Nächtliche Klänge – Ökologie der Klanglandschaften Karl

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Nächtliche Klänge – Ökologie der Klanglandschaften Karl
Nächtliche Klänge – Ökologie der Klanglandschaften
Karl-Heinz Frommolt
Museum für Naturkunde Berlin
Schutz der Nacht, 7. - 9. November 2014, Evangelische Akademie Tutzing
Tierstimmenarchiv des Museums für Naturkunde Berlin
1951: von G. Tembrock am Zoologischen Institut
der Humboldt-Universität begründet
1995: Zuordnung des Tierstimmenarchivs zum
Museum für Naturkunde
Gegenwärtig ca. 120.000
Tonaufnahmen:
o 1.800 Vogelarten
o 580 Säugetierarten
o mehr als 150 Arten wirbelloser Tiere
o ca. 100 Fisch-, Amphibien- und
Reptilienarten
o mehr als 15.000 Tondokumente
online (www.tierstimmenarchiv.de)
Es begann in der Nacht
kHz
10
8
6
4
2
1
2
3
s
Am 30.Oktober 1951 zeichnete Günter
Tembrock im Garten des Zoologischen
Institutes die Rufe eines Waldkauzes mit
Tonband auf.
Abenddämmerung
„Es war die Nachtigall, und nicht die Lerche“
Willst du schon gehen? Der Tag ist ja noch
fern.
Es war die Nachtigall, und nicht die Lerche,
Die eben jetzt dein banges Ohr durchdrang;
Sie singt des Nachts auf dem Granatbaum
dort.
Glaub, Lieber, mir: es war die Nachtigall.
Nachtigall
Drosselrohrsänger
Shakespeare, Romeo und Julia
Rohrschwirl
Eulen
Waldkauz
Waldohreule
Uhu
Raufußkauz
Steinkauz
bartbblom
Weitere nacht- und dämmerungsaktive Vogelarten
Wachtelkönig
Wachtel
Ziegenmelker
Waldschnepfe
Heuschrecken
• Die meisten einheimischen
Heuschrecken sind tagaktiv
• Einige Arten sind nachts aktiver
als tags (z.B. Großes Grünes
Heupferd)
• In südlichen Regionen auch
ausschließlich nachtaktive Arten
(z.B. Weinhähnchen)
Amphibien
Moorfrosch
Rufaktivität der Knoblauchkröte in einem Experimentalteich
Laubfrosch
Wechselkröte
Geburtshelferkröte
Knoblauchkröte
Anzahl rufender Männchen
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23
Uhrzeit
Die meisten Arten rufen vorwiegend nachts
Fledermäuse
Ortungsrufe von Fledermäusen
Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus)
kHz
100
75
50
25
0.1
0.2
0.3
0.4
s
Wasserfledermaus (Myotis daubentonii)
kHz
100
75
50
25
0.1
0.2
0.3
0.4
s
Zwergfledermaus (Pipistellus pipistrellus)
kHz
100
75
50
25
0.1
0.2
0.3
0.4
s
Mückenfledermaus (Pipistellus pygmaeus)
kHz
100
75
50
25
0.1
0.2
0.3
0.4
s
Ein Hund im Wald?
Auch wieder in Deutschland zu hören
Nachtaktivität und Umweltfaktoren
Tageszeitliche Verteilung des Heulens von
freilebenden Wolfsrudeln und Wölfen im Gehege
(nach Nikolskij & Frommolt 1989)
Bioakustisches Monitoring
Zielsetzung:
Langzeiterfassung von Beständen lautaktiver Tierarten mittels einer auf Mustererkennung basierenden automatisierten akustischen Erfassung
Welche Arten kommen im Gebiet vor ?
Anzahl der Tiere ?
Verteilung der Tiere ?
Renaturierungsfläche Polder Große Rosin
Fläche: 841,08 ha
Entwicklungsziele entsprechend
Planfeststellungsverfahren (HGN 2002):
Luftbild der Großen Rosin vom Frühjahr 2010. © GeoBasis-DE / M-V 2011.
