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Flanieren und radeln: Ausflugstipps für den Sonntag. Seite 10/11 Buddeln und pflanzen: Gärtner als Stars im Kino und Fernsehen. Seite 12 Erdferkel und Nashorn: Wissenswertes über Huftiere. FOTO: © EYETRONIC / FOTOLIA Kuscheln und kitzeln: Körperliche Nähe ist für Kinder wichtig. Seite 9 Seite 10 Schreiben und lehren: Christliche Ratgeberliteratur boomt. Seite 13 Perle und Phantom: Welcher Schwiegermuttertyp sind Sie? Ein Test. Seite 8 GENUSSSACHE „Ich will es lieber echt“ Mit Geschmack durchs Leben Grünzeug erdet Sterneköchin Léa Linster setzt in ihrem Lokal in Luxemburg seit Jahrzehnten auf einfache, aber beste Produkte. Ein Gespräch über Lust, Genuss und Diäten. Léa Linster, Sterne und Fernsehköchin, ist eine der wenigen Frauen, die sich in der Spitzengastronomie behaupten – seit fast 30 Jahren. VON BETTINA HARTMANN Frau Linster, was fällt Ihnen zur schwä bischen Küche ein? Spätzle und Maultaschen. Wenn man sich bei jemandem ins Herz schleichen möchte, dann sollte man ihm diese Gerichte kochen. Grande Cuisine ist das nicht unbedingt. Wenn man etwas Einfaches sehr gut zube reitet, kann es eine große Delikatesse sein. Ich mag es, wenn man etwas richtig genießt – und möchte mir nur über Schönes Gedanken machen. Wenn etwas schon von Haus aus gut ist, so wie Spätzle und Maultaschen, dann schafft das Raum dafür. Einer Ihrer Leitsätze lautet, dass ein guter Koch immer verliebt sein muss – in sein Metier, in seine Produkte. In was ha ben Sie sich in diesem Frühjahr verliebt? Wie jedes Jahr in die erwachende Natur. Man spürt einfach, wie man in dieser Jahres zeit von Tag zu Tag froher wird. Jetzt ist der Ich koche gern Raffiniertes mit Produkten, die den Gästen vertraut sind.“ Spargel da, die Erdbeeren kommen, die fei nen grünen Gemüse, die uns alle nur Gutes wollen. Das macht mich glücklich. Sie setzen in Ihrem Sternelokal in Luxemburg auf klassische französische Küche. Für Ihre Gerichte veredeln Sie eher einfache, aber beste Produkte. Einfach bedeutet in dem Fall bekannt. Ich koche gern Raffiniertes mit Produkten, die den Gästen vertraut sind. Ich muss nicht auf Exotisches zurückgreifen, wo man sich fragt: Was ist das denn? 1989 haben Sie mit einem Lammrücken in Kartoffelkruste den „Bocuse d’Or“ gewonnen, den Oscar der Köche. Heute spielt man in der Spitzengastronomie mit Jus und Essenzen. Hier ein Tupfen, dort ein Schäumchen – hatten Sie nie Lust auf derartige Moden? Ich bin noch nie mit der Mode gegangen. Molekularküche etwa gefällt mir nicht. Ich glaube auch nicht, dass meine Gäste das mö gen. Ich will es lieber echt. Warum sollte ich zum Beispiel Tonkabohnen verarbeiten, die gerade in sind und an Vanille erinnern, wenn ich richtige Vanille nehmen kann? In Ihrer kürzlich erschienenen Biografie „Mein Weg zu den Sternen“ schreiben Sie, dass Sie durchs Essen verführen wollen. So ist es. Damit meine ich nicht: Hey, Baby, lass uns in die Kiste springen. Ich verführe die Gäste in meiner Geschmackswelt. Ich ma che sie mit meiner Kochkunst glücklich. Das ist das Herrliche an meinem Beruf. Ein Traumberuf? Der manchmal Albträume mit sich bringt. Im Ernst: Es ist für mich eine Berufung. Es hätte anders kommen können, Sie haben Jura studiert – und wären vermut lich eine Topanwältin geworden. Stattdessen bin ich nun Topfanwältin. Aber Sie haben es erkannt: Wenn ich etwas anpacke, dann richtig. Wenn ich zum Beispiel Crème brûlée mache, muss es die beste sein. Und sie ist tatsächlich perfekt! Viele wissen heute gar nicht mehr, wie man kocht, und essen Fertiggerichte. Scheußlich! Es gibt doch ganz einfache Gerichte, die schnell gehen: zum Beispiel Brot rösten, schön Butter drauf und dazu ein Rührei – wunderbar! Manchmal mache ich mir auch einen Rührteig aus Zucker, Butter, Eiern und Mehl, einfach so zum Schlecken. Wann haben Sie zum ersten Mal den Wunsch verspürt, Köchin zu werden? Schon als Kind. 1982 habe ich dann die Gaststätte meiner Eltern übernommen . . . . . . mit gerade mal 26. Wenig später hat ten Sie einen Stern. Haben Sie sich