERT WIRD, DAFÜR SORGEN AKTUELL DIE THONETERBEN PETER UND PERCY UND GESCHÄFTSFÜHRER THORSTEN MUCK (MITTE) 32 3 schauen, was die anderen machen“, sagt Muck. Als ein Unternehmen von annähernd 200 Jahren müsse das, was man entwickele, gleichermaßen zum Unternehmen wie zur Zeit passen. Inzwischen ist auch Peter Thonet, Designer und Ur-Ur-Enkel des Firmengründers eingetroffen. Sein Neffe Percy betont: „Es gab immer wieder neue Sachen bei uns. In den 70ern mit Verner Panton und seinem ‚S-Chair‘, der ‚Flex-Stuhl‘ von Gerd Lange mit Kunststoff und Hol.“ Vor sieben Jahren entwarf Stefan Diez, einer der prägendsten Industrie-Designer Deutschlands, einen Stuhl für Thonet, den „404“: Peter Thonet sagt: „Das treibt uns grundsätzlich an, dass wir versuchen Möbel zu machen, die ikonenhaft sind. Diese sollen gerne Klassiker werden, manchmal geht das schnell, manchmal dauert das sehr lange. Die Bauhaus-Möbel fanden die Menschen anfangs uninteressant, nicht schön.“ In den 30er-Jahren sei die Stahlrohrproduktion bei Thonet viel höher gewesen als die mit Holz, Stahlrohr sei dann erst in den 70ern wiedergekommen. In den 80er- und 90er-Jahren waren dann Generationen von Bugholz begeistert: „Jetzt gewinnen die Stahl-Klassiker wieder zunehmend an Bedeutung, das ist der Zeitgeist.“ In der Möbelwelt ist dazu angesagt, was lange halten soll. Kaum ein Designer heute, der nicht anstrebt, ein Objekt für ein ganzes Leben zu entwerfen. „Genau da kommen wir ja her“, sagt Percy Thonet, „das Wiener Kaffeehaus etwa, da gibt es Häuser, die heute noch aussehen wie damals. Dank des 14ers, der 30 Jahre lang drei Gulden kostete, soviel wie ein halbes Schwein oder zwei Kisten Bier.“ Bei Thonet gehen pro Jahr rund 3000 Stühle zur Reparatur ein, aus den unterschiedlichsten Epochen. Häufig ist das Geflecht der Sitzfläche hinten rechts ausgefranst – da „sitzt“ meist auch das Portemonnaie. „Das beweist, wie sehr die Kunden an ihrem Möbel hängen“, sagt Muck. Ein Gang durch die Werkhallen führt die Aussagen von Thonet Junior vor Augen. Da werden Stahlrohrrahmen geschweißt, ohne dass jemals eine Naht zu sehen ist, Löcher werden gebohrt, eine Frau streicht mit einem nassen Schwamm geschwärztes Wasser über Holz-Lehnen. Eine andere rasiert mit einem Lady-Shave (rosa jedenfalls) überstehende Härchen von dem berühmten, wabenartigen Thonet-Geflecht, an den Schleif-Maschinen tragen die Mitarbeiter keine Hand- schuhe, um Unebenheit zu erfühlen. Und durch alle Hallen fahren gemütlich ThonetStühle an Schienen die Decken entlang, auf dem Weg zum nächsten Arbeitsschritt. Die Geburt eines Stuhles dauert circa eine Woche, gefertigt wird nach Auftrag, rund 120.000 Produkte pro Jahr. Kürzlich ist Thorsten Muck durch das Thonet-Archiv gegangen. Mehr als 500 Stühle lagern dort: „Wir arbeiten derzeit an zwei Re-Designs, die wir aber dieses Jahr noch nicht zeigen.“ Stattdessen präsentierte das Unternehmen auf der Mailänder Möbelmesse ein neues Sideboard, inspiriert von einem alten Schrank aus dem Archiv und entwickelt vom eigenen Design-Team. Es ist ohne Werkzeug aufbaubar. Percy Thonet ist sicher: „Die Technologie wird den nächsten Schritt in der Möbelindustrie vorgeben, auch beim Stahlrohr war das ja so.“ Der Geschäftsführer ergänzt: „In nicht allzu ferner Zukunft ist es wahrscheinlich, dass wir aus anderen Branchen Fertigungsverfahren auf Möbel übertragen.“ Aber noch, findet Percy Thonet und wippt ein bisschen gegen die Rückenlehne, „gibt es nichts Bequemeres, ob man lümmelt oder gerade sitzt, als einen Freischwinger.“ Am besten in bunt. SAMMLER Stühle im Kopf Berliner Gestaltung, Glashütter Herz: Manufaktur-Klassiker Tetra in vier neuen hauptstädtischen Farben. Auf der Bühne hält er die Zeit an. Im wirklichen Leben ist er rastlos. Robert Wilson lebt Kunst. Grenzenlos. Bringt Lady Gaga und Marina Abramović zusammen. Und lässt Andreas Tölke über YIORGOS KAPLANIDIS; LAURIE LAMPRECHT (2) gesammelte Stühle staunen 34 Ein Übernachtungsgast in Robert Wilsons New Yorker Loft überliefert glaubhaft die Anekdote: „Abends nahm ich eine Tasse aus einem Regal, am nächsten Morgen hing dort ein Zettel: Bitte nichts wegräumen! Das ist Kunst!“, unterschrieben mit „Bob“. Robert „Bob“ Wilson lacht bei der Erzählung. Schallend. „Ich bin schon sehr ordentlich“, räumt er ein. Das sein ganzes Leben Kunst untergeordnet wird, dass sagt er nicht ... Apropos einräumen: Der 73-jährige Wilson ist Sammler, das ist bekannt, aber nicht nur von den Großen und demnächst Großen der Disziplin. Er hat eine umfassende Sammlung von Stühlen. Richtig gelesen: Stühle. „Ungefähr tausend“, schätzt er selbst. Der Regisseur, Maler, Skulpteur, Autor – er ist nicht nur einer der kreativsten interdisziplinären Künstler unserer Zeit, sammelt nicht nur für ihn besondere Einrichtungsgegenstände, er entwirft auch Interior. Der gebürtige Texaner hat am renommierten Pratt Institute, New York, Architektur und Design studiert. Der Einfluss – bis heute sichtbar in Bühnenbildern. Minimalistisch, fokussiert, präzise beleuchtete Requisiten, hier ein Schrank, ein einzelner Stuhl. Zerrst du die Zutaten für deine Bühnenbilder aus deinem eigenen Fundus? (Kein wirkliche Frage, eher eine Frotzelei.) Wieder lacht er. Wie bei jedem Gespräch, so ist Robert Wilson auch jetzt ein wirklich heiterer Zeitgenosse. „Ich entwerfe sie für Inszenierungen, aber die Stücke aus meiner Sammlung sind mir zu wertvoll, um sie als Gebrauchsmöbel auf der Bühne zu nutzen.“ Das, was er selbst kreiert, ist leidlich nah am Gebrauchsmöbel. Aber wer, bitte, will schon einen Wilson (für Kartell 2011) in limitierter Edition, sieben Stühle, siebenfach, einfach an den Esstisch stellen? In der Mailänder Scala präsentierte er seine Entwürfe, die natürlich im Kontext zu seiner Theaterarbeit stehen: Shakespeares „Was ihr wollt“ als Sitzmöbel symbolisieren die sieben Lebensphasen eines Mannes. Robert ist jetzt über 70. Zeit, sich zu setzen? „Ich plane ein neues Stück für das Berliner Ensemble, in Athen kommt etwas auf die Bühne, in Prag ...“ Okay, verstanden. Bis zu Watermill, seinem kreativen Labor, dem Ort seiner Sammelleidenschaft aus Menschen und Gegenständen, unweit von New York, kommt er nicht. „Schäumt auch die Meeresfläche wild, Gedanken formen doch ein Bild aus seiner Seele.“ Peer Raaben, Musiker, Dichter, Multitalent, schrieb diese Zeilen für ein Lied. Ich muss, treffe ich Wilson, immer daran denken. Worte für ihn, so treffend wie kaum andere. Robert Wilson, fast ständig in stürmischer Bewegung, Kunstnomade mit bis dato über 60 Inszenierungen. Neudeutsch könnte man bei seinen Theaterarbeiten, wie vor Kurzem beim berechtigt umjubelten „Einstein on the Beach“, von „Entschleunigung“ reden. Das wäre nicht Robert Wilson, der über zeitgeistige Wortverrenkungen nicht schmunzelt (ja, er versteht einiges Deutsch). Dabei: Von wegen, der reife Mann ohne Draht zum Hier und Jetzt. Er pendelt leichtfüßig zwischen E und U, zwischen ernst und unterhaltsam, schlägt Brücken. Vom Stuhl bis – wieder Stuhl. Gerade sind seine Videos und Porträts mit Lady Gaga im Louvre gezeigt worden. Er, Wilson im Louvre, das ist fast zwangsläufig. Sie, Lady Gaga, die Queen of Pop, hat es dem Künstler zu verdanken. Das darf nicht verwechselt werden! „Sie war unglaublich, hat 3 neun, zehn Stunden in einer Pose Hier: Tetra Goldelse (l.) und Tetra Kleene. Vor Ostern im Handel. nomos-glashuette.com LeagasDelaney.de Eine Liebeserklärung für die Ewigkeit: PROMISE BY KIM EIN STUHL, DER HAT VIER BEINE? NICHT SO DIE MODELLE, DIE ROBERT WILSON AUF SEINEM ANWESEN MIT „SKULPTUREN-PARK“ AUF LONG ISLAND SAMMELT. ETWA 8000 KUNSTWERKE SIND DORT ZU SEHEN, DARUNTER 1000 STÜHLE – DOCH EIGENTLICH MACHT WILSON KEINEN UNTERSCHIED ZWISCHEN KUNST UND STUHL 36 3 dagestanden. Ich mag sie. Ich mag sie sehr. Als sie Kontakt zu mir aufnahm, war sie an einem Punkt in ihrem Leben, an dem sie mehr wollte als Pop“, sagt er über die Zusammenarbeit. Gaga also kam nach Watermill, zum kreativen Pol des Vielfliegers (HON-CircleMember – auch da lacht Wilson nur). Abflug nach Watermill. 1992 hat Robert Wilson das Gelände auf Long Island „besetzt“, wie er schmunzelnd einräumt. Dort, in den legendären Hamptons, residieren Donna Karan, Mariah Carrey und Steven Spielberg. Jackson Pollock kreierte hier 1945 die bahnbrechenden „Drip Paintings“ und F. Scott Fitzgerald den „Great Gatsby“. Hamptons – das ist Künstlerenklave und Noblesse, Dekadenz und Idealismus. Mittendrin Robert Wilson als „illegaler“ Haus-Erbauer. „Es war wirklich so, dass wir erst vor zwei Jahren alle nötigen Genehmigungen erhalten haben“, erzählt er von seinem Labor für Kunst, Performance, Theater und Ballett. Jeden Sommer verwandelt sich das Areal in eine Kommune. Junge Kreative aus der ganzen Welt entwickeln hier ihre Ideen und „... kochen, putzen, kümmern sich um den Garten“, wie es der Impresario ergänzt. „Im Gegensatz zu Deutschland sind Subventionen für Kultureinrichtungen aus privater Initiative in den USA unbekannt. Wir müssen alles allein finanzieren.“ Also muss jeder anpacken, ist dann aber auch auf dem jährlichen Sommerfest und kann seine Kreationen vor einem illustren Publikum von Lady Gaga, Hugh Jackman, Cindy Sherman und Winona Ryder präsentieren. Eine Benefizgala der Superior-Klasse, die 2013 über zwei Millionen Dollar für die Watermill Foundation generierte. Und knatterhart werden Kosten transparent gemacht: Auf der Website öffnen sich unter dem Stichwort Finanzen lückenlose Unterlagen, die unter anderem verraten, dass 2012 243.265 US-Dollar für Instandhaltung ausgegeben wurden. Eine Investition in die Gegenwart. In dem grau-grünlichen Block, der ein wenig an die Architektur von David Chipperfield erinnert, verbergen sich Schätze. Die Kunstsammlung von etwa 8000 Stücken, die zum Teil im Skulpturenpark zu sehen sind. Die Bibliothek mit rund 6000 Bänden. 2000 qm Räume für zuweilen ganz schön viel Theater. Wie behält er den Überblick? „Zum Glück gibt es ein Team vom Manager bis zum Archivar“, meint Wilson. Schlamperei? So not Wilson. In dem Gebäude auch der Großteil seiner Stuhlsammlung. „Angefangen hat es mit einem Geschenk. Ich war acht, fand den Stuhl bei einem meiner Onkel großartig und bekam ihn.“ Normalerweise bekommen texanische Burschen ein Gewehr und Cowboyboots. Mit 17 musste Wilson ebenjenen Stuhl an den Sohn und Erben zurückschicken. Die Konsequenz: „Selber die Dinge erstehen, an denen einem was liegt.“ Oder einfach selber machen. „Ich habe für mein erstes Stück einen Stuhl entworfen. Und dann immer wieder. Für Faust, Einstein on the Beach, für Nijinsky, Queen Victoria und Joseph Stalin.“ Auch diese Exponate sind heute unter einem Dach vereint. Warum dieser Enthusiasmus für etwas vermeintlich Alltägliches? „Stühle sind wie Skulpturen“, findet Wilson. Von einem Shaker Chair aus dem 19. Jahrhundert, Kinderstühlen, Einzelstücken bis zu Mies van der Rohe Sitzmöbeln – Robert Wilsons Sammlung ist eklektisch. Gibt es einen Favoriten darunter? „Stühle sind wie Kinder. Die mögen es auch nicht, wenn es einen Liebling gibt“, antwortet er. Dann muss er zum Zahnarzt. „Und dass mir niemand was wegräumt“, sagt er lachend zum Abschied. 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Wegner (Carl Hansen & Son) s „Paris Chair“ von Arne Jacobsen (Sika-Design) „Zweig“ Wandlampe (Kalmar) ge, die es noch gar nicht gibt, waren zu sehen, Prototypen von Visionen. Doch man durfte die Messe auch für eine Reise in die Vergangenheit nutzen. Schönstes Design-Déjà-vu: Das allererste Möbelstück von Arne Jacobsen, der „Paris“-Stuhl von 1925, wurde von Sika-Design relauncht. Cassina zeigte ein Sofa, das Charles-Édouard Jeanneret-Gris alias Le Corbusier gemeinsam mit Pierre Jeanneret und Charlotte Perriand für sein Heim in der Rue Nungesser-et-Coli entworfen hatte. Poltrona Frau legte Sofa von Jeanbunte Sessel von Gio Ponti Michel Frank wieder auf, 1965 von ihm für (Hermès) die Firma entworfen und jetzt in Ponti-Blue und Ponti-Grün zu haben. Artemide feierte 16 „Masterpieces“, darunter Arbeiten von Vico Magistretti, Enzo Mari, Aldo Rossi und Ettore Sottsass, teilweise nun mit LED-Technologie versehen. Der Vintage-Boom umfasst alle Dekaden, von den 20er- bis zu den 70er-Jahren: Pop bei Rosenthal mit Andy Warhols legendären „Campbell’s Soups“ auf Vasen und Behältern, auch bunt bei „Carl Hansen & Son“, der anlässlich des 100. Geburtstages von Hans J. Wegner dessen Ikonen Wishbone-, Shell- und Wing-Chair nun von Paul Smith neu einkleiden ließ, natürlich gestreift (Stoffe: Maharam). Nicht weniger farbenfroh waren die sieben Looks des Sessels „Bardi’s Bowl Chair“ (limitiert auf 500 Stück) aus dem Jahr 1951 von Lina Bo Bardi bei Arper. Wie schön, dass die Eleganz von damals nicht mehr unantastbar ist und jetzt so frisch wiederkehrt. Die Archive der Hersteller sind voll stre mit Ideen, also: zurück in die Zukunft damit! (Arp Die neue Lattissima Pro vereint leistungsstarke Technologie mit der Einfachheit eines Touchscreens. Genießen Sie jetzt mit nur einer Berührung auch zu Hause exzellente Kaffee-Kreationen mit frischer Milch. www.nespresso.com/lattissima-pro „LC 5“ von Le Corbusier, P. Jeanneret, C. Perriand (Cassina) DESIGN en ter den Kuliss in h r e b e li t is Es – denn hne. Recht so ü B n e ß ro g r als auf de von t der Auftritt h ic n t is d n e entscheid ines Designs. se r e d rn e d n so Piero Lissoni, rissen falls ist hinge n e d je e lk ö T s Andrea Ü ber Geschmack diskutiere ich nicht!“ Der Mann ist streng. Dabei ist er im Ausdruck sehr sanft: dieses herrliche, leichte Singsang-Englisch, das nur Italiener so hinkriegen. Piero Lissoni – der Mensch als Marke. Seit mehr als 30 Jahren im Geschäft, angefangen als Direktor bei Boffi – bis heute arbeitet er mit dem Edel-Küchen-Hersteller zusammen, ist er aber längst aus dem Schatten der Marke geschlüpft. Auf dem Salone del Mobile zeigen Kartell, Living Divani, Porro und Cassina Objekte von ihm. Trotzdem ist er bis heute mehr für die Szene sichtbar, die in Mailand die neuesten Interior-Trends inhaliert, als für den Konsumenten. Während mit den Brüdern Bouroullec, den Campana-Brüdern und Patricia Urquiola auch direkt am Kunden in den Shops und Magazi- nen geworben wird, ist Piero deutlich weniger Rampensau: „Ich mache meine Arbeit, die mache ich gern. Ich bin nicht so gern das Aushängeschild.“ Basta cosi. Die Arbeiten sprechen für sich. Vom Architekten zum Produktdesigner und zurück. Aber erst einmal hin. Aktuell nach Amsterdam. Das ist dank des revitalisierten Rijksmuseums sowieso gerade eine Stadt, die man unbedingt aufsuchen sollte, und Piero Lissioni hat direkt neben dem Museum das „Conservatorium Hotel“ erweitert und ausgestattet. Seine bisher fünfte Herberge weltweit. Die ehemalige Musikhochschule zu stylen war kein Spaziergang. Arabische Investoren, ein holländisches Gebäude aus dem 19. Jahrhundert unter Denkmalschutz plus die Handwerker. Fünf Sterne später schwebt im überdachten Atrium ein hypermoderner Kubus als Konferenzbereich vor der klassischen Fassade im Inneren des Hotels. Die Deckenhöhe des Hofs beträgt rund 20 Meter. Das Hotel selbst: verwinkelt bis in die letzte Ecke mit Seitenflügeln und 129 Zimmern mit unterschiedlichsten Deckenhöhen. Ein Albtraum für jeden Designer-Architekten. Oder eben eine spannende Herausforderung. Piero Lissoni jedenfalls schreckt auch vor einer Yacht nicht zurück. Das ist neun Jahre her – die Ghost Sailing ist mehr als 37 Meter lang und hat sechs Kabinen an Bord. Und wenn die Yacht aus der Kreativstube von Signore Lissoni das Meer durchpflügt, dann liegt Sex in der Luft, der nicht wie sonst so oft die Aura des Machismo verströmt. Vielmehr eine global verständliche Bellezza, die Piero Lissoni in allen seinen Projekten realisiert. Nie wird er deshalb ein kreischiges „Must-have“-Produkt auf den Markt bringen, nie einer Bling-BlingOptik sein Verständnis von Materialität und Klasse unterordnen. „Aber glaub bloß nicht, dass der Designer gegenüber dem Kunden jede Freiheit hat, die er sich wünscht.“ In seinem Ton schwingt kein Bedauern mit. Sein – das ist nicht abwertend gemeint – klassischer Look beruht vor allem auf „Diskussionen, Diskussionen, Diskussionen“. Im Team, mit den Kunden, mit den Herstellern. Wie geht das, wenn der Kunde mal ein zukünftiger Yachtkapitän ist, mal ein Villenbesitzer in der Toskana, mal ein arabischer Nabob, der ein Hotel als Kapitalanlage will, und last but not least ein Möbelhersteller? „Das ist gerade das Reizvolle: herauszufinden, wo die Reise startet und wo sie hingehen soll.“ Ist der Startpunkt bei einem Projekt geklärt, wird das dreistöckige Büro in einem Mailänder Hinterhof zum Kreativlabor: „Ich wache ja nicht morgens auf und habe eine Eingebung, wie ein Objekt oder ein Gebäude aussehen soll.“ Und dann kommt das Team ins Spiel. Über 40 Mitarbeiter sind es, die 2012 die 69 Projekte unter der Federführung von Piero Lissoni realisiert haben. In seinem Büro gibt es keine festen Arbeitszeiten. Lissoni setzt Meetings an, bei denen Aufgaben verteilt werden. „Wann derjenige sie erfüllt, ist mir völlig egal.“ An einem bestimmten Zeitpunkt im Laufe des Vormittags sind alle da. Zu den Meetings ebenso. Und bei der Einhaltung von Terminen „bin ich der größte Risikofaktor“, gesteht Piero Lissoni. Das liegt an der Flugbereitschaft des Italieners. Aktuell geht es nach Moskau für ein Hotelprojekt und dann weiter nach New York für ein Symposium. „Das war mal glamourös – viel unterwegs zu sein und viel zu fliegen“, seufzt er und klingt nicht nur verschnupft. Er ist es auch! „Das liegt an der Fliegerei.“ Er muss nicht nur wegen des Jobs unterwegs sein – auch das Privatleben des Designers findet an zwei Orten statt. Zum einen in Mailand mit seinen Kindern und dann in Berlin mit der Lebensgefährtin. Sie ist, wie könnte es anders sein, auch selbstständig, auch erfolgreich und auch an den Standort gebunden. Eine Wochenendbeziehung hat Vorteile: „Ich kann mich in Mailand zu 100 Prozent auf meine Arbeit konzentrieren und muss kein schlechtes Gewissen haben, wenn ich länger im Büro bleibe“, sagt er. Mit Verlaub – das Ambiente des Office erinnert eher an eine LümmelLounge. Darauf angesprochen sagt Lissoni: „Warum soll ich in einer Atmosphäre arbeiten, die mich ständig daran erinnert, dass es Arbeit ist, was ich da mache?