Wie ist das mit der Mundart?
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Wie ist das mit der Mundart?
Badische Heimat 63 (1983) M u n d a rt — M undartlyrik Wie ist das mit der Mundart? K urt Bräutigam, Freiburg „Jede Provinz liebt ihren D ialekt: denn er ist doch eigentlich das Element, in welchem die Seele ihren A tem schöpft. “ Goethe, Dichtung und W ahrheit II, 6. Buch Es ist zu r Z eit „in“, sich m it M undart zu be schäftigen, m an könnte geradezu von einem M undart-B oom sprechen. M undartdichter — berufene und w eniger berufene — haben K onjunktur, A nthologien w erden veröffent licht, Z eitungen bringen Beiträge in M und art, V ereine zu r Pflege des heim atlichen D ia lekts m it ihren Z eitschriften m achen von sich reden. D abei kann m an ein deutliches SüdN ord-G efälle feststellen, denn der alem anni sche und schwäbische Sprachraum ist, neben dem bairisch-oesterreichischen, besonders aktiv. D och läßt in letzter Zeit auch der nordbadische R aum m it rheinfränkischer und ostfränkischer D ichtung m ehr und m ehr von sich hören. Ü ber die G ründe zu einer solchen M undartbew egung w urde vielfach nachgedacht. Viele K om ponenten laufen zu samm en. D a ist ein bißchen N ostalgie, wie sie sich etw a auch in der V orliebe für A nti quitäten ausdrückt. D a ist w ohl auch eine A rt von O pposition gegen die verw altete und abgenutzte N orm ensprache (H ochdeutsch), wie sie schon einm al in der L iteratur des N a turalism us (H olz, Schlaf, H auptm ann) auf trat m it ausgiebiger V erw endung von M und art auf der Bühne. D iese „K ontrastsprache“, w ie m an sie genannt hat, w ird gestützt aus dem Bedürfnis nach entkram pfter, gelocker ter K onversation und K om m unikation ab seits von D uden und Siebs1). D as w äre also auf der Ebene der L iteratur dasselbe, was w ir M annem er1)m einen, w enn w ir sagen: Redde, w ie ääm de Schnaw w l gewachse is. D abei spielt die G ruppenbildung eine Rolle, das Be dürfnis, in einer angem essenen bergenden und überschaubaren sozialen G em einschaft zu stehen. D enn M undart ist, geographisch und ethnisch gesehen, die Sprache einer Landschaft, eines Stammes. Ihre Funktion ist, wie die jeder Sprache, neben der reinen K om m unikation eine soziale, näm lich die E ingliederung des einzelnen in die gesell schaftliche G ruppe, aber auch die Selbstfin dung der Persönlichkeit durch sprachlichen A ustausch. Isolation führt zu r Sprachlosig keit und dam it zum Identitätsverlust, zum K aspar-H auser-Syndrom . A uch em otionale Aspekte sind in E rw ägung gezogen w orden für die H inw endung zu r M undart. Etw a die A nhänglichkeit gegenüber der H eim at, ein A rgum ent, das freilich in der V ergangenheit durch ideologischen M ißbrauch („Blut und B oden“, „T reue zu r Scholle“ u.ä.) arg in V erruf geraten ist. Gleichw ohl sollte man sich seiner Liebe zu r H eim at ebensow enig schäm en wie seiner A nhänglichkeit an den H eim atdialekt. V erzeichnet doch sogar der neueste badisch-w ürttem bergische Lehrplan für die siebte Realschulklasse „Liebe zu V olk und H eim at“ als Erziehungsinhalt. Das schließt doch w ohl auch die M undart ein. 315 D abei ist freilich ein U nterschied zu m achen zw ischen dem lebendigen G ebrauch der an gestam m ten M und art und ihrer akadem i schen, m anchm al schon fast m usealen Pflege. W elchen Stellenw ert nim m t nun aber die ge nuine und noch rein und unverfälscht ge sprochene M und art ein in dem D reischritt M und art — U m gangssprache — H ochspra che (Schriftsprache)?3) M undart ist zuerst einm al gesprochene Sprache, gesprochen in einer überschaubaren G ruppe von der Fam i lie bis zur Siedlungs- und R egionalgem ein schaft. M undart ist die älteste Sprachform , ein Stam m esidiom , das sich freilich nicht m ehr m it den heutigen Stam m esgrenzen zu decken braucht. Es gibt auch im M ittelalter schon eine gewisse H ochsprache, eine D ich tersprache, die die V erbreitung einzelner W erke förderte. A ber selbst die W erke unse rer m ittelalterlichen Klassiker zeigen Spuren ihrer sprachlichen H erkunft. U nd die alt hochdeutschen literarischen Belege benennt die W issenschaft gelegentlich nach ihrem D ialekt, d. h. nach der erkennbaren Stam m essprache, z.B. „Fränkisches G ebet“, „Bai rische Beichte“, oder aber m an setzt die M und art in K lam m ern, wie „D as Ludw igs lied (rheinfränkisch)“. Ü brigens m öchten m anche Forscher die L iteratursprache des M ittelalters eher als U m gangssprache w er ten.4) D ie alten D ialekte haben sich nach der V ölkerw anderung ungefähr in ihren heuti gen G ebieten festgesetzt, w obei im Laufe der Geschichte viele historische Ereignisse, vor allem w echselnde H errschafts- und Reli gionsverhältnisse eingew irkt haben. So fin den sich z.B. im ländlichen G ebiet von M annheim nördlich und südlich des N eckars verschiedene Lautform en gleicher W örter: D er Fluß w ar einst G renze zw ischen den Bis tüm ern Speyer und W orm s. Im übrigen gibt es keine scharfen M undartgrenzen, eher G renzzonen, in denen sich E igenheiten der benachbarten D ialekte überschneiden. N u r der V ollständigkeit halber sei hier angedeu tet, daß trotz der oben erw ähnten m ittel hochdeutschen D ichtersprache über die D ia 316 lekte hinw eg die heutige Einheitssprache (H ochsprache, Schriftsprache) sich erst spät entw ickelt hat. Sie w urde w esentlich durch M artin L uther m itgeprägt, der sich auf die Sprache der M eißner K anzlei stützte und d a m it das m itteldeutsche Idiom durchsetzte ge genüber dem dam als konkurrierenden ober deutschen der kaiserlichen Kanzlei. Viele A ufsätze und A bhandlungen — auch diese hier — reden über die M undart. W er aber spricht sie heute noch unverfälscht und spontan als eigentliche „M uttersprache“ ? Es sind E rhebungen gem acht w orden über den A nteil an M undartsprechern in den verschie denen V olksschichten5). D er Anteil derer, die sich bei der U m frage als M undartspre cher verstanden, geht selbst bei älteren Leu ten und bei A rbeitern kaum über 60% hin aus, lediglich die landw irtschaftlichen Berufe sind m it 83% angegeben. Entsprechend sind D ö rfer m it 76% und Klein- und M ittelstädte m it rund 60% vertreten. D a diese E rhebung aber schon 1966 durchgeführt w urde, ist an zunehm en, daß sich die Zahlen seitdem zu ungunsten der M undart verändert haben. Ü brigens zeigt die Tabelle auch das schon erw ähnte S üd-N ord-G efälle: Bayern nennt 71, R hein-M ain/S üdw est (was ist w ohl dar unter zu verstehen?) 67 und „der N orden" 46 P rozent Einw ohner, die einen D ialekt sprechen können. D abei ist nicht sicher, ob die Befragten auch w irklich ihre M undart gebrauchen. Ich habe bei eigenen U ntersu chungen in M annheim festgestellt, daß m an cher angibt, M undart zu sprechen, der in W irklichkeit die U m gangssprache benützt. Gew iß, m an hört einem Sachsen, einem Bay ern, einem Schwaben oder einem Pfälzer seine H erk unft an, selbst w enn er hoch deutsch spricht (oder zu sprechen meint). K langfärbung, M elodie und Sprechdynam ik sind unverkennbar, dazu fallen im m er w ieder mal einige typische idiom atische W endu n gen. In jedem Falle sind diese sogenannten „konstitutiven F aktoren“, also die innere Form , beständiger als der W ortschatz, der sich — wie in jeder Sprache — natürlich auch in den D ialekten von G eneration zu G enera tion verändert. Eine international vereinbarte Lautschrift erlaubt es, den W ortschatz laut lich annähernd im D ruck festzulegen. So w erden die Lexeme (W ortschatzeinheiten) in zahlreichen großen und auch kleineren M undart-W örterbüchern festgehalten, und ihr V erbreitungsgebiet w ird in Sprachatlan ten aufgezeichnet.6) A ber erst der Einsatz des T onbandgeräts m acht es in unseren T agen m öglich, die lebendige M undart auch in ih rer L autung festzuhalten. So entstehen zu verlässige M undartarchive, die der F or schung authentisches M aterial an die H and geben. D azu w ar es aber auch höchste Z eit, denn die unverfälschte M und art schw indet von G eneration zu G eneration. D as zeigt sich in den w irtschaftlichen und industriellen Bal lungszentren — für Baden sei der R aum M annheim -L udw igshafen genannt — deutli cher als auf dem „flachen L and“, und von diesen Z entren gehen sogar nivellierende Einflüsse auf das U m land aus. D ie enorm e Fluktuation, der Z ustrom von A rbeitneh m ern in die Städte, bringt das m it sich. Glücklicherw eise hat das U m land aber noch größeren B eharrungsw illen und hält eher an seiner M undart fest als die Städte. D ie U m w andlung der Sozialstruktur seit dem vori gen Jahrhundert, die vielzitierte M obilität, die Freizügigkeit des Bürgers sind w esentli che G ründe für die A ufw eichung der M und art. B innenw anderungen gab es natürlich auch früher schon, z. B. die der H andw erks burschen, ebenso G ruppenw anderungen durch Kriegsw irren. Es ist aber anzunehm en, daß dam als die Z ugew anderten sich voll der neuen U m gebung und ihrer M und art ange paßt haben.7) D as trifft w ohl auch noch auf die W anderbew egungen am E nde des letzten Jahrhunderts (etw a von den O stgebieten in den K ohlenpott) zu, die sich heute fast nur noch in den Fam iliennam en verrät. E rst die brutale U m siedlung im zw eiten W eltkrieg und die M assenvertreibung von etw a zw ölf M illionen D eutschen aus den O stgebieten nach dem K rieg haben die M und artland schaft entscheidend verändert. N icht so sehr dadurch, daß die H eim atvertriebenen in ih rer neuen U m gebung ihre Sprache form end hätten einfließen lassen (einzelne W örter w urden im m erhin beigesteuert); aber ihre geographische und ethnische E ntw urzelung brachte auch den V erlust der eigentlichen „M uttersprache“, des H eim atdialekts mit sich. Spätestens in der jetzt heranw achsenden dritten G eneration ist die Bindung an die alte H eim at sam t ihrer M und art verlorenge gangen. D ie V erteilung der Flüchtlings ström e über das ganze Bundesgebiet hinw eg spaltete zudem die großen G ruppen in K leinstgruppen, w inzige Inseln in frem der U m gebung. A nders w ar das übrigens bei den M assen w anderungen früherer Zeiten, als politisch oder religiös unterdrückte G roßgruppen ausw anderten, etw a nach A m erika oder auf den Balkan. Sie blieben zusam m en und bew ahr ten so ihre M uttersprache als wertvollstes K ulturgut. D er Sprachforscher findet in je nen deutschen Sprachinseln einen Stand der M undart an, der bei uns längst verschw un den ist. N u r M undart, die durch äußere Ein flüsse nicht m ehr rein und unverfälscht ge sprochen w ird, ist zum Absterben verurteilt: D ie N eubürger unserer T age gerieten in den andersartigen Sprachkreis der M itschüler, der A rbeitskollegen, der V ereinskam eraden. G ew iß tun H eim atvereine, T rachten- und Sangesgruppen ihr m öglichstes, um die M und art der M inderheit zu stützen. A ber sie gehen unw eigerlich den W eg ins M useale, w enn die ehedem gesunden W urzeln erst völlig verdo rrt sind. W as hier bei den H eim atvertriebenen im kleinen und durch die U m stände beschleu nigt geschieht, ist auf die D auer auch das schleichende Schicksal aller noch lebendigen M undarten. D ie Einflüsse von außen sind be drohlich. Z w ar bem ühen sich die M assenm e dien, denen m an ja gerade einen sprachnivellierenden Einfluß zuschreibt, m it zahlreichen M undartsendungen dem augenblicklichen 317 T rend R echnung zu tragen: Bairisch und Schwäbisch, Alem annisch und Pfälzisch, Hessisch und Kölsch (und das nicht nur zur Z eit des K arnevals), natürlich auch Platt tö nen regelm äßig aus R adio und Fernsehgerät. A ndererseits fördern die M assenm edien mit vielerlei Sondersendungen auch m anche M o deström ungen wie T eenager- und D iscospra che, diese natürlich vor allem unter den jun gen Leuten. Alle die genannten Einflüsse von der sich ste tig w andelnden Sozialstruktur über die M as senw anderungen zu M edien und Sonder sprachen, nicht zu vergessen den Zustrom anglo-am erikanischer W örter nach 1945, eb nen den W eg von der M und art zu r U m gangssprache. D ie bereits erw ähnten konsti tutiven Sprachfaktoren (K langfärbung, M e lodie, R hythm us, B etonung, A rtikulation usw.) w erden im w esentlichen beibehalten, aber im W ortschatz und (m eist restringier ten) Satzbau nähert sich der Sprecher der H ochsprache. Es ist für unsere B etrachtung unw esentlich, ob m an die U m gangssprache als „abgesunkene“ H ochsprache oder als „aufgew erteten“ D ialekt betrachtet. In kei nem Falle ist sie eine A rt von „H albm und art“, wie sie z. B. Jah r für Jah r in den großen M ainzer N arrensitzungen geboten w ird. Es ist kaum anzunehm en, daß ein hochdeutsch Sprechender sich, um verständlich zu w er den, auf eine M undart zubew egt, die er gar nicht beherrscht. E her doch w ird der M und artsprecher sich bem ühen, der jew eiligen Si tuation gerecht zu w erden, also sich m ög lichst auf dem W ege zu r H ochsprache hin verständlich zu m achen, w obei ihm freilich seine angestam m te M und art in die Q uere kom m t. In jedem Falle ist festzustellen, daß die U m gangssprache an Boden gew innt.8) Auch dieser P rozeß vollzieht sich in den g ro ßen Städten deutlicher und rascher als in ländlichen G ebieten.9) U nd vor allem in den Städten gibt es neben der soziologischen auch noch eine erstaunliche psychologische Schwelle, die die M undartsprecher hem m t. Es ist eine gewisse Scheu, M und art zu spre 318 chen (vor allem außerhalb der bergenden G ruppe), weil m an sie als sozial abw ertend, als nicht „fein“ ansieht oder weil m an sie als ästhetisch m inderw ertig em pfindet. So kann eine nach den höheren Sprossen der sozialen Stufenleiter schielende M annheim erin zu ih rem M undart sprechenden Buben sagen: „Redd doch nit so wiescht!“ — w obei sie wohl m ehr den W ortschatz m eint als die ja auch ihr durchaus geläufige innere Struktur. Diese M utter schiebt also die K om m unikations ebene quasi um eine Stufe höher hinauf zur U m gangssprache. D ie verschiedenen D efini tionen der U m gangssprache können für un sere B etrachtung unberücksichtigt bleiben, zum al sich die Sprachw issenschaftler da nicht ganz einig sind.10) Es bleibt aber festzu stellen, daß in letzter Z eit die U ntersuchun gen zu r U m gangssprache die zu r M undart an Zahl übertreffen. D abei zeigt sich auch diese Zw ischenstufe zw ischen M undart und H ochsprache als ein soziologisches P häno m en: Bildung, Beruf, U m w elt prägen auch diese Sprachform , Schule und V erw altungs instanzen tun ein übriges, den B ürger zu ei ner „gem äßigten“ Sprache zu führen. Es ist selbst an kleineren Schulen üblich, die Spra che der A B C -Schützen abzuschleifen, aus pädagogischen G ründen, wie man sagt, und m ancher kleine M undartsprecher hat P ro bleme bei A ufnahm eprüfungen in w eiterfüh rende Schulen. Bei alledem bleibt die M und art zum indest außerhalb der G ruppe auf der Strecke, und die Familie w ird zu r Fluchtburg der M undartsprecher. W ie lange w ird der A nsturm der U m gangssprache abzuw ehren sein? In den Städten ist die Z eit der K apitula tion abzusehen. H offen w ir auf das „flache L and“. M an hat — wie schon erw ähnt — neuerdings die soziologische K om ponente der M und art forschung besonders betont.11) D er D ialekt w urde bei geringerer „kom m unikativer Reichw eite“ den sozial niedrigeren Schich ten, die H ochsprache und eben auch die U m gangssprache bei größerer Reichw eite den gehobeneren Schichten zugewiesen. Die Frankfurter Schule (Institut für Sozialfor schung) ging darin sehr w eit, w ie folgender Satz von T h eo d o r W . A dorno über „die D ia lekte der A rbeiter“ zeigt: „D ie proletarische Sprache ist vom H u nger dikiert. D er Arme kaut die W orte, um an ihnen sich sattzuessen . . . E r nim m t den M und voll, der nichts zu beißen hat.“12) In diesem N egativklischee ist die innere Z uw endung zu r eigenen M undart als persönlichkeitsbildendes Elem ent völlig ausgeklam m ert. Ein ähnlich negativer Blick w inkel sieht die „Sprache der U nterschicht“ lediglich im Z usam m enhang m it der T rivial literatur. G ew iß ist der M undart der Zugang zu r hohen L iteratur erschw ert, w obei neben der sprachlichen D ivergenz auch der U n ter schied im Lebensbereich mitspielen mag. A ber beide G rößen sind doch w ohl w eniger W erte an sich als aus einer festgelegten E rw artungshaltung heraus erzeugte V oreinge nom m enheiten. Z udem ist die E ignung für höhere — ich m öchte hier lieber sagen: ernste — L iteratur bei den einzelnen D ialekten ganz verschieden. Solche Z uw eisungen zu be stim m ten V olksschichten oder L iteraturkate gorien können nicht uneingeschränkt gelten. A uch w enn man das sogenannte H o n o ratio renschw äbisch, das gerade von „gut bürgerli chen Schichten“ gesprochen w ird (man denke nur an den alten „Papa H euss“), nur als H albm undart gelten lassen m öchte, ähn lich w ie das w eitverbreitete „H on o ratio ren platt“ im N o rd en, so engen beide Idiom e doch die Schichtentheorie ein. V o r allem aber ist die A ltersstufung neben der sozialen Schicht ein w esentliches K riterium für die V erw endung der M undart. So sprechen z.B. von den über Sechzigjährigen im niederdeut schen Sprachgebiet noch gute 80% platt, und der Schw und geht bis zu etw a 37% bei den Schulkindern und gar 17% im V orschulal ter.13) In unseren Breiten w erden die V erhält nisse nicht viel günstiger liegen. Es w äre fest zustellen, in w elcher sozialen G ruppe die letzten rettenden B ollw erke für die V o r schulkinder zu finden sind: In der Familie? Im K indergarten? In der Spielgem einschaft? Sprache, und hier insbesondere der D ialekt, ist ja nicht nur eine A rt Ausweis für die Z u gehörigkeit zu einer G ruppe, nicht nur das M ittel zu r K om m unikation innerhalb dieser G ruppe, sondern sie prägt und konserviert selbst auch G em einschaften, schafft also H eim at und G eborgenheit. Es ist dabei eine W echselw irkung festzustellen: M undart schließt die G ruppe zusam m en, die Z ugehö rigkeit zu r G ruppe festigt aber auch die Be reitschaft zu r M undart. Es ist sicher, daß der sogenannte restringierte C ode (einge schränkter U m fang des W ortschatzes, ein fach reihender Satzbau, w eitgehendes rituali siertes Sprachverhalten), wie er die M undart charakterisiert, die praktischen und alltäg lichen K om m unikationsbedürfnisse der M undartsprecher völlig abdeckt. D ie Fam i lie, lokale und regionale D ialektgruppen, dazu H andw erker m it H ilfe ihrer Fachspra che finden in dem konkret-zupackenden und differenzierten W ortschatz der M undart die ihnen adäquate A usdrucksform . D enn die M undart ist m it konkreten Begriffen reicher ausgestattet als die H ochsprache. U nd eben das ist ihre Stärke: ein deftiger W ortschatz, kraftvoll zupackende R edew endungen, kei nerlei Scheu vor T abus, vor allem aber diffe renzierende A nschaulichkeit. So gibt es in der m ir geläufigen M annheim er (also rhein fränkischen) M und art über 40 W örter für das W ortfeld „schlagen“. Ich habe im bäuer lichen U m land gegen ein D utzend Bezeich nungen für verschiedene A rten von K örben aufgenom m en, und die Zahl kerniger Schim pfw örter ist Legion.14) W arum gerade Schim pfw örter als K riterium ? N un, ob in Bayern oder in der Pfalz, im Schwäbischen oder in Berlin — in den Schim pfkanonaden w ird die urw üchsige K raft und Bildhaftig keit, die Lebendigkeit und Beweglichkeit der M und art und, dam it verbunden, der Stam m esart am deutlichsten. D er ungehem m te W ortschw all gibt ja doch tiefe Einblicke in das w ahre Ich des Sprechers. Indessen ist der V erlust an alten M undartw örtern (natürlich auch Schim pfw örtern) allgem ein.15) N icht 319 nur, daß m it den Sachen auch ihre N am en aussterben — das geschieht natürlich auch in der H ochsprache; unsere K onsum gesell schaft gibt auch durchaus gängigen W aren und G egenständen genorm te, d.h. hochdeut sche N am en, die auf den V erpackungen auf gedruckt sind. A uf diese W eise versteht jeder K unde und jeder V erkäufer — auch der „her geloffene“ —, was gem eint ist. Es gibt da A usnahm en: W er in Bayern — natürlich auch in M ünchen — beim B äcker ein Weckle oder ein B rötchen verlangt, w ird w ohl seltsam an geschaut. E r sollte schon das einheim ische W o rt Semmel gebrauchen. W o aber ist der M annheim er weiße Kees, der ostfränkische K lum pe und der alem annische Bibeli(s)käs geblieben? N atürlich kann m an ihn noch kaufen, aber auf der V erpackung steht „Spei sequark“, und so w ird er verlangt und auch benannt. U nd ebenso aus dem N o rd en her unter kam die Sahne statt des guten alten Rahm s. Ich vermisse heute in m einer H ei m atm undart W örter, die unsere Eltern noch gebrauchten. W er von den Jüngeren kennt heute noch das Waschlafoor, jene tragbare W aschschüssel aus Email, bei „besseren Leu ten “ auch aus zerbrechlichem G ut. W er sagt noch K a tzu ff zum M etzger, Schbell zur Stecknadel oder Bell zu r Pappel? W elche M annheim er H ausfrau kennt noch die Moggdoddlsupp? U nd zum indest in der S tadt m undart sind W örter wie Hudsch für Fohlen, schdrief für streng, schlaffln für tauen oder Nehds für N ähfaden heute unbekannt. D ie Liste ließe sich beliebig verlängern. U nd ähn liches gilt für alle Stadtm undarten und in ge ringerem U m fang auch für das Land. N un ist es natürlich nicht so, daß die M und art nur W ö rter verliert. Sie gew innt auch neue dazu und schleift sie ein. D a w ar zum Beispiel der Einfluß der M etropolen, vor allem von Ber lin, das als alte R eichshauptstadt eine starke Strahlungskraft besaß. D och hat es, wie auch andere Städte (M ünchen, W ien, auch O rte des Ruhrgebiets) w ohl noch m ehr Einfluß gehabt auf die U m gangssprache. Viele W ö r terbücher und A bhandlungen geben da nä 320 here A uskunft.16) A uch M odew örter berei chern den D ialekt. W ie jede zivilisatorische W andlung in der Geschichte hat auch die nach 1945 bei uns eingetretene eine M enge von frem den W örtern hereingeschw em m t, diesm al in der H auptsache am erikanische. D a hat sich z.B . bei den T eenagern eine G ruppensprache entw ickelt, die bis in die M undart hineinreicht: Fan, super, Tw en, T eenager; und m anches englische W o rt w ird in der M und art ungeniert ausgesprochen, wie es dasteht. A ber die T eenagersprache hat auch viele deutsche M odew örter. E rst k ü rz lich habe ich in einem M annheim er Bus ein junges M ädchen zu ihrer Begleiterin (ver m utlich über ein verpaßtes R endezvous) sa gen hören: Der bett awer doch aa echt kumme gekennt! N u n, vielleicht hatte der Säumige kän Bock druff. A llerdings sind solche Son dersprachen nicht auf eine G egend be schränkt, sondern über das ganze deutsche Sprachgebiet verbreitet, höchstens regional eingefärbt.17) D agegen w irkt sich der durch neue T echnologien entstandene W ortschatz kaum auf die M undart aus, eher auf die U m gangssprache. Es sind allenfalls G ebiete wie K leidung, K osm etik, Sport u. ä., deren W o rt schatz von M undartsprechern aufgenom m en und bis zu einem gewissen G rade w ohl auch assimiliert wird. Es ist in dieser kurzen B etrachtung schon m ehrfach auf den U nterschied zw ischen der M undart in den Städten und der auf dem Lande hingewiesen w orden. H ier ist das P ro blem der Stadtm undart angesprochen, bes ser: der Stadtm undarten, denn innerhalb großer Städte gibt es, je nach sozialer Struk tu r der betreffenden W ohngegend, durchaus unterschiedliche Sprechw eisen.18) D ie Städte als kulturelle und w irtschaftliche M ittel punkte der R egion können zw ar, w ir wiesen schon darauf hin, die Sprache des U m lands beeinflussen. A ber die Stadtm undart ist selbst im W andel begriffen, und zw ar nicht nur durch die bereits erw ähnten Einw irkungen (Flüchtlinge, sozialer W andel usw.), sondern neuerdings durch das völlig ungelöste P ro blem der G astarbeiter. N icht allein, daß die seltsame „L ehrm ethode“ des sogenannten „foreigner talk“ m it seiner radebrechenden Satzbildung („du H unger?“ ; „ich auch schon T ürkei!“ u.a.) dem Frem den keine echten Sprachkenntnisse verm itteln; gravierender ist das Problem bei den K indern. D ie jungen A usländer lernen sehr rasch die M undart (oder doch U m gangssprache) ihrer deut schen Schul- und Spielkam eraden. A ber sie w erden dabei ihrer eigentlichen M utterspra che entfrem det: Sie bleiben Frem de im G ast land und w erden Frem de in ihrer H eim at. Es ist erfreulich, daß auch die Sprachw issen schaft sich neuerdings dieser Frage an nim m t.19) M und art ist, der N am e sagt es, eine „Sprech sprache“. W ie jede Sprache drängt sie aber auch zu r schriftlichen D arstellung, sagen wir ruhig, zu r literarischen A usprägung. Eine ei gentliche M undartdichtung gibt es erst seit R ousseau (R ückkehr zum natürlichen und einfachen Leben!) und seit dem Sturm und D rang. Es gab auch schon in B arockdram en M undartszenen, aber sie dienten als K on trast zu r „vornehm en“ H ochsprache und zur V erspottung des „niederen V olks“. Es w ar ein W agnis, als A ndreas G ryphius m it seinem „Scherzspiel“ (Bauernschw ank) „D ie geliebte D o rnrose“ (1661) seine B auern (schlesische) M und art sprechen ließ. M it dem Sturm und D rang und m it der R om antik w ird die V olkssprache allm ählich literaturfähig, w enn auch vorerst nur zögernd wie bei dem Pfäl zer M aler M üller, der m it A nklängen O rts kolorit in seinen Idyllen schafft (z. B. „ Was ist’s dann vor H olz?“ in der „Schafschur“). A uch da gibt es übrigens ein landschaftliches G efälle: Im bairischen Sprachraum w aren und sind M undartdichtungen häufiger als w eiter nach N orden hin. N icht jede M undart scheint in gleicher W eise für die D ichtung geeignet zu sein. Sicher aber ist es der ale m annische D ialekt, der ja auch in der Schweiz und im Elsaß gesprochen w ird. M an könnte den Schw eizer N achbarn ohnehin neidisch sein, die ihr Schw yzerdütsch durch alle Schichten der Bevölkerung hindurch m ündlich wie schriftlich ehren und pflegen. So hat sich in jüngster Z eit dort auch eine beachtensw erte lyrische D ichtung entw ikkelt.20) Dasselbe gilt für das Elsaß, w o der K am pf um die bodenständige alem annische M uttersprache nicht nur als Selbstbestäti gung, sondern durchaus auch als W eg zu ei ner „Menschhaitssproch“ em pfunden w ird.21) K ehren w ir nach Baden zurück. D a gilt „un ser unschätzbarer H ebel“ noch heute als D ichter hohen Ranges und galt das schon dem begeisterten G oethe, von dem dieses Lob stam m t. Aus dem alem annischen Teil Badens kom m t auch heute noch (oder w ie der?) eine Fülle beachtlicher Lyrik. Es w äre ungerecht, einige N am en herauszugreifen, es soll aber auf die verdienstvolle A rbeit der M uettersproch-G sellschaft in Freiburg hin gewiesen w erden, die auch eine alem anni sche A nthologie herausgebracht hat.22) M an hat trotz K arl G ottfried N adler, Franz v. Kobell (der auch in bairischer M undart dichtete) und M ax B arack der pfälzischen (rheinfränkischen) M und art die E ignung für ernste D ichtung abgesprochen. Sie tauge eher für lustige G eschichten und A nekdoten. N un haben die genannten älteren V ertreter zw ar heitere G edichte geschrieben, aber es w aren zum eist recht ernst gem einte Porträts ihrer Zeitgenossen. N euerdings nun w ird das N egativklischee m angelnder L iteraturfähig keit des Pfälzischen überzeugend w iderlegt durch eine Reihe von guten G edichten, die in V eröffentlichungen und Lesungen ihr Publi kum finden.23) A uch im G ebiet zw ischen Pfälzisch und Alem annisch, im R aum K arls ruhe-Pforzheim , haben sich in den letzten Jahren einige L yriker einen N am en ge m acht.24) Einen A bw ehrkam pf gegen das in A m tsstuben und Schulen vordringende Schwäbisch (bzw. H onoratiorenschw äbisch) führen die D ichter im H ohenlohischen m it seiner ostfränkischen M undart, die auch in Schwäbisch H all zu H ause ist, tro tz des am t lichen O rtsnam ens.25) Ein Blick zu unseren schw äbischen N achbarn sei zum Schluß er 321 laubt, zum al das Schwäbische da und dort am R ande unseres badischen Gebiets Einfluß genom m en hat. A uch hier hört m an die kli scheehafte M einung, daß das Schwäbische nur „auf das Feld des Idyllischen, des Behä big-G em ütlichen, des K om ischen be schränkt“ sein soll.26) Sicher ist im Schw a benlande das Behäbige zu finden, wie bei uns in der Pfalz die hum orvollen Pelzer Schbrisch. A ber wie schw äbische Lyrik heute aussehen kann, läßt sich schw arz auf w eiß nachlesen: D ie „G esellschaft zu r Förderung der M und art in W ürttem berg“ bietet in ihrer Z eit schrift „schw ädds“ lesensw erte Beispiele neuer M undartdichtung. W ie sehr und wie zu U nrecht ein D ialekt von außen her nega tiv abgestem pelt w erden kann, das zeigt die M und art der Sachsen, das Lieblingsopfer der K abarettisten und C onferenciers, w enn es gilt, m öglichst noch durch Ü bertreibung bil lige Effekte zu haschen. Aus dem M unde der Sachsen klingt ihre Sprache gem ütlich und bieder, dazu ist dieser pfiffige V olksstam m in der Lage, sich sam t seinem D ialekt „auf die Schippe zu nehm en“. Im O h r und nun gar im M unde Frem der w irkt jeder D ialekt eigenar tig, w enn nicht gar komisch. D em Sprecher aber ist er M uttersprache. Z iehen w ir Bilanz. M und art ist lebendige Sprache und als solche dem W andel unter w orfen. W ir sprechen nicht m ehr den glei chen D ialekt wie unsere G roßeltern; der Schw und an ländlich besiedelten und genutz ten G egenden als natürlicher N ährboden der M und art wie auch der Sog von W irtschaft und V erw altung zu den großen Städten hin lassen die M un d art schrum pfen. D as gilt vor allem für den Bereich großer Städte, doch bleibt das Land davon nicht unberührt.27) So zialer W andel und M obilität zw ingen den, der Schritt halten will, zu K onzessionen, das heißt in unserem Falle zu r Zw eisprachigkeit, dam it aber auch zur sprachlichen U nsicher heit gegenüber seinem genuinen D ialekt: E r 322 bedient sich einer gängigen V erkehrssprache, der U m gangssprache, die nun m ehr und m ehr an die Stelle der M und art tritt. Diese E ntw icklung könnte m anchen Freund der M undart traurig stim m en; denn die M undart ist nun eben einmal die vertraute Sprache des heim ischen U m kreises, ein Stück G eborgen heit. Je w eiter die A usw anderer früherer Z ei ten von der alten H eim at entfernt w aren und je frem der sich ihre neue U m gebung gab, de sto härter käm pften sie um ihren m itgebrach ten D ialekt. A ber w enn auch unsere M und arten unter dem Einfluß der m odernen G e sellschaftsstruktur allm ählich an B oden ver lieren, so sollten w ir doch nicht vergessen, daß sie der sie überw uchernden U m gangs sprache als N ährboden im m er w ieder neue Lebensström e zufließen läßt. Es ist den er w ähnten H eim at- und Sprachgesellschaften nicht hoch genug anzurechnen, daß sie durch ihre B em ühungen das Z urückw eichen der M undarten zum indest verlangsam en, da und d o rt sogar aufhalten. D enn sie reden nicht nur über die M undart, sie pflegen sie auch in W o rt und Schrift und zeigen dam it ihren sozialen Stellenwert. Es ist sicher ein zu hartes U rteil, w enn gelegentlich von ei nem K ritiker der M undarteuphorie gesagt w urde, M undart schreibe nur der, der nicht M und art spricht.28) U nd den verbreiteten Zweifel an der L iteraturfähigkeit der M und art29) w iderlegt die stattliche Reihe „klassi scher“ wie auch die oben erw ähnte neuere D ialektdichtung. M ehr und m ehr auch treten neben die noch im m er gebotenen traditionel len H eim at- und Alltagsgedichte aktuelle und problem geladene V erse, auch reimlose. So w ird auch im Schrifttum ein Stück ange stam m tes V olksgut bew ahrt, das dem einzel nen kreative M öglichkeiten im vertrauten Sprachraum bietet. U nd alle Freunde der M und art m uß ein Ergebnis des A liensbacher Instituts für D em oskopie von 1981 zuver sichtlich stim m en, in dem es heißt: „M undart w ird hoffähig!“ Anmerkungen 3) Theodor Siebs, Deutsche Bühnenaussprache. 1. Aufl. 1898, 19. Aufl. 1969. 2) Verfasser ist M annheimer und bevorzugt des halb M annheimer Dialektbeispiele. Übrigens möchte sich diese Betrachtung in der Hauptsache auf Baden beschränken. 3) Das W ort M undart findet sich zuerst bei Philipp v. Zesen (1640); von Joachim Heinrich Campe (18. Jh.) stammt das W ort Umgangssprache, das W ahrig als „Sprache des täglichen Lebens“ inter pretiert, und das W ort Schriftsprache kam erst Ende des 18. Jahrhunderts auf, während „hoch deutsch“ schon Ende des 15. Jh.s belegt ist. 4) Vgl. dazu H ugo Moser, M undart und H och sprache im neuzeitlichen Deutsch. In: Der Deutschunterricht 1956, H eft 2, S. 40 f. 5) Vgl. W erner König, dtv-Atlas zur deutschen Sprache. M ünchen 41981, S. 134 u.ö. 6) Für unsere Betrachtung sind interessant: Badi sches W örterbuch (Ochs/Baur), das die alemanni schen und die fränkischen Dialekte innerhalb Ba dens zusammenfaßt (z. Zt. bis Buchstabe K); Schweizer Idiotikon (Stalder); Schwäbisches W ör terbuch (Fischer); Pfälzisches W örterbuch (Christ mann/K räm er); Südhessisches W örterbuch (Mulch); W örterbuch der elsässischen M undarten (M artin/Lienhart). Dazu Deutscher Sprachatlas (W rede/M artin/M itzka) und Deutscher W ortat las (M itzka/Schm itt, für Einzelwörter). Daneben gibt es eine große Anzahl von örtlichen W örterbü chern in unserem Raum, z.B. H. Schmitt, Weinheimer W ortschatz; K. Bräutigam, So werd bei uns geredd (Mannheim); H. Baum, Alemannisches Taschenwörterbuch; A. Müller, Freiburger Mundart-ABC und viele, viele andere. Zahlreich sind auch Dissertationen über örtliche und regionale Dialekte. 7) Welche Schwierigkeiten M undartsprecher in fremder sprachlicher Umgebung haben können, zeigt das Beispiel Schillers, der mit seiner schwäbi schen Aussprache vor dem Theaterausschuß in Mannheim beinahe seinen „Fiesco“ um den Erfolg gebracht hätte. 8) Vgl. zu diesem Komplex W. Henzen, Schrift sprache und M undarten, ein Überblick über ihr Verhältnis und ihre Zwischenstufen im Deutschen (1954). — Friedrich M aurer, Schriftsprache und Mundart. In: Der Deutschunterricht 1956/2, S-40 f. — Wilhelm E. Süskind, M undart, Um gangssprache und Hochsprache in ihrem Lebens recht und gegenseitigen Verhältnis. In: Der Deutschunterricht 1951/4—5, S. 22 ff. Süskind be zeichnet die Umgangssprache als „unvollständig“, so daß sie leichter M odewörter und Neuschöpfun gen aufnimmt als die Mundart. — F. J. Beranek, Die Umgangssprache und ihre Erforschung. In: Muttersprache 1950, S. 65 ff. 9) Dieter Karch hat z.B. in der Reihe PH O NA I eine Untersuchung erscheinen lassen über „M ann heim — Umgangssprache“. (1975) Ferner: C. Pa mela Danforth, A descriptive study of an urban Mannheim social dialect (1981). Heinz Küpper hat ein W örterbuch der deutschen Umgangsspra che geschrieben (gekürzt als WB d. Alltagsspra che: dtv-Taschenbuch 3034/35) 10) D azu I. Radtke, Die Umgangssprache. Ein wei terhin ungeklärtes Problem der Sprachwissen schaft. In: Muttersprache 83 (1973), S. 161—171. u )V gl. dazu dtv-Atlas, a.a.O ., S. 132f. Ferner Hermann Bausinger, Deutsch für Deutsche. Fi scher-Bücherei 580, S. 32 f. 12) Theodor W. Adorno, Minima Moralia. Frank furt 1969, S. 129. 13) nach dtv-Atlas, a. a. O. 14) Vgl. z.B. Ebel-Meininger, 1000 W orte Pälzisch mit pälzischem Schimpfwörterlexikon. Neustadt, 1979 — W enn Schambes schennt. RheinhessischM ainzer Schimpflexikon. Alzey 1978. Ich habe in einem M annheimer Schimpfgedicht von 20 Versen etwa 20 Schimpfwörter eingebaut (Muddersprooch 3, Landuff, landab. Karlsruhe 1981, S .81). 15) Dazu u.a. Peter Assion, Der M undart eine Zu kunft. M uddersprooch 3, S. 68. 16) Zu diesem Problem Lutz Mackensen, Die deut sche Sprache in unserer Zeit. Heidelberg 1971, S. 86 ff. 17) Zum Extrem der Jugendsprache, der Discospra che, vgl. W erner Metzger, Discokultur. Die ju gendliche Superszene. Heidelberg (Quelle & Meyer) 1980. D ort bes. S. 116ff. Eine Untersu chung des Bundesinstituts für ostwissenschaftliche und internationale Studien in Köln (Verf. W olf Oschlies) hat übrigens ergeben, daß auch die Ju gend in der D D R einen Jargon verwendet, der sich nur wenig von dem unserer Teenager unter scheidet. Auch dort gibt es also eine Gruppenspra che, die der Abgrenzung nach außen dient. ls) Vgl. dazu Kurt Bräutigam, Die Mannheimer M undart. Diss. Heidelberg 1934. Diese Arbeit müßte — nach fast 50 Jahren! — auf den neuesten Stand gebracht werden. — Zum Problem Stadt m undart ferner: E. Bremer, K. Gluth, U. Knoop, I. Radtke: „Stadtsprache“. In: W. Viereck, Sprachli ches Handeln. München 1976 19) So z. B. das Institut für Deutsche Sprache in Mannheim. Es ist ein Projekt geplant, das die M annheimer Stadtmundart unter den heutigen Be dingungen und Verhältnissen neu untersuchen wird. 323 20) Vgl. Dieter Fringeli (Hrsg.), Mach keini Schprüch. Schweizer M undartlyrik des 20. Jahr hunderts. Zürich 1981. Darin sind über 40 Lyriker vertreten. 