AUSSTELLUNGSREADER - Hammerschmiede Naichen

Transcription

AUSSTELLUNGSREADER - Hammerschmiede Naichen
AUSSTELLUNGSREADER
1
Elisabeth Plößl/Beate Spiegel: Reader der Sonderausstellung SIEGT, SPENDET, SCHREIBT AN DIE
FRONT! Plakate aus dem Ersten Weltkrieg. Hammerschmiede und Stockerhof Naichen (10.05. bis
08.11.2015): Ausstellungstexte (Rundgang) und
sowie e. Beitr. v. Mechthild
Müller-Hennig: Berühmte Plakatentwerfer.
© Schwäbisches Volkskundemuseum Oberschönenfeld 2015
Ein Museum des Bezirks Schwaben
Stockerhof Naichen
Ausstellungsübersicht
Erdgeschoss:
- Einführung: WK I, Gestaltung von Kriegsplakaten, Der Sammler Wilhelm Beck
- Kriegsanleihen
Zwischengeschoss:
- Produktwerbung
Obergeschoss:
- Kriegswirtschaft
- Spendenaufrufe
- Medienkrieg
- Revolution
Ausstellungskonzept, Umsetzung: Tina Burkhardt, Dr. Elisabeth Plößl
Texte: Dr. Elisabeth Plößl, Dr. Beate Spiegel
Zusatztexte Reader: Dr. Mechthild Müller-Hennig
Objektverwaltung: Tina Burkhardt
Objektpräsentation: Horst Geppert
Museumspädagogik: Jette Mohr
Ausstellungsaufbau: Ernst Dießenbacher, Josef Dillitz, Bruno Egge
Beschriftungen, Fotoverwaltung: Barbara Magg
Presse: Birgit Singer
Leitung: Dr. Beate Spiegel
2
Der Erste Weltkrieg 1914 1918: auch ein Krieg der Bilder
Der Erste Weltkrieg wurde für Europa und für außereuropäische Länder
Er kostete fast 10 Millionen Soldaten das Leben.
Dazu kamen unzählige zivile Opfer.
Dieser Krieg war aber auch ein Medienkrieg.
Erstmals wurde die Macht der Bilder systematisch genutzt.
Und zum ersten Mal wurden Bildmedien gezielt und massenhaft
als politisch-propagandistische Instrumente eingesetzt.
Das Plakat war eines der wichtigsten Bildmedien dieser Zeit.
Zuerst setzten Großbritannien und Frankreich erfolgreich
auf die emotionale Wirkung des Bildplakats.
Ab 1916 startete schließlich auch das Deutsche Kaiserreich
eine Offensive der Bilder.
Bildmedien wie die Plakate dienten zur Mobilisierung
den Glauben an den Sieg, die Loyalität mit der Front,
den Durchhaltewillen und die Opferbereitschaft
fördern und stärken.
3
Der Sammler K. W. Beck und seine außergewöhnlichen Plakate
Karl Wilhelm Beck, 1881 in Dornstadt bei Nördlingen geboren,
hinterließ eine außergewöhnliche Plakatsammlung, die er zum Großteil während des
Ersten Weltkrieges angelegt hatte. Bereits 1917 dokumentiert ein Verzeichnis Becks
Der Protestant Beck besuchte das Lehrerseminar in Altdorf.
1905 stellte ihn die Stadt Nürnberg als Volksschullehrer ein.
Er begann direkt nach der Mobilmachung am 1. August 1914
zu sammeln, zunächst Aufrufe und Bekanntmachungen.
Am 11. September 1914 wurde Beck eingezogen. 1916/17 und 1918 überlebte er den
Stellungskrieg an der Westfront. Dazwischen lagen krankheitsbedingte Beurlaubungen
und Schuldienst in Nürnberg.
sammlungen und
bei der Werbung für Kriegsanleihen eingesetzt wurden, erhielt Beck wohl auch so
Zugang zu Plakaten.
Nach dem Krieg führte Beck bis um 1920 seine Sammlung weiter;
er
Aufgrund seiner labilen Gesundheit trat Beck 1928 in den Ruhestand.
Nach der Zerstörung seiner Nürnberger Wohnung 1945
zog er mit seiner Frau in seinen Geburtsort Dornstadt,
wo seine Sammlung den Zweiten Weltkrieg überstanden hatte.
1957 übersiedelte Beck nach Lüneburg zu seiner Tochter, wo er 1967 starb. Seine
Sammlung hatte er einem Nördlinger Schulmann anvertraut, der sie 1988 dem
Schwäbischen Volkskundemuseum Oberschönenfeld übereignete.
