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FRIENDS OF BENTLEY I EXKLUSIVE LEBENSART I REISE In Vermont und um Vermont herum Neu-England – das andere Amerika, nicht nur der bunte Traum des Indian Summer, sondern auch das Skiresort der New Yorker, von Horst-Dieter Ebert FRIENDS OF BENTLEY I EXKLUSIVE LEBENSART I REISE Montpelier, sprich Montpieljer,Ton auf der zweiten Silbe, ist die Hauptstadt von Vermont und die kleinste aller US-Staaten: ein 8.000-Einwohner-Dorf, doch mit einem „Capitol“ en miniature, fast wie in Washington. Bevor sich vor zwei Jahren ein traditionsloses Chinalokal auf der Hauptstrasse damit schmückte, gab es keine Neonreklame;Werbetafeln sind ja an Vermonts Strassen ohnehin nicht erlaubt. „The Green Mountain State“ (grün auch im politischen Sinn) bildet ein gutes Beispiel dafür, was Neu-England ausmacht: Traditionen, aber gehandhabt ohne Schlips und Jackett; Konservativismus, aber durchaus mit ökologischer Perspektive; eine bukolische Naturschwärmerei bis hin zur Kauzigkeit; bis vor ein paar Jahren rühmte sich Vermont, mehr Kühe als Menschen zu beherbergen, und noch heute gibt es hier pro Einwohner mehr Pferde als in Kentucky oder Texas, kurzum die meisten in den USA . Dazu gehört ein gerüttelt Mass an Spökenkiekerei: Im Lake Champlain herrscht eine Art Ungeheuer von Lochness, genannt „The Champ”, viele haben es angeblich schon gesehen, es hat ein Denkmal im Hafen von Burlington und wird in etlichen Museen dokumentiert. Und gleich um die Ecke wurden erstmals zwei Menschen von einer UFOBesatzung entführt – beschrieben von (dem natürlich Vermonter) Walter N. Webb in seinem berühmten Buch „Encounter at Buff Ledge”. Wer durchs Land fährt, wird überrascht durch die enorme Dichte von Antik-Läden und Gallerien. Ohne Kunst und ohne Kunstgewerbe, so hat man den Eindruck, geht es nirgends in diesem Staat. Und schon gar nicht ohne Künstler, Literaten und Exzentriker: In Jericho, VT, wurde ein Mann namens Wilson „Snowflake“ Bentley berühmt, dessen Lebenswerk aus 5381 mikroskopischen Aufnahmen von Schneeflocken bestand; nebenbei brachte Vermont den wohl einzigen Spinnennetzsammler der Welt hervor – Will King („the spiderwebman“). Rudyard Kipling baute sich in Drummerston ein Haus und schrieb in drei kalten Vermonter Wintern u.a. die Fortsetzung vom „Dschungelbuch“; der amerikanische Literatur-Nobelpreisträger Sinclar Lewis („Babbitt“) bewohnte ab 1928 mit seiner Frau Dorothy Thompson eine Farm in Barnard, die heute ein bekanntes Resorthotel ist; Carl Zuckmayer verbrachte seine amerikanische Emigration in unmittelbarer Nachbarschaft; Alexander Solschenizyn wohnte und schrieb hier von 1975 bis zur Wende in Russland. Das Leitmotiv heißt “Outdoor” Die meistbenutze Vokabel in den meisten Staaten Neu-Englands heißt „Outdoor“, fast ein Leitmotiv, das im kurzen Nicht-Winter, in dem nicht Ski gelaufen wird (von Mai bis August), alles beherrscht, Hiking, Biking, Kayaking, Hunting, Flyfishing und Golfing sind die bevorzugte Disziplinen. Mein Startpunkt ist „The Essex” bei Burlington, das sich selbst „Vermonts kulinarisches Resort & Spa” nennt: ein hübsches Countryhaus-Hotel mit viel Komfort und so ziemlich allen Sportmöglichkeiten, inklusive des hier so besonders populären Fliegenfischens. Gerad eben ist ein separates, großzügiges Spa der Extraklasse fertiggeworden, nun kann man hier auch in einem schönen Indoor-Pool schwimmen. In Burlington selbst wurde soeben ein neues Hotel eröffnet mit einem ganz traditionsreichen Namen: „Hotel Vermont”, halb Boutique-, halb Designhotel, wunderbar gelungen, mit Blicken auf den Lake Champlain, ist so vermontisch, vermontischer geht es nicht: Alle Baumaterialien, alle Hölzer, alle Steine, alle Möbel, alle Dekorationen, alle Kunst, und auch alles, was man isst und