21) U nter vielen anderen Dichtern wären zu nen nen: Raymond M atzen, Adrien Finck, Andre Weckmann. Der M örstadt-Verlag in Kehl betreut diese und andere Dichter des alemannischen Sprachgebiets in seiner Reihe „Neue alemannische M undartdichtung“. 22) S lebig W ort vu 31 M undartdichter us em Badi sche. Herausgeber: Muettersproch-Gsellschaft in Freiburg. Schriftleitung: Karl Kurrus 23) Es wäre in erster Linie Rudolf Lehr (Sandhau sen) und sein Kreis zu nennen. Auch Elsbeth Janda — die Elsbeth vun de Palz — tut viel für ihre H ei matmundart mit Vorträgen, Rezitationen und Veröffentlichungen. — Ich möchte an dieser Stelle doch eine Lanze brechen für den unvergessenen Hanns Glückstein, den Meister humorvoller Ge dichte in M annheimer M undart. 324 24) Unter vielen anderen wären zu nennen: Gustav F. L. Hain (Pforzheim), Rudolf Stähle (Karlsruhe) und H arald H urst (Karlsruhe-Grötzingen). 25) Auch hier nur einige wenige Namen: Gottlob Haag, W alter Hampele, Dieter Wieland, Manfred Wankmüller. 26) Hermann Bausinger, a.a.O ., S. 27f. 27) Am widerstandsfähigsten zeigen sich die deut schen Dialekte in der Schweiz, in Oesterreich und in Bayern. Auch das Alemannische im Schwarz wald ist gebietsweise noch rein erhalten. 28) So z. B. in einer Reutlinger Diskussion am 16. 2. 1981, mitgeteilt von Wilhelm König in „Schwädds“, Zeitschrift für M undart, H eft 2, Juni 1981, S. 7 29) V or Philipp v. Zesen war tatsächlich zwischen „Schreibart“ und „Redart“ (= Schriftsprache und Mundart) unterschieden worden, wobei die da mals verpönte M undart meist mit lateinisch idioma oder dialectus bezeichnet worden war. Das W ort Dialekt ist noch heute beliebt. Unsri Alemannesproch un ihri alte Hüeter K arl Kurrus, Freiburg So isch die Schprooch vo rauer A rt im Herze aber fiin un zart; si isch voll Chraft un Chindersii: en W älderbuur im Sunneschii. „V on rauher A rt, aber fein und z a rt“ nannte vor m ehr als fünfzig Jahren Richard Gäng, heute der Älteste unter uns A lem anne-Schriiber, unsere Sprache, die ihre K raft aus dem H erzen schöpft. Fragen w ir uns zunächst, was w ir unter dem W o rt Sprache verstehen w ollen. Kein Lebewesen in G ottes w eiter Schöpfung, außer dem M enschen, ist in so hohem M aße m it G aben ausgestattet, seinen A rtgenossen etwas m itteilen zu können. W as w ir m it V erstand und G efühl w ahrgenom men haben und was ein Leben lang als E rin nerung bew ahrt w urde, können w ir m it dem „geistigen W erkzeu g“ Sprache w eitergeben. Allein diese Erkenntnis führt uns schon d a hin, daß jede Sprache der M enschheit A ch tung und E hrfurcht verdient. T ro tzdem darf und soll sich jeder seiner Sprache, der Spra che seiner M utter und seiner H eim at, er freuen und sie bew ahren. D ie Sprache ist ein M erkm al für zusam m en gehörende M enschengruppen. Politische G renzen oder M acht-L inien w erden mit Hilfe der Sprache oft überschritten; w illkür liche G renzen können eine Sprach-K ulturG em einschaft nicht trennen. Ein treffendes Beispiel ist hierfür der alem annische Sprachraum . D iese G egebenheit w irkt sich zw eifel los positiv aus, indem eine nachbarschaftliche V erständigung in der gem einsam en Sprache des V olkes gesunde W urzeln hat. „An Freunde der ländlichen N atu r und D ichtung; besonders in den D istrikten jenes D ialektes, welche diese Idee m it Beifall ehren und die A usführung derselben unterstützen m ögen.“ Diese W orte finden sich bei der Em pfehlung Johan n Peter H ebels für die erste Ausgabe seiner Alem annischen G edichte (23. A ugust 1802). E r w ar es, der unsere alem annische Sprache zu Ansehen brachte und in überzeu gender A rt m anche V orurteile zurückw eisen konnte. N eben den Schilderungen von N atu r und Leben hat H ebel auch den W eg geebnet, geistig und künstlerisch hochstehende T h e m en in dieser Sprache darzustellen. Es bedarf bei unserer B etrachtung über die A lem annen sprache und ihre H ü ter nicht des w eiteren E rklärens, über die bahnbrechende W irkung H ebels. W er d W ohret gern het un w er freindschaft heischt, brücht aü in unsre Z it d r Hebelgeist! Herausragende alemannische Dichter in Südbaden W ir w ollen die B edeutung der V ielgestaltig keit der alem annischen D ichtung nicht ver kennen, in deren G esam tw erk viele M änner und Frauen aller Teile unseres Sprachraum es hohen Anteil haben. Einige m arkante D ich ter unseres Jahrhunderts seien als gültige Bei spiele besonders vorgestellt. Liebi Seel, do nüm m un suach gsundi Freud im blaue Buech! U n derno w ürsch finde: s isch ungfehr wie de selber bisch! So lautet eine handschriftliche W idm ung von Hermann Burte (1879—1960) von 1924 in seinem w ortgew altigen Buch „M adlee.“ Ja, die K unst des lebendigen D arstellens vom G e schehen bei N atu r und M ensch, in einer überzeugenden Aussage, das w ar Burte eigen. Jeder D ichter w ird seine Zeit mit w a 325 chen Sinnen durchleben, m it bestreiten und m it erleiden. K einer ist dagegen gefeit, mit den dem D ichter besonders eigenen Ideal vorstellungen an R ealitäten Schaden zu neh men. Es w ürde aber der guten Sache unserer Sprache und der Persönlichkeit eines unserer D ichter nicht gerecht, w ollte m an nicht aner kennen, w elche hohe Gabe sein wesentliches W erk, welches m utige W agnis sein Geist, und welche A ufrichtigkeit die Einsicht eines Irrtum s bedeutet. E iner der besten K enner alem annischer D ichtkunst, der Schw eizer Professor G eorg T hürer, hat das W erk und den M enschen Burte so beurteilt: „D as V er hängnis und das V ergängliche treten zurück! D em Bleibenden aber gebührt unsere A ch tung, und dem Einigenden gehört unsere Liebe.“ So dürfen w ir frohen H erzens H e r m ann Burte als M eister und Beispiel für alle sehen, die sich gestaltend und erhaltend der al^nannischen Sprache zugew andt haben. Ihm , dem G eistes- und W ortgew altigen sei aus dem G edicht „Letzte B itte“ gerne nocheinm al das W o rt gegeben. Es fallt uf mi so chalt wie Schnee ne hässige V ergunscht, doch ständig w ird me läbig seh m y W äse un mi C hunscht. D ie M arkgräfler D ichterin Lina Kromer, (1889—1977) wie H erm ann Burte m it dem H ebelpreis ausgezeichnet, ist genauso eine hochbegabte K ünderin des W ortes, von der ich in einer Feierstunde auf Schloß Bürgeln sagen d u rfte: „D er H eim at treu — und doch den Sternen nah!“ So w aren Leben und W erk dieser ebenso bew undernsw erten wie einfachen Frau aus O bereggenen. Ihre V er öffentlichungen in alem annischer und auch in hochdeutscher Sprache kam en aus hellw a chem Geist und gem ütvollem , from m en H e r zen. Ihre feinsinnigen W orte seien angedeu tet m it einer knapp gefaßten zeitlosen Aus sage: Saie un ärne, s isch allewil s glich. Saie un ärne, s m acht allewil rieh. 326 E C horn in Bode, e W o rt ins W it, du ärnsch vo jedem , vo jedem , w enn s Zit! M it Hubert Baum (1906—1976) denken w ir voll D ankbarkeit an einen A lem annendich ter, der sich in der N achkriegszeit als Brükkenbauer zw ischen den G enerationen be w ährt hat. N eben seinem eigenen dichteri schen Schaffen hat er all die M enschen um sich geschart, die das alem annische W ort w eitertragen w ollten. D ichtertreffen und Le sungen w urden von ihm organisiert und d a m it in schw erer Zeit w ieder ein A nfang ge m acht, für die H eim at und ihre M enschen das Lied des Besinnlichen und der Freude zu singen. Sein Buch „Freude am alem annischen G edicht“ brachte 1968 N achw eise m it N a m en und W erken von 1803 — H ebels ale m annische G edichte — bis zu r G egenw art. D ie H ebel-G edenkplakette w ar 1970 eine redlich verdiente A nerkennung für H u bert Baum, der zwei Jahre später m it seinem „A lem annischen T aschenw örterbuch für Ba den“ m anchem jungen D ichter eine praktika ble H ilfe gab. W ie bei den anderen Schrift stellern soll hier ein kurzes G edicht ein Bei spiel für sein vielgestaltiges Schaffen geben. Fang aa! G ang dra un förch di nit, wyl G o tt allbott e H ü lf der git. Schaff s guet! Kei W uet m acht gschickti H änd, doch R ueh hilft zue me guete n End. Ein seit Jahrzehnten bis heute kerniger und w eitbekannter K ünder für alem annisches W o rt und H eim at ist Gerhard Jung ( * 1926). Seine vielen Schriften, die Lesun gen landauf und landab, sein aktives W irken beim Schw arzw aldverein und m it der hei m atlichen V olkstanzgruppe — natürlich in T racht! —, das alles h at ihm einen großen Kreis von Freunden und V erehrern geschaf fen. D en H ebelpreis von 1974 gönnt ihm je der, der ihn kennt. N eben dem unerm üdli chen eigenen E insatz m it dem zündenden alem annischen W ort, organisiert G erhard Jung seit vielen Jahren die V eranstaltungen des H ebelbundes L örrach „B egegnung mit D ichter und W erk“, w obei auch die jüngere D ichtergeneration zu W o rt kom m t. Seine B egabung und sein Einfühlungsverm ögen bringen vielgestaltig Frohes, Erlebtes, Be sinnliches und M ahnendes; kurzum , G er hard Jung schöpft aus dem V ollen, zur Freude vieler dankbarer M enschen. D as G e dicht „U f de Schwelle“, das einem seiner zahlreichen B ücher den T itel gab, lassen uns den zeitbezogenen Geist dieses D ichters und seinen Blick zu r Ew igkeit erkennen. M er chöm m e allbott an e Schwelle, w o keine w eiß, wie s w itergoht. O b W irbel w arte, W uet un W elle, m it Bruusch un Brüel, m it Schlag un N ot. Loß der nit d A ngst de W eg verstelle! Schnuuf dreim ol tief, no w og de Schritt! D e bisch au hinter alle Schwelle in G ottes H and. V ergiß es nit. D ie zahlreichen V eröffentlichungen unserer alem annischen D ichter, auf die w ir im ein zelnen gar nicht eingehen können, dazu die D ichterlesungen und V orträge, zeugen von einer H ingabe an das zeitfordernde schrift stellerische T un. D aß dies neben der E rfül lung beachtlicher B erufspflichten geschieht ist bem erkensw ert und dankbar anzuerken nen. Ein vollgültiges Beispiel hierfür gibt uns Phi lipp Brücker (* 1924). Z w anzig Jahre w ar D r. B rücker O berbürgerm eister der Stadt L ahr und deshalb m it verantw ortlicher Arbeit und einem vollen T erm inkalender stets bela stet. D och sein frohes, m enschenfreundliches W esen, seine Liebe zu r H eim at und ihrer Sprache trieben ihn dazu, m it G eschichten und G edichten seine D ichtergaben zu ver schenken. Eine gute B eobachtungsgabe läßt ihn und dam it seine Leser oft eigenartige, aber trotzdem liebenswerte Zeitgenossen er kennen. D am it w ird ein herzhaftes Schm un zeln gew onnen, das der Lebensw eisheit nicht entbehrt. Einige Zeilen aus „D anzknopf“ (Kreisel) sollen dies zeigen. D r D anzkn opf kannsch zum D anze bringe, D o fir sin selli Rille dran. D u bruchsch kei M usik, m uesch nit singe, M uesch bloß e guedi G eißel han. So geht’s au uns in usrem Lewe: E G roß er kom m t oft so doher U n duet schnell sinni G eißel hewe U n geißelt uns bös vor sich her. Doppelbegabungen: Unsere M alerpoeten W er K unst will verschenke m uaß vorher bedenke, ergrinde zuam finde m it G eist un im G m iat s recht W ort, s herzhaft Liad; m uaß s heim elig Bild üs em Lebe, w u gilt, m uaß s N aturw und er mole, aü m ol Traüm schlössli hole, m it Pinsel un Kohle. — W er dia K unst will gniaße soll s H erz ufschliaße! Als M alerpoet — für H erm ann Burte sei das selbe P rädikat nachgetragen — schätzen w ir Eugen Falk-Breitenbach (1903—1979) aus dem M olerhiisli in H ausach. V o n ihm dürfen w ir ohne E inschränkung sagen: „N aturge treu sein Bild der H eim at, und w ahr sein gläubig-frohes W o rt!“ Sein klares A uge und die Innigkeit, m it der er das W under N atu r betrachtet hat, führten ihm die Feder, Pinsel und Zeichenstift; Ergebnis: grundechte T an nen und Schw arzw aldhöfe und bei M otiven aus der geistigen W elt D arstellungen mit dem seltengew ordenen P rädikat ,E hrfurcht’. V ier Zeilen verraten schon Vieles vom Geist unseres M alerpoeten Eugen Falk-B reiten bach: D e W ääg un Z it isch jedem gmässe, d D ääg un d Schtunde jedem zehlt; s M enschem aaß isch bal vergässe, will s nu gilt uf dääre W elt. H olzschnitte und kernige Verse in alem anni scher M und art sind die Stärke von Alban 327 Spitz ( * 1906). In seinem rom antischen Frauen und ihr alemannisches W ort H eim in M insein entstanden aber auch viele Z eichnungen und gem alte Bilder, die alle N eben der schon gew ürdigten Linä K rom er kräftige N atürlichkeit w iedergeben. Alban hatten und haben w ir eine ganze Reihe von Spitz hat sich auch daran gew agt, H ebels Frauen, denen das D ichten in alem annischer K alendergeschichten ins A lem annische zu Sprache am H erzen liegt. Lin Ritter-Potika übertragen. 1978 verlieh ihm die G em einde (1888—1981), im Elsaß geboren, w ar die H ausen die H ebel-G edenkplakette. M it meiste Z eit ihres Lebens bei uns im Badi W orten, wie in H o lz geschnitten, offenbart schen. Sie schrieb geschichtsbezogene T h ea uns Alban Spitz Lebensw eisheiten, wie z.B. terstücke, G eschichten und vor allem ihre „Eisasseschi H eiku.“ Diese japanische V ersin seinem „D änk d ra.“ form besteht aus siebzehn Silben in drei Z ei G w üüß, m ä m ueß läebe, len. D er m arkanteste davon — ihr Leben voll aber au M ansch drbi bliibe, zog sich ja zu beiden Seiten des R heines — m ä d arf s chratze und raggere it übertriibe. w ar: A H üüchli, ä R üüchli, W orum tren n t uns e Rhi? und s isch alles verbei Ass mir zeige chenne, und m änggs isch drno ainerlei. wie me Brücke bäut. 50 farbig-eigenw illig und w ohlgeform t, wie seine G edichte und G eschichten, sind die Bil Z u Beginn stellten w ir fest, daß die alem an der und T ongefäße von Bruno Epple nische Sprache „im H erze fiin un za rt“ ist. ( * 1931). M it den W erken seiner naiven M a W er könnte den Beweis dafür besser antrelerei holte er sich 1977, unter 56 T eilneh ten, als unsere D ichterfrauen. Bei Ida m ern aus 16 L ändern, den ersten Preis in Preusch-Müller (1889—1974) finden w ir viele G old. Sein H auptberuf: G ym nasial-Profes- tiefe G edanken über M utterliebe und dem ü sor in R adolfzell; seine künstlerische B eru tiges E rtragen von Schicksalsschlägen. fung wie schon erw ähnt vielseitig. U n ter dem T itel „W osches“ verm ittelt er das W issen Ai C hind — ai Freud un tausig Sorge, über ausgefallene W orte; eine Fleißarbeit, doch „C hinder“ sin e große Schatz, die belehrend und belustigend ankom m t. Ei drin lit e Sege tief verborge. gentüm lich, er geht m it seinen Schafen A l Sag, M uetterherz, wievil hän Platz? pha, Beta und G am m erle spazieren und lernt dabei selbst N eues: „gäppe“ heißt „nach Luft Solche W orte lassen uns an H ebel denken, schnappen.“ Sein D ichter-E rkennungszei der erkannte: „M uetterlieb isch zart und chen w ird aber bleiben: frum m .“ 51 hond gseet: de M aa isch dot, Hedwig Salm (1889-1981) hat uns Vieles etz isch er dot, etz hom m ern dot, geschenkt, was im „H eim atgarten“ blühte und „Aus des H erzens Fülle“ kam. Sie hatte hond si gseet. die K raft des Geistes bis ins H o h e A lter be H o n d e R ed vum P farrer gheert, halten, und schrieb noch m it achtzig Jahren vum V orstand gheert, vum L ehrer gheert, jugendfrisch die Erlebnisse im H ochschw arz R ed um Red. w ald. Ihr Sinnen galt dieser W elt und der W ie beglückend ist es für unsere M alerpoe ändern. ten, daß sie ihr herzhaftes A lem annenw ort V iel vom Ä nedrane luegt ins L ebe-n iine. m it der K unst aus eigener H an d illustrieren S cha wie d Sunne schiine un e W egspur bahne. können. Es sei ihnen neidlos gegönnt. 328 T ro st chunnt wie agfloge, d W elt w ürd neu un groß: U frecht traisch dy Los unterem Sterneboge. un drüber hi w eiht vo de Berg der H eim et O de . . . das isch für mine Teil der schönste Lebesgwinn. So gingen auch die G edanken von Paula Ist es nicht m it G enugtuung zu verm erken, H ollenweger (1900—1980), tro tz lebenslan daß eine Frau, die ein Loblied „D er K lang im ger V erbundenheit m it „Rose und R ebe“, zu Stein“ auf das Freiburger M ünster schrieb, so treu dem H eim elig-Schönen zugew andt ist?! dem großen „G eheim nis:“ An das E nde unserer Zeilen über die Frauen W enn in de N ächte dunkel mit dem A lem annenw ort stellen w ir nocheinkei Stern am H im m el goht, mal einige Zeilen von Lina Kromer, aus ih kei helle Schii, kei G funkel, rem vor fünfzig Jahren geschriebenen G e w u suscht so tröschtli stoht, dichtband „Im Blaue zu e:“ dno cha n i gspüre, ahne, S isch um die Frau e heimli, aß größri, stärchri M acht es still verborge Liecht, uf no vil höchri Bahne wie d Stern am schönste schiine uns ziehn in dunkle N ächt. ob N äbel grau un fiecht. U nsere D ichterin von Feldberg bei M üllheim erhielt 1967 die H ebel-G edenkplakette. In der Sam m lung „Sagen vom O berrhein“ D Zit isch e Bruck vum Gestert zuam Morn hat Paula H ollenw eger ein Stück ihrer H ei m at-A rbeit geborgen, w orin sie vielgestaltig W enn w ir von den alten H ü tern der A lem an versucht, dem alem annischen G rüblergeist nensprache reden, so gehen unsere G edan gerecht zu w erden und dem G uten den W eg ken w eit zurück ins vergangene Jahrhundert. Alle D ichter vergangener Jahrzehnte m it ih zu ebnen. D er B atzenberg hat seine D ichterin in Liesel ren W erken aufzuzählen, ist innerhalb unse Meier-Küchlin ( * 1907). Selbst B auersfrau rer B etrachtung nicht m öglich. W ir müssen kennt sie die A rbeit in Feld und R eben, w eiß uns dam it begnügen, eine Reihe von N am en über den „B runne bim Lindebaum “, von al zu nennen, deren Erbe nicht vergessen w er ten M ühlen und vom „B urefliß“ zu berich den darf. M ancher G edichtband von guten ten. All den W eindörfern in ihrer N achbar Freunden, seien sie schon drüben in der ande schaft singt sie das Lied von R eben und ren W elt, oder gottseidank noch bei uns, W ein, und hat doch im m er ein höheres Ziel w ird oft und gerne aufgeschlagen, um diese vor A u gen: heim elig-besinnlichen und frohen G edanken w ieder in uns aufzunehm en. D abei denken E gläubig H ärz, e stille Sinn, w ir an W alter Füsslin, M aurus G erner-B euin Freid un Schm ärz bringt äs dir Gwinn. erle, Fritz G uggenbühler, E rnst H aberstock, Eine von unseren D ichterinnen, Gertrud H ans H auser, H erm ann L änderer, Desiere Albrecht (* 1909), hat die Sendung der für Lutz, M ichel M aier, H ans M att-W illm att, die V erskunst begabten Frauen im A lem an Emil M üller-E ttikon, E rnst N iefenthaler, R i nenland — w ie sie es für Ida Preusch-M üller chard N u tzinger, K arl Sättele, G ottfried schrieb — so gesehen: Schafbuch und Frieder W eber-B enzing. Sie L önt m ine Blueme blüehe in der H eim et- alle verdienen D ank und A nerkennung für sunne, das, was sie schriftstellerisch und in sonstiger lönt mine Lieder w urzle in mim H eim etbode, W eise für unsere alem annische H eim at getan do isch die urchig C hraft, so tief do inn haben. 329 Aus den einzelnen G edicht-Proben ist er sichtlich, wie unterschiedlich die Schreib weise der alem annischen T exte ist. Eine ein heitliche R echtschreibung w ürde die bunte Sprachlandschaft stören oder gar zerstören. Es bleibt deshalb jedem D ichter überlassen, seine T exte in der Schreibweise w iederzuge ben, die der Lautw iedergabe (Phonetik) sei nes D ialektes am nächsten kom m t. Im Zw ei felsfalle ist A nlehnung an die Schriftsprache zu em pfehlen. „R aum und Z eit“ — ein vielverwendetes D ichterw ort — diese beiden Begriffe sollen uns Pfeiler sein für eine Brücke, die uns vom ausgehenden 19. Jahrhun dert bis in unsere T age führt. W ir lassen stellvertretend für die vielen D ichterfreunde Paul Sättele (1884—1978) und Werner Richter ( * 1929) zu uns sprechen, zwei M enschen unserer H eim at, deren Leben fast ein halbes Jah r hundert auseinander liegt. A uch hieraus k ö n nen w ir ersehen, wie beständig das B ekennt nis zu r H eim at ist. Sow ohl in besinnlichen W orten, dem Ewigen zugetan, wie auch aus frohem H erzen, das Leben bejahend, sind uns die alem annischen D ichter treue Beglei ter durch die Z eit, auf dem W eg über die Brücke vom G estern zum M orgen. I ha ne feine R ote und das isch gwiß kei Sünd, er chunnt als guete Bote uf Bsuech, als guete Fründ. 330 E r tu at au m änkm ol wecke mii Geist un stupft un bohrt, drum C hrüüsli, loß m r s schmecke, er hilft biim D ichterw ort. W erner R ichter N och diim W ese, noch diim W ii, noch em junge, starche Rhii, noch em Land im Bluescht un Schii stoht miin Sii. U n dii Sproch, wie dunkli G locke, sam tig w arm , so duet si locke zue dir hi, ewig zue miim Land am Rhii. Paul Sättele M it diesem R ückblick w urde versucht, die H eim atdichter der gew esenen und der älte ren G eneration vorzustellen und ihre W erke in E rinnerung zu rufen. Beglückend ist es, daß die junge und neue alem annische D ich tung bei einer großen Z ahl von M enschen ei nen P latz gefunden hat, w o W urzeln, Blüten und Reife m it G edicht und Lied den Fortbe stand dieses K ulturelem entes sichern werden. G em einsam w ollen w ir das Erbe hüten und in die Z ukunft schreiten m it dem G rundsatz: S G uat vum Alte bhalte un m uatig s N eui gstalte! Neue alemannische Dichtung am Hochrhein Versuch einer Bestandsaufnahme Gerhard Jung, Lörrach „ Und aus des Nebels W olkenkreis hebt sicb’s w ie eine H and: Der alte Hebel segnet leis sein alemannisch L and!“ Diese V erse von Josef V ik tor von Scheffel fielen m ir ein, als ich den A nfang für mein et was leichtsinnig versprochenes „W erk“ suchte. D ie V ision des alten M eisters, der da auf dem Feldberg sitzt und seine A ugen über das Land am H ochrhein schweifen läßt, vom Jurariegel des R anden bis ans R heinknie mit der stolzen „tollen“ Stadt Basel und w est w ärts hinauf bis nach Freiburg, der Stadt „des W aldes, des W eines und der G otik“ und w eiter rundum über die H ö hen des Süd schw arzw alds, diese V ision kam m ir im m er w ieder in den Sinn, als ich mich m it der „neuen“ M undartdichtung näher befaßte. Fast körperlich spürte ich das Lächeln des „Schutzgeistes der A lem annen“ über m einen V ersuch. B estandsaufnahm e der neuen ale m annischen D ichtung am H ochrhein? D a hast du dich in etwas eingelassen, Freund! N u n gut, aus der B estandsaufnahm e ist nur Stückw erk gew orden. A ber auch ein Anfang ist nützlich. B egrenzungen sind ohnehin nicht zu verm eiden, w enn Bestand aufge nom m en w ird. Das hat schon H u bert Baum erfahren, als er 1968 seine A nthologie „Freude am alem annischen G edicht“ schuf, K arl K urrus ging es nicht anders, als er zehn Jahre später für die M uettersproch das „s lebig W o rt“ zusam m enstellte. Sie w aren mir V orbild und B egrenzung zugleich. Aller dings habe ich in m eine Bestandsaufnahm e auch einige junge D ichter aufgenom m en, die schon im „s lebig W o rt“ zu finden sind. Ich glaubte, diese A usnahm e m achen zu dürfen, weil es sich dabei um M enschen handelt, die in den fünf Jahren gereift, verändert und ge w achsen sind wie etw a M anfred Bosch, M ar kus M anfred Jung, Johannes Kaiser, W olf gang Scheurer oder M onika Schreiber-Loch. „Am H o chrhein“ bedeutet hier leider nur die U ferstrecke rechts des Rheines von W aldshut bis an den K aiserstuhl und das Stück Süd schw arzw ald, das eine V erbindungslinie die ser E ckpunkte nach N o rd en abgrenzt. N a türlich w iderstrebt es m ir sehr, den R hein als „G renze“ zu bezeichnen, für die M undart ist er ja viel eher ein verbindendes Elem ent. A ber die „neue“ M undartdichtung in der Schweiz und im Elsaß einzubeziehen, w ar schlichtw eg unm öglich. D as m uß späteren A ufsätzen Vorbehalten bleiben. Als „D ichterinnen und D ichter“ suchte ich aus, w er in den letzten Jahren B ücher in M und art verfaßt oder in W ettbew erben be sonders auf sich aufm erksam gem acht hat. Es ist m ir sehr w ohl klar — vor allem aus den alljährlichen V eranstaltungen des H ebel bunds L örrach „W er kann, der darf“ (Reihe: B egegnung m it D ichter und W erk) — daß es noch viele versteckte und w ertvolle T alente gibt landauf und landab, die eigentlich hier erw ähnt w erden m üßten. D ie Ausw ahl der M undartpoeten, die nachstehend — in alpha betischer Reihe — m it Bild, Leben und K ost proben der A rbeit vorgestellt w erden, hat d a her viel Zufälliges und U nvollkom m enes an sich. Sie kann und will nur ein A nfang sein, der zw ingend nach E rgänzung und Fortfüh rung ruft. N ehm en Sie, liebe Leserin und lie ber Leser, m it diesem A nfang gütig vorlieb! 331 B Ö H L E R -M U E L L E R , Charlotte El w ohnt seit 1948 im M arkgräflerland. A nschrift: B ruckm atten 18, 7889 G renzachW yhlen Die am 5. April 1924 in B uxheim /A llgäu als neuntes Kind from m er und m usischer Eltern geborene D ichterin m usizierte, kom ponierte, m alte und schrieb G edichte schon in jungen Jahren. Vieles entstand in den N achtdiensten im K riegseinsatz zw ischen 1941 und 1945. Als H ausfrau und M utter von vier K indern blieb ihr lange versagt, B ücher herauszuge ben; V eröffentlichungen in der Presse so w ohl im W o hnort G renzach als auch im be nachbarten Basel, w oher ihr E hem ann stam m t, oder in der Jugendheim at M em m in gen erschienen und erscheinen seit zw anzig Jahren regelm äßig. Ihr N am enszeichen C hB M stand und steht unter zahlreichen Be richten, B etrachtungen und G edichten. C hB M ist außerordentlich vielseitig, ohne dadurch ihre gerade Linie zu verlieren, den G rundton einer frohen, lebensbejahenden Fröm m igkeit. E r spricht aus ihren hochdeut schen V ersen und A phorism en ebenso wie aus ihren G edichten und E rzählungen in der A llgäuer M undart oder im G renzacher A le m annisch, das sich die „Z ugereiste“ m it A ch 332 tung, E rnst und Liebe als M uttersprache für M ann und K inder angeeignet hat. Es ist ihr längst keine Frem dsprache m ehr. Ihre beson dere M usikalität erleichterte ihr das E infüh len in das W esen der alem annischen M und art, das spürt m an in ihren G edichten beson ders. C hansons und T anzschlager aus ihrer Feder w urden verlegt und w aren schon m ehrfach im R undfunk zu hören. U ber ihre A rbeit sagt C harlotte B öhler-M ueller selbst: „Ich schreibe, weil mir die G edan ken einfallen und weil ich diese G abe als ver pflichtendes T alent auffasse. Es ist mein W unsch, den M enschen dam it H offnung und T ro st zu bringen; das Stückchen BLAU am m anchm al grauen H im m el zu zeigen, in dem ich lediglich das schreibe, was andere ebenfalls denken und fühlen, wie m ir oft ver sichert w ird.“ Folgende Bücher von Charlotte El Böhler-Mueller sind bisher erschienen: BU X H O IM ER G’SCHICHTLA U N D GEDICHTLA (1980) M artin Verlag, W alter Berger, Buxheim/Allgäu; SENDEPAUSE DER ERW ARTUNGEN (1981), Aphorismen und Definitionen M artin Verlag, W alter Berger, Buxheim/Allgäu N IM M DR ZIT! (1982) alemannische Gedichte Mund- und Herzensart. P. K. Schneider Verlag, 7889 Grenzach-W yhlen 2 FÜR JED EN AUGENBLICK (1982), Glück wunsch, D ank und Trostgedichte, alemannisch und Schriftdeutsch. P. K. Schneider Verlag, Grenzach-W yhlen 2 PERLEN FÜR D IC H (1982), Aphorismen und Lebensansichten. P. K. Schneider Verlag, Grenzach-W yhlen 2 In einigen Anthologien und Jahrbüchern sind Aphorismen und Gedichte von ChBM zu finden, weitere Veröffentlichungen — unter anderem auch mit M undartsketchen in Alemannisch — sind in Vorbereitung. N im m dr Z it! A m M orge w enn im Bett verwachsch Un zringsum liht no alls in Rueh Bis u f es Vögeli w o singt D no los em au e Rüngli zue! E Plappermüüli schwätzt un schwätzt Vo tuusig Sache wo's w ött due Vo tuusig Sache wo's scho w eiß Chumm, nim m dr Z it un los em zue! D in M aa chunnt vo der A rbet heim; H ü t het er bis do obe gnue; Hättsch du au z ’schaffe: N im m dr Z it Un los im zerst e Rüngli zue! En alte Mensch — er lebt ellei — W ird selte g ’frogt noch sinem Due; W enn sellem ’s H erz grad übrelauft D no nim m dr Z it un los em zue! So denk doch au: de liebi Gott H et g w iß bi Tag und Nacht kei Rueh So oft D U aber an E N denksch Luegt E R di a un lost dir zue! 333 B Ö H L E R -L O R IT Z G E R T R U D A nschrift: Schopfheim er Straße 50, 7867 W ehr/B aden Am 5. O k tober 1919 in W ehr am Fuße des H otzenw alds geboren und aufgew achsen, hatte die D ichterin schon in der Schule ihre Liebe zum Schreiben und Fabulieren ent deckt. Später, als sie einen Schwerkriegsbe schädigten M ann und drei K inder zu versor gen hatte, sprudelte das B rünnlein ihrer D ichtung m eist nur für den „H ausgebrauch“ bei Fam ilienfesten oder — was bei einer „W ähreri“ nicht zu verw undern ist — an der Fasnacht. Erst als dreiundsechzigjährige G roßm utter w agte sie sich auf das D rängen ihrer Freunde hin an die Ö ffentlichkeit. M und art als Sprachm ittel ist ihr angeboren und selbstverständlich. Sie will mit ihren von H erzen kom m enden und zum H erzen re denden V ersen Freude oder T ro st schenken. Lebenserfahrung und viel G em üt sprechen aus den schlichten Aussagen, deren T hem en w ahl im m er im vertrauten U m kreis und Le benskreis bleibt. Sie ist eine echte „H eim at dichterin“ m it all den hohen G raden und auch den B eschränkungen, die in diesem W o rt stecken. Von Gertrud Böhler-Loritz ist im Selbstverlag er schienen: HEB DI GUET, alemannische Gedichte (1982). 334 Muetterschproch! M ir Alem ann hen e Schproch, die schmöckt noch altem Wii, s’isch, w enn si u ff de Zunge hesch, en Ärdguu no debii. Eusi Alemanne-Schproch, die schmöckt noch Buurebrot, so härzhaft chärnig, si isch grad us rächtem Chorn und Schrot. It jede cha die Schproch verschtoh, it jede mag si höre, mängge duet in eusre Schproch de herti Ton drin schtöre. Die Schproch, die het is d ’M uetter g ’lehrt, und dodruff sin mr schtolz, bodeschtändigi Alemanne, die sin us g ’s undem Holz. Im L a u f vo de Johrhunderte het mängge welle bigge ins g ’s undi H olz e Kerbe dri, doch keim het’s welle glügge. M ir bliibe treu de Muetterschproch, me wen si sorgsam pfläge, no w ürd si eus und euse C hind au witerhi zum Säge. Folgende M undartbücher gibt der Dichter im Selbstverlag ab: UF DEN TAG W ART I (1976) M IR H O N D N O GNUEG AM AALTE (1978) IH R SIND M R N O E SCHÄNE GSELLSCHAFT (1980) BO SCH M AN FRED A nschrift: N eum attenw eg 30, 7888 Rheinfelden Paradox D er 1947 geborene freie Schriftsteller ist in Bad D ürrheim im Schw arzw ald geboren, dort und in Z ell/H arm ersbach zu r Schule gegangen und kam als G ym nasiast nach R a dolfzell, das ihm w ohl die w ichtigsten Ein drücke für seine T ätigkeit als M undartdich ter mitgab. Am H ochrhein lebt er m it Frau und K ind seit 1980. N eben sehr vielen schriftdeutschen W erken des sozialkritischen und politisch hellw achen Schriftstellers treten die G edichte in Bodensee-M undart scheinbar in den H intergrund, sie sind aber alles andere als Ausflüchte oder gar geruhsam e R astpunkte. A uch in der M undartdichtung käm pft M anfred Bosch ei nen unerbittlichen K am pf gegen die V erlo genheit und V erderbtheit der Gesellschaft. D er engagierte K riegsdienstgegner schont w eder sich noch seine U m w elt, w enn es darum geht, der M enschlichkeit Bahn zu brechen, D ickichte zu durchstoßen, Sümpfe w egbar zu m achen. F ür seine M undartdichtung erhielt M anfred Bosch 1974 einen 2. Preis des süddeutschen R undfunks, 1976 einen ersten Preis des ale m annischen G esprächskreises und 1978 den Bodensee-Literaturpreis der Stadt U berlin gen. Grad etz wo s sovl Arbeitslose hot gäbs meh denn je aazpacke Froog i den Kerle: W em gheersch D u ? Seet der: m ir selber I glaub etz simmer go so w iit Wa no it isch kaa no werre w a it werre kaa bruucht au it si un wa it sii bruucht goht mi au nind aa W er it woos w anner w ill isch mr it grien A ber die wo s ganz genau wisset vor sellene isch mrs himmelangst E tz hommer si seil Z iit vu dere se emol saget: friener isch alls besser gsi Siehsch: so schnell bisch zfride 335 BURTH THOM AS Anschrift: T alstraße 67, L angenau, 7860 Schopfheim Thom as Burth ist ein „Seehaas“, den es 1982 ins W iesental verschlug. D er 1934 geborene D ichter fand über die Berufe als T extilkauf m ann und Lehrer an der kaufm ännischen Be rufsschule zum Bankfach. E r ist heute M ar ketingleiter einer großen Schopfheim er Bank. U ber seinen W erdegang als M undartdichter sagt er selbst: „D aheim in der M undart auf gewachsen, setzte ich in den Jahren der be ruflichen W anderschaft (K aiserslautern, H ei denheim , Singen) alles daran, den D ialekt aus m einer U m gangssprache zu verbannen und durch ein einw andfreies Schriftdeutsch zu ersetzen. Ich w ollte endlich einm al nicht m ehr als B adenser, Schw eizer oder Schwäble eingestuft w erden. N ach vielen Jahren — längst w ieder daheim — äußerten nordd eut sche K urgäste ihre V erm utung, daß ich si cher nicht von hier sei, da ich ein richtiges D eutsch spräche und sie mich deshalb ver stünden, was bei den anderen E inw ohnern nicht der Fall sei. M ein Kom plex w ar über w unden. Ich ging der R adolfzeller M undart wie einer Frem dsprache nach — die ich noch gut beherrschte — und ließ mich von der U r 336 sprünglichkeit dieser Sprache, dem herben K lang und der V ielgestaltigkeit faszinieren. Es reizte mich, Sprachbilder zu zeichnen mit unkonventionellem M aterial, Stim m ungen und R hythm en hervorzuzaubern, w o man keine verm utet. So entstanden E rzählungen und G edichte, die sich nicht reim en.“ T hom as Burth w urde R ezitator und H ö r spielsprecher, er begann Z eitungskolum nen zu schreiben, H örspiele und Aphorism en. D ichterlesungen landauf und landab schufen ihm viele Freunde. Von Thomas Burth gibt es folgende M undartbü cher: KLÄNE BILDLE, Radolfzeller M undart (1976) im Selbstverlag GSCHW ÄTZT W IE G M O LET; Radolfzeller M undart (1980) Verlag Südkurier Konstanz A verflixte Gschicht Sisch ä verflixte Gschicht daß de meischt vu dene ehhes hom zahlt kriegsch dene du ga m ix vedlehnet hosch De Geizige I ka des Elend it sehne set de Geizige und lueget schnell u f d ’Siite Zum Lache Sisch doch grad zum Lache w i schnell ä saudumms Gschwätz gar nim i so saudumm isch wem er dodemit globt w ird Emigrazion Er glaubt Geld kennt it alls si ’s Büro kennt it ’s Lebe si de Boss kennt it ’s Oberscht si d ’R ente kennt doch it \ Letscht si Er glaubt ebbes anders winers vum Gschäft her manchmol glaube sot. W a nem blibt isch all Dag die Emigrazion: hom. D IETSC H E FRANK A nschrift: 7842 K andern-Sitzenkirch G eboren w urde Frank Dietsche in Berlin am 18. O k tober 1938, aber schon nach drei M o naten siedelte er nach G renzach über, w o er in fast rein bäuerlicher U m gebung aufwuchs und w urzelte. E r besuchte das H ebelgym na sium in L örrach und w echselte nach Basel und Bern, w o er die M aturitätsprüfung ab legte. Studienjahre in Basel und M ünchen folgten. 1967 w urde er Lehrer. E r ist verhei ratet und hat drei K inder. Seit 1970 w ohnt er in Sitzenkirch. Seine besondere M usikalität m achte ihn bald zum begehrten C horleiter. Professor Percy G. W atkinson gab ihm A n stoß und Erm utigung, Lieder und Balladen in alem annischer M und art zu schreiben und zu vertonen. H eiterkeit und Besinnlichkeit und viel H erzensfrische sind seinen volks liednahen M elodien eigen. Seine Lieder vom „W älderm aideli vo V ogelbach“ oder von der „Zibelew aihe“ sind überall daheim , w o ale m annisch gesungen wird. 338 Frank Dietsches Lieder sind enthalten in ALE M ANNISCH Z ’SINGE, Lieder und Chöre aus unserer Zeit (1979), herausgegeben vom O ber markgräfler Sängerbund, Postfach 2112, 7850 Lörrach. Waie-Lied Text und Melodie von Frank Dietsche Vorsänger G I D7 WTF 1. Z i- b e - le schnätz-le ch a -n i nit, Alle: Am ( 8) * Am h ------------------------------ Satz: Percy G. Watkinson G Ü— t5r i mueß im - mer m Ö7 =3F= £ - r - *Doch wenrfsZi - be - le - wai - e git, sei - li tue - ni Doch wenrfsZi - be - le- wai - e git, sei - li tu e -n i I (») plä - re, gfi geh - re! geh -re! Im gTg J ’ f p I Kehrvers D 1-------- Pflueg, im Pflueg, git’s Im Pflueg git’s gnueg, gifs gnueg! , K r— m 18) 7 \ h— J Pflueg, Im Pflug, U r Im :s) 2. Un wenn Fritigzobe isch. hock i in de Chare. Denn, wer richtig hungrig isch, mueß uf Holze* fahre. 