Quelle: Buddecke, Albert: Die Kriegssammlungen. Ein Nachweis ihrer Einrichtung und ihres Bestandes.
Oldenburg 1917, S. 43.
4
Der Sammler Wilhelm Beck mit Frau Babette, geb. Troetsch,
und ihre Tochter Erika, 1914 bei Kriegsausbruch.
Foto: Familienbesitz Prof. Dr. Heinrich Grosse
Entwurf: Carl Schmidt-Helmbrechts (Helmbrechts/Mfr. 1872 1936 Nürnberg)
Druck: Kunstanstalt Ernst Nister, Nürnberg
Auftraggeber: Rotes Kreuz
Farblithografie; 1916
Inv.Nr. 6877
Diese Urkunde erhielt der Sammler der Plakate, Wilhelm Beck, als Erinnerung für eine dem
Spende.
5
Gestaltung von Kriegsplakaten
eine neue Herausforderung
Vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges stand die Werbung für
Produkte, Ausstellungen, Gasthäuser und Veranstaltungen im Zentrum.
Für die Produktwerbung der Vorkriegszeit in ihren Spitzenleistungen sind besonders
Lucian Bernhard, Erfinder des sog. Berliner Sachplakats, Julius Gipkens sowie der
Nach Kriegsbeginn musste staatliche und militärische Propaganda
mit der Vorkriegszeit mithalten bzw. entfiel vollständig.
Neben erfahrene Werbegrafiker traten nun Künstler und Kunsthandwerker,
die ebenfalls ab 1916 den großen staatlichen Plakatbedarf bedienten.
Stilistisch griffen die Entwürfe auf den Jugendstil zurück, führten konsequent die
Reduzierung von Bild und Text fort oder entwickelten expressive Formen.
Bereits Zeitgenossen bemängelten die im Vergleich mit der drastischen Bildpropaganda
der Franzosen, Engländer und Amerikaner mitunter schlechte grafische Gestaltung der
deutschen Plakate. Teilweise stammen diese von heute zu Recht unbekannten
Entwerfern. Die Plakatsammlung Beck verdeutlicht die gesamte gestalterische Breite
der Zeit.
Dem Künstler Fritz Erler gelang ein großer Wurf mit einem Motiv,
das millionenfach verbreitet bis heute Wirkung erzielt.
als Ikone des
6
ERDGESCHOSS: Thema Kriegsanleihen
Kauft Kriegsanleihen!
Das Kaiserreich finanzierte den Krieg vor allem durch kurzfristige Kredite und durch
Kriegsanleihen. Von 1914 bis 1918 wurden insgesamt neun Kriegsanleihen aufgelegt.
Der Erlös von rund 97 Milliarden Mark deckte
ca. 60 Prozent der Kriegskosten.
Möglichst
patriotische Gesinnung, Siegeszuversicht und Kriegsbegeisterung beweisen und ihre
Die Reichsbank organisierte die Kriegsanleihen und warb für sie, zunächst ohne Plakate.
Dies änderte sich 1916:
und die Zustimmung zum Krieg sank. Sogar Protest wurde laut gegen neue
Kriegsanleihen: Sie galten als kriegsverlängernd.
Deshalb setzte die Reichsbank ab 1916 gezielt Strategien der Wirtschaftswerbung ein.
Bildplakate die jetzt groß angelegte patriotische Werbung.
Zeitgenossen erschienen die 160 Bildplakate der Reichsbank als wirkungsvolle
dem politischen Propagandaplakat den Weg bis heute.
Kriegsanleihen
Staatsanleihen (Wertpapiere) mit Laufzeit bis 1924, einer Verzinsung zwischen 4,5% und
5%. Die Anleihen konnten im Wert zwischen 100 Mark und 100.000 Mark gezeichnet
werden. Der Staat als Schuldner setzte auf die Tilgung durch Reparationszahlungen der
besiegten Gegner. Private und institutionelle Investoren machten sich so vom
Kriegserfolg abhängig.
7
Zeichne die Kriegsanleihe! Heer und Flotte erwarten es von Dir!
Entwurf: Lucian Bernhard [d. i. Emil Kahn] (Stuttgart 1883 1972 New York)
Druck: Hollerbaum & Schmidt, Berlin
Auftraggeber: Reichsbank, Berlin
Lithografie; 1917 [aus konservatorischen Gründen hier als Reproduktion]
Inv.Nr. 5277
Bernhards Plakat zur 7. Kriegsanleihe setzt die Prinzipien der fortschrittlichen Werbegrafik um.
