Guerilla-Marketing als potenzielle Werbemethode
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Guerilla-Marketing als potenzielle Werbemethode
Guerilla-Marketing als potenzielle Werbemethode für den Kulturbetrieb Autor: Sebastian Klement Kontakt: [email protected] Inhaltsverzeichnis Einleitung .............................................................................................................................. 1 1 Was ist Guerilla-Marketing? .............................................................................................. 2 1.1 Marketing versus Werbung ............................................................................................ 2 1.2 Guerilla-Marketing ......................................................................................................... 3 1.2 Geschichtliche Entwicklung des Guerilla-Marketing .................................................... 6 2 Guerilla-Marketing Methoden ........................................................................................... 7 2.1 Virales Marketing ........................................................................................................... 7 2.2 Ambush-Marketing......................................................................................................... 9 3 Fallbeispiel: Virales Marketing ........................................................................................ 11 3.1 Das Unternehmen ......................................................................................................... 11 3.2 Die geeignete Marketing Methode ............................................................................... 12 3.3 Fallbeispiel ................................................................................................................... 12 3.4 Auswertung der statistischen Daten ............................................................................. 15 4 Fazit .................................................................................................................................... 17 Literatur .................................................................................................................................... 21 Quellen ..................................................................................................................................... 21 Einleitung An kaum einen anderen Begriff werden heute so viele Hoffnungen und Erwartungen gerichtet, wie an den des Guerilla Marketing (GM). So soll GM einerseits eine effektive Methode gegen die zunehmende Reizüberflutung der klassischen Werbemethoden in der heutigen Zeit sein. Andererseits soll es Selbstständigen und Kleinunternehmern als erschwingliche Lowbudget-Marketing-Methode im Kampf um Marktanteile gegen Großunternehmen dienen. Und schließlich ist es die neue innovative Strategie, die den Kunden involviert: GM stört nicht, sondern macht dem Kunden wieder Spaß und lässt ihn zum Bestandteil eines Werbeerlebnisses werden. 1 In dieser Arbeit soll der Begriff des GM erörtert werden und dabei verschiedenen Fragen nachgegangen werden: Wie definieren sich GM-Methoden? Sind die als innovativ geltenden Methoden zu Recht so populär? Und wie einfach oder schwer ist die Anwendung der Methoden tatsächlich? Nach einer allgemeinen Übersicht zum Begriff des GM und dessen geschichtlichen Hintergrund im ersten Teil der Arbeit, werden im zweiten Teil die GM-Methoden Virales Marketing und Ambush-Marketing exemplarisch vorgestellt. Die beiden bekannten und häufig angewandten GM-Methoden werden inhaltlich vorgestellt und mit Beispielen unterlegt. Anschließend folgt im dritten Teil der Arbeit ein Fallbeispiel, bei dem die GM-Methode Virales Marketing in der Praxis angewandt wird. Eine Bonner Theatergruppe steht in diesem Fall stellvertretend als kleines Unternehmen, dessen Theaterstück mittels GM-Methode Virales Marketing beworben wird. Das Fallbeispiel soll hierbei eine Grundtendenz liefern: Wie erfolgreich können sich GMMethoden im Theaterbetrieb einsetzen lassen? Welche Regeln sind dabei zu beachten und können GM-Methoden klassische Marketing Methoden ersetzen? Die Auswertung und Analyse des praktischen Fallbeispiels liefert Erkenntnisse zu den Möglichkeiten und Erfordernissen der Verwendung von GM-Methoden im Theaterbetrieb. Die Ergebnisse aus dem Praxisbeispiel werden im Anschluss im Hinblick auf die theoretischen Erkenntnisse diskutiert, so dass im Fazit Möglichkeiten und Gefahren zum Einsatz von GM-Methoden gegeben werden können. 1 vgl. Levinson, J. , 1992, S. 18 ff. / Schulte T., 2008, S. 19 / Kachelrieß, J., 2008, S. 193 1 1. Was ist Guerilla-Marketing? 1.1 Marketing versus Werbung Der Begriff Marketing wird häufig synonym zu Werbung genutzt. 2 Diese ungenaue Differenzierung ist insofern irreführend, als dass Werbung tatsächlich nur ein Teil des Marketings ist, welches das Produkt selber, seine Qualität und Ausstattung in den Mittelpunkt stellt. Marketing ist die Kunst, Menschen dazu zu bewegen, ihre Ansichten zu ändern – oder ihren Ansichten treu zu bleiben, sofern diese lauten, mit Ihnen Geschäfte tätigen zu wollen. 