“ Privatfotos und Sitzlandschaften. Wer auf andere achtet, kann es auch bei sich selbst tun. Das wird am deutlichsten, wenn Piero Lissoni anfängt über Essen zu reden. Er schwärmt von Nudelsorten, Soßen, Kräutern und ergeht sich in Zubereitungsarten. So lustvoll wie über Nahrung referiert er allerdings auch über seine Arbeit. Und wo wir gerade dabei sind: Was ist eigentlich komplizierter zu gestalten: ein ganzes Gebäude oder ein simpler Tisch? „Vielen Dank für die vergiftete Frage“, ist seine spontane Reaktion. „Ein Gebäude zu gestalten und auszustatten ist komplex, weil es viel Gewerke braucht, viele helfende Hände. Ein Möbel ist bis hin zum Prototyp von viel weniger Beteiligten zu bewerkstelligen.“ Hier spricht der Diplomat. „Aber bei einem Gebäude, das in der Regel viele verschiedene Elemente in sich trägt, ist es viel einfacher, die Wahrnehmung zu manipulieren und den Blick auf Gelungenes zu lenken. Bei einem Tisch aus Platte und vier Beinen ist jedes noch so winzige Detail auffällig und entscheidend.“ Das Ergebnis – sei es ein ganzes Haus oder „nur“ eine Espressomaschine – stimmt auf alle Fälle. Vermisst hier jetzt jemand die kritische Distanz des Journalisten? Nun gut: Für Pierantonio Bonacina hat Lissoni das Sofa „Pallet“ kreiert. Das wahrscheinlich teuerste Gartenmöbel aller Zeiten. Ein Sofa im Hochbeet. Aber wie sagt der Meister selbst: „Über Geschmack diskutiere ich nicht.“ LACRIMA Diamantkollektion aus dem Atelier Bucherer G. GASTEL (1); PR (4) s l i a t e D e i D a t i V e c l o D des 40 ZAUBER | GLANZ ei n Pr oi is t G es ta ltu ng Fü r Pi er o Li ss on io ne n be le m au f D is ku ss ze ss , de r vo r al bn is se ha be n di e Er ge ru ht . Tr ot zd em an ds ch rif t. rw ec hs el ba re H im m er ei ne un ve ft wo hl M ei st er sc ha Das ne nn t m an UHREN SCHMUCK JUWELEN Berlin Düsseldorf Frankfurt Hamburg München Nürnberg | Basel Bern Davos Genève Interlaken Lausanne Locarno Lugano Luzern St. Gallen St. Moritz Zermatt Zürich | Wien | Paris | bucherer.com Prim itivo St He uhl r k n „U n er am fü “ v r V on ery S Wo e b a od stia n ENTDECKUNGEN p e „T errac otta“ von Stuhl aus der „Frames“-Kollektion von Jaime Hayon für Expormim Stuh l „T14 “ von Toli x Häng elam Milano Mobile Der Mailänder Möbelsalon gibt die Richtung vor. Esther Strerath hat sich umgesehen und weiß nun, wo der Designtrend hingeht Stu hl Vasen „Shibuya“ von Kartell Lampen „North“ von Besau-Marguerre für E15 Sofa „Move“ von Francesco Rota für Paola Lenti Stuh l „Ban jool i“ von Mor oso vo n DU M by Du m of fic e Tisch „Tobi-Ishi“ von Barber Osgerby für B&B Italia Se ss el „Wag ne r“ ward Barber und Jay Osgerby für B&B Italia. Ursprünglich rund, hat das britische Duo den Tisch vergrößert, optisch in die Länge gezogen, ihm ein zweites Standbein verpasst und den Entwurf in „Candy Red“ lackiert. Tobi-Ishis heißen übrigens die Trittsteine in japanischen Gärten. Dem Gegenteil solcher Ruhe verdanken neue Produkte von Kartell ihren Namen. Kunterbunte Vasen und Tischgefäße des Designers Christophe Pillet (ein Neuzugang in der berühmten Designer-Riege Kartells) heißen wie einer der trubeligsten Stadtteile Tokios: „Shibuya“. Außerdem tauchte das italienische Kult-Label bereits vorhandene Bestseller in Gold, Bronze, Platin, Silber und Glanzschwarz, taufte das ganze „Precious Kartell“ und krönte sein Sortiment so mit neuem Glamour. Metalle, ob authentisch oder ihr Look, sind in der Einrichtungsbranche immer noch schwer angesagt. Dazu passt der edle Barhocker aus massivem Kupfer und mit Ledersitz, den Clemens Weisshaar schon einmal auf der Design Miami Basel vorgestellt hatte. Classicon produziert ihn jetzt in Serie. Die zu Beginn erwähnte Leiter im Bad wärmt übrigens Handtücher („Tubes“), den Beistelltisch „Container“, der aussieht wie eine Vase, hat sich Sebastian Herkner ausgedacht und die Decke ist ein neuer Sessel für die Serie „Ruché“ von Inga Sempe (für Ligne Roset). Bei diesem schmiegen sich famos gesteppte Polster so nonchalant wie ein übergeworfenes Plaid an das Gestell. Lampensc hirm „Desidera bilia“ von Giorgia Zanellato n R o d o lf o o t“ von le y S o f o „C l e s Ses otti i f ü r M in D o rd o n iss C la s s ic o ab nT to n “ v o n vo r „Tri B a rh o c k e !“ Stehlampe „Pylon“ von Diesel Living with Foscarini iel vo Po F „C 42 Ni on na n Ing a Se sse l „R uc hé “ vo se t Ro Se mp e für Lig ne vo n Tu b e s So „ fa v la“ o ltr rau „S ca le tt a “ Vase „Bowl“ von Classicon H e iz le it e r Eine Leiter für das Badezimmer, eine Vase als Tisch und eine Decke auf Beinen – der „Salone del Mobile“ ist das Brennglas auf das „Jetzt“ des Möbel-Designs. Und das steckt voller Überraschungen: Tolix, die Firma aus dem Burgund (gegründet 1927), präsentierte zum ersten Mal seit 80 Jahren wieder einen neuen Stuhl. Die berühmten Eisenstühle haben ein neues Familienmitglied, den „T14“ von Patrick Norguet, der gerade mit seiner avantgardistischen Hotelkette „Okko“ für Gesprächsstoff sorgt. Der chilenische Designer Abel Cárcamo Segovia, Gründer von „Primitivo“, entwarf Leuchten, die wie aus Edelmetallen gefertigt wirken, aber aus Ton sind. Seine Arbeiten sind jedoch so „glossy“ beschichtet, dass sie eine andere Identität vortäuschen. Der Spanier Jaime Hayon wählte ebenfalls ein rustikales Material: Seine Serie „Frames“, so beschreibt der Hersteller „Expormim“, erinnere an die Korbhändler der 60er-Jahre, als deren Möbel Terrassen in mediterranen Ländern schmückten. Dabei wohnt den Entwürfen von Hayon eine verspielte Eleganz inne, die Handgeflochtenen gibt es in verschiedenen Farben. Sebastian Herkners Lounge-Sessel „Unam“, mit dem Wallpaper Design Award 2014 ausgezeichnet, ruft Assoziationen mit sehr traditionellen Formen wach und ist dabei ungemein zeitgenössisch. Mit einer stämmigen Struktur aus gebogenem Rundholz, mit geflochtenen Lehnen, Verschnürungen und Stoffpolstern Stuhl „Masters“ von Kartell der Sitzflächen scheint „Unam“ gleichzeitig massiv und leicht zu sein. Herkner, der den Pragmatismus des Schweizer Architekten Pierre Jeanneret schätzt, war in Mailand übrigens nicht zu verfehlen: In gleich sieben Ausstellungen waren Arbeiten des JungDesigners aus Offenbach zu sehen, darunter die in Senegal handgewebten „Banjooli“-Stühle von Moroso (Banjooli bezeichnet in der Wolof-Sprache den Tanz vom Vogel Strauß). Von einem ganz anderen Ende der Welt inspiriert ist „Tobi-Ishi“, der neue Tisch von Ed- Beistelltisch „Container“ von Pulpo Die Montebello Villa in Montecchio Maggiore Heimatarbeit Das Atelier von Bottega Veneta hat die höchste Zertifizierung für nachhaltiges Bauen erhalten. Und es ist ein wunderschöner Arbeitsplatz. Neidische Fragen von Inga Griese an Kreativ-Direktor Tomas Maier W arum haben Sie die Montebello Villa als Standort gewählt? Sie ist ein schönes Beispiel für die klassische Architektur, die man auch in der Region finden kann, aus der Bottega Veneta stammt. Sie ist groß, funktional und durch die Restaurierung und die Umbaumaßnahmen konnten wir unsere eigenen Bedürfnisse umsetzen. Unsere Intention war es jedoch, eine Umgebung zu schaffen, in der Menschen gerne zur Arbeit kommen und angeregt werden. Und wir geben den Leuten, die in den vorigen Jahren meine Erwartungen übertroffen haben, indem sie meine Ideen in die Realität umgesetzt haben, nicht nur etwas zurück, sondern erkennen gleichzeitig auch unsere Geschichte und unsere Wurzeln an. Harmonie und Funktionalität sind die Schlüsselworte der räumlichen Gestaltung Hat der „Architekt“ in Ihnen das Projekt vorangetrieben? Für mich war es ein Traumprojekt. Auf der Mailänder Möbelmesse haben Sie Neuheiten präsentiert, darunter Beleuchtungssysteme – sind die von der Villa inspiriert? Nein, wir haben die Kollektion mit Bedacht entwickelt, so dass sie nicht nur in möglichst viele Atmosphären und Häusern passt, sondern auch zu einem klaren persönlichen Stil. Sie ist also nicht von der Villa inspiriert, sie würde aber trotzdem gut dorthin passen. Es wird eine ziemliche Investition gewesen sein. Heutzutage stellen die meisten Manager striktes Kosten-Management als den Hauptfaktor für den Erfolg einer Firma heraus. Glauben Sie daran, dass schöne Produkte eine schöne Umgebung brauchen? Absolut. Unsere Produkte sind bekannt für herausragendes Handwerk, zeitgenössische Funktionalität, innovatives Design, beste Materialien. Die Grundlage dafür ist genauso wichtig wie das Produkt selbst. 44 Wie sehr ist das Gebäude von Ihrem eigenen Lebensstil beeinflusst? Wir haben mit Rücksicht auf die existierende Schönheit des Gebäudes und der Natur eine einzigartige Erfahrung aus Harmonie und Funktionalität kreiert, die Bottega Venetas Weg in die Zukunft weist. Es war uns wichtig, die Integrität der unglaublichen Struktur so gut es ging zu bewahren. Ist Umweltbewusstsein inzwischen ein wichtiger Punkt in der Welt des Luxus? Ich denke, das war schon immer so. Trotzdem merken die Unternehmen mehr und mehr, dass sie Verantwortung für ihr Handeln tragen. Auch von einem geschäftlichen Standpunkt aus hat sich der Gedanke durchgesetzt, dass es gut ist, die Umwelt zu schützen und und ihr etwas zurückzugeben. Glauben Sie, dass eine solche Arbeitsatmosphäre die Produktivität erhöht? Ist sie vielleicht sogar nötig, um die besten Leute an Bord zu behalten? Dante sagte einst, dass Schönheit die Seele zum Handeln erweckt. Schaufenster für die Identität von Bottega Veneta: Die restaurierte Villa Montebello aus dem 18. Jahrhundert Wie würden Sie reagieren, wenn Angestellte sich Blumen oder Schnickschnack auf den Schreibtisch stellen würden? Ich glaube, es ist wichtig zu wissen, dass man seine Persönlichkeit besser zu Hause ausdrücken kann, als in einem Arbeitsraum, den man mit anderen teilt. Gibt es Pläne für den 5,5 Hektar Park? Wir haben uns genau angesehen, woraus die Beete bestehen. Nun blüht alles wieder wie früher, damit unsere Mitarbeiter es genießen können. BOTTEGA VENETA (5) VISION AUSSTELLUNG Der feine Strippenzieher Er ist kein Modeschöpfer, sondern Kurator. Dennoch bestimmt Harold Koda nachhaltig die Mode. Huberta von Voss traf den Chef des neu benannten „Anna Wintour Costume Center“ in New York, Jürgen Frank fotografierte H Mit ihm würden Frauen zu gern tauschen: Harold Koda ist als Chef über das „Anna Wintour Costume Center“ in New York der Herr über mehr als 35.000 Kleidungsstücke Harold Koda ist kein Mann für den ganz großen Auftritt. Als sich der Chef des New Yorker Costume Institutes mit dem Enkelsohn seiner legendären Vorgängerin Diana Vreeland im Metropolitan Museum of Art zum Mittagessen trifft, wird er gebeten, einen Moment auf seinen Tisch zu warten. „Das wäre meiner Großmutter nie passiert“, entrüstet sich der junge Mann. Stimmt, meint Koda, achselzuckend. Diana Vreeland, die Grande Old Dame der internationalen Modewelt, kann man nicht kopieren. Der feingliedrige Koda trägt als Erkennungszeichen weder auffällige Schals über dem Anzug wie „Vogue“-Star-Reporter Hamish Bowles, noch Hochwasserhosen mit ausgefallenen Strümpfen wie sein stadtbekannter Co-Kurator Andrew Bolton. Eher sieht man ihn im weißen Hemd in unauffällig eleganten Anzügen, mit denen er auch in jedem Anwaltsbüro auf der Madison Avenue eine gute Figur machen würde. Ein Übermaß an Selbststilisierung oder Flamboyanz kann man dem in Harvard promovierten Landschaftsarchitekten nicht vorwerfen. Statt Verse zu schmieden, bestelle lieber dein Feld, sagt eine japanische Weisheit. Mag sein, dass sie dem in Hawaii aufgewachsenen Sohn japanischer Einwanderer die Bodenhaftung gibt, um auf dem schlüpfrigen Terrain der Modewelt zu bestehen. Unter seiner Ägide fanden in New York die spektakulärsten Modeausstellungen der letzten zehn Jahre statt. Von den Einnahmen des Instituts können andere Abteilungen des Metropolitan Museums nur träumen. Seit der studierte Kunsthistoriker im Jahr 2000 Chefkurator des Costume Institutes wurde, ist er Herr über 35.000 Kostüme aus sieben Jahrhunderten und leitet damit das wohl repräsentativste Modearchiv der Welt. Wichtiger noch: Er ist – dank des unermüdlichen Fundraising-Einsatzes von US-„Vogue“-Chefin Anna Wintour – Hausherr der begehrtesten Gala des Jahres. Wer auf dem Met Ball fehlt, gehört nicht dazu. Einen Rekordpreis von 25.000 Dollar müssen handverlesene Gäste wie Beyoncé, Sarah Jessica Parker oder Heidi Klum dieses Jahr zahlen, um am 5. Mai den ro- ten Teppich ins Allerheiligste der Kunst hochschweben zu dürfen. Dass es Koda bei all dem Fashion-Hype gelingt, mit Risikobereitschaft, ästhetischem Gespür und kommerziellem Geschick den Blick auf das Herausragende zu verengen und dabei im besten Sinne Kunsterziehung zu leisten, hat er mehrfach bewiesen. Stundenlang standen die 660.000 Besucher der Alexander-McQueen-Ausstellung „Savage Beauty“ 2011 in der brütenden Sommerhitze an und machten die Wasser- und HotdogVerkäufer auf der Fifth Avenue zu reichen Männern. Noch nie zuvor, seit der imposante Museumsbau 1872 seine Tore zu den Kunstschätzen der Welt öffnete, hatte eine Ausstellung so viel Interesse erregt. Ein Jahr später wurde unter seiner Ägide die Ausstellung „Elsa Schiaparelli & Miuccia Prada: Impossible Conversations“ eröffnet, für die Amazon–Tycoon Jeff Bezos – zum Missfallen der Kritiker – zur Lancierung seiner Designerverkäufe die finanziellen Mittel bereitstellte. „Schiap“, wie man die exzentrische Stardesignerin und Konkurrentin von Coco Chanel nannte, wurde von den Spinnweben des Vergessens befreit. Am 8. Mai wird das nun in Anna Wintour Costume Center umbenannte Modeinstitut mit der Ausstellung „Charles James: Beyond Fashion“ nach zweijähriger Renovierung wiedereröffnet. Satte 40 Millionen Dollar verschlang der Ausbau der Räumlichkeiten im Untergeschoss des Museums. Huberta von Voss traf Harold Koda, 64, den wohl einflussreichsten Mann hinter den Kulissen der Modewelt, auf der Baustelle zu einem Gespräch über den verführerischen Glamour des vergessenen Stardesigners, den Unterschied zwischen Modedesign und Kunst und die Raffinesse herausragender Schnitttechnik. Herr Koda, erst einmal herzlichen Dank für die Schiaparelli-Ausstellung. Meine Mutter hat daraufhin aus einer alten Truhe ein Vintagemodell von „Schiap“ hervorgezaubert, das meiner Urgroßmutter gehörte und wie ein Wunder den Krieg überlebt hat. Es ist das mit Abstand sinnlichste Kleid, das ich je besessen habe. Oh, darf ich mal sehen? (Koda, weißes Hemd und graue Stoffkrawatte, Gutachtermiene, beugt sich schweigend über das Kleid und inspiziert jedes Detail. Dann sagt er höflich, was ich nicht hören wollte): Meistens waren ihre Sachen von innen ganz schön grob. Dieses Stück hier ist aber sehr schön in der Ausführung. Ist das nicht interessant. Hat Ihre Urgroßmutter in Paris gelebt? Nein, in Berlin-Mitte bei der Kroll-Oper. Sie war eine gute Kundin von Elsa Schiaparelli, hat aber leider nichts von Charles James getragen. Wie komme ich jetzt an eines seiner un- glaublichen Ballkleider ran? Gibt es die noch auf Auktionen oder besitzt das Metropolitan Museum alle? Es gibt nur noch ganz wenige auf dem freien Markt und Sie müssten wohl gegen Azzedine Alaïa bieten. Oje, ich fürchte, der treibt die Preise hoch. Das kann man also vergessen. (lacht) Ich glaube auch. Er hat eine bemerkenswerte Couture-Sammlung. Seine Interessen sind so museumswissenschaftlich, dass auch wir meistens gegen ihn antreten müssen. Und oft kriegt er dann den Zuschlag. Erst gerade hat er einen Hut von Paul Poiret erworben, den wir gerne haben wollten. Leiht er Ihnen denn dann die Sammlerstücke für Ausstellungen? Oh, ich hoffe, dass wird er einmal tun. Es wäre wunderbar, eine Ausstellung zu machen, die seine Arbeit und Sammlung zeigt. Es ist offensichtlich, dass er nicht kopiert, aber er ist ganz klar von anderen Meistern inspiriert. Wir teilen beide ein großes Interesse an Schnitttechnik. Er versucht die Philosophie eines Ansatzes zu verstehen. Einmal sah ich, wie er ein Kleid aus winzigen Musselinfetzen zusammensetzte. Man konnte ganz klar den Einfluss von Madeleine Vionnet erkennen, auch wenn sie das nie selbst so gemacht hätte. Christian Dior bezeichnete James, der heute einem breiten Publikum selbst in der amerikanischen Heimat unbekannt ist, als besten Modeschöpfer seiner Generation. Bis heute beziehen sich unglaublich viele Couturiers auf ihn, aber leisten konnten sich die Roben immer nur sehr wenige Kundinnen. Was haben seine Kleider in den 50er-Jahren zu seiner Hochzeit gekostet? Das ging mit 800 Dollar los. Die meisten lagen aber um die 1500 Dollar, was in den 50ern ungefähr dem Wert eines Cadillacs entsprach. Aber sein Geschäftsgebaren war sehr launisch. Ich nehme an, dass dasselbe Kleid unterschiedlich viel kostete, je nachdem wer es erwarb. Einmal habe ich eine Spenderin besucht, die ein atemberaubendes James-Kleid aus schwarzer Spitze besaß, das sie zu einer Geburtstagsparty des Aga Khan getragen hatte. Sie sagte, es sei mit Abstand das teuerste Kleid ihrer Garderobe. Ich hätte gedacht, die aufwendigen Kleider wären sogar so teuer wie ein Kunstwerk. So hat er definitiv ihren ideellen Wert gesehen. Zu Beginn sah James sich als Designer, aber im Laufe der Jahre sah er sich als Künstler und Bildhauer. Seit den 50er-Jahren war er überzeugt, eine Kunstdisziplin zu vertreten, die gleichwertig mit anderen Künsten war. 3 47 PICTURE ALLIANCE (2); GETTY; REUTERS Ausstellungen, die Harold Koda kuratierte (im Uhrzeigersinn): Kleider und Schuh aus „Savage Beauty“ von Alexander McQueen (2011). Darunter: „Schiaparelli & Prada: Impossible Conversations“ (2012), Kleid aus „The Model as muse“ (2009) und links: ein RodarteOutfit, das in „Punk – Chaos to Couture“ gezeigt wurde (2013) „Es gibt sehr viele Arten, Mode zu betrachten. Manche interessiert die geschlechterspezifische Seite, andere die wirtschaftliche Komponente. Mich interessiert vor allem die Technik, das Handwerk“ 3 Auch Paul Poiret sah sich als Künstler. Nicht jeder Modedesigner ist ein Künstler, aber eine Handvoll zähle ich dazu. Wo liegt der Unterschied? Man muss ein ausgesprochenes Farbengefühl haben, ein Musiker mit Sinn für die Poesie einer Komposition sein und ein Bildhauer mit Raumverständnis. War Elsa Schiaparelli eine Künstlerin? Auf einer konzeptionellen Ebene war sie eine Künstlerin, aber nicht auf der Objektebene. Viele ihrer Kleider entstanden sehr spontan. Die Ausführung interessierte sie nicht besonders. Sie war wie eine abstrakte Expressionistin, die aus dem Moment heraus arbeitete. Andere Modeschöpfer wie Balenciaga und Chanel waren hingegen besessen von der Perfektion des Designs. Schiaparelli liebte die Kooperation mit surrealistischen Künstlern wie Salvador Dalí. Wenn man sich als wirklicher Künstler versteht, gehört Zusammenarbeit nicht zum Vokabular. Kompromisse, die sich auf die eigene Stimme auswirken, sind für die meisten Künstler uninteressant. 