Der T
als Blickfang
garantieren, dass sich die Botschaft in einem Augen-Blick einprägt.
Wie eine Mauer von Erz
Entwurf: Lucian Bernhard [d.i. Emil Kahn] (Stuttgart 1883 1972 New York)
Auftraggeber: Reichsbank, Berlin
Lithografie; 1916
Inv.Nr. 4680
Die Reichsbank ließ zur 5. Kriegsanleihe im Herbst 1916 erstmals mit Plakaten werben. Der
Berliner Stargrafiker Lucian Bernhard wurde mit der Werbeleitung beauftragt und gestaltete vier
Schriftplakate. Bernhard beriet auch weitere Kampagnen der Reichsbank künstlerisch und trug
zur Professionalisierung der Werbung für Kriegsanleihen bei.
-------------------------------------------------------------Hinweis:
zeitgenöss. Zitat zu Bernhards Schriftplakaten:
Quelle: Mahlberg, Paul: Der Anblick der 5. Kriegsanleihe.
In: Kunstgewerbeblatt N.F. 11 (1917), S. 205.
Diese Plakate hingen vor allem in Schaufenstern der Stellen, wo die Anleihen gezeichnet werden
konnten, und nicht an Litfaßsäulen.
Die neue Kriegsanleihe muß erfolgreich sein
Entwurf: Lucian Bernhard [d. i. Emil Kahn] (Stuttgart 1883 1972 New York)
Druck: Dr. C. Wolf & Sohn, München
Auftraggeber: Reichsbank, Berlin
Lithografie; 1917
Inv.Nr. 5008
Der hervorragende Typograf Bernhard gestaltete bis zur letzten Kriegsanleihe im Herbst 1918
immer wieder auch reine Schriftplakate. Dieses Plakat entwarf er für die 7. Kriegsanleihe im
-Sprache, der von ihm entwickelten Schrifttype
patriotische Geldanlage.
8
Das ist der Weg zum Frieden
Entwurf: Lucian Bernhard [d. i. Emil Kahn] (Stuttgart 1883 1972 New York)
Druck: Dr. C. Wolf & Sohn, München
Auftraggeber: Kriegspresseamt, Berlin
Farblithografie; 1917
Inv.Nr. 5203
Kriegsanleihe. Die eiserne Faust, die den Feind zerschmettert, verweist auf die Gewalt der
deutschen Militärmacht. Sie erinnert auch an Götz v. Berlichingen, den Ritter mit der eisernen
wenn sie die eiserne Faust des Deutschen Reiche
So hilft dein Geld Dir kämpfen!
Entwurf: Lucian Bernhard [d. i. Emil Kahn] (Stuttgart 1883 1972 New York)
Druck: Hollerbaum & Schmidt, Berlin
Auftraggeber: Reichsbank oder Kriegspresseamt, Berlin
Farblithografie; 1917
Inv.Nr. 5285
Ein geisterhaft dargestellter U-Boot-Kommandant zeigt einem Kämpfer des Heeres die
Versenkung eines britischen Munitionstransporters durch sein U-Boot. U-Boote, so die Botschaft,
verhindern Nachschublieferungen an den Feind und retten damit auch Soldatenleben. Bernhards
Plakat warb im Heer für die 6. Kriegsanleihe.
Helft uns siegen!
Entwurf: Fritz Erler (Frankenstein/Schlesien 1868 1940 München)
Druck: Fritz Maison, München
Auftraggeber: Reichsbank, Berlin
Farblithografie; 1917
Inv.Nr. 23282
stammt von einem Gemälde des Münchner Kunstprofessors und Kriegsmalers Fritz Erler. Die
Identifikationsfigur ist der anony
Stahlhelm, Gasmaske, Handgranaten, Stacheldraht. Mit diesem Typus gab Erler dem
----------------------------------------Hinweis:
Erstes für Litfaßsäulen bestimmtes Plakat!
9
FILM
Der Ertrag der VI. deutschen Kriegsanleihe gibt unseren Helden die Kraft zum Siege
Animationsfilm der Reichsbank, 1917
Quelle: Deutsches Filminstitut - DIF, Frankfurt am Main
Länge: 1,35 Minuten
Zur bisher umfangreichsten Werbekampagne der Reichsbank für die 6. Kriegsanleihe gehörten
nsfilm
wurde für eine Kino-Wochenschau produziert.