3 Unter Werbung hingegen versteht man die nicht persönliche Übertragung von Botschaften mit Hilfe von Medien (Werbeträgern) mit dem Zweck der Beeinflussung von Meinungen und Verhaltensweisen. 4 In der Regel hat Werbung nur einen Absender. So würde in unserem Falle beispielsweise nur eine Kulturorganisation (z.B. ein Schauspielhaus oder eine Oper) für sich und sein Programm werben. Bei Kollektivwerbung aber beteiligen sich mehrere Organisationen an einer Werbekampagne - die Theater einer Stadt organisieren und werben zum Beispiel gemeinsam für eine „Lange Nacht der Theater“ oder einen „Theatertag“.5 Aus der im Folgenden abgebildeten Grafik (Abb.1) wird ersichtlich, wie viele Phasen eine professionelle Werbeaktion durchläuft und mit wie viel Sorgfalt vor und nach der Werbeaktion gemessen und kontrolliert wird. Die einzelnen Punkte sollen an dieser Stelle nicht detailliert aufgeführt werden, sondern dokumentieren die professionelle Werbeplanung und dessen Ablauf, die sich idealtypisch in verschiedene Phasen aufteilt. In diesem Zusammenhang vermutet Lürssen, dass besonders kulturelle Einrichtungen in der Praxis nicht mit der Sorgfalt vorgehen, wie sie in dem abgebildeten Schaubild dargestellt ist. 6 Unprofessionelles Werbemanagement führt nach Lürssen zu hoher Unwirtschaftlichkeit, die durch professionelle Vorgehensweisen vermieden werden könnten. 2 vgl. Lürssen, J., Werbung, 2006, S. 248 vgl. Levinson, J. C., Guerilla Marketing des 21. Jahrhunderts, 2008, S. 15 4 vgl. Klein, A., Kulturmarketing, 2001, S. 423 f. 5 vgl. Thommen / Achleitner, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2006, S. 261 6 vgl. Lürssen, J., Werbung, 2006, S. 259 f. 3 2 Festlegung der Werbeziele im weiteren Sinne: Werbeobjekte Zielgruppe Werbeziele i.e.S. (Inhalt und Ausmaß) Werbezeitraum Bestimmung des Werbebudgets und Mediaplanung Festlegung der Werbebotschaft (Copy Strategy) Gestaltung der Werbemittel Kontrolle der Werbewirkung (Pretest) Durchführung der Werbekampagne Kontrolle des Werbeerfolgs Abb. 1: Festlegung der Werbeziele nach Becker, J. (S. 567) und Homburg, C. / Krohmer, H. (S. 765) 1.2 Guerilla-Marketing Der Begriff Guerilla-Marketing (GM) wurde bereits Mitte der 60er Jahre geprägt und beschreibt vereinfacht gesagt Werbung 7 aus dem Untergrund. GM-Methoden sind spezielle Werbemaßnahmen, die mit relativ wenig Budget umgesetzt werden, sich möglichst durch Mund-zu-Mund Propaganda verbreiten und somit den Erfolg einer Marke erhöhen. Um aus der Masse herauszuragen, lässt man sich möglichst 7 Demnach wird bei dem Begriff Guerilla‐Marketing nicht differenziert zwischen Marketing und Werbung. Es handelt es sich jedoch bei den im Folgenden vorgestellten Methoden des Guerilla‐ Marketings um Werbemethode. Somit wäre ein Begriff der Guerilla‐Werbung nach der oben aufgeführten Definition zutreffender, die sich jedoch umgangssprachlich nicht durchgesetzt hat. 3 ausgefallene Aktionen einfallen, die sich vor allem wegen ihrer Originalität einprägen und Interesse wecken. 8 Der Marketing-Experte Jay Levinson ist der Begründer des GM, welches er 1983 mit seinem Buch „Guerilla-Marketing“ weltbekannt machte und als Marketing-Methode etablierte. Für ihn bedeutet GM vor allem, mit unkonventionellen Mitteln konventionelle Ziele wie Profite und Spaß an der Geschäftstätigkeit zu verfolgen. 9 Für die damalige Zeit sicherlich eine unkonventionelle Betrachtungsweise der Dinge. Levinson betrachtete GM vor allem als günstige Lowbudget-Marketing-Methode für Selbstständige und Kleinunternehmen, die aufgrund ihrer einfachen Strukturen und Flexibilität ganz anders agieren konnten und mussten, als Großunternehmen. 10 Heutzutage betreiben alle Großunternehmen GM und aufgrund des technischen Fortschritts erscheinen manche Tipps von Levinson, wie z.B. GM-Taktiken beim Telefonmarketing 11 heute als antiquiert. Nach Schulte sollte sich GM von den Marketingaktivitäten der Wettbewerber abgrenzen, auffallen und durch Anderssein bestechen, um erfolgreich zu sein. 12 Hierzu fast er charakterisierende Merkmale des Guerilla-Marketing zusammen: unkonventionell überraschend originell / kreativ frech / provokant kostengünstig / effektiv flexibel ungewöhnlich / untypisch witzig spektakulär ansteckend Tabelle 1: Charakterisierende Merkmale des Guerilla Marketings nach Schulte, T. (S. 17) Von klassischen Werbemethoden grenzt sich das GM klar ab: „Werbung soll nicht stören, sondern wieder Spaß machen. Der Kunde soll Bestandteil eines Werbe- bzw. Marketingerlebnisses werden.