48 Charles James hatte keinen besonders starken Sinn für Zusammenarbeit. Das kam darauf an. Er hat sehr gerne mit Kundinnen zusammengearbeitet, die bemerkens- wert schön und sehr reich waren und einen starken Sinn für ihren persönlichen Stil hatten. Allerdings glaube ich nicht, dass er in diesem Dialog die Kontrolle über den künstlerischen Prozess abgegeben hat. Wie sehen Sie ihn? War er zugleich Couturier und Künstler? Er ist von seiner Karriere her ganz sicher ein Couturier, aber von seinem Temperament her war er ein Künstler. Was bedeutet Charles James für Sie? Wie betrachten Sie Mode? Es gibt sehr viele Arten, Mode zu betrachten. Manche interessiert die geschlechterspezifische Seite, andere die wirtschaftliche Komponente. Mich interessiert vor allem die Technik, das Handwerk. Ich habe mich am Anfang mit James schwergetan. Ich bin einfach so ein Gefangener des Modernismus und einer Schlichtheit, die die Essenz eines Materials widerspiegelt. James hatte eine ganz andere Vision. Er kombinierte Stoffe und Farben in atemberaubenden Kombinationen, die auf Widerspruch beruhten. Das hat zunächst einmal meine Vorstellung davon verletzt, was ein sensibler Designer ist. Dann haben mir die Landschaftsarchitekten Diller Scofidio + Renfro, die unsere Ausstellung designen, einen anderen Blick auf ihn ermöglicht. Dazu sagte James Galanos: „Eine einzige James-Kreation ist so viel wert wie die ganze Jahresproduktion der 7th Avenue.“ Dort sitzt in Manhattan die amerikanische Modeindustrie. Wenn man durch die Modegeschichte des letzten Jahrhunderts blättert, sieht man überall seine Einflüsse. Ja, das stimmt. Am direktesten kann man seinen Einfluss bei Halston sehen. Hinzu kommt, dass er in der Umsetzung oft die besten Ideen hatte. Zum Beispiel haben einige Designer in den 30er-Jahren versucht, einen perfekten Sari mit westlicher Schnitttechnik zu entwerfen. Sein Wickelkleid war mit Abstand das Anmutigste. Dennoch ist es Halston im Gegensatz zu James gelungen, eine brillante Idee so zu vereinfachen, dass sie in die Produktion gegeben werden konnte. Wie wurde James von Menschen gesehen, die ihn gut kannten? Ich kenne einige, die ihn unglaublich inspirierend fanden und davon schwärmen, was für ein großzügiger Mentor er war. Er war außerdem sehr belesen. Aber er war auch problematisch. Eine Frau, die als Studentin für ihn gearbeitet hatte, sagte mir, schon am Tag nach der Unterzeichnung einer Kooperationsvereinbarung waren die Anwälte da, um ihn wieder aus dem Vertrag rauszuholen. Wie es scheint, hat er sich schnell eingesperrt oder bedrängt gefühlt. Nicht wenn Menschen ihm sehr offen begegnet sind. Wir haben dieses Bild vor Augen von James, wie er einsam und traurig im „Chelsea Hotel“ saß, aber das entspricht nicht der Wirklichkeit. War er verbittert am Ende seines Lebens? Eher wütend. Heute ist er außerhalb der Modewelt vergessen. Gehen Sie nicht ein großes Risiko ein, das Costume Institute mit ihm wiederzueröffnen? Nein! Es gab auch immer wieder Ausstellungen über ihn. Ausstellungen in New York, mit all den Medien und dem internationalen Publikum, haben es zudem leichter als anderswo. Ich weiß nicht, ob James funktioniert. Aber ich glaube, dass die Bilder, die sich mit ihm verbinden, so einen verführerischen Glamour haben, dass es funktionieren wird. „Es gibt keine Abkürzung zur Kunst“ New York ehrt den vergessenen Modeschöpfer Charles James als Ur-Vater der Mode im 20. Jahrhundert mit einer Ausstellung S ie haben alle von ihm geklaut. Manche haben es zugegeben. Christian Dior nannte ihn das größte Talent seiner Generation. Cristóbal Balenciaga ging noch weiter: „Er ist nicht nur der größte amerikanische Couturier, sondern der beste der Welt.“ Kaum hatte er die Bühne in den späten 1920ern betreten, schob ihm der legendäre Paul Poiret bei einem Diner in Paris einen Zettel rüber: „Ich übergebe Ihnen meine Krone. Sie machen mit Schnitten das, was ich mit Farben gemacht habe.“ Wer die Modegeschichte durchblättert, sieht bis heute überall den Einfluss des in Vergessenheit geratenen amerikanischen Modeschöpfers. Nun ehrt das ehrwürdige Metropolitan Museum of Art Charles James anlässlich der Wiedereröffnung seines berühmten Costume Institutes mit einer Retrospektive. „Er war ein visionärer Designer und singulärer Mann“, lobte Museumsdirektor Thomas P. Campbell seinen 1978 verarmt gestorbenen Landsmann, der wie er auch einen britischen Pass besaß, in Anwesenheit der New Yorker Modeelite bei der Preview. „Vogue“-Chefin Anna Wintour, nach der gerade die Räumlichkeiten des Costume Institutes benannt wurden, lächelte andächtig, als Model Elettra Rossellini Wiedemann in James’ berühmtem schwarz-weißem Clover Leaf Dress vorbeischwebte. Man trug in den 50ern seine atemberaubenden Ballkleider – wenn man sehr (!) reich war und das Glück hatte, ihn als Frau zu interessieren. „Charles James zog Frauen an, die er mochte. Sie mussten selbstsicher sein, abenteuerlustig, Stil haben und Eleganz“, erinnert sich sein langjähriger Mitarbeiter COURTESY OF THE METROPOLITAN MUSEUM OF ART, PHOTOGRAPH BY CECIL BEATON/VOGUE/CONDÉ NAST Das sind die Architekten, die mit dem High Line Park in Chelsea für New York ein neues Juwel geschaffen haben. Ja, neben vielen anderen großartigen Projekten. Als ich Scofidio sagte, dass ich mich mit James schwertue, riet er mir, ihn einfach als „willful“, eigensinnig, zu betrachten. Das erfasst genau, was James war: Er war eigensinnig in jedem Aspekt seines Lebens. Was er wollte, tat er auch, egal wie hoch der Preis privat oder geschäftlich war. Er hat seinem künstlerischen Ideal alles geopfert. Couturiers hingegen haben immer auch eine kommerzielle Seite, was ja nichts Verwerfliches ist. James hatte endlos viele Ideen, aber er hat dennoch nur 200 Kreationen in 50 Jahren geschaffen. Saint Laurent würde 200 Kreationen in einer einzigen Modenschau präsentieren. James war nicht kommerziell. Jedes Stück war autonom und besaß eine innere Logik. Er hat nie mit einem Team gearbeitet, weil er keine Kontrolle abgeben konnte. Homer Layne. Die meisten hatten nicht nur Geld, sondern Geist und eigenständige Karrieren. Sie lebten damit, dass James Kleider so oft umnähte und seinem Ideal anpasste, dass sie nicht zum bestellten Anlass fertig wurden oder auch nach Fertigstellung gar nicht mehr passten. Die Damen bezahlten, führten das Kunstwerk aus und spendeten es auf Bitten des Modeschöpfers dem Brooklyn Museum, das seine James-Sammlung nun an das Metropolitan Museum übergeben hat. Ob bei der Krönung von Elizabeth II., auf Geburtstagspartys des Aga Khan oder den zentralen Gesellschaftsbällen in Europa und den USA: James’ Kreationen waren wie der Titel der Ausstellung besagt „Beyond Fashion“. So steht im Mittelpunkt der Werkschau auch der skulpturale und künstlerische Beitrag des Designers zur Modegeschichte. Wer heute bei Halston Heritage ein halterloses Abendkleid erwirbt, hat die KorsagenTechnik James zu verdanken. Ebenso offensichtlich ist das Weiterleben seines „Figure Eight“-Rockes, bei dem der Stoff in der Mitte so gerafft ist, dass eine Sanduhr-Silhouette entsteht (siehe z. B. Ralph Rucci). Am dankbarsten dürfte Diane von Furstenberg sein, denn ihr berühmtes Wickelkleid entwarf James bereits 1929. Sein sogenannter „Taxi Dress“, bei dem erstmals Reißverschlüsse benutzt wurden, sollte es der viel beschäftigten Frau ermöglichen, sich im Auto zwischen zwei Terminen umzukleiden! Dass er seinen eigenen, risikoreichen Weg gehen würde, machte der 1906 in wohlhabende Verhältnisse geborene Sohn eines hohen britischen Militärs und einer Mutter aus Chicagos Geldadel schon als Junge klar. Seine offene Homosexualität führte schnell zum Rausschmiss aus der Eliteschule Harrow. Vermögende Schulfreunde wie Cecil Beaton blieben ihm ein Leben lang treu und schoben seine Karriere finanziell an, nachdem der Vater den Kontakt zu ihm abgebrochen hatte. James, der als junger Mann zwei Selbstmordversuche überlebt, lässt sich von seinem Weg nicht abbringen und zieht nach Chicago, wo er in einer Garage als Hutmacher beginnt. Schon bald reißen sich die Damen um sein Label „Boucheron“. Doch James, der sein Leben lang schwer über seine Verhältnisse und meistens in den besten Hotels vor Ort lebt, will mehr und setzt sich 1928 mit ein paar Pennies in den Bus Richtung Hamptons. Dort gibt er sein letztes Geld für eine Maniküre aus und überzeugt die Kosmetikerin, seine Modelle am Strand vorzuführen. So wird Diana Vreeland auf ihn aufmerksam. Bald beginnt er mit Kleidern, die besonders in England von den Künstlern und Intellektuellen der fortschrittlichen Bloomsbury Group geschätzt werden. Henri Matisse wird Mary Hutchinson in einer raffinierten Wickelbluse von James malen. Der schmeißt derweil Mitternachtsmodenschauen in seiner Londoner Bleibe, kooperiert mit Salvatore Dalí und Jean Cocteau und feiert jeden Bankrott mit Champagnergelagen. Konvention und Modetrends interessieren ihn nicht. Sein Motto, das im Atelier auf der Madison Avenue hing, war sein furchtloses Programm: „If you are going to make a mistake, make a new one.“ Als James im Jahr 1964 ins „Chelsea Hotel“ in der 23. Straße zieht, ist sein Stern schon verblasst. In diesem Hafen für gescheiterte Genies bleibt er bis zu seinem Tod vierzehn Jahre später. Er konzentriert sich fortan auf den Zusammenhang zwischen Musiktheorie und Schnitttechnik, erforscht die mathematische Komponente des Entwerfens, entwirft ein entsprechendes Lehrprogramm. In der Nacht zum 23. September 1978 bricht er zusammen. Die Sanitäter lässt er noch warten, um sich ordentlich anzuziehen. Auf die Frage nach seiner Identität antwortet er: „Sie werden vielleicht nichts darüber wissen, aber ich bin nach weithin verbreiteter Meinung der größte Couturier der westlichen Welt.“ Gegen zwei Uhr nachts stirbt er an doppelseitiger LunHuberta von Voss genentzündung. Charles James: Beyond Fashion. Metropolitan Museum of Art. 8. Mai bis 10. August 2014. Katalog ab Juni, ISBN-13: 978-0300204360. 49 ARCHITEKTURKUNST Tiefe des Traums Das Künstler-Duo Architectural Watercolors verleiht Objekten der Architekturgeschichte einen besonderen Zauber. Caroline Börger besuchte die Wahl-Pariser in ihrem „Elfenbeinturm“ 50 begann, arbeitete Zega schon dort. „Ich war der Zeichenknecht“, erinnert sich der Deutsche. Akribisch setzte er die technischen Zeichnungen mit Bleistift auf das Papier um – das Gerüst für die Gebäude, denen Zega dann durch die Farben Leben einhauchen würde. „Absolute Teamarbeit.“ Daran hat sich bis heute nichts geändert, bis auf die Sujets, dass sie also statt Wolkenkratzern französische Schlösser und Chinoiserien auf Papier festhalten. Hyperrealistisch und gestochen. Dams wird bis heute gefragt, was er eigentlich zu den Gemälden beitrage. Denn die Arbeit des 50-Jährigen, das Bleistift-Gerüst, verblasst durch die Farben, die Zega später ergänzt. Er nimmt solche Fragen mit Humor. 1990 verließen sie das Büro von Stern und recherchierten für ihre erste Ausstellung: französische Gartenarchitektur um 1800. Schon wenige Monate später fand in New York in der Galerie von Didier Aaron die Vernissage statt und war „erstaunlicherweise ein großer Erfolg“, erinnert sich Dams. Ein Verlag sprach die beiden an und wollte sofort ein Buch machen. Mittlerweile sind es sieben mit Kunstwerken und deren Entstehungsgeschichte und die, bis auf das jüngste, das dem New Yorker Central Park und seinen Bauten und Statuen gewidmet ist (Rizzoli), bereits Sammlerwert haben. Im Internet würden sie gehandelt, erzählt Dams leicht berührt. Hubert de Givenchy, selbst großer Sammler der beiden, schrieb sogar ein Vorwort. „Wir machen historische Recherchen in Archiven. Wenn es sich um private Aufträge handelt, dürfen wir in den Familienarchiven stöbern und gelangen so an Orte, die andere nie zu sehen bekommen. Unsere Arbeiten sind historisch abgesichert“, erklärt der WahlPariser, der in Frankreich auch promovierte, seine deutsche Akkuratesse aber nie ablegte. Skeptisch waren zunächst die französischen Wissenschaftler in Versailles: „Eine Kuratorin fragte uns, als wir uns vorstellten und ihr erzählten, dass wir ein Buch über die Pavillons planten, wer uns das denn erlaubt hätte?“ Heute, nach mehr als zwanzig Jahren, lacht er über den holprigen Start und berichtet von der Anerkennung, die ihnen nun entgegengebracht wird, und dass mittlerweile eines ihrer größten Werke, das die Hauptfassade von Schloss Versailles zeigt, über dem Schreibtisch des Präsidenten des Schlosses hängt. Wenn sie nicht für ein Buch recherchieren, nehmen sie auch private Aufträge an. Zwei, drei pro Jahr höchstens. Zu zeitintensiv ist die Arbeit, sie dauert Monate. Wenn die Gebäude ihres Interesses noch stehen, fahren sie hin, fotografieren aus jeder Perspektive, nehmen Maß. Zurück in Paris beginnt die Rechenarbeit. Sie sei das A und O, denn alles müsse in den richtigen Architekturmaßstab umgerechnet werden. Erst wenn historisch alles wasserdicht ist, wird weitergemacht: „Man weiß zu Beginn nie, was herauskommt und ob es uns zum Ziel führt. Es ist wie die Arbeit eines Kriminalisten.“ Erst dann folgt die Kür, wobei die Männer getrennt arbeiten: Dams beginnt mit den Skizzen auf Aquarellpapier, tränkt es in der Badewanne und tackert es zum Trocknen auf eine dünne Holzspanplatte. „Dadurch wird das Papier gedehnt. Je mehr Spannung, desto besser. Erst wenn es vollkommen plan ist, kann Andrew mit den Wasserfarben darauf arbeiten.“ Das Grafit verschwindet nicht im Wasser, wird aber hauchzart. Ein Handy besitzt der Architekt nicht und das Telefon stellt er ab beim Arbeiten. Musik? Fehlanzeige. Nur der belgische Mops namens Einkuss leistet ihm – still – Gesellschaft. Kreativduo, äh -trio: Bernd H. Dams mit Mops Einkuss und Andrew Zega ARCHITECTURALWATERCOLORS.COM (16) Morgens um 10 Uhr in Paris. Die Touristen strömen Richtung Louvre. Sie traben den Sehenswürdigkeiten hinterher – meist, ohne die kleinen Seitenstraßen eines Blickes zu würdigen. Doch zwischen all den schmalen Häusern mit den Sandsteinfassaden nahe der Rue de Rivoli verbirgt sich Geschichte. In einem zunächst unscheinbaren Haus, das, so erzählt der Gastgeber später, für „den Intendanten der königlichen Gewächshäuser Ludwig XIV. erbaut wurde“, wird sie besonders gepflegt. Willkommen beim Künstler- und Architekturhistorikerduo Bernd H. Dams und Andrew Zega. Regale, die in der Wand des kleinen Studios verschwinden, bergen Tausende Bücher. Über Kunst, Gärten und Architektur. Zwischendrin lehnen einige ihrer eigenen Kunstwerke lässig an den Wänden. Seit mehr als zwanzig Jahren widmen sich die feinen, leisen Männer Architektur-Zeichnungen besonderer Art und fertigen teilweise großformatige Gemälde von Pavillons, Palästen und Chinoiserien des 17. und 18. Jahrhunderts an. Eine Rarität. „In Amerika ist der Beruf des ‚Architectural Watercolorer‘ bekannter als in Europa. Dort gibt es Künstler, die in Architekturbüros angestellt sind, um Skizzen anzufertigen und sie mit Aquarellfarben auszumalen, womit sich das Büro dann um eine Ausschreibung bemüht“, erzählt Bernd Dams, der den amerikanischen Partner auch im Büro des Architekten Robert H. Stern in New York kennenlernte. Der Rheinländer hatte Anfang der 80er-Jahre Architektur in Aachen studiert. „Mich zog es jedoch nach New York.