je einen zweiten gewünscht? Es gab eine Zeit, da hätte ich ihn sehr gern gehabt. Heute denke ich: So sind mir Zeit und Raum für viele andere tolle Dinge geblieben. Und Sie haben ja auch den „Bocuse d’Or“ gewonnen. Bis heute als einzige Frau. Wieso haben es Frauen in der Ster negastronomie immer noch so schwer? Die Sterneköchin Ghislaine Arabian hat mal gesagt, um in der Gourmetwelt Erfolg zu haben, müsse man wie ein Mann sein. Das sehe ich anders. Die Gefahr bestand bei mir ohnehin nie mit so einem ausladenden Busen. Wie sind Sie als Chefin? Ich habe sehr gute Mitarbeiter, auf die ich mich verlassen kann. Somit bin ich eine ent spannte Chefin. Früher konnte ich schon mal lauter werden. Doch das raubt einem nur die Kraft. Was uns Frauen in der Küche betrifft: Wir sollten auf unsere Stärken setzen. Bei spielsweise haben wir ein besseres Gespür dafür, was bekömmlich ist. Und wir denken nachhaltiger: Wie kann ich was am besten verwerten? Weil wir in der Familie haushal ten müssen. Sie wirken stets gut gelaunt. Ich bin es auch tatsächlich. Woher kommt diese positive Haltung? Ich bleibe stets optimistisch – und neugie rig. Mit einer müden Einstellung kann man kein lustiges Leben führen. Außerdem habe ich erkannt, dass die anderen auch nur mit Wasser kochen. Das gibt einem Gelassenheit. Es geht im Leben darum, dass man sich nicht immer so beeindrucken lässt. Schon als Kind habe ich mir meist gesagt: Was die Erwachse nen können, bekomme ich auch hin. Das zeugt von Selbstbewusstsein. Das habe ich meinen Eltern zu verdanken. Sie haben meinen Geschwistern und mir ver mittelt, dass man alles erreichen kann, wenn man es will und daran arbeitet. Mit der Mutter gab’s auch Reibereien. Stimmt schon, aber das war wohl gut so. Wenn man zu sehr verwöhnt wird, besteht die Gefahr, dass man träge und dadurch nur mittelmäßig wird. Sie mussten in Ihrem Leben auch Rück schläge hinnehmen. Ich hab’ mich mal auf den Falschen ein gelassen – und privat wie beruflich mit dem gemeinsamen Lokal Schiffbruch erlitten. Aber manche schlechten Erfahrungen brin gen einem auch das Glück. Sie meinen den Richtigen? Léa Linster Leben Karriere Am 27. April 1955 wird sie in Luxemburg geboren, als jüngstes von drei Kindern. Ihre Eltern betreiben im kleinen Ort Frisingen eine Wirtschaft samt Kegel bahn und angeschlossener Tankstelle. Léa Linster ist von klein auf gern in der Küche und hilft mit. Zunächst studiert sie Jura, übernimmt aber 1982, nach dem Tod des Vaters, das Lokal – und nennt es Restaurant Léa Linster. 1990 kommt ihr Sohn Louis auf die Welt, den sie allein großzieht. Seit 14 Jahren liebt Linster „über einen Ozean hinweg“, wie sie sagt – ihr Lebenspartner Sam lebt in den USA. 1987 wird Linsters Restaurant mit einem Stern aus gezeichnet, 1989 gewinnt sie den „Bocuse d’Or“, den Oscar der Köche – bis heute als einzige Frau. Seit dem behauptet sie sich in der Spitzengastronomie, betreibt zudem den Pavillon Madeleine in Kayl sowie ein DelikatessenGeschäft in LuxemburgStadt. Seit Jahren ist sie im Fernsehen präsent, etwa in der ZDF„Küchenschlacht“, zwölf Jahre lang schrieb sie Kolumnen für die „Brigitte“. Bekannt ist sie auch durch ihre Kochbücher. Im März 2015 erschien ihre Autobiografie „Mein Weg zu den Sternen“. FOTO: MARC THEIS Ja, meinen Sam, der in den USA lebt. Im zweiten Anlauf sind wir nun schon seit 14 Jahren glücklich – trotz oder gerade wegen unserer Fernbeziehung. An meinem Geburts tag ist er natürlich da. Sie werden 60 Jahre alt. Ein Grund, Ihre Biografie gerade jetzt vorzulegen? Ich wollte eine Herausforderung. Und in gewisser Weise mir selbst mein Leben erzäh len. Wer weiß, ob ich das mit 80 noch kann. Rente? Nein, danke! Ich habe noch viel vor im Leben.