“ 13 8 vgl. Kachelrieß, J., Selbstvermarktung für Musiker, 2008, S. 193 vgl. Levinson, J. C., Guerilla Marketing des 21. Jahrhunderts, 2008, S. 16 f. 10 vgl. Levinson, J. C., Guerilla Marketing, 1992, S. 18 ff. 11 vgl. Levinson, J. C., Die besten Guerilla‐Marketing‐Ideen, 2000, S. 82 f. 12 vgl. Schulte, T., Guerilla Marketing für Unternehmertypen, 2008, S. 19 13 vgl. ebd. S. 17 9 4 Zu Beginn war GM eine Methode, die vor allem von kleinen und mittelständischen Unternehmen genutzt wurde. Großen Unternehmen war GM zu dem Zeitpunkt nicht bekannt oder es wurde ignoriert – man war sich seiner Potenz und finanziellen Stärken gegenüber der Konkurrenz sicher. Im Laufe der Jahre erkannten dann auch die großen Unternehmen den Wert des GM für sich: die zunehmende Reizüberflutung und mangelnde Akzeptanz der Kunden gegenüber klassischer Marketing-Methoden erforderte neue Strategien. Heutzutage nutzen kleine wie große Unternehmen GMMethoden. Ziel ist es, Maximale Aufmerksamkeit in der Zielgruppe bei minimalen Kosten zu erreichen: Abb. 2: Guerilla Marketing Ziele nach Schulte, T. (S. 18) GM-Methoden lassen sich nach Schulte in die drei Kategorien „Out-of-Home“, „New Media“ und Low Budget einteilen. Abb. 3: Kategorien des Guerilla Marketings nach Schulte, T. (S. 20) Im zweiten Teil dieser Arbeit werden anschließend die GM-Methoden Virales Marketing und Ambush Marketing aus den Kategorien „Out-of-Home“ und „Low Budget“ detailliert vorgestellt. 5 1.3 Geschichtliche Entwicklung des Guerilla-Marketing Der Begriff und das Konzept des Guerilla-Marketing (GM) haben ihren Ursprung aus den 60er Jahren. Damals fand in den Vereinigten Staaten ein Wandel vom Verkäufermarkt zum Käufermarkt statt und man war auf der Suche nach neuen Möglichkeiten und Strategien. Der Vietnam-Krieg beherrschte damals das aktuelle politische und gesellschaftliche Weltbild. Die damalige unkonventionelle, überraschende und flexible Kriegsführung des im Vergleich zu den Vereinigten Staaten minderbemittelten Vietkongs wurde von Wissenschaftlern für neue Strategien auf dem Käufermarkt abgeschaut. Statt Marktmacht, Größe und Kapitalkraft wurden neue Strategien, die auf Einfallsreichtum, Unkonventionalität und Flexibilität basierten, entwickelt. Die erfolgreiche Guerilla-Kriegsführung wurde schließlich auch von anderen gesellschaftliche Gruppen und Organisationen bemerkt, die auch heute noch aktiv GM betreiben: So erreicht beispielsweise Greenpeace bis heute durch kreative Guerilla-Aktionen, wie zuletzt mit dem Anbringen eines großen Transparents an der CDU Parteizentrale, immer wieder Aufmerksamkeit in den Medien. Der ursprüngliche Begründer des GM ist der MarketingExperte Jay Levinson. Mit seinem Buch „Guerilla Marketing“ machte er 1983 den Begriff und die Methoden weltbekannt. Levinson, der unter anderem Karriere bei Abb. 4: Guerilla Marketing Aktion von Greenpeace Unternehmen wie Weiner Gossage, Edward H. Weiss und Leo Burnett in Führungspositionen machte, ist heute Geschäftsführer von Guerilla Marketing International und der Guerilla Marketing Association. 14 Ende der 60er Jahre legten die amerikanischen Marketingspezialisten Al Ries und Jack Trout das GM-Konzept als konstruktive strategische Option insbesondere für kleine und 14 vgl. www.gmarketing.com/association 6 mittelständische Unternehmen aus. 15 Sie definieren drei Hauptprinzipien für erfolgreiches GM: 1.) Marktnische ausfindig machen und verteidigen Unternehmen müssen Marktnischen ausfindig machen, die übersichtlich bzw. klein genug sind, um verteidigt werden zu können. Die Beschränkung auf eine kleine Marktnische gewährt einem kleinen Unternehmen mit dessen limitierten Mitteln gegen ressourcenstarke Konkurrenz zu bestehen. 2.) Schlanke Organisationsstruktur Eine hohe Reaktionsgeschwindigkeit ist notwendig, um auf marktrelevante Veränderungen reagieren zu können. Deshalb muss der Anteil an verwaltenden Mitarbeitern klein sein. 3.) Hohe Flexibilität Schnelles und flexibles Handeln ohne große Bürokratie. Nimmt ein Betätigungsfeld an Bedeutung oder Rentabilität ab, muss die Möglichkeit bestehen, dieses möglichst schnell aufgeben oder abstoßen zu können. In den späten 80er und den frühen 90er Jahre wurden Marketing-Begriffe wie AmbushMarketing, Virales Marketing und Ambient-Marketing kreiert und entwickelt. Heute werden GM-Methoden von kleinen und großen Unternehmen angewandt. 2. Guerilla-Marketing Methoden 2.1 Virales Marketing Der Begriff Virales Marketing (VM) stammt aus dem Jahre 1989 und wurde zum ersten Mal von John Bownes im Zusammenhang mit einer scheinbar epidemischen Ausbreitung eines bestimmten Unternehmen gebraucht. 16 Computermodells 16 vgl. Kirby, A. / Trout, J., Marketing Warfare, 2005, S. 101 vgl. Kirby, J. / Marsden, P., Connected Marketing, 2006, S. 89 7 SE) in einem Populär wurde der Begriff Ende der 90er Jahre und wurde 1998 zum Internet Buzzword of the Year gekürt. 15 (Macintosh Beim VM wird die Verbreitung einer Botschaft durch den Gebrauch sozialer Netzwerke erreicht. Der Begriff Virus bzw. viral nimmt dabei Bezug auf die schnelle netzwerkartige Verbreitung von Botschaften, welche einer epidemischen Virusverbreitung entsprechen. Verwandte Begriffe wie das Buzz Marketing oder die Mundpropaganda werden der Familie des VM zugeordnet. 