3. Zibelewaie hebt de Muet, stärkt der Chopf un Mage. Schmeckt sogar de Preuße guet, wenn si’s au nit sage. ^ V- gnueg, gifs gnueg. Im Im Pflueg git’s gnueg, gifs gnueg! G ", , h j» M ^ -r - J 1 fi Pflueg, im Pflueg -J■* — =1 ---------- p— $i j git’s gnueg Z i- b e - le - w a- ie! gips Z i- b e - le - wa - ie! G ---D7 r-3 -n G S— «.-------------- v i »-s■ -----1—+2L4 --- 0 — J : 7 1 n. 1. CS) ---J *----------— \-------------^ r 4. Zibelewaie schmeckt im Ma un schmeckt au de Wiber. Was me nochher höre cha, seil verschwigi lieber. 6. Waie ohni Rebewi seil isch’s halbe Lebe. Schenk mer none Gläsli i un leer nüt dernebe! 5. Hesch die ersti Waie gha, muesch e Päusli mache. Bschau die Maidli nebendra, wie si fründli lache. * Der »Pflug« ist eine bekannte Gaststätte in Holzen, einem D orf im Rebland. Der Name kann entsprechend den örtlichen Gegebenheiten abgewandelt werden. Lied für Vorsänger (mit Gitarre) und Chor (Männer-, Frauen- und Kinderstimmen ad libitum) 339 den 1. Preis für M undartlieder. E r gründete dann die G ruppe „K U M G ESELLE M IN “, die vor allem alte Lieder und T änze pflegte. 1981 erhielt er erneut einen Preis vom Land B aden-W ürttem berg. Im Selbstverlag hat der Künstler zwei Schallplat ten herausgegeben: I WILL N IT, LP, mit M undartliedern (1980) und C H R U TT U N TER D H U TT, LP mit M undart liedern (1982) FÜH R E U LRICH Anschrift: 1. H erderstraße 5, 7000 Stuttgart 1 2. K eltenring 101, 7800 K irchzarten-B urg D ’Gränze cha me vergässe Es geht eine dunkle W olk herein Entfleucht dem W yhler Fessenheim „U lli“, wie ihn die zahlreichen Freunde nen U nd hat hei W estw ind still und sacht nen, w urde 1957 in L örrach geboren, wuchs G anz Freiburg in den H im m el bracht. in H aagen, G renzach, L örrach und Freiburg auf. E r studiert in Stuttgart M usik. Vor de staatliche Landesschutzmuure M usik ist das Lebenselem ent des jungen Gits kei H alt fü r de Rüge de suure K ünstlers, er beherrscht nicht n u r m ehrere Er stigt in d ’H öchi, haut ab mitem W ind ganz verschiedene Instrum ente, er dichtet Z ’H onolulu stirbt ä W ald ganz gschwind. und kom poniert auch in einer ganz ihm eige nen Art. H u m o r und bitterer Ernst, Leicht A m M endig keit d ’Ciba Geigy ihre Drück sinn und Schw erm ut w echseln bei ihm wie Z ’B asel in de R hii un dä Drück fließ t ewäg Licht und Schatten einer Landschaft. E r sagt A m Friddig hän d ’M änsche in H olland scho selbst: „A ngeregt w urde ich durch irische Chopfweh un M ageweh übercho. und bretonische L iedersänger, die in ihrer ei genen Sprache (im D ialekt) sangen. Das gab D ’Gränze, diä chasch vergässe es in Baden in diesem R ahm en nicht. An un D ’Gränzstei sin lang gnueg gsässe sere überlieferten Lieder w ollte ich m it eige Was des no soll nen T exten anknüpfen und heutige Sicht Süll mitem Zoll ausdrücken, und das in der M undart. H ier Denn s’G ift reist durs Land ist für mich die V erbindung von H erz, K opf O hni Paß in de H and und M und am innigsten ausgeprägt. M it H u Verdirbt uns s’Wasser, d ’L uft un s’Ä sse! m or und Ernst, m it leisen, feinen T önen und lautem , derbem G ezeter, mit politischer M ei nung und privaten A nsichten m öchte ich so recht ein Bild unserer W esensart und m einer eigenen Person m alen.“ W ie einige andere w urde Ulli Führe in der A ktion „Junge M und art“ des alem annischen G esprächskreises 1976 nicht nur entdeckt, sondern auch w esentlich gefördert. E r erhielt 340 H O F M A IE R R O L A N D A nschrift: W aldstraße 61, 7853 Steinen Am 20. Januar 1946 w urde er in W ehr gebo ren, kam später als junger Speditionskauf m ann ins W iesental, w o er heute als W erbe texter seinen Lebensunterhalt verdient. R o land, genannt „H ofi“ ist verheiratet und hat einen Sohn. 1976 begann er „aus Plausch“, M undartlieder zu schreiben und vorzu tra gen; seit 1978 w irkt er aktiv im V orstand der M uettersproch-G sellschaft mit und ist im m er w ieder am R adio zu hören oder im Fernsehen dabei. N ach seinen eigenen W o r ten schreibt er: „Eifach w il’s m ir Spaß m acht un andere Lüt au — un des m acht m ir nom eh Spaß. U sserdem cha me bim Singe prim a dr A rger vertriibe un ablade.“ U nd was will er bewirken?: „E bizzeli Freud unter d’Lüt bringe und au ew eng zum N ochdenke arege — d W elt verbessere chan i doch nit (W enn s au schön w ar, si tat sich ew eng bessere).“ R oland H ofm aier ist ein echter Barde, der sich auf der Straße m it seiner G itarre in der H an d genau so w ohl fühlt wie im K onzert saal. D urch seine ungekünstelte A rt strahlt er Fröhlichkeit und Optim ism us aus, obgleich m anche seiner T exte alles andere sind als „leichte K ost“. E r hat nicht nur Lieder, son dern auch T heaterstücke geschrieben, die ins Archiv für alem annische M undartspiele auf genom m en sind. Veröffentlichungen: M ÄNKM OL M EIN I, Langspielplatte mit M und artliedern zur Gitarre gesungen (1980), Verlag ELRO TO N , W aldstraße 61, 7853 Steinen; LIED /RIGS VO GESTERN U N M O RN , Lie derbuch, 1981, M oritz Schauenburg Verlag, 7630 Lahr; „. . . EINEW ÄG“, Langspielplatte (1982) mit M undartliedern zur Gitarre. Verlag ELROTO N, W aldstraße 61, 7853 Steinen. 341 Im W isetal Vorspiel Am C C w o nit rieh - tig hoch-dütsch c h a , Am ~3~~ r r 3 ' un " • m ueß er sich fascht s’M uul ver - ris - se! Kehrvers: (Alle) 1.-7. Im m Wi - sc-tal, do schw ät-ze m ir ’s breitsch-te C pp A - le - m an-nisch; F s c h w ä t-z e m ir wie im G Wi - se - tal. ;io C d ’Schnure g ’w ach-se-nisch! 2. C hunnt ein usem N orde her, no fallt em’s H öre grüsig schwer; e mänge het scho boshaft gsait; die Sproch, di sig e Halschrankheit! 5. Z ’ Liecht go heißt, dr N ochber bsueche, im Chänsterli, do stoht dr Chueche. Güllere heißt, dr Bode dünge; chlüddere — hinte use singe! . 3. W enn öbber nach dr U hrzit frogt, no isch er mangmol zimli plogt: Denn Viertel isch nit Viertel vor, des klingt zwar zimli glich im Ohr. 6. E Schlurbe isch e alte Schueh, mit Gufe macht me d’Chleider zue. E Tschumpel weiß nit, was er will, e Schwauderi schwatzt meistens z’viel! 7. Die, wo jetzt nüt verstände hän, wo’s aber no gern wisse wann, chönne alli zue m r cho — i ha ne Übersetzig do! 4. Zischtig isch e W uchetag, e Chaib ein, wo mr gar nit mag, in d’ Chratte chömme d’ Chirsi dri, ins Chrüsli chunnt dr neue Wi! 342 Veröffentlichungen: Neben einigen schriftdeut schen Texten, die in der Zeitschrift „Allmende“ oder auch im Südwestfunk Raum fanden, gab Heinz G. H uber heraus: DITTLI GNUE, Gedichte in niederalemannischer M undart, Deyflsgiger-Verlag (1978). H U B E R H E IN Z G. A nschrift: G renzstraße 32, 7551 Elchesheim Illingen Eigentlich ist er ein „A ußenseiter“, einer, der w eder räum lich noch sprachlich in diese Reihe paßt. H einz G. H u ber ist näm lich 1952 in O berkirch im R enchtal geboren und in N ußbach aufgew achsen, er hat das G ym nasium in O ffenburg besucht und in Freiburg D eutsch, G eschichte und V olkskunde stu diert. Seit 1980 ist er L ehrer am G ym nasium in D urm ersheim bei K arlsruhe. A ber H einz G. H u b er gehört in die Reihe der jungen M undartdichter, die um ihren eigenen Stil und die eigene Aussage ringen und der M undartdichtung seit einigen Jahren neue D im ensionen und G ebiete öffnen. D aher steht er m it R echt in dieser B estandsauf nahm e, zugleich auch als V ertreter des N ie deralem annischen. Z u seiner A rbeit sagt er: „W arum schreibe ich? Ich fühle mich nicht als M issionar und gehe auch nicht m it ir gendw elchen Ideen oder Ideologien hausie ren. Ich schreibe zuerst für m ich, um für mich K larheit zu schaffen, um m eine H e r kunft und m eine G egenw art zu begreifen. W as nicht ausschließt, daß Selbsterkenntnis auch oder gerade ein Stück W elterkenntnis ist. D urch das Schreiben gew inne ich für M om ente ein Stück Selbstsicherheit zurück, Selbstvergewisserung ist für mich als skepti schen M enschen die einzige M öglichkeit zu r G ew ißheit überhaupt. Deheim de w ä verwurstelt — di w idder zwische de hiiser fensterläde w inke — di vorbei dorfrätsche schäbere us de w inkel burscht rawoose in de heef e kueh maucht dezwische ich bolier m ini maske u ff stell s muul u ff schwetze durch ich lang — mer vum kirchdurm e scher schnäfl — mer e blaus stick him m el us un bäbbs —- mer an de k ö p f dann bini deheim 343 JU N G M ARKUS M ANFRED A dresse: O berm attw eg 11, 7850 Lörrach apasse m ueß. Für mi lön sich au abschtrakti G edanke in de M undart usdrucke, wenns au viile ungw ohnt vorcho mag. M i Sprooch isch dodäw ege nit allwiil liicht z verschtoh. W o rt form un W ortsinn vo mine G edicht sin eins im Alige, s R echt vom Einzelm ensch gege „V erm arktung und V erm assung“ feschtzschriibe. M arkus M anfred Jung, gebore am 5. O k to ber 54 z Zell im W isetal. M uetter: K lara Jung, geboreni W uchner, e tüchtigi H uusfrau. V atter: G erhard Jung, L ehrer an de Poscht un M undartdichter, V orbild in viilem. U fgw achse z L örrach un z Stette. D o rt V olksschuel, G ym nasium , däno W ehr- 1. Preis (Prosa) in der „aktion junge mundart“ dienscht (hintenooch verw eigret). Sit 76 Stu 1976 dium z Friburg (D eutsch, Sport, Skandinavistik, Philosophie) m it drei U slandssem eschter z N orw ege. Ab dem Spötlig R eferendar fürs L ehram t Aa (Arbeitsloseaw ärter). E Buech m it Zeichnige vom R obert K arch isch in V orbereitig. I schriib in de M undart, wel i sellene M uet m ache w ott, w o m eine, si hebe nüt z sage; wel s Alem annisch mi erschti un liebschti Sprooch isch (N orw egisch un H ochdütsch chan i tro tz sibejährigem Studium nit so guet), un well i m ir un all dene e bizzeli Selbschtvertraue geh w ott, w o sich w ien i vom m änkm ool idiotische Z w ang zue de H ochsprooch unterdruckt vorchöm m e. I probir z zeige, aß d M undartdichtig nit num m e vorgfertigti Sproochform le benutze m ueß, sondern schöpferisch sii cha, wie jedi Sprooch, w o no lebt un sich V erändrige 344 Rägesuur D Nodle vo de Tanne naihe d W unde nümm vom gfurchte Bode Chettespuure vo verschleppte Bäum A ll liechter grinst de W ald un rägesuur Begegnig E rotis Tuech isch d Seel mer gsi grad gnaiht us Sunnestaub I häng mi Lachen übre Hag un frog di liis du magsch mi so Doch nimmsch mer eifach d Auge weg un d H änd un dini W ort ganz nackig stand i do M i Lache bloosts as Staub vor d Sunne un loßt mi hilflos zruck un u f em Hag hängt w on i gang mi Tuech u f d Zacke gschpiißt 345 KAISER JO H A N N E S A nschrift: H auptstraße 31, 7800 Freiburg im Brsg. spannung verhelfen, andererseits als Identifi kationsangebot, insbesondere für meine G e neration, betrachtet w erden können. Ich ver stehe meine T exte als Form ulierung subjekti ver Problem atiken, die in der Form ulierung w enigstens ansatzw eise analysiert sein sollen. Ich w ünsche mir, daß sich viele junge M en schen darin w iederfinden und viele A ltere die Jungen dadurch ein bißchen m ehr verstehen lernen. 2. W arum schreibe ich in der M undart? W eil es um meine eigenen G edanken und G efühle geht und ich nun mal nur in m einer eigenen Sprache diese ausdrücken kann. W enn daneben bewiesen w ird, daß in der M und art durchaus zeitgem äße T hem en durchaus zeitgem äß ansprechbar sind und andere dadurch zum D ialektsprechen erm u tigt w erden, kann das nur nützen. G eboren w urde er am 28. N ovem ber 1958, im H otzenw ald (Birndorf) und im W iesental (Steinen) wuchs er auf, seit 1978 studiert er in Freiburg G erm anistik und katholische Theologie. Im W ettbew erb des alem annischen G e sprächskreises „aktion junge m undart“ 1976 erhielt er einen 1. Preis für seine G edichte. M ehrere Preise konnte er seit dieser Z eit er ringen, so 1977 den Scheffel-Schuipreis der literarischen Gesellschaft K arlsruhe, 1978 ei nen 4. Preis der ST U T T G A R T E R N A C H R IC H T E N , 1981 einen 3. Preis im W ettbe w erb „m undart 81“ des Landespavillons Ba den-W ürttem berg. G edichte von heute selte ner G efühlsw ärm e, ja von G efühlsstürm en Buchhinweis: SINGE V O DIR U N ABRAXAS, bestim m t, zarteste lyrische und starke Liebes Gedichte in alemannischer M undart, M oritz lieder stehen bei Johannes K aiser neben zeit Schauenburg Verlag Lahr (1980). kritischen und nach den U rw ahrheiten des Lebens suchenden G edichten; auch als A utor von Jugendspielen und H örbildern hat er schon auf sich aufm erksam gem acht. Z ur M otivation für sein Schreiben sagt er: 1. W arum schreibe ich? Es geht dabei in erster Linie um die V eräu ßerlichung von Ideen und Em pfindungen, die einerseits m ir selbst zu psychischer E nt 346 Schattechind Schwarz schwärme Vögel vor em Blau Un Rösser über d ’A ue ’S Gras schmeckt w ie gschnitte dur de Tau, Unter em Laub gärt erdig rauh E Duft, riich w ie vo Fraue. W ie wiiße, siidig liichte W ind Verbirgt fleischigi Rinde, Isch’s w ider cho, ufregend gschwind, W o mi verfolgt, seil Schattechind, Un draiht sich hinter d ’B ünde. Un do sin d ’B ilder wider, lön M i nüm me los im Schöne, Die ghuuchti Hut, wo Dropfe stöhn, Un H oor un Bei, wo gschwunge göhn, Un Wort, w o dunkel töne. W ie stiife, strehnig schwere W ind Zieht furt, was fescht w ill gründe, Isch’s w ider cho, ufregend gschwind, W o mi verfolgt, seil Schattechind, Un draiht sich hinter d ’B ünde. Satt schlat de Geschmack w ie glieihig hell D ’Gedanke us em Warte, So luck un liedrig jedi Stell, Sag, M aidli, bisch es du, sag schnell, Un loß mi stoh im Garte. KARCH ROBERT A nschrift: Fürstensteinerstraße 36, C H -4053 Basel sprache. M ir geht es beim Schreiben nicht in erster Linie darum , die R ealität m öglichst „ausgew ogen“ w iderzuspiegeln, sondern beim Leser etwas zu provozieren (m anchm al 1949 ist er in Basel geboren, aufgew achsen ihn selber). V on einer — unausgesprochenen aber auf der rechten Rheinseite in Riehen. — U topie (m an könnte auch sagen: einem K arch hat eine Schriftsetzerlehre hinter sich, Ideal) ausgehend und sozusagen zurück m ehrere Jahre w ar er in diesem Beruf tätig. schauend auf den Ist-Z ustand, der dabei E r soll hier als Beispiel für die junge M und (verdienterm aßen) meist nicht ungeschoren artdichtung der Schweiz und zugleich als davonkom m t, das ist, glaube ich, eine m einer V ersuch einer Brücke in die alem annische A ntriebsfedern. R egion Basel aufgenom m en w erden. Dies ist Im übrigen hege ich m it dem Schreiben im um so m ehr berechtigt, als K arch sehr gute D ialekt keine besonderen „sprachpflegeri Beziehungen zum Badischen hat und hier schen“ A m bitionen; ein D ialekt bleibt so auch zu ersten Erfolgen kam ; so hat er 1981 lange lebendig, als er gesprochen w ird; an im W ettbew erb „m und-art 81“ des Landes dernfalls w äre er auch auf dem Papier nicht pavillons B aden-B aden den 1. Preis erhalten. m ehr zu retten.“ U ber G rund und B edeutung seines Schrei Veröffentlichungen: bens befragt, m eint R obert K arch: SCHM ÄRZ U N D W UET, Gedichte „H abe 1973 begonnen, auch in M undart zu ANGST, und Sprüche im Basler Dialekt. Autorenverlag schreiben; zuerst Sprüche und kleine G e „Der Stocherkahn“ D-7033 Herrenberg. dichte, später kam en V ersuche m it H örspie len und B ühnenstücken dazu. Fühle mich trotz D ialekt nicht vorw iegend an lokale oder regionale T hem en gebunden. So wie m an im D ialekt über alles reden kann, so kann m an, glaube ich, darin auch über alles schreiben. D en U nterschied zu r H ochspra che sehe ich nicht im W as, sondern im W ie. Es dünkt mich, daß m an im D ialekt oft etwas treffender ausdrücken kann als in der H o ch 348 Friide Die alti Froog Drum bitt i di innig: W enn scho, denn kä m p f fü r di Land M itre ufrächte Gsinnig Und nit mitem G w ehr in dr H and Sage Si w orum schriibe ^ eigentlig. . .. . , Well i mi Gscbwatz nümm aloose mag Böses Ome? Ig n ff M ir läbe ime Schpital w o Seele amputiert Gsundgschriibe w ird w ar si nüm m het Das Syschtem brucht Mensche miteme Loch zm ittst in dr Bruscht sunscht klappt’s zämme w iene leere Härdöpfelsack 1912 het z Basel e Friidenskongräss schtattgfunde 1914 isch dr Krieg usbroche 1982 het z Basel w ider e Friidenskongräss schtattgfunde 1984 isch au nüm m so färn 349 KROELL R O L A N D A nschrift: K irchstraße 16, H olzen 7842 K andern 4 Das geistige Erbe der Salpeterer in heutiger Z eit w achzuhalten und zu verw alten, ist R o land Kroells selbstgesetztes Ziel. In zahlreichen H örspielen und im Fernseh G ärtn er und M usiker, Sänger und D ichter ist film „Die Ballade vom Lochheiri“ hat er als er, 1954 kam er in Tiengen am H ochrhein A utor und D arsteller m itgewirkt. zu r W elt, seit seinem sechzehnten Lebens jah r beschäftigt er sich intensiv m it der G e V eröffentlichungen: U N D BALLADEN; Ro schichte, m it B räuchen und Sagen des SALPETERERLIEDER land Kroell und die Gruppe Salpeterer — Eigen Schw arzw alds. D abei galt sein H auptinter verlag Langspielplatte esse der Freiheitsbew egung der sogenannten SCHO SIT DUUSIG JO O H R , Roland Kroell Salpeterer, die sich über m ehrere Jah rh u n und die Salpeterer, Verlag W erkstatt Edition, derte hinw eg „auf dem W ald“, wie damals Hauptstr. 17, 7887 Laufenburg das G ebiet des Klosters St. Blasien noch all gem ein hieß, gegen die H errschaftsansprü che eben dieses Klosters mit Z ähigkeit w ehr ten. Aus dieser Arbeit heraus gründete R oland Kroell die M usikgruppe D ’Salpeterer, mit der er in vielseitiger Instrum entation eigene oder überlieferte Lieder singt und spielt, Lie der in denen es meist gegen heimliche oder offene U nterdrückung des V olkes geht, ge gen die V ergew altigung der N atu r durch A u tobahnen, A tom kraftw erke, G iftw olken und N eubaugebiete im südlichen Schw arzw ald. Er will dam it nach seinen eigenen W orten: „SA L PET E R ER N , d. h. sich aufm achen, in Bewegung kom m en, nachdenken, sich verän dern, w ieder M ensch w erden, seine Identität und seinen inneren Frieden w iederfinden“. 350 schönt ziitä he — großmueder i dinre tracht gib acht dä wetterfrosch im glas isch’s leiterli abekracht he — ju n g schwarzwälderi unter dinem bollehut gib acht suscht wörsch zu tourischtesalami vemacht he — wälderbuur m it dinre schönä matte gib acht suscht wörsch asphaldiirt un m it dä dam pfwalzi planiirt he — dalbüüri m it euem schönä h o f gib acht as me us euem h o f it ä hotel un di zu de putzfrau macht he altä schwarzwälder i dinre zipfelkap im m uul ä pfiifä rauchsch än guete duback gib acht suscht wörsch igsperrt is reservat as tourischte-attraktion antiquat im black forest freizeitpark un di großi transfusion us asphalt blei gift un beton selli stoht scho bereit w enn dä konjunkturw ind zu üs duurä w eiht I aber möchti läbä w ini bi as schwarzwälder oder schwarzwälderi I möchti dä natürlich kreislauf nümms eifach läbä gern i k a u f I möchti nüm m i nu schiilä nochäm geld un debi vegessä d ’ ganz weit I möchti w ieder gm ütli läbä dä dag erläbä m i un di erläbä eifach läbä G Ä U N I T RAF F Ä G N IIS Ä U N I T V E M A C H Ä Z II T H A U N I T R A A S Ä L IE B Ä U N I T H A SS Ä 351 Wa meinsch Du? M E IE R KLAUS A nschrift: Am Landgraben 19, 7890 W aldshut-T iengen 16 W o Geld isch isch de Düfel. W o kchais isch isch er zw eim ol Er schwätzt vier Sproche: hochdütsch D er „Pöschtler“ aus G urtw eil ist am 28. Fe alemannisch bruar 1939 im Schw arzw alddörfchen Bren- durch d ’Nase den geboren. Als „W älderbüebli“ sam m elte un über d ’L üt. er bew ußt und unbew ußt E indrücke aus ei ner W elt, in der die N atu r den M enschen Früehier — bildschö, prägte, den bedächtigen, hagebuchenen W äl je tzt isch nu no s’B ild schö. derschlag m it dem hintergründigen H um or. Diese E indrücke w iderzugeben ist ihm w ich E Rüehli goht tiger als das „D ichten“ m it M eterstab und über en Brüeli. Reim buch. Es klingt daher m anches holperig und krum m hölzern, was er zu Papier bringt, S ’isch nienet schöner als dehaim, aber gerade das gibt ihm die besondere au w enn d ’H aim et e Saustall isch. N o te, gerade deshalb kom m t er wohl auch so gut an bei seinen vielen Lesungen. Klaus S git großi Säu M eier steht sicher noch am A nfang und w ird un chlaini Säu. noch m anches sich erarbeiten m üssen; er hat S git aber au aber mit seiner natürlichen Fröhlichkeit und schöni Säu. seinem feinen G espür für das Echte die be sten V oraussetzungen zum W eiterm achen. A lti Liebi rostet it; aber schimlig cha si werde. V eröffentlichungen: WA M EIN SCH DU? Gedichte und Sprüche in der M undart des Hochrheins; Weidling-Verlag S ’isch doch verruggt u f dere Welt, Stockach-Wahlwies (1981) worum w ürd immer unte zäm m ezählt? N Ü M M MI M IT, W EN N LACHE W IT, Ge dichte und Sprüche in der M undart des H och rheins, Weidling-Verlag Stockach-Wahlwies De Grichtsvollzieher kam — sah — und siegelte. (1982) 352 M A RQ U A RT M AN FRED f Am 14. Januar 1982 verstarb der erst 54jährige in L örrach. E r w ar L ehrer und ein enga gierter N aturschützer. D er T raum vom einfachen, heilen Leben spricht ebenso aus seinen hervorragenden G edichten wie seine große B itterkeit und V erachtung einer W elt, in der der M ensch nur nach seinem m ateriell m eßbaren „W ert“ gemessen w ird. Seine W orte w urden häufig zu W affen, m it denen er auch sich selbst nicht schonte. U ber seine B ew eggründe sagte er m ir einm al: „s chunnt über mi als Reflex gegen alles, was mi druckt, mii Sorg um d U m w elt un d Innew elt vom M ensch hützetag « . Ein m enschenw ürdiges Leben und eine le bensw erte H eim at zu fordern, w ar er nicht m üde. E r nannte sich selbst „D er G lasm aa“ nach dem W ortführer der Salpeterer Joseph M eyer aus der Au. W ie jener schm ächtige kleine M ann scheute er keinen W eg und kei nen Kam pf, w enn es darum ging, gegen U n terdrückung, A usbeutung und H euchelei ein W o rt zu sagen. D aß dabei eine Gem ütstiefe von seltener V erdichtung hinter seinen blit zenden D egenstößen zu finden w ar, zeigte er nur seinen engeren Freunden, es ist aber aus vielen seiner lyrischen G edichte zu erspü ren. V eröffentlichungen: ESO G O H T ’S IS!, alemannische Verse (1979) N O O DE ZWÖLFE!, alemannische Verse (1981) beide im Glasmann-Verlag, Rainstraße 13, 7850 Lörrach De mied Chämpfer Was wotsch noh go ne M ättli rette, w o alles suscht verschandlet isch? Was wotsch noh go di H erz verzette, w o d ’ohni Chraft un H offnig bisch? Was wotsch noh um e Hürschtli stritte, w o sie der d'W älder zämmeschlön, e Wegli wiise, ab u f d ’Site, w o alli Stroße ’s Loch ab göh nf Chasch’s nüm me hebe, muesch’s lo sure, ’s isch Wäger nüm m ’ di Sach. ’s goht alles näume n anderst dure, gang ine un vermach! Eso goht’s is De Mensch lauft si’re W elt dervo, w ie sälle Has dur d ’F uhre. Doch ’s Übel isch all ehnder do, eitue w o ane, dure. Es grinst en w ie de Igel a un hängt em d ’Lälle n use un loßt si, la u f er was er cha, de Vortel nüm m ’ abluse. E Rüngli längt em noh de Pfuus, no lit er s tiif im Lätte. Si chranki Seele fahrt em us, ’s brucht niemer fü r si bätte. V eröffentlichungen: US DE SCHU EHL GSCHW ÄTZT (1980) KUM M , GANG M ER EW EG (1981) beide im Selbstverlag N U N N E N M A C H E R PA U L A nschrift: Burgweg 2, 7813 Staufen im Brsg. Am 28. Juni 1929 ist er in Sulzburg zu r W elt gekom m en. 1950 trat er in den Schuldienst ein, nahezu zw anzig Jahre w ar er L ehrer und R ektor im H ochschw arzw ald (M enzen schw and/St. Blasien), der ihm zu r „zw eiten H eim at“ w urde. 1972 zog er nach Staufen, w urde R ektor in E bringen und Schulrat, er arbeitet heute im O berschulam t Freiburg. Paul N unnenm acher ist einer jener M änner, die das kulturelle Leben in der W ohnstadt und in der heim atlichen R egion wesentlich fördern und m itgestalten. U ber 25 Jahre lei tete er T rachtengruppen, dirigierte C höre; er ist aktiv in der H eim atpflege und stellvertre tender V orsitzender des Bundes H eim at und Volksleben. In Staufen ist er Stadtrat. Aus der Feder Paul N unnenm achers kam en schon sehr viele M undart-T heaterstücke, ei nige davon sind m it beachtlichen Preisen ausgezeichnet, etw a dreißig M u nd arthör spiele w aren im R undfunk zu hören. M it seinem Schreiben will N unnenm acher vor allem Freude bereiten und den M enschen helfen, den E rnst des Alltags leichter zu be wältigen. Seine T hem en nim m t er vornehm lich aus dem Erlebten, daß die Schule hier vornan steht, ist nicht zu verw undern. Seine G edichte sind zum V ortragen geschrieben und geeignet. 354 De Rentner K uum het er si Rente könne verwarte, de ganze Tag het er welle in Garte, het welle nur fü r sini H obby läbe, M ünze sammle un Briefmarke kläbe, am Morge zum Beck goh un W eckli kaufe, z ’erscht d ’Z ittig läse un spaziere laufe, nur no des tue, was er mag — w ie schön isch so ne Rentnertag! Doch alles isch ganz anderscht kumme, viel z ’s chnell gehn je tz die Stunde umme, fü r d ’H obby het er gar kai Zit, w ell’s dauernd ebbis z'schaffe git. Er het sich — d u n kt’s mr — bös verrechnet, het schint’s m it sinere Frau nit grechnet: „H ol mr des“ heißt’s, „hol mr seil, stand nit so rum, gang, mach e weng schnell, de sihsch doch, daß i ’s nit alleinig ka, un stell di nit so dappig a, muesch denn an allem ummenaise — ja ka mr dich denn gar nit heiße f “ Als R entner macht mr ebbis mit, ohni e gregelti Arbetszit! K ai Gwerkschaft kümmert sich do drum, dä Ruehestand, dä bringt en um ! O könnt er nur wider si A rbeit tue, no hät er wenigstens am Tag sii R ueh! darin, neue T alente zu entdecken und zu fördern. Veröffentlichungen: O W ELT, W IE BISCH!?, alemannische Gedichte (1977), Verlag Schillinger, Freiburg D R MÄRZ ISCH KEI MAI, alem. Gedichte 1979, Verlag Schillinger, Freiburg SUNNESTRAHL, alem. Gedichte 1982, Verlag Schillinger, Freiburg Im Stolz obe use S C H E U R E R W O L FG A N G Anschrift: B lauenstraße 31 Brom bach, 7850 L örrach Am 4. M ai 1938 w urde er in F rankfurt am M ain geboren, erlebte K indheit und Schul zeit aber im M arkgräflerland, in Freiburg und im K leinen W iesental. E r ist technischer V orstand einer großen Firm a im W iesental. D ie Freundschaft des V aters m it H erm ann Burte w ar eine der T riebfedern zu r D ichtung W olfgang Scheurers, M uettersprochgesellschaft und H ebelbund L örrach förderten ihn, er entw ickelte einen fast unheim lichen Fleiß, veröffentlichte in K alendern, T ages zeitungen, A nthologien, w ar im R undfunk zu hören, gestaltete zahlreiche Lesungen landauf und landab. Seine technisch-m athe m atische Bildung trug w esentlich dazu bei, sich m it ungebräuchlichen G edichtform en wie Limericks und H aikus oder m it Sonet ten zu befassen, seine G edichte gehen in die T ausende. Sie befassen sich m eist m it dem Alltagsleben, m it dem M enschlich-A llzum enschlichen, eine H inw endung zum Philo sophieren und Fabulieren ist spürbar, dabei sind seine G edankengänge nicht einfach nachzuvollziehen. W olfgang Scheurer engagiert sich sehr stark für die B egegnungen m it D ichter und W erk, die der H ebelbund L örrach seit Jahrzehnten gestaltet; Scheurer sieht seine A ufgabe auch D r Chäfer, w o dr ganze Tag A m Bode Fuetter suecht, H et s Gfiiehl: Er isch vom bessre Schlag: Er het sich drum am Gartehag E schönes Plätzli buecht. Do isch er am Rum e un richtet sich i; Doch, meinsch, er isch zfride ? Er bruttlet debi. Des N obelvirtel mögt en w ohl Un chostet Nervechraft; D enn alli dort am Gartepfohl N otire alles, hueste hohl, W enn eine zw enig schafft. D rum füehlt er sich tribe un chrampft bis in d Nacht; Er git u f s V m ünftigste gar nüm m e acht. So w ird s em wohr, in churzer Zit, D aß er dr Erste isch; Vo dort ab isch es nümme w it, Un s nächste Plane von em lit, Vom Ehrgiz gmolt, am Tisch: G anz hoch w o tt er use; er baut sich si Hus Z m itz d ru f u f e Pfoste, luegt s Land i un us. Doch, w on er dno dort obe hockt, D r erste Stolz vrsurrt, Do het er um si Fuetter gfrogt; D r H unger het en grusig plogt, D r M age het em gchnurrt. E r traut sich nit abe . . . des schadet sim Stand . . . Isch gstorbe am H unger .. . w ie mänke im Land. 355 S C H R E IB E R -L O C H M O N IK A A nschrift: M ühlestr. 39, 7850 Lörrach D ie H ausfrau und M utter von zwei Söhnen ist 1941 geboren. W er könnte es besser sagen als ihr M ann W erner, der ihr nicht nur K am erad, sondern auch Erm utiger, T ragen der und liebevoller K ritiker ist: „Sie fing an m it G edichten über ihre K inder und befaßte sich im m er m ehr auch m it allge m einm enschlichen T hem en. In ihren lyri schen G edichten schlägt sie überw iegend ernste T öne an, aber im m er w ieder findet sie auch zu hum orvoll-besinnlichen Aussagen. Sow ohl in ihrer Poesie als auch in ihrer Prosa kom m t sie m it w enigen „verdichteten“ W orten aus und ist doch trotzdem im stande, dem Z uhörer alles zu sagen. In ihren neue sten, -noch unveröffentlichten G edichten zeigt sie, daß gerade die M undart fähig ist, G ewichtiges in einer bis an die G renzen der Sprachlosigkeit verdichteten Sprache auszu sagen.“ M onika Schreiber-Loch w urde sowohl in der „aktion junge m undart“ 1976 als auch im T heaterw ettbew erb des alem annischen G e sprächskreises 1978 ausgezeichnet. V eröffentlichungen: CH LEINI C H IN D ER , GROSSI LÜT, alemanni sche Gedichte einer M utter (1980), Schauenburg Verlag, Lahr 356 K Z B U E C H E W A LD Angst — Lüttets am F üm fi? Si sin Jehovaszüiige gsi, de M uetter ihre Brueder un si Frau. Zruck isch Äsche cho. U f d ’ Greebli pflanz ich Blueme. Un w o-n-icb in Buechewald d ’ Weg entlang gange bi, han-i ’s Gfliehl gha, i dalp u f m im Unkel, u f miinere Tante umme. W A G N E R PA U L A nschrift: Blasistr. 22, 7860 Schopfheim Gueti Gedanke! Die guete Gedanke, die chasch num me finde In Fahrnau im W iesental ist er 1907 geboren, in der Stilli, in ruehiger Stund, ein M arkgräfler durch und durch. N ach der W il ehe jede guete Gedanke m ittleren Reife w urde er K aufm ann und tie f us’m Innerste chunnt. Buchhalter, brachte es bis zum Prokuristen. Im 2. W eltkrieg bei der M arineflack, kehrte Die guete Gedanke, sie juble und singe er aus am erikanischer und französischer G e im Gmüet w ie der Buechfink im Hag. fangenschaft zurück und lebt seit 1972 im Loos u f sie und loß sie nit ung’h ört verklinge R uhestand. in der M ühli vom lärmige Tag. Frühe Begegnung m it Jo h an n-P eter H ebel, später m it Lenau und H erm ann Burte, eine tiefe Liebe zu r H eim at und zu der M undart bew egten ihn zum Schreiben. Z arte N a tu r bilder und bew egende Liebeslieder für seine beiden Lebensgefährtinnen, die ihm beide der T o d nahm , bestim m en sein Schaffen ebenso wie das E rinnern an „goldene Z ei ten“, an Geschehnisse und O riginale seiner Jugend. Die guete Gedanke, sie schwinde und finde Kei H alt in der W elt voller Strit; und chönnte doch Mensche und Völker verbinde in dere verlorene Z it! V eröffentlichungen: CHORNBLUEM E, alemannische Gedichte (1975) — vergriffen — ZARTI SAITE, alemannische Gedichte (1982) W EISCH N O GESTERN, 2 Bände (1980/1982) mit heiteren Erinnerungen an Sonderlinge und Profile aus Fahrnau und Schopfheim. Alle Bücher erschienen im Selbstverlag. 357 AMEL U N D JETZ, alemannische und hochdeut sche Gedichte und Geschichten (1982) beide Bücher erschienen im Selbstverlag W E T Z E L JO H A N N A A nschrift: Steinweg 6, 7889 G renzach-W yhlen Chasch A ntw ort geh? U ff em C hilchhoff zwüsche Steine sitz i still — in miner H and Das „G renzacher B uurem aidli“, geboren am lit m er’s H ändli vo mim Chleine l.M a i 1909 in G renzach, ging nach der und mer luege dort an d ’Wand, V olksschule in die H andelsschule nach Basel w o ’s Wasser blätscheret in Trog — und nahm dort auch K urse in der H aushalt- und je tzt chunnt die schweri Frog! und N ähschule. In N euchätel und G enf er lernte sie das Französische, wie damals noch ’s chlei H ändli dütet über d ’ Gräber allgem ein üblich. Die H eirat m it einem tüch und u ff der Strahl vom Brünnli dort. tigen K unsthandw erker öffnete ihr ein neues „Sag M üetterli, chansch du m ir sage, Tätigkeitsfeld, sie w urde eine w ertvolle öb me do unde das au hört“? Stütze ihres M annes, ohne dabei H aushalt und die drei K inder zu vernachlässigen. So ganz nebenbei schrieb sie G edichte und kleine Prosastücke. „W e m er öbbis erlebt, m ueß mers vo eim ew egschriibe“ sagt sie ein fach. Es dauerte lange, bis sie dem D rängen der Familie und Freunde nachgab und ihre „G edichtli un G schichtli“ veröffentlichte. W as sie schrieb und schreibt sind einfach die G edanken einer M utter und G roßm utter, die E rinnerungen an eine schöne Jugend und der D ank einer reifen Frau für ein in H öhen und Tiefen tapfer bestandenes Leben. V eröffentlichungen: V O MIM WESE ÖBBIS Z’LESE, alemannische und hochdeutsche Gedichte und Erzählungen (1977) 358 Der Schilechnopf oder die schweri Entscbeidig I muess m i je tz ball entscheide, w elli as i w ill vo beide — ä, das isch doch kei Problem, die Sach mach ich ganz bequem. W ie als Bueb ganz churz und knapp, zell ichs an dä C hnöp f m ir ab, obenabe liis und still, die m ien sage was ich will. Jungi, A lti, Jungi Alti, w elli schick i, welli bhalti ? Was — ich g riff mir grad an Chopf, do feh lt jo ä Schilechnopf. Dasch e Trick vo minere Alte, die m eint nur ich soll sie bhalte, doch ich sag, chumm, naih dä a, und fang grad vo vorne a. 359 W U R T H W E N D E L IN U S A nschrift: H ofackerstraße 70b, 7800 Freiburg E r kom m t — ja w oher kom m t er nun eigent lich? E r selbst sagt dazu: „Am 27. Septem ber 1953 in R enche in d W elt gsetzt; kurz ins R enchtal (Zusehofe) verpflanzt, vun dert nach Zienke acht Jo h r unter de M arkgräfler ufzoge; vier Jo h r de H an au er in D iersche (D iersheim ) usgsetzt; nor endlich in U rloffe W urzle schlage kinne.“ M it 17 ging er als „A ustauschschüler“ in den „am erikanischen Schw arzw ald“ nach V irgi nia, legte d o rt das A bitur ab, das er in O ffen burg w iederholte, er diente in der B undes w ehr und verw eigerte nachträglich aus G e w issensgründen den W ehrdienst. E r studiert Sport, Englisch und D eutsch, w ar noch zw eim al zu Studien in den USA und lebt seit 1976 in Freiburg. W en w undert es, daß W endelinus W urth ein A lem annisch spricht und pflegt, das m an kei nem bestim m ten O rt zuordnen darf. Seine Sprache ist stark vom N iederalem annischen geprägt, m an findet aber im m er w ieder auch m arkgräfler Anklänge. M it Sprachkonservierung hat er auch w enig im Sinn, w orum es ihm geht, sagt er so: 360 Z erscht em ol schrib ich fir mich selber, ass i m r iwer m anchi Sache klar w ur, ass i P ro blem usenandernem m e, lese kann. W enn’s au noch Problem sin, w u anderi angenn, um so besser. Ich will so schriiwe, ass es au miini O m a veschdeht, w il’s jo so w inig git, w u ei fach schriiw e; des heißt ich vesuech abschdrakti Sache un Zam m ehäng uf e so eifachi, konkreti Ebeni ra z ziege, ass au miini O m a veschdeht, um was es geht. Am beschde geht seil im Alem annische, wil d ’D ischtanz zw ische dem , was i sage will un sellem, was ruskum m t, am kleinste isch. Ich hoff dodäm it au e greßeres Publikum a z ’schbreche, wil ich vesuech, in ere Schbroch z’schriiwe, w u jeder begriffe kann. FeldW ald-un-W iese-L yrik isch m iinere Asicht noch iw erholt, m er sod de Lit e M eglichkeit gä, iw er Problem rede z ’kinne un z ’rede, ass m er W ä findet, si z’lese. U f e kurzi Form el brocht: G edicht sodde nit konserviere, Sün dern zum konversiere a’rege.“ V eröffentlichungen liegen bis jetzt nicht vor, nur in der Zeitschrift „A lem annisch dunkt is guet“ der M uettersproch-G sellschaft sind G edichte des begabten jungen M annes nach zulesen (1982); daß er trotzdem hier aufge führt w ird, soll ein A nsporn an ihn und an dere sein, ihre M uttersprache auch literarisch zu bew ahren und zu form en. Hersch, Herr, herrsch (fir d ’Claudia) „Hersch, Mensch?