“ Praktika in Museen und Architekturbüros am Hudson folgten, der Abschluss in München und später noch ein Kunstgeschichtsstudium an der Columbia University in New York. Zega, der zeitgleich in Princeton Literatur studierte, hatte schon als kleiner Junge leidenschaftlich gern die Landschaft seiner Heimat Pennsylvania gezeichnet, Aquarelle von Vögeln angefertigt. Dass das Hobby der Kindheit später zu seiner Berufung werden sollte, ahnte niemand. Als Dams nach abgeschlossenem Studium bei Stern Schauen Sie nur: Das sind keine Fotografien, sondern die Aquarell-Zeichnungen von Bernd Dams und Andrew Zega. Briefkarten mit Motiven gibt es unter architecturalwatercolors.com Handwerk und Eleganz – damit hat die italienische Mode die Welt erobert. Die Ausstellung „The Glamour of Italian Fashion“ im Londoner V&A Museum fängt ihren Zauber ein. Und könnte bei einem Comeback helfen Süßes Leben: Ein Motiv aus einer Werbekampagne von Gianfranco Ferré von 1991 52 „Das einzige Wort, das Elizabeth auf Italienisch kennt, ist ‚Bulgari‘“, bemerkte Richard Burton einst in Richtung Elizabeth Taylor. Bessere Italienischkenntnisse hatte seine Frau für ihre Einkaufstouren auf der römischen Via Condotti vermutlich sowieso nicht nötig. Burton selbst schenkte Taylor das heute legendäre Bulgari-Collier aus kolumbianischen Smaragden und Diamanten, das die Schauspielerin regelmäßig trug. 1961 in Rom, während der Dreharbeiten zu „Cleopatra“, überreichte er ihr dazu den passenden Ring. Im Rom der 60er-Jahre, dem Fellini mit dem Film „La Dolce Vita“ gleich zu Beginn des Jahrzehnts ein provokantes Gesicht gab, hatte man sich bereits an die internationalen Berühmtheiten gewöhnt, die ständig die Boutiquen frequentierten. „In dieser Zeit wurden sehr viele Hollywood-Filme in Rom gedreht. Die Stars wurden ständig von den Paparazzi fotografiert, ihre Affären von den Klatschblättern dokumentiert. Und: Sie gingen einkaufen“, sagt Sonnet Stanfill. Sie ist die Kuratorin der Ausstellung „The Glamour of Italian Fashion“, die seit Anfang April im Victoria & Albert Museum in London zu sehen ist und in der auch die Bulgari-Juwelen präsentiert werden. „Diese Schmuckstücke sind für mich ein Sinnbild dafür, wie sehr die Amerikaner es geliebt haben, den italienischen Stil zu leben, wenn sie in Rom waren“, sagt Stanfill. Die Ausstellung erzählt anhand von Fotografien, Text- und Videodokumenten und natürlich Kleidern und Accessoires, wie sich die italienische Mode seit dem Zweiten Weltkrieg bis zur Gegenwart entwickelte. Als „Cleopatra“ gedreht wurde, hatte Italien sich längst den Ruf erarbeitet, neben Frankreich der Anbieter für überaus elegante, von Hand hergestellte Mode zu sein, die zudem noch viel günstiger war als in Paris. Ava Gardner war eine der besten Kundinnen der Sorelle Fontana, die Designerin Fernanda Gattinoni entwarf D für Audrey Hepburn im Film „Krieg und Frieden“ ein Abendkleid im Empire-Stil. Lee Radziwill, die Schwester von Jacqueline Kennedy, oder Marella Agnelli, die Gattin des FiatUnternehmers, trugen auf dem von Truman Capote ausgetragenen „Black and White Ball“ in New York fließende bestickte Roben der Mailänderin Mila Schön. Dem Menschen, der diese Entwicklung erst möglich gemacht hatte und dessen Name selbst Modeinteressierte kaum kennen dürften, widmet die Ausstellung zu Recht einen eigenen Raum. Giovanni Battista Giorgini war ein Einkäufer aus Florenz, der nach dem Zweiten Weltkrieg, als Italien am Wiederaufbau arbeitete, die Kraft der Mode als wirtschaftlichen und identitätsstiftenden Faktor erkannte. 1951 veranstaltete er in seinem Haus einen mehrtägigen Modesalon, zu dem er Designer aus ganz Italien einlud, ihre Kreationen zu zeigen. Seine guten Kontakte zu den großen amerikanischen Kaufhäusern wie Bergdorf Goodman in New York oder Magnin in San Francisco lockten die wichtigsten Einkäufer aus den USA nach Florenz. „Für Giorgini war die Mode ein Weg, Italiens Ruf nach dem Krieg zu rehabilitieren“, sagt Sonnet Stanfill, die Kuratorin. Giorginis Florentiner Salons, die bald in der Sala Bianca im Palazzo Pitti stattfanden, entwickelten sich zu gesellschaftlichen Events, zu denen Händler aus der ganzen Welt anreisten. Sie hinterließen Marken wie Simonetta, Vanna und Emilio Pucci riesige Kleider-Bestellungen. Für die Modeindustrie Italiens ging es von da an nur noch aufwärts. Selbst wer diese Zeit nicht miterlebt hat, bekommt in der Ausstellung eine Vorstellung von dem Optimismus und der kreativen Aufbruchstimmung, die wirtschaftlicher Erfolg und eine Fülle an Fabriken, Manufakturen und Handwerkskräften noch befeuerten. Sie erklären den Mut zur Provokation von Designern wie Gianni Versace und Franco Moschino, die Lust am Überfluss von Valentino und Fendi und den Spaß an Farben und Mustern, den die Familie Etro und die Missonis auszeichnen. Noch heute schöpfen die italienischen Labels aus dem leider stark geschrumpften Angebot an Leder-, Seiden-, Strick- und Pelzspezialisten. Ein Kapitel der Ausstellung befasst sich mit der Herrenschneider-Tradition Italiens. Mit weich geschnittenen Anzügen aus leichten Stoffen definierten seit 1945 Marken wie Brioni, Rubinacci und später Armani die Männermode neu und ließen Großbritannien, bis dahin bei den Männern unangefochten, bald hinter sich. Manch englischer Schneider hielt es gar für unter seiner Würde, Kleidung für Hollywoodstars anzufertigen. Heute dagegen debattiert die Branche, wie London den Konkurrenten Mailand, wo es zwar alteingesessene Familienunternehmen, aber kaum Nachwuchsdesigner gibt, als modischer Impulsgeber wieder überholt hat. Dass nun ausgerechnet ein britisches Museum die italienische Mode feiert, zeigt allerdings, welche Strahlkraft „made in Italy“ besitzt: ein Qualitätssiegel, das zurzeit auch in den Karstadt Premium-Departmentstores KaDeWe in Berlin, Alsterhaus in Hamburg und Oberpollinger in München mit der Shoppingkampagne „Studio Italia“ zelebrieren. Andererseits fragt man sich, warum die Italiener nicht selbst auf die Idee gekommen sind, ihre Geschichte so glamourös zu vermarkten. „Mailand stellt gerade seine eigene Rolle im Modesystem infrage, da findet viel Selbstreflexion statt“, sagt Stanfill und weist auf die Neuausrichtung des italienischen Modeverbands CNMI hin, der mit einem neuen CEO die Lage der heimischen Modeindustrie verbessern will. Stanfill trägt am Tag der Pressevorführung ein Kleid des Jungdesigners Fausto Puglisi, der ebenfalls einen Platz in der Ausstellung hat. Die Zukunft der italienischen Mode, sie hat schon begonnen. Silvia Ihring „The Glamour of Italian Fashion“ läuft bis zum 27. Juli im V&A Museum in London VICTORIA AND ALBERT MUSEUM (3); KARL LAGERFELD; GIANPAOLO BARBIERI; BANCADATI DELL’ ARCHIVIO, FOTO LOCCHI, FIRENZE Grande Bellezza Hollywood-Stars wie Audrey Hepburn, hier mit dem Schuhdesigner Salvatore Ferragamo, beflügelten den Erfolg der italienischen Mode. Rechts ein Look von Roberto Capucci (1987–1988), links eine Skizze von Fendi sowie Schuhe von Dolce & Gabbana (2000) 53 PUNKT, PUNKT, KOMMA, STRICH Fertig ist das Mode-Gesicht. Die Designer empfehlen derzeit Design. Und wir dürfen uns die Mode quasi malen, wie wir mögen. Haben wir gern gemacht, danke FOTO: AGATA POSPIESZYNSKA C/O AFPHOTO STYLING & PRODUKTION: MIMI HOCKE STYLING ASSISTENT: ELINA WAKKER HAARE & MAKE-UP: LINDA SIGG C/O NINA KLEIN MODEL: JOSEFINE WINKLER C/O LE MANAGEMENT 54 Bustier aus satinbeschichtetem Neopren von Ilja Couture. Bleistiftrock: Sportmax. High Heels: Christian Louboutin. Armreif und Kette: Christian Dior 55 Linke Seite: Minikleid mit seitlicher Schleppe von Amaya Arzuaga. Leggins, Armreif und Ohrringe: Jean Paul Gaultier. Schuhe: Christian Dior. Links oben: Stretchkleid mit Plastikbeschichtung und goldenen Farbspritzern: Ilja Couture. Schuhe: Christian Dior. Rechts oben: Seidenoverall: Jean-Charles de Castelbajac. Grauer Gummihut: House of Flora. Links unten: Gemustertes Baumwollhemd und Bleistiftrock aus Spitze von Aquilano Rimondi. Turban: Donia Allegue. Rechts unten: Ledermantel mit farbigen Patchworkstreifen und Seidenrock: Calvin Klein. Kurzarmshirt: Windsor. Schuhe: Paule Ka 57 Links: Baumwollsweater von Joseph. Plissierter Lagenrock: Dries Van Noten. Schuhe: Minna Parikka. Mitte: Kleid mit gekreuzten Stretchbändern von Versace. Halsreif: Christian Dior. Rechts: Gemusterter Rock aus Neopren von Kenzo. Stretchshirt: Marc Cain. Sandalen: Prada. Ohrschmuck: Viveka Bergström 58 59 Netztop von Jean Paul Gaultier. Rock: Tsumori Chisato. Plastikcap: House of Flora. Clutch: Kenzo. Schuhe: Aquilano Rimondi. Armreif: Argument. Rechte Seite: Leinenhemd mit roten Punkten von Burberry Prorsum. Schwarz-weißer Minirock: Bottega Veneta. Rot geringelter Leinenmantel: Joop. Sandalen: Jil Sander 60 61 ACCESSOIRES Sie weiß es! r pfhöre r e n : Ko i h O ie m M o la s auf d We iß e s L e d e r v o n u a „ P li c a “ Maiglöckchen-fris ch: Accessoires, di e selbst schlimmste Frühja hrsmüdigkeit vert reiben ri e f: n L ie b e sb E rs e tz t d e o n S o p h ie “-Ta sc h e v „E n v e lo p e o rt e r. c o m e r n e t- a -p H u lm e ü b Nettes Täschchen: Henkel-Modell von Marni ker i n St icker ei-O ptik Tre n d -D u rc h b li ck : R u n d e B ri ll e vo n P ra d a von Chan n! ege ntoni w Sa on ? V e von “ h s sch Tr a i t e t e Ta h „W t e p p s Ge el er: slämm y“ d l u h nsc l Re Fü r U a s c h e „ D e t Hand ulberry von M K rter orie Filippa f r e P n : o v ig Luft ürschuh n h c S re n d a le n v o n To d ’s iß: e mit oria tasch ct d n a o n Vi :H C l e a n N ä h t e n v h e r e s a .c o m en yt dunkl m über m a h k Bec in We Fü r San Stra dal ndb en r von äute: Ma rc Ca 62 d e r -S a ude: Le rt Sc hw ar z: Z u Wei ß ge hö D io r rs ch na lle vo n C lu tc h m it Z ie eich t gl i h c i s t n n Fe n d iß i We h e v o c Ta s K la p p t ! C lu t c h v on M ic h a e l Ko r s H e ll e F Oh, S ic von D ilia: Gepr äg olce& G a b b t e Ta s c h e ana GETTY IMAGES (1); PR ; MONTAGE ICON ; ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER Snea Deckwei ß: Handtas che mit Noppen von Jil Sander shop online ACCESSOIRES www.brax.com Auf die leichte Schulter Für eine Weltreise als Backpacker sind sie vielleicht nicht geeignet, sehr wohl aber als Handtaschen-Alternativen für urbane Safaris: die neuen Designer-Rucksäcke ein augenblick zum festhalten. Glanz-Beispiel: Stella McCartneys Falabella-Bag in der Rucksack-Version. Über matchesfashion.com Revival: In den 90ern war der Prada-Rucksack schon einmal Kult 64 Paradiesvogel: Für MCM gestaltete Takeshi Osumi den „Paradiso“ Carte Blanche gibt’s für das Leder-Modell von PB_0110 Abenteuer-Urlaub gefällig? Der Chanel-Rucksack sieht zumindest danach aus Macht sich auch mit Schulterriemen gut: Die „Keepall à dos“ von Louis Vuitton in Damier Cobalt Schwarz und gesteppt: Dieser Rucksack stammt natürlich von Karl Lagerfeld Inspiration? Gartensessel! „Robinson“ von Tory Burch GETTY IMAGES; ZUSAMMENGESTELLT VON MIRA WIESINGER Gut verschlossen: Backpack „G-active“ von Gucci Calma Octavio Paz, 1914-1998 Erdbeerbaum-Brosche Früchte der Werkstatt Katalog ist nicht ihr Ding. Die Münchner Juweliere Hemmerle widmen ihrer neuen Schmuckkollektion lieber einen Gedichtband Mohnkapsel-Kette Sadly I walk’d within the field, To see what comfort it would yield, And as I went my private way, An olive-branch before me lay, And seeing it, I made a saty, And took it up, and view’d it; then Kissing the omen, said Amen; Be, be it so, and let this be A divination unto me; That in short time my woes shall cease, And love shall crown my end with peace. The Olive Branch Robert Herrick, 1591-1674 ARCHITEKTENUHR Richtung Glashütte: Einsteigen bitte Nomos Glashütte – das ist Design in seiner schlichtesten Form. Das neue Modell „Metro“ wurde von einem Berliner Designer gestaltet. Und das Werk ist eine Unabhängigkeitserklärung W HEMMERLE (4) Luna, reloj de arena: La noche se vacia, La hora se ilumina GETTY IMAGES (2); NOMOS (3) „Metro“ heißt das Modell von Nomos – den Namen darf man gern mit urbanen Symbolen wie U-Bahnen in Verbindung bringen I Schachblume Ohrringe In tausend Formen magst Du Dich verstecken...“ Johann Wolfgang von Goethe kannte Hemmerles nicht, sie wurden ja erst lange, nachdem er dieses Gedicht schrieb, geboren. Doch seine Ode an die Liebe, der er mit Bildern aus der Natur huldigt, hätten auch die Münchner in Auftrag geben können. Ist die Liebe zu den tausend Formen den Juwelieren, die sich allerdings viel mehr als Kunsthandwerker sehen, doch sehr nah. Weswegen sie der Poesie des Geheimrats nun auch ein Schmuckstück widmeten: Die Physalis – auch sie (in der Natur) sich wandelnd in ihrer Form. Die Brosche ist eines der Unikate aus der Serie „Nature’s Jewels“, inspiriert von Früchten, Samen, Blättern, Bäumen, die in den vergangenen zwei Jahren im Münchner Atelier entstanden sind. Allein die Fertigung der Mohnkapsel-Kette dauerte gut 350 Stunden, das Zusammentragen der richtigen Steine für die gestrickte Kette Jahre. Und da Stefan, seine Frau Sylveli, Sohn Christian und Schwiegertochter Yasmin Hemmerle nie auf die Idee kämen, eine profanen VerkaufsKatalog zusammenzustellen, wurde auch diese Kollektion wieder mit einem besonderen Buch gewürdigt. Nach dem Kochbuch „Delicious Jewels“ von Tamasin Day-Lewis, das 2011 die GemüseSchmuckserie begleitete, huldigt nun ein Gedichtband den naturgetreuen Kostbarkeiten aus Kupfer, Silber Gold, Diamanten und Edelsteinen, die fernab von jedem Kitschverdacht vielmehr den typischen Hemmerle „Glow“ haben. Und auch der auf 1000 nummerierte, sowie fünfhundert weitere Stück limitierte Gedichtband trägt dem strengen Reinheitsgebot des Hauses Rechnung. Yasmin und Christian Hemmerle hatten lange überlegt, was dem Faktor Zeit, der dem Schmuck ja innewohnt, entsprechen könnte. Und weil die Mutter eines kleinen Jungen selbst Gedichte schätzt, wenn sie mal Zeit zum Lesen hat, fiel die Wahl schließlich auf dieses Genre. Es sollten verschiedene Sprachen sein, acht sind es geworden (am Ende stehen alle noch einmal in englischer Übersetzung), schon um den welterfahrenen Kunden zu reflektieren. Und sie engagierten auf Empfehlung von Bekannten eine junge britische Dichterin, Greta Bellamacina, die dem Cranberry auch selbst ein Stück („Older than you“) widmete. Vor allem aber aus unendlichen Möglichkeiten eine Auswahl zur Endauswahl traf. Hilfreich allein waren die räumlichen Vorgaben der Kaligraphin: nicht mehr als 24 Zeilen, damit es auf eine Seite passt. Und – eine Vorgabe von Yasmin Hemmerle: nichts Trauriges! Mit dem Londoner Kunstbuch-Verleger Michael Mack fanden sie den Mann, „dessen grundlegendes Verständnis unserer Philosophie und unseres Handwerks“ der Idee den Rahmen gab. Gleich man in aller Ruhe die 15 Schmuckstücke betrachten mag, ist auch das Buch als Entdeckung aufgebaut. Ein Pergamentbogen mit feiner Illustration und Bezeichnung des jeweiligen Stücks, darunter das Gedicht auf Pergament und darunter schimmert jeweils Haselnuss, Hagebutte, Eichenlaub hindurch. Als Foto auf Reliefpapier, das, natürIG lich, die Form aufnimmt. er auf der größten Uhrenmesse der Welt etwas gelten will, der versucht häufig mit dem klassischen Luxusprogramm: Während der Baselworld servieren bei den Präsentationen der großen Marken Kellner in cremefarbenen Jacketts den Kaffee in Porzellan, die Wände sind mit Holz vertäfelt, dazu lächeln Katalogschönheiten in mehr oder weniger gedeckten Kostümen. Der kleine Kreis der Luxusuhr-Fetischisten bevorzugt anscheinend Bekanntes – und doch gibt es Anbieter, die sich an diesem Spiel nicht beteiligen. Bei Nomos aus dem sächsischen Glashütte trifft man sich nicht in einem klimatisierten, schwer vertäfelten Hinterzimmer, sondern in weitläufigen Lounges auf hohen Sofas, in die man sich so richtig hineinplumpsen lassen kann. Dieser Stilbruch ist vom Unternehmen wohl gewollt. 1992 startete Nomos mit vier Grundmodellen. Doch anstatt durch historistische Bezüge an die große Tradition des Glashütter Uhrmacherhandwerks anzuknüpfen, war das Design von Beginn an am Bauhaus orientiert. Das bekannteste Modell, die „Tangente“, war und ist die Antithese jeglicher Komplikation: rundes Stahl-Gehäuse, weißes Zifferblatt, schwarze Ziffern, drei gerade Zeiger, kleine Sekunde. Aus, Ende, Feierabend. Kein Datum, keine Stoppuhr, an so etwas wie eine Mondphase ist gleich gar nicht zu denken. Eine konsequent unterkühlte Ansage in Sachen Formgebung – wie gemacht für Menschen, die gern nach außen tragen wollen, dass sie immer aufs Wesentliche konzentriert sind. Und so feiert diese Uhr und die Marke speziell unter Architekten und Ingenieuren große Erfolge. Aber auch Studenten sparen auf sie und schenken sie sich zum Examen. Diese Zielgruppe hat kein großes Interesse an cremefarbenen Jacketts und Porzellan. Nun hat Nomos sein Programm „Drei Zeiger und fertig“ in den vergangenen Jahren weit ausgebaut. Die „Metro“, die Geschäftsführer Uwe Ahrendt auf einem der Sofas in Basel in den Händen hält, lässt noch immer jeglichen Schnörkel vermissen, bietet aber einige Funktionen: eine Datumsanzeige, Ziffern-Sekundenmarkierungen und eine dreifarbige Gangreserveanzeige. Die Zeiger laufen spitz zu und sind deswegen sehr präzise. Ein Schelm, wer da beim Namen „Metro“ zunächst an Großhandel denkt. Das Design stammt erstmalig aus Berlin von Mark Braun – einem Mann, der sich auch um Einrichtung kümmert. Nomos wollte ein dezidiert großstädtisches Produkt, das sich für die U-Bahn genauso eignet wie für die Straße oder das Büro. Allerdings ist nicht nur das Design ein neuer Schritt. Das Werk der „Metro“ ist als erstes mit einem hauseigenen Taktgeber ausgestattet, in ihr arbeitet ein für über zehn Millionen Euro entwickeltes Reglage-System. Lieferungen von Nivarox aus der Schweiz werden damit überflüssig. Man muss sich Uwe Ahrendt, wie er da lächelnd und ganz leicht sächselnd auf seinem Sofa sitzt, als stolzen Mann vorstellen. Aber wenn das hier jemand sein darf, dann er: Einer Glashütte-Uhr mehr Glashütte zu schenken und sie gleichzeitig urbaner zu machen, daran hätte man auch scheitern können. Philip Cassier Das Swing System, der taktgebende Teil des Werks, kommt ganz aus Glashütte MODE Der Kick beim Klick Die besten Geschichten erzählen oft die Menschen hinter der Kamera. So auch Yasuko Austin. Als Produzentin für Helmut Newton, Peter Lindbergh, Herb Ritts oder Ellen von Unwerth erlebte sie die glamouröse Ära der Modefotografie. Silke Bender hat sie besucht, René & Radka fotografierten 68 und einflussreichen Männern. Aber ich wollte selbst mein Leben gestalten.“ Sie heiratete einen Hippie und Habenichts – und war darauf angewiesen, selbst Geld zu verdienen. Sie tanzte und trat leicht bekleidet in Hugh Hefners damaligem „Playboy Club“ und Casino in London auf. „Als Tochter einer Ärztefamilie hatte ich Gott sei Dank keine Probleme mit nackten Körpern.“ Mit der Schwangerschaft und der Geburt ihrer eigenen Tochter Miki 1968 (später Frontsängerin der Rockband Lush) musste sie andere Möglichkeiten finden. Gut, dass ihr ClubStammgast und Schauspieler Omar Sharif das Pokern beibrachte und sie ins Glücksspiel einführte. Rennwetten und Roulette – damit verdiente sie drei Jahre lang ihr Geld. „Bei den Hunden und Pferden setzte ich auf die Namen, die mir am siegreichsten erschienen. Das Verrückte war: Es klappte fast immer.