17 Jeder Mensch ist in verschiedene Netzwerke integriert: Freunde, Familie, Bekannte und Arbeitskollegen. Solche Menschen beeinflussen unsere Kaufentscheidungen durch Informationen und Meinungen, die innerhalb dieser Netzwerke ausgetauscht werden und besitzen automatisch einen höheren Stellenwert. Diesen Mechanismen bedient sich die Methode des VM, indem Botschaften über solche Netzwerke verbreitet werden. Das VM wird hierbei über verschiedene Kanäle verbreitet: • Klassisch über Mund zu Mund Propaganda • Über Mobile Dienste wie zum Beispiel MMS, SMS, Bluetooth • E-Mail Empfehlungen / Weiterleitungen • Tell-A-Friend oder Send-To-Friend Funktionen im Internet • Chat-, Forum- oder Blog-Attacken • Virale Effekte über Portale und Netzwerke wie z.B. YouTube Als besonders geeignet hat sich das das Internet als Trägermedium erwiesen, denn es überwindet Raum und Zeit in Sekundenschnelle und kann Nachrichten vielfach potenzieren. Seitdem das Internet (zumindest in Deutschland) fast in allen Haushalten in Breitbandformat zugänglich ist, erfreuen sich Online-Video Portale – allen voran YouTube – besonderer Beliebtheit bei den Internetnutzern. Die bekannteste und am weitesten verbreitete Methode des VM ist das Streuen von Videoclips im Internet. So wie für alle anderen GM-Methoden auch, sind für das VM gewisse Parameter zu beachten, von denen eine erfolgreiche Kampagne maßgeblich abhängen kann. 17 vgl. Schulte, T., Guerilla Marketing für Unternehmertypen, 2008, S. 58 8 So müssen Videoclips, die gestreut werden, polarisieren und von den Nutzern als empfehlenswert beurteilt werden, damit eine Verbreitung überhaupt funktioniert: „Nach Möglichkeit sollte das Kampagengut unterhaltsam, nützlich, neu und einzigartig sein.“ 18 Abb. 5: Viraler Clip Sportka auf der YouTube Plattform Weitere wichtige Parameter sind der richtige Anstoß in der richtigen Zielgruppe durch geeignete Überträger. Der Viral-Clip „Sportka“ (Abb. 5) ist eine der erfolgreichsten VM-Kampagnen der letzen Jahre und wurde vom Unternehmen Ford speziell für das Internet konzipiert. In dem Clip sitzt eine Taube auf einem Baum in unmittelbarer Nähe zu einem Ford KA. Als die Taube auffliegt, um sich auf den Ford KA zu setzen, wehrt sich das Auto mit der Motorhaube, und versetzt so der Taube einen Schlag. Der Sportka bleibt sauber. Der unvorhersehbaren Wendung des Clips, der von den Internetnutzern als komisch und empfehlenswert empfunden wurde, verdankt der gut gemachte Clip seinen Erfolg. 2.2 Ambush-Marketing Der Begriff Ambush-Marketing (AM) geht zurück auf den amerikanischen Marketingexperten Jerry Walsh und bedeutet übersetzt „ein Überfall aus dem Hinterhalt“. 19 AM ist vergleichbar mit klassischem Sponsoring, jedoch ist der Werbetreibende beim AM kein offizieller Sponsor. Vielmehr macht er durch geschickte Aktionen bei einem Ereignis von großen öffentlichem Interesse auf sich aufmerksam und leitet so die Aufmerksamkeit auf sich. Dies ist vollkommen legal und kann meistens nicht per Gesetz oder einstweiliger Verfügung gestoppt werden. 18 19 vgl. Schulte, T., Guerilla Marketing für Unternehmertypen, 2008, S. 59 vgl. Holzapfel, F., Guerilla Marketing. Online, Mobile und Crossmedia, 2006, S. 119 9 AM-Taktiken wurden zum ersten Mal 1984 bei den Olympischen Sommerspielen in Los Angeles eingesetzt. Damals attackierte Kodak mittels AM seinen Konkurrent und offiziellen Sponsor der Olympischen Spiele Fuji. Kodak sponserte damals TVAusstrahlungen der Olympischen Spiele sowie das US-Leichtathletik-Team. 20 Seit den Olympischen Sommerspielen, bei denen Sponsoring zum ersten Mal im großen Stile stattfand, nahm das Interesse großer Firmen stetig zu, Sponsor von großen, weltweit ausgestrahlten Fernsehereignissen zu sein. Der steile Anstieg der Sponsorenbeiträge brachte die Strategie des AM hervor, mit der sich auch kleinere Firmen oder die direkte Konkurrenz in die Veranstaltungen einschlichen. Mittlerweile achten die Veranstalter streng darauf, dass sich keine nicht-offiziellen Sponsoren über AM-Methoden in die Veranstaltungen einschleichen. Sie versuchen dies z.B. durch Bannmeilen um das Event herum zu erreichen, in dem andere Firmen als die offiziellen Sponsoren striktes Werbeverbot erhalten. 21 Eine andere Möglichkeit, eingeschlichenen Werber zu verbannen, ist der Gebrauch des Hausrechts: so wurde beispielsweise einer Gruppe von Frauen, die in den Farben einer bekannten holländischen Brauerei gekleidet waren, der Zutritt zu einem WM-Stadion verwehrt. 