“ het de H err gsait. „Herrsch, M ensch/“ isch bi de Mensche akumme. Seil isch dr Afang vum E nd gsi. M ir hen u f d ’W elt here sodde un nit iw er sie herrsche. Oder w enn schu herrsche, dann erschd wemm er ghert hen; wem m er wisse, wases heißt, z ’herrsche. De Herr herrscht. „Herr, hersch? M r welle nim m i herrsche. Herrsch D u wider, mir hen gnue, mr kinnes nit. “ W Ü R T H JU L IA Anschrift: H auptstraße 31, 7883 G örw ihl hotzenw älder M undart. Ihre „Fohrebibbeli“ sind eine Fundgrube für den Sprach- und Brauchtum sforscher. Das „M aidli vo G öerbel“ w urde 1909 in G örw ihl geboren und besuchte dort die Veröffentlichung: en Chorb voll chlini Gschichte Schule. Das väterliche Schreibw arengeschäft inFOHREBIBBELE, de Hotze-Sproch (1981), Selbstverlag mit seinen vielen Büchern und eine Fortbil dung im Institut T heresianum Ingenbohl am V ierw aldstättersee in den Jahren 1926 und 1927 gaben ihr die G rundlage zum „Selberschriibe“. Fünfzehn Jahre hatte Julia W ürth in Baden-B aden als Gesellschafterin gew irkt, zw ei Jahre nahm sie noch eine Stelle in Castellen-A ugst (Baselland) bei dem berühm ten Forscher und M useum sgründer D r. Clavel an, dann kehrte sie „auf den W ald“ zurück und begann zu schreiben. D aneben w irkte sie kräftig beim Aufbau der G örw ihler T rach tengruppe m it und besorgte das väterliche Geschäft. Julia W ürth ist m ehr C hronistin als D ichte rin, was sie schreibt ist erlebt, ist w ahr, w enn auch die Phantasie dabei keine geringe Rolle spielt. „Beim K ochen fällt m ir das meiste ein“, sagt sie, „vor allem find i intressant, wie d Lüt m itenander schw ätze, di alte U usdrück un eso Sache“. Sie sam m elte lange, sichtete, ordnete, verw arf und schrieb w ieder neu. D ann gab sie ihre einfachen G eschichtchen vom H otzenw ald heraus und w ar selbst er staunt über das Echo, das diese fanden. So gar vom stillen O zean erhielt sie Post in der 362 D ’W allfahrt uf O berwihl V o Z it zu Zit, allbot un gli w ieder soll m er e chliini W allfahrt unternäh, eso h ät’s N ochbers Leopoldine zu m ire G roßm uedder gsait! Am liebschde goht si uf O berw ihl dure zu eusem lb. H e rr i de R ueh. D e G erbler un de O berw ihler-C hilledurm , di zw e kennet inand scho lang, un grüesset sit m änge Jo h r fründli übere un dure. D e W äg uf O berw ihl mue m er z’Fueß m ache un w em m er e W allfahrt versproche hät, m ue m er sich dra halte, da isch e aldi Sach un gar nüt neus, jo da isch im m er eso gsi. W oni dro i de Chille, bi eu sem liebe H e rr i de R ueh en R oosechranz, e Litanei un de C hrüzw äg bäddet gha ha, bin i no schnell übere is W irtshus im „Rössli“ go väschbere, Späck, B uurebrod un e Glesli guede W ii, da m ue sii un ghö rt dezue noch däre Strapazi. N oche me Stündli han i mi uf de H aiw äg gm acht. Jo d ’Leopoldine hät verzehlt: „Stächpalm e m it rote Beeri han i gfunde, uf die seile bin i scho lang scharf!“ D ie schööne Stuude w achset am liebste im O berw ihler-W ald. I eusere G em arkig will sich da G ’wächs it niederlo, w urum isch it z ergründe un m ir w ärets euser L äbdig nie er fahre. A großi M ärktdäsche hät si debi gha, d ’N ochberi. S’frait si hüt no, daß si die it dehaim glo hät. W aisch, sisch halt grad zum G lück e Schaltjohr gsi, hät si gsait, drum hät’s m ehr Fohrebibbele gä wie suscht, jo wie no nie. Zuefällig bin i vom W äg ab zu däre Stell cho uffem Bergli. Eso viel Fohrebibbele uf aim H uufe han i no nie gseh, e urich Fohre-W äldli. D o w ürds der ganz w arm ums H ärz, w enn an W inter denksch. Jätz han i gsuecht un gsuecht, un gfüllt un gfüllt, zm ol isch die D äsche ghuftig voll gsi un züm lich schw är, die chan i allai it hai träge, un de R ugge duet m er w eh vom Bucke. S’hätt m er ghörig dodderd, wie chum i w ieder zu dem Fohrew äldeli us? Binere Lichtung han i vo w iddem de G erbler-C hilledurm gseh’ uf dä Blick hi isch m er ganz liicht w orde un mire Däsche au, si isch eso liicht gsi wie w enn überhaupt nüt drinn wär. D u, da isch sicher e chlii W under, en Fohrebibbele-Säge! W aisch i ha au fescht bäddet, da darfsch glaube. Jo si hät de ganz W inter z’füüre gha un die Bibbele-D äsche isch erseht im Früehlig läär w orde. W enn si w ieder em ol im m e Schalt jo h r uf O berw ihl dure goht go w allfahre nüm m t si zw o D äsche mit, hät si gsait d ’Leo poldine. 363 S Eige zeige Eigene Sinn, nit Eigesinn, bringt G w inn. Eigini Kraft, Eigeschafi, w u Eiges schaff. Eigini Art, gsund, m it W ille paart, git guati Fahrt. B unt isch im Lebe si Reige. N it allem sich neige; s Eige zeige! Karl Kurrus Aus: Vu Gott un dr W elt, Gedichte in Kaiserstühler M undart, M örstadt Verlag, 1981 364 Mundart — s Herzschdick vun de Häämet Aus badisch-pfälzischer Sicht R u d o lf Lehr, Sandhausen Es kom m en einem oft Zweifel, aber im m er w ieder bekom m t m an die G ew ißheit: Die M und art lebt, sie ist und bleibt s H e rz schdick vun de H ääm et. W ie die Landschaft, das B rauchtum und das m annigfaltige G e m einschaftsleben, so ist auch der D ialekt Be standteil der H eim at. D ie M und art ist das letzte uns m it dem V olkstum verbindende G lied (ein W o rt von O skar Bischoff (N eu stadt a. d.W .). Selbst in den Städten ist die M und art keines wegs untergegangen, obw ohl sie d o rt vielen B ew ährungsproben ausgesetzt ist. D azu eine Ä ußerung des H eidelberger H eim atkundlers Ludw ig M erz: „M er schw etze noch, wie uns de Schnaw wl gw achse isch, so ofd m er zam m ekum m e!“ In bestim m ten K reisen freilich, meistens unter Senioren. A ber die Jüngeren hören gerne zu. Sie haben ein O h r für die m undartlichen K länge. „W ann ich als Lehrer vor m eine Schüler e bissl M und art gebabbeld hab“ — so Ludw ig M erz — „do hawwe die gsachd: Des w ar schee(n), des m eegde mer noch em ool heere!“ Solche E rfahrungen m achen die M undartlei bei ihren Lesungen landauf, landab. D ie Ju gend ist aufnahm efähig für die M undart, vor allem für die m oderne M undartlyrik. D en M undartpoeten bleibt hier ein breites Feld in der B ew ahrung dessen, was an volkssprachli cher Substanz noch erhalten ist. D ie O rigina lität der O rtsm undarten ist da und d o rt ver lorengegangen. D er H andschuhsheim er H eim atkundler D r. A nton Saur beklagte in ei nem Beitrag 1981 den V erlust des H endsem er U rdialektes. U nd dies in der G eburtsge m einde des M undartforschers Prof. D r. Phi lipp Lenz (1861—1926). Als er noch lebte und w irkte, gehörte H andschuhsheim noch nicht zu r Stadt H eidelberg. In den Städten oder stadtnahen Bereichen hat sich in den letzten Jahrzehnten ein Gem isch zw ischen M undart und H ochsprache entw ickelt; es ist die U m gangssprache, wie m an sie auch in den K urorten des O denw aldes spricht (K ur gast-D ialekt). Z u Pessimismus besteht kein Anlaß. Die H andschuhsheim er wissen um die N otw en digkeit der Sprachbew ahrung. Sie sind um den E rhalt der kulturellen W erte, insbeson dere der M undart, sehr bem üht. D en D ialekt m uß m an pflegen, w enn er nicht verküm m ern soll. Dies hat m an in allen deutschen Sprachlandschaften erkannt. D en badischen Pfälzern fehlt allerdings — dies m uß m an be klagen — ein ausgeprägtes M undartbe w ußtsein. H ier blickt m an nicht ohne N eid über die alem annische und die schwäbische G renze. Schon 1905 hatte der M undartforscher O tto H eilig (1865—1941) die Frage gestellt: Ist die M und art stark genug, um sich zu behaupten? Sie habe — so O tto H eilig — viele B ruch stücke von frem den Sprachen erhalten, das w erde sich fortsetzen. W ir erleben dies heute m it ungezählten englischen L ehnw örtern in der Schriftsprache (nach Zeitungsm eldungen rund 80 000). Bei einer T agun g von M und artexperten im Som m er 1982 in K arlsruhe w urde klar unterstrichen, daß m an den vie len verschw undenen W örtern nicht nach trauern solle. Es käm en ständig neue V o ka beln hinzu. D ie M und art als solche bleibe be stehen, nur sei sie einem ständigen W andel unterw orfen. D en jetzt gesprochenen D ia lekt so die A dundäricxpcrtcn müsse män 365 in B üchern konservieren und den kom m en Bände der M uddersprooch-R eihe (Badeniaden G enerationen überliefern. „W as w ir jetzt V erlag K arlsruhe, H erausgeber K urt B räuti nicht festhalten, ist unw iederbringlich ver gam , R udolf Lehr, Paul W aibel). D ie Bei loren!“ träge in den drei B üchern decken den weiten R aum ab, in dem rheinfränkische, ost- oder südfränkische D ialekte gesprochen werden. Umdenken an den Schulen A uch m undartliche Proben aus den alem an D ie Schulen haben sich den M undarten ge nischen, schw äbischen und hessischen R and genüber nicht im m er freundlich verhalten. gebieten w urden aufgenom m en. G elegen Dies wissen die M undartler aus langer, bitte heitsautoren kam en ebenso zu W o rt wie er rer E rfahrung, vor allem jene, die sich litera fahrene V ersem acher. risch betätigen. Inzw ischen ist da und dort D ie gesprochene Sprache literarisch zu pfle ein U m denken bem erkbar. Bei einer T agung gen, ist A ufgabe aller M undartler. Ü b erre in Bad Liebenzell — verbunden m it einer gionalen R uf hat sich der B ockenheim er M undartlesung — w urde von D r. M artin M undartdichterw ettstreit erw orben, der nun D orn, M dL, auf die besondere V erantw o r 30 Jahre besteht. In der linkspfälzischen tung der L ehrer gegenüber m undartspre W einbaugem einde w ird M und art als w ichti chenden Schülern hingewiesen. H ier sei ges Elem ent des H eim at- und L andesbe m ehr R ücksichtnahm e erforderlich. M u n d w ußtseins gepflegt. M anche M undartpoeten artlesungen in den Schulen sind nur aus dem w urden hier entdeckt. D er H eim atdichter alem annischen Sprachbereich bekannt. In w ird zum R epräsentanten der K ultur, zum der badischen Pfalz nehm en hin und w ieder K ünder der heim atlichen Sprache. Schulklassen an Lesungen teil, die R esonanz ist durchw eg positiv. Inzw ischen gibt es auch Mundartliche Identitätskrise? M undartliteratur für die Schulen. In Landau ist 1982 ein kleines Buch m it dem T itel „G e- „D ie K urpfälzer leiden an einer m undartli dichteltes“ erschienen (H erausgeber J. Beck chen Identitätskrise“ — diese A nsicht vertritt m a n n /H . J. K liewer). Es enthält zahlreiche der norddeutsche T heologe und M un d art G edichte von M undartklassikern der Pfalz, freund D r. Bernd D iebner (im R aum W iesaber auch preisgekrönte V erse von G egen loch w ohnhaft). Viele genierten sich, m eint w artsautoren der links- und rechtsrheini er, sich öffentlich zu r M und art zu bekennen. Die badischen P fälzer sollten ihre sprachli schen Sprachgebiete. chen H em m nisse überw inden. In der Schule müsse m an H ochdeutsch lernen, aber auch Volksdichter der D ialekt habe seine B erechtigung — er „W ir sagen w ieder ja zu r M und art und dürfe vom L ehrer nicht unterdrückt w erden. M undartdichtung“, sagt O skar Bischoff. K ri Jahrhundertelang habe m an den M enschen tik ist allerdings im m er w ieder zu hören. Die in N orddeutschland das Plattdeutsche ausge V olksdichter täten zu w enig, um den Fortbe trieben. Deshalb sollte m an lernen, zu begrei stand des D ialektes zu sichern — sie w ürden fen, daß jede gew achsene Sprache ihr R echt sich außerdem aus ihren literarischen Zirkeln habe. nicht herausbew egen. Eine G ruppe von b a Soziale und bevölkerungsm äßige U m schich disch-pfälzischen A utoren ist im A uftrag von tungen und das fortdauernde Einström en V olkshochschulen oder Büchereien ständig von M enschen aus dem A usland haben die zu Lesungen unterw egs. D ie B esucherzahlen M undart in die Defensive gedrängt. A ber die steigen. A u H das Interesse an der M und art Sprachforscher sind optim istisch: D er D ia literatur w ächst. A nklang finden die drei lekt w ird nicht aussterben! Es w ird zweifellos 366 großer A nstrengungen bedürfen, um die Brauche ää net M und art — als H erzschdick vun de H ääm et d Zung verknibble — zu erhalten. D ie Liebe zu r M und art sollte an krafdlouse Werder. uns, wie es ein M undartdichter ausdrückte, Unser Schbrooch ein Leben lang begleiten. H ier gehen die isch s Herzschdick linksrheinischen P fälzer m it gutem Beispiel vu n de Häämet. voran. D eshalb sei auch das W o rt eines pfäl zischen R egierungspräsidenten — H ans K el Sie hot schdarke W orzle ler, N eustadt — an den Schluß dieses B eitra un en volle Bliedekranz, w u mer sich drä(n) frääje kann. ges gestellt: R u d o lf Lehr Ich duun eich uf pälzisch biede die Zeit un sag eich uf pälzisch „gun D ach all ehr Leit“, dann all unser P älzer un unser ganz Land verbind unser Schbrooch wie e farwisches Band. Sandhausener M undart N ußlocher M undart For s Leewe M ussik liegt drin en de Muddersprooch — en ganz aijene Klang, vu n O rt zu Ort verschiede — ’s Zommeghääre un s Geborjesoi(n). Sie isch e Kerz, w u wärmt un de W eg weist. Sie drickt ääm ih m Stemhl u f fo r s Leewe. Gisela Herrmann Sandhausener M undart Unser Zungeschlädg M er schwetze, w ie mers glem d hew w e dehääm. Un redde m it de Leit in unserm Zungeschlädg. Hdämetschbrooch E Pflänzl w u mer net bewahrd, m it Wasser versorgd un vum U (n)kraud befreid, m uß verkimmere. Unser Hdämetschbrooch hots verdiend, daß mer sie heegd un pfleegd. S isch Zeid, daß mers begreife — morje ischs zu schbääd. R u d o lf Lehr Sandhausener M undart Unser gräischder Schatz Im m er mehner Englischwerder hew w e sich ei(n)gschliche in unser Schrifdschbrooch. Jedes dridde W ord hot n frem m e Klang. Anschdadd deidsch zu redde, heersch blouß noch vum Popschobb, vun Hidds un Songs, vun Slougäns un Werweschbodds. A d d Hddmetschbrooch isch in Gfähr! Viel aide Werder sin verschwunne — was noochkummd, isch n ix Gscheids! üfbasse misse mer, unsem D ialekd bewahre! Er isch s Herzschdick vu n de H äämet — unser gräischder Schatz! R u d o lf Lehr Rudolf Lehr, Jahrgang 1924, bekannt durch zahlreiche heim atkundliche Bücher und etli che M undartbände, besonders M U D D E R S P R O C H I bis III. G edichte in K U R PÄ L Z E R L A N D U N L E IT und F IN F M O L D ES U N SELL. Am 30. April 1983 V erdienstm edaille des Landes B aden-W ürttem berg in G old aus der H and des M inisterpräsidenten L othar Späth. Gisela Herrmann, Jahrgang 1952, G edicht in M U D D E R S P R O C H , Band 3; zahlreiche 368 Sulzfelder M undart Mudderschbrooch M ei Mudderschbrooch isch net so gladd un gw ieß net elegänd. Ih hädd se mänchmol liewer ghadd als e viel feiners Gwänd. Un schlupf-e gschwind en so oois nei un s mechd mer zerschd Bläsier, scho ball d ru ff merg-e do debei, daß-e halt ooifach frier. Gern zieg-e s aide w idder oo, s K laid vu n de Mudderschbrooch un schbier, s isch ebbes Bsunders droo: Ih geh de Wärme nooch . . . Irma Guggolz Lesungen m it der A utorengruppe Lehr. Eige nes hochdeutsches Lyrikbuch L IL IT H S L IE D E R (1983). Irma Guggolz, Jahrgang 1924, G edichte in drei M U D D E R S P R O C H -B än den sowie in F IN F M O L D ES U N D SELL. Lesungen mit der A utorengruppe Lehr. M undart-G esellschaften Alemannisch dunkt üs guet Wer ist die Muettersproch-Gsellschaft und was tut sie? Klaus Poppen, Unteribental V o r 10 Jahren gab es noch allenthalben das D ichter-Freundeskreis als M uettersprochgroße G ejam m er um das A bsterben der ale Gsellschaft. m annischen M undart. V o r fünf Jahren D er V erein gab ein M undart-L esebuch her sprach m an bereits von einer M undartw elle. aus, dazu eine Schallplatte, er organisierte H eute diskutiert m an darüber, ob diese D ichterlesungen für und von M itgliedern W elle schon ihren Scheitelpunkt erreicht und half sich gegenseitig, in einer damals habe. nicht sehr der M und art aufgeschlossenen Ö f Eines jedenfalls ist unbestritten: D ie alem an fentlichkeit, das A lem annische hochzuhalten. nische M und art h at heute einen anderen, hö U m 1975 herum lagerte sich, stark gefördert heren Stellenw ert als vor 10 Jahren. An die vom neuen „Präsi“ Klaus Poppen, an die ser Entw icklung hat die M uettersproch- D ichtergesellschaft eine allgem einer ausge G sellschaft sicherlich einen entscheidenden richtete G ruppe von heim atbew ußten A le Anteil. m annen an. D urch das dam als „erfundene“ 1962 legten H eim atdichter, M undartdichter Leitm otiv: „Bi uns cha me au alem annisch die ersten Bausteine zum schw eren W erk. schw ätze“, angeboten auf einem blauen A uf D am als w urde H eim at noch sehr in die kleber, kam der V erein verstärkt ins Be N achbarschaft zu „Blut und B oden“ gerückt. w ußtsein der Ö ffentlichkeit. Inzw ischen sind H atte nicht die einzige in Freiburg in den über 10 000 von diesen A ufklebern von hei letzten K riegsjahren erscheinende T ageszei m atbew ußten Alem annen angebracht w o r tung, ein N S-B latt, „D er A lem anne“ gehei den. ßen? V om Jah r 1975 an begann neben der D ich T rotzdem begannen M änner wie H ubert terarbeit auch eine stetige Entw icklung der Baum, R ichard G ang, und K arl K urrus in M undartfreunde ganz allgem ein im Verein. Freiburg, D r. Phillip B rücker in Lahr, G er M it D ichterlesungen, M undartw ettbew er hard Jung in L örrach und Bruno Epple am ben, D ichtertreffen und N achw uchsförde Bodensee sowie Frauen wie Lina K rom er, rung führte die Gesellschaft das Erbe ihrer O bereggenen, Paul H ollenw eger, Feldberg, G ründer fort. In den letzten Jahren haben H edw ig Salm und Lin R itter-P otyka in Frei m ehr als 30 M itglieder der G esellschaft ei burg und viele andere begeisterte Alem annen gene V eröffentlichungen herausgebracht. m utig dam it, V orurteile abzubauen. D ie Zahl der D ichterlesungen ist ungezählt. U m M inisterialrat Prof. D r. Asal als dem er M it Straßenständen, M undartquiz, m it fröh sten Präsidenten des V ereins und um seinen lichen A ktionen wie „B ächle-R egatta“ oder N achfolger, D r. W alter Füsslin, fand sich ein „M undartcom puter“, m it W erbeständen und 369 tuns " Zur Neugründung der Gruppe Rebland im Herbst 1982 überreicht „Präsi“ Pop pen (links) dem neuen Leiter der Gruppe, Dr. Rüdiger Hoffinann, das „Zeichen sei ner Würde* W ea u dergleichen betrieb der V erein Breitenarbeit. Bei einer A ktion „M eh M undart bi Funk un Fernseh“ sam m elte er über 37 000 U n ter schriften, die er dann dem Südw estfunkin tendanten H ilf in B aden-B aden überreichte. Aus dem D ichterzirkel vom A nfang der Sieb ziger Jahre w urde so eine selbstbew ußte große G em einschaft m it 16 regionalen G rup pen zw ischen K onstanz, L örrach und A ppen w eier und über 2800 M itgliedern, darunter auch aus dem Elsaß, der Schweiz und V o r arlberg. In den letzten Jahren w uchs die G e sellschaft auch in ganz neue A ufgaben hin ein. W eil sich inzw ischen in der Ö ffentlich keit das Interesse am Alem annischen gestei gert hat, tauchen auch zunehm end Fragen nach der „richtigen“ Schreibweise auf oder nach bestim m ten G edichten oder nach D ich tern, nach V ortragenden usw. H ier w enden sich die A nfrager an die M uettersprochGsellschaft, weil diese eben inzwischen als R epräsentant der M undartsprecher bekannt ist. U n w em m e di L üt frogt, w orum si sich denn eso iisetze für s Alem annischi, no nenne si „Fünf gueti G ründ für d M und art“ 370 S alem annisch isch en alt K ulturguet vu unsre H eim et. S lebt no un s isch es w ert, aß mers erhalte. W eils s Lebe richer m acht. M e sott s A lem annisch vum J. P. H ebel halt au no in 100 Johre verstoh. * S A lem annisch isch e Stuck H eim et. W er em ol fort gsi isch vu deheim , der lacht nimmi über seil W o rt H eim et. W er em ol furt gsi isch vu deheim , der w eiß, wie der K lang vu der H eim etsproch an s H erz goht. H eim et isch nit num m e W ald un Feld, Berg un Tal, Stadt un D orf. S isch au M ensche, m it ere ei gene Sproch; unsre Sproch. W er eso e H ei m et het, isch guet dra. * S A lem annisch isch persönlich. S hilft uns, in der M asse unsri Persönlichkeit w ahre. Individualiste sin selli, wos A lem annisch schw ätze, bew ußt oder unbew ußt. U n sie hen e eigini, bsunderi Sproch für de private, nette, persön liche Bereich. Für Fründschaft un Liebi. N it jede het eso e Sproch. S Alem annisch isch sozial. S verbindet. S isch e gem einsam i Ebini, au w enn der eini e „hoche“ un der ander e „norm ale“ M itm ensch isch. W em m ir alem annisch m itenander schw ätze, derno gilt für uns der M ensch, nit s Amt. S isch e guets Zeiche, aß grad in eso viel Ä m ter unser K läberli hängt „Bi uns cha me au Alem annisch schw ätze“. S isch e lladig zum M ensch si m itenander. * S Alem annisch isch nit num m e e B ruck zum andere M ensch. S isch au e B ruck zu andere N atione. S isch e Band ums Eisiß, die dütschsprochig Schwyz, V orarlberg un e T eil vum badische Land. D o sin d A lem anne deheim ; international, m odern, europäisch. U fgschlosse für anderi aber au miteme gsunde Selbstbewußtsein. * Zw eim ool im Jo h r git de V erein e Schrift Roland Hofmaier; Liedermacher und im Vorstand use, „A lem annisch dunkt üs guet“, un alli M itglieder kriege si gschickt. Jedesm ol isch e der Muettersproch-Gsellschaft H auptthem a behandlet, w o au im H eftli der N am e git. D o het s e H ebel-H eft un e BurteH eft geh, e N ochw uchs-H eft un e K inderversli-H eft, e Schw yzer-H eft un e Elsiss- 1981 beim Südwestfunk in Baden-Baden. M it 37000 Unterschriften fü r „ meh Mundart bi Funk un Femseh“ a u f einer 370 m langen Leine 371 H eft. Ei H eftli het Em pfehlige brocht zur isch es m öglich, ass der V erein am Laufe Schribwiis usw. D eno aber bringt jedes ghalte w ere ka, ohni au nur eini M ark für H eftli Inform atione us jede einzelne Gruppe. „Personalusgabe“. Bi uns w ird ehream tlich U f die A rt ka me die unterschiedliche Form e gschafft. vum A lem annische lese. Au neui M undart* büecher w ere besproche un viel vu dem be richtet, was so ums Alem annischi rum pas W enn sich jetz ebber villicht agsproche füehlt un gern meh w o tt wisse über d M uet siert. S „H eftli“ isch e Band um alb M itglieder. tersproch-G sellschaft, no schribt er am U n ter de Aktive im Land w achst e anders beschte an: M uettersproch-G sellschaft 7801 Band, s isch e gueti Fründschaft. N u r eso B uchenbach/U nteribental, Am H o facker 15. im große un ganze im große un ganze si mer scho fü r toleranze. aber ganz im chleine möge mer halt doch keine, w o anderst isch als mir — mach öbis dägege. im große un ganze breche mer scho e lanze, aß mer öbis sott mache, fü r di wirtschaftlich schwache. aber ganz im chleine tüe mer halt au w ider meine, die chönnte selber öbis tue, die fuulenzer. Gerhard Jung (Aus: Alemannische Anthologie, „S lebig W ort“, M oritz Schauenburg Verlag, 1978) 372 Hebelbund Lörrach Aufzeichnungen von Redakteur Ernst Kaiser Er war selbst seit 1946 dabei und verfaßte diesen Artikel vor seinem Tod 1977 K aiser schreibt über das „Schatzkästlein“ : Es gehört zum H ebeldank, der anläßlich der großen, festlichen V eranstaltung gleichen N am ens an Persönlichkeiten verliehen w ird, die sich um die H eim at verdient gem acht ha ben. N ach der A nsprache des Präsidenten des H ebelbundes m it der Ü berreichung der U rkunde, ist es einer der großen A ugen blicke, w enn die V reneli das goldene, reliefum prägte Schatzkästlein in natura dem G e ehrten in die zum Em pfang offenen H ände legen. „Ö ffnen w ir das Schatzkästlein“, das heißt hier einen Blick zurück und hinein zu tun in die Geschichte des H ebelbundes Lörrach e.V ., ehe die Zeit sow eit verstreicht, daß die A nfänge nur noch vom H örensagen vernom m en w erden können und die sich um seine G eschichte B em ühenden in U rkunden blät tern müssen. W ie im m er, so w ar auch hier zuerst einmal der G edanke. E r kam einem noch heute le benden urchigen A lem annen in den K opf, als er beim Fridolinsfest im M ärz des Jahres 1946 in Säckingen weilte. Zu diesem Festtag w aren dam als schon von „äne am R hy“ ei nige Schw eizer gekom m en und unseren Lörracher beeindruckten die G aben der Schwei zer Gäste, die diese ihren hungrigen Säckinger Freunden m itgebracht hatten, sehr. D er L örracher hieß M ax D em m ler, w ar am 6. Juni 1898 im dam als noch selbständigen Stetten, 450 M eter diesseits der G renze, zur W elt gekom m en, w irkte als K aufm ann in L örrach, bis er 1959, weil er in L örrach keine ihm zusagende W ohnung fand, m it seiner Frau nach W yhlen zog. So etwas wie hier die Säckinger m it ihrem hi storischen Fridolinsfest könne m an in L ör rach doch auch m achen, sagte sich M ax D em m ler und er dachte schon an eine Ö ff nung der ja auch hier so nahen G renze zur Schweiz. Z w ar hätte m an in L örrach keinen Bism arck, keinen K aiser W ilhelm und nicht einm al einen G roßherzog, aber w ir hätten ei nen Johann P eter H ebel und irgendw o, so hatte er sagen hören, befände sich auch noch sein erzenes Standbild. D er 10. M ai, so sagte sich M ax D em m ler, sei der G eburtstag des D ichters, und um dieses D atum herum könnte m an doch den H ebel w ieder auf sein verlassenes Postam ent stellen, d o rt w o er hingehöre und im Jahre 1910 feierlich ent hüllt w orden war. 1946 hatte in L örrach die französische Be satzungsm acht das Sagen. O hne sie w ar nichts zu m achen. Also m ußte m an zuerst einm al zu den M ächtigen dort. W arum M ax D em m ler m it diesen H erren reden konnte, m öge in K ürze eine A nekdote dem onstrie ren, die auch von seinem alem annischen W e senskern kündet. W ie im m er, so gab es auch im Z w ölf jahrereich im H o tel „K rone“ einen Stam m tisch. D o rt setzten sich natürlich auch die H erren vom D ritten Reich hin neben an deren, und zu den anderen gehörte auch M ax Dem m ler. W enn er in die G aststube trat, sagte er nur „H eil“, nur H eil, sonst nichts. Eines Tages glaubte ihn der W irt Ei senhut belehren zu m üssen, daß der G ruß „H eil H itler“ laute, er blam iere ihn ja m it sei nem verkürzten G ruß vor seinen zeitbeding ten G ästen. A ber da sagte M ax D em m ler m it 373 seiner ganzen alemannischen Ruhe: „Meinsch, ich w ar jetzt uff den N am e cho?“ V om Fridolinsfest in Säckingen bis zu H e bels G eburtstag im M ai w ar w ahrlich nur eine kurze Zeit und nichts dokum entiert den verbissenen Eifer, den M ax D em m ler sofort nach seiner R ückkehr nach L örrach entw ikkelte, m ehr als die T atsache, daß am 12. M ai des gleichen Jahres der erste H ebeltag statt finden konnte. Für die H erren der B esatzungsm acht w ar der D ichter Johann Peter H ebel keineswegs ein Begriff, w oraus sich ein Fest m achen ließe. E rst als M ax D em m ler an einen Studienrat aus dem Elsaß geriet, gab es den entschei denden Funken. D em m ler erhielt die E rlaub nis, hinüber nach Basel zu Professor Altw egg, dem Präsidenten der Basler H ebelstif tung, zu gehen, und die H erren erhielten die Erlaubnis, zum geplanten H ebelfest fahren zu dürfen. D ie B esatzung sagte Ja und Am en zu dem Fest, und der inzw ischen bei G ipser oberm eister W ilhelm Indlekofer w ohlver w ahrt aufgefundene erzene D ichter durfte w ieder auf sein Postam ent. Eigentlich hätte das Standbild zu K anonen oder G ranaten um gegossen w erden sollen (w ozu sich aber D ichter doch nicht eignen), aber der sonst in seinem G eschäft so zuverlässige M eister Ind lekofer hatte sich zu dem in A uftrag gegebe nen G ipsabguß des Standbildes Z eit gelassen, er ließ es K rieg und tausendjähriges Reich überdauern. Z w ar fehlte es in jener Z eit am N ötigen und am N ötigsten, selbst auf B ezugscheine w ar nicht alles zu haben, aber M ax D em m ler setzte sich über alles hinw eg und in einer für einen A lem annen unglaublichen Eile setzte er sich mit einer Reihe von L örracher P er sönlichkeiten in V erbindung und schließlich setzte sich ein Festausschuß zu R at und T at zusam m en. E r bestand aus den H erren P ro fessor A lfred H oller, B ürgerm eister Joseph Pfeffer, O berm eister W ilhelm Indlekofer, B ankprokurist K arl K lauser, O berm eister H ans Giesel und M ax D em m ler selbst. D azu kam en noch eine ganze Reihe von H elfern, 374 von denen stellvertretend nur K aufm ann E rnst B ehringer genannt sei. In M eister G ie sels W erkstatt w urden 87 Fahnen in den Stadtfarben für das Fest genäht. K lauser und Giesel w aren für den Festzug zuständig. Ehe dieser zustande kam , gesellte sich auch R e dakteur H anns U hl zum O rganisationsaus schuß und B ankdirektor Franz E berhard. Es w ar eine Fleißarbeit ohnegleichen, die ge leistet w urde. Schließlich w urde am 12. M ai 1946 der erzene D ichter aus Indlekofers W erkstatt heraus auf einen festlich ge schm ückten W agen gehoben. D em Festzug voraus zum H ebelpark m arschierten die d a mals so hageren H erren des Ausschusses, zu dem sich noch P farrer R ichard N u tzinger gesellt hatte, es folgten M arkgräflerinnen in der T rach t und V reneli und ihnen folgten w eißgekleidete M ädchen m it B lum ensträu ßen in den H änden und einem Blum enbü schel auf einem Stab. Zwei prächtige Pferde zogen den W agen m it der A ufschrift vorne: „U nser H ebel“ und dem L örracher W appen m it der Lerche. D azu w ar viel V olk u nter wegs und im H ebelpark. Stühle w aren dort aufgestellt und vorne sa ßen in ihren U niform en die H erren der Be satzungsm acht. Ihr Lächeln w ar unm ilitä risch, das w ar ja eine völlig unpolitische A n gelegenheit und m an konnte sich daran sogar erfreuen. Ehe der D ichter w ieder auf sein Postam ent hinaufgehoben w urde, m ußte ein Bub hinaufsteigen, denn m an w ollte sehen, wie sich der H ebel da oben ausnehm e. Die H erren der Basler H ebelstiftung w aren da, und diesen m ag in der ganz und gar der Zeit angepaßten schlichten Feierstunde nach den so m enschenunw ürdigen Jahren das H erz w ieder aufgegangen sein, weil da hüben ja im m er noch die gleichen M enschen wie d a mals w aren und sie schw ätzten und dachten alem annisch wie eh und je. Schließlich stand er w ieder droben, der D ichter Johan n Peter H ebel, beinahe, als sei seither nichts gesche hen. Im nahen U nion-K ino hielt Professor Alfred H oller an diesem T ag die erste R ede auf H e bei, ohne zu wissen, daß nach ihm so viele R eden auf H ebel und in viel großartigerem R ahm en gehalten w ürden. K ein T onband k ün det von ihr und keine Festschrift gibt ih ren W ortlaut wieder. T ro tzdem sei sie unver gessen. D as Fest w ar der erste B rückenschlag zw ischen Basel, R iehen und L örrach. U n ter der N achw irkung des schönen, so ge lungenen zivilen Festes sagte sich der Fest ausschuß, daß es zum G edenken des D ich ters jährlich w iederholt w erden müsse, und dam it w aren die H ebeltage geboren. Fol gende M änner w urden aus dem Fest- und O rganisationsausschuß für das erste H ebel fest in den V orstand des neu gegründeten H ebelbundes L örrach gew ählt, der das A n denken an den D ichter in die Z ukun ft zu tra gen hatte: erster Präsident w urde der H auinger P farrer R ichard N u tzinger, V izepräsi dent w urde M ax D em m ler, K arl K lauser w urde Schatzm eister, später w urde es Franz Eberhard, und H anns U hl Archivar. D en T i tel gab dieser sich selbst, und sicher w ußte er schon dam als, daß er der eigentliche Bewah rer sein wollte. H anns U hl schrieb sich in der Folgezeit mit eigenen Lettern in das Buch der G eschichte des H ebelbundes. In seiner ersten der rh eto risch so großartigen B egrüßungsansprachen im Schatzkästlein im Jahre 1947 sagte er: „. . . aus Schutt und T rüm m ern heben w ir das Schatzkästlein und öffnen es w ieder zu N utz und From m en von uns allen . . .“ E r w urde und w ar der G estalter des Schatzkästleins, wie es noch heute erlebt w ird. Es ist sein un bestrittenes V erdienst, für Lörrach, für die ganze G renzecke, ja das ganze alem annische Land, etw as für lange Z eit G ültiges auf die Beine gestellt zu haben. D er Franke H anns U hl pfropfte dam it etw as auf das kräftige, m ehr urw üchsige alem annische Reis, das nicht im m er als im H ebelschen Sinne richtig em pfunden wurde. D em m lers Idee, die G renzen zu öffnen, fand in dem noch jungen H ebelbund eine w un dervolle R esonanz. A uch H anns U hl, dem in der Folgezeit eigentlich im m er nur das Schatzkästlein am H erzen lag, begriff sofort, daß hier etwas Einm aliges, etwas G roß arti ges und für die Z eit so bitter N ötiges begrün det lag. E r schrieb selbst in einem Bericht 1950 m it dem T itel „Johann P eter H ebel in L örrach“ : „In den Jahren 1947 und 1948, in denen die N o t ins U ferlose w uchs und ein Stück B rot und ein P fund H aferflocken eine besondere G abe darstellten, ström ten zu Z ehntausenden die M enschen am H ebeltage nach L örrach, weil es dem H ebelbund gelun gen w ar, die G renzen aufzutun. All denen, die in diesen schw ersten Jahren es m iterlebt haben, hat es sich unvergeßlich in die Seele eingeprägt. M enschen, die sich jahrelang nicht m ehr gesehen hatten, um arm ten sich unter T ränen in den Straßen, ließen sich von ihren Freunden aus der Schweiz oft in rü h rendster W eise beschenken, und an keinem anderen O rt in dem leidgeprüften D eutsch land ist ein schöneres Fest in dieser arm seli gen Zeit begangen w orden als der H ebeltag in Lörrach. D ie W iederinbetriebnahm e der Straßenbahn von der L andesgrenze bis zum L örracher H auptbahnhof, später die W ieder aufnahm e des E isenbahnverkehrs von Basel nach L örrach w aren Ereignisse, die m it in die M aientage dieser Jahre fielen. W enn an die sen H ebeltagen Besucher von der N ordsee und dem Lago M aggiore sich in der Stadt trafen, so m ag das am besten als ein Symbol der V erständigung und des w eiten und tiefen W irkens des H ebelschen Geistes festgestellt w erden. Freunde aus A m erika haben das Präsidium des H ebelbundes wissen lassen, wie sehr sie sich über die „W ochenschau“, die Bilder vom H ebeltag in L örrach zeigte, gefreut haben. So w eit H anns Uhl. D ie W o chenschauen sind im Besitz des H ebelbun des, und Johannes W enk-M adoery, A rchivar als N achfolger von H anns U hl und in diesem A m t w irklich ein archivierender, hütet sie. D ie 1950 noch in der ursprünglichen E rinne rung an jene großen H ebeltage geschriebe nen Sätze von H anns U hl, können jetzt, 27 Jahre später, nicht besser geschrieben w er den, darum stehen sie hier. 375 31 Personen w aren zum G renzübertritt 1946 nam entlich aufgeführt w orden, der R iehener P farrer sprach beim G ottesdienst in der S tadtkirche, und im H ebelpark bei dem Aufrichte-K ranen sprach ein Basler R edakteur. 1947 w urde für die Basler früh um 5 U h r die G renze geöffnet, 5000 sollen es dam als ge w esen sein, die aus den beiden Basler K an to nen gekom m en w aren und im folgenden Jahre, 1948, w ar die G renze für die ganze Schw eiz offen und es sollen an die 30000 Personen gewesen sein, die sie m ehr oder w eniger bepackt, überschritten. D ie Schät zungen über die Z ahl gehen sehr auseinan der, bleiben w ir bei der ursprünglich genann ten. F ür das „Schatzkästlein“ im Jahre 1947 stellte die Firm a KBC ihren großen Saal zur V erfügung, und 1949 konnte es zum ersten M ale in der renovierten Stadthalle stattfin den. „Stattfinden?“ D er unvergessene Profes sor A lfred H oller schrieb dazu 1960: „Die Feier des Schatzkästleins ist längst keine ,V eranstaltung' m ehr, die einfach stattfin det. Das Schatzkästlein ist ein Fest, das be gangen w ird, das im K alender des Jahres sei nen festen Platz h a t . . .“ In den ersten Jahren des Bestehens des H e belbundes trafen sich seine M itarbeiter und Freunde am A bend jeden ersten M ontags im M o nat im N ebenzim m er der G aststätte „Zum Jägerstüble“ in der Feldbergstraße. Es w ar eine denkw ürdige R unde von M ännern, die sich d o rt traf, dort w urde erdacht und herausgearbeitet was zu tun w ar. D aß diese A bende niemals zum bloßen Stam m tisch der H ebelfreunde w urden, dafür sorgte schon der stets anw esende Professor H o ller und m it ihm w aren im m er B ürgerm eister Pfeffer am Tisch, der A utor dieses Berichtes, und häufige G äste w aren E rnst B ehringer, H ans Giesel, M ax W iechm ann, Leo Pfister und später kam noch der H eim atdichter H e r m ann L änderer dazu. N iem als w ar H anns U hl dabei. Seine D om äne w ar die G estaltung des „Schatzkästlein“ und um der historischen R ichtigkeit willen sei festgehalten, daß ihm 376 hier niem and etw as zu sagen hatte, auch P rä sident P farrer N u tzinger nicht, der auch oft von H auingen in die R unde der H ebel freunde kam . U m das, was der H ebelbund außer dem „Schatzkästlein“ leistete, küm m erte sich H anns U hl nicht. A ber er w ar es, der die w irklich großen Persönlichkeiten als R edner auf H ebel gew ann, er w ar es, der dieser alem annischen Feierstunde das bis heute gültige Form at gab. Dies sei festgehal ten. Bereits die G ründungsversam m lung 1946 hatte neben dem „Schatzkästlein“ zum H e beltag einen U m zug geplant, der in der Folge sehr viel A rbeit m achte und m it einem gro ßen Festum zug aus A nlaß der A nw esenheit des B undespräsidenten, Prof. D r. T heod or H euss, der am A bend zuvor die „R ede auf H ebel“ gehalten hatte, diesen Teil des H e beltages abschloß. Beschlossen w urde schon zu Beginn des H ebelbundes die jährliche Festpredigt in der Stadtkirche, die Feier vor dem E hrenm al der G efallenen auf dem Friedhof und die festlich-unterhaltsam e Feier, um rahm t von den D arbietungen der Stadtm usik im Rosenfelspark. V on der H ebelrunde im „Jägerstüble“ w urde die H erausgabe der Schriftenreihe des H e belbundes m it der W iedergabe der jeweiligen R ede auf H ebel. N r. 1 dieser Schriftenreihe trug den T itel „D er Stabhalter“ und hatte den Präsidenten P farrer N u tzinger selbst zum A utor. Beschlossen w urde auch bereits am A nfang die V erleihung eines „H ebeldan kes“, dessen erster E m pfänger der M aler A dolf G lattacker war. Beschlossen w urde in der H ebelrunde die H erausgabe einer A usw ahl der schönsten H ebelgedichte, die Schrift hieß dann „D er B lum enkranz“. An einem der A bende erin nerte der A utor dieses Berichtes daran, daß es eine gute Sache des H ebelbundes w äre, alle im heim ischen Bereich in der Sprache J o hann Peter H ebels Schaffenden zu W ort kom m en zu lassen. D enn dam als w ar für sie kein Boden bereitet. besaß, er erhielt im Jahre 1965 verdient den H ebeldank. Am Schlüsse seiner A bschiedspredigt im O k tober 1791 in der Stadtkirche in L örrach, sagte Johann Peter H ebel: „M eine Em pfin dung fordert mich auf, es laut und öffentlich zu bekennen und zu rühm en, daß ich m einen A ufenthalt bei Euch zu dem bestim m ten M aß m einer Freuden und nicht m einer Lei den rechne . . . daß ich viele Freundschaft und Liebe, viel G üte, G efälligkeit und N ach Es w ar eine ganze Reihe von M ännern, die sicht und einen steten Frieden unter E uch ge von A nfang an an der G estaltung der H ebel nossen habe . .. und ach, daß ich hoffen tage m it dem Schatzkästlein m itarbeiteten, darf, daß auch einem oder dem anderen un ihre Leistungen aufzuzählen, fehlt der „Zei ter Euch mein A ufenthalt nicht gleichgültig lenplatz“, aber einige N am en seien genannt: geblieben sei.