“ Leicht war das trotzdem nicht. 1973 ging die erste Ehe in die Brüche, und Musiklegende Brian Eno wurde ihr enger Freund. „Er hatte sich zuvor im Streit von Roxy Music getrennt, kam aus Thailand zurück, wo er tagsüber mit den buddhistischen Mönchen betete und abends in seine Wohnung in einem Bordell ging“, erinnert sie sich. Zwei, die dieselbe Begeisterung für Zen-Philosophie und Kunst teilten, aber nicht so recht wussten, wohin ihr Leben sie führen sollte. Auf Empfehlung von Peter Sellars besuchte sie einen damals berühmten Wahrsager am Sloane Square. Mit den Händen auf der Kristallkugel sagte dieser ihr voraus, dass er sie umgeben von Tausenden von Fotos sähe. Dass sie einen sehr maskulinen, athletischen Mann kennenlernen und nach Amerika gehen würde. Am Set von „Mit Schirm, Charme und Melone“ traf sie Ray Austin, damals Regisseur und einer der bestbezahlten Stuntmen Englands. Die beiden heirateten, und sein Vertrag in Hollywood führte das Paar 1977 nach Los Angeles. „Es wäre leicht für mich gewesen, über meinen Mann mit der Schauspielerei weiterzumachen“, sagt sie. „Aber ich wusste, dass man damit schwer alt werden kann.“ In Kalifornien begeisterte sie sich jedoch schnell für die Mid-Century-Modern-Architektur, besuchte die ikonischen Häuser von John Lautner oder Richard Neutra. Vielleicht wäre ja Set-Designer beim Film etwas für sie? Doch dann kamen wieder Anrufe aus Japan, eine Modefirma, die Surfermode in Los Angeles fotografieren wollte. Und Yasuko um Hilfe bei der Organisation baten. Langsam wurde die Prophezeiung des Wahrsagers Realität und ihr neues Leben als Foto-Produzentin nahm Konturen an. „Mode fand damals ausschließlich in New York statt“, sagt sie. „Das änderte sich erst mit Herb Ritts. Er brachte L.A. auf die Mode- Weltkarte.“ Auch Angeleno, der zunächst für Andy Warhols „Interview Magazine“ Promi-Partys knipste, rief auf Empfehlung bei Yasuko an. Als in den frühen 80er-Jahren der Körperund Fitnesskult an der kalifornischen Westküste den Mainstream erreichte, war sie am rechten Ort zur rechten Zeit. Das damals noch kleine Modehaus „H&M“ beauftragte Mikael Jansson, eine Werbekampagne in L.A. zu fotografieren. Und dann kamen sie alle zu ihr: Peter Lindbergh, Helmut Newton, Ellen von Unwerth, Annie Leibovitz. Sie war dabei, als Topmodel Christy Turlington das erste Mal vor der Kamera stand, sie buchte Cameron Diaz, damals noch ein unbekanntes Katalogmodel, für einen großen japanischen Kunden. Produzierte Peter Lindberghs Shooting für den Pirelli-Kalender im Yoshua Tree. Prada-Kampagnen. Armani. Jaeger. Besonders gut hat sie sich immer mit ihren deutschstämmigen Klienten verstanden. „Japaner und Deutsche haben denselben Arbeitsethos – ich habe fast nie mein Budget überzogen. Nur einmal: um 58 Cent“, grinst sie. Bald kannte sie die Vorlieben und Marotten der Fotografenstars. Annie Leibovitz: angestrengt-perfektionistisch. Peter Lindbergh: brauchte immer Requisite wie für einen Kinofilm. Herb Ritts: Der Schnellste, nach 25 Minuten war er fertig. Und hatte keine Ahnung von Fototechnik. Ellen von Unwerth: spontan und darauf bedacht, dass alle Spaß am Set haben. Sie machte Ende der 80er-Jahre Claudia Schiffer in der Guess-Jeans-Kampagne zum Star. Und scheuchte am Set in Tennessee mutig selbst die aufdringlichen Landjungs weg. Und der große Helmut Newton? Sparsam, das magerste Set-Catering von allen. Brauchte Stunden für seine Polaroids, um dann nur mit einer einzigen Filmrolle in seiner Hasselblad alles im Kasten zu haben. Während 20 Jahren arbeitete sie immer wieder mit ihm, wenn er nach Los Angeles kam. Sie wusste, wie sie ihn glücklich macht. Sie holte ihn immer in ihrem Porsche ab: „Er mochte meine Art, Auto zu fahren, am liebsten den Mulholland Drive lang und im Radio laut Country-Musik.“ Und June musste mit dem Leihwagen hinterherfahren. Yasukos Erinnerungsvermögen ist so detailliert, als hätte das alles erst gestern stattgefunden. Das braucht sie auch: Denn Fotos aus ihrer Vergangenheit hat sie keine, nichts archiviert. Nur die fertigen Arbeiten, die ihr die Fotografen schenkten und die ihre Wohnung schmücken. Heute produziert sie nur noch die Jobs, die ihr Spaß machen. Und sie überlegt, zurück nach Japan zu gehen. Weil die Menschen dort höflicher, hilfsbereiter und zuvorkommender seien. Und vor allem: weil es dort kein Verbrechen ist, alt zu werden. Yasuko Austin ist in den Hollywood Hills zu Hause PICTURE-ALLIANCE / DPA; PICTURE ALLIANCE / EVENTPRESS I hr großzügiges Haus, das sich in mehreren Etagen in die Hügel von Hollywood schmiegt, ist ein Mix aus Möbelklassikern, Antiquitäten und Kunst aus allen Epochen. Im oberen Stock befindet sich noch heute das Büro von „Legend Photo“. Die 70-jährige zarte Japanerin führt uns die Treppen hoch ins Wohnzimmer, auf dem Arm Sabu, eine ihrer zwei Katzen: „Ich weiß nicht, ob ich wirklich so spannend bin“, sagt sie bescheiden. Noch nie hat sie, die ihr Leben lang bevorzugte, hinter den Kulissen zu arbeiten, ihre Lebensgeschichte einem Magazin erzählt. Als sie jung war, wollten sie viele vor die Kamera locken und schafften es kurzfristig auch: Starfotograf David Bailey, Terence Donovan oder „Tony“ Earl of Snowdon. 1967 war sie Bond-Girl in „Man lebt nur zweimal“, neben John Steed und Emma Peel trat sie einige Male in der Fernsehserie „Mit Schirm, Charme und Melone“ auf und in „Kein Pardon für Schutzengel“. „Ich war eine schreckliche Schauspielerin“, sagt sie. „Es war nur ein Mittel zum Zweck, um ein unabhängiges Leben zu führen und mich und meine Tochter zu ernähren.“ Und dennoch war Austin dabei, als sich die Modefotografie in den späten 60ern zu dem Big Business entwickelte, das sie heute ist. Als die Fotografen statt der Regisseure die ästhetischen Codes einer Epoche definierHelmut Newton fuhr gern in ihrem ten. Yasuko war schon in den Porsche, Peter Lindbergh brauchte laut frühen 70er-Jahren „Location Yasuko Austin immer viel Requisite Scout“ in London, als es dafür noch gar keinen Begriff gab. Mit 23 Jahren kam sie als Yasuko Nagazumi von Tokio an die Themse, um englische Literatur zu studieren. Mitten in das „Swinging London“ Ende der 60er-Jahre. „Damals war ich als Japanerin ein Exot“, sagt sie. „Ich wurde auf der Straße für ein Fotoshooting angesprochen – und landete auf dem Cover vom ,Look Magazine‘.“ Schnell kamen die ersten Film- und Fernsehangebote, die sie sogar bis auf die Bühne der berühmten Royal Shakespeare Company brachten. „Ich war dafür viel zu nervös und schüchtern. Ein Albtraum“, sagt sie lachend. Die schöne Asiatin mit ihrer diskreten, aber natürlichen Art sorgte auch sonst für viel Aufsehen in Londoner Jetset- und Künstlerkreisen. „Ich nehme an, ich war ein Objekt männlicher Fantasien“, erzählt sie fast belustigt. „Ich war ziemlich populär unter vielen berühmten SHOPPING PORTRÄT Möbelstück? Lebenshaltung! Der Löwe von Venedig Mit der Design Miami hat Ambra Medda eine Kunst, Film, Tanz und Architektur: wichtige Messe geschaffen. Mit L’Arco Baleno will Paolo Baratta ist Präsident sämtlicher sie jetzt Designbegehrlichkeiten befriedigen – denn Biennalen – und dabei in jeder Möbel haben für sie nicht nur mit Wohnen zu tun Disziplin zu Hause. Andreas Tölke hat ihn in Berlin getroffen A 70 lle zwei Jahre eine Roadshow: Venedig, Berlin, Paris, London, New York. Paolo Baratta hat dann immer den aktuellen Direktor der Architektur-Biennale an seiner Seite und präsentiert die Vision und Themen einer Ausstellung, die ein paar Monate später in Venedig eröffnet wird. Ganz egal, wer da mit ihm reist, ob David Chipperfield oder aktuell Rem Koolhaas, Paolo Baratta ist der eigentliche Star. Einer, der auch zum hundertsten Mal das Warum erklärt, mit einer Lässigkeit, die kein Mediencoach je vermitteln könnte. Er lacht zum x-ten Mal natürlich über den Scherz, den seine Begleiter vom Podium in die Journalistenrunde hüsteln. Gerade die Architektur-Biennale ist eine sperrige Angelegenheit, sie wurde von der Kunst überholt und dümpelt im Schatten der Filmfestspiele. „Trotzdem halte ich sie für die wichtigste Biennale, geht es um Nachhaltigkeit“, sagt Baratta und fügt hinzu: „Ein Film ist ein, zwei Stunden ein Erlebnis, und Kunst steht ab einer bestimmten Qualität selten im eigenen Zuhause für eine tägliche Begegnung zur Verfügung. Architektur aber ... Stellen Sie sich doch einfach ein Leben ohne Fenster vor.“ Da schmunzelt er selbst über seine Anspielung auf das aktuelle Konzept von Rem Koolhaas, der sich zu dem auf den ersten Blick unverständlichen Satz hinreißen lässt: „Ohne Balkone ist Architektur nicht denkbar.“ Aber sein Konzept der Biennale löst die Plattitüde auf: Koolhaas’ Biennale wird eine Enzyklopädie der Details. Vom Fenster über Treppen, Böden, Geländer: Ist bekannt, dass sich in den vergangenen 50 Jahren der Neigungswinkel der Treppen in repräsentativen Gebäuden stetig verflacht hat? Koolhaas leitet ab, dass D PICTURE ALLIANCE/DPA; BIENNALE (2) Italiens Mann für den allgemeinen künstlerischen Überblick: Paolo Baratta der Aufstieg als Symbol an Bedeutung verliert. Interessanter Gedanke, findet Paolo Baratta. Er nippt am Weißwein und weckt damit Erinnerungen an einen Abend in der „Paris Bar“ in Berlin vor drei Jahren: Unter Kunst von Kippenberger saß er als Gegenüber an einer langen Tafel. Der Abend zog sich bis – nun ja – sehr spät. Signore, damals alterslose 71, war einfach in jedem Thema sattelfest, mit einer Weltgewandtheit, die demütig werden lässt. Ein Mann der Macht, der in Italien Minister für Wirtschaft (1994) sowie Arbeit und Inneres (1995/96) war, macht allerdings nicht zwangsläufig neben Charlize Theron auf dem roten Teppich eine wichtige Figur. Oder gar neben Madonna. Oder George Clooney. Seit insgesamt zehn Jahren (1998–2000; und seit 2008 wieder) überreicht er Goldene Löwen an Größen aus der Kunstwelt (wie Elaine Sturtevant und Tobias Rehberger) und bleibt doch als graue Exzellenz im Hintergrund. Er genießt seinen Status und hat nichts vergessen. Seine Jugend im Nachkriegsitalien, seine mit Nebenjobs finanzierten Jahre als Student. Nein, er ist kein Salonlinker, er ist Ökonom mit Verve, die ihm zu einem Stipendium in Harvard verholfen hat und über viele Stufen hinauf auf den Direktoren-Sessel der italienischen Telekom. Eigentlich könnte er längst in Cinque Terre ein bisschen in Dolce Vita machen. „Das entspricht mir nicht, und meiner Frau würde es nicht gefallen, wäre ich dauernd zu Hause“, sagt er dazu. Sein Heim liegt in Rom neben der Spanischen Treppe, Riesenterrasse, Zitronenbäumchen inklusive. Von oben erlebt Paolo Baratta, wie Globetrotter die Stadt erobern und verändern. „Die Erfahrungen, die heute reisend und virtuell möglich werden, sind ein Geschenk.“ Er teilt sie. Linkedin-Profil, Facebook – für ihn alles kein Mysterium, sondern Gewinn. „Das Schlimmste ist, sich etwas zu entsagen“, lautet sein Credo. Und er freut sich, dass Neue Medien auch in seinem Leben Alltag sind: „Die Videopressekonferenz zur Biennale aus Vene- dig hat mir einen Langstreckenflug nach New York erspart. Journalisten aus Nordamerika wurden einfach dazugeschaltet. Wunderbar.“ Überhaupt ist er sehr differenziert, sagt: „Filmstars sind Allgemeingut und nicht die Personifizierung einer ökonomischen, politischen oder philosophischen Macht.“ In der Architektur hingegen würden die Stars elitär ausgewählt. Von ökonomisch oder politisch Mächtigen: „Sie werden gefragt, ob sie Macht und Reichtum repräsentieren wollen und können. Die Stars unter Architekten haben der Konzentration von Einfluss und Geld Repräsentationsfläche gegeben. Ein wertfreier Fakt.“ Wohingegen Nutz- und Wohnarchitektur, Architektur des täglichen Lebens, ein Schattendasein friste. Neben den Machern sei hier die Allgemeinheit in der Pflicht. Viele Bürgermeister und Verantwortliche seien mit der Frage, was mit einer Stadt passieren soll, heillos überfordert: „Bis dato haben sich Amtsträger in höchster Verzweiflung an Architekten gewandt, mit der Bitte, etwas ,Spektakuläres‘ zu entwerfen. Völlig unbeeindruckt von den Bedürfnissen der Bevölkerung.“ Baratta referiert unter vier Augen in einem Salon der italienischen Botschaft in Berlin aus der Tiefe des Fauteuils. Bedächtig, nicht lahm – als würde er sich die Gedanken auf der Zunge zergehen lassen, um noch mal die Wertigkeit nachzuschmecken. Antje Ebert, verantwortlich für PR und Sponsoring bei Rolex Deutschland, trifft in Berlin das erste Mal auf den Italiener und ist angetan. Die führende Schweizer Luxusuhrenmanufaktur engagiert sich bei der Architektur Biennale 2014 quasi als logische Ergänzung zum internationalen Kunstförderprogramm, der Rolex Mentor und Meisterschüler Initiative. Es ist wirklicher Luxus, den sich das Unternehmen leistet. 2010 etwa hat das japanische Büro SANAA, Vor-Vorgänger von Rem Koolhaas bei der Biennale, auf dem Campus der EPFL (École Polytechnique Fédérale de Lausanne) das Rolex Learning Center übergeben. Die ganz konkrete Unterstützung einer Universität durch die Wirtschaft ist überlebenswichtig für Bildungseinrichtungen. Und schließt im speziellen Fall den Kreis zur Biennale. Ob Paolo Baratta diesen Deal eingefädelt hat? Da schweigt er diskret. Doch auch hinter den Biennalen steckt Ökonomie, die es im Griff zu halten gilt. Und dass er die beherrscht, ist ebenso unstrittig wie seine Kompetenz als der gegenwärtige Doge von Venedig. er erste Eindruck: Wow, ist die schön. Wenn man es ausspricht, dann lacht sie die verbalen Blumen weg: „Sei nicht so pathetisch.“ Schön und streng. So ist sie. Doch wie ist sie so geworden? Vor acht Jahren stand Ambra Medda, nicht mal 30 Jahre alt, in der Bambus-Lounge der ersten „Design Miami“ und rauchte. Ein Affront mitten im Design District, den ihr damaliger Gatte, der Bauunternehmer Craig Robins, vom Getto zum In-Viertel entwickelte. Das Projekt hat zwei gute Paten: Craig Robins auf der Suche nach einem Investment und Ambra Medda, die sich als studierte Sinologin, Archäologin und Kulturhistorikerin auf schöne Dinge weltweit versteht. Die auf Rhodos geborene Italienerin ist nicht nur mental ein Globetrotter. Irgendwann in den 90ern landete sie zwangsläufig in Miami. Weil sich eine Hotellandschaft stilprägend neu formierte und sie sich ihr eigenes Bild machen wollte. Und es gab einen weiteren Anreiz: die „Art Basel“, mit Sam Keller als Direktor, der die wichtigste Kunstmesse der Welt nach Florida brachte. Kunst und Design: Möbel aus acht Jahrzehnten von 15 der führenden Galerien aus aller Welt fanden sich in Miami. Vier Tage später haben Liebhaber aus aller Welt für sieben Millionen Euro eingekauft. Medda hatte damit auf einen Schlag eine Messe etabliert. Doch das Traumpaar trennte sich, sie war noch für eine Saison Direktorin ihres „Babys“. Ihr neuer Lebensmittelpunkt: New York. Neuer Mann an ihrer Seite: Damian Kulash. 2009 lernte sie den Sänger der Band OK Go kennen, ein Jahr später die Hochzeit. Zackig kam ein neues Projekt auf den Tisch – für Fendi brachte sie elf Designer zusammen, die auf der Mailänder Design Week unter „Craft Punk“ eine interdisziplinäre Performance hinlegten. Heute zählen für Ambra Medda vor allem New York und Berlin. Dort hat sie Mitte des vorigen Jahres L’Arco Balena präsentiert. An ihrer Seite: Oliver Weyergraf, der als Entrepreneur in der Internetszene erfolgreich war. Die Italienerin ist zurückgekehrt zu ihren Wurzeln als Kuratorin, jetzt allerdings auf einer Website mit dem Exklusivsten, was man sich ins Heim stellen kann. Von Hans Wegner bis Marcel Breuer – nur Originale, die dorthin verschifft werden, wo auch immer der Kunde residiert. Und wenn das Domizil aus allen Nähten platzt: Mittlerweile gibt es auch Schmuck, Porzellan und ausgewählte Textilien. Einen Kaschmir-Umhang von I Pezzi Di- pinti für 1780 Dollar zum Beispiel. „Es sind alles Dinge, die ich mir persönlich angesehen habe“, sagt Medda. Bei einem Joaquim-Tenreiro-Tisch für 180.000 Dollar kann man das auch erwarten. Ebenso wie substanzielle Beratung, die bei solchen Summen persönlich erfolgt, wahlweise vom Berliner oder New Yorker Team. Ihr New Yorker Heim ist minimalistischer Eklektizismus von Gio Ponti bis Maarten Baas. „Stil ist etwas sehr Per- Was das Leben schöner macht: Ambra Medda kennt sich aus – und bietet mit ihrer neuen Firma feinstes Möbeldesign sönliches, aber über Qualität ist kaum zu streiten“, lautet eines ihrer Postulate. Lauert da ein „Hauptsache teuer“? „Das kann es nicht sein. Wir arbeiten zum Beispiel gerade mit Patty Johnson aus Kanada und den Etsha Weavers aus Angola zusammen. Eine Kooperation, bei der wunderschöne, erschwingliche Körbe entstanden sind.“ Nicht das einzige Projekt mit Handwerkern aus der Dritten Welt und Schwellenländern. Hier ist der New Yorker Designer Stephen Burks Impulsgeber: „Es wird immer wichtiger, Traditionen zu bewahren und zu revitalisieren“, sagt Medda und führt an, dass eine Kelly Bag von Hermès von 1937 auch in 20 Etappen zur Tasche wird: „Ganz ehrlich: Bevor ich aus einem Textildis- NADINE JOHNSON & ASSOCIATES, INC. (3) counter TrashMode für kleines Geld hole, bei der ich genau weiß, dass sie über Ausbeutung von Natur und Menschen auf den Markt kommt, spare ich lieber auf eine YSL-Jacke.“ Für die Unternehmerin sind die Dinge, mit denen man sich umgibt, Ausdruck einer Haltung. Sie lässt den geneigten Kunden ihres E-Commerce-Shops nicht allein und lässt profunde Artikel zu Designer, Materialien und Epochen im Blog veröffentlichen. Und an ihrer Seite sind anerkannte Experten wie Produktdesigner Tom Dixon, Pop-Star Pharrell Williams, das Ehepaar Krzentowski, dem etwa die Galerie Kreo in Paris gehört, und Stefano Tonchi vom „W Magazine“. Und sie wollte weniger reisen. Doch das erste Telefonat für das aktuelle Gespräch fand auf einem Flughafen statt: „Ich bin gleich weg. Aber ich rufe morgen aus Kopenhagen an.