Chapelle Tasna - ADLER Medien

Transcription

Chapelle Tasna - ADLER Medien
Porträt
Kapellenjubiläum im Unterengadin:
zur Vereidigung der Gemeindebehörde
gefeiert wurde.
Viva Chapella Tasna!
Die anfänglich verwendete Bezeichnung
Chapella Alp Tasna bezieht sich auf eine
Alp im gleichnamigen Kreis des Bezirkes Inn im Unterengadin, wo die Musikanten beheimatet sind. Seit dem Abgang von Meni Rauch und Jon Steivan
Morell nennt sich die Formation nur
noch Chapella Tasna und die Funktion
des Kapellmeisters übt seither der Klarinettist Jon Fadri Tönett aus. Kurze Zeit
spielte Romina Andri an seiner Seite und
seit 2008 sorgt die aus der Steiermark
stammende Klarinettistin Waltraud Strimer-List für die weibliche Note und mit
ihrer roten Haarpracht zugleich für einen
optischen Farbtupfer.
Seit gut 15 Jahren bereichert die Chapella Tasna
die Unterengadiner Musikszene und sorgt mit ihren
traditionellen Bündner Klängen für bodenständige
Unterhaltung. Dank einem abwechslungsreichen
Jubiläums-Tonträger findet die von Traditionen
geprägte Ländlermusik der sympathischen Kapelle
jetzt ausserhalb ihrer Heimat Gehör. Stefan Schwarz
Die Gründung der Chapella Tasna ist
eigentlich auf einen Zufall zurückzuführen! Für die traditionellerweise am
ersten Januar-Samstag in Ardez stattfindende Brauchtumsveranstaltung «Bal
da la schocca cotschna» kündete sich
im Herbst 2000 eine Vakanz in Sachen
Ländlermusik an. Bei diesem «Ball des
roten Rockes» – eine Anspielung auf die
dort getragene weibliche Engadinertracht
– muss die anwesende Ländlerkapelle
während rund acht Stunden zum Tanz
aufspielen, denn die Paare tanzen von 20
Uhr bis 4 Uhr morgens regelrecht um die
Wette. Spontan stellten die Klarinettisten
Jon Steivan Morell und Jon Fadri Tönett
eine Kapelle mit Gleichgesinnten zu-
sammen, die sie von regelmässigen Stubete-Anlässen her kannten. Motivieren
für diesen «Marathon» liessen sich der
Schwyzerörgeler Otto Filli, der Akkordeonist Andrea Marugg sowie im Wechsel
die beiden Bassgeiger Meni Rauch und
Jon Duri Vital. Nach geglückter Première war allen Beteiligten klar, dass diese
Kapelle Bestand haben soll. Am vergangenen 10. Januar spielte die Chapella
Tasna nun bereits zum 15. Mal in Folge
am «Bal da la schocca cotschna» auf.
Eine ähnlich lange Tradition bahnt sich
mittlerweile auch beim «Schüschaiverball» in Ftan an, welcher bis anhin am ersten Samstag im Feb­
ruar zum Abschluss des Festes
Mit grosser Leidenschaft
Die Freude am ungezwungenen Musi­
zieren hat in der Chapella Tasna nach
wie vor den obersten Stellenwert. Bei
den sporadischen Proben für kommende
Neben der Musik und vielen weiteren Aktivitäten ist die Imkerei
für Jon Fadri Tönett eine ganz besondere Leidenschaft.
38
3/2015
Porträt
Postauto-Chauffeur Otto Filli ist gerne
auch mit seinem Töff unterwegs.
«Walli» Strimer-List musiziert wann
immer es ihr die Zeit erlaubt.
Als Dirigent leitet Andrea Marugg
auch den «Cor viril Engidina Bassa».
Auftritte oder die erst kürzlich stattgefundenen CD-Aufnahmen werden die
musikalischen Leitplanken zwar miteinander definiert, die einzelnen Titel
werden jedoch nicht bis ins letzte Detail geprobt, sondern erhalten eigentlich
erst bei der Aufführung ihre individuelle
Aussage. Jon Fadri und Walli musizieren mit ihren Klarinetten ab Noten, doch
auch da bleibt immer noch Spielraum für
einen spontanen Triller oder ein leicht
abgeändertes Cherli in der Wiederholung
eines Teiles. Otto am Schwyzerörgeli
setzt ganz bewusst auf die rhythmische
Begleitung in den passenden Harmonien
und verzichtet auf jegliche Schnörkel
oder Melodiefragmente. Dies gibt Andrea die Möglichkeit, mit der Handorgel
zwischendurch auch melodische Funktionen zu übernehmen sowie spontan mit
Gegenmelodien oder dritten Stimmen
für zusätzliche klingende Abwechslung
zu sorgen. Jon Duri seinerseits zeichnet für eine einfache, aber musikalisch
durchdachte Basslinie verantwortlich,
die zum Erkennungswert der Kapelle
beiträgt. Zu den wiederkehrenden Engagements gehören nebst den bereits erwähnten Brauchtumsbällen das Altersheimkonzert am 1.
August und der Pro SenectuteBall im Herbst, die durch weitere
Auftritte an Metzgeten, Festen
und Privatanlässen ergänzt werden. Je nach Auftritt ist die Chapella Tasna dann auch im Quartett
(ohne Akkordeon) oder im Trio (Klarinette, Örgeli, Bass) zu hören.