“ A rchitekt M ax W iechm ann, der die V erbin Sein späteres reiches dichterisches Schaffen dung zu den H eim atvertriebenen aufrecht um unsere heim atliche Sprache m achte sei hielt und besonders am großen U m zug 1952 nen A ufenthalt als Präzeptoratsvikar in L ör eine gute A rbeit leistete; Leo Pfister, den rach ohnehin nicht gleichgültig. Johan n P e m an überall d o rt brauchen konnte, w o m an ter H ebel als Persönlichkeit und W erk un einen zuverlässigen und selbst denkenden vergessen zu m achen, das ist die schöne und M itarbeiter benötigte. Zwei Frauen ist der großartige A ufgabe des H ebelbundes. Das H ebelbund noch zu erinnerndem D ank ver Präsidium des H ebelbundes m it seinen M it pflichtet, Frau G ruber-W inter, die m it g röß arbeitern und sam t der T rachtengruppe unter ter H ingabe und Fleiß sich um die T rachten der Leitung von Frau H änni w ird heute noch gruppe des V ereins, und auch um die T rach in bester W eise dieser A ufgabe gerecht. ten selbst küm m erte. D ie zw eite Frau w ar H eute setzt sich der V orstand w ie folgt zu der gute Geist des H ebelbundes und er ist es sam m en: heute noch: Frau H ilde Engesser. D er heu Präsident tige A rchivar Johannes W enk-M adoery aus H e rr D ekan G erhard Leser R iehen fehlte von A nfang an bei keiner der L örrach-T üllingen V eranstaltungen des H ebelbundes. D ie letzte A m tshandlung des verstorbenen 1. Stellvertreter Präsidenten P farrer N utzinger w ar die V er H e rr W alter Jung, R atschreiber leihung des H ebeldankes im Jahre 1963 an L örrach den K eram iker R ichard Bampi. Als neuer und heute noch am tierender Präsident des 2. Stellvertreter H ebelbundes verlieh P farrer W erner M en- H e rr G erhard Jung, Schriftsteller nicke 1964 den H ebeldank an E rnst B rugger, L örrach den Sendeleiter des Landesstudios Freiburg A rchivar des Südwestfunks. Johannes W enk-M adoery, K aufm ann Es w äre ein Fehler, lenkten w ir zum Schlüsse C H R iehen/B S unsere G edanken nicht noch einm al hinüber nach Basel, w o d er H ebelbund in R egie R entm eister rungsrat D r. P eter Z schokke einen starken, H ans W eber, B ankkaufm ann aber ohne große W orte w irkenden Förderer Lörrach D er spätere V izepräsident H erm ann L ände rer nahm diese Idee auf, setzte sich m it den H eim atdichtern landauf und -ab in V erbin dung und ließ sie an vielen W interabenden im H ebelbund in L örrach zu W o rt kom m en. Später übernahm und gestaltete G erhard Jung sie im V erein m it der V olkshochschule der Stadt L örrach zu den heute so gern und gut besuchten und viel beachteten literari schen A benden aus. 377 Schriftführer Frau H ilde Engesser L örrach (Aus: U nser L örrach, 1977) HEBELPREISTRÄGER 1936 1937 1938 1939 1940 1941 1942 1943 1944 1945 1946 1947 1948 1949 1950 1951 1952 1953 1954 1955 1956 1957 1958 1959 1960 1961 1962 1963 1964 1965 1966 1967 1968 1969 1970 1971 1972 1973 1974 378 Dr. Hermann Burte f> Lörrach Alfred Huggenberger f , Gerlikon (Schweiz) Eduard Reinacher t , Aichelberg (Elsaß) Hermann Eris Busse f , Freiburg i.Br. Dr. Benno Rüttenauer t , M ünchen Emil Strauß f , Freiburg i. Br. Professor Dr. Wilhelm W eigand f , M ün chen Jakob Schaffner J, Berlin — Basel (Schweiz) wurde kein Preis verliehen wurde kein Preis verliehen Anton Fendrich J, Freiburg i. Br. Franz Schneller J, Freiburg i. Br. Traugott Meyer f, Basel (Schweiz) Dr. Wilhelm Hausenstein t, Paris Professor Dr. Wilhelm Altwegg t, Basel (Schweiz) Professor Dr. Albert Schweitzer t , Lambarene Dr. Max Picard f, Brissago (Schweiz) Reinhold Zumtobel t , Freiburg i. Br. O tto Flake f, Baden-Baden Dr. Wilhelm Zentner t , M ünchen Frau Lina Kromer t , Obereggenen Dr. h. c. Emanuel Stickelberger f, Basel (Schweiz) Professor Friedrich Alfred Schmid N oerr J, Baden-Baden Professor Carl Jacob Burckhardt f, Vinzel (Schweiz) Professor M artin Heidegger Freiburg i. Br. Dr. Albin Fringeli, Nünningen (Schweiz) Pfarrer Richard N utzinger t , Hauingen Professor Robert M inder f, Paris Albert Bächtold f , Wilchingen (Kanton Schaffhausen) Adalbert W elte, Bregenz Dr. Eberhard Meckel t , Freiburg i. Br. Professor Dr. Josef Lefftz, Straßburg H erm ann Schneider J, Basel Gertrud Fussenegger, Leonding bei Linz a. d. Donau Marie Luise von Kaschnitz J, Frankfurt/M . Lucien Sittler, Stadtarchivar, Colmar Pfarrer K urt Marti, Bern Joseph H erm ann Kopf t , W ien/St. Gallen Gerhard Jung, Lörrach Seit 1975 wird der Hebelpreis nur noch alle 2 Jahre verliehen 1976 Andre Weckmann, Straßburg 1978 Erika Burkart, A lthäusern/Kanton Aargau (Schweiz) 1980 Elias Canetti, Zürich (Schweiz) 1982 M aria Menz, Oberessendorf ü/Biberach/Riß HEBELDANKTRÄGER 1949 Adolf Glattacker t, Maler, Lörrach-Tüllingen 1950 Professor Dr. med. Hans Iselin J, Lörrach—Basel (Schweiz) 1951 Professor Franz Philipp +, Komponist, Schönau—Freiburg i. Br. 1952 M aschinenfabrikant Hans Kaltenbach J, Lörrach 1953 Denkmalpfleger Julius Wilhelm J, Lörrach 1954 Alt-Bürgermeister Josef Pfeffer J, Lörrach 1955 Professor Dr. Adolf Strübe t> Maler und Bildhauer, Lörrach 1956 M inisterialrat Professor Dr. Karl Asal, Freiburg i. Br. 1957 Ernst Friedrich Bühler, Chormeister, Steinen i. W. 1958 Professor Alfred H oller f , Lehrer, Lörrach 1959 Dr. O tto Kleiber f , Redaktor, Basel (Schweiz) 1960 Rektor i.R. Emil H utter f, Lörrach-Stetten 1961 Frau Emilie Gruber-W inter "f, Lörrach 1962 Hans Stössel t , Generaldirektor, Lörrach 1963 Richard Bampi f, Keramiker, Kandern 1964 Ernst Brugger t , Sendeleiter des Südwestfunks, Studio Freiburg i.Br. 1965 Regierungsrat Dr. Peter Zschokke, Basel 1966 Professor Dr.-Ing. H erbert Albrecht, Rheinfelden, Vorsitzender des Bürgeln-Bundes 1967 Regierungspräsident von Südbaden, Anton Dichtei f 1968 Oberbürgermeister Joseph Rey, Colmar 1969 Senator Dr. jur. Robert M üller-W irth f, Verleger, Karlsruhe 1970 Universitätsprofessor D. Dr. Ernst Staehelin-Kutter t , Basel 1971 Dr. jur. Gebhard Müller, Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Karlsruhe 1972 Bürgerlicher Sängerverein Lörrach 1833 e.V. 1973 Landrat i. R. W olfgang Bechtold, Lörrach 1974 Dr. Karl Friedrich Rieber f, Musikdirektor, Lörrach 1975 Ratsschreiber W alter Jung, Lörrach 1976 Professor Paul Stintzi, Mulhouse 1977 Dr. Theo Binder, Urwaldarzt 1978 Professor Dr. Georg Thürer, Teufen/ St. Gallen (Schweiz) 1979 Regierungspräsident Dr. H erm ann Person, Freiburg i. Br. 1980 Gerhard Moehring, Kustos des Heim at museums, Lörrach 1981 Professor Dr. Raymond M atzen, Straßburg 1982 Oberstudiendirektor Dr. Erhard Richter, Grenzach-W yhlen In der Schriftenreihe des Hebelbundes sind bisher erschienen: H eft N r. 1 Richard Nutzinger: „Der Stabhalter“ H eft N r. 2 Gerhard Hess: „Rede auf Hebel“ Heft Nr. 3 Peter Dürrenmatt: „Hebel — heute“ H eft N r. 4 M artin Heidegger: „Gespräch mit Hebel“ H eft N r. 5 Johann Peter Hebel: „Der Blumen kranz“ (Gedichtband) H eft N r. 6 Eberhard Meckel: „Umriß zu einem neuen Hebelbildnis“ H eft N r. 7 Kurt K rauth: „Hebel als Erzieher“ H eft N r. 8 Carl Jacob Burckhardt: „Der treue Hebel“ H eft N r. 9 Hans Thieme: „Hebels Verhältnis zur Geschichte“ H eft N r. 10 Rudolf Suter: „Hebels lebendiges Erbe“ H eft N r. 11 Friedrich M etz: „Hebel und seine Landschaft“ H eft N r. 12 Georg Thürer: „Hebel im Gespräch mit seinem Leser“ H eft N r. 13 Bruno Boesch: „Hebels Umgang mit der Sprache“ H eft N r. 14 Robert Feger: „J. P. Hebel und der Belchen“ H eft Nr. 15 Fritz Buri: „W under und Weisheit in Johann Peter Hebels Biblischen Geschichten“ H eft Nr. 16 Lucien Sittler: „Hebel und das El saß“ H eft Nr. 17 Karl Schmid: „Hebel der Nachbar“ H eft Nr. 18 Hans Trümpy: „Das Volkstümliche bei Hebel“ H eft Nr. 19 Hanspeter Müller: „Hebel in mei nem Leben“ H eft Nr. 20 Camille Schneider: „Vom Hebel einst in meinem Lesebuch zu Hebel heute“ H eft Nr. 21 Lutz Röhrich: „Hebels Kalenderge schichten zwischen Volksdichtung und Literatur“ H eft Nr. 22 Albin Fringeli: „Hebel und die Schweiz“ H eft Nr. 23 Uli Däster: D er „Heimatdichter“ Hebel H eft Nr. 24 Raymond M atzen: „Mein Dank an Hebel“ H eft Nr. 25 M artin Stern: Zeit, Augenblick und Ewigkeit in Johann Peter Hebels „Unverhofftem W iedersehen“ H eft Nr. 26 W alther Eisinger: „Johann Peter Hebel, ein menschlicher Christ“ H eft Nr. 27 Arnold Schneider: „Hebel — Schul mann und Lehrer des Volkes“ H eft Nr. 28 W erner Sommer: „Hebel und seine M utter“ H eft Nr. 29 Georg Hirtsiefer: „Ordnung und Recht bei Johann Peter Hebel“ H eft Nr. 30 Albrecht Goes: „Hebel, der Ratge ber“ H eft Nr. 31 Ludwig Rohner: „Hebel und seine Leser“ 379 Schwiige Im Ibermuat m it W ort nit zua hoch nufistiige, un hinteno, vu obe rabigschmetteret, am Bode lige! Im W uat Parole nit zua Barikade biige, un nit im derbe Gschwätz üs dunkle Gasse, sich draanischmiige! D r Teifel spilt u f vile Giige! — Bizite schwiige!! — Doch, vor dr still bisch muasch di froge: W ar s Schwiige gloge? Karl Kurrus Aus: Vu Gott un dr W elt, Gedichte in Kaiserstühler M undart, M örstadt Verlag, 1981 Die Hermann-Burte-Gesellschaft Magdalena Neff, Basel Gründung und Entwicklung D ie H erm ann-B urte-G esellschaft (H um boldtstr. 3, 7850 Lörrach) entstand Anfang 1960 aus einem Freundeskreis des aus M aulburg (Kreis Lörrach) gebürtigen D ichters und M alers D r. phil. h.c. H erm ann BurteStrübe (1879—1960). N ach dem T ode H e r m ann Burtes am 21. 3. 1960 trat sie an die Ö ffentlichkeit und besteht seither als „einge tragener V erein“ auf gem einnütziger G run d lage. D urch letztwillige V erfügung des D ich ters w urde sie Alleinerbin seines künstleri schen N achlasses, der in einem „H erm annBurte-A rchiv“ vereinigt w erden sollte. Die Herm ann-Burte-Gesellschaft e.V. umfaßt zur Zeit 320 M itglieder, die meist in Südbaden, aber auch im übrigen Deutschland, in der Schweiz und im Elsaß beheimatet sind. D er jährliche M indestbeitrag beträgt D M 12,—, für juristische Personen D M 50,—. Präsident der Hermann-Burte-Gesellschaft: R echtsanw alt H erb ert H arrer, H u m boldt straße 3, 7850 Lörrach. A rchivarin und Schriftführerin: D r. M agda lena N eff, H ardstr. 72, C H 4052 Basel. Ziel D ie H erm ann-B urte-G esellschaft sieht ihr Ziel in der E rhaltung und Förderung des dichterischen und m alerischen W erkes von H erm ann Burte und befaßt sich dem gem äß m it folgenden A ufgaben: N euauflage der vergriffenen dichterischen W erke — H eraus gabe bisher unveröffentlichter W erke — V er öffentlichung von S ekundärliteratur — V er anstaltung von G edenkfeiern, V ortragsaben den, Lesungen aus Burtes W erk usw. — D urchführung von A usstellungen des m aleri schen W erkes von H erm ann Burte — H e r stellung von R eproduktionen von W erken des M alers B urte-Strübe — V erm ietung von O riginalbildern Burtes auf befristete Z eit — A ufbau und U nterhaltung des H erm annBurte-Archivs (Burtestr. 73, 7867 M aulburg) — Pflege von B eziehungen zu ähnlichen lite rarischen V ereinigungen und V erm ittlung von Inform ationen an am W erk H erm ann Burtes literarisch oder persönlich Interes sierte. Die Arbeit der H erm ann-B urte-G esellschaft w ird erm öglicht durch die M itgliederbeiträge und durch Spenden sowie durch die ehren am tliche T ätigkeit einzelner M itglieder. Veranstaltungen A lljährlich im H erbst findet die M itglieder versammlung der H erm ann-B urte-G esellschaft (m eist auf Schloß Bürgeln) statt. — Ebenfalls im H erb st jeden Jahres w ird ein „B urte-Abend“ durchgeführt, in der Regel in einer ländlichen G em einde des M arkgräfler landes und unter M itw irkung der V ereine und reger T eilnahm e der Bevölkerung. Im R ahm en dieser V eranstaltung behandelt ein R edner jeweils ein bestim m tes T hem a im Z u sam m enhang m it H erm ann Burte. Zu erw äh nen ist der „A lem annische A bend“ im N o vem ber 1982 in H ausen im W iesental, dem Professor G eorg T h ü rer (St. G allen) durch seinen aufschlußreichen V o rtrag „Burte hul digt H ebel“ besonderen W ert verliehen hat. A nläßlich des 100. G eburtstages von H e r m ann Burte im Februar 1979 fand in der Ale m annenhalle in M aulburg eine eindrucks volle Feier statt, an der ebenfalls Prof. T h ü rer die Festrede hielt. 381 Alljährlich im Februar treffen sich die Freunde Fierm ann Burtes zu r E rinnerung an den G eburtstag des D ichters am 15. 2. in Efringen-K irchen zum „Ruländer Schoppen“. N eben V orträgen aus Burtes W erk kom m en hier auch andere alem annische D ichter aus den drei L ändern der „R egio“ m it Proben ih res Schaffens zu W orte. Ausstellungen D em m alerischen W erk H erm ann Burtes w a ren die beiden G edenkausstellungen gew id m et: 1964 in L örrach zum 85. G eburtstag und 1969 in M aulburg zum 90. G eburtstag des Künstlers. 1980 veranstaltete die H erm ann-B urte-G esellschaft eine Ausstellung von Ö lbildern und 1981 eine A usstellung von A quarellen und Z eichnungen Burtes in E fringen-K irchen, w obei jeweils die M öglichkeit der M iete von Bildern (zunächst für die D auer von 5 Jah ren) ausgiebig genutzt w urde. V eröffentlichungen Seit 1963 brachte die H erm ann-B urte-G esellschaft folgende B ücher und Schriften her aus: a) W erke von Hermann Burte: A n K lotzen, R hein und Blauen. G edichte (1963). Adler und Rose. Ü bersetzungen französi scher G edichte (N euauflage 1966; D M 1 2 ,-). A n Klotzen, Rhein und Blauen (N euauf lage 1981; D M 9,80). D ie Seele des M aien. G edichte um H ebel. E rw eiterte N euauflage m it 7 Z eichnun gen von H . Burte und einem V o rw ort von G. T h ü rer (1982; D M 12,80). Hermann-Burte-Schallplatte bzw . -Kassette (1978; D M 2 1 ,-). Ferner erschienen unter M itarbeit der H erm ann-B urte-G esellschaft: 382 H erm ann Burte: Skizzenbuch (V erlag F. Resin, W eil a. Rh., 1978; D M 29,80). Herm ann Burte 100 Jahre. A usgew ählte G edichte, hochdeutsch und alem annisch. (V erlag Burda, O ffenburg, 1978; D M 19,80). Zehn Handschriften von Herm ann Burte (Faksim.) m it B egleittext „Ein Blick in das Leben und Schaffen des D ichters“ von M . N eff (V erlag F. Resin, W eil a.R h ., 1982; D M 83,40, f. M itglieder der H .-B .-G es. D M 66,70). b) Sekundärliteratur: G. T hürer: Zum hundertsten Geburtstag des Dichters H erm ann Burte. R ede in M aulburg am 17. 2. 1979. S onderdruck aus „D as M arkgräflerland“, H . 1/2, 1979. M . N eff: Herm ann Burte und Basel. Son derdruck aus „U nser L örrach 1979“, Bd. 10. M . N eff: „D ie Seele des M aien“. Herm ann Burte ehrt Johann Peter Hebel. S onder druck aus „G eroldsecker L and“, H. 23/1981. M . N eff: D ie Industrie im W iesental in der D ichtung Herm ann Burtes. S onderdruck aus „D as M arkgräflerland“, H . 2, 1981. W . K üchlin: Begegnung m it Hermann Burte und seinem Werk. R ede in G ren zach-W yhlen am 10. 10. 1981 („Das M arkgräflerland“ , H . 2, 1983). W . F. Fischer: A propos Herm ann Burte. Erinnerungen und Gedanken 1979. (V er lag und Bezugsm öglichkeit: J. R ohrm us, T um ringer Str. 221, 7850 Lörrach. D M 5 ,- ). Alle unter a) angeführten B ücher usw. (sowie die noch zu Lebzeiten des D ichters erschie nenen und zu r Z eit erhältlichen G edicht bände: M adlee — Das H eil im Geiste — Stirn unter Sternen — Lied aus Murperg — A us w ahl aus Herm ann Burtes Werken, 1959 — H erm ann Burte 80 Jahre, eine Freundesgabe) sind zu beziehen bei Firm a Friedrich Resin, Postfach 1720, 7858 W eil a.R h. Die Beziehung der Hermann-Burte-Gesellschaft zur alemannischen Mundartdichtung Aus dem vorstehenden Ü berblick m ag er sichtlich sein, wie kom plex das Schaffen H erm ann Burtes w ar und dem gem äß auch die Arbeit der H erm ann-B urte-G esellschaft ist: D ie hochdeutsche D ichtung und das m a lerische W erk nehm en einen großen R aum ein. Als K ern dieses vielseitigen künstleri schen Lebensw erkes m uß jedoch Burtes M undartdichtung, sein Buch „M adlee“, gelten, für das ihm 1924 die E hrendoktorw ürde der U niversität Freiburg i. Br. verliehen w urde. D er R ang H erm ann Burtes als bedeutendster alem annischer D ichter nach H ebel ist unbe stritten. E r w ar der erste H ebelpreisträger (1936) und bew ahrte seinem großen V orbild lebenslange V erehrung, die er vor allem in seinem hauptsächlich alem annische G edichte enthaltenden B ändchen „D ie Seele des M aien“ zum A usdruck brachte. So ist auch die B eziehung zw ischen der H erm annB urte-G esellschaft und dem H ebelbund un m ittelbar gegeben. Zum ändern hat die Freiburger „M uettersproch-G sellschaft“ H erm ann Burte, den M eister der alem annischen M undartdichtung nach H ebel, gew ürdigt, indem sie als T itel für ihre Zeitschrift die Zeile: „Alimannisch dunkt ys guet“ aus dem G edicht „Spracharten“ in „M adlee“{S. 80) gew ählt hat. Spracharten 1 Andersch schwätzt men anderwyttig, Alimannisch dunkt ys guet: Hochdütsch raschlet w ie ne Zyttig, Alimannisch ruuscht w ie Bluet. 2 Stoß der C hopf ämol dur s’Gätter! Bruuch D y Sprooch und ihri Chraft! Hochdütsch, seil sin gsägti Bretter, dM undart isch e W ald im Saft. 3 d ’M uedersprooch, en Aechte lehrt sie. Sag, was sparsch der Oode Du? Hochdütsch schmeckt no Druckerschwärzi, d ’M uedersprooch het Boodeguu. Herm ann Burte (Aus: „M adlee“, Alemannische Gedichte) 383 Literaturhinweise Aufsätze zur Mundartdichtung Assion, Peter Lob des Dialekts. In: R udolf Lehr, Paul W aibel, M uddersprooch, Ein pfälzisch-fränki sches M undartbuch, B adenia V erlag K arlsruhe/R hein-Tauber-V erlag Sandhausen, 1978, Seiten 8—12 Bräutigam , K urt M undartliteratur im R hein-N eckarraum . In: „schw ädds“ Zeitschrift für M und art N r. 4, Juni 1982, Seiten 54—58 Epple, Bruno N achw ort zu M anfred Bosch, U f den D ag w art I, V erlag M anfred Bosch, N eum atten w eg 30, R heinfelden8, 1981 Feinäugle, N o rb ert A uf der Suche nach einer anderen H eim at dichtung. In: „schw ädds“ Zeitschrift für M undartliteratur N r. 2, Juni 81, S. 8 Feinäugle, N o rb ert D ialektliteratur in der Schule — ein T o le ranzproblem ? In: L ehren und Lernen, Z eit Baur, G erhard W . schrift der Landesstelle für E rziehung und W arum schreiben Sie im D ialekt? Eine A uto U nterricht, H eft 1, Januar 1982 renbefragung. In: D ialekt. W iederentdekkung des Selbstverständlichen. Eine schw ä Finck, Adrien bisch-alemannische Bestandsaufnahme, Hrsg. E inführung. In: „N achrichten aus dem A le E duard Spranger, 1979 m annischen“, N eue M undartdichtung aus B aden, dem Elsaß, der Schweiz und V o rarl berg, hg. von A drien Finck und R aym ond Bausinger, H erm ann M atzen, O lm s Presse H ildesheim , 1979, Sei Fußgängerzone. In: „A kzente“, 1976, Seiten ten X I X IX 3 64 -3 68 Finck, Adrien Bausinger, H erm ann V orw ort. In: N achrichten aus dem Elsaß. Provinz im Aufw ind? W er oder was bew egt D eutschsprachige L iteratur in Frankreich, die neue D ialektpoesie? In: D ialekt-W ieder 2. M undart und Protest, Olm s Presse H ildes entdeckung des Selbstverständlichen. Eine heim, 1978, Seiten 1—30 schwäbisch-alemannische Bestandsaufnahme, Fringeli, D ieter H rsg. E duard Spranger, 1979 M ach keine Schprüch, Schw eizer M und art lyrik des 20. Jahrhunderts, Artem is V erlag, Bosch, M anfred R eferat, gehalten auf dem K onstanzer Sym 1972 posion über Regionalism us und D ialekt, Fringeli, D ieter 1./12. April 1978. In: L iteratur im A lem anni N achw ort zu Julian Dillier, M ändschä sind schen R aum — R egionalism us und D ialekt, m ängisch w ie gäärtä, V erlag J. P. H ebel, hg. von J. K elter und P. Salom on, Dreisam Gebr. H olstein, R othenburg ob der T auber, 1978 V erlag Freiburg, 1978 385 H erburger, G ünter M ut zum D ialekt. In: „A kzente“, 1976, Sei ten 133—138 H offm ann, Fernand Zwischen den Lagern, Z um 60. G eburtstag des O bw aldener M undartdichters Julian Dillier. I n : „schw ädds“, Zeitschrift für M undart N r. 4, Juni 1982, Seiten 62—65 H offm ann, Fernand Im D ialekt schreiben. Prinzipielles zu r Äs thetik der D ialektliteratur. In: „schw ädds“, Zeitschrift für M undartliteratur N r. 3, N ov. 81, S. 10 H o ffm ann, Fernand Sprachspiele und K onkretism us als m undart poetische M ittel. In: „schw ädds“, Zeitschrift für M und artliteratur N r. 5, N ov. 82, S. 8 H u ber, H einz W o m an aus W eizen Spätzle m acht — N eue schw äbische M undartliteratur. In: Badische K ulturzeitschrift D ’D eyflsgiger N r. 6, Seiten 7 1 -8 6 K usz, Fitzgerald Poetisch, linguistisch, sozialkritisch. In: „Ak zente“, 1976, Seiten 139—143 O rtlieb, D ietm ar M ut zum D ialekt oder Reiz der Exotik. In: L iteratur im Alem annischen R aum — R egio nalismus und D ialekt, hg. von J. K elter und P. Salom on, D reisam V erlag Freiburg, 1978 Schm itt, H einz Pfälzisch links und rechts des Rheins. In: R. Lehr, P. W aibel, M uddersprooch, Ein pfälzisch-fränkisches M undartbuch, Badenia V erlag/R hein-T aub er V erlag Spranger, M atthias Im m er noch M ontag, A lem annischer L itera turpreis der Stadt W aldshut an E rnst Burren, Laudatio. In: „A llm ende“, 1. Jg., H eft 2, 1981, Seiten 136-141 W aibel, Paul M undart ist Sprache aus eigenem R echt. In: R udolf Lehr, Paul W aibel, M uddersprooch Bd. 2, M undarten zw ischen R hein und T au K aliw oda, G regor T hesen zum Regionalism us und M und art ber, M ain und M urg, Badenia V erlag K arls dichtung oder: M öglichkeiten eines w ieder ruhe, R hein-T auber-V erlag Sandhausen, entdeckten Sprachm aterials. In: L iteratur im 1980, Seiten 8—9 alem annischen R aum , R egionalism us und D ialekt, hg. v. J. K elter und P. Salom on, W alser, M artin D reisam V erlag Freiburg, 1978 Zweierlei Füß — Ü ber H ochdeutsch und Dialekt. In: D ialekt. W iederentdeckung K elter, Jochen des Selbstverständlichen. Eine schw äbisch Provinz — Aufm arschbasis gegen die M etro alem annische B estandsaufnahm e, H rsg. polen? Z ur R enaissance von H eim at und E. Spranger, 1979 D ialekt in der w estdeutschen Linken. In: Li teratu r im A lem annischen R aum , R egionalis mus und D ialekt, hg. v. Jochen K elter und W eckm ann, A ndre P eter Salom on, D reisam V erlag Freiburg, Elsaß: V on der Selbstaufgabe zu r Konvivialität. In: A llm ende, H eft 1, 82, S. 4 4 ff. 1978, Seiten 9 7 -1 0 2 K ühn, D ieter W eckm ann, A ndre M u nd art und H o chsprach e: eine K o nfro nta Das elsässische Sprachproblem — ein Schultion. In: „A kzente“ 3, 1976, S. 311 problem . In: A llm ende, H eft 3, 82, S. 58 ff. 386 Mundartforschung Das Badische Wörterbuch Gerhard W. Baur, Freiburg „D as Badische W örterbuch stellt den W o rt schatz der lebenden M undarten Badens dar.“ So lapidar beginnt E rnst O chs, der erste und langjährige B earbeiter und H erausgeber, das V o rw ort zum ersten Band, der 1925 nach über lO jähriger eigener V orarbeit und noch w eiter zurückreichenden V orbereitungen an derer zu erscheinen beginnt und 1940 abge schlossen ist. W ieso „badisch“ und nicht „ale m annisch“ oder „fränkisch“ ? Eine badische M und art gibt es natürlich nicht, jedoch hatte m an sich 1913 auf der ersten M und art-W ör terbuch-K onferenz in M arburg dafür ent schieden, die großen w issenschaftlichen W örterbuchunternehm en nicht nach ohnehin problem atischen D ialekteinteilungen vonein ander abzugrenzen, sondern sich bei der Sam m lung des m undartlichen W ortguts an die augenblicklichen politischen G renzen zu halten. N ach diesem G rundsatz w ar m an al lerdings schon bei den viel früher ins Leben gerufenen N achbarw örterbüchern verfahren, und nicht zu letzt w erden es auch finanzielle G ründe gewesen sein, die für diese A uftei lung sprachen. Sow ohl das 1862 begründete Schw eizerdeutsche W örterbuch (heute im 14. Band beim B uchstaben T stehend) als auch das schon etw as früher begonnene Schwäbische W örterbuch (von 1904 bis 1936 in 7 B änden publiziert) und das Elsäßische W örterbuch (2 Bände zw ischen 1887 und 1907 erarbeitet) hielten sich an die Landes grenzen, w obei dadurch bei den beiden letz teren ein bedeutender fränkischer D ialektan teil m it hineingekom m en ist.1) D ie Anfänge des Sammelns Im Jahre 1893 hatte der volkskundlich inter essierte U niversitätsbibliothekar Prof. Fridrich Pfaff die neu an die Freiburger Universi tät gekom m enen G erm anisten Friedrich K luge (hauptsächlich bekannt gew orden durch sein Etym ologisches W örterbuch) und E lard H u go M eyer für die E rforschung der badischen V olkskunde interessieren können. Ihre gem einsam ausgearbeiteten und an Leh rer und P farrer im ganzen Land ausgesand ten Fragebogen2) erbrachten im m undartli chen Bereich so viel Interessantes und N eues, daß die drei Initiatoren nun, entgegen frühe rer B edenken, die Schaffung eines W örter buchs ins A uge faßten. D er H auptprom otor scheint längere Zeit Pfaff gew esen zu sein, der nachm alige erste V orsitzende des L an desvereins Badische H eim at3). E rst als 1907 A lfred G ötze, ebenfalls G erm anist und Bi bliothekar, dem 1902 erblindeten Kluge an die Seite trat, w urde planm äßiger w eiterge sam m elt, schließlich über Jahre hin einm al w öchentlich durch B efragung von badischen Studenten. A ußerdem gew ann m an ausw är tige M itarbeiter und konnte einige M undartforscher4) dazu bew egen, ihre Sam m lungen in den beständig anw achsenden Fundus des Freiburger U nternehm ens einzubringen und eigene Pläne aufzugeben. 1914 konnte E rnst O chs, ein Schüler Kluges, als hauptam tlicher B earbeiter eingestellt w erden; bis 1961, sei nem T odesjahr, leitete er, unterbrochen von je vier Jahren K riegsdienst in beiden W elt kriegen, das Badische W örterbuch. 387 tätlich roerben—tatfchcn 432 breiteter, aber nicf)t c^ut munbartlich. 9*od) ooIfSfrember ifl ba3 JpauptiDort T ä tlic h k e ite n ; beffcn (5in$al;l fef)It. — ftifrfjer 2, 94; 6, 1726. UrttO Umfl.: b is d- ,bi3 ^eut, biäfjer' .§ e b e l 2G, 39. 29eitere§ unter b is 3- 25* 3 11 D a tu m . — £>. «Sdjulj 5 ftrcw biüb. 1, 124. ©iinbcrfl ftrem bw b. * 1, 233. C if. 2, 726. Z a U 1 (tä )t id.: d ä d s a x 1913 ip a n b fc h u h ö h c i m ift au3 ber Schriftfpradje entlehnt. $)ie 9Jfunbart liebt nur ben präbiratioen (gebrauch: deS d ä 'd s a x ! ^3 fo rj = I) m ; d ä d s a x ! m.te?w h y r n l o r 3 ^ m ; j a , j d , tcä ts a x f O be r f d) c f f I. V o rsp ie g e lu n g fa ls c h e r T a t sa c h e n tDirb uom ®olf beladjt — 3ff2D . 14, 9 ff. 10 «iftfirr 2. 94. t<ttfäd)H d) Utnfh: teä ts?xlix X X O b e rfd je ffle n z ift junges Sehnroort; ta d s$ % lix 1930 ^ 3 f o r z h m ift iiberbieö beengt buref) e ffe k tiv . — ®2Db. 11 1 322. ^ rttfd ) d ä d s m .: 1 ) 0 d)lag mit ber flauen #anb O b e r td . (fftaft.). 0d)lag im ^angfpiel f t r e i b .; bie unoeranberte 9Jtehrz. bezeichnet beren mehrere ober auch bie ernftlidjcren Schläge d o u ben (Eltern eb. Dtic^t feiten gibtö einen d- oufS fvuble 9? in g ä h n t, h o f f te t, i. lt. ‘^ gl. P a tsc h , A rsc h k l ä p p e r, ta tsc h e n 1, T ä tsc h 1, T a tsc h e 1 a, P ilc k ta ts c h . — 2) Übername geiuiffer 3)iänner uon fleinem, gefiauchtem 2öu^3 § rie f e n l) n t. Xölpel :7t u ft. 2?gl. T o tsch , ta tsch e n 5. 6. 2. — 8 ifcl|cr 2, 95. £ ä tf d ) d ä d s m., meift in ber unoeranberten ÜJtehrj. : 1 ) (leichter) 0 chlag mit ber flachen £anb, Jpiebe 0 tocf = a d ), 0 d) id e r z e n , C?fd)bach (2i)alb3f).)/ 2 ö r r a dj, 0 d ) o n a d ) , 23 e ift 153. 23gl., T a tsc h 1 , tä tsc h e n 1, T ä s c h 2. — 2) SJtal am Ifeib, gletf 0 c h n ? e r je n . 2Jg(. T a tze 6. — 3) ^flanjen bie irgenbroie breitgetatfeht, fithflabenartig finb. 0ief>e befonbcrS S ä u -tä ts c h ,i'ön>en= Zahn' unb ogl. B o id ä tsc h 0 . 230 b 3* 29. B a lle d ä tsc h grofter 23cgeiid), P la n tn p o m aio r Jt iifj n a $ / 9 R i t t e il . 1915, 388 (fad)Iich ogl. S ä u o h r e n ; £autöhnlid)cä unter tä tsc h e n 1). — 4) fie^e K ilc h e n tä tsc h . — Cif. 2 , 731 . A 2 ä tfd )« b e re m .: D ä tsc h b ä h re ” ba3 Tteh I la n d bare, nenn e3 zum tä tsc h e n S a oerroenbet toirb (fyren.z = ad) (ftifd)erfprad)e) / 23 19)t a r Fg r. 1919, 55. SSgl. P liltsc lig a r n . — e<W*§- 4- 14r»8X atfd)»l)Itirae m .: tflatfcbrofe (f. b.), P a p a v c r rh o e a s O b e n $ in . 3 “ ta tsch e n , unb zroar mehr roegen beö itnadS im finbltcfjen Spiel al3 mit bem 0 in n be3 2'reitgebrncfteit. 2*gl. T a tsch ro se; P fla tsch ro se 2. — — iyifrfjcr 2, 96. £rttfd)C m.: 1) a ) d a d ü Schlag beim gangfpiel t f a r l s r . Oie Sdjeibung non T a tsc h 1 ift nid)t leicht; Dgl, P a tsc h e : P a tsc h , X a c h tta tsc h (e ). — b) 23a(Irourf bitrd) 2lbfd)lagen mit flacher ASanb in ftopfljöhe 2 ß e rth n t. 2*gl. tä tsc h e ln 2 a. — 2) 23iireni, Xierta^e, gelegentlich and) bie ungefchidte £ an b ; d a d fy !£ a u h e r b if SNcfyr;. O fa b le r 93. 291. 2!gt. B ä re n ta tsc h e n , L in k s ta tsch e, T o tscli(e), K /o tschc, T a tze 1. — 3) £latfd): rofe; d a d s* O b e r f d) e f f l ., ogl. T a tsch ro se, T a tsc h b /u m e . — 4 ) d a d s ,2'rot unb Äudjen, faflä fie noch nidft gegoren haben' 2) ru h r ai n /'7?91 r d ) e i b e Ib. 6, 132. 2*g(. T ä sch c 4, T ü tsc h e r 2 ( a ) . — 5) 05elanbe= mulbe, Oalfenfung ohne SBaffer; d a d s 9 O b e r f cheff I., je ö n i g h m , 2B e r b a d), ö n <h Z-; d a d $ O u r m e r 3 = h m , f e i e r tf ) m . Oie brei lebten 2lngaben finb Dor= miegenb Flurnamen. 2'gl. T ä sch c C c. — gtfchcT 2, 9 5 ; 6, 1726. O fttf die (m.): 2Derrzeug zum 3 ai,f«n 2öode, SPoIIfamm 1923 9t a f f i g. 2lu3 K a rd ä tsc h e (f. b.), oielleicht unter 2lnlehnung an bie (Gruppe T a tsc h e r (2). X ätfd ie ro.: 1) t( ls mit bet flarfjett §<mb S rie fe tte m bf. ftigl. T rlsch c e?, T a tsch i' i n ) . D a tsc h e ■bliebe f t r c i b .f ‘- Sab. $ c im . 129 (boeb l'ic&e T a tsc h 1). — 2) D ittsc h e bie Hflanjen töroeiisnljn ? ib e li)(n (rinfelberg) T tltsc h 3, T ö tsch c . — 3) (grofie) Jfröte, B ufoj d ä tlS ^ o f f l e t. i. lt., -e- U n te rp re c b = 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 "0 t a l t) f., D a tsc h e „ g t j t a l '/ S W i t t e i l . 1914, 333. Sßgl. lio d e n d ä tsc h e , Tö sch e, D ic k s a c k ; T ä rtsc h e . — G if. 2 , 731 f. ta tf d ic ln febro. - d a tS h mit bett Jpänben flntfcben 9} e « b g n. Sott ta ts c h e n 1. Sigf. p a ts c h e in , tä tsc h e ln . ta tf d ie l« d a dsl.) S tb o p fb m u. ü.; d fd stln O berro. (SBafl.), $ 0 nb f d). — (cbm.: 1 ) «/Iei<b‘. Iiebfofenb (tbiagen S to c fac b , ü ia b o lf j., l'e n jf ., SfitifJ, O berro .. (SKaft.), T O ö tftb . 'P f o t j b m . SR o b r b a <b (6 pp.), S R n p p ., O b e tf c b e f f l., S a t t b e t b i f tb ., £ e ib e lb ., § an b fcb SJon ta ts c h e n 1 unb tä ts c h e n 1. S gl. tä ts c h e ln . 3 1,; fammettf. ver-, h e ru m tä tsc h e ln . — b ) m it grimmigem S p o it: ®ie teure 3 eit b<tt ben fterl oerbätfebett unb ibm d e ß h iß te m a g e rs F le isc h N o ch v o n d ie K n o c h e d ä tsc h e lt SRonteo £ t> p o (b . 30. — 2) ©pietauäbrüde. a ) eine Sßurfart im Sallfpiel, ben S aü m it flacfter ^anb febtagen unb jiirücTfc^Iageit Slcbertt (ogl. zu r ilc k ta ts c h e n ). “D anach f»ei{jt T ä tsc h e ln f. ein einfachem SaQfpiel, roobei ber S alt febr febned an eine SSanb getatfebt roirb Siebern. — b) d ä tsc h e le ober d its c h e einen S tein über eine ffiaffetfläcbe bupfen laffen S r e b g n . S gl. tä tz e ln 2 . — giMier 2 , 96. X a t id f e n m .: (k ü -)d a d s o fiubflaben O berro . (SRaft.). SIttä D e isc h e (n ) + T a tsc h . Seaebte noeb P fla tsc h e n , K u h d e its c h e (n ) unb K ü h tü s c h e n . Unter K u h -ta ls c h e n ifi auety bie Siebenform mit -ä- naebgeroiefen logt. K u h p flä tsc h e n ). (SnblicI) budft 6 . ffleef 135 mit fnblitbem Suffip unb Umlaut ( x flf-)d ä d S i. — (Stf. 2 . 731. ta tf d ie n . d d d S s S a u b e rb if e b . lt. ö. Siebe aber Sebeutung 4 — f<bn>.: patftben (f. b.), tlntfeben; ogl. tä ts c h e n , to tsch en . 1) b ra v o dä dS o beifällig in bie •fjänbe febtagen S llbreebt bf- S ie m a c h te n a lle so : . . . M it d e n F ilß c h e n tr a p p tr a p p tr a p p , M it d e n H ä n d c h e n ta ts c h ta ts c h ta ts c h i R o r f g n / S t b l ä g e r 34. SSeim gangfpiel einen flauen Stblag auf ben SRüefen geben 1? a r I ä r. (ogl. teischen 3 ); a b -ik u li) .abfeblagen 6 c im Äinbetfptel' Sf3 f o t j b n t; ogl. ho ch-, z u r ilc k ta tsc h e n , I la n d ta ts c h e n , Ü c h u riken ta tsch es. ÄIat= febenb auf ben Diftb febtagen Ä a r l ä r ., Sfßfotjbm . S*01*) nieberfeblagen .P>e i b e [ b. (felienet b’er d e tsc h e). SRit ber flacben “fianb mebr ober minber fanft fein Jfinb) oer= bauen S R ö n e b se ll, O b e rro . (tRafl.), © e g e n b n o n O tte r S r o . SRit flacbem ÜBerTjeug etroab eben febtagen, j. S . Seig unb Rot SR obrbacb (Spp.), SRift S in ft, iR in g ä b m ; SBiefen S i e g e l a u . — 2) tappig geben, gcroiffetmaffen roatett. W io d a d S iS d r h g r t Stuft. S gl. h e r u m ta ts c h e n . — 3) a ) dads.) ober d u d S s ttatfebenb bernbfaflen, oon ©egenffättben S u n t b f n . — h ) un= perföttlitb: s d a d s d eä regnet in Ström en S t b i t t a e b , ts tja e fu — *) febroaben, unnüb reben. S tetä mit -ä9“i a b o I f j . , S u n t b f n , S e n jf . — 5) jufammenbrüefen 3 a i f e n Uf it. (vier d ä d S s ,ftc m it (Seräufeb einbrüdeit' O b e r f ib e f f l. S gt. ver-, h in e in ta ts c h e n . — 6) in jicb jufammenfinren, flae b erro erb en S fo rjb n r, S r u b r a i n , D b e r f e b e f f I .; j. S . oom fflrot roiibrenb beö Sacfenä ober oorfter SRobvbaeb (<5pp.), oon ©efebroiilften SIeit = b en a u , SR öncbj. ffufaitunenf. e in ta ts c h e n , befonberö bänfig z u s a m m e n ta ts c h e n . — gttifjcr 2 , 9öf. tntf(1)cn ttfl'iu S i n g e n a. ib.; d ä d s.) S c b o p fb m it. ö. — f^ro.: oorroiegettb fübliebe Siebenform oon ta t s c h e n ; fielje bort rteitereS unb ogt. T a ts c h : T a tsc h . (5ö gibt Orte mit beiben 3 e' tl»‘>rtern ( .(je ib e Ib .), ge= paart mit SebeutungSunterftbicb ( S u n t b f n ) . ®oef) liegt eine grunbfäfjliebe Sebeibuitg jrotfeben bobem unb tiefem .ftlang ober naeb tranf. unb intranf. ©ebrauef) nidjt oor. Sebeutung 1 berührt fief) mit tä s c h e n 3. 1) einen Scbtag beim S p iet oerfepen S a b r ; ogt. A r s c h tä ts c h e r te s ; D a lte d ä tsc h is f. baä Sattfcbtngen S i t r t e SRnb. 63. S ta tt feblagcn S e b o p f b e im e r © e g e u b , S i n g e n n. ,f\, o r n b e r g (Scbroroalbb.i, ttttb sroar Amber, SRcitfebcn i 'a b r , ben SOIifl u m b e n .Ci ob c ii t to i et. — 2) in Pantoffeln ober äbnlict) bevnmtaopen, baff cS auf bem Verkleinerte Wiedergabe von Emst Ochs, Badisches Wörterbuch, Bd. 1, 432 (Originalgröße ohne Rand 22,3 x 15,3cm) 388 Kägersch-kaiben 48 a.B .; kägersch 1 8 9 5 M im m e n h s n ; kägdrh S in g e n a.H ., 1 8 9 $ K o n s t., B o n n d . - f.: ,Elster4. Vgl. Gägerst, zu dem die A bgrenzung nicht scharf ist, sowie Agerst. O b w irk lich - w ie E. K ra n z m a y e r und, nach ihm , L. J u tz ver m uten - Gehäger, PI. zu Geliag ,H ag‘, zugrundeliegt oder nicht etw a doch onom atopoetische U m bildung durch K -A nlaut an Agelster-Form en (so S u o la h ti V o g . 1 9 5 )? D ie Form hat Anschluß nach O und SO in Oberschwa ben, Bayer. Schwaben, im Allgäu und N V orarlberg. F isch e r 4, 1 4 6 ; V o ra r lb . 