“ Es ist auch ein harter Job, für die schönen Dinge Andreas Tölke im Einsatz zu sein. 71 „Ich bin immer wieder begeistert von Niks Arbeit und der Kraft, die sie auf mich ausübt“, sagt der Schauspieler Til Schweiger über seinen Bruder. Dabei bevorzugen die beiden privat durchaus unterschiedliche Designs: Während Nik seine Wohnung im Kreuzberger Gründerzeithaus mit futuristischen Glasskulpturen, Alberto Häberlis „Take A Soft Line“-Sesseln und jeder Menge Grünpflanzen eingerichtet hat, wohnt sein Bruder in Hamburg konsequent bodenständig-gemütlich Don’t panic, it’s organic Als Filmemacher ist Til Schweiger berüchtigt für seinen Perfektionismus. Für sein neuestes Projekt als Designunternehmer hat sich der Workaholic jetzt einen ähnlich detailversessenen Partner gesucht: den Architekten Nik Schweiger, seinen Bruder. Harald Willenbrock besuchte ihn, Mark Seelen fotografierte A 72 Als Tilman Valentin Schweiger noch jung war, verbrachte er daheim in Heuchelheim ganze Nachmittage damit, seinem jüngeren Bruder jede Szene und jedes Detail von Filmen nachzuerzählen, die er gerade gesehen hatte. Das tat er so ausgiebig, dass sein kleiner Bruder am Ende das Gefühl hatte, „Hundstage“ mit Al Pacino tatsächlich selbst gesehen zu haben. Als Nikolaus Schweiger jung war, verbrachte er viel Zeit damit, dem Sonnenlicht hinterherzuschauen, wie es sich in Glas- und Wasserflächen brach und in immer neuen Reflexionen durch den Raum tänzelte. Während sein älterer Bruder Leinwände und Bildschirme eroberte, spezialisierte sich Nik auf Lichtdesign und arbeitete für Branchengrößen wie Matteo Thun oder Philippe Starck. Mit der Designagentur 3deluxe gestaltete er Sven Väths legendären „Cocoon“-Club, zusammen mit seiner Frau, der Architektin Soryonne Schweiger, das Frankfurter „Roomers“-Hotel – eine Arbeit, für die er als „Innenarchitekt des Jahres“ ausgezeichnet wurde. Über viele Jahre hinweg sahen sich Nik, der Nachdenklichere und Schmächtigere der bei- den, und Til, der Raumgreifende und Vielbeschäftigte, daher allenfalls bei Filmpremieren oder Familienurlauben (Florian, der dritte und älteste Bruder, ist Manager bei einem bayerischen Automobilzulieferer). „Wir hatten aber immer ein super Verhältnis“, sagt Nik, 48, den man nie ohne seine Schiebermütze auf dem Schädel antrifft. Außerdem gibt es da diese zwei Eigenschaften, die die Schweiger-Brüder teilen: ihren ausgeprägten Familiensinn und den professionellen Drang, die Dinge immer noch ein bisschen besser zu machen. „Müssen Kinos eigentlich immer aussehen wie überdimensionale Schuhkartons?“, fragte Til daher eines Tages seinen Bruder und: „Könntest du nicht eines entwerfen, in dem man sich auch im Hellen wohlfühlt?“ Natürlich konnte Nik. Binnen weniger Wochen richtete er im Showroom eines Berliner Home-Cinema-Anbieters ein 25 Quadratmeter großes Privatkino ein, das mit moos-samtiger Auslegeware, bequemen Sofas und Kinosesseln, einer per iPod steuerbaren High-End-Technik und geschätzten 200.000 Euro Kosten jeder Luxusyacht zur Ehre gereichen würde. Mit anderen Worten: Schweigers PremiumLichtspielhaus ist jene Art Vorführraum, von der wohl jeder Filmemacher träumt, wenn er an ein ideales Kino denkt. „Ich bin immer wieder begeistert von Niks Arbeit und der Kraft, die sie auf mich ausübt“, sagt Til, „auch wenn ich privat einen anderen Stil bevorzuge.“ Während Nik seine Wohnung im 5. Stock eines Kreuzberger Gründerzeithauses mit futuristischen Glasskulpturen, Alberto Häberlis „Take A Soft-Line“-Sesseln und jeder Menge Grünpflanzen avantgardistisch eingerichtet hat, wohnt sein Bruder in Hamburg konsequent bodenständig-gemütlich. Sein ideales Wohnambiente beschreibt der Filmemacher als „Gefühl von einem ehrlichen Fabrikloft mit einer Note Family Long Island“. Bei ihrer gemeinsamen Kino-Produktion hingegen waren sich die beiden Schweigers derart einig, dass sie im Anschluss gleich eine Design- und Architekturfirma gründeten. „Barefoot Bros. Design“ ist, wie alles bei den Schweigers, reine Familienangelegenheit. Firmensitz ist Tils Produktionsfirma in Berlin-Mitte, ihre Geschäfte führt Niks 28-jähriger Sohn Marcel Graf, der im Nebenberuf auch noch das Marketing von „Barefoot Productions“ verantwortet. „Barefoot“ wiederum ist nicht nur der Name von Tils Produktionsfirma, sondern auch jener seiner mallorquinischen Finca, auf der die Familie regelmäßig gemeinsam urlaubt. „Family Business ist enorm wichtig für mich“, sagt Til, „ich mag es, in vertrauter Umgebung zu arbeiten. Und auf Familie kann man sich immer verlassen.“ Wie in jeder funktionierenden Familie sind auch bei „Barefoot Bros. Design“ die Aufgaben klar verteilt: Til kümmert sich um Kontakte und Kunden, Marcel ums Management, Nik um Entwürfe. Die folgen zumeist den Prinzipien des russischen Mathematikers Georgi Woronoi, von denen man nur so viel verstehen muss: Sie übersetzen natürliche Muster in architektonische Form. „Und weil diese Formen physikalisch richtig und gelernt sind“, erklärt der Innenarchitekt, „fühlt sich in entsprechend gestalteten Räumen eigentlich jeder intuitiv wohl.“ Aktuell lässt sich das schweigersche Raumgefühl im „Baku Room“ am Kurfürstendamm erleben. Den Showroom im noblen „Cumberland House“ gestalteten die Barfußbrüder im Auftrag einer aserbaidschanischen Unternehmensgruppe, die hier um Investoren und Projekte wirbt. „Die Geschäfte laufen gut an, wir hatten den richtigen Riecher“, sagt Til. In Zukunft würde er gern mehr Architekturprojekte realisieren. „Ein Museum wäre cool!“ Momentan aber beschäftigt sich der ältere Schweiger vor allem mit der Realisierung seines nächsten Spielfilms, in dem neben Emma Schweiger und Didi Hallervorden auch eine Skulptur seines Bruders eine Rolle spielen wird. Nik Schweiger wiederum tüftelt an Entwürfen von Leuchten ähnlich seinem Erfolgsmodell „Aphrodite“, das dank eines rotierenden Glaszylinders und programmierbarer LEDs fortlaufend neue Lichtspiele in den Raum wirft. Letztlich also ist bei den Brüdern alles beim Alten. „Atmosphäre schaffen, darum geht es uns beiden immer“, sagt Nik. Und das tun die Schweigers seit jeher, indem sie Licht an Wände projizieren. Jeder auf seine Art. Und jetzt eben zusammen. Familienangelegenheit: Bei „Barefoot Bros. Design“ kümmert sich Til um Kontakte und Kunden, Nik um Entwürfe und der älteste Bruder Marcel ums Management 73 ARCHITEKTUR FengShui mal italienisch Konstruktion wie ein Baum: Mall in Shanghai KATJA HENTSCHEL (3) China ist der größte Markt für europäische Prestige-Marken. Zwei italienische Architekten prägen auch den neuen Baustil. Katja Hentschel fotografierte N 74 Noch eine Shopping-Mall. An der Huaihai Road in Shanghai reiht sich schon eine an die andere. Immer größer, immer glitzernder. In Shanghai ist von neuer chinesischer Luxus-Reduzierung in Shanghai nichts zu spüren. Hugo Boss und Prada bauen neue Flagship-Stores, so groß wie Kathedralen. Doch die „K11 Art Mall“ ist anders. Nicht nur, weil sie die erste bereits renovierte Mall der Stadt ist, angeschlossen an den 61 Stockwerke hohen New World Tower anno 1990. Ein Altbau nach Shanghaier Zeitgefühl. Filippo Gabbiani erfrischt sich erst einmal unter dem 35 Meter hohen Wasserfall, der im Eingangshof über neun Stockwerke rieselt und dabei kühle Gischt versprüht. Es sei, erklärt sein Partner Andrea Destefanis, gefiltertes Regenwasser, das ebenso die vertikalen Gärten an der Außenfassade versorge. „Wasser ist im Feng-Shui das Symbol für Geld“, sagt Destefanis. Das soll hier natürlich reichlich strömen. Aber bitte europäisch nachhaltig. „Kunst, Natur und Menschen“ ist das Leitmotiv des Mall-Projekts ihres Architektur- und Designbüros Kokaistudios. 50.000 Quadratmeter, zwei Jahre Umbauzeit. In China ticken die Uhren schneller. Die K11 ist ein nach allen Straßenseiten offenes, luftig leichtes Konstrukt, das bis in die untersten Geschossebenen mit Tageslicht erhellt wird – dank des gewellten Glasdaches im Innenhof, das an eine Baumkrone erinnern soll, gestützt von Pfeilern in Form stilisierter Äste und Stämme. Zwischen den Boutiquen der großen Luxusmarken von Burberry bis Valentino gibt es auch 3000 qm Platz für Kunstausstellungen und Überraschungen. So stolpern arglose Shopper über die verstörenden, oft täuschend echten Menschen-Skulpturen des Künstlers Liu Jianhua oder finden sich in üppig sprießenden Gemüsegärten wieder, in denen manche der Restaurants ihre Kräuter, Tomaten oder Salatköpfe ziehen. Bei einem frisch gepressten Fruchtsaft auf der grünen Dachterrasse geben die Star-Architekten Shanghais Auskunft über ihre Blitzkarriere. Die beiden Mittvierziger kennen sich seit ihrer Studentenzeit in Venedig, gründeten dort 2000 auch Kokaistudios. Venedig, diese in Schönheit zerfallende Stadt voller Geschichte, und die junge Boomtown Shanghai, im späten 19. Jahrhundert durch Opium-, Teeund Seidenhandel reich geworden, seit 1990 Zentrum der kapitalistischen Neuausrichtung des Landes. Die Gegensätze ihrer alten und neuen Heimat könnten nicht größer sein. „Venezianer und Shanghainesen ticken gleich“, grinst Gabbiani verschwörerisch. „Es sind knallharte Geschäftsleute, Beziehungen sind das A und O, alles hat Grauzonen.“ 2002 führte sie ein Projekt hierher: Ein altes Bankgebäude aus der englischen Kolonialzeit, direkt an der Uferpromenade Bund gelegen, gammelte seit zehn Jahren vor sich hin. Kokaistudios sollte ein neues Nutzungskonzept entwickeln. Sie renovierten behutsam, schlugen eine Mischnutzung zwischen Gastronomie, Galerien und Luxusboutiquen vor. Heute ist „Bund 18“ die erste Adresse des Shanghaier Nachtlebens, die Bar Rouge mit der spektakulären Dachterrasse und dem Blick auf die Wolkenkratzer von Pudong der Top-Tipp in jedem Reiseführer, unten sind Brands von Cartier bis Zegna eingezogen. Die gelungene Wiederbe- lebung brachte Kokaistudios den UnescoAward für Baudenkmalschutz ein. Das Beispiel machte Schule. Danach wurden fast alle historischen Gebäude am Bund nach einem ähnlichen Prinzip restauriert. „Man kann sich gar nicht mehr vorstellen, wie trist es hier vor elf Jahren noch aussah“, sagt Destefanis. Bewahren statt abreißen – im modernitätsverliebten China, das im Rausch des schnellen Geldes und der Turbo-Industrialisierung seine jahrtausendealte Kultur und Handwerkskunst zu vergessen scheint, war die Position von Kokaistudios ein Novum. „Allein in Shanghai wurden in den letzten 20 Jahren 80 Prozent der Altbauten abgerissen“, erzählt Gabbiani. Im selben Zeitraum haben die neureichen Chinesen allerdings Geschmack an europäischen Luxusgütern gefunden. Ihr Absatzvolumen wird nach McKinsey knapp 30 Prozent der weltweiten Verkäufe ausmachen. Und Luxusbrands – Ironie der Geschichte – beziehen ihren Nimbus vor allem aus ihrer Historie. Den italienischen Marken-Architekten gelingt der Spagat zwischen eigenem Anspruch und chinesischer Realität. „Einfach, weil wir dort sind, ein Gesicht haben und uns den Respekt erarbeitet haben.“ Besonders gelungen ist ihnen das 2007 für Richemont. Für die Schweizer Luxusgruppe restaurierten sie zwei Zwillingsherrenhäuser aus den 30er-Jahren, in denen Dunhill und Vacheron Constantin ihre Verkaufsräume bezogen haben. Gleich daneben entstand auch das chinesische Headquarter der Gruppe. Das Gebäudeensemble aus Alt und Neu mit seinem stillen, begrünten Innengarten wurde ebenfalls mit dem Unesco-Award ausgezeichnet. Auch Miele vertraute auf die Kokaistudios. In einer traditionellen chinesischen Villa befindet sich heute ein hochmoderner Showroom. Die Chinesen kommen Busweise. „Jeder, der was auf sich hält, kauft sich eine Miele-Küche.“ sagt Gabbiani und fügt lächelnd hinzu: „Allerdings meist nur zum Zeigen. Wirklich kochen tun die Chinesen nach wie vor lieber in irgendeiner Kammer dahinter auf die alte Art.“ Silke Bender M FACHHANDELS E R IH I E B R H E M IE S ERFAHREN MPLUS.DE U A .R W W W R E T N U PARTNER ODER Individuelle, maßgefertigte Lösungen: n n n n Gleittürsysteme für begehbare Schränke und Einbauschränke als Nischen- und Ecklösung oder in Dachschrägen Raumteiler Falt- und Drehtüren Innensysteme mit Zubehör Tel. 0421 / 579 50 745 [email protected] Anzeige BÜROACCESSOIRES wollte, lieh ihm jener Mann seinen persönlichen Füller, der Minuten zuvor in einem verbalen Meisterstück die Herzen der Deutschen erobert hatte: „Ich bin ein Berliner!“ Anzunehmen, dass der junge John F. Kennedy vom 87-jährigen Kanzler seinen Edelfüller zurückbekam – alte Schule eben. Anders erging es da dem rumänischen Staatspräsidenten, als sein französischer Amtskollege Sarkozy die teure Feder erblickt hatte. So haute Monsieur le Président nach der Unterzeichnung eines Vertrages den verdutzten Gastgeber einfach an und steckte das gute Stück ein – Bling-Bling. Gerade erst bekam der weltweit angesehene Historiker Fritz Stern von der New York University einen Preis verliehen, samt einem mit seinem Namen gravierten Meisterstück. Wer schreibt, der bleibt. Doch ist selbst das heutzutage nicht mehr genug. Vor allem, wenn man zum Genfer Luxusgüter-Weltkonzern Richemont gehört. Des- Acht, acht, acht schreiben die Mitarbeiterinnen minutenlang aufs Papier, weil diese Zahl jeden beim Schreiben üblichen Neigungswinkel erfordert. Dabei wird darauf geachtet, dass die Tinte durch die beiden sich verjüngenden Kanäle ohne Tropfen an der Federspitze fließt. Noch wichtiger ist, dass das Schreiben möglichst geräuschlos erfolgt. Fünf bis acht Jahre dauert es, bis die Auszubildenden das Handwerk selbstständig beherrschen, doch besonders das Gravieren der Goldfedern bleibt ein lebenslanger Lernprozess. „Ein Graveur lernt seinen Beruf und wenn er ausgelernt hat, ist er noch lange kein Graveur“, sagt das Montblanc-Urgestein Henry Heuer, 73. Nur wer zu höchster Präzision bereit ist, Geduld und eine ruhige Hand besitzt, wird in der Herstellungsabteilung glücklich. Auch im Artisan Atelier geht es vor allem ums Detail, wenn die handwerklich aufwendigen Sondereditionen von Goldschmieden, Juwelenfassern, Werkzeugmachern und ehemaligen Zahntechnikern zusammengebaut werden. Das Ergebnis der Teamleistung lässt sich am besten im Skeleton-Pen nachvollziehen. Dessen filigranes Goldgehäuse erlaubt einen Blick ins Innenleben des Füllers. Fast zu schade zum Anspitzen: Bleistifte von Hermès Für Schreibtischtäter 25 Jahre Pallone. Neue Modelle. Ein Klassiker. Inspiriert vom Lifestyle Brasiliens. Papierkram! Allein das Wort kann allergische Reaktionen auslösen. Wir aber fanden Mittel, die süchtig danach machen können Nicht täuschen lassen: Dies ist ein Brieföffner (über cedon.de) Mut zur Farbe: Füller „Leman Rot“ von Caran d’Ache In der Tinte ... liegt die Kraft. Seit 90 Jahren gibt es das „Meisterstück“, den legendären Füller von Montblanc. Ein Grund für das Hamburger Traditionshaus, in New York zu feiern – und gleich neue Märkte ins Visier zu nehmen W 76 ladimir Putin und Barack Obama verbindet dieser Tage nicht viel. Was sie und viele andere Staatenlenker jedoch eint, ist der Dienst einer in Hamburg handgefertigten goldenen Feder, durch die seit 90 Jahren zuverlässig die Tinte rinnt, die zeitgenössische Geschichte besiegelt. Ob zur grimmigen Annektierung der Krim, zum Eintrag ins Goldene Buch bei Staatsbesuchen oder zum Signieren bilateraler Verträge: Überall ist das Schreibgerät aus tiefschwarzem Edelharz dabei, dessen Firmensymbol die sechs Gletscherzungen von Europas höchstem Berg symbolisiert. Als sich Konrad Adenauer am 26. Juni 1963 ins Goldene Buch Berlins eintragen halb feierte das Hamburger Traditionshaus jüngst in New York seinen Aufbruch in neue Märkte mit der aufwendigen Vorstellung seiner exklusiven Meisterstück-Kollektion aus Schreibgeräten, bei denen die klassischen drei Ringe in Rotgold gehalten waren. Dazu kamen hochwertige Artikel aus weichem Kalbsleder in mattem Schwarz und elegantem Taupe, detailreiche Uhren und Herren-Accessoires wie Manschettenknöpfe aus Onyx. „Wenn Business-Schools lehren könnten, wie man eine Ikone kreiert, dann gäbe es wohl mehr davon“, scherzte Montblanc-CEO Jérôme Lambert im sonnendurchfluteten Flagship-Store in SoHo. Der Mann muss es wissen, schließlich war er schon Vorstandsvorsitzender der Uhrenmanufaktur JaegerLeCoultre. Aber das Handgelenk des 44-jährigen Franzosen ziert nun eine hauseigene Uhr. Dass sich diese erst seit 1997 in zwei Schweizer Manufakturen hergestellten Zeitmesser im Luxusmarkt etablieren, ist eine seiner Herausforderungen. Eine andere wird sein, im digitalen Zeitalter, in dem Tasten längst die Handschrift ersetzt haben, Schreibgeräte für den globalen Markt attraktiv zu halten. Doch es täuscht sich, wer glaubt, dass Smartphones, Laptops und Co die Füllfederhalter mit der Zahl 4810 auf der Feder – so hoch ist der Montblanc in Metern – bereits verdrängt haben. Zehntausende handverlesene Meisterstücke verlassen jährlich das Werksgelände am Rande Altonas. Die meisten von ihnen werden wenig später in den Aktentaschen von Asiaten und Arabern stecken, denn von China über Südostasien bis auf die arabische Halbinsel ist der Power Pen ein beliebtes Statussymbol. Dennoch bleiben Europa und die USA wesentliche Märkte. Auch in aufstrebenden Wirtschaftsmächten wie Mexiko zückt man häufig einen Montblanc. Nur wenige der Kunden dürften wissen, dass jeder Füller, der das Haus verlässt, vorher sorgfältig in einem schallgedämpften Raum mit farbloser Tinte eingeschrieben wurde. Glücklich werden dieser Tage vor allem jene Sammler sein, die im Briefkasten ein Kaufangebot für die Jubiläumsedition haben. Ein paar Hundert Füller-Liebhaber zählt diese Gemeinschaft weltweit. Nur wenige können sicher sein, bei jeder limitierten Auflage zum Zuge zu kommen. Einige von ihnen besitzen jeden Montblanc, der herausgekommen ist, und sind bereit, bei Auktionen obszöne Preise dafür hinzulegen. „Gerade wurde ein CharlieChaplin-Füller aus einer Sonderedition bei einer Auktion in Asien für 250.000 Dollar verkauft“, sagt Christian Rauch, Managing Director für Writing Culture. „Vor vier Jahren kam er für 20.000 Euro auf den Markt.