22 AM ist vielfältig und weist viele verschiedene Strategien auf: • Die Besucher von Events mit eigenen Werbemitteln wie Hüten, TShirts, Fahnen, Bechern, Tüten, Klatschhänden, Tröten etc. ausrüsten • Einzelne Top-Sportler oder Künstler im eigenen Label auftreten lassen • Aufsehen erregende eigene Aktionen im Umfeld der Veranstaltung • Ausnutzen von Werbeflächen rund um den Austragungsort • Zeitlich parallel gelagerte Medienwerbung in TV, Funk und Print • Verkaufs- und Werbeaktivitäten mit Bezug auf Großereignisse durchführen 20 vgl. Schulte, T., Guerilla Marketing für Unternehmertypen, 2008, S. 35 vgl. Schmid‐Petersen, F., Ambush Marketing – Werbung aus dem Hinterhalt, 2004, S. 1 22 vgl. Fritsch, O., 35 Models im Mini – so geht Guerilla‐Marketing, 2010, S. 3 21 10 Eine sehr erfolgreiche AM-Kampagne wurde von Nike bei dem von Konkurrent Adidas gesponserten Berlin-Marathon in Szene gesetzt. Hierbei wurde der mit 78 Jahren älteste Läufer im Teilnahmefeld Heinrich Blümchen von Nike mit Sportartikeln ausgestattet. Dazu wurden rund um die Strecke Plakate von Heinrich mit den Sprüchen „Go Heinrich Go“, „Berlin loves Heinrich“ und „Just do it – Heinrich“ gebucht. Des Weiteren Abb. 6: Plakat der Guerilla Marketing Kampagne von Nike wurden Interviews in den Medien für Heinrich verschafft und Heinrich bekam zudem noch eine eigene Zeitung gestellt. Die rührende Geschichte um Berlins ältesten Marathonteilnehmer verschaffte nicht nur Heinrich hohe Sympathiewerte, sondern brachte auch Nike viel Aufmerksamkeit ein. 3. Fallbeispiel: Virales Marketing Nachdem im letzen Abschnitt zwei besonders populäre und häufig angewandte Guerilla-Marketing Methoden (GM-Methoden) vorgestellt wurden, wird in diesem Abschnitt die GM-Methode Virales Marketing (VM) anhand eines konkreten Fallbeispiels vorgestellt. Es sollen hierbei die im ersten Teil vorgestellten Thesen und Einsatzmöglichkeiten von GM (vor allem) für kleine Unternehmen überprüft werden. 3.1 Das Unternehmen GM ist insbesondere eine Werbemethode die „vor allem als günstige LowbudgetMarketing-Methode für Selbstständige und Kleinunternehmen“ 23 dient, die nicht mit dem Budget der großen Unternehmen konkurrieren können. Übertragen auf die Kulturlandschaft in Deutschland, soll deshalb als Fallbeispiel auch kein mittleres oder großes Theaterhaus dienen, dass von Bund, Land oder Kommune subventioniert wird. Stattdessen wurde hier eine kleine Theatergruppe aus einer Großstadt gewählt, die sich 23 vgl. Schulte, T., Guerilla Marketing für Unternehmertypen, 2008, S. 18 ff. 11 hauptsächlich mit Einnahmen aus Kartenverkauf, Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanziert – teure klassische Marketingmethoden können hier nicht angewandt werden. Es handelt sich bei der Theatergruppe um die Bonn University Shakespeare Company (BUSC) aus Bonn, welche die Rechtsform des eingetragen Vereins trägt. Die BUSC wurde im Jahr 1992 am Englischen Seminar der Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn gegründet. Seit 18 Jahren bringt die BUSC Theaterstücke von Shakespeare und anderen Autoren in englischer Sprache auf die Bühne. Im Jahr inszeniert die BUSC zwei Theaterstücke, die ensuite im Bonner Kulturzentrum Brotfabrik, einem etablierten Kulturbetrieb der Stadt, aufgeführt werden. Unterstützung erhält der Verein aus dem professionellen Theaterbereich und finanziert sich aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden, dem Erlös vom Kartenverkauf und durch Werbeanzeigen. Alle Ämter werden ehrenamtlich ausgeführt. Die oben genannten Strukturen des Vereins und den lokalen Begebenheiten qualifizieren die Theatergruppe BUSC, um Nutzung von GM-Methoden für kleine Unternehmen zu untersuchen. 3.2 Die geeignete Marketing Methode Das Virale Marketing (VM) zeichnet sich im Gegensatz zum Ambush-Marketing (AM) vor allem durch die Nutzung des Internets aus. Wie bereits oben dargelegt, wird beim VM die Verbreitung einer Botschaft vor allem durch den Gebrauch sozialer Netzwerke erreicht. Da die BUSC bereits in sozialen Netzwerken etabliert ist (Mitglieder-Netzwerk, eigene Gruppendarstellung in sozialen Netzwerken wie StudiVZ.net oder Facebook.com) und der jungen Zielgruppe insbesondere das Überträgermedium Internet zugänglich ist, erscheint somit die GMMethode Virales Marketing zur Bewerbung einer Theaterproduktion der BUSC als besonders geeignet. Im Folgenenden wird die erfolgreichste und häufigsten angewandte Form des VM getestet: das Streuen von Videoclips im Internet. 12 3.3 Fallbeispiel Die BUSC arbeitet schon seit ein paar Jahren mit Video-Trailern, um im Vorfeld der Aufführungen die Aufmerksamkeit potentieller Zuschauer zu wecken und für das Stück zu werben. Grundsätzlich hat der Theaterverein erkannt, dass sich über das Medium Internet verbunden mit der Videoplattform YouTube relativ einfach und kostengünstig eine große Zielgruppe erreichen lässt. Inhaltlich wurde sich jedoch bislang nicht an den oben angesprochenen Kriterien für Virales Marketing (VM) orientiert, so dass bis dato zwar jeweils ein Werbeerfolg erzielt werden konnte, dieser jedoch nicht auf bestimmte Parameter zurückgeführt werden konnte. Für die BUSC Schauspielproduktion „A Clockwork Orange“ von Anthony Burgess aus dem Jahr 2009 wurde unter der Leitung des Autors ein Video-Trailer produziert, der den Kriterien für VM gerecht wird. Die oben aufgeführten Parameter (S. 9) wurden hierfür berücksichtigt: 1.) Der Anstoß in der richtigen Zielgruppe durch geeignete Überträger. 