Im umfangreichen Repertoire finden
sich viele überlieferte Engadiner Melodien sowie Tänze von einschlägigen
Bündner Komponisten wie Luzi Bergamin, Josias Jenny, Peter Zinsli, Alfred
Oswald, Carlo Simonelli, Arno Caflisch,
Domenic Janett, Gian-Carlo Simonelli,
Pius Baumgarnter, Daniel Pfeiffer oder
Bruno Brodt. Dazu gesellen sich ausgewählte Titel von Komponisten aus anderen Landesgegenden, die sich für die
Die Chapella Tasna hat unter dem
Titel «Allegria» soeben ihre erste CD
veröffentlicht (siehe auch Seite 10).
3/2015
39
Porträt
bündnerische Musizierart eignen. Regelmässig gespielt werden Melodien von
Thomas Marthaler, Ueli Mooser oder
Stefan Schwarz.
Herzblut auch in anderen Bereichen
Wer die Tasna-Musikanten etwas näher
kennt, der weiss, dass deren Herzen nicht
nur für die Ländlermusik schlagen. Der
ledige Schreiner Jon Fadri Tönett (1969)
spielt seit 30 Jahren in der Musikgesellschaft Ardez, macht in Kammermusikformationen mit, singt im gemischten
Chor, amtet als Bürgerpräsident, wirkt
in der Kirchgemeinde, betreut als Imker gegen 20 Bienenvölker und hat in
den letzten 20 Jahren auch als Hüttenwart der Skiclub-Hütte viel Herzblut investiert. Walli Strimer (1978) lebt ihre
bereits im Kinds­alter in Österreich erwachte Musikantenleidenschaft auch
im Engadin gerne aus. Die Mutter von
zwei kleinen Kindern spielt in den Musikgesellschaften von Ardez und Ftan
sowie gelegentlich auch in Kleinforma­
tionen. Die Schweizer Ländlermusik
mit den von der Chapella Tasna oft interpretierten Mazurkas war ihr bis 2008
nicht so bekannt, hat sie früher doch neben der Blasmusik vorwiegend im Oberkrainerstil musiziert. Die Touristikerin, die heute im Architekturbüro ihres
Mannes für die administrativen Belange
sorgt, liess sich jedoch von Jon Fadri für
Schweizer Volksmusik begeistern und
fand als gute Notenleserin sofort den Zugang zur neuen Stilrichtung.
Der Postauto-Chauffeur Otto Filli (1952)
hatte schon als Kind Freude an Ländlermusik. Nach musikalischen Anfängen auf Klub-Handorgel und Klarinette
Der pensionierte Lehrer Jon Duri Vital hat auch ein grosses Herz für Pferde.
musste dieses Hobby etwas zurückstehen, weil er als Fernfahrer oft im Orient unterwegs war und kaum Musiziergelegenheiten fand. Vor 16 Jahren
begann der Vater von zwei erwachsenen
Kindern und frischgebackene Grossvater mit dem Spiel auf dem Schwyzerörgeli. Zusammen mit Jon Fadri Tönett
besuchte er in der Folge während mehreren Jahren die Musik-Kurswochen in
Arosa. Das Töfffahren ist eine weitere
Leidenschaft von Otto, der gerne auch
in der Küche steht oder sich als Hobbymaler betätigt. Der geschiedene Andrea
Marugg (1966) wohnt wieder mit seiner
Ex-Frau zusammen, ist Vater von drei
erwachsenen Kindern und hat zwei Enkelkinder. Aus gesundheitlichen Gründen musste der gelernte Automechaniker
seinen Job als Postauto-Chauffeur aufgeben, betreibt heute eine eigene Putzfirma
und wirkt zudem als Mitarbeiter eines
Bestattungsinstituts. Er ist musikalisch
äusserst vielseitig, spielte früher neben
Klavier-Handorgel und Akkordeon auch
diverse Blechblasinstrumente und leitet
mittlerweile als Dirigent den Musikverein Susch Lavin sowie den Männerchor
«Cor viril d’Engiadina Bassa». Eine ganz
besondere Beziehung hat Andrea zur alten Ober­krainer­musik, die er bei seinen
sporadischen Auftritten als Alleinunterhalter oder im Duo mit Vorliebe pflegt.
Der pensionierte Lehrer Jon Duri Vital
(1947) ist ebenfalls ein heimlicher Verehrer der Oberkrainer Musik, trifft auf
Youtube aber immer wieder auch auf
wunderschöne Melodien aus dem österreichischen Volksmusikrepertoire. Der
Vater von zwei erwachsenen Kindern
machte seine musikalischen Anfänge auf
der Geige, spielte später in der Musikgesellschaft Ardez Es- und Tenorhorn und
fand als begeisterter Tänzer schon als Jugendlicher den Zugang zur Ländlermusik. Zusammen mit seiner Frau teilt der
Bassgeiger der Chapella Tasna die Liebe
zum Chorgesang, die er gleich in zwei
Chören auslebt. Daneben beschäftigt
sich der jung gebliebene Rentner gerne
mit Pferden, gibt Romanisch-Stunden,
treibt Sport oder lebt auch mit Fotografieren, Zeichnen und Malen seine kreative Ader aus.
Kontakt
Jon Fadri Tönett
Bröl 57
7546 Ardez
Die Chapella Tasna bereichert die Unterengadiner Musikszene seit 15 Jahren.
40
Telefon 079 463 94 22
3/2015