“ Rauch kennt die besten Kunden persönlich. „Darunter gibt es einen Sammler, der grundsätzlich die Seriennummer 240 kauft, weil er als Fan des Science-Fiction-Bestsellers „Per Anhalter durch die Galaxis“ die magische Zahl 240 verehrt. Ein anderer Sammler kauft nur Füller mit der Seriennummer 17, weil er an dem Tag seine Frau kennengelernt hat.“ In der behandschuhten Hand dreht Rauch sorgsam eine mit 90 Brillanten besetzte Edelfeder aus massivem Rotgold im Wert von 27.000 Euro. Wann die auf 90 Stücke limitierte Auflage wohl ausverkauft sei? „Ach, heute, denk ich mal“, sagt er trocken. Nur wer die Hand ganz schnell hebt, wird bei diesen Sammlern überhaupt ernst genommen. Bei der New Yorker Gala wurde unter dem Förderprogramm „The Power of Words“ Nelson Mandela mit einer Hommage aus drei Kurzfilmen geehrt. „Ein guter Stift kann uns an die glücklichsten Momente unseres Lebens erinnern, noble Ideen in unsere Hütten und Seelen bringen. Er kann Tragödien in Hoffnung und Sieg verwandeln“, schrieb Mandela von Robben Island an seine Tochter Zindzi. Fast möchte man hoffen, dass Wladimir Putin diese Worte zur Kenntnis nimmt, vor allem aber derzeit nicht Montblancs spezielle Jubiläumstinte benutzt. Die lässt sich nämlich nie Huberta von Voss wieder abwaschen. Pastell geht immer: Bleistift „Sparkle“ von Faber-Castell Holz sorgt gleich für Wohlfühlatmosphäre: Wood Lamp von muuto.com Flotter (Klebeab-)Roller: Gibt’s bei Cedon Ziert jeden Schreibtisch: Stiftebecher aus Perlrochen von bethge-hamburg.de Nicht zum Verzehr geeignet: Macaron-Radiergummis von Ladurée. Über ludwigbeck.de Modell Terra MONTBLANC (3) JUBILÄUM Träume Wohnen. Designklassiker: „Home Desk“ von George Nelson. Über Vitra Die limitierte Viva Pallone-Edition zum Jubiläumspreis*, unsere exklusiven Handelspartner sowie weitere originelle Sitzideen finden Sie jetzt auf leolux.de *580 € Preisvorteil (nur für die Viva Pallone-Edition bis zum 30.09.2014) PARFÜMERIEN MIT PERSÖNLICHKEIT empfehlen NEU Pure Color Envy Lipstick von EST{E LAUDER Die perfekte Beratung: Den Experten der PARFÜMERIEN MIT PERSÖNLICHKEIT liegt Ihre Schönheit am Herzen, sie nehmen sich Zeit für Sie und Ihre Bedürfnisse. Lassen Sie sich aus den 20 Pure Color Envy Lippenstift-Farben die perfekt zu Ihrem Typ und Hautton passende Farbe zeigen. Die perfekte Empfehlung: Experten empfehlen Produkte, die einzigartig sind. Estée Lauder macht das Unmögliche wahr und präsentiert mit dem neuen Pure Color Envy Sculpting Lipstick einen Lippenstift, der Farbe und Kontur verleiht. DAS OBJEKT DER BEGIERDE NEU. 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Der amerikanische Architekt al lation von Peter Marino hat rde, eine Verjüng dem Haus, das vo ungskur verpasst r genau 100 , die man selbst ge rn buchen würde ... HIER KOMMEN UNSERE KOSMETIKEXPERTEN ZU WORT Kosmetik-(AB)C: Viele Firmen haben im vergangenen Jahr CC Cremes herausgebracht (steht für Complexion Correction – meint: Teintkorrigierer). Estée Lauder hat nun mit der „Revitalizing Supreme Global Anti-Aging CC Creme“ eine neue Generation entwickelt, die nicht nur den Hautton optimieren, sondern auch noch Falten vorbeugen soll. 80 Strahlkraft: So soll sich die neue „Cellular Radiance Night Cream“ von La Prairie auf den Teint auswirken. Und wie bei allem: Die Mischung macht’s. Ein Wirkstoffkomplex kümmert sich um die Faltenbekämpfung, Shea- und Himbeerbutter sowie Hyaluronsäure sollen für genügend Feuchtigkeit sorgen. Und ein Extrakt aus Papaya peelt unauffällig über Nacht. Will man mehr? Nö. Strandgefühl: Ja, der Sommer rückt in greifbare Nähe. Zur Einstimmung könnten Sie schon jetzt das „Mermaid Body Oil“ ausprobieren. Es duftet nach Orangenblüten und Kokos. Am besten nach dem Duschen auf der feuchten Haut verteilen, einziehen lassen, fertig. Wo geht’s zum Strand? nichebeauty.com Sinnlich: Bei Cartier steht der Panther für das Weibliche, Verführerische. Und schon in den 80erJahren inspirierte das elegante Raubtier den Juwelier zu einem Duft. Nun gibt’s mit „La Panthère“ (haben Sie den Kopf des Tieres entdeckt? ) eine moderne Variante. Wie es duftet? Samtweich nach Gardenie, Chyprenoten und Moschus. GUERLAIN Tempel der Schönheit Design und Kosmetik? Gehört für mich zusammen. Flakons und Tiegel verschönern schließlich jedes Badezimmer. Aber schöner Schein allein reicht nicht, das Innenleben muss überzeugen. Ein gutes Beispiel für eine gelungene Kombination ist die Kosmetiklinie A4. Schlichter Tiegel, orangefarbenes Logo. Die Produkte werden komplett in Deutschland produziert und abgefüllt. Eine kleine Seltenheit. 2004 hat Eva Steinmeyer das Unternehmen gegründet, bis heute 19 AntiAging-Produkte entwickelt, die alle auf natürlichen Inhaltsstoffen und reinen Pflanzenölen basieren. Und noch immer ist sie bei Fragen persönlich ansprechbar (etwa über ihren Blog) und liefert gern RundumService wie eine Anleitung zur Gesichtsgymnastik, schenkt Kunden gern auch einen FoodGuide, nachdem man sich jünger essen kann ... Stefanie MüllerReitzer Inhaberin der Parfümerie F.X. Miller in Regensburg MANNOMANN Innere Werte? Sind nicht unwichtig. Aber wir Männer achten natürlich auch auf das Äußere, wenn es um Kosmetikprodukte geht. Was mich, der sich berufsbedingt in der Kosmetikindustrie auskennt, in letzter Zeit besonders angesprochen hat, war der Flakon von „Bottega Veneta Pour Homme“. Rauchig, grau, maskulin, etwas Metall und Leder. Alles dabei. Und ja, er duftet auch noch gut. Sehr augenfällig im Bad ist auch das Reinigungspuder „Men Vita Mineral“ von Declaré. Schwarze Verpackung, schlichtes Design, gut zu handhaben. Es eignet sich vor allem als Reinigung und kann, wenn Mann mag, auch als Rasierschaum eingesetzt werden. Marc Niendorf Inhaber der Parfümerie Niendorf in Bühl Kärchern PSS Die SS t Neu! l ing e T H E C U L T U R E O F T O TA L B E A U T Y Zeitgeist Reiningungs-Geräte liegen voll im Trend. Nach „Clarisonic“ kommt „Luna“ (in Stockholm entwickelt): befreit die Haut mit sanft rüttelnden Pulsationen und abgerundeten Silikonborsten auf der einen Seite von Make-up, Hautschüppchen und Co. Die Rillen auf der Rückseite arbeiten Seren und Fluids gut in feine Linie ein. Völlig unkompliziert liegt es in der Hand und: Abwaschen unter Wasser genügt, ein Bürstenauswechseln ist nicht nötig. In drei Varianten und, ja, auch für Männer. Über foreo.com Exklusive Haarpflege und Kosmetik. In ausgesuchten Friseur – Salons: labiosthetique.de Als Tochter der Ryanair-Gründerfamilie kam Danielle Ryan viel herum. Nun hat sie „Roads“ gegründet, ein kleines Unternehmen, das aus einem Verlag, einer Filmproduktion und einer Parfümkollektion besteht. Ihre Vision? Produkte zu kreieren, die von Zeitgeist- Kultur inspiriert werden. Zehn solcher Düfte, wie etwa das nach Mandarine, Bergamotte und Jasmin duftende „This weekend“, gibt’s nun bei Ludwig Beck in München. Haut-Design Frauen wollen ebenmäßige Beine. Eincremen allein reicht natürlich nicht (Sport und Ernährung sind das A und O), aber es unterstützt (die Psyche). So wie die „Anti Cellulite Creme“ von Susanne Kaufmann. Sie soll die Fettzellen-Verbrennung ankurbeln und die Spannkraft der Haut erhöhen. Tipp: zweimal täglich einmassieren und ab und zu als „Kur“ benutzen – eincremen, Beine mit Frischhaltefolie umwickeln und 30 Minuten einwirken lassen. susannekaufmann.com Neu neu Huch? Diptyque, das kleine 1961 gegründete Pariser Label, bekannt für seine wohlriechenden Duftkerzen, Raumdüfte und Eau de Parfums macht nun in Gesichtspflege? Richtig. Die „L’Art du Soin"- Linie besteht aus sechs Pflegeprodukten. Besonders schön ist das Reinigungspuder aus Tonerde, das sanft nach Verveine und Neroli duftet und sich, sobald es mit Wasser in Kontakt kommt, zu einem Schaum entwickelt. Magisch. Gibt’s zum Beispiel im KaDeWe in Berlin. Spot aus! Pigmentflecken sind eine Überreaktionen der Melanozyten. Diese produzieren zu viel Melanin, verteilen sich ungleichmäßig im Gesicht und schon hat man Flecken (Falten werden dadurch fast zur Nebensache ...). Schuld sind, klar, UV-Strahlen, von denen 70 Prozent sogar durch dicke Wolkendecken hindurchgelangen. Clinique hat nun das leicht getönte „Even better Dark spot defence SPF 45“ entwickelt, das den Teint ebnet und schützt. Durch dick und dünn. Aufgewacht Gloss-klar Etwas Glanz auf den Lippen kann nie schaden. Darum hat Clarins nun die Kollektion des „Gloss Prodige“ um eine transparente Variante erweitert. „Crystal“ (Nr. 12) können Sie entweder über einem farbigen Lippenstift auftragen und ihm so mehr Glanz geben oder Sie verputzen, äh benutzen es pur. Schmeckt nach Cassis und Lakritze ... ZUSAMMENGESTELLT VON CAROLINE BÖRGER 82 Augenschatten sind häufig nicht nur ein Müdigkeits-Zeichen, sondern zeugen meist vom Verlust der Spannkraft oder einem Stau in den Gefäßen unterhalb der Augen. Die „Lift Remodelling Eye Cream“ von Sensai dürfte helfen: Ein Extrakt der Braunalge soll das besonders dünne Gewebe unterm Auge stärken. Die Eibischwurzel löst den Gefäßstau auf. Dazu gibt’s übrigens einen Mini-Massagespatel (im Sommer ruhig mal in den Kühlschrank legen), der die Mikrozirkulation wieder anregt. LA BIOSTHETIQUE CHEVEUX LONGS In voller Länge Langes, seidiges Haar ist sexy. Es ist aber auch empfindlich und anfällig für Sprödigkeit und Haarbruch. Das luxuriöse Spa – Konzept Cheveux Longs gleicht Strukturschäden aus, n Parfum. pflegt das Haar mit hochwirksamen Inhaltsstoffen und umschmeichelt es mit einem bezaubernden Feines Näschen: Geruchsexpertin Sissel Tolaas Der Duft der großen weiten Welt – Sissel Tolaas konserviert nicht nur ihn in ihren Fläschchen MARTIN MAI (2); MARTIN U.K. LENGEMANN; PICTURE-ALLIANCE; GETTY IMAGES (1); PRIVAT (2) W PARFUM Immer der Nase nach Sissel Tolaas ist die weltweit einzige interdisziplinär arbeitende Geruchsexpertin. Ihr jüngstes Werk ist ein olfaktorischer Plan für einen Palast des britischen Königshauses. Andreas Tölke hat Witterung aufgenommen 84 Dies ist das Wappen am Tor des Buckingham Palace. Für den erstellt Sissel Tolaas einen Geruchsgrundriss Wenn eine norwegische Duftkünstlerin aus Berlin in einen Palast der britischen Königsfamilie geladen wird, dann ist das schon eigen. Wenn sie aus dem Termin mit dem Auftrag herauskommt, einen Geruchsgrundriss für einen Palast zu erstellen, dann ist das wahrhaft außergewöhnlich: „100 years Historical Royal Palaces“, ein Jubiläum liegt in der Luft. Sissel Tolaas spricht über dieses Engagement, als sei es eben einer ihrer vielen Termine. Als einzige interdisziplinär über Duft forschende Expertin der Welt hat sie eine üppige Agenda. Comme des Garçons, Cartier, Dries Van Noten (Ausstellung mit Sissel Tolaas seit Februar im Louvre) – alle wollen teilhaben an ihrem Know-how: Wie kann Geruch als Informationsquelle genutzt werden? Sie hat noch nie ein Parfum entwickelt (aber beim gleichnamigen Film beraten). Sissel Tolaas vermisst, konserviert und rekonstruiert die Gerüche der Welt. Vom Abfall bis zum Krieg, von einem königlichen Palast bis zum Wedding. Ein paar Highlights aus 2013: Sie forscht mit und für das Weizmann Institute of Science Israel und das Copernicus Science Centre in Warschau, ihre Ausstellung „Smell & Communication“ war unter anderem in Luxemburg und Den Haag. Zusammen mit dem Fotografen Nick Knight realisierte sie die Ausstellung „Violence“ im MoMA New York. Und anlässlich der United Nations zur Klimakonferenz reist sie nach Louisiana. In der weitläufigen Berliner Altbauwohnung sitzen wir am Tisch. Wie ist das nun mit der Queen? Seit dem 17. April stehen die Tore des Palastes offen und Sissel Tolaas erstellte Grundrisse auf Papier, die Gerüche enthalten, die den Besucher mittels der Duftkarte vor der Nase durch bis dato dem Publikum verschlossene Räume führt. Wo sonst bei Exkursionen Teppiche und Gemälde erklärt werden, erzählt Tolaas die Geschichte durch Gerüche, deren Moleküle sie einfängt. Was bei einer Wandverkleidung aus dem 17. Jahrhundert bedeutet: Der Besucher riecht 2014, wie es vor 500 Jahren im Gemäuer duftete. Für Tolaas sind auch Geld oder Straßenzüge Moleküle und damit riechbar: „Das Erste, was wir wahrnehmen, ist Geruch. Bis das Auge Informationen verarbeitet und an das Gehirn geleitet hat, dauert es deutlich länger. Geruch ist unmittelbar.“ Was aber auch bedeutet: Geruch ist ein dauernder Begleiter ganz ohne Distanz. Tolaas kann das an ihrem Konferenztisch schnell demonstrieren: Aus einem Regal kramt die Gastgeberin ein Gerät von der Größe eines Walkmans vor. Daran ein Schlauch, der in einen Trichter mündet. „Im Kern der Box sind einzelne Zellen, die mit Quarz gefüllt sind, der die Moleküle bindet“, erklärt sie. Dann geht das Ganze an die IFF (International Flavors & Fragrances Inc.,), einen der führenden Dufthersteller der Welt und die Firma, die Tolaas’ Labor namens re_Searchlab unterstützt. Bei IFF in den USA werden die Moleküle in die chemischen Bausteine zerlegt und als Formel ganz schlicht ausgedruckt. So sind sie jederzeit reproduzierbar. Tolaas sammelt ihre Gerüche nach strengen Prinzipien. Die Ergebnisse der Jagd sind über 6730 kleine Aluminiumfläschchen in ihrem Laborarchiv nebenan, jedes fein säuberlich mit dem Datum und dem Überbegriff des eingefangenen Geruchs etikettiert. Darunter auch: Achselschweiß. Kein Zweifel, Tolaas geht dahin, wo es wehtut. Uns zumindest. Der Achselschweiß ist allerdings auch ein wunderbares Beispiel für die Distanzlosigkeit ihres Mediums. Man denke nur an überfüllte U-Bahnen im Sommer. Tolaas verwandelt allzu Menschliches ohne Berührungsängste, die Ausdünstungen von Bill Gates zum Beispiel zu Käse. Nicht zum Verzehr geeignet, aber Kunst, die Flüchtiges materialisiert. Für Adidas wurde von David Beckham Entsprechendes verwandelt. „Es gibt kaum schlechte Gerüche. Erst durch Kultur und Erziehung werden Gerüche eingeordnet und dann unangenehm. In den unterschiedlichen Kulturen entstehen so ganz verschiedene Lernerfahrungen. Asiaten finden andere Düfte eklig als Europäer. Ich frage unter anderem, warum das so ist, wie wir Gerüche lernen und ob diese Vorurteile zu revidieren sind.“ Ihre Mikroorganismen aus Ausdünstungen sind Differenzierungen in einer Welt, die immer aseptischer wird. Dass Allergien auf dem Vormarsch sind – auch ein Resultat der Sagro- tanjunkies. Gesellschaftlicher Konsens bei Körpergeruch: überdecken. Hat die Künstlerin ein Lieblingsparfum zum Verwischen der eigenen Spuren? „Mehrere! Ich bin nicht jeden Tag dieselbe. Mal bin ich frisch und quicklebendig. Dann trage ich Moleküle, die sagen: Schaut her – hier bin ich. Und mal mache ich mich unsichtbar.“ Obacht aber, die eigene (Duft-)DNA krampfhaft überdecken zu wollen. Das führt zuweilen dazu, dass es dem Nachbarn stinkt. „Wie übertriebenes und schlechtes Styling“, sagt Sissel Tolaas. Folgerichtig lautet eine ihrer Kernfragen: Was geschieht, wenn wir Gerüche ganz emotionslos als eine Information, eine Sprache behandeln? Die Gefühle wegzulassen, das klappt oft nicht und ist auch in ihrer Erfahrung durchaus berührend. Am renommierten MIT (Massachusetts Institute of Technology) hat Tolaas 2006 weiße Wände mit dem Körpergeruch von 21 traumatisierten US-Soldaten bestrichen. „The Fear of smell – the smell of Fear“ lautete der Titel. Die Besucher sind mit der Nase an Angst geführt worden, ganz dicht heran – jede Wand ein Mensch, ein konserviertes, zu erriechendes Schicksal. „Eine Frau kam jeden Tag zu einem Exponat, also immer zu dem gleichen Geruch eines Mannes. Sie hat jeden Tag die Wand geküsst, die danach mit Lippenstiftabdrücken übersät war. Ich habe sie gefragt, was der Geruch bei ihr auslöse. Sie antworte: ,Ich errieche einen wundervollen Menschen, den ich nie kennenlernen werde.‘“ Eine Nase kann uns die Augen öffnen: „Was wir riechen, bleibt sehr, sehr lange im Unterbewusstsein. Wenn ich Menschen trainieren kann, ihre Stadt, ihr Umfeld durch die Nase zu verstehen, bin ich also einen großen Schritt weiter, was Toleranz angeht.“ Der Londoner Palast des britischen Königshauses erlaubt demzufolge Eindrücke, die einzigartiger und intimer nicht sein könnten. Kein Paparazzi, kein noch so offenes Interview wird je so nah an der royalen Wirklichkeit sein wie das, was Sissel Tolaas erlaubt ist zu kommunizieren. Ein historischer Moment in einer Unmittelbarkeit, die jedem Besucher der Ausstellung erlaubt, sich ein unverfälschtes Bild zu machen. Ohne Pomp und ohne Protokoll. Eine Monarchie für die Sinne. Für Information und Besuchstermine: http://conservation100.hrp.org.uk „Es gibt kaum schlechte Gerüche“, lautet ein Credo von Sissel Tolaas. Allerdings schont sich die Expertin auch nicht, wie diese Aufnahmen beweisen 85 PFLEGE KOSMETIK Die Zeichen der Zeit anhalten? Eine kleine schwedische Kosmetikmarke versucht das mit einem neuartigen Molekül. Caroline Börger ist gleich einmal hingefahren 86 Volvo, Filippa K, Acne, Billy, Ektorp und Malm. Das alles ist Design made in Schweden. Aber Kosmetikprodukte? Dafür ist das kleine Königreich kaum bekannt. Noch nicht. Gegenüber vom Königspalast im Zentrum ruht das „Grand Hotel“. Man trifft sich hier am Abend auf einen Drink und schaut über das glitzernde Wasser, von dem es in Stockholm mehr als genug gibt. „Wenn das Wetter schön ist, gibt es keinen schöneren Platz auf dieser Erde – und damit kann ich wohl für jeden Schweden sprechen“, stellt Lars Fredriksson, der 2011 die Marke „Verso“ gründete, erst einmal klar. Auch er hat seine Zentrale in der Hauptstadt. Die Fabrik, in der seine mittlerweile sechs AntiAging-Produkte gefertigt werden, befindet sich knapp zwei Stunden nördlich davon. Erst im vergangenen Jahr lancierte der 45-Jährige seine eigenen Produkte. Dabei ist der Vater von drei Kindern kein Neuling in der Welt der Kosmetikbranche, er hatte sich nur erst 16 Jahre lang auf die Herstellung pharmazeutischer und kosmetischer Produkte für andere Marken spezialisiert. „Verso“, das lateinische Wort beschreibt eigentlich die Rückansicht, etwa eines Gemäldes. „Doch es bedeutet auch so viel wie Umkehrung, die Zeichen der Zeit quasi zurückdrehen.