“ Was würden Sie rückblickend ändern? Ich würde vielleicht weniger essen. Aber nur die ersten paar Tage. Auf das leidige Problem mit den Diäten gehen Sie auch in Ihrem Buch ein. Natürlich denke ich ab und zu, ich müsste mal wieder abnehmen. Aber ich finde, man muss seinen Körper annehmen und lieben. Ich hatte mal die verrückte Idee, meinen Busen verkleinern zu lassen. Aber in Köln habe ich dann in einem Laden meine BH Größe gefunden. Da war ich wieder zufrie den. Außerdem halte ich mich mit Tanzen fit. Ich tanze für mein Leben gern. Charmant fin de ich die Schneider in Südostasien. Da lässt man sich Blusen machen – und die Größe steht nicht drin. Äußerst angenehm. So könn te man das doch auch hier handhaben. Was ist mit der Zukunft? Machen Sie sich Sorgen, was aus Ihrem Lokal wird? Nein, mein Sohn Louis steigt jetzt ins Geschäft ein. Das war übrigens sein aus drücklicher Wunsch. Ich habe mir fest vorge nommen, mich nicht einzumischen. Und dass sein Vater Francis mittlerweile auch wieder im Lokal arbeitet, hilft ihm sicher zusätzlich. Sie verstehen sich alle gut? Sehr gut sogar. Ich war zwar alleinerzie hend, doch mit Francis gab es nie Probleme. Rente ist so schnell kein Thema? Nein, danke! Wenn Leute meinen Louis fragen, ob ich jetzt aufhöre, antwortet er im mer: „Mit was? Mit dem Atmen? Oder dem Lachen?“ Nein, ich habe noch viel vor. Zum Beispiel würde ich gern einen Laden in Deutschland eröffnen. Vielleicht in Berlin. Oder in Stuttgart? Warum nicht? Die Stuttgarter schätzen gutes Essen. Das könnte funktionieren. Als einfacher Esser denkt man ja, dass Sterneköche hauptsächlich am Herd ste hen. Tun sie aber nicht. Wenn sie nicht gerade vor irgendeiner Fernsehkamera brutzeln, schreiben sie ein Buch oder er den sich im eigenen Garten. Jeder Koch, der heutzutage etwas auf sich hält, baut Kraut und Rüben selbst an. Johannes King zum Beispiel, der kochende König von Sylt aus dem Rantumer Söl’ring Hof, hat einen Friesenhof in Morsum. Claus Peter Lumpp, Küchenchef des Restau rants Bareiss, kreiert gerne neue Gerichte mit Kräutern aus einem Bauerngarten nahe dem Hotel in Baiersbronn. Und der Berliner Sternekoch Michael Hoffmann schloss sogar sein Lokal Margaux in der Hauptstadt, um sich ganz der einfachen Küche und seinem Garten im Havelland zu widmen. „Experimentierfelder für den Geschmack“ nennen die Profis das. Auch für uns Hobbyköche gibt es nichts Schöneres, als mit Produkten aus heimi schem Anbau zu werkeln. Zurück zu den Wurzeln! Es muss ja nicht gleich die zweifarbige Tomate, die Gelbe Bete oder der schwarze Rettich sein. Wer kann zu dem schon einen ganzen Acker sein Eigen nennen? Viel Freude machen auch ein paar Töpfe mit frischen Kräutern. Die passen auf jeden noch so kleinen Balkon und machen – einmal eingepflanzt oder ausgesät – wenig Arbeit. Dafür peppen die schmackhaften Blättlein jedes Ge richt auf. Eben noch gerupft, jetzt schon auf dem Teller. Frischer geht’s nimmer. Immer zur Hand und garantiert biolo gisch. Eigenes Grünzeug ist eine tolle Sa che: Ein bisschen Minze schmückt jedes Dessert. Der RosmarinZweig schmur gelt in trauter Eintracht mit Kartoffel schnitzen im Ofen und verbreitet einen herrlichen Duft. Das Salbeiblatt veredelt gemeinsam mit geräuchertem Schinken das profane Schnitzel zum Saltimbocca. Und alle gemeinsam vereinen sich in einer wunderbaren Kräuterbutter. Um meine Sammlung angemessen und dennoch platzsparend zu präsentieren, habe ich schon vor Jahren ein treppen artiges Metallgestell angeschafft. Hoch stapelei nennt man so etwas: Dicht ge drängt recken die grünen Gesellen auf drei Ebenen verteilt ihre schmackhaften Zweige in die Sonne. Leider überleben die Kräuter jedoch kaum einen Winter. Vielleicht ist es an der Hauswand zu zu gig? Wie auch immer: Jedes Frühjahr muss neu angepflanzt werden. Was zuge geben ja auch Spaß macht, denn auf die se Weise kommen regelmäßig neue Sor ten dazu: Weißbunter Majoran, Zitro nengras, Schokoladenminze oder Ysop. Meine Kräutersammlung ändert sich je des Jahr ein wenig. Bis auf ein eckiges Tongefäß, aus dem es zuverlässig wie durch Zauberhand sprießt und gedeiht. Diesen Kasten haben wir vor fast genau zwölf Jahren zum Einzug geschenkt be kommen, bepflanzt von Tante Christa. Die Tante lebt inzwischen leider nicht mehr, aber der Estragon und der Schnitt lauch werden immer an sie erinnern. Kräuter erden nicht nur, manchmal sind sie auch ein bisschen himmlisch.