Zeitungsartikel Zwiesel - GLOCKENTECHNIK
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Zeitungsartikel Zwiesel - GLOCKENTECHNIK
Süßer die Glocken nie klangen Geläut der Stadtpfarrkirche nach Sanierung wieder komplett – Holzjoche ersetzen Stahlträger Von Rainer Schlenz Zwiesel. Ob gestern tatsächlich der eine oder andere im Pfarrbüro angerufen und gefragt hat, ob womöglich der Papst gestorben sei, das wissen wir nicht. Alexander Lang hatte die Vermutung jedenfalls schmunzelnd geäußert, bevor er mit seinem Kollegen Stefan Gruber im Turm der Stadtpfarrkirche die Kirchenglocken in Gang setzte – und das mehrmals und so ausgiebig, dass man wirklich ein besonderes Ereignis vermuten konnte. Es war allerdings nur der Testlauf für das runderneuerte Geläut von St. Nikolaus. Seit Beginn der Woche war der Glockenstuhl der Zwieseler Pfarrkirche der Arbeitsplatz für die Chefs der Röhrnbacher Spezialfirma Lang & Gruber Glocken- und Turmuhrtechnik. Drei der fünf Glocken galt es neu zu befestigen und mit frisch geschmiedeten Klöppeln auszustatten. 21 Jahre ist Alexander Lang mittlerweile in dem Geschäft – erst bei der Passauer Glockengießerei Perner und seit Herbst 2013 im eigenen Betrieb –, aber selbst für ihn ist der Einsatz im höchsten Kirchturm der Diözese Passau etwas nicht Alltägliches: „Die Dimensionen sind schon etwas Besonderes – und auch die Größe der Glocken.“ Die Höhendimensionen des Turms haben die Glocken-Doktoren vermutlich am Feierabend kräftig in den Beinen gespürt. Etwa 50 Meter über dem Boden dürfte der Glockenstuhl der Pfarrkirche liegen, der nur über eine enge, steinerne Wendeltreppe und mehrere Holztreppen zu erreichen ist. Und zumindest durch den Wendeltreppen-Teil mussten die Männer weitgehend ohne Hilfsmittel Werkzeug und Material für ihren Einsatz hinaufschleppen. Unter anderem zirka 120 Kilo schwere Eichenholz-Joche, also Träger, an denen die Glocken befestigt werden. Die alten Joche waren der Auslöser für die Sanierungsarbeiten. Bisher waren alle Glocken von St. Nikolaus an Stahlträgern befestigt und über die Jahrzehnte hat daran erheblich der Rost genagt. Im vergangenen Herbst wurde schließlich eine der Glocken vorsorglich stillgelegt, bei deren Aufhängung die Korrosion bereits bedenklich zu werden begann; man wollte nicht riskieren, dass sie irgendwann aus der Verankerung bricht und herunterkracht. Bei zwei weiteren Glocken zeichneten sich ähnliche Probleme ab. Deshalb beschloss man in der Pfarrei, gleich eine größere Sanierungsaktion zu starten: Die Joche dieser drei kleinsten Glocken im Turm – die 950 Kilo Stefan Gruber arbeitet am Antriebsmotor der 950 Kilo schweren Marienglocke. Im Zuge der Sanierung wurden auch die Läuteräder ausgetauscht, über die die Glocken zum Schwingen gebracht werden. − Fotos: Schlenz Alexander Lang hat mit seinem Kollegen drei Glocken von St. Nikolaus neue Holzjoche angepasst. Hier ist er mit der kleinsten Glocke zu sehen, die freilich auch noch über acht Zentner wiegt . Seit 1896 hängt die Floriansglocke bereits im Turm. Auch sie hat einen neuen Klöppel erhalten. schwere Marienglocke, die rund 600 Kilo wiegende Floriansglocke und die gut 400 Kilo schwere, Johannes dem Täufer gewidmete Glocke – sollten ausgetauscht werden und in diesem Zuge sollten die Glocken auch neue Klöppel und Läuteräder erhalten. Das Diözesanbauamt genehmigte die Maßnahme und schrieb sie an Fachfirmen aus. Den Zuschlag erhielt das Röhrnbacher Unternehmen. Als Alexander Lang und Stefan Gruber am vergangenen die Klangentfaltung weicher.“ Die neuen, in der Firma vorbereiteten Holzjoche passten die Fachleute vor Ort noch ganz exakt der jeweiligen Glockenkrone an, um einen festen Sitz zu gewährleisten. Wiederum mit einem Flaschenzug wurden danach die Glocken wieder in Position gebracht und die Joche in die Lager eingehängt. Zuletzt galt es, die neuen, im Rottaler Hammerwerk Wensauer geschmiedeten und in der PartnerSchlosserei von Lang & Gruber Montag ans Werk gingen, mussten sie zunächst die drei Glocken aushängen und per Flaschenzug auf den Boden des Glockenstuhls beziehungsweise auf Kanthölzer absetzen. Dann wurden die angerosteten Stahljoche und Zugräder abmontiert, die alten Klöppel herausgenommen und abtransportiert. Ersetzt wurden die Stahljoche, wie erwähnt, durch Träger aus Eichenholz. „Die sind nicht nur langlebiger“, sagt Alexander Lang, „bei Holzjochen ist auch vorgefertigten Klöppel in den Glocken anzubringen, die Antriebsmotoren zu justieren und die Ketten in die Läuteräder zu ziehen. Ebensowichtig wie ihre stabile Verankerung ist die Abstimmung der einzelnen Glocken, wie die Experten betonen: „Schwingt auch nur eine Glocke in der falschen Frequenz, könnte das dazu führen, dass sich der Turm aufschaukelt und Risse bekommt“, erklärt Alexander Lang. Deshalb musste die elektronische Steuerung des Geläuts nach der Sanierung neu programmiert und mehrere Probedurchgänge absolviert werden. Letztendlich passte dann aber alles und so kann man ab diesem Wochenende den seit Monaten reduzierten Glockenklang der Stadtpfarrkirche wieder in ganzer Pracht vernehmen. Was man glatt als Geburtstagsgeschenk für Monsignore Max Brechenmacher deuten könnte, dessen Neunziger heute bei einem Gottesdienst um 18 Uhr gefeiert wird. Und die Turmuhr stimmt inzwischen auch wieder. Sie war die Woche über ebenfalls außer Betrieb, weil zwei so genannte Uhrschlaghämmer ersetzt werden mussten.