- Aufgabe des Polderbetriebes und Schaffung
naturnaher Verhältnisse
- Verschließung des Grabensystems, vor
allem der Fanggräben
- Entwicklung von Großseggen-Rieden und
teilweise Röhrrichten auf den überfluteten
Flächen
- Entwicklung von reichen Feuchtwiesen in
Talrandbereichen durch extensive Mahd
oder Beweidung
- Herauslösen von partiellen Bereichen aus
der angrenzenden Bruchwäldern
(Wendisch-Teichholz und „Hohes Bruch“)
aus der forstwirtschaftlichen Nutzung
- Rückführung in Ausgangszustand
(Durchströmungsmoor) aufgrund
anthropogener Beeinflussung
(Torfzersetzung, Moorsackung, Verdichtung
des Torfes, Freisetzen von Nährstoffen)
kurz- bis mittelfristig nicht möglich
Beginn der Wiedervernässung im April 2006:
- Fertigstellung von 4 Rohrdurchlässen
- Ausbau Kützerhofer Damm beendet
- Abschaltung Schöpfwerk Aalbude
Mit Schlauchboot unterwegs
Datenerfassung
Renaturierungsgebiet (Wiedervernässung eines
ehemaligen Flusstalmooren) an der Peene (MV)
• Langzeiterfassung mit 4-KanalRecordern
• Synchronisierte Aufzeichnung an 4
Standorten
• Standortbestimmung mittels GPS
• Archivierung der Aufzeichnungen im
Tierstimmenarchiv des Museums für
Naturkunde
Akustische Dauererfassung
Zugang zu Aufnahmen unter www.tierstimmenarchiv.de/monitoring
TASCAM DR-680 Mehrkanal Recorder
Vier Behringer B5 Kondensatormikrofone
RME Quadmic Vorverstärker
12 V Zeitschaltuhr
Zielarten der akustischen Erfassung
Tüpfelralle (Porzana porzana)
Rohrdommel (Botaurus stellaris)
kHz
5
4
3
2
picture: Marek Szczepanek
1
Kleinralle (Porzana parva)
1s
kHz
5
4
picture: Marek Szczepanek
3
2
picture: Wilfried Berns
1
Zwergralle (Porzana pusilla)
1s
kHz
k Hz
0. 2
5
0. 1
4
3
2
2
1
picture: Jason Girvan
1s
4
6
T im e
8
10
( sec)
12
Nächtliche Geräuschkulisse
Akustische Mustererkennung
am Beispiel des Tüpfelsumpfhuhns (Porzana porzana)
akustisches Muster
Tsh
Tsh
0.1
Tsh
Tsh
Foto: Marek Szczepanek
Tsh
Tsh
Tsh Tsh
Tsh
Tsh
s
Erkennungsfunktion auf der Grundlage einer Spektrogramm-Korrelation
Ausschnitt aus einer Rufsequenz
Tsh
Tsh
Tsh Tsh
Tsh
Tsh
Nächtliche Rufaktivität des Tüpfelsumpfhuhns
Ermittlung der Anzahl rufender Vögel
Vierkanal-Aufzeichnungen,
erlauben Aussagen über die
Anzahl rufender Tiere im
Umkreis eines Recorders
Bewertung der synchronen Aufzeichnungen von vier Recordern
20 rufende
Tiere
- Auf der Grundlage kurzer
Aufzeichnungssequenzen
konnte die Mindestanzahl
rufender Tiere in einen
bestimmten Gebiet
(Beispiel 4.05.2009)
erfasst werden.
- Noch äußerst
zeitaufwendig!
Nächtliche Rufaktivität der Rohrdommel
Frommolt & Tauchert (2014) Ecological Informatics,
http://dx.doi.org/10.1016/j.ecoinf.2013.12.009
Ergebnisse der autonomen Aufzeichnungseinheit
14
12
10
8
6
4
2
0
20 Uhr
22 Uhr
0 Uhr
3 Uhr
5 Uhr
7 Uhr
Uhrzeit
35
30
Anzahl Vogelarten
Aufzeichnungsintervalle
(je 15 min)
Mittlere Anzahl Vogelarten
16
25
20
7 Uhr
15
0 Uhr
10
Gesamt
5
0
30.3 6.4 13.4 20.4 27.4 4.5 11.5 18.5 25.5
Datum
Rufaktivität der Rohrdommeln 2012
Ergebnisse der Dauerstation
Recording Highlights
Kleines Sumpfhuhn
Rohrdommel
Blässhuhn
Graugans
Sumpfohreule
Nachts im Moor
Foto Anna Wójtowicz
Mehr über Tierstimmen: virtueller Zugang zum Tierstimmenarchiv
http://www.tierstimmenarchiv.de
Danke für Ihre Aufmerksamkeit !