2, 4. K a h : FN ; um 19 0 0 und 1 9 3 1 B a d e n -B ., außerdem K a rls r., 1 9 3 1 H e id e lb g , 1 9 2 6 M a n n h m B re c h e n m a c h e r 2 2 , 3 ; danach w ohl < Kau < m hd. gehouwe ,H au, R o d u n g 4. k ah l käl H a n d sc h .; xäl S in g e n a.H ., R e m e ts c h w ie l; kxäl W a n g e n (Höri) - A dj.: ,kahl 4 w ie nhd.; nicht pop., in H a n d sc h . häufiger blod L en z W b . 3 5 . - Vgl. 19 28 ratzekahl. - F isch e r 4, 1 5 1 ; R h e in . 4 , $ 2 f f.; S c h w e iz . 3, 19 2 ; V o r a rlb . 2, 4. K ah len b e rg : F1N, ein Berg zwischen E tte n h m und H e r b o lz h m ; dort auch die jetzt stillgelegte G rube K bei R in g sh m . O rtsneckerei -» A le x i ; vgl. Berg 1 . K a h le n b e rg -g ru n d m .: .Lößboden 4 vom -> Kahlen berg E tte n h m . K alil-h ieb kälhib H a n d sc h . - m .: .Entw aldung, voll ständiges Abholzen eines W aldstücks4; verbr. (bes. 1 9 4 5 1 9 4 7 im Schwarzw.). - F ischer 4 , 167. K ah m , I K ah n khäm neben khän O .s c h e ffl.; kgm9 PI. O b e rw . (Rast.) - m .: .Schim mel auf (v.a. gegorenen) Flüssigkeiten4, z.B . dd w[ hat kgtnd O b e rw . (Rast.). M hd. kdtn, kdn < spätlat. cana .graue Schmutzschicht auf W ein 4. D ie-m -Form en sind eher m d. Vgl. Kunen. - L e x e r M ö h rg n , St. G e o rg e n (Schw.); k(h)qib N e u s a tz , K a p p e lw i., A lte n h m , O tte n h m , O .s c h o p fh m ; khäp -b F r e is te tt, H o n a u , K o rk , E ck a rtsw . - m ., n. (Treschklgn, R app.): 1 ) f ,Aas4; Rappen vnd Kreien / 5 die sich der keiben am galgen ... erneerent 1 5 6 6 Pi ct. L eib sA rtz . 2 2 a. - 2 ) Schelte, meist verachtend a) (vorwiegend) fü r M enschen, v.a. im Alem. verbr. Hauptbed. .schlech ter, gem einer M ensch 4 „ M itte l-, O b e rb a d e n 44/Z fd M u. 1 9 1 3 , 3 4 8 , S to c k a c h ; ,böser Mensch, elender K erl 4 10 A u g g e n , M ü llh m , H a ltg n ; ,Lum p 4 G riß h m ; ,Spitzbube 4 K a p p e lw i., L e ib e rs tu n g , A lte n h m , E n g e n ; .(durchtriebener) K erl 4 S asb ach w a., O tte n h o fe n , A y; bei dieser Bed. kann m ehr oder weniger An erkennung m itschwingen, z.B. did xqibe kxöne nit anders 15 as qitn drätskridge A ltg la s h ü tte n /H . M ü lle r In te ll. 3 1 , ähnl. P fo rz h m , F e ld b g (Müllhm), L en zk ., R a d o lfz . u.ö. .Ungehorsames K ind4: did k-9 wqn dox njd folgd S im o n sw a ld ; für K inder .Frechdachs, Schlingel4 M ö h rg n (neben .Schuft 4 fü r Erwachsene); .lästiger 20 M ensch 4 F re ib ./Z fd M u . 1 9 1 7 , 5 1 ; .ungeschickter M ensch 4 S p e s s a rt, M ö n c h z .; .dum m er Mensch 4 H a l tg n , O os. M anchm al schwingt in Beschimpfungen noch Bed. 1 m it, z.B. du chaib, du verreckda! L ie n h m . Etwas konstruiert w irkt ihr kaiwige Kaiwe, ihr verkaiwete! 1 9 7 0 25 W o lfa c h . Differenziert oder verstärkt durch Zusammen setzungen (s.u.) und Zusatz von Adjektiven: du fu le Ch,fauler Kerl4 J u n g B rä g e l 4 9 ; diq dq/ d, qr qmsold bql, dqrgnpn kaib ,die Frau denkt, der stirbt bald, dieser krum m e K erl 4 1 9 3 2 G en g e n b . W eitere V erbindungen m it '30 abenteurig, alefänzig, alt, pfiffig, plärrig, böse, taub, dumtn, elend, verdruckt, verschlafen, grausig, grob, groß, hässig, munkig, nichtsig, räudig, schlecht, semper, wasig, wüst, zuleidlebig. f)ie G en.form w ird zur Verstärkung, in verwünschender oder positiver Bed., vor Subst.e und Adj.e gesetzt, z.B. H e id e lb g , H a n d sc h ., P f o r z h m , O tte r s d . (dafür 35 ->■ Kaibenbub, -katze, -mädle, -strolch usw., kaibendumm, überall Nachen), M a h lb g , E tte n h m , F re ib . (dafür -glatt usw. - b) für Tiere: D u blinde Chaib, sihsch d Fuhre SchiffU).W ohl m od. khänjam dn O .sc h e ffl., kän G ausb., nit sagte ein Bauer zu seinem blinden R oß G lo c k B re isg . R e ic h e n t. (neben a x d r h ) /Z fd M u . 1 9 1 1 , 7 0 . - 2 ) ,B ett 4 1 3 . Vgl. Kaibenkatze. - c) fü r Sachen; z.B. 9 xnqm9 xaib B a d e n -B ., 1 9 3 0 R a d o lfz ., 1 9 7 5 F re ib .; U gspr. - Vgl. ,ein geknickter oder krum m er R ebenbogen 4 E g rg n ; de Drubord, Flieger, meren, Nachen, Weidling, Wcidschelch ; 4 0 C h -(= Auto) hät eifach nit alaufe wolle J u n g B rä g e l 9 1 ; W anzenkahn. - F isch e r 4, 18 9 ; R h e in . 4, 55. draiht sich de C h- (ein Pfosten), mer meint er lebt eb. 6 1 . III K ah n , auch C han : F N ; w ie -> Kohn < hebr. kohen V erw ünschend: dene kaiwe neimodische Fuarwqrkd O. F w g .Priester4. V or und nach 18 0 9 von Juden in Baden gebr.; le r 3 , ähnl. S. 5 5 . A bw ertend: D e Vatter wird alsfascht ver gehört m it M eyer zu den verbreitetsten jü d. FN hebr. rückt I was alles Chaibs (,Zeug‘) de Fridli druckt J u n g B rä U rsprungs D re ifu ß F N J u d . n o f . - F isch e r 4, 189. 45 g el 3 9 ; 9ris so öbis xaibs gsi ,er w ar (beruflich) etwas der k a h m ig -> kunig. artiges 4 1 9 3 $ S c h o p fh m . - 3 ) .Rausch4; är hqd 9 ghdrigd K ä(h )r -* Keller. xaib 19 6 5 K irc h e n /K rü c k e ls 2 i 7 f. - M hd. keibe K aib khäp M ö n c h z .; khäib T re s c h k lg n , R a p p ., .Leichnam, Aas 4 - W eiteres -> hinbringen, hineinsteigen, S p e s s a rt, M ö rs c h , O b e rw . (Rast.); khaib, -q-, -fLandesgefängnis, Rippe, Schwabe. Vgl. Kerle, Kog, Salopp, O .s c h e ffl., H e ttg n , P f o r z h m , O tte n h o f e n , S as- 50 Schindaas, Siech; Erden-, Hunds-, Laus-, M alefiz-, Mords-, b a c h w a ., R h e in b is c h ., L e ib e r s tu n g , U rlo f fe n , Schind-, Schwaben-, Schweizer-, Spinnkaib, Stemenkaiben , G e n g e n b ., L a h r, K ip p e n h m w lr , R u s t, E tte n h m , Teufels-, Wasenkaib; ver-, herumkaiben. - D W b . 5, 4 3 i f .; E l s . I , 4 i ö f . ; 2, 9 4 7; F isch e r 4, 1 4 7 F ; M e is . W b . 6 2 ; S c h w e iz . 3, io o f f .; H o fs te t., W o lf a c h , H o r n b g , F u r tw a n g e n , S i m o n s w a ld , W a ld k . (Elzt.), R e u te (Emm.), J e c h tg n , V o ra r lb . 2 , 51 f. F re ib ., B re itn a u , S t. M ä rg e n , N e u s t., L en zk ., 55 k aib el(e)n xaib9h L ö rra c h - schw.: ,nach Aas rie S t. W ilh e lm , H in ts c h g n , S u n th s n (neben kgab), chen 4 (vom Fleisch) M e n g e n (Freib.), St. G e o rg e n S to c k a c h , E n g e n , R ie d h m , R a d o lfz ., H a ttg n , (Freib.), S c h o p fh m ; 5 Fleisch chaib9ht A u g g e n , M ü ll S ta h rg n .; kxaib R ü ß w ih l, S in g e n a.H . (neben xaib h m , „ W ie s e n ta l44. —E is. 1 ,4 1 7 ; F is c h e r 4, 14 8 ; S c h w e iz . 3 ,1 0 4 . und xgab); xaib -q-, -j- S c h o n a c h (?), L ie n h m , G ü n K aib el-n u ß b a u m ? m .: einen Kaibel Nußbaum .einen d e lw a n g e n , R e m e ts c h w ic l, E sch b . (W aldsh.), A y , 60 Kaib von N ußbaum , einen rauhen 4 G rim m e ls h s n K a S c h w e rz e n , ,,W ie s e n ta l44, S c h o p fh m , L ö rra c h , le n d e r (Hegaur) S. 1 3 8 . W ohl zu K aib ; vgl. Kaibennußbaum; Keibel ? K irc h e n , E g rg n , H a ltg n , Fel d b g , A u g g e n , k aib e n chaibe Berau - schw.: ,sich beeilen 4 R . H o f f M ü llh m , G riß h m , A ltg la s h ü tte n ; x p b W a n g e n m a n n hs. Vgl. herumkaiben. - Schweiz. 3, 104. (Höri); xgab S in g e n a.H . (neben xaib und kxaib); khpab I , 1500; D W b . 5, 3 1 f.; F isch e r 4, 1 7 2 f . ; 6 , 2 2 57; R h e in . 4, 102. II K ah n m .: 1 ) .kleines Schiff 4; fehlt der M u. in R a p p ., Verkleinerte Wiedergabe von: Badisches Wörterbuch. Bearbeitet von Emst Ochs. Fortgesetzt von Gerhard W. Baur. Bd. 3, S. 48 (Originalgröße ohne Rand 13,3 x 22,3 cm). D ie personelle Ausstattung der Arbeitsstelle V on der Schulverw altung bezahlt und vom Schuldienst w eitgehend freigestellt w ar der G ym nasialprofessor E rnst O chs der U niver sität zuerst als L ehrbeauftragter, ab 1946 als H o norarprofessor verbunden. Erst 1961 konnte für seinen N achfolger K arl Friedrich M üller eine feste Universitätsstelle einge richtet w erden, auf die dann 1968, nach K. F. M üllers Pensionierung, G erhard W olfram Baur geholt w urde. Abgesehen von den Jah ren 1935—39 sowie 1946—48 und noch ein mal 19735) blieb die Arbeitsstelle ein E in m annbetrieb, dem in früheren Jahren noch kärglich bezahlte studentische H ilfskräfte od er freiwillige M itarbeiter (meist pensio nierte Lehrer) durch E xzerpieren oder an dere Schreibarbeiten U nterstützung gaben6). E rst 1973 w urde vom Land eine Sekretärin nenstelle bewilligt. V erglichen m it den übri gen deutschsprachigen W örterbuchkanzleien gehört die unsere zu den personell am schlechtesten ausgestatteten U nternehm en7). Das Material Z u den schon erw ähnten ca. 550 A ntw orten auf die 1893/94 ausgesandten 3000 V olks kunde-F ragebogen8) und die seit dem A ufruf zu r M itarbeit von 1919 im m er w ieder neu dazukom m enden E insendungen von Laiensam m lem treten w eitere M aterialquellen. Die schon erw ähnten Freiburger G erm a nisten K luge, G ötze und E rnst O chs selbst, dann auch die N achfolger Friedrich W il helm , Friedrich M aurer, schließlich Bruno Boesch und Eugen G abriel sowie, in den 30er Jahren, ihr H eidelberger K ollege Fried rich P anzer regten im m er w ieder Studenten zum Abfassen von Staatsexam ens- oder D oktorarbeiten über dialektologische T h e m en an. D iese A rbeiten (hauptsächlich lautund form en-, seltener w ortgeographischer A rt) erbrachten lautgetreu, in wissenschaftli cher U m schrift fixierte, direkt bei den Spre chern erhobene Belege, die es erlaubten, ein 390 zunehm end genaueres Bild von der geogra phischen V erteilung der Laute, Form en und B ezeichnungen zu geben. E rw eitert und ab gerundet w ird das M aterial aus A rbeiten zur W ort- und zu r Satzbildung, ferner durch U ntersuchungen einzelner Fachsprachen, z. B. derjenigen der L andw irtschaft, des W einbaus, der W aldw irtschaft, einzelner H andw erke wie z. B. der Fischer-, Schiffer-, Flößer-, M üller-, M etzger-, W agner-, U h r m acher- und G oldschm iedesprache (oder besser: -term inologie). All diesen Fach- und Sondersprachen (darunter auch dem R otw el schen, bei uns hauptsächlich als H ändler sprache gebraucht, und den judendeutschen A usdrücken) galt schon das spezielle Inter esse der hierfür bekannten Freiburger W o rt forscher K luge und G ötze und eben auch ih res Schülers Ochs. An literarische Q uellen legte m an strenge M aßstäbe an. Z w ar w urde die D ialektdichtung im Fall von H ebel und Burte fast lückenlos ausgeschöpft, doch hatte im übrigen nur sprechsprachnahe, nicht „übersetzt“ klingende M undartliteratur G nade vor O chs’ Augen. Eine w ichtige Rolle bei der E ntscheidung, ob etwas ins M aterial aufzunehm en sei oder nicht, spielte natürlich im m er die personelle und finanzielle K apazität. H auptsächlich aus diesem G rund entschied man sich auch d a für, historischen W ortschatz nur in Auswahl aufzunehm en. D aher findet m an heute, an ders als im Schw eizerdeutschen und Schw ä bischen W örterbuch, nur einiges Altere, so Belege aus den deutschen U rkunden der L andschaft vor 1300 (aus Fr. W ilhelm s „C or pus der altdeutschen O riginalurkunden“), aus den O berrheinischen Stadtrechten, aus U rbaren und W eistüm ern. M ehr noch als O chs haben M üller und Baur O rts- und Flur nam en berücksichtigt, w obei neben der m undartlichen A usspracheform (falls noch erhebbar) auch die frühest faßbaren schriftli chen B ezeugungen gegeben w erden, was öf ters eine D eutung sonst unklarer N am en er m öglicht. Allerdings m uß betont w erden, daß die N am endeutung nicht zu den eigent liehen A ufgaben eines D ialektw örterbuchs gehört. W eitere M aterialien sam m elte ich durch ge zielte B efragungen anhand eines Frage bogens in 179 O rten N o rd - und Südbadens. U nd schließlich sind seit einigen Jahren auch Ü bertragungen von T onbandaufnahm en ver schiedener H erkunft9) in das M aterial einge arbeitet w orden. W eil diese relativ junge Q uelle zw ar viele der in jedem W örterbuch m aterial selteneren Satzbelege liefern kann, ihre A usw ertung aber sehr zeitaufw endig ist, konnte das bisher leider nicht in w ünschens w ertem U m fang geschehen. W enn m an den langen Z eitraum seit Beginn der Sam m lungen bedenkt, m uß m an n atür lich sagen, daß m an hier nicht m ehr von ei ner einheitlichen M undart sprechen kann. Auch w enn sich die M undart im Lautlichen aufs G anze gesehen doch langsam er verän dert als oft behauptet w ird, so ist doch unbezw eifelbar, daß sich in diesen fast 100 Jahren seit Beginn der M aterialsam m lung gew ich tige V eränderungen im D ialekt ereignet ha ben. Viele W örter kom m en und kam en au ßer G ebrauch, weil die ihnen zugrundelie genden Sachen und Sachverhalte (z. B. bei W erkzeugen und A rbeitsvorgängen in der Landw irtschaft) durch andere abgelöst w er den. So ist es nötig gew orden, im m er öfter durch D atierungs- und G ebrauchsangaben nachzuw eisen, w ann das betreffende W ort (noch) in G ebrauch war. Prinzipien der Bearbeitung und Darbietungs form D ie Artikel des Badischen W örterbuchs sind strikt alphabetisch angelegt. D as Stichw ort w ird entw eder in seiner schriftsprachlichen Form oder, falls es nur in einer m undartli chen Form existiert, in einer verhochdeutsch ten Form angesetzt, die der historischen E nt w icklung des m ittel- oder althochdeutschen Lautstands in unserem G ebiet entspricht. Die bei uns lautlich oft schw er zu trennenden A nlaute b und p, d und t sowie f und v sind, wie in allen oberdeutschen W örterbüchern, zu je einem Buchstaben zusam m engenom m en w orden und dem gem äß alle bereits be handelt; c steht bei k. D agegen ist im Inlaut die alphabetische R eihenfolge streng durch geführt. A uf Sonderform en, die für sich an gesetzt sind, w ird verw iesen; um gekehrt ver weist m an von der bodenständigen Aus spracheform des W ortes auf das schrift sprachlich angesetzte Stichw ort, also von eher, ebis auf etw er sowie das dabei einsor tierte etwas, bei Imbs und Imes auf Imbiß. W örter, die n u r im fränkischen N o rden Vor kom m en, erhalten die K ennzeichnung F v o r dem Stichw ort; ein A vor dem Stichw ort be deutet, daß das W o rt alem annisch w irkt, nur im Süden vorkom m t und nordbadische Zeugnisse fehlen. D urch R w erden rotw elsche W örter m arkiert. A bgestorbene oder veraltete W örter w erden durch ein fv o r dem Stichw ort kenntlich gem acht. A uf das Stichw ort folgen die wichtigsten Lautvarianten der G rundform , danach der flektierten Form en in phonetischer T ra n skription m it genauer O rtsangabe, heute ein heitlich in nordsüdlicher R eihenfolge, öfters datiert. Z ur genaueren Lokalisierung eines W orts sind dem W erk seit der 35. Lieferung zwei auch in die U m schläge der jeweiligen Lieferung eingedruckte K arten m it den am häufigsten genannten Belegorten sowie mit oft gebrauchten Landschaftsnam en und eini gen w ichtigen M undartgrenzen beigegeben. Als nächstes folgt die K ennzeichnung der je w eiligen gram m atischen K ategorie [m (askulin), f(em inin), n(eutral), Adj(ektiv), A dv(erb), st(arkes) bzw. schw (aches V erb), Interj(ektion), Partikel u.a.m .], anschließend der H auptteil, die D arstellung der Bedeu tu n g e n ). H ier w ird versucht, m öglichst nicht m it Synonym en oder Paraphrasierungen zu erklären, sondern von der nächsthöheren A rt und dem spezifischen U nterschied her zu de finieren. Jede der einzelnen B edeutungsanga ben soll durch genügend viele Beispiele, m öglichst im Satzverband oder in einem K ontext, verdeutlicht w erden. N achdem man früher oft eher die Schw ierigkeit hatte, genü 391 gend Beispiele, vor allem in Satzform , zur Illustration beizubringen, ist es jetzt oft so, daß m an sich als B earbeiter durch ein stark angew achsenes M aterial hindurchlesen m uß und daß m an gezw ungen ist oder sich ver pflichtet fühlt, bei der M asse der Belege eine m öglichst feine U ntergliederung m it sorgfäl tiger B eachtung der oft nur geringfügigen B edeutungsunterschiede und -Schattierungen zu versuchen. G leichzeitig besteht aber die N otw endigkeit, die Belege nicht ausufern zu lassen und viele, die m ehr- oder vielfach vor handen sind, w ieder auszuscheiden. D aß hierzu aber im m er erst ein gründliches D urcharbeiten des gesam ten jew eiligen Z et telstoßes nötig ist, w ird von vielen nicht be dacht, die frühere m it heutigen Publikations zeiten vergleichen10). Z u den Beispielsätzen gehören auch die im M aterial zahlreich vorhandenen R edensar ten, Sprichw örter, Rätsel, N eckverse, V olks und K inderreim e und -lieder, alle in der Schriftform w iedergegeben, wie sie von den Inform anten notiert w urden. Z ur abgehobe nen W iedergabe der lautschriftlichen Belege dient die Kursivschrift. Sow eit sich A ngaben zu Bräuchen, Sitten und V olksglauben fin den, w erden diese auch genannt. Am Schluß des A rtikels stehen dort, w o sprachgeschichtliche A ngaben nötig und m öglich sind, H inw eise oder E rklärungen zu r Etym ologie. D a jeder (Satz-)B eleg nach M öglichkeit nur einm al V erw endung findet, w ird auf ihn zu rück- oder vorausverw iesen, w enn er noch für (ein) w eitere(s) Stichw ort bzw. -W örter in Frage kom m t. A ußerdem w ird auf synonym e oder bedeutungsähnliche und auf verw andte W örter verw iesen, und schließlich w erden die Zusam m ensetzungen genannt, die auf das betreffende W o rt enden, so bei K aib z. B. Erden-, Hunds-, Laus-, M alefiz-, M ordsusw. -kaib. Am Schluß des jew eiligen A rti kels stehen H inw eise auf die vergleichbaren Artikel in den N achbarw örterbüchern und, falls nötig, in den wichtigsten gem eindeut schen W örterbüchern. Als Beispiel für die 392 A rtikelgestaltung sei hier die Seite 432 von Band 1 des Badischen W örterbuchs sowie, in der seit dem A nfang des dritten Bandes übli chen neuen D ruckart, die Seite 48 dieses Bandes vorgeführt (siehe Seiten 388 — 389 dieses H eftes.) D as W erk steht inzwischen bei der 42. Lieferung beim Stichw ort Krappersreute; im M anuskript fertiggestellt sind y5 der Lieferung 43 bis zum Stichw ort kriegen11). Bis zum Abschluß des W örter buchs w ird es bei der derzeitigen Personal lage noch lange dauern; eine Prognose wage ich gar nicht m ehr zu stellen. Es sind jetzt vielleicht knappe 60% des M aterials bearbei tet; das bedeutet, daß m an den Abschluß in diesem Jahrhun dert nicht m ehr erleben wird. Wieso braucht man und wer braucht Dialekt wörterbücher? W enn m an D ialekt als T eil- oder Subsystem eines übergreifenden größeren, d. h. w eit reichenderen und um fassenderen G esam tsy stems, hier: der deutschen Sprache, versteht, w enn m an w eiter davon ausgeht, daß diese sprachlichen System e und Teilsystem e in ih rem A ufbau und in ihrem gegenseitigen V er hältnis überschaubar gem acht w erden soll ten, um ihre E igenart und ihr Funktionieren verständlich zu m achen, dann m uß man dem jenigen, der sich K enntnisse hierüber er w erben will, die M öglichkeit geben, sich über die Struktur der Sprache und ihrer T eil systeme und über die B edeutung der sprach lichen Z eichen zu unterrichten. Für die Be schreibung von Sprache und D ialekt12) hat man m ehrere D arstellungsform en entw ickelt, die gebräuchlichsten und althergebrachtesten sind die gram m atische und die lexikographiscne. Beide ergänzen einander. U n ter den lexikographischen D arstellungen ist das alphabetisch geordnete B edeutungs w örterbuch, das nach der Inhaltsseite eines W ortes fragt, das übliche. D arin ist also zu erfahren, was z. B. das W ort Kaib an einem bestim m ten O rt oder in einer gewissen L and schaft (alles) bedeutet (vgl. Seite 389). W ill man aber wissen, welche Bezeichnungen in einer Sprache/einem D ialekt für ,durch triebener M ensch“ existieren, dann m üßte m an entw eder über ein sachlich geordnetes Bezeichnungsw örterbuch verfügen (das es im Bereich der D ialektologie bisher kaum gibt), oder m an sollte hilfsweise die M öglichkeit be kom m en, sich in B edeutungsw örterbüchern zusätzlich über bedeutungsgleiche oder -ähnliche W örter unterrichten zu kön nen. V ielleicht w ird deutlich, daß W örterbü cher, auch D ialektw örterbücher, nicht nur sprachw issenschaftliche Erkenntnisse für Fachleute, Linguisten verm itteln, sondern darüber hinaus nützlich, ja nötig sein können für alle diejenigen, die U nterrichtung brau chen über W örter und sprachliche W endu n gen, die sie nicht verstehen, sei es, daß ihnen als ortsfrem de L ehrer m anche sprachlichen Ä ußerungen ihrer Schüler unverständlich sind oder sie bei der Einw eisung in die hoch deutsche Standardsprache V erständnishilfen für die sprachlichen Schw ierigkeiten ihrer Z öglinge bekom m en können, sei es, daß sie als von anderen Sprachlandschaften K om m ende A uskunft bekom m en über die B edeu tung und stilistisch-situative Einschätzung nur hier gebräuchlicher oder hier anders als etw a in N o rddeutschland gebrauchter W ör ter (was z. B. bei Prozessierenden, sowie ih ren R ichtern und R echtsanw älten w ichtig w erden kann, die beispielsweise nach vorauf gegangener V erw endung der W örter Schnepfe oder Seckel sich über den T atbe stand der Beleidigung klarw erden müssen), sei es, daß sie ganz einfach wissen w ollen, was ein bestim m tes W o rt in einem H ebel oder B urtegedicht oder in einem U rbar des 15. Jahrhunderts bedeutet. Ein w eiteres: D ia lektw örterbücher können dadurch, daß in ih nen zu einem G utteil (lexikal, lautlich, syn taktisch und bedeutungsm äßig) ältere S prachzustände festgehalten sind, sprachgeschichtliche Einsichten verm itteln und G e schichtsdokum ente überm itteln. D aß das V erfassen von und das Lesen in O rts-D ialektw örterbüchern schließlich auch noch die Funktion des Sich-V ergew isserns einer loka len E igenart erm öglicht, ist ein A spekt, der von vielen Sam m lern und A utoren als m oti vierend und w ichtig genannt w ird. G erade die A rbeit dieser eifrigen Laiensam m ler, die für die „großen“ D ialektw örterbücher oft unschätzbares M aterial beigebracht haben und im m er w ieder noch beibringen, w ürde eine eigene D arstellung verdienen13). Zum Schluß sei, speziell für badische Leser, die die E igenart ihrer H eim atregion beson ders herausgestellt sehen m öchten, doch be tont, daß ich m it E rnst O chs der M einung bin, daß die Entscheidung, fränkische und alem annische M undarten in Baden in einem W örterbuch gem einsam zu behandeln, trotz aller Schwierigkeiten richtig w ar; die K ontrastierung läßt das Eigene öfter um so schärfer hervortreten. In den W orten von O chs aus einem Zeitungsbericht von 1937: „W as m anchen als größte Schwierigkeit ei nes solchen Buches erschien, ist in W irklich keit dessen größter Reiz gew orden: die starke V erschiedenheit der M undarten und ihre E rklärung aus der deutschen G e schichte.“ Vielleicht w äre es ohne diese Entscheidung zu einer ähnlichen Situation wie bei der V o r bereitung des Südw estdeutschen Sprachatlas gekom m en, der seit 1969 im Institut für sprachliche L andeskunde der U niversität Freiburg erarbeitet w ird; denn dieser Atlas w ird sich aus finanziellen und personellen G ründen auf die Erforschung und kartog ra phische D arstellung der M undarten in Süd baden und Südw ürttem berg beschränken müssen. Anmerkungen l) Zur Geschichte des Badischen W örterbuchs so wie der benachbarten M undartwörterbücher vgl. Gerhard W. Baur, M undartwörterbücher im ale mannischen Sprachraum, in: Alemannica, Landes kundliche Beiträge, Festschrift für Bruno Boesch zum 65. Geburtstag, Bühl/Baden (= Alem. Jb. 1973/75), S. 28—85 sowie ders., Das Badische 393 W örterbuch, in: Dialektlexikographie, hg. von H. Friebertshäuser, Wiesbaden 1976 (= Zs. f. Dialek tologie und Linguistik, Beih. N F Nr. 17), S. 25-35. 2) Abgedruckt in Alemannia 21 (1893), S. 301—304, die zweite, erweiterte Form in Alem. 33 (1905), S. 305 f. Die Fragen zielten auf Hausbau, Tracht, Nahrung, Gewerbe, Sitten und Bräuche, M ärchen und Sagen, Schwänke und Rätsel, Volkslieder, -Schauspiele, Kinderreime, -spiele, Ortsneckereien, O rts-, Flur-, Familien-, Taufna men (in M undartform!) und, im Punkt 13, auf Sprachliches. H ier fragte man nach a) Zeiteintei lung; b) Naturerscheinungen; c) Farbenbezeich nungen; d) Familie; e) Begrüßung, Segenswün sche, Flüche, Schimpfworte; f) Körperteile und Stimme des Menschen, Krankheiten; g) Nahrung; h) Ackerbau, Scherznamen für Handwerker; i) Tiere, Lockrufe für sie, Eigennamen, ihr Schreien, H irtenrufe; k) Pflanzen, Beerenleseverslein; 1) Zahlworte; m) einer kurzen Erzählung oder Schil derung in der M undart des Orts; n) Unterschieden der M undart zu der der Nachbarorte. 3) Darüber Pfaff in Briefen an den Ministerialrat und späteren Kultusminister Böhm in: Bad. H ei mat 39 (1959), S. 111 ff. sowie Eugen Fischer in seinem Überblick über „Fünfzig Jahre Landesver ein Badische Heim at“, ebda. S. 98 ff. 4) so besonders O tto Heilig und Philipp Lenz, die Herausgeber der „Zeitschrift für hochdeutsche (bzw. später deutsche) M undarten“, sowie O thm ar Meisinger, Verfasser des Rappenauer Wörterbuches. 5) Durch ein Zusammenwirken des Badischen U n terrichtsministeriums und der Deutschen For schungsgemeinschaft (DFG) konnten 1935—1939 zwei Wissenschaftliche M itarbeiter, Lothar Glattes und W alter Sauer, eingestellt werden. Zweieinhalb Jahre lang arbeitete nach Kriegsende Ochs’ N ach folger K. F. Müller unentgeltlich mit. 1973 be zahlte die DFG für ein Jahr das Geld für eine Wis senschaftliche Angestellte, Frau Roswitha SantaBraun, frühere Redaktorin am SiebenbürgischSächsischen W örterbuch in H erm annstadt/Rum ä nien. 6) Für die stundenweise Beschäftigung von studen tischen Hilfskräften gab bis 1961 die Wissenschaft liche Gesellschaft Freiburg, ab 1970 die Universi tät Freiburg zunächst sporadisch, ab 1973, nach ei ner einjährigen Unterstützungszeit durch die DFG, ständig Gelder. 394 7) besonders nachdem im Zuge der allgemeinen Sparmaßnahmen eine Hälfte der SchreibkraftStelle gestrichen und das Geld für eine examinierte Hilfskraft von vorher 50 auf nunmehr 40 Stunden monatlich heruntergesetzt wurde, wobei gleichzei tig auch der erst 1979 durch den Einsatz von Prof. Volker Schupp eingerichtete eigene Sachetat der Arbeitsstelle um % gekürzt wurde. 8) heute zum größten Teil aufbewahrt in der Badi schen Landesstelle für Volkskunde, Freiburg, Schwaighofstraße 13, zum kleineren Teil im Ar chiv des Badischen Wörterbuchs. ’) hauptsächlich Aufnahmen des Deutschen Spracharchivs sowie solche aus meinen eigenen Kundfahrten. 10) Dies betont auch Hans W anner in seinem Be richt über „Das Schweizerische W örterbuch“ in: Dialektlexikographie (vgl. Anm. 1), S. 20. n) Bis heute erschienen sind: Badisches W örter buch. Herausgegeben mit Unterstützung des Badi schen Ministeriums des Kultus und Unterrichts bzw. des Kultusministeriums Baden-W ürttemberg bzw. des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst Baden-W ürttemberg. — Vorbereitet und betreut von Friedrich Kluge, Alfred Götze, Ludwig Sütterlin, Friedrich Wilhelm, Ernst Ochs, Friedrich Maurer, Karl Friedrich Müller, Bruno Boesch. Be arbeitet von Ernst Ochs. Bd. 1 ff. Lahr (Schwarz wald) 1925 ff. B d .l: A. BP. DT. E. 1925—1940. 19*, 725 S. Bd. 2: FV. G. H. 1942—1974. Bearb. von Ernst Ochs. Fortgesetzt von Karl Friedrich Müller und Gerhard W. Baur. X XX VII, 806 S. Bd. 3: (bisher:) I — Krappersreute, Lfg. 35—42 (1975—1983), S. 1—256. Bearb. von Ernst Ochs. Fortges. von Gerhard W. Baur 12) Ich verwende, wie heute meist üblich, die Aus drücke Dialekt und M undart als bedeutungsgleich. 13) Ich habe die Absicht, in einem späteren Beitrag über die Arbeit(en) der Dialektsammler in Baden zu berichten und Hinweise für Sammel-, Bearbeitungs- und Publikationsmöglichkeiten zu geben. Das Thema angesprochen habe ich auf zwei von mir im letzten Jahr in Freiburg und Karlsruhe ver anstalteten Tagungen sowie schriftlich unter dem Titel „Zur Sammlung und Aufbereitung von mundartlichem W ortschatz durch Laien“ in: Wortschatzprobleme im Alemannischen, 7. Ar beitstagung alemannischer Dialektologen [in] Frei burg i. Ü., 1.—3. Oktober 1981, hrsg. von W alter Haas und Anton Näf, Freiburg/Schweiz 1983 (= Germanistica Friburgensia 7), S. 33—44. Mosbacher Wörterverzeichnis von 1808 Ein Vorläufer badischer Mundartforschung Paul Waibel, Karlsruhe V o r zwei Jahren hat der M osbacher R echts anw alt Dr. A dolf Frank in dieser Zeitschrift den V erfasser unseres kleinen W örterver zeichnisses, D r. Johann N epom uk G r u b e r (1744—1811), und dessen Berichte an die Sa nitätskom m ission in K arlsruhe vorgestellt1). U m fangreiche A uszüge aus diesen Berichten ließen die B eobachtungen, K enntnisse und kritische H altung des Am tsphysikus erken nen. E r sollte 99 Fragen aus K arlsruhe über sein Am tsgebiet, die Ä m ter M osbach und Eberbach, beantw orten. In seinen A ntw orten m achte er seinem H erzen Luft über die Z u stände, die er in M osbach angetroffen hatte. So überschritt er im m er w ieder die G renze der gestellten Fragen durch Seitenhiebe und vernünftige Vorschläge. Als m an ihm die Frage vorlegte, ob „reine oder verderbte Sprach“ herrsche, begnügte er sich nicht m it der knappen A ntw ort „rein“ oder „verderbt“, sondern stellte gleich ein V erzeichnis auffälliger „Provinzialw örter“ zusam m en, eben die Sam m lung, m it der wir uns beschäftigen w ollen. E r habe einm al ei nen Brief geschrieben, in dem alle diese W ö r ter enthalten w aren, setzt er hinzu. Schade, daß dieser Brief nicht überliefert w urde. M anches isolierte W o rt seiner Sam m lung w äre dann in seiner natürlichen sprachlichen U m gebung erschienen. D er Brief, sagt er, „ist für alle, die nicht aus der hiesigen G e gend sind, a r a b i s ! “ Arabisch also, wie wir etw a „Chinesisch“ für ein unverständliches Idiom sagen w ürden. D abei m üssen w ir bedenken, daß G ruber (der in H eidelberg2) aufgew achsen w ar, hier und in W ürzburg studiert hatte, zum Dr. phil. und D r. med. prom oviert w orden w ar und von 1770 bis 1793 das A m t des Physikus in K aiserslautern bekleidet hatte, ehe er 1796 das gleiche A m t in M osbach antrat), im m er im süddeutschen fränkischen R aum gelebt hatte. W as fiel ihm an der M osbacher Spra che Besonderes auf? „U nsere Sprach dahier ist äußerst hart, un m usikalisch“ urteilt er über den K lang der M osbacher Sprache und vergißt nicht, eine Eigenheit zu erw ähnen: „das S w ird wie sch ausgesprochen“. Dies ist ja das K ennzeichen des „G änschm auscherlandes“, eine E igenart, die in unserem V erzeichnis freilich nirgends erscheint. Eine m oderne D arstellung der M osbacher M und art liegt nicht vor, w ohl aber besitzen w ir für einen N achbarort, O berschefflenz, die vorzüglichen Arbeiten von Edw in R oedder3), dessen Buch über die V olkssprache des badischen Frankenlandes auch ein großes W örterbuch enthält. M it ihm vergleichen w ir die W örter aus G rubers kleiner Sammlung. W o R oedder keine A uskunft gibt, benutzen w ir das Badische W örterbuch4), soweit es er schienen ist. Zum G lück ist das Schwäbische W örterbuch5) abgeschlossen; es enthält auch die f r ä n k is c h e n Landesteile W ürttem bergs. N ach der überkom m enen Einteilung gehört M osbach wie H eilbronn noch zum Südfränkischen. Allerdings ist zu beachten, daß es hart an der G renze zum O stfränki schen liegt.6) 395 fr fü d u /** /td * d //tf/U x $>■ , ß u fr tH iv i« uft/tru* pttf y ü fa A fd t/* , vw ur to t/M/ / /k M m hu< im t fc fd ß ffa f k ty fi ß # in & u d r *yttiym d• / ß^ /y j tm ffm u f uU fd ü ß U 4dß/ m ß tffa i fy tt /V /Ä W j^ L l C iM i/tti ■tfdUH cuuJuf fo /ß iW Dr. Grubers charakteristische Handschrift (oberer Teil) Von Adach bis zundern essen adach , Canal unter der Erden': Gruber selbst schreibt sonst addach7). Betonung auf der ersten Silbe. In den letzten Jahren ist die Erinnerung an W ort und Sache wieder geweckt worden8), zu nächst nur in der Schreibform ,Attauch‘, Plural Attauchen (auf der 2. Silbe betont). Herkunft: lat. aquaeductus ,W asserleitung', wäh rend die Attauchen zur Wasserabführung dienten; Vorgänger der heutigen Kanalisation. Das Alter der Mosbacher Attauchen ist noch nicht nachge wiesen. In der näheren Umgebung kommen sie 1420 in Neckarbischofsheim vor9), 1422 in M ilten berg10). Altere Belege in M ainz und Köln. In bei den Städten und ihrer Umgebung ist das W ort bis heute haften geblieben, weil Straßen und Häuser danach benannt sind, in M ainz-Zahlbach für Rö mersteine11), in Gonsenheim als Gewann-Name: Attach, zweifellos das gleiche W ort wie Adach in Mosbach. Die Fülle der Formen aus lat. aquaeduc 396 r'i C jiltu U ni fw äifiidd.fd s m-UgthtJytjtu, w n tjiü i^n yn ,udgprju yif/t t+* w/ußSu- jjpdriM JiptJ/, fty ü ß tJ w iß /,ft& ß rff/ W fy fy f ifoutdd tydh jftiuJm rnjis/udblfm tw jdw u d/fr tidum d» amu ßdtdm ßüuf/tu ijotftiu iMi/u fa d rr»faafu favtM tus im deutschen Sprachgebiet ist in den W örter büchern gebucht12). Umfassend informiert über Herkunft und Entwicklung des Wortes Theodor Frings13). Das Bad. Wb. meldet unter Andauche „fehlt“ und kann nur auf Abteich verweisen14). anne gehen,dahin gehn': Nicht das im wesentlichen alemannische ane, anegehn, sondern das fränki sche anne ,dort‘15), (vgl. danne, dranne, hanne). anschnauen ,hart anreden': N ur in Lörrach und bei Hebel16) belegt; heute ,anschnauzen‘. Arffel ,ein Arm voll': fehlt in Mittelbaden17), Ärfele Oberscheffl. bander, zu bander gehn ,zu zweyt gehn': selbander; zebane Oberscheffl., z’bander bei Schwäb. H all18). basten ,zwingen': baschde, gebaschd Oberscheffl. betragen,den Weinberg mit Erde decken'. Eigentlich betrechen zu mhd. trechen .ziehen“19), g hat bei Gruber oft den Lautwert ch: vgl. Mädgen bei Docke oder Mährling. biet, es hat biet ,es hat Zeit': Zeit. N ur fränkisch20), e langi Biit Oberscheffl. biezeli ,ein wenig“: Heute in dieser Form nur noch fälgen ,hacken“ (felgen): in Mittelbaden häufig, auch für das zweite (tiefe) Pflügen; im Ostfränki im Süden21). boden kniets ,ein tauge nichts“, kniets aus mhd. kein schen hat sich diese Bedeutung durchgesetzt, so nütze, knitz. Vergleich mit ,Boden“: bodenböse, Schwäb. Hall31). fe m d , voriges Jahr':vg\. Firn(schnee), Ferner (Glet bodenfaul, bodenletz22). scher)32). bogen käez ,ein Hängkorb“. Vgl. unten kaez. buhetli ,kaum v ix “(lat. vix dient zur Erläuterung fere gehn ,hervor gehn“: aus füre-gehn33) ; gei färre von ,kaum‘): Das Stichwort ist weder in alten noch in Oberschefflenz. in neuen 'W örterbüchern verzeichnet. Rhein, buhei die fräle ,die Grosmutter': Gegensatz Herrle, s.d. mit Adj. buheilich kommt aus sprachgeogr. Grün Beachte das weibl. Geschlecht der Verkleinerung; den nicht in Frage; auch deckt sich die Bedeutung eigentlich .Fräulein“. Stufenweise Entwicklung des (Kleinigkeit, leeres Gerede u.a.) nicht mit Abbaus des W ortes in Oberscheffl. zu beobachten. ,kaum“23). W ieder hilft die ostfrk. Nachbarschaft: bichenätle, bichenätlich findet sich bei Schwab. garben ,die Spelz schählen“: zu .gerben“, wie dieses Hall24), in der Form verschieden, in der Bedeutung von ,gar“. nahe: ,mit genauer N ot“. Das erinnert an frz. ä Gam geis ,ein Klinkel stock“: .Garnwinde“34), .Ge peine ,mit M ühe, kaum“. Die Spur führt zu einer stell zum Aufspannen und Abspulen des gesponne Reihe weiterer ostfrk. Belege, die das Schwab. Wb. nen Garns“ Oberscheffl. Klinkel = Klüngel (Wollunter ,bigenötig“ aufzählt25). Bedeutung: ,mit knäul). Mühe, k a u m “ ! buhetli unterscheidet sich davon gattig ,schicklich“: geschickt passend35), gading durch starke Zusammenziehung, die nur den An Oberscheffl. laut b- und die Endung bewahrt. D er Stamm in die gebeers gehen, in die Heideiberen u. dgl. gehn “. (,N ot‘) wurde ein O pfer der Übertragung des Kollektives ge- wie in Ge-birge, Ge-schwister. ostfrk. W ortes ins Südfrk. ,h“ in buhetli ist zu ver Ähnlich im Schwarzwald Gibär läse35a). gleichen mit ,hoch — hohe“, ,nach — nahe“; u er geheuen ,gereuen“: dasselbe W ort wie alemannisch klärt sich aus der Vortonigkeit: Aussprache bu keien (ge-heien), fränkisch im Sinn von .