SOCKELHAUBE: FELDPOSTKARTEN ZU ERLER
Bilderflut
Die Bildplakate der Kriegsanleihen 1917/1918 wurden in drei Formaten gedruckt:
- Überformate für Litfaßsäulen und Anschlagtafeln,
- mittlere und kleine Formate für Behörden, Banken und Stellen, wo Kriegsanleihen gezeichnet
werden konnten, für Straßenbahnen und Busse, Bahnsteige und Wartesäle.
Dazu kamen Bild- bzw. Feldpostkarten sowie der Abdruck der Motive in Zeitungen und
Zeitschriften.
Auflagen von Fritz Er
als Großformat:
als Mittelformat:
als Kleinformat:
als Bildpostkarte:
als Flugblatt:
65.000
623.000
745.000
ca. 11 Millionen
ca. 24 Millionen
Und Ihr?
Entwurf: Fritz Erler (Frankenstein/Schlesien 1968 1940 München)
Druck: Fritz Maison, München
Auftraggeber: Reichsbank, Berlin
Farblithografie; 1917
Inv.Nr. 23281
Zur 7. Kriegsanleihe im Herbst 1917 entwarf wieder Fritz Erler das Hauptplakat. Erneut ist mit
einem verwundeten K
im Cockpit seines Jagdflugzeuges, von rechts ragt der Kolben des starr eingebauten
entsprach zu wenig den Anforderungen an ein modernes Plakat.
10
Entwurf: Louis Oppenheim (Coburg 1979 1936 Berlin)
Druck: Dr. C. Wolf & Sohn, München
Auftraggeber: unbekannt
Farblithografie; 1917
Inv.Nr. 5009
alt wurde, mit dem Porträt des Generalfeldmarschalls zur erfolgreichen Werbung für die 7.
als Chef der Obersten Heeresleitung erweckte er Vertrauen und Siegeszuversicht.
----------------------------Hinweis:
Dieses Image nutzte ein weiteres Plakat der Reichsbank von Bruno Paul zur siebten Kriegsanleihe,
Und Eure Pflicht?
Entwurf: Ferdy Horrmeyer (Hannover 1890 1978 Bremen)
Druck: Hollerbaum & Schmidt, Berlin
Auftraggeber: Reichsbank, Berlin
Farblithografie; 1918
Inv.Nr. 23279
eihe
Frühjahr 1918. Damit sollte der Reichsbank eine Auswahl künstlerisch hochwertiger Plakate zur
mit einer Art Heiligenschein appelliert moralisch an die Daheimgebliebenen, ihre Pflicht mit dem
Zeichnen der Kriegsanleihe zu erfüllen.
------------------------------------------------------------------Hinweis:
Zeitgenössisches Zitat zu dem reichsweit ausgeschriebenen Wettbewerb:
Collin, Ernst: Der große Wettbewerb für Kriegsanleihe-Plakate [T. 1]. In: Deutsche Kunst und
Dekoration. Illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u.
künstlerisches Frauen-Arbeiten 42 (1918), S. 138.
11
Der letzte Hieb
Entwurf: Paul Neumann [Paul Neumann-Karlsberg?
(1868 Karlsberg nach 1948 Berlin)]; A.E.N.: Atelier Ernst Neumann, Berlin
Druck: Fritz Schneller & Co., Nürnberg
Auftraggeber: Reichsbank, Berlin
Farblithografie; 1918
Inv.Nr. 4739
eine lobende Erwähnung und wurde realisiert. Der expressiv dargestellte Heldentypus mit
Zweihänder holt er zum Hieb aus: Die Kriegsanleihe ist somit die Waffe, die zum schnellen Ende
des Krieges beiträgt.
Ich klinge Krieg, ich singe Sieg Mit offner Hand schützt Ihr das Land
Entwurf: Otto Lietz (*1881, weitere Daten unbekannt)
Druck: Fritz Maison, München
Auftraggeber: Reichsbank, Berlin
Farblithografie; 1918
Inv.Nr. 23280
Der von Lietz zum Wettbewerb
der Reichsbank ebenfalls als Plakat ausgeführt. Das Zeichnen der achten Kriegsanleihe trägt zum
Sieg bei und zum Schutz des Heimatlandes, symbolisiert von der geflügelten Glocke, die durch
den Sonnenschein schwebt.
Die beste Sparkasse: Kriegsanleihe!
Entwurf: Louis Oppenheim (Coburg 1879 1936 Berlin)
Druck: Fritz Schneller & Co., Nürnberg
Auftraggeber: Reichsbank, Berlin
Farblithografie; 1918
Inv