“ Der Name zum Programm war gefunden. Die Hauptzutat schon vorher. Retinol, also Vitamin A. Eigentlich keine Neuheit, galt es schon vor Jahrzehnten als Wundermittel im Kampf gegen Falten. Doch war es lange ein Wirkstoff, bei dem Vorsicht geboten war, er wurde meist von Hautärzten verschrieben, um Akne oder Psoriasis zu bekämpfen. „Doch in den meisten Fällen reizte es die Haut unnötig. Und in Verbindung mit UV-Strahlen VERSO V Im Einklang Schweres metallisches Klack oder doch eher ein leichtes Klick? Hören Sie beim nächsten Mal ganz genau hin, wenn Sie Ihren Lippenstift verschließen. Der Sound sagt mehr, als man ahnt. Susanne Opalka hörte zu G ILLUSTRATIONEN: ISABELL BISCHOFF Es gibt ein Zurück ... reagiert es ebenfalls“, sagt der Experte. Aufgrund der hohen Dosierung des Vitamin A liegen seine Verso-Produkte also knapp an der Grenze zur Verschreibungspflicht. „Unser Vitamin A ist vielleicht nicht so potent wie die reine Säure, aber wer es über einen längeren Zeitraum anwendet, kann dieselben Resultate erzielen. Und: Man kann es auch am Tag benutzen“, erklärt der smarte Gründer und lacht. Aber wieso nun gründete er nach all den ja erfolgreichen Jahren noch eine eigene Marke? Die er sehr leidenschaftlich sein „viertes Kind“ nennt. Ein koreanischer Wissenschaftler brachte ihn auf die Idee: „Er erklärte mir, dass er einen Wirkstoff habe, der achtmal wirksamer sein soll als Retinol.“ Das elektrisierte ihn allerdings zunächst nicht wirklich. „In dieser Branche ist es üblich, dass jemand kommt und dir etwas anpreist. Am Tag darauf kommt jemand anderes und erklärt, dass er etwas habe, das neunoder zehnmal wirksamer sei.“ Also bat er den Wissenschaftler, ihm die Dokumente mitzugeben. Fredriksson, der weder Arzt noch Chemiker ist, kehrte nach Stockholm zurück, kontaktierte ehemalige Weggefährten und Dermatologen am KarolinskaKrankenhaus und bat sie, sich die koreanischen Forschungsergebnisse einmal genauer anzusehen. Sie bestätigten nach ein paar Tests die achtfach stärkere Wirkung des neuen Retinol-Moleküls und: Es sei um 50 Prozent weniger hautirritierend. „Das war überraschend“, so Fredriksson. Kaum verwunderlich, dass er mit dem Koreaner ins Geschäft kam, das neue Molekül „Retinol 8“ nannte und patentieren ließ. Viele der Kosmetikmarken machten für seinen Geschmack die Dinge zu kompliziert. „Ich wollte es alles einfacher halten.“ Vor allem auch das Design. Das Ergebnis sind schlichte, runde, weiße Flaschen, nur mit dem Logo und der Bezeichnung versehen. Sie tragen keine umständlichen Namen, sondern sind – in Spiegelschrift – nummeriert. Fünf Produkte gab es zum Start. Nummer 6 gegen Pigmentstörungen folgte erst jetzt. Viel mehr werden es auch nicht. Für die Verpackung arbeitete er mit einer Designagentur zusammen. „Ich wollte das Beste aus zwei Welten: die beste Anti-AgingFormel und ein Design, das simpel, skandinavisch und zeitlos zugleich ist.“ Einfach eben. Woher das Design-Faible kommt? „Das haben wohl alle Skandinavier in sich. Wir Nordlichter sind die meiste Zeit des Jahres drinnen, und daher verwundert es kaum, dass wir versuchen, es uns möglichst schön im Haus zu machen, oder?“ Und offenbar auch im Gesicht. ut möglich, dass Sie dem warmem Violettton von „440 Irresistible“ nicht widerstehen könnten. Schwer liegt er in der Hand, so schön glatt die Oberfläche, und dann dieses satte Klack, wenn die Hülse wieder auf den Lippenstift gleitet. Pure Anziehung, klack, magnetisch, noch einmal klack, macht richtig Spaß – im Ohr. Und genau da sitzt letztendlich der K(l)ick, verantwortlich für unsere finale Kaufentscheidung. Laut Wahrnehmungspsychologen soll die Akustik eines Produkts bis zu 50 Prozent daran beteiligt sein, ob wir es wollen oder eben nicht. Sounddesign sei Dank, bleibt nichts dem zufälligen Geräusch überlassen. Nicht nur bei Estée Lauders neuem „Pure Color Envy Sculpting Lipstick“. Keine Corporate Identity ohne Sound-Identity. Beim Beautyriesen in New York überzeugt sich Chairman Leonard Lauder persönlich vom Klang eines neuen Produkts, bevor es auf den Markt kommt. satt, sicher und hochwertig soll es klingen, wenn die Kundin das Rouge zuschnappen lässt. Wie bei den Türen einer Luxuslimousine. Erste wahrnehmbare Spuren hinterließ das Sounddesign bereits vor über 40 Jahren im Automobilbereich. Man wollte die Motoren für den Fahrer im Innenraum besser klingen lassen. Seit etwa 20 Jahren weiß man – wissenschaftlich untermauert – sehr genau, welche Wirkung der Hörsinn auf das Kaufverhalten hat. Und kontrolliert und konstruiert beinahe jedes Geräusch. Denn wie Gerüche kommen Geräusche ohne Umweg im limbischen System an, dem Teil des Gehirns, in dem Emotionen entstehen. Der Sound, als die Stimme des Produkts, vermittelt uns vielfältige innere Bilder, beschwört Erinnerungen unseres akustischen Gedächtnisses herauf. Schon bei der Geburt tragen wir viele akustische Erinnerungen in uns. In der Kindheit bauen wir dieses Archiv täglich aus, verbinden Gehörtes mit Gefühlen und Stimmungen: Das vertraute Klackern von Mamas Absätzen, das erfrischende Zischen einer Limonadenflasche. Mittlerweile entfallen rund fünf Prozent der Entwicklungskosten eines Produkts auf den Bereich Sound-Engineering. Tendenz: steigend. Ob Pharma, Lebensmittel, Haushalt oder Kosmetik, heute nutzt fast jeder Industriezweig Sounddesign, um sensorische Botschaften künstlich zu optimieren. Und das nicht, um uns zu manipulieren. „Wir sorgen dafür, dass sich der Verbraucher insgesamt wohler fühlt“, sagt der Pionier des Sounddesigns Dr. Friedrich E. Blutner – mit seiner Firma Synotec Psychoinformatik seit über 20 Jahren die Anlaufstelle im Erzgebirge, umgeben von Wald, etwas außerhalb von Geyer, „einem der leisesten Orte der Welt“. Hierhin pilgern Produktmanager aus ganz Europa. Blutner erfand den „Sexy Sound of Beer“, das Gluckern der Flüssigkeit, wenn es aus der Flasche läuft. „Das ist ein Vibrato mit 5 bis 7 Hertz, so singt die Callas“, erklärt Blutner. Und es ahmt den Rhythmus des Saugreflexes beim Baby nach. „Das sind Geräusche, die süchtig machen.“ Seit etwa sechs Jahren macht Blutner einen Paradigmenwechsel aus: „Geräusche, die noch vor Kurzem als die besten galten, sind plötzlich nicht mehr gefragt. Die Zielgruppenstruktur hat sich verändert. Junge Leute sehnen sich nach Stille, sie fragen sich, natürlich läuft das vollkommen unterbewusst ab, hat dieser Lärm oder jenes Geräusch Sinn?“ Beispiel Auto. Ein lauter Verbrennungsmotor signalisiere vielen nicht mehr Power und Fahrspaß, „sondern klingt nach Emissionen, und das wollen wir nicht“. Auch Staubsauger müssen heute leiser sein als früher, als ihr Sound die hohe Saugleistung akustisch darstellte, heute signalisiere das Stromverschwendung. „Das Auge drängt sich zwar immer in den Vordergrund, aber das Ohr ist entscheidend. Alles ist akustisch, schon das Baby hört den Sound der Mutter, Sound heißt Leben.“ Und der wird im Zeitalter der digitalen Kommunikation, die uns zunehmend mit optischen Reizen überfordert, immer entscheidender. Der kleine Lauschangriff in der Kosmetik etwa dient dazu, die Wirkweise von Produkten hörbar zu machen. Ein Haarspray kann rein akustisch Volumen suggerieren, „ein leise-luftiges Pffffft klingt nach Fülle“, so Friedrich Blutner. Oder der Produktton hat praktische Gründe. Beispiel Sonnenmilch. Was in der Geräuschkulisse von Pool oder Strand verwendet wird, muss beim Schließen das akustische Signal geben, dass das Produkt sicher verschlossen ist. Aktuell untersucht Friedrich Blutner Sprühgeräusche von Düften. „Fehlt im Duft die dunkle Seite, ein schwerer Akkord, können Sie den mit dem Sprühgeräusch erzielen, indem Sie es mit einer rauchigen Stimme unterlegen. Ein Zitrusduft dagegen wird immer hell und spitz klingen.“ Hat man da noch Töne? Doch zurück zum Lippenstift. „Farbtöne können auf der Haut anders wirken als bei uns in der Parfümerie. Zum Beispiel, weil der eigene Lippenton durchscheint. Wer genau den Ton des Produkts haben möchte: Lippen vor dem Auftragen einfach mit etwas Foundation grundieren“, sagt Tanja Bublitz, Inhaberin der Parfümerie Brückner in München. Bis man bei Lauder im Einklang mit den neuen Lippenstiften war, brauchte es ebenfalls diverse Tests. Denn alle 20 Farben – von Nude- bis hin zu Beerennuancen – sollten so funktionieren, dass jede Farbe zu jedem Hautton passt. Möglich machte das eine Pigmentkomposition mit einem ganz speziellen Unter-Ton. Envy Sculpting Lipstick“ von Esteé Lauder; 87 Anzeige So richtig Urlaub. SONNTAG, 20. APRIL 2014 Ganz in der Nähe, inmitten großartiger Natur. Mit Charme, Stil und Spaß für Groß und Klein. Einfach zum Wohlfühlen. Ganz A-ROSA. Global Diary Erinnern Sie sich? An die Zeit, als man statt SMS und E-Mail noch Karten von fremden Orten schrieb? Wir tun es noch immer 10 Jahre A-ROSA Feiern Sie mit! „HOLLYWOOD DOWNTOWNER INN“, L.A. Jetzt inklusive 120 € Jubiläumsvorteil bei Buchung bis 30.04.2014! Zum Beispiel A-ROSA Travemünde A-ROSA Sylt ab ab 614 € 714 € Pro Person im DZ, inkl. Halbpension Gültig für Aufenthalte zwischen 01.04. und 16.12.2014, Anreise täglich möglich, ggf. saisonale Zuschläge, limitiertes Kontingent, auch mit einer anderen Aufenthaltsdauer und individuellem Jubiläumsvorteil buchbar. 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Viel dichter, nämlich in der Hohen Tatra, von der Unesco als Biosphärenreservat anerkannt, liegt der slowakische Kurort Štrbské Pleso, ungefähr STRÄBBS-ke PLE-so ausgesprochen und auch als Tschirmer See bekannt. An diesem Gewässer sagen sich Fuchs, Hase, Rothirsch und Vögel gute Nacht – und Meister Petz. Auf dessen Fährte führt der Biologe Robin Rigg, Engländer mit Wahlheimat Slowakei, seine Gäste (slovakwildlife.org) auf eine naturnahe, erhebende Tour. Sie ist ungefährlich, sofern man nicht zwischen Mutter Bärin und ihren Nachwuchs gerät. Für so einen seltenen Fall trägt Rigg am Gürtel eine Dose Pfefferspray, das die feine Nase der Raubtiere für Beeren, Gras, Insekten und Fleisch abdrehen lässt. Ansonsten geht es im kleinsten Hochgebirge der Welt, das immerhin vier Gipfel jenseits der 2600er-Marke zählt, alpin zu. Eine exotische Erfahrung? Absolut. Nur in den kältesten Monaten sollte man keine zu hohen Erwartungen an die Braunbären stellen: Dann halten sie Winterruhe. Out-of-Africa-Zelte und -Lodges hält die Region allerdings nicht bereit. Stattdessen steht am Tschirmer See – um es in Anlehnung an Jules Vernes’ gleichnamigen Roman zu sagen – ein „Karpatenschloss“, im Sommer von Bergwiesen umgeben, im Winter von Skipisten. Das „Grand Hotel High Tatras“ der deutschen Kempinski-Gruppe, 2009 im Nationalpark auf 1350 Meter Höhe eröffnet, vereint zünftiges Eichendesign und Berg-und-Tal-Paronama mit deftiger Küche. Jan Sustr, aus der Gegend stammend, ist Naturbursche und Concierge in einem und weiß am besten, wann und wo die Bären los sind. Wie Michael Braun Alexander den Aufenthalt in der Slowakei fand? Ist klar. Bärenstark D ie Eröffnung des ersten Ritz-Carlton-Hotels in Deutschland vor 13 Jahren war eine kleine Sensation. Nicht in Hamburg, München oder Berlin, sondern in Wolfsburg, in der gerade neu eröffneten Autostadt, hatte die französische Innenarchitektin und Grande Dame der Design-Szene Andrée Putman einen Entwurf realisiert, der in besonderer Weise auf den Ort bezogen war. Mit ihrer schlichten, feinen Handschrift und großer Sensibilität dafür, dass sich dieses Fünf-Sterne-Hotel auf dem Gelände eines Industrieunternehmens gegen die kräftige Backsteinarchitektur der Fertigungshallen durchsetzen musste, gelang es ihr, die Gäste mit subtilen Farben und Materialien zu erobern. Der Ausblick auf die denkmalgeschützte Industrie-Architektur des al- ten Kraftwerks, der Anspruch im Service und die Gestaltung des Hotels brachten dem Haus eine Auslastung von über 80 Prozent. Nach zwölf Jahren muss der intensiven Nutzung Rechnung getragen werden. An einem Redesign arbeiten heißt, sensibel Vorhandenes und neue, veränderte Anforderungen in zeitgemäße Formen zu übertragen. Viele Gäste lieben die Atmosphäre so, wie sie ist. Für sie ist ein Hotel ein Zuhause auf Zeit. In den Lobbys bleiben Erinnerungen an Begegnungen und Gespräche und jeder Eingriff, jede Veränderung wird so abwartend betrachtet, als würde das häusliche Wohnzimmer ummöbliert. Es gibt gute Beispiele, die zeigen, dass ein Transfer trotzdem gelingen kann. Zum Beispiel im Pariser „Le Meurice“ kann man erleben, wie ein in die Jahre gekommenes Grandhotel, mit Humor und Leichtigkeit von Designer Philippe Starck gestaltet, unter Erhalt vieler vorhandener Element, dann aber in der Konfrontation mit radikal Neuem, mit einem feinen, frischen, freundlichen Gesicht lächelt. Gemeinsam mit dem Inszenierungsteam der Autostadt hat der in Paris lebende amerikanische Interior-Designer Elliott Barnes einen Entwurf realisiert, der den Stil Andrée Putmans zeitgenössisch transferiert. Entstanden ist ein Gesamtkonzept für 174 Zimmer, 23 Suiten, eine Lobby mit Blick auf ein IndustrieHafenbecken sowie zwei Restaurants, darunter das Drei-Sterne-Lokal von Sven Elverfeld. Elliott Barnes entwickelte ein von Wohnlichkeit und zurückhaltender Atmosphäre geprägtes Design mit natürlichen Materialien wie Holz, Leder, Glas und Stein. „Ein Interieur darf sich niemals selbst loben. Viel wichtiger ist, was zwischen den Menschen passiert und was sie von diesem Ort mitnehmen“, beschreibt er den Grundgedanken. Die Idee bei der Ausgestaltung der vier Etagen mit den Gästezimmern war die eines imaginären Aufstiegs im Gebirge: Ausgehend vom Tal (Erdgeschoss) mit erdigen Tönen changieren die Farben sowohl in den Gängen als auch in den Zimmern in Richtung Hang (erste Etage), Gletscher (zweite Etage) und Gipfel (dritte Etage) zu immer helleren Nuancen. Den Abschluss bildet die Club-Etage als Sinnbild für die Wolken, die mit leichten, „luftigen“ Tönen einen atmosphärischen Gegenpol zum Eingangsbereich des Hauses liefert. Um das neue Konzept konsequent umzusetzen, wurden viele Möbel eigens angefertigt. Gleichzeitig wurden alte und neue Designklassiker – darunter Vasen, Lampen und Stühle – in die Einrichtung integriert. Bestenfalls fügt sich im Falle des Re-Designs eines Hotels das zusammen, was gutes Design ausmacht: Es stellt den Menschen in den Mittelpunkt, nicht sich selbst. DEIDI VON SCHAEWEN (3); THE RITZ-CARLTON WOLFSBURG Die meisten Touristen gehen ins „Chateau Marmont“ zum VIP-Watching und zahlen dafür 20 Dollar für ein Glas Wein. Wie ich. Leider waren nur auch andere Leute wie ich da. Lieber erst gar nicht nach den Zimmerpreisen fragen. Ich quartiere mich also im „Hollywood Downtowner Inn“ ein, einem einfachen, aber pieksauberen Motel aus den 50er-Jahren, dessen einzige Sterne die in der schönen alten Neon-Reklame sind. Nachts kann ich nicht schlafen – Jetlag. Genervt hieve ich mich aus dem Bett, im Pyjama und mit einer Frisur wie ein aufgeplatztes Sofakissen, um vor der Tür eine Zigarette zu rauchen. Ein Mann kommt die Treppe herunter und grüßt mit scheuem Lächeln. Er kommt mir bekannt vor. Auch er im Pyjama, Kapuzenjacke und nicht gerade wie aus dem Ei gepellt. Er setzt sich 20 Meter weiter an den Pool und raucht ebenfalls. Der Groschen fällt in Pfennigen: Johnny Depp! Das kann doch nicht sein!! Was macht der denn hier? In Sekundenschnelle spiele ich möglichst unaufgeregte Kontaktaufnahmen durch. Feuer? Geht nicht. Zigarette ist schon an. Nach noch einer Zigarette fragen? Dann wird mir übel. Als ob er Gedanken lesen könnte, zieht er sich die Kapuze tiefer ins Gesicht und tippt auf seinem Handy rum. Schreibt er etwa mir die SMS? Hollywood-Motels sind bekannt als Stundenhotels und Dealer-Treffpunkte. Ich könnte mich einfach zu ihm an den Tisch setzen, wir würden uns erkennen. Wir würden auf seiner Insel glücklich. Ich kann doch auch Französisch. Mein Kopfkino lässt keinen Kitsch aus. Und mein Verstand schämt sich. Er kommt zurück, geht an mir vorbei und wünscht mir süß lächelnd (etwa dankbar für meine Diskretion?) eine gute Nacht. Jetzt erkenne ich seine Ringe und Armbänder. Wer in Hollywood raucht sonst noch, hat denselben Schmuck und sieht aus wie Johnny Depp, ohne es zu sein? Ich konnte endgültig nicht mehr schlafen. Silke Bender grämt sich heute noch, dass sie Johnny Depp nachts traf und gar nichts passierte Jubiläumsangebot für Frühjahrsbucher 7 Nächte so richtig Urlaub. 89 BAUPLAN 7 4 5 6 2 8 9 THG PARIS 1 3 DIE ARMATUR PÉTALE DE CRISTAL VON THG PARIS In den Ateliers und Manufakturen werden weiterhin Handwerkskünste gepflegt, und wir schauen zu THG Paris ist ein Hersteller von edlen Badezimmerarmaturen und -accessoires und wurde 1950 von André Tetard, Julien Haudiquez und Alexandre Grisoni in Béthencourt-sur-Mer in Nordfrankreich gegründet. Die Armaturen werden in unterschiedlichsten Stilrichtungen angeboten und auf Wunsch auch nach Maß hergestellt. 2013 präsentierten die Franzosen das Model „Pétale de Cristal“. Es ist in Zusammenarbeit mit der französischen Kristallmanufaktur Baccarat entstanden. Wir haben uns die wichtigsten Entstehungsschritte einmal angeschaut. 1. Der Entwurf der „Pétale de Cristal“ wurde von Pierre-Yves Rochon, einem Pariser Innenarchitekten und Designer, gezeichnet. 2. Sobald der Entwurf steht, folgt die grafische Umsetzung am Computer. 3. Daraufhin wird ein Prototyp des Armaturauslaufes hergestellt. 4. Nun wird flüssiges Messing – eine Legierung aus Kupfer und Zink – in die vorbereiteten Formen für die Wasserausläufe gegossen. 5. Eine Fräsmaschine fertigt die Rosetten und Blütenblätter, die an den Armaturknäufen angebracht sind. 6. Anschließend misst ein Messgerät die exakten Durchmesser der Armatur. 7. In einem galvanischen Bad folgt die Oberflächenveredelung. 8. Zum Schluss werden die Oberflächen des Auslaufes von Hand poliert. 9. Der Knauf der „Pétale de Cristal“ ist aus schwarzem Kristall und der Form einer Lotusblüte nachempfunden. 90