2.) Das Kampagengut soll unterhaltsam, nützlich, neu und einzigartig sein. 3.) Videoclips, die gestreut werden, müssen polarisieren und von den Nutzern als empfehlenswert beurteilt werden. 24 Zu Punkt 1.: Die BUSC ist ein Theaterverein, der von Studenten des Anglistischen Seminars der Universität Bonn gegründet wurde und noch überwiegend betrieben wird. Obwohl sich mittlerweile die Mitglieder aus allen Fakultäten der Universität zusammensetzen, gibt es immer noch eine starke Bindung zum Anglistischen Seminar und den dort dozierenden Professoren, die die BUSC unterstützen. Das Publikum der BUSC ist jung und das Programm spricht überwiegend (vor allem durch die oben aufgeführten Strukturen) Studenten der Universität an. Es gibt somit eine junge studentische Zielgruppe. Das Medium Internet und insbesondere die Online-VideoPlattform YouTube erweisen sich für die Zielgruppe als geeignetes Überträgermedium da nach der ARD/ZDF Onlinestudie 95 % der 14-19jährigen und 85 % der 2029jährigen Videoportale nutzen. 25 Der Video-Trailer wird in das soziale Netzwerk 24 25 vgl. Schulte, T., Guerilla Marketing für Unternehmertypen, 2008, S. 59 vgl. ARD/ZDF Onlinestudie 2010 13 YouTube eingestellt und gleichzeitig auf die Internetseite der BUSC sowie in das studentische Netzwerk StudiVZ und Facebook eingebunden. Zu Punkt 2.: Die BUSC-Werbekampagne orientiert sich an Anthony Burgess’ düsteren Blick auf eine Gesellschaft, deren Verkommenheit durch die Geschichte des jugendlichen Protagonisten Alex deutlich wird, der im Stück pöbelnd, raubend und mordend mit seiner Gang umher zieht, bis er schließlich für seine Gewalttaten inhaftiert Abb. 7: Viraler Videoclip der Bonn University Shakespeare Company auf YouTube wird und so zum ersten Mal selber in die Opferrolle gerät. Das Täter-Opfer-Motiv des Stückes orientiert sich an vergangenen Fällen von Gewalttaten (z.B. U-Bahn Schläger von München), die in den Medien für viel Aufsehen sorgten und politische Debatten über Moral, Gewalttätigkeit im Alltag und Jugendstrafrecht bewirkten. Es erfolgt somit ein Transfer des Stückes in die heutige Zeit. In Anlehnung solcher Gewalttaten, die nicht nur im Stück von Anthony Burgess vorkommen, sondern auch in regelmäßigen Abständen in unserer jetzigen Gesellschaft Thema sind, wird für das Trailer-Video eine ca. 5 minütige Szene in einem Parkhaus 14 gedreht, in der Protagonist Alex mit seiner Gang ein hilfloses Opfer verprügeln und ausrauben. Als Kontrast zur gewalttätigen Szene läuft Alex` Lieblingsmusik von Beethoven (9. Symphonie), die genau auf die Schläge der Protagonisten abgestimmt ist. So entsteht ein verschrobenes Video, das durch den inhaltlich-musikalischen Kontrast verwirrt und so Aufmerksamkeit erlangt. Das Kampagnengut des Video-Trailers kann somit als einzigartig und neu bezeichnet werden und weist einen authentischen Unterhaltungswert auf. Zu Punkt 3.: Anschließend an das zweite Kriterium, kann davon ausgegangen werden, dass das YouTube-Video durch den oben beschriebenen gewaltsamen und kontrastreichen Inhalt polarisiert. In wie fern die Nutzer das Video als empfehlenswert empfinden und weiter empfehlen, zeigt sich in der anschließenden Analyse. 3.4 Auswertungen der statistischen Daten Abb. 8: Statistische Darstellungen des viralen Clips Neben der Anzahl der Zugriffe auf YouTube-Videos lassen sich Statistiken zum jeweiligen Video abrufen. Neben der Zahl der Aufrufe insgesamt (729) wird anhand einer Grafik der Verlauf der einzelnen Aufrufe des Videos detailliert dargestellt. Anhand der Statistik kann genau nachverfolgt werden, wie viele Aufrufe von welcher Video-Quelle betätigt wurden. Die Buchstaben auf der Zeitlinie stellen die einzelnen Verlinkungen des Videos dar (Abb. 8). 15 Abb. 9: Datierte Auflistung der Verlinkunges des viralen YouTube Clips Anhand der Auflistung der Verlinkungen des Videos wird ersichtlich, woher die Aufrufe der Nutzer erfolgten (Abb. 9). Zum ersten Mal wurde der Video-Trailer am 23.06.2009 eingestellt. Um die Zielgruppen der BUSC anzusprechen, wurde das Video auf die vereinseigene Homepage und in eine StudiVZ-Gruppe der Produktion eingebettet. Die Funktion der Einbettung von YouTube-Videos ermöglicht es, Videos auf anderen Webseiten oder sozialen Netzwerken einzubinden, ohne dass der Nutzer direkt auf das Videoportal YouTube zugreifen muss (Abb. 10). Abb. 10: Einbettung des viralen YouTube‐Clips auf der Homepage der Vereinsseite und im sozialen Netzwerk StudiVZ.net Weitere Statistikangaben (Abb. 11) werden zum Alter und Herkunftsland der Zielgruppe gemacht. Die Angaben zum Alter der Zielgruppe sind nur bedingt repräsentationsfähig, da in dieser Statistik nur die Nutzer mit eigenem YouTubeAccount aufgeführt sind und die dort ihre Altersangaben hinterlegt haben. Der Trend zum jungen Publikum stimmt jedoch mit dem durchschnittlich jungen Publikum der 16 BUSC überein. Es