ärgern“, aber mehr ,reuen“36). In Oberscheffl. um 1930 „sel hetli? burgunder,Dickrüben“: Name der Sorte in Baden tener“. gelde ,ein wasser zuber“: Kübel37). „Auf dem Kopf und W ürttemberg. getragener Kübel zum Wasserholen am Brunnen“ cremsen,klettern“: cremsen könnte zu Geräms (von Oberscheffl. ,Rahmen“) gehören26) und müßte dann gremsen genoten, nicht genothen ,nicht leiden, dulden“: geschrieben werden. Alem. chresme ,klettern“ oder kommt von mhd. genäden zu genäde .Gnade“38) kresle auf der Baar (zu mhd. kresen .kriechen“) und ist hier in der alten mundartlichen Form ge braucht, nicht in der kirchlich-schriftsprachlichen lassen sich weniger leicht heranziehen. cumlich ,bequem“: Auch hochdeutsches ,bequem“ Lautform. In der Bedeutung .ausstehen“ O ber gehört zu kummen .kommen“; chumlig .bequem“ scheffl. geits, was geits ,was ists, was giebts“: schon mhd. giaus Lörrach belegt27). docke ,ein M idgen puppe“: W eithin belegtes W ort bit zu git ,gibt“. für ,Puppe“, fehlt 1930 aber in Oberschefflenz28). geziefers ,Haus geflügel“: ,die kleinen, nützlichen drühe ,eine Kist“: unser W ort .Truhe“, das auch in H austiere“39); ,Feder- und sonstiges Kleinvieh“ Oberscheffl. Vgl. bei Schwäb. Hall Ziifer .Feder Oberscheffl ohne Umlaut erscheint. dunderts ,verflucht“: .D onner“ in Flüchen häufig, vieh, auch Geißen, Schafe“40). aber nicht in der Frageform; dundere .donnern“ glumben ,weiser Kaes“: heute .Klumpen“; ungemit nd ist im Süden häufiger als im N orden, doch formter weißer Käse, Q uark41). verlangt die Gruppe -nr- einen Gleitlaut. So in glumsen ,verborgen brennen“: .unter der Asche glü hen“42). Fehlt in Oberscheffl. Adelsheim28a). duselen ,schlummern“: wie heute allgemein. godige, kein godiges m ahl,nicht ein einziges mahl“: Ehschwing ,was vom Hanf, Flachs abfällt“: Ä- häufiger gotzich .einzig“43), ge godes bisle ,aber schwinge .Abfall von geschwungenem H anf oder auch nicht ein bißchen“ in Oberscheffl. Flachs, gröbstes W erg“29) ,Eh(s)-‘ = Aas .Abfall“. Erbel,Erdbeeren“: im Südfränkischen weit verbrei gowedel,ein Schnee sturm“:ein ausgesprochen frän tet für die W alderdbeere; -bei dissimiliert aus -ber kisches W ort44). .Schneegestöber“ in Oberscheffl., während sonst als Bedeutung angegeben wird .Beere“. „wenns durcheinander regnet und schneit.“ Eresen ,Erbsen“. Ärese auch in Oberschefflenz. ehtun ,einerley“: aus Eintun30); in Oberscheffl. Ein gucke ,eine Krämer dute': Gugge .Papiertüte“45); noch weiter verbreitet ist Guckel. handel. 397 gumben ,löcber in der Bach': Gumpen ,tiefe Stelle im Wasser146); zu gumpen ,pumpen“; ,kesselartige Vertiefung in einem Bach“ in Oberscheffl. grosdein melde ,mentha crispa‘: das lat. W ort be zeichnet die Pflanze Krause M inze, die aber mit der links erscheinenden „Melde“ keine Verwandt schaft zeigt. Das Rätsel löst sich durch H. Marzells Pflanzennamen47): Deimenten ist eine Be zeichnung für die krause Minze; vielleicht lautete die Form in Mosbach „Deimelde“; daraus ent stand Grubers eigenartiges „dein melde“, das si cher ohne -n gesprochen wurde! „gros“ : wohl große Art. Hackel undpackel,alles zusammen': Aus jüd. hakol bakol48); mehr dazu Oberscheffl. häbern ,Haber sehen' (säen!). Auch in Oberscheffl. hämig ist das Wasser ,dem ufer gleich': zu Hamm ,Abhang, U fer“49); hemmi ,anschwellend, bis zum Steilufer reichend“ aus Lichtenau bei Kehl ent spricht in Form und Bedeutung Grubers W ort. Hampfel ,eine Hand voll': vgl. oben Arffel. Häptläger ,ein ring a u f dem K opf zu tragen': H aupt lege, ringförmiges Kissen, das sich die Frauen auf den Kopf legen, um schwere Lasten tragen zu können50). „Die Frauen trugen die Wäsche in einer ,Heblecke“ auf dem Kopf zur Bleiche“51). H ääblääg in Oberscheffl. Herrle ,der grosvater': vgl. oben Fräle. H äärle in Oberscheffl. Häerle bei Schwäb. H all52). hery ,lindt\ verschrieben für ,links“: heri ,links“ Fuhrmannsruf an Zugtiere (aus herhin?)53); häri Oberscheffl. heuer,dieses Jahr': fehlt in N ord- und Mittelbaden; das W ort gehört zu Jah r“ wie ,heute“ zu Tag54). Hoffert ,die H o f raith': Hofreite55); H ofert in Oberscheffl. Hosele ,eine Gans': sonst nicht belegt. W ohl zu hossen ,schaukeln“56), von der Gangart der Gans; (vgl. ,Entewackele“ in der Kindersprache.) Imbs ,ein Mittagessen': Imbiß, im Südfränkischen überall, heute allerdings mehr für eine Zwischen mahlzeit. Immes in Oberscheffl. Kaez ,ein Korb': vgl. oben Bogenkäez. Die Köze ist eigentlich ein Rückentragkorb, doch „im O den wald und an der Bergstraße heißt jede Art von W eidenkorb K äitz“57). K a ü t,Kappeskraut': Keid, mhd. kid58), ,Krautsetz ling“. „An Veit (15. Juni) setzt man die Keit“ Oberscheffl.59). Kaüt säen ,pflanzen säen': gemeint ist ,Pflanzen säen“. Vgl. Kaüt. Kolben ,grose Gläser': ursprünglich ,Keule“; der Arzt Gruber denkt wohl an die Gläser in der Che mie. Kums , Sauerkraut': sonst Kumst aus lat. compositus, mhd. kumpost. 398 läppern ,giesen‘: diese Bedeutung auch in Adels heim60), heute eher ,verschütten“, ,mit Wasser spie len“. lengen ,ziehen': mhd. lengen ,lang machen“. lorbel,verhärteter Unrath': lorbe ,Schafmist“ (Nekkarsulm), Lorber ,Kot des Wildes“61). Lärweli Adelsheim62). Matte ,eine Wiese': das W ort ist alemannisch und ist vielleicht vom schwäb. Süden importiert. In Oberscheffl. gibt es den Flurnamen ,Heum atten“; in Mosbach ist kein Flurname mit ,M atte“ zusam mengesetzt63). mährling die märling ,die mädgens': Erklärung des r bietet Määrle in Oberscheffl.: Mägde kamen vom Land in die Stadt. Einfluß von M ähre ,Stute“? mormorgen ,morgens früh': Zusammenziehung des doppelten ,morgen“. nächtzig ,des nachts': In Oberscheffl. nechtschi ,nächtens“. niemes , niemand': W ortbildung, die sich schrift sprachlich nicht durchgesetzt hat. nori mach dich nori ,eile, mache das du zu uns kommst“: nori ist kein Verb, wie ,eile“ vermuten läßt, sondern Steigerung von nahe, mhd. när ,nä her“ + Endung -ig, mundartl. -i. noere macha auch im Ostfränkischen64). pampen ,cacare‘, d.h. kacken. In der Kindersprache noch erhalten. So auch in Oberscheffl. plattenweis ,an einigen Orten': Oberscheffl. ,zeit weise, stellenweise“. rass, ranke ,ein böses Mädgen': zu mhd. rassen ,to ben“65); vgl. Rassel, ranke dürfte nicht die nord deutsche ,Range“ sein; eher verschrieben für randel ,Gassenläuferin“. Schnallen,sind die Kirschen, sie sind noch nicht zei tig': so auch in Oberscheffl. ,unreif gebliebene Kir schen“. Schröck, es leitet Schröck ,die grose Glocke lautet': die Schreckglocke, mit deren Läuten abergläubi sche Vorstellungen verbunden sind66). Sims ,das vorstehende an dem Fenster': es verwun dert, daß dieses schriftsprachliche W ort hier auf genommen ist. Söhnerin ,des Sohns Frau': das im Südfränkischen übliche W ort, das heute nur noch auf dem Land vorkommt. Tauben Kröpfgen ,Feldsalat', -kröpfe in O ber scheffl. trum ,ein End des Gams': die in der Schriftsprache verlorene Einzahl von .Trümmer“. Auch in O ber scheffl. untergestem ,vorgestern': fehlt in Oberscheffl. urtriz ,mislaunisch‘: mhd. urdriuze, -drütze .Unlust erregend“. Fehlt in Oberscheffl. vorsäez ,besuch, visite': die fränkisch-schwäbische Spinnstube67). W ängner, Wagner': Oberscheffl. Wägler. wecher ,wahrlich': Oberscheffl. weger (mit stimm haftem Reibelaut g). weffe ,ein H a s p e l das ostfränkische W ort ,Weife‘6S). mhd. wevel, wefel ,der Einschlag beim Gewebe“. der zehren ,der z e h n d e sowohl das Zahlwort als auch die Abgabe. Zährn in Oberscheffl.; zeernd Bruhrain69). zsendanne , zusammen“: Im Alemannischen ist z(s)ämme, zentumme, zentane zwar gut belegt70). Das W ort ist aber 1. auf den Süden beschränkt, 2. stimmt seine Bedeutung ,überall“ nicht zu ,zusam men“. Dieser Sachverhalt zwingt, eine selbständige Entwicklung im Fränkischen anzunehmen, etwa zesammt + annen71). O der sollte ,Zent“ (Gerichts bezirk, Gerichtsversammlung) im ersten Teil stekken? zundem essen ,zu 4 Uhr Essen': das alte südfränki sche W ort für heutiges ,vespern“, als Subst. und als Verb; mhd. ze undarn; von mhd. undermäl Z w i schenmahlzeit“ unterscheidet sich unser W ort durch das angewachsene z der Präposition; „zwi schen M ittag- und Nachtessen schiebt sich das Zundernessen ein, heute (um 1930) Vesper ge nannt: Brot mit Käse oder Klumpen (weißer Käse)“. Oberschefflenz72). * Bei der Beurteilung von G rubers A ufzeich nungen ist zu beachten, daß sie vor der V er öffentlichung der E ntdeckungen von Rask, Bopp und Grim m liegen; G ruber ist rund ein halbes Jahrhun d ert älter als diese. Sichtlich w ar er bem üht, der B ehörde in K arlsruhe seltsame W örter vorzusetzen, auch w enn de ren H erk u nft ihm nicht bekannt w ar; denken w ir nur an A dach, buhetli, G rosdeinm elde, häm ig oder Kum s(t). O bw ohl er sich bew ußt ist, daß es M und art w ö rter sind, hängt er ihnen ein schriftsprach liches M äntelchen um , so w enn er V erben wie Substantive m it der E ndung -en versieht. M erkw ürdig sind die Plurale auf -s wie Gebeers, G eziefers, M ädgens; er hat sie in M os bach nicht hören können. A uch seine Schrei bung ist m anchm al inkonsequent; so schreibt er B ogenkäez, aber kaez, dann w ieder V orsäez, offenbar K reuzungen von deutsch ä und Lat. ae. D er geographischen Lage von M osbach ent sprechend sind die m eisten W örter Süd- oder rheinfränkisch, andere aber ostfränkisch, wie sich m ehrm als beobachten ließ. W eniger er bringt das V erzeichnis zu r öfter erörterten Frage der V erw andtschaft zw ischen A lem an nisch und O stfränkisch (vgl. anschnauen, cumlich, biezeli, M atte). M undarträum e w erden m eistens durch ihren L autstand ab gegrenzt; durch den V erkehr überspringen die W ö rter leicht die L autgrenzen. So kön nen auch schwäbische W örter in fränkische U m gebung eindringen. Anmerkungen ') Generallandesarchiv Karlsruhe 166/140, Bl. 28v/29r. A. Frank, Wie sah es in Mosbach vor 180 Jahren aus? In: Bad. Heimat 1981, S. 283ff. 2) Sohn des Oeconomus et Provisor fisci acad. In: Matrikel der Universität Heidelberg, 4 (1903) S. 198 mit Anm. 2 und S. 202 mit Anm. 4. 3) E. Roedder, Volkssprache und W ortschatz des bad. Frankenlandes, dargestellt auf Grund der M undart von Oberschefflenz, New York 1936. Das W örterbuch S. 321 ff. Die Seitenzahlen sind nur in Ausnahmefällen angegeben. 4) Badisches W örterbuch, hg. von E. Ochs, K. F. Müller und G. W. Baur 1925 ff., Bände I und II, A -K und P, T , V; Bd. III bis Lief. 42. 5) Schwäbisches W örterbuch, hg. v. H. Fischerund W. Pßeiderer, Bd. 1—6b, 1904—1936. 6) Historischer Atlas von Baden-W ürttemberg, Karte XII, 7, bearbeitet v. H. Steger, 1981. 7) Frank (wie Anm. 1) S. 285. s) F. Meszmer, Alte Mosbacher Entwässerungsdo len. In: Rhein-Neckar-Zeitung Heidelberg (RNZ) 1974, 27. Febr. (mit Karte). A. Frank, Der M osba cher M arktbrunnen und seine Erneuerung, 1974 (mit Ausschnitt aus einem Archivplan der Attauchen). E. u. D. Brüche, Das Mosbach-Buch, 1978, S. 278. P. Waibel, Attauch, ein altes Mosbacher W ort, RNZ 1./2. 12. 1979, S. 33. 9) Abetuch. Urkunde (Mutscharungsbrief) des Speyrer Bischofs Raban von Helmstädt, 1420 (Pri vatbesitz). Freundl. Mitteilungen von G. Riederer, Hochhausen-Hassmersheim. 10) Oberrheinische Stadtrechte. I. Abt. Fränkische Rechte, S. 318: abeduchen. u ) K. Schramm, M ainzer W örterbuch 31966, S. 17. 12) Deutsches Rechtswörterbuch, Bd. 1, S. 418 f. W. Crecelius, Oberhessisches W örterbuch S. 17 f. Südhess. W örterbuch, Bd. 1, Sp. 13 f. StaubTobler, Schweizerisches Idiotikon I Sp. 165 f. Rheinisches W örterbuch I, Sp. 63 f. und andere. 399 13) Th. Frings u. G. Müller, Germania rom ana I (1966) S. 129; II (1968) S. 92f. 14) Bad. Wb. (wie Anm. 4) I 19 und 45. 15) I 47 und I 58. I6) I 60, 17) I 70. 18) W. Hampele, in: Heimatbuch Michelbach a.d. Bilz (1980) S. 402. 19) Bad. Wb. 1170, “ ) 1240, 21) 1239, n) 1279 23) Rhein. Wb. (wie in Anm. 12) I 1103. 24) Hampele (wie Anm. 18) S. 398. 25) Schwäb. Wb. (wie Anm. 5) 1, 1169. 26) Bad. Wb. II 369, 27) I 149, 2S) I 492. 28a) H. Mangold, Die M undart von Adelsheim (1930), S. 25. 29) Bad. Wb. I 74, M) I 867. 31) Hampele (wie Anm. 18) S. 399. 32) Bad. Wb. 87, 33) II 258, 33a) II 270, 2, M) II 294, 35) II 301, 35a) I 134 (Beere), *) II 326, 37) II 355, 38) II 363; Südhess. Wb. II 1405. 39) Bad. Wb. II 411. 40) Hampele (wie Anm. 18) S. 402. 41) Bad. Wb. III 172; vgl. E. Roedder, Das süd westdeutsche Reichsdorf in Vergangenheit und Gegenwart (1928) S. 331. 42) Bad. Wb. II 438, 43) Ebd. II 453, 44) II 455, 45) II 490, *) II 501. 47) H. Marzell, W örterbuch der deutschen Pflan zennamen III 152; Schwäb. Wb. 2, 138. 48) Bad. Wb. II 253, 49) II 544, 546; vgl. ebenhämmig I 622, M) II 578. 51) B. König, Heimatkundl. Zulassungsarbeit 1960 (Masch.) u. H. Schäfer, Flurnamen von Mosbach, 1962 (Masch.), S. 25 „Hebled“; dazu Häbleichet in Adelsheim: Mangold (wie Anm. 28a) S. 42 u. 49. 400 52) Hampele (wie Anm. 18) S. 399. 53) Bad. Wb. II 636, M) II 671, 55) II 570, “ ) II 772. 57) H. Schmitt, W einheimer W ortschatz (21981) S. 68. Bestätigt durch Bad. Wb. III 240, 1 b. 58) Bad. Wb. III 103. 59) Roedder, Reichsdorf (wie Anm. 41) S. 370. “ ) M angold (wie Anm. 28a) S. 35. 61) Schwäb. Wb. 4, 1285 u. 6, 2484, auf die mich G. W. Baur (Freiburg) freundlich hinweist. 62) Adelsheim (wie Anm. 28a) hat Lärweli ,mißra tene Obstfrüchte“. 63) König und Schäfer (wie Anm. 51). M) Hampele (wie Anm. 18) und Schwäb. Wb. 4, 1880. 65) K. Schramm (wie Anm. 11) S. 65. “ ) Schwäb. Wb. 5, 1134. b7) Bad. Wb. II 208. 68) Kluge-Mitzka 19848. 69) O. Heilig, F. J. Mones Bruhrainisches Idioti kon, in: Neues Archiv Heidelberg (1905) S. 166. 70) D ank für frdl. Mitteilungen von G. W. Baur, Freiburg. E. Ochs scheint für zentane die Ablei tung von Zent (Gerichtsbezirk, Gerichtsversamm lung) erwogen zu haben. Da Mosbach Sitz einer Zent war, hat diese Ableitung einiges für sich. Auch beim Antreten der Zentmannschaft könnte das W ort als Kommando gebraucht worden sein. 71) Bad. Wb. I 58. 72) Roedder (Reichsdorf, wie Anm. 41) S. 331. Mundartdichtung gestern Anfänge und Entwicklung der Mundartliteratur im badischen Frankenland Peter Assion, M arburg/W alldürn In M un d art zu dichten hat in Baden eine lange T radition, ja durch Johan n Peter H e bel und seine vielbew underten, zu r N achah m ung reizenden „A lem annischen G edichte“ (1803) gilt Baden geradezu als „W iege“ der gesam ten deutschen M undartdichtung: ein Ruf, der zum al für einheim ische H ebelN achfolger V erpflichtung w ar. D em großen V orbild folgend dichteten sie ihrerseits in der alem annischen M un d art oder übernahm en dessen T hem en, um sie recht früh auch schon im pfälzischen Idiom zu variieren1). D ie pfälzische M undartdichtung em pfing außerdem durch K arl G ottfried N adler (1809—1848) kräftige Impulse, so daß die be sinnliche D aseinsbetrachtung und das N aturund H eim atlob nicht allein vorherrschend blieben, sondern auch der hum orvollen D ar stellung m enschlicher Schwächen und V er hältnisse ihr R echt w urde. U m so m erkw ürdiger w irkt es da auf den er sten Blick, daß sich eine badische Landschaft erst recht spät dazu anregen ließ, die Szene badischer M undartdichtung m it eigenen Bei trägen zu bereichern: das Frankenland. Es sei „bisher auf diesem G ebiet verschw iegen“ gew esen, stellte 1933 H erm ann Eris Busse fest, um m it um so größerer Freude — Busse hatte das Frankenland gerade für sich und die Leser der „Badischen H eim at“ entdeckt — m itteilen zu können, daß „die letzten Jah r zehnte . . . auch der M undartdichtung im . . . badischen Frankenland Seelen erw eckt“ habe2). W arum so spät? D ie A ntw ort enthält Busses A ufsatz indirekt. W enn O denw ald, B auland und T aubergrund m it ihren land schaftlichen R eizen und kulturellen R eichtüm ern erst einem breiteren Publikum bekannt gem acht w erden m ußten, dann w aren sie vorher unbekannt oder gar verkannt und m ißachtet gewesen. D ann hatten es die Fran ken „von dahinten“ auch schw erer als andere B adener gehabt, Selbstbew ußtsein zu entw ikkeln und kulturelle Identität zu behaupten. Beides aber w ären G rundvoraussetzungen für eine blühende M undartdichtung gew e sen. D ichtung in der heim ischen M undart ist im m er auch Bekenntnis zu r angestam m ten Landschaft und ihrer B evölkerung und setzt regionales Selbstw ertgefühl voraus. D aran hat es im Frankenland lange gefehlt, was nicht Schuld der Franken w ar, sondern de rer, die entlang des Rheines von „badisch Si birien“ sprachen, sich über das „H interland“ erhaben fühlten und auch die alem annische und pfälzische M undart für schöner hielten als die D ialekte von jenseits des N eckarknies. V on der A bw ertung des O denw äldischen gibt es ein frühes Zeugnis. 1808 verfaßte der M osbacher Am tsphysikus D r. G ruber (geb. 1744) eine m edizinisch-topographische Be401 Schreibung des Physikats M osbach und E ber bach3), in die auch ein V erzeichnis von 86 D ialektw örtern — hochdeutsch glossiert — eingeschoben ist. M it diesem W örterver zeichnis kann m an im m erhin den Beginn der w issenschaftlichen B eschäftigung m it der O denw älder M und art datieren, und als kleine Sensation ist entsprechend die E ntdekkung dieser A ufzeichnung gew ertet w o r den4). E inleitend schreibt D r. G ruber jedoch: „unsere Sprach dahier ist äußerst hart, unm usicalisch“. U nd als M erkm al sprachlicher E igenart führt er an, daß das „s“ wie „sch“ gesprochen w erde. D aß im O denw ald und zum Teil im B auland ein H aus ein „H ausch“, eine G ans eine „G ansch“ und eine M aus eine „M ausch“ ist, hat in der T at etwas A uffälliges5) und w ird bis heute gegen den Franken gekehrt, vor allem mittels des Spott nam ens „G änschm auscher“, den K arl H o f m ann so erklärte: „D urch eine Z usam m en setzung der beiden im M unde des O stfran ken dem O hre des Pfälzers auffallend er scheinenden T iernam en ,G änsch‘ ( = Gänse) und ,M ausch“ ( = M aus) nannte der rhein fränkische P fälzer seinen ostfränkischen Bru der einen ,G änschm auscher“, d. h. einen, der statt Gäns und M aus ,G änsch“ und ,M ausch“ spricht. Eine W eiterbildung dieses W ortes ist der A usdruck ,G änschm auscherland“, der zu r näm lichen Z eit . . . gedieh“6), d.h. im 19. Jahrhundert, als „H interländer“ und P fälzer sowie Alem annen in den G arnisonen zu H eidelberg, M annheim , Bruchsal und K arlsruhe aufeinandertrafen7). Eine besondere Pioniertat bedeutete es vor diesem H in tergrund, ein längeres T extstück in fränkischer M undart zu veröffentlichen. Dies geschah durch die W ertheim erin A m a lie B aader (1806—1877), die in ihrer H eim at stadt den badischen Beam ten B ernhard Baa der (1786—1859) kennengelernt hatte und diesem nach K arlsruhe gefolgt w ar, w o Baa der seit 1832 als Finanzrat w irkte8). In seiner Freizeit betätigte sich B ernhard B aader eifrig als Sagensam m ler, was ihn m it Franz Joseph 402 M one in V erbindung brachte, der im „A nzei ger für K unde der teutschen V orzeit“ V o rab drucke dieser Sagen veröffentlichte. Amalie B aader aber schrieb ein Stück in W ertheim er M undart, das M one innerhalb einer Serie „Teutsche M und arten“ abdruckte9). Es hat ein H ochw asser zu W ertheim zum T hem a und läßt die E inw ohner ihre B estürzung äu ßern über die Gefahr. D och auch erste zaghafte V ersuche, in der fränkischen M undart zu reim en, gab es schon zu dieser Zeit. Sehr beliebt ist bis heute in W alldürn ein M undartgedicht, das die „H anneischaft“, d .h . den H ausierhandel, der „D ü n n er“ (W alldürner) beschreibt: das H e r um ziehen m it selbstgefertigten Z ucker- und W achsw aren und das beredte A npreisen die ser A rtikel, von deren V erkauf einm al ein G roßteil der B evölkerung lebte10). Dieses G edicht w urde gerne bei heiteren Anlässen — auf H ochzeiten oder bei Fastnachtsvergnü gungen — vorgetragen und ist nur abschrift lich, nicht gedruckt w eitergegeben w orden, w obei als V erfasser V iktorin Kieser verbürgt w urde: ein junger W alldürner, der dem nach als erster „M undartdichter“ des Frankenlan des gelten darf11). K ieser (1835—1854) w ar der Sohn des K aufm annes und B ürgerm ei sters Felix A nton K ieser und besuchte — ehe er als noch nicht Z w anzigjähriger einer K rankheit erlag — das Gym nasium zu T au berbischofsheim , w o er auch seine M undartverse zu Papier gebracht haben soll. Sie seien hier nach einer A ufzeichnung von 1936 im H eim atm useum W alldürn w iedergegeben: Die Dürm er u ff der Hannelschafi. ,S ‘ is doch e luschdis Völkle M it der M anne uffem Kopf, Un ihm H iem el trübt ke Wölkle, Laufe dun se w ie en Dopf. Sunnestäche, Stormwind, Rächeweeder, Alles dud en nix, U ff de M arkt geh’n se m it Leeder, Schwöfelhölzli, Stiffelwix. Do w erd g ’s chmuust un do w erd g'hannelt, Früh un spood, an em Stück fort, Un w enn eens nit w eit d ’v ou w annelt Ruffe sem m it lautem W oort: O herzier Vedder, geht doch haare Un kaaft mer a e Lebküchle aab. Z w ä fo r ’n Kröizer, wolfle Waare, Fascht zu gäw w e net erlaabt. Alles könnt V vun mer häwwe, Feini Wackschtöck, grouß un kleen. Bildli konn i jedem gäwwe, Haasche, K ühli m it vier Been. Schühli, Schtrümpfli, schöni Herzli, Zückerli, Hünggeli, Schtörch un Gensch, Sechsers, Batzes, Kröizers Körzli, Fedderbücksche, Rouschekränz. For en K röizer fuffzich Schijfli, Schießerli kriegt ’r zw anzig mehr, Un des gäw w i öich schriftli, Schmakke dun se öich re-icht sehr. Drüm m ge-iht her un kaaft recht fläßli, Schenke du i ’s öich fors Geeld — Geeld fo r ’n Kaffi, un dann räs’ i W idder nei die Dürm er Weeld.12) Viktorin Kieser aus Walldürn als Gymnasiast 18 52 in Tauberbischofsheim. Er verfaßte das offenbar erste Gedicht in badisch-fränkischer Mundart: „S’is doch e luschdis Völkle . . . “ (Silhouette in Besitz von W. Kieser, Heilbronn). Repro: H. W. Strobel (M anne = T ragkorb; D o pf = Kreisel; w ol fle = w ohlfeil; Schiffli, Schießerli = ein W alldürner Anisgebäck.) M öglich, daß der Erfolg dieses Gedichtes Kieser erm untert hätte, noch w eitere m und artliche M ilieuschilderungen zu verfassen, wenn er nicht so früh gestorben w äre. An sei nen V ersen gefielen Reim und R hythm us in ihrer unkom plizierten V erbindung m it W ö r tern und Sätzen der Alltagssprache: V er gleichbares w ar im Frankenland noch nicht gehört w orden, und so nim m t es nicht w un der, daß „D ie D ürm er uff der H anneischaft“ auch außerhalb W alldürns auf Interesse stie ßen und etw a auch in Buchen gerne öffent lich vorgetragen w urd en13). A rtverw andt w ar ein anonym es G eburtstagsgedicht von 1872 in K önigheim er M undart, in dem allerhand schm ackhafte G enüsse, „Q uätscheblaaz“ (flacher Zw etschgenkuchen) usw., beschrie- ben w urden und das im Septem ber 1919 in den „Fränkischen B lättern“ abgedruckt w urde: einer H eim atbeilage zum „B auländer B oten“ (Adelsheim ), in der K arl H ofm ann (vgl. unten) der fränkischen M undartdich tung seit 1919 ein Forum gab und seit dieser Zeit auch eigene M undartbeiträge ab druckte. H erm ann Eris Busse hat später einen schar fen T rennungsstrich gezogen zw ischen „den auch im Frankenland nicht seltenen m und artlichen R eim ern von W itzen und Pasquil len“ einerseits und D ichtern, die sich „w ür dig den besten N achfolgern des klassischen M undartdichters Johann P eter H ebel“ an reihten14). D am it deutete er zum indest an, daß es ältere G ehversuche einer fränkischen M undartdichtung gab, und außer Kieser bleibt hier vor allem noch der B uchener 403 A dam B auer (1820—1899) zu entdecken, der um 1870/80 eine flotte Feder führte und es zu beachtlichen E igenleistungen brachte, die nicht nur an H ebel gemessen w erden sollten. B auer w ar H um orist, aber einer m it politi schem A nspruch, der m it M undartgedichten in den badischen K ulturkam pf eingriff und seinen O denw älder L andsleuten — er selber hatte es zum badischen Justizbeam ten und 1872 zum A rchivar und B ürodirektor bei der zw eiten K am m er des badischen Landtags in K arlsruhe gebracht — im „L andesblättle“ ei nige liberale W ahrheiten gesagt zu haben scheint. D as erfahren w ir aus seinem G edicht „E R äs’ uf Buche“, w o er sein G edicht ,,D ’ Bum bje“ zitiert und den Buchener K ronen w irt wie folgt agieren läßt: „Adam geh je tz t nei da Bettle!“ — Sächt de Ludw ig — J a du Louscher, Dei Gedicht im Landesblättle Uber „ D ’ B um bje“ hots ganz Schtädtle Arg verzöm t, es is net kouscher. „D er Freckling“, sagesch, „treibt norr Schpuze Un w ill d ’ Buchemer Berger uze. “ baues und m acht sich über die Begeisterung der O denw älder lustig: D ’ Eischebohn! — je ß ’ M aria und Joseph mei Läuit! Sie kim m t jo w ie vom H im m el ra gschneit. V erletzen w ollte B auer m it seinem Spott frei lich niem and — das zeigt schon der U m stand, daß er sich als „Spazem orlesch A dam “ selbst zu einer Figur seiner G edichte m achte und sich und seinen B uchenem eine U rw üch sigkeit zuschrieb, die er im G runde bejahte. L etzteres vielleicht um so m ehr, als er Städ ter gew orden w ar und er sich bei der geisti gen „R äs’ uf Buche“ nur allzu gerne in das heiter-natürliche Leben seiner Jugend zu rückversetzte. B em erkensw ert ist, daß um die gleiche Zeit die M und art auch in die B uchener Lokalzei tung eindrang und die liberale R edaktion des „B uchener A nzeigers“ etwas ähnliches ver suchte wie Bauer: ihre Leser in ihrer ureige nen Sprache politisch anzusprechen. Das ge riet dann freilich zu r handfesten Satire, so w enn als „Folgen der W ahlvorbereitung“ V o r dem Z orn der Buchener floh B auer — je (der katholischen Partei, versteht sich) am denfalls seinem karikierend übertreibenden 16. Septem ber 1871 folgende Ü berlegungen G edicht nach — im N achtzug nach Bruchsal eines „schw arzen“ W ählers der L ächerlich zurück, um seiner Frau das Erlebte zu be keit preisgegeben w urden: „m er messe uns richten und ihr schelmisch in den M und zu an die Schw arze halte, sunscht sen m ir ver lohn t; dann die R outhe m ache uns lutterisch legen: in eme halbe Johr; dernochtert genn m ir uff Bettijeh! — Buschdeebli w ohr!“ (Bettijeh = „Des geiht w idder e schöi Gedichtle Bödigheim , evangelische Pfarrei). H arm loser Oder e Korreschpondenzberichtle las sich am 28. M ärz 1868 in der U nterhal G anz im Oudewälder Schtiel. “ tungsbeilage „Feierabend“ die „H eem kehr Vielleicht gelingt es noch, aus der T ages zw eer baulänner Schneppejäger vum O b end presse jener Jahre diese verschollenen M und strich“ : ein D ialog zw ischen Fritz und Jörg, artgedichte zu erheben und auch jenen geg die vergeblich auf die Schnepfenjagd gezo nerischen A rtikel im klerikalen „Pfälzer Bo gen w aren. Fritz: „D esch wesch der Teiwell, ten “ zu finden, auf den B auer in „E R äs’ uf wasch desch Jo h r m it de Schneppe isch!“ Buche“ anspielt. Allgem ein bekannt ist von Jörg: „N ergendsch in der gansche G egend ihm nur noch ,,D ’ Buchem er Eischebohn“15) kan Schuß!“ Fritz: „Jetsch dappe m er ebber — ein M undartgedicht zu r E röffnung der schunn siebbe O bend rausch und All nicht!“ neuen Eisenbahnstrecke 1887 von Seckach Jörg: „M öcht nur wische, w o die L uder über Buchen nach W alldürn. B auer beleuch stecke!“ In diesem Stil geht die U nterhaltung tet darin die V orgeschichte des E isenbahn w eiter, und die Eingew eihten w erden herz 404 lieh gelacht haben über die beiden Jäger, de ren M aul größer als ihr Jagdglück war. Zu ihrer eigentlichen H öhe führte dann Jacob M ayer (1866—1939) die B uchener M undartdichtung em por. M ayer w ar Inha ber eines T extil- und M odew arengeschäftes in der M arktstraße und gehörte der jüdi schen G em einde Buchens an16), von deren M itgliedern es in einem E rinnerungsbericht heißt: „D ie Juden m einer V aterstadt stellten ein solides kleinstädtisches B ürgertum dar, in jeder W eise verw achsen m it der übrigen Be völkerung, an den Freuden und Leiden des Gem einw esens lebhaft A nteil nehm end“17). Für Jacob M ayer galten diese Bem erkungen ganz besonders. E r liebte „sein B uchen“ wie kein zw eiter, ja galt selbst als „ein Stück AltB uchen“, dessen Stimme er in M undartge dichten und -liedern unverw echselbar zu G e hör brachte. Aus eigenem Erleben und in der ererbten „alten Sprooch“ schilderte er die B uchener V olksfeste: den Schützenm arkt, die „Faschenaacht“ (Fastnacht), ,,S’ Buchem er R odelfescht“18), und zw ar so, daß sich der m itreißende T rubel des M assengesche hens dem Leser oder H ö re r unm ittelbar m it teilt. D azu setzte M ayer den R efrain m it ein, unterlegte seinen T exten bekannte M elodien zum M itsingen, setzte in den einzelnen Stro phen treffsichere P ointen und verw andte w eitere Stilm ittel, die in der M undartdich tung neu w aren. In seiner Ballade „Bleckers H eim kehr“, die den V erkauf und R ückkauf des Buchener W ahrzeichens beschreibt, kon trastiert er zum Beispiel in w itziger W eise H ochsprache und M undart und läßt einen C hor — V olkes Stimme — sarkastisch die M ißgriffe kom m entieren, die der arm e Blekker zu erleiden hatte: Eine rohe W ildnis N a n n t’ man sein Bildnis! Weichen m ußt’ er solchem K unstgezänk! (Chor:) O ! Kriech die K rä nk!19) Zugleich gelangen M ayer liebevolle M ilieu schilderungen von heute auch volkskundli chem W ert: wie der B uchener „G änsch- Jacoh Mayer, Buchens großer Mundartdichter und Liedverfasser, aufgenommen 1887 von dem Bödigheimer Fotografen Martin Flofert (Ausschnitt aus ei nem Foto in Visitformat im Bezirksmuseum Buchen). Repro: Helm ut Brosch m arsch“ — als fastnächtlicher Straßenum zug bekannt — ursprünglich ablief, erfährt man am besten aus seinem G edicht „D ’ B uchem er Faschenaacht“. U nd dem B uchener Bezirks m useum , das er tatkräftig förderte, w idm ete er folgende V erse: Do feh lt Euich ke Duuch un ke Kleed un ke Dasche, ke Schtrouhnapf, ke Schüssel', ke Deller vun Zinn, ke Haube m it bräti Bändermasche, ke Leinegebilds in de Truhe dinn. Do feh lt euich ke Diesch un ke Schtuhl un ke Bänkle, 405 ke Löffel, ke Gabel, ke Krug un ke Glaasch, ke Spinnrad, ke Uhr, ke Schrank un ke Schränkle, ke Zuber, ke Zädne, ke Stütze, ke Flaasch .. .20) D ie völlige Identifizierung m it seiner klein städtischen U m w elt — vielleicht darf m an so gar von Ü beridentifizierung sprechen und von hier aus auf die T ragik jüdischen Schick sals reflektieren — konnte M ayer freilich nicht von sehr bitteren E rfahrungen gegen E nde seines Lebens bew ahren. Zu Beginn der dreißiger Jahre w ar er gezw ungen, sein G e schäft aufzugeben. E r geriet in m aterielle N o t, und als sich in der N azi-Z eit die aus weglose Lage der Juden abzuzeichnen be gann, setzte er seinem Leben selbst ein Ende. H atte sich Busse 1933 einen H inw eis auf Ja cob M ayer versagt, so verzeichnete ihn im m erhin noch 1939 W ilhelm E. O eftering in seiner „G eschichte der L iteratur in Ba den“21), und dies, obw ohl M ayer hauptsäch lich für sein B uchener Publikum geschrieben und nicht den A nspruch erhoben hatte, auch draußen im Ländle B eachtung zu finden. Die m it ihm etw a gleichaltrige W ertheim erin R osa M üller (1869—1944)22) sprach im „W ertheim er Jahrbuch“ einen größeren Le serkreis an, und so nim m t es auch nicht w un der, daß bei ihr R eflexionen über die so ei genartige fränkische M undart w iederauftau chen und deren V erteidigung den Inhalt ei nes ganzen G edichtes ausm acht: M ir Leut vom boodische Frankeland, Do hinne om M aa- und Dauwerschdrand, M ir how w e sou e ganz eicheni Schbrooch, Un die, die mecht uns sou leicht kaans noch: E w eni bräät, un e w em lang — s werd manchem, w enn er sie hört, ganz bang; O w w er urgemüdli, un voller W itz, Un voller Humor, un losie Schnitz, Un e „li“ und e „le“ henkt oft hinnedroo, Drüm hört sich die Schbrooch sou ganz haali o //3). D en entscheidenden B eitrag zum unbefange nen U m gang m it der M undart und zum A b bau von H em m ungen bei deren literarischem 406 G ebrauch scheint jedoch die M und artfo r schung geleistet zu haben. Bei der w issen schaftlichen B etrachtung der V olkssprache hatten K ategorien wie „schön“ und „un schön“ natürlich keine G ültigkeit, und diese W ertfreiheit w ar nicht nur A rbeitsprinzip in den G elehrtenstuben, sondern w urde in den 1880er Jahren auch in die Breite verm ittelt. Seit 1876 bereitete G eorg W enker (1852—1911) in M arburg den „D eutschen Sprachatlas“ vor: ein gewaltiges w issen schaftliches U nternehm en, das mittels ver schickter Fragebogen M undartm aterial aus dem ganzen deutschen Reich erhob, um dann auf synchronen K artenbildern die V er breitung von lautlichen und syntaktischen E rscheinungen zu dokum entieren. H atte das U nternehm en zunächst nur Preußen und die angrenzenden G ebiete N o rd - und M ittel deutschlands erfaßt, so w ar die Fragebogen verteilung 1886/87 auch auf Süddeutschland ausgedehnt w orden24). B erühm t w urden so auch hier W enkers 40 Beispielsätze: um ver gleichbares M aterial zu gew innen, w aren von den H elfern — m eist Schullehrer oder örtliche H o noratioren — diese im m er glei chen Sätze m it zusam m en 339 W örtern in die O rtsm undart zu übersetzen, und wie etw a B ürgerm eister W ilhelm H ildenbrand (1828—1919) in W alldürn diese A ufgabe m eisterte, ist in der Zeitschrift „A lem annia“ nachzulesen, w o im A nhang zu H ild en brands „V olksüberlieferungen von W all d ürn“ diese Sätze in „D ürm erisch“ abge druckt sind25). D iese „V olksüberlieferungen“ in der „Ale m annia“ verdankten sich einem zw eiten Fra gebogen-U nternehm en: der U m frage zu r ba dischen V olkskunde, die 1894/95 von den Freiburger G erm anisten Friedrich Kluge, Friedrich Pfaff und E lard H ugo M eyer im G roßherzogtum veranstaltet w urde26) und ebenfalls — w enn auch im R ahm en eines grö ßeren, volkskundlichen K onzeptes — nach m undartlichem V olksgut forschte. W ährend das beim „Sprachatlas“ eingegangene und seit 1926 auf K arten veröffentlichte M aterial heute vom „Forschungsinstitut für deutsche Sprache“ der U niversität M arburg/L ah n ver w ahrt w ird, liegt ein G roßteil der Fragebo gen-B earbeitungen, die Kluge, Pfaff und M eyer gesam m elt haben, daher in der A r beitsstelle des Badischen W örterbuches an der U niversität Freiburg i. Br., um für dieses große Standardw erk ausgew ertet zu werden. Im V o rw ort zum ersten Band des „Badischen W örterbuches“, das 1925 zu erscheinen be gann, betonte der langjährige B earbeiter und H erausgeber E rnst O chs entsprechend: „D en G rund zu diesem W erke legte Fried rich K luge, als er 1894 zusam m en m it E. H . M eyer und F. Pfaff jene volkskundliche U m frage ins Land schickte, deren B eantw ortun gen auch für den W ortschatz reiche Beute ergaben“27). Im Gefolge dieser B estrebungen belebte sich auch die regionale M undartforschung — im Frankenland wie anderw ärts — und, wie an gedeutet, der literarische M undartgebrauch. Die K leinform en m undartlicher „V olkspoe sie“ — Sprichw örter, Scherzsprüche, T a n z liedchen usw. — w urden aufgezeichnet und um größere Stücke m undartlicher Prosa er gänzt, die die V erfasser selbständig gestalte ten, um dam it bestim m te O rtsm undarten zu dokum entieren (analog zu den W enkerschen 40 Sätzen und in später, freilich unbew ußter N achfolge Am alie Baaders, vgl. oben). H eute erfüllen T onband-N achschriften die sen Zweck. D a jedoch um 1900 noch keine m odernen H ilfsm ittel zu r V erfügung stan den, w ar im m er auch der literarische Ehrgeiz der A utoren m itherausgefordert. So kam etw a durch Professor Emil Schm itt (1858—1947) ein K abinettstückchen solcher Prosa zu Papier: ein Erlebnis m it dem sagen haften „w ilden H eer“, verfaßt in der H ettinger H eim atm undart Schmitts und bis heute im m er w ieder nachgedruckt28). Sagen und M ärchen lieferten den bevorzugten Stoff zu solchen Textstücken. V on Schm itt gibt es auch eine m undartliche G estaltung des M är chens vom W olf und den sieben G eißlein („D r W olf un di süwe Dsigeli“) im A nhang zu seiner allerdings ungedruckt gebliebenen „G ram m atik der M undart von H ettingen“29), w ährend A ugusta B ender (1846—1924) aus O berschefflenz in ihre L ebenserinnerungen einflocht, wie das „H ennele“ an einem „Piepskörnle“ starb und das „G ökele“ dann „m it ’m uff K uppelishause g’fahre (isch), um es begrabe z’ losse“ : eine V ariante des G rim m schen M ärchens „V om T ode des H ühnchens“ in B auländer M und art30). U m die Sam m lung solcher T exte, um eine system atische E rforschung der fränkischen D ialekte und auch um die Pflege der gereim ten M undartdichtung m achte sich seit den 1890er Jahren dann ein M ann verdient, der heute zu U nrecht vergessen ist: Professor O tto H eilig (1865—1941). Z w ar w ar er nicht der erste, der als Franke eine w issenschaftli che Arbeit zu r fränkischen M und art vor legte. D ieser R uhm gebührt H . Breunig mit seiner T auberbischofsheim er Program m schrift „D ie Laute der M undart von Buchen und dessen nächster U m gebung“ von 1891. O tto H eilig w ar dafür jedoch ein G elehrter, der sich für Jahrzehnte der M und artfo r schung verschrieb und darüber hinaus die O rtsnam enforschung und die V olkskunde bereicherte, und zw ar in ganz Baden31). H ei lig entstam m te einer W alldürner B eam tenfa milie. E r w ar wie sein V ater, der Am tsrevi dent H erm ann H eilig, in W alldürn geboren w orden, doch später dann — w ohl aufgrund einer V ersetzung des V aters — nach T auber bischofsheim verzogen und m it dem T auber länder D ialekt aufgew achsen. Als Lehram ts anw ärter w idm ete er diesem D ialekt seine er ste w issenschaftliche Arbeit: eine „Laut- und Flexionslehre der Tauberbischofsheim er M un d art“ (1889/90), die er als Facharbeit einreichte und überarbeitet als „G ram m atik der ostfränkischen M und art des T aubergrun des und der N achbarm undarten“ 1898 ge druckt erscheinen ließ32). H ier findet sich Seite 194—198 eine ganze Sam m lung m und artlicher T extproben nach der V olksüberlie ferung, nach Emil Schm itt, H . Breunig u. a. Insbesondere aber darf die G ram m atik als 407 Josef Dürr, Mundartdichter aus Tauberbischofsheim und Hauptrepräsentant der badisch-fränkischen Mundartdichtung, nach einem Foto von 1914, das Hermann Eris Busse 1933 in der „Badischen Hei mat“ erscheinen ließ (S. 3). Repro: H. W. Ströbel Standardw erk badisch-fränkischer M und art forschung gelten, w o erstm als — ohne daß auf um fänglichere V orarbeiten zurückgegrif fen w erden konnte — ein G esam tüberblick über die L autentw icklung vom M ittelhoch deutschen bis zu den um 1900 im Franken land gesprochenen D ialekten gegeben ist. H eilig gab dazu noch gesonderte „Beiträge zu einem W örterbuch der ostfränkischen M undart des T aubergrundes“ heraus (1894) und blieb als Lehrer in K enzingen, R astatt, K arlsruhe und M annheim der Sprach- und H eim atforschung verbunden, ja auch noch im R uhestand, den er bis zu seinem T od 1941 im Spital in W alldürn verbrachte. 