trinkt, stammt aus der Region („Hen of the Wood”, berühmtestes Restaurant im Staat, zieht gerade ein) – und es ist fabelhaft. Nur der Direktor kommt aus Holland. Resort “Topnotch” in Stowe: 50 Hektar mit Blick auf den Mount Mansfield 70 Das beste Tennis in Vermont Herbst in New Hampshire: Hotel-Klassiker “Mount Washington” samt Golfplatz Eins der attraktivsten Vermonter Winter- wie Sommer-Ressorts, das „Topnotch Resort and Spa” in Stowe, fast 50 Hektar mit Blick auf den Mount Mansfield, erfuhr soeben eine großzügige Renovierung: Neugestaltete Zimmer, zwei mehr als aufgeschönte Restaurants mit vorzüglicher Küchenleistung. Die Pools und das Spa waren schon von jeher ein besonderer Luxus, das Tennis-Center mit Outdoor- und Indoor Plätzen Vermonter Spitze. Im Winter fährt man statt mit Kutschen mit Pferdeschlitten – und natürlich Ski. Das vielleicht luxuriöseste Haus in Südvermont findet sich in Manchester, der Heimat von Orvis, Amerikas bekanntester Marke für Outdoor-Outfit. Das historische „Equinox“ besitzt gastronomische Wurzeln in 1769. Vor ein paar Jahren ochmal für 22 Millionen erweitert und redesignt, gehört es seit 2008 zum Hotelkonzern Starwood (Luxury Collection), deshalb dürfen nun die Fenster nur noch einen schmalen Spalt (4 inches) geöffnet werden, die Lastwagen, die am morgen auf der Hauptstrasse vorbeifahren, hört man in Bitte weiterlesen auf S. 74 Alles aus der Region, sogar Whisky und Rum: Das neue “Hotel Vermont” in Burlington 71 Winterliches Ziel in New Hampshire: Inn and Spa at Mill Falls Der Vermonter als solcher Meist grün, unkonventionell, wortkarg, kauzig, doch kreativ Kaum ein Vermont-Besucher, dem nicht nach ein paar Tagen die Geschichte von dem großmäuligen Texaner erzählt wird, der sich über den kleine Staat lustig macht. „Ganz früh am morgen“, hatte der renommiert, „fahre ich drei Stunden nach Norden, von da nach dem Frühstück ebensolange nach Westen zum Lunch, schließlich nach Süden, und wenn ich zuhause wieder ankomme, ist es bereits tiefe Nacht. Und wissen Sie was? Die ganze Zeit bin ich mit meinem Pickup nicht über meinen eigenen Grund und Boden hinausgekommen!“ – „Ayuh“, sagt der Vermonter Farmer mitleidig, „das kenn ich. So einen Truck hatte ich auch schon mal.“ Wer über Vermont berichten will, kommt um ein paar Zahlen nicht herum. Der „Green Mountain State“, wie er nach seinem ursprünglich französischen Namen heisst, erstreckt sich über etwa dieselbe Fläche wie Hessen, hat jedoch nur knapp ein Zehntel seiner Einwohner; unter den US-Staaten rangiert es damit an drittletzter (49.) Stelle. Doch es mangelt nicht an Superlativen: Vermont besitzt die kleinste Staatshauptstadt des gesamten Kontinents. Montpelier (sprich Monpíeljer) hat rund 8000 Einwohner und ein dem Weißen Haus in Washington possierlich nachgebautes Regierungsgebäude. Es besitzt keinen Airport, kein McDonald, kein Starbuck‘s und keine Staus. „Der Chinese auf der Hauptstrasse hat jetzt seinen Namen erleuchtet“, grummelt Bob Koenig in „The Country Bookshop“, „bis dahin gab es bei uns auch keine Neon-Reklamen.“ Vermont war der einzige Staat, der jemals einen sozialistischen Abgeordenten in den Kongress schickte. Im übrigen sind ja hier nicht nur die Berge grün, son- dern auch die Gesinnung. Die ökologischen Kräfte, die kaum einen Diesel-PKW auf die Strasse lassen und Energie aus Kuhmist gewinnen, gelten vielen als fortschrittsfeindlich, doch hier sind Naturund Heimatliebe ein Wert an sich. Und wie ein Nationalepos wird dem Fremden gern die Geschichte von Ben & Jerry kolportiert: Die zwei Teenager begründeteten in den Achtziger eine Eismanufaktur, die mit ausschliesslich Vermonter Naturprodukten nicht nur Häagen Dazs herausforderte. Sie entwickelten Eissorten von bislang unerhörtem Geschmack und mit seltsamen Namen („Cherry