erfolgten auch Aufrufe durch Nutzer aus dem Ausland, zu deren genauen Anzahl keine Angaben gemacht werden. Abb. 11: Altersangaben und Herkunftsland der Nutzer, die auf den viralen YouTube Clip zugegriffen haben Grundsätzlich wurde der Video-Trailer der BUSC für die Produktion „A Clockwork Orange“ positiv aufgenommen (mündliches Feedback sowie Kommentare). Im signifikanten Zeitraum vor und während der Produktion wurde er über 500-mal angeklickt. Obwohl sich im Vergleich zu vorangegangenen BUSC-Produktionen die Gesamtanzahl der Aufrufe des produktionseigenen Video-Trailers verbessert hat, ist das Ergebnis der Aufrufe eher als gering bis mittel zu bewerten. Ein Grund für die geringen Zugriffszahlen ist der Zeitpunkt der Veröffentlichung des Videos. Wegen des terminlichen Zeitdrucks der Produktion konnte das Video erst acht Tage vor dem Premierentermin produziert und veröffentlicht werden. Wie anhand der Statistik aus Abb. 10 entnommen werden kann, wurde das Video zudem über die wichtigen sozialen Netzwerke StudiVZ.net und Facebook.com kaum wahrgenommen: Hauptsächlich wurde der Trailer über die Einbettung auf der Produktionseigenen Homepage (241) aufgerufen. Es folgen die YouTube-Suche (75) mit den Schlagwörtern „clockwork orange“ und „busc“ und den Einbettungen über StudiVZ (15) und Facebook (9). 17 4. Fazit 1.) Guerilla Marketing ist kein Allheilmittel Die Idee des Guerilla Marketing (GM) entstand aus der Not kleiner und mittelständischer Unternehmen, die auf der Suche nach neuen Methoden waren, um auf dem Markt gegen Großunternehmen bestehen zu können. Mit unkonventionellen Mitteln sollten konventionelle Ziele wie Profite und Spaß an der Geschäftstätigkeit verfolgt werden. Da jedoch auch die großen Unternehmen recht schnell auf den Wert des GM aufmerksam wurden, nutzen heute alle Großunternehmen die etablierten GMMethoden: Ziel ist es, maximale Aufmerksamkeit in der Zielgruppe bei minimalen Kosten zu erreichen. Mit der allgemeinen Erkenntnis, dass GM-Methoden ein Mittel gegen die zunehmende Reizüberflutung und mangelnde Akzeptanz der Kunden gegenüber klassischer Marketing-Methoden sind, werden von den Großunternehmen die entsprechenden finanziellen Mittel für Werbeagenturen eingesetzt. Es hat sich somit wieder ein Ungleichgewicht eingestellt, dem die kleinen und mittelständischen Unternehmen nur Stand halten können, wenn sie sich ihrer spezifischen Strukturen bedienen: Marktnische ausfindig machen, schlanke Organisationsstruktur einhalten und flexibler sein, als der Konkurrent. GM-Methoden sind keine Allheilmittel für kleine und mittlere Unternehmen, um gegen die Großen bestehen zu können. Sie sind jedoch für alle Unternehmen effektiv, wenn sie richtig eingesetzt werden und auf die jeweiligen Unternehmensstrukturen abgestimmt werden. 2.) Wenig Budget – viel Kreativität Guerilla Marketing (GM) wird als Werbemaßnahme beschrieben, die mit relativ wenig Budget umgesetzt werden kann. Wie in der Arbeit vorgestellt wurde, kann so zum Beispiel die GM-Methode Virales Marketing (VM) als Alternative zur klassischen Werbemethoden wie zum Beispiel dem Fernsehspot oder Anzeigen in weitverbreiteten Printmagazinen genutzt werden, die für viele kleine Unternehmen unbezahlbar sind. Um aus der Masse herauszuragen, gilt es daher, sich möglichst ausgefallene Aktionen einfallen zu lassen, die sich vor allem wegen ihrer Originalität einprägen und Interesse wecken. Anhand des dargestellten Fallbeispiels wird deutlich, dass es jedoch schwierig 18 ist, einen Videoclip zu produzieren, der von vielen Menschen als originell empfunden wird, und der deshalb weiterempfohlen wird. Die vorgestellten Regeln, die es dabei beim Produktionsprozess und der Verbreitung von viralen Videoclips zu beachten gilt (die richtige Zielgruppe durch geeignete Überträger, unterhaltsames Kampagengut, nützlich, neu und einzigartig etc.), sind letztlich kein Garant für den Erfolg einer Kampagne. Heute übernehmen immer häufiger Marketing-Profis aus Werbeagenturen die konzeptionelle Entwicklung von GM-Kampagnen für Unternehmen. Die Idee eines geringen Budgets für eine erfolgreiche GM-Kampagnen wird damit hinfällig. Dies belegen auch die oben aufgeführten Beispiele von sehr erfolgreichen GM-Kampagnen, die von professionellen Werbeagenturen produziert wurden. Es bleibt erstens festzustellen, dass sich nicht alle GM-Methoden dafür eignen, mit geringem Budget verwirklicht zu werden. Zweitens braucht es eine gute kreative Idee für eine GM-Kampagne, um Interesse zu wecken und sich beim Nutzer einzuprägen. Diese Aufgabe wird heute zumeist von Werbeagenturen übernommen. Schließlich ist es zwar möglich auch mit geringen finanziellen und sonstigen Mitteln eine erfolgreiche GM-Kampagne zu führen, jedoch wird die Reichweite und Aufmerksamkeit, die die Kampagne erreicht, stets in Relation zu den angewandten Mitteln bleiben. 