408 W as die M undartdichtung betrifft, so liegt H eiligs V erdienst in der Förderung, die er dem W erk des T auberbischofsheim er D ia lektdichters Josef D ü rr (1877—1917) ange deihen ließ: des bekanntesten und geschätz testen der fränkischen A utoren, die in M und art schrieben und die dann auch die (oben zi tierte) W ertschätzung Busses errangen. D ü rr schrieb eine V ielzahl meist um fänglicher M undartgedichte, ohne sich noch selbst um deren D ruck küm m ern zu können: 1916 w urde er zum Kriegsdienst eingezogen und m ußte bei Paschendaele in Flandern 1917 sein Leben lassen. Sein W erk w äre w ohl erst spät oder nie ans Licht gekom m en, hätte sich nicht O tto H eilig darum geküm m ert. V on der W itw e D ürrs übernahm er dessen reich haltigen N achlaß und gab schon bald nach dem K rieg die G edicht-A usw ahl „Schlehe un H asselnüß“ (C am burg/Saale 1919, 2. Aufl. 1951) heraus. U m D ü rr in ganz Baden und insbesondere bei den M itgliedern des Lan desvereins „Badische H eim at“ bekannt zu m achen, ließ er 1920 in der Reihe „V om Bo densee zum M ain“ die W ürdigung „Josef D ürr. Ein neuer badischer D ialektdichter“ folgen. D iese Schrift enthält fünf w eitere G e dichte D ürrs und einleitend einige Bem er kungen zu seinem Leben, zur E ntstehung seiner D ichtung, zu deren T hem atik und zu deren Sprache, w obei O tto H eilig u.a. schrieb: „D ürr ist ein trefflicher Schilderer echten Bauerntum s und kleinbürgerlichen W esens. D ie A rt seiner D ichtung erinnert an die des Pfälzers N adler. W ie diesem , ist auch ihm die D arstellung des V olkes in seinem D enken, seinem Leben, seiner A usdrucks weise H auptziel. D aher verw endet er auch nur einheim ische, volkstüm liche, vielfach hu m oristisch gefärbte Stoffe; er bietet kein W ort, kein Bild, keine R edensart, die nicht bodenständig w äre“33). W ir erfahren aus dieser W ürdigung aber auch, daß D ü rr an seiner H eim atm undart zeitweise „aus w issenschaftlichen G ründen“ ein Interesse hatte, und dies legt die V erm u tung nahe, daß H eilig und D ü rr schon länger m iteinander in V erbindung standen und daß es H eilig als der ältere gewesen sein könnte, der D ü rr in diesem Interesse bestärkte. Beide w aren ja T auberbischofsheim er: H eilig durch den W ohnsitz der Familie, D ü rr als in Tauberbischofsheim geborener B auernsohn. U nd beide w aren im Lehrberuf: D ü rr zuletzt als R ealschuldirektor in Sinsheim. Persönli che und fachliche B erührungen sind als si cher anzunehm en, und m an m öchte folgern, daß H eilig dann D ü rr auch die poetische Richtung wies, die ihm selber — dem streng sachlichen W issenschaftler — zu gehen ver sagt war. Z um indest dürfte H eilig einer der ersten Leser D ürrscher G edichte gewesen sein und durch seinen Beifall den Landsm ann zum W eiterm achen erm utigt haben. D as V orbild D ürrs blieb dann sicher nicht ohne Einfluß auf H ans A nton Sack (1889—1966) aus K önigshofen, der 1923 sei nen G edichtband „Aus H erz und H eim at“ vorlegte34) und erstm als auch Spieltexte im T aubertäler D ialekt verfaßte35). U nd es dürfte ebenso die B oxberger W ilhelm K raft36) und K arl H o fm ann37) und den Laudaer Karl R eichert38) bestärkt haben, sich dem Kreis fränkischer M undartdichter zu zu gesellen und ihre teils besinnlichen, teils derb-fröhlichen V erse zu verfassen. N im m t m an noch den K rautheim er R udolf W eber39) und A dolf W eber aus Fahrenbach im Kreis M osbach40) hinzu, so konnte nun in der T at von einer „V erschw iegenheit“ des Franken landes auf dem G ebiet der M undartdichtung keine R ede m ehr sein: eine T atsache, der H erm ann Eris Busse auch dadurch R ech nung trug, daß er 1927 in „M ein H eim at land“ die neue fränkische M undartdichtung sich m it prägnanten Beispielen vorstellen ließ41). Eine ganze Reihe dieser A utoren verband bei ihrer Arbeit, was sich schon Jahrzehnte zu vor bei dem B uchener A dam B auer angekün digt h a tte : der w ehm ütige Blick zurück in die Jugendzeit und die Sehnsucht nach einer H eim at, die nicht m ehr selbstverständlicher Besitz, sondern oft nur noch E rinnerung w ar. Berufsbedingt lebten viele außerhalb des Frankenlandes. W ilhelm K raft, A dolf W eber und K arl H ofm ann w aren H auptschul- bzw. G ym nasiallehrer, H ans A nton Sack kam als Landw irtschaftslehrer und schließlich Ö k o nom ierat w eit herum . A ber auch für die O rtsansässigen blieben V erlusterfahrungen nicht aus, änderten sich doch im 20. Jah r hun dert die Lebensverhältnisse im m er schneller und m achten die H eim at frem d. D em M undartgedicht wuchs so die Aufgabe zu, das Bild der alten H eim at zu konservie ren und heim atliche W erte w eiterzugeben, von einem ausgew ogenen V erhältnis zw i schen M ensch und N atu r zu berichten und von der G eborgenheit in verläßlichen zw i schenm enschlichen B eziehungen. M it dieser A ufgabenstellung und T hem atik, die sich auch noch einige N achkriegsautoren — zu nennen ist vor allem Franz D ö hner aus D örlesberg42) — zu eigen m achten, ist die fränki sche M undartdichtung zu einem gewissen Abschluß gelangt. Ein neues K apitel ihrer Geschichte könnte beginnen, w enn sich jü n gere A utoren nun konsequent der G egen w art stellen w ürden: die M undart als „M e dium der L okalvernunft“ nutzend und den Blick in die Z ukunft gerichtet. Anmerkungen !) Vgl. Otto Heilig, Ein Gedicht in Stüberzenter M undart aus dem Jahre 1824, in: Mein Heim at land 14 (1927), S. 199-202. 2) Hermann Eris Busse, In der Stulpe des badischen Reiterstiefels, in: Badische Heimat 20 (1933) ( = Jahresheft „Das badische Frankenland“), S. 4—46, hier S. 15. 3) Vgl. A do lf Frank, Wie sah es in Mosbach vor 180 Jahren aus? „Moralische Topographie in Rücksicht der medicinischen Polizey“ des Physicus Dr. Gruber, in: Badische Heimat 61 (1981), S. 283-301. 4) Die Entdeckung der gesamten Topographie er folgte durch Dr. Paul Waibel, Karlsruhe, dem der Verfasser eine Fotokopie des bei Frank (wie Anm. 3) nicht abgedruckten Wörterverzeichnisses verdankt. Vgl. dazu den Beitrag Dr. Waibel in vor liegendem Heft. 409 5) Siehe dazu Kurt Wagner, Ein süddeutsches „Curiosum“, in: Zeitschrift für deutsche M und arten 18 (1923), S. 295 ff. 6) Karl Hofmann, Die Sagen des badischen Fran kenlandes, 1. Aufl., Beilage zum Jahresbericht der Humboldtschule Karlsruhe 1911, S. 43 f. 7) Siehe dazu auch M ax Walter, Der hintere Odenwald im badischen Volkshumor, in: Mein Heimatland 14 (1927), S. 321 f., der für „Gänschmauscher“ eine zusätzliche Erklärung gibt. 8) Zu Amalie und Bernhard Baader siehe Friedrich von Weech, Badische Biographieen, Dritter Theil, Karlsruhe 1881, S. 7—11. Ein Porträt Amalie Baa ders verwahrt das Mainfränkische Museum W ürz burg. 9) Anzeiger für Kunde der teutschen Vorzeit 7 (1838), Sp. 125-132. 10) Vgl. Joseph Geißler, Das Hausiergewerbe der Stadt W alldürn, in: Untersuchungen über die Lage des Hausiergewerbes in Deutschland, 5. Band ( = Schriften des Vereins für Socialpolitik, 81), Leip zig 1899, S. 121-144. u ) Die Erinnerung an Viktorin Kieser wurde in W alldürn mündlich weitergegeben. Zwei ältere Aufzeichnungen des Gedichtes besitzt das H ei matmuseum W alldürn. Davon ist eine ca. 1910 von Bürgermeister Wilhelm Hildenbrand niederge schrieben worden, der folgenden Nachsatz an schloß: „Dies Gedicht hat Victorin Kieser von hier, Sohn des Kaufmanns Felix Anton Kieser hier, als er auf dem Gymnasium in Tauberbischofsheim war, gemacht.“ Von 1936 stammt eine maschinen schriftliche (oben in unserem Aufsatz wiedergege bene) Aufzeichnung (von Rektor Hans Eckstein?), wo sich ein entsprechender Nachtrag findet: „Der Verfasser dieses Gedichtes ist Viktor Kieser, ein Onkel des jetzt (1936) noch lebenden Fabrikanten Viktor Kieser; die Entstehungszeit wird etwa 1870 (!) sein. Das eben Gesagte sowie die oben stehende Fassung stammt von Theodor Ehemann, der das Gedicht aus eigenem Wissen, dann durch seine Schwester Lina, auch durch Ida Claes & Sophie Ziegler kannte; die ihm von seiner Schwester zu gegangene Aufzeichnung hatte die Überschrift: Das M arkttreiben der W alldürner. Die vorseits stehende Überschrift hat er selbst gewählt. Das Grab des Viktor Kieser sei auf dem alten Friedhof in W alldürn, links vom Eingang.“ — Von Viktorin Kieser erhielt sich außerdem bei Fabrikant Viktor Krämer eine Silhouette. Sie ist jetzt in Besitz von W erner Kieser (Heilbronn), dem für die freundli che Erlaubnis zur Herstellung eines Fotos gedankt sei. Das Bildchen trägt die Aufschrift: „Victorin Kieser sm. Bruder Heinrich z. f. E. Tbischofsheim lten August 1852“. Dieser Bruder Heinrich (1831—1917) w ar später ebenfalls Bürgermeister von W alldürn. (Alle Daten nach dem Kieserschen 410 Stammbaum in Familienbesitz sowie nach den W alldürner Kirchenbüchern.) 12) In der mündlichen Überlieferung folgt eine Schlußstrophe, von der nicht sicher ist, daß sie zur Originalfassung gehörte. Sie lautet: „Ja sou is un war des Völkle / dapfer un ganz uuscheniert / sen se uff der Schossee marschiert / schöö mit Sicherheitsnoodel de Roock dressiert / daß die Beeschelitze net mit Dreeck verschmiert.“ 13) Mündl. Mitteilung von Frau Bertha Schwing, Buchen, 1965. w) Busse (wie Anm. 2), S. 15. 15) Abgedruckt in dem Stadtführer „Buchen und Umgebung“ von 1912, S. 27f., wo sich in dem Kapitel „Buchener Volkspoesie“ auch „E Räs’ uf Buche“ (S. 23—26) sowie Gedichte Jacob Mayers (vgl. unten) finden. — Von Bauer dürfte außerdem das mit „Ad. Br.“ abgezeichnete Gedicht „De Arn berg brennt“ stammen, das einen Schildbürger streich der Buchener beschreibt und im Dezember 1919 in den „Fränkischen Blättern“ gedruckt wurde (vgl. O eftering, wie Anm. 21, S. 169). Zur Tradition politischer M undartdichtung in Baden vgl. Oskar Hajfner, Vormärzliche politische M undartdichttung aus Baden (= Vom Bodensee zum Main, 4), Karlsruhe 1920. — Auskünfte zu Bauers Beamtenlaufbahn werden Frau Dr. Marie Salaba, Generallandesarchiv Karlsruhe, durch Brief vom 22. 4. 1983 verdankt. 16) Zu Jacob Mayer siehe Rainer Trunk, Die jüdi sche Gemeinde Buchen, in: 700 Jahre Stadt Bu chen. Beiträge zur Stadtgeschichte, Buchen/O den wald 1980, S. 83-98, hier S. 96. 17) Zitiert nach Trunk (wie Anm. 16), S. 95. ls) Stadtführer „Buchen und Umgebung“ (wie Anm. 15), S. 29—41. Nachdrucke in den „Buche ner National-Liedern“, einer ca. 1925 gedruckten Buchener Liedersammlung, sowie bei August Maier, Ein Repertoire Buchener Gemütlichkeit, in: D er W artturm, Neue Folge 4 (1969), Nr. 11. 19) Stadtführer „Buchen und Umgebung“ (wie Anm. 15), S. 36 f. 20) Zitiert nach Emil Baader (Hrsg.), Land und Leute des Amtsbezirks Buchen, Buchen 1928, S. 27. 21) Wilhelm E. O eftering, Geschichte der Literatur in Baden, 3. Teil (= Vom Bodensee zum Main, 47), Karlsruhe 1939, S. 169. 22) Vgl. ebenda, S. 169. Rosa Müller veröffent lichte von 1920 bis 1937 im Jahrbuch des Histori schen Vereins Alt-W ertheim e.V. M undart gedichte und mundartliche Prosastücke und gab die Sammlung heraus: Soondkörnli un Müscheli, W ertheim 1937. Über Rosa Müller und ihren ebenfalls in M undart schreibenden Vater Wilhelm Schneider (1841—1912) siehe Otto Langguth, Rosa Müller in memoriam, in: Jahrbuch des Histori sehen Vereins Alt-W ertheim e.V. für die Jahre 1948/49, S. 35-37. 23) Rosa Müller, Die W erdemer Schbrooch, zitiert nach dem Abdruck bei Kurt Bräutigam und Rudolf Lehr (Hrsg.), Landuff, landab. Lebendige M und art von der Pfalz zum Taubergrund, vom Main zur M urg (= M uddersprooch, 3), Karlsruhe 1981, S. 189. 24) Zum „Deutschen Sprachatlas“ und seiner Ge schichte vgl. die zusammenfassende Darstellung bei Viktor Schirmunski, Deutsche M undartkunde. Vergleichende Laut- und Formenlehre der deut schen M undarten, Berlin 1962, S. 70—82. 25) Wilhelm Hildenbrand, Volksüberlieferungen von W alldürn. Nach dem Fragebogen zur Badi schen Volkskunde aufgezeichnet, in: Alemannia 34 (1906), S. 255-279, hier S. 278 f. („Es folgen 40 Sätze in W aildürner M undart“.) 26) Vgl. F. Kluge, E. H. Meyer, F. Pfaff, Fragebogen zur Sammlung der volkstümlichen Überlieferun gen in Baden, in: Alemannia 21 (1893), S. 301 ff. D azu Peter Assion, Mosbacher Sagen um 1900, in: Badische Heim at 54 (1974), S. 363—374. 27) Badisches W örterbuch, bearbeitet von Emst Ochs, Band I, Lahr 1925/1940, Vorwort. 28) Zuerst bei Emil Schmitt, Sagen, Volksglaube, Sitten und Bräuche aus dem Baulande (Hettingen), Beilage zum Programm der H öheren M äd chenschule zu Baden-Baden für das Schuljahr 1894/95, S. 5 f. 29) Handschrift im Besitz der Arbeitsstelle des Ba dischen Wörterbuches an der Universität Freiburg 1.Br.; eine Fotokopie im Besitz des Verfassers. 30) Augusta Bender, Auf der Schattenseite des Le bens. Jugendgeschichte einer Autodidaktin, Ba den-Baden 1913, S. 29. Vgl. dazu die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm, Nr. 80. — Auch alle Ortsgeschichten, die seit den 1890er Jahren erschienen, enthielten nun einen Abschnitt über den „Volksdialekt“ (vgl. schon J. Berberich, Ge schichte der Stadt und des Amtsbezirks Tauber bischofsheim, ebenda 1895, S. 174 f.) und M und artproben, die gelegentlich als längeres geschlosse nes Textstück erscheinen. Vgl. etwa John Gustav Weiss, Geschichte der Stadt Eberbach am Neckar, 2. Aufl. Eberbach 1927, S. 452. 31) Heiligs sprachkundliche Arbeiten finden sich — wie auch diejenigen anderer fränkischer Autoren — verzeichnet bei Gerhard W. Baur, Bibliographie zur M undartforschung in Baden-W ürttemberg, Vorarlberg und Liechtenstein (= Idiomatica, 7), Tübingen 1978. 32) Leipzig 1898 als Band 5 der „Sammlung kurzer Grammatiken deutscher M undarten“, hrsg. von O. Brenner. Ein fotomechanischer Nachdruck kam in Wiesbaden 1969 heraus. 33) Otto Heilig, Josef Dürr. Ein neuer badischer Dialektdichter (= Vom Bodensee zum Main, 5), Karlsruhe 1920, S. 1. 34) Vgl. Emil Baader, Hans Anton Sack. Kalender mann und M undartdichter aus dem Taubergrund, in: Badische Heimat 39 (1959), S. 58—60; Oeftering (wie Anm. 21), S. 132. 35) Hans Anton Sack, Die Herbergssuche, ein Weihnachtsspiel, in: Mein Heimatland 14 (1927), S. 212-216. 36) Oefiering (wie Anm. 21), S. 169. Gedichte Krafts siehe u.a. in: Badische Heimat 20 (1933), S. 104, 281. 37) Karl Hofmann, Lieder und M ären aus dem Frankenland, Wertheim 1910; ders., Frankenland . . .! Lieder und Balladen, Karlsruhe 1932; ders., Dehaam is dehaam. Gedichte in der M undart des Umpfergrundes, Heidelberg 1938. Zu Hofmann vgl. Oeftering (wie Anm. 21), S. 132. 38) Vgl. Busse (wie Anm. 2), S. 15 f. 39) Rudolf Weber, Krauthemer Sprüch. Gedichte in Krautheimer M undart, Buchen 1927. 40) A dolf Weber, Gedichte und Prosas, Fahrenbach 1965. 41) Gedichte in rheinfränkischer (pfälzer) und ost fränkischer M undart, in: Mein Heimatland 14 (1927), S. 202—205. Die Sammlung enthält Ge dichte von Adolf Weber, Karl Hofmann, Josef D ürr, Karl Reichert, Wilhelm Kraft und Hanns Glückstein (Mannheim). 42) Franz Döhner, Heckenrosen. Bauern-Humor aus dem badischen Frankenlande, W ertheim o.J. (1949). — Es sei außerdem auf Anton Wittemann (Buchen), Rosa Bechtold (Götzingen) und Hanne Assion-Bausback (Walldürn) verwiesen. Im benach barten bayerischen Odenwald und am Untermain machte sich Fritz Ehescheid (Amorbach) einen an erkannten Namen als humoristischer M undart dichter. Siehe dessen Gedichtbändchen: D er la chende Odenwälder, Amorbach 1949; D er la chende Odenwald, Amorbach 1958. 411 N aturschutz W är’s immer Sonneschein, nord giengt’s Bei manche Knospe schiefer, D ie dähte ’s Opfer werre von Gar manchem Ungeziefer. E hißle trüb als, deß schad nix; E G ’w itter duht die Blüte, D ie junge, w ann-se’s auch verzaust, Vor Ungeziefer hüte. Naturschutzg’s etze macht der Mensch For Sommer un fo r W inter, Der liewe Gott, nach seinre A rt Sorgt der fo r seine K inder! Fritz Röm hildt-Rom eo (Aus: „Schwertlilie“) 412 Romeo — Fritz Römhildt, der,Klassiker' der Karlsruher Dialektdichtung Er streute Juckpulver in die Fächerstadt H ubert Doerrschuck, Karlsruhe Pünkdich jeden Freitag — es w ar anfangs der D reißiger Jahre — lieferte er auf der R edak tion in der Jollystraße das handgeschriebene M anuskript seiner W ochenendplauderei in K arlsruher M undart ab, der ,D ogd er D id ier“, dam als schon ein alter H e rr m it ange grautem V ollbart, sehr schlank, unauffällig, beinahe diskret und ohne viel W orte zu ver lieren, im äußeren Erscheinungsbild und in der stillen Schlichtheit seines W esens so gar nicht der volkstüm liche H um orist, als der er den K arlsruhern seit vielen Jahrzehnten schon galt, eher ein Poet, liebensw ürdig und gelassen, m it einem W ort: lächelnde A lters weisheit. Uns eben Zw anzigjährigen, die w ir m it A n fängereifer begierig die uns alles verheißende R edaktionsluft schnupperten, erschien er wie eine G estalt aus der V ergangenheit, der wir selbstverständlichen R espekt entgegenbrach ten. Schließlich w aren w ir m it seinen M usen kindern aufgew achsen, K arlsruher M usen kinder w ohlgem erkt, die nicht nach dem Parnass strebten, aber doch w ohl im badi schen G reifenhim m el, der zw ischen Frauenalb und M axau nicht ganz so hoch ist, gut aufgehoben w aren. W enn da von der R edaktion in der Jolly straße die R ede ist, so klingt das ein bißchen hochtrabend, denn aus m ehr als einem Zim m er mit drei Schreibtischen bestand diese pu blizistische B rutstätte nicht. M it der T ü r fiel einer gleich dem ,C hefredakteur“ in die H ände. D er „R esidenz-A nzeiger“ w ar ja auch nur eine kleine Z eitung. W as sie jedoch von den dam als noch bestehenden acht (!) anderen K arlsruher T ageszeitungen unter schied, das w ar ihre persönliche Färbung, ein beinahe fam iliäres V erhältnis zu ihren Le sern, geprägt von drei eigenw üchsigen P er sönlichkeiten, dem C hefredakteur Julius Beeser, einem streitbaren Liberalen, der gern und oft ins kom m unalpolitische W espennest stach, dem K ulturpolitiker und T heaterkriti ker A dam R öder, dessen Pseudonym „M onti“ w eithin über Baden hinaus G eltung hatte, und eben unserem ,D ogd er D iftler“, dessen W ochenbrief in der Sam stagausgabe K arlsruher Ereignisse hum orvoll w itzig glos sierte. V on allen dreien w ar er der populär ste, eine K arlsruher Institution geradezu, und hat m it seiner G ew itztheit, wie er den Briganten aufs gutm ütig lästernde M aul schaute, am m eisten dazu beigetragen, daß m an zum indest am Sam stag den „Resi“ lesen m ußte. D ieser D iftler streute Juckpulver in die Fächerstraßen, und ganz K arlsruhe schm unzelte, auch ,G roßherzog’s“ im Schloß, solange es sie noch gab. „Juckpulver“ w ar denn auch einer der T itel seiner beinahe jährlich erscheinenden G e dichtbände, m it denen er zum ,K lassiker“ der K arlsruher D ialektdichtung gew orden ist, freilich nicht als D iftler, denn die spötteln den R andbem erkungen zum Tagesgeschehen w aren für ihn nur eine, w enn auch reizvolle N ebenbeschäftigung, sondern als — Rom eo. U nd w enn er auch m it dem Titelhelden des Shakespeare-D ram as nichts gem ein hatte, zum indest nicht das Schm achtende und das Außersichsein des von der Liebe G etroffe nen, so hat er doch, wie der unsterbliche Liebhaber das T heaterpublikum , gleicherm a ßen alle B rigantenherzen erobert, ein K arls413 cherm aßen m it der M usik hatte es sein älte ster Sohn A dolf R öm hildt (1853—1934), K aufm ann und K onzertsänger, ein Freund Felix M ottls und begeisterter A nhänger R i chard W agners. D as M usische, das sich in der Familie so gut m it unternehm erischer T ä tigkeit verband, vererbte sich auch auf den jüngeren B ruder A dolfs, auf Fritz R öm hildt (1858—1933), K aufm ann und D ichter also, indessen als G ründer einer Furnierfabrik in der Sophienstraße, w o heute die LessingSchule steht, doch m ehr ,Faw rikant‘, wie er sich selbst einmal titulierte. Romeo, Fritz Römhildt ruher R om eo, um den niem and w einte, weil er alle zum Lachen brachte, was ja auch viel beköm m licher ist. W ie er auf das D ichter pseudonym R om eo kam , w eiß m an nicht m ehr, vielleicht als A bw andlung seines ei gentlichen N am ens: Fritz Röm hildt. D ie Röm hildts galten etwas in der badischen R esidenz, seit jenem Johann H einrich C hri stian R öm hildt (1726—1800), der, aus M ei ningen kom m end, 1750 als Steinhauerm ei ster in D urlach seßhaft gew orden w ar. V on drei E hefrauen hatte er 23 K inder. Das zw anzigste unter ihnen, der Sohn Johann Gabriel (1781—1860), kam schon im neuge gründeten K arlsruhe zu r W elt und brachte es als H ofschlosserm eister zu W ohlstand und R atsherrenw ürde. Auch der nächste R öm hildt in der G enerationenfolge, A dolf H ein rich R öm hildt (1826—1891), an den als Lan desschützenm eister auf dem Schützenhaus im H ardtw ald ein D enkm al erinnert, m achte sich als S tadtrat um K arlsruhe verdient, vor allem als Präsident der M usikbildungsanstalt um das m usikalische Leben der Stadt. Glei 414 R om eo hat also nie von seinen M usenkin dern leben müssen, ebensow enig wie sein Freund H einrich V ierordt, auch er, weil aus reichem B ürgerhaus, ein Poet aus Liebhabe rei. Eine solche existenzielle Sicherheit ge w ährleistet natürlich U nabhängigkeit, befreit auch vom Zw ang, produzieren zu müssen. U m so erstaunlicher Rom eos „Lebensw erk“, zw anzig handliche Bändchen, alle in m ehrfa cher Auflage, zum einen ein sprechender Be weis dafür, daß ihn die heim ische M use nicht nur gern und im m er w ieder geküßt hat, zum anderen die B estätigung, wie gut er bei seiner Leserschaft ankam , wie beliebt er w ar, als A utor wie als V o rtrag ender seiner eigenen Verse. A uch Leute, die für gew öhnlich kein Buch zu H and nehm en, es sei denn das Scheckbuch oder das T elefonverzeichnis, den R om eo kannten sie alle; er gehörte sozu sagen zu r Familie. So konnte er auch schon zu Lebzeiten sein eigenes ,D enkm al“ feiern, was doch nur w enigen D ichtern beschieden ist, als näm lich am 14. Juli 1914 auf einem W aldw eg im Albtal zw ischen Frauenalb, dem Som m ersitz R öm hildts, und H errenalb die „R om eo-R uhe“ eingew eiht w urde, eine Sitz bank auf einem Steinblock, errichtet vom Schw arzw aldverein. N atürlich hat R om eo auch darüber launig berichtet: G ar m ancher D ichter, der w erd g ’ehrt, D och duh t er’s net erlewe. Sie duhn em ’s D enkm al m eischdendheils Bis nach seinm D od uffhewe. D a lob ich m ir e’ D enkm al, wie Se neilich m ir ein’s g’w eiht henn, M it dem die H erre vom V erein V om Schw arzw ald mich erfreut henn. D o w ar ich w enigschtens dabei U n d weiss die E hrung z ’schätze U nd kann mich doch bei Lebzeit jez Schon uff mei D enkm al setze. D och net n o rr ich, a D am e, w o V om Schteige schw itze, D ie ruhe sich dort aus und duhn A uf m ein’re E hrung sitze. U rsprünglich ist R om eo m it reiner Lyrik an die Ö ffentlichkeit getreten, w enngleich auch schon zu A nfang m it hum orvoll satirischem Einschlag, etw a „H um oristische G edichte“ (1890), doch erst als er sich der D ialektpoe sie zuw andte, kam der D urchbruch. O ffen sichtlich hat er anfänglich selbst nicht so recht geglaubt daran, liest m an sein G edicht „D ’K arlsruher M und art“ : W as hab ich für mei M utterschprach Schon scharfe Lanze broche U nd m anchem fade, blinde Hess D en Schtahr im A ug drinn g’schtoche. Des w ar e G ’schäft, denn D ialekt In d ’G sellschaft einzuführe, W ie m anchm al sinn m ir g’schtanne als V o r g’schlossene Salondüre. Schtatt dass m er schtolz a uff e K ind, W o d’V aterschtadt erzeugt hat, D o hat m er d ’N as g’rüm pft, w o ich m it M eim Schützling mich gezeigt hab. Sprachlehrgang betitelte, w äre R om eo ein L okaldichter unter anderen geblieben, m undartlich w urde er der R om eo! Indem er dichtete, wie dem K arlsruher der Schnabel gew achsen ist, erhielten seine V erse ihre u r sprünglich durchschlagende Färbung, ge w annen sein H u m o r V olksnähe und seine Pointen das K urz und Bündige. W ie schlag fertig reagiert in „D ’Seelemess“ die resolute W itw e doch auf die M ahnung des Kaplans, der Seelenm essen für ihren V erstorbenen nicht zu vergessen: Ach, sagt die W itw e, H e rr K aplan, Ich hab e’ gutes G ’wisse, M ei M ann w erd in der H öll doch net Jetzt ewich brotzle miese. W eit iw er 1000 M ark hab ich For d ’M esse jetz schonn gewwe, U nn dofür sollt mei arm er M ann, Schonn lang im H im m el lewe. Ja, sagt der H e rr K aplan, er isch Em m H im m el schonn verschriew e, N o rr m it die Füss, do isch er halt N och in der H öll drinn bliewe. E ’ so e’ g’sunde M ess vielleicht, D ie kennt enn vollscht erlöse! D och leider isch die W itw e nett M it eiverschtanne g’wese. Sie sagt, H e rr Pfarrer, duhn se jo N e t vor mein M ann m ehr bitte, E r hat bei Lebzeit alleweil A n kalte Füss schon g’litte. So rechte gute w arm e Füss, Dess duht m ei’m M ann behage. W enns O w w erdheil schonn seelisch isch H enn d’Füss net viel zu sage! H ier irrte R om eo! Im H andum drehen, sa lopp ausgedrückt, bejubelten die K arlsruher seine Schützlinge und w aren stolz auf ihren M undartdichter, der das Erbe der K arlsruher M an sieht, R om eo und K arlsruher M utter D ialektpoesie von C hristoph V orholz, dem w itz sind identisch. B äckerm eister, dem D urlacher Ludw ig Eich G reift m an hinein ins pralle D ichterw erk, so ro d t und dem V erleger Friedrich G utsch zeigen viele T itel wie „Pfefferkörner“, w eitergeführt und, das darf m an w ohl sagen, „S’Spanisch R öhrle“, „Senfpflaschter“, „G ril zu einsam er H öhe gebracht hat. O hne sich lefänger“, „H ypochondergift“ oder „Sorge dem „B rigandedeutsch“ zuzuw enden, die brecher“ die Lust, den m enschlichen U n zu K urt K ranich seinen K arlsruherischen länglichkeiten im Privaten wie in Am t und 415 W ürden m it ironischem Spott zuleibe zu rükken, die anderen „L euchtkugle“, „T anne nadle“, „T autro pfe“, „W aldm eischter“, „Albtal-D ischtle“, „Sonneblum e“ oder „H erbst blum en“ seine N aturliebe und das G em üt hafte in ihm , aber nichts gerät ihm ins Senti m entale, ebensow enig wie ins Pathetische, gelegentlich allerdings ins Langatm ige, aber im m er bleibt er der schm unzelnde C hronist von M enschenunarten und U narten der Z eit läufte, einer, der kein B latt vor den M und nim m t, und doch nie verletzend. Sein Sinn spruch für „Pfefferkörner“ verrät etwas von seiner gem ütlichen Spottsucht: Ich hab’s zw ar P fefferkörner dauft, D och will es nix beweise, S’isch Pfeffer drin, doch braucht m er jo N e t glei uff d’K örner z ’beisse! U nd eines späteren Tages erhält er auch den üblichen O rden. D er M erw er isch nord in d ’A udienz Ins R esidenzschloss gange. D er G rossherzog, der hat enn glei M it H uld unn G nad em pfange. U nd hat enn g’fragt, was s’Rechle m acht U nn ob er nix hatt z ’klage N o rd fragt er’n noch, w arum er dann D enn O rde net däht trage? Sie henn gut rede H oheit, dess? Dess däht mei Frau net leide. D enn tragsch du nom m e, hat se g’sagt, Bei b’sond’re G ’legeheite! Die andere Lieblingsfigur R om eos kom m t von außerhalb, näm lich die Baas von Brette, eine rundum handfeste T ochter des Unheils beinahe, denn im m er w enn die Baas m it ih rem geräucherten Schinken als W egzoll und ihrem H an g zum M ondänen in den Fächer straßen auftaucht, ereignen sich K atastro phen, burleske natürlich. O hnehin hat es R o meo gern m it der Situationskom ik, aus der er schadenfrohes G elächter schöpft. U nd dann ist da noch die ,D an de‘ von D urlach, eine E rbtante, weshalb m an ihr m it M aßen höf lich begegnen m uß, aber eben doch eine, für die ,di H öll zu gut w är‘. O hnehin reibt sich R om eo gern an den D urlachern, den ,Letschebacher“, w enn er in der B iographie des alten M arkgrafenstädtchens zu dem R esultat kom m t: D as ist es, das G em ütliche. W ie es dem w ei chen, beinahe knochenlosen K arlsruher D ia lekt aneignet, so ist es auch versöhnlicher Teil des K arlsruher H um ors. U nd darauf verstand sich R om eo, w enn er seine L okal helden, den M erw er und den K arle Ochs auftreten läßt und sie durch die Unbill des Alltags und die Fährnisse des Ehelebens führt, denn dem M erw er seine M adleen ist ein ,M onschtrum ‘ und dem O chs sei Rösle ,e derre H ex“. Im m er sind sie in Schw ulitäten, mal verfeindete Freunde, mal K um pane durch dick und dünn, und im m er w ieder ge w innen sie Land, K arlsruher O riginale, in denen sich die Briganten selbst erkennen. R echt gern flicken sie dabei ihren Beam ten D er M elac h at’s dann abgebrannt am Zeug. So auch R om eo in der „O rdens- Bis uff de letschte Pfeiler, A udienz“ : S’w ar alles hin, n o rr eins w ar g’sund U nd dess sinn ihre M äuler! D er M erw er duh t als R echnungsrat Sei Pflicht im Schtaat wie jeder. W eit drastischer noch beschw ört er die ge W ie nord s’G edächtnis nachg’lasst hat genseitige Rivalität unter der alten und — Dess duht’s ja g’w öhnlich schpäter, neuen R esidenz im „V erdienten H im m el“, w enn eine K arlsruher Seele an die H im U nns s’rechle nim m e gange isch m elspforte klopft, von Petrus indessen auf D o hat m er dess erörtert die H ölle verwiesen w ird, w o erst einm al die U nn ihm zum O w w errechnungsrat Sünden abzubüßen seien. D a w ehrt sich die arm e Seele: W ie’s üblich isch befördert. 416 Ich hab bei G ott schon g’nug gebüsst, D erf ich denn nie genese! Ich hab e Fraa von D urlach g’habt, V on D urlach isch se g’wese. D a packt selbst den Petrus m itfühlendes E r schrecken und er läßt G nade w alten: K om m rei du arm e Seel, n orr schnell, M ir heile deine W unde. D enn w enn dei Fraa aus D urlach isch, H asch d’H öll schon üw w erw unde! Ü brigens gehört auch dieser Petrus als W ächter des Paradieses zu des D ichters Lieblingsfiguren. G ern und oft läßt er ihn auftreten, recht irdisch gesehen, ein H eiliger m it m enschlichen Schw ächen, als ob er E h renbürger von K arlsruhe wäre. Soweit das feste ,Ensem ble“ im K arlsruher Szenarium . An seinem T em peram ent, an sei nen Schrullen und R eaktionen brechen sich die G eschehnisse im U m kreis der Fächer stadt. W er heute in R om eos B ändchen blät tert, erfreut sich nicht nur kurzw eilig schlag fertiger V erse, er blättert zugleich in einer vergnüglichen C hronik lokaler B egebenhei ten, nicht gerade eine C hronique scandaleuse, aber doch einer spottlustigen. N ichts in der alten großherzoglichen R esidenz bis hin zu r W eim arer R epublik hat dieser T ages poet ausgelassen, w enn er m einte, er müsse kleine und große Sünden auf die H ö rn er nehm en. H eutigen ist es ein lieber Rückblick ins K arlsruher Fam ilienalbum , auf die H irschbrücke, die kein W asser überspannt, auf den K eram ikkam in des V ierordtbades, die ,K arlsruher Siegessäule“, auf die lästige Bahnschranke am M ühlburger T o r, auf den G estank der ,G asfabrik“ in der Kaiserallee, auf den .fürstlichen“ G efängnisbau in der R iefstahlstraße, dem ,G aunerpalais“, auf das Lebensrisiko einer F ahrt m it dem ,Albtalbähnle“, auf Stürzenackers neuen H au p t bahnhof ohne die Ö rtlichkeit „für dringende Bedürfnisse“, auf M oningers ,Bierpalais“, auf dem ,W eiss und Kölsch sei Schtrum pfpallascht“, auf den Jugendstilbau der Internatio nalen A potheke, den ,D rachenbau“, auf das G ezeter um die nackte Stephanie hinter der H auptpost, um rundet von den steinernen H o noratioren , denen beim Anblick der Schönen das W asser im M und zusam m en läuft, auf das Strandbad R appenw örth, auf den D am m erstock natürlich und auf die M arktplatzpyram ide, der R uhestätte des Stadtgründers M arkgraf K arl W ilhelm , als m an der eine unterirdische B edürfnisanstalt angefügt hat: Jetzt kom m t der Schwam m in d ’ Pyram id U nd er w ird schliesslich schimmlich. Ereignisse und G estalten. A ugenzw inkernd läßt R om eo sie Revue passieren. Niem als scheut er sich, das K ind beim rechten N am en zu nennen und ungeniert die K arlsruher P ro m inenz, die er so gern vom Postam ent her unterholt, agieren zu lassen. U nverkennbar hat er sie festgehalten, vertraute G estalten, die O berbürgerm eister, K arl Schnetzler (1892 -1 906), K arl Siegrist (1906 -1 919), Ju lius Finter (1919—1933), Stadträte, den ,B ier-H öpfner“, Ä rzte, H andw erksm eister, M arktfrauen, D ienstm ädchen, den Schüt zenverein und den Liederkranz. U nd dann natürlich die ,K intschler“: H ans T hom a, W il helm T rübner, Ludw ig Dill, G ustav Binz, H erm ann Billing oder die U nvergessenen des T heaters am Schloßplatz, den Intendanten H anns W aag, G eneralm usikdirektor Josef K rips, den K onzertm eister O th m ar V oigt, von der O p er die M ailhac und die Friedlin, Fine R eich-D örich, M ax B üttner, W ilhelm N entw ig, vom Schauspiel M elanie E rm arth, M arie G enter, Paul M üller, H u go H öcker, um nur einige zu nennen. Für die alten K arlsruher sind die N am en liebevoll gehegte E rinnerungen, für die Ju n gen launige B egegnungen, die sie etwas ah nen lassen vom K arlsruher genius loci und der guten alten Z eit, von der m an w eiß, daß sie gar nicht so gut gewesen ist, wie sie unser Z urückdenken erklärt. D ie badische Resi denz wie sie w ar zw ischen 1890 und 1933, 417 Lebensart und A tm osphäre, bei R om eo ist al les belustigendes Ereignis. Am 7. D ezem ber 1933 ist Fritz R öm hildt ge storben. N icht ganz fünfzig Jahre nach sei nem T o d, 1981, hat es der K arlsruher V erlag G. Braun auf A nregung D r. E berhard K nit tels unternom m en, eine zw eibändige Aus w ahl aus 20 längst vergriffenen G edicht bändchen R om eos herauszubringen (Fritz R om eo’s Juckpulver. Ausw ahl aus seinen V ersen in K arlsruher M undart. G. Braun, K arlsruhe. 2 Bände in Kassette. 224 Seiten). Es ist D ank an einen Lokalpoeten, an dessen gereim tem H u m o r seine K arlsruher ein M enschenleben lang ihren Spaß hatten, zu gleich W iederentdeckung eines M und art klassikers, befähigt wie kaum ein anderer, das K arlsruherische in C harakter und W esen aufzuspüren und auszuloten. Norr net philosophiere. Ich hab schon oft gedenkt, der w o D ’N atu r will recht schtudiere, D er soll net Philosoph sein, deß D u ht zu nix G utem führe. Ich grüß den dunkle T annew ald, W as soll dann mich deß küm m re, O b die m ir aus dem T anneholz M ein’ Sarg e’mal duhn zim mre. Ich seh die R os so, wie-se blüht, Ihr D uft isch mei’ E ntzücke, U n duh net glei’ die H agebutt Zum voraus schon erblicke. U n w ann die Schwalwe in e Land, E fernes, w eiter ziehe U n d’H erbschtzeitlose, blätterlos, Als letzschte Blum duh t blühe, Ich hör im Schlag der N achtigall E Lied, deß w o m ir dheier, U n denk net, w ann-se schweige duht: Jetzt legt-se ihre Eier. D eß m acht m ei’ H erz net schwer, m er braucht N et glei’ der W inter z ’sehe, Im G egedheil, ich schw ing m ein’ H u t U n ruf: auf W iedersehe! U n w ann-e Amsel singt, da bin Zu T räne ich kapabel U n denk net an die W ürm er, die-se sucht m it ihrem Schnawel. M ich freut en Schm etterling, der wo Die Blume duh t begrüße, W ann der als R aup’ auch früher hat Am Bode krieche mieße. 418 E n-so-en Philosoph, der sieht Am H afe n orr die Scherwe; Ich laß durch Philosopherei M ei’ Freud m ir net verderw e! Fritz R öm hildt