Garcia“, „Phish Food“, „The VerMonster“). Ihre (Vermont-Siedler Carl Zuckmaier). Ein bisschen „Foliage“ haben auch die Nachbarstaaten zu bieten, doch im Winter erlebt man Vermont als konkurrenzlos. Hier wurde einst Amerikas erster Skilift installiert, und heute sind Killington, Stowe und Sugarbush die beliebtesten Skiresorts im Osten. In den siebziger Jahren kamen die Hippies, brachten fremdartige Ideen mit; in jüngerer Zeit wurde der Nachbarstaat für viele citymüde Amerikaner in Boston oder in New York ein Traumziel. „Heute leben hier doppelt soviele Leute wie 1945“, schimpft ein alter Ur-Vermonter, bei dem wir unsern Maplesyrup kaufen, „dafür hat sich die Zahl der Farmen halbiert!“ Wir nennen es Indian Summer: Hier heißt es Foliage Fabrik in Waterbury wurde zu einer der größten Touristen-Attraktionen des Staates. Die Firma wurde vor ein paar Jahren von Unilever gekauft, und seither vertreibt Langnese das Eis auch hierzulande – als eine kleine feine Kultmarke für Connaisseurs. Die größte Attraktion bleibt natürlich der sogenannte Indian Summer Ende September/Anfang Oktober, wenn die Bäume in Farben entflammen wie sonst nirgendwo auf der Welt: „Da schreien Zuckerahorn und und Roteiche in einer wahnsinnigen, verzückten Leuchtkraft“ Der richtige, echte Vermonter ist uneitel, moderesistent, unkonventionell, vielfach kommunikationsschwach, ja, wortkarg. Die häufigsten Vermonter-Ausrufe sind „Nope“ (nein) oder „Yup“ (ja). Einer ihrer berühmtesten Einsilbler war Vermonts einziger US-Präsident Calvin Coolidge (1923-1929). Auf einem wichtigen Dinner wurde er von einer prominenten Gesellschaftslady herausgefordert: „Ich habe mit meinem Mann gewettet, dass Sie mehr als drei Wörter zu mir sagen werden“, äusserte sie kokett. Und er konterte karg: „You loose!“ 73 FRIENDS OF BENTLEY I EXKLUSIVE LEBENSART I REISE Schottisch inspiriert: Herrenhaus “Blantyre” in Massachussetts mit tausenden von Bildbänden und Weinflaschen jedem Fall. Es hat sich über ein dutzend Gebäude ausgebreitet, dabei ein authentisches Haus der Lincoln-Präsidenten-Familie und das „Charles Orvis Inn“, ein kleines Hotel neben dem Hotel, sowie ein Spa voller Luxus mit einem Pool von olympischen Ausmassen. Land Rover lädt die Gäste in eine OffroadFahrschule, ein paar schottische Experten verabreichen Lektionen in Falconry, in der höfischen Jagd mit Falken. Man muss es nicht haben, doch schön zu wissen, dass man könnte, wenn man wollte. Start des America’s Cup Rhode Island, noch viel kleiner als Vermont, übertrifft jenes an Glamour und Grandeur bei weitem: In Newport bauten sich New Yorks Millionäre vom Schlage Astor und Vanderbilt ihre opulenten Fantasy-Paläste, hier parkten sie ihre Yachten (und erfanden nebenbei 74 den „America’s Cup”). Rund zweihundert der alten Kolonialbauten stehen noch, die schöne altmodische Tennisanlage der „Tennis Hall of Fame” mit ihren Rasenplätzen stammt aus derselben Zeit. Ein bisschen feudalistische Vergangenheit hat sich auch in das „Caste Hill Inn” herübergerettet, ein Herrenhaus aus der großen Zeit mit fast schon kitschigem Postkartenblick übers Meer und pastelfarbenen Beachhäuschen am weißen Strand, in denen sich auch heute alle Mogule von damals wohlfühlen würden. Als intellektuelles Zentrum Neu Englands begreift sich, mit Harvard, MIT, den Museen und der Musik in Boston, seit jeher Massachusetts. Mit Grenzen zu vier der anderen Neu-England-Staaten (ausser Maine) liegt es ziemlich zentral, besitzt berühmte Inseln (Cape Code, Martha’s Vineyard) und die wunderbare Bergwelt der Berkshires für Ski und Sommerfrische. Dort, in Lenox, findet sich ein schottisch inspiriertes, romantisch zugewachsenes Herrenhaus zwischen uralten Bäumen. Das Interieur steht voller Antiquitäten, die „Blantyre”-Besitzerin Annie Brown hat tausende von Bildbänden gesammelt und über alle Zimmer verteilt, der Weinkeller sieht ehrfurchtsgebietend aus. Und das fürstlich dekorierte Restaurant bietet eine durchaus konkurrenzfähige Küche. Nostalgie wie in St.Moritz In Boston eröffnete jüngst das vielleicht glänzendste unter allen Mandarin Oriental Hotels, mitten im Zentrum, ein Neubau in bislang unbekanntem newengland-asian Style, mit den größten Zimmern der Stadt, in exquisitem Design, doch voll wohnlicher Wärme. Das Restaurant „Asana”, dirigiert von einem klassisch französischem Chef mit besten asiatischen Erfahrungen, serviert elegante Kreationen aus beiden Welten und dürfte auf Anhieb unter Neu Englands Top-Five gestartet sein. Grandhotels sind, ausserhalb Bostons, keine neuenglische Spezialität. Mit einer glänzenden Ausnahme: In Bretton Woods, New Hampshire, entfaltet das „Mount Washington Resort” die Grandeur und den nostalgischen Charme eines Klassikers der alten Welt, und das seit 1902. Das schweeweisse dreiflügelige Gebäude mit seinen Türmen und Erkern könnte auch in St. Moritz stehen, der Architekt hat dort gelernt und fast alle Arbeiter kamen aus Italien. Als 1944 dort die Weltwährungskonferenz stattfand, wurde das „Mount Washington” weltberühmt. Heute, um Golf und Spa und alle modernen Annehmlichkeiten bereichert, strahlt es im alten Glanz, und die Gäste drehen sich beim Abendessen wieder zum traditionellen Dinner Dancing. New Hampshire gilt unter den Nachbarstaaten als Einkaufsparadies (es gibt keine Mehrwert-Steuer), nur wenn es um Krustentiere geht, zuvörderst um Hummer, ist Maine die erste Adresse. Über die großen Hummerfestivals hat Amerikas Literatur-Star David Foster Wallace ein Buch geschrieben, insbesondere über die Psyche der delikaten Tiere. Man kriegt sie an jedem Hamburger-Stand, auf der zentralen Brücke in Kennebunkport wirtschaftet (seit 1920) eine Bretterbude namens „Clam Shack”, Hummer (aber von sensationeller Qualität) in Pappe, Chardonnay im Plastikbecher. Der Wirt beliefert auch die alte Bush-Familie in der Nachbarschaft, wenn die Staatsgäste bewirtet. Wer sein Seafood lieber kultiviert geniesst, findet in der wunderbar dekorierten „Weissen Scheune” („The White Barn”) in Kennebunkport die feinsten Gourmet-Variationen und dazu einige der schönsten Zimmer im Staat. Etwas einfacher kann man das im altmodischen „Harraseeket Inn” erleben, Winter in Vermont: Schnee, Stille und Skipisten mitten im boutiquengepflasterten Freeport, wo sich um den wohl größten und ältesten „Outdoor Outfitter” des Landes L.L.Bean (seit 1912) rund hundert Shops aller Art drängeln – dazwischen auch etliche Kioske mit Lobster-Rolls und -Fastfood. Der Helikopter im Schlafzimmer Als das spektakulärste neue Hotel gilt das „Winvian“ in Connecticut: Im Mittelpunkt eines über 46 Hektar großen Naturparks steht ein weißes Herrenhaus aus dem 18. Jahrhundert, einst Heim eines reichen Arztes im nahen Städtchen Litchfield. Drum herum haben im letzten Jahr fünfzehn junge Architekten 18 wunderbar extravagante, total modernistische Chalets gebaut (Kempinskis Architektur-Dorf bei Peking sieht dagegen ziemlich altbacken aus!) – Themenhäuser gewissermassen, mit Witz und Ironie, zu Themen wie Camping, Golf, Stall, Bibliothek oder Gewächshaus. Da gibt es Fantasy- und Kinderträume wie ein zweistöckiges Baumhaus in zehn Meter Höhe, ein Steinhaus, das aus zentnerschweren Findlingen gebaut ist oder das um eine dicke Eiche herumgebaute mit einem Farmsilo vor der Tür. In einem Cottage steht neben dem Bett ein gewaltiger Sikorski-Helikopter, original und restauriert: „Familien mit Kindern lieben es!” Das „Winvian” bietet Spa und Gastronomie auf höchstem Niveau, außerdem so manch recht seltene Kurse: Glasbläserei, „Wildschiessen”, „Autorennen”, nur Helikopterfliegen fehlt derzeit noch. 75