4.) Guerilla-Marketing als Zusatzoption Wie schon aus der oben dargestellten geschichtlichen Entwicklung hervor geht, sind GM-Methoden Erweiterungen der klassischen Marketing-Methoden. Reizüberflutung und mangelnde Akzeptanz der Kunden gegenüber jenen klassischen MarketingMethoden erforderten neue zusätzliche Strategien. Ein Verzicht auf klassische Marketing-Methoden wie zum Beispiel den Werbemedien Flyer und Plakate kommt somit nicht in Frage. Stattdessen erscheint ein Marketing-Mix aus klassischen sowie innovativen Marketing-Methoden sinnvoll. Während in dieser Arbeit der kleine Theaterverein BUSC (ca. 100 Mitglieder) anhand eines Fallbeispiels vorgestellt wurde, eignen sich GM-Methoden als zusätzliche Marketing-Methode auch besonders für mittlere bis große Theaterhäuser, die gar auf eine eigene Marketingabteilung zurückgreifen können. Im Team der Marketingabteilungen werden so für einzelne ausgewählte Produktionen GM-Strategien von hauseigenen Experten erarbeitet. Der Vorteil hier ist, dass die Marketing19 Mitarbeiter einen direkten Draht zum Theaterhaus haben, somit auch Fachkenntnisse der jeweiligen Produktionen haben und die Kommunikationswege im Haus kurz sind. GM-Methoden sind eine sinnvolle Ergänzung des klassischen Marketings, die für ausgewählte Produktionen das Interesse der Stadtbürger wecken können und so zum Gesprächsthema werden können. Wichtig ist dabei – abgesehen von den finanziellen und zeitlichen Mitteln -, dass nicht jede Produktion mittels GM-Konzept beworben wird. Ansonsten gilt für GM-Methoden wie auch schon für klassische MarketingMethoden die Gefahr der zunehmenden Reizüberflutung des Kunden. Der richtige Marketing-Mix macht den Erfolg aus. 5.) Fehler schaden dem Image beträchtlich Nachdem schon zahlreiche erfolgreiche GM-Kampagnen vorgestellt wurden, sollen an dieser Stelle auch mögliche Gefahren des GM vorgestellt werden, denn Fehler können hierbei dem Image eines Unternehmens beträchtlichen Schaden zufügen. Eine bedeutende Gefahr bei GM-Kampagnen ist deren eingeschränkte Kontrollierbarkeit sobald die Kampagne in die Öffentlichkeit gelangt. Tabu- und Regelbrüche werden oftmals gerne in Kauf genommen, um zu polarisieren und Aufmerksamkeit zu erzeugen. Die Produktionsfirma Turner Broadcasting ließ so zum Beispiel für die Promotion ihrer Comicserie „Aqua Teen Hunger Force“ in zehn amerikanischen Städten blinkende Werbetafeln mit heraushängenden Drähten aufhängen – sie zeigten ein Männchen, das in obszöner Geste den Finger hebt. Während dies in den meisten Städten kaum für Aufsehen sorgte, versetzte dies die Bürger von Boston in Aufregung. Die Tafeln wurden zum Teil von den Bürgern für potentielle Sprengsätze gehalten und alarmierten die Polizei. Nachdem Brücken und Straßen von der Polizei gesperrt wurden, brach Chaos in der Stadt aus. Die Produktionsfirma entschuldigte sich anschließend bei den Bürgern der Stadt und musste sich an den Kosten von 500.000 US Dollar beteiligen, die die Aktion der Stadt beschert hatte. Zwar schnellten die Einschaltquoten der Comicserie durch die unerwartet hohe Aufmerksamkeit nach oben, jedoch waren Imageverlust und zusätzliche Kosten höher als der Gewinn an Aufmerksamkeit. Dieses Beispiel macht deutlich, dass mit GM-Aktionen nicht um jeden Preis für mehr Aufmerksamkeit geworben werden darf. Ein möglicher Imageverlust und hoher finanzieller Schaden können Folgen sein. 20 GM ist kein Allheilmittel. Stattdessen sollten GM-Kampagnen gezielt und als zusätzliche Marketing-Methode in einem Marketing-Mix von Experten (sofern vorhanden) erarbeitet und eingesetzt werden. Literatur: Becker, J. (2001): Marketing-Konzeption, 7. Auflage, München Holzapfel, F. (2006): Guerilla Marketing. Online, Mobile und Crossmedia, Köln: Holzapfel abrufbar unter: http://www.guerillamarketingbuch.com/ebook/ebookguerilla-marketing-online-mobile-crossmedia.pdf, letzter Zugriff: 20.11.2010 Homburg, C. / Krohmer, H. (2006): Marketingmanagement, 2. Auflage, Wiesbaden Kachelrieß, J. (2008): Selbstvermarktung für Musiker, Bergkirchen: PPVMedien Klein, A. (2001): Kulturmarketing. Das Marketingkonzept für Kulturbetriebe, 3. Auflage, München: DTV Kirby, A. / Trout, J. (2005): Marketing Warfare, New York: McGraw-Hill Levinson, J. C. (2000): Die 100 besten Guerilla-Marketing-Ideen, Frankfurt/Main: Campus Levinson, J. C. (1992): Guerilla-Marketing: offensives Werben und Verkaufen für kleinere Unternehmen, 2. Auflage, Frankfurt/Main: Campus Levinson, J. C. (2008): Guerilla Marketing des 21. Jahrhunderts, Frankfurt/Main: Campus 21 Lürssen, J. (2008): Werbung. In Geyer, H. / Manschwetus, U.(Hrsg.): Kulturmarketing, München: Oldenbourg Ries, J. / Marsden, P. (2006): Connected Marketing, the viral, buzz and word of mouth revolution, Burlington: Butterworth-Heinemann Schulte, T. (2008): Guerilla Marketing für Unternehmertypen: Das Kompendium, 3. Auflage, Sternenfels: Wissenschaft & Praxis Thommen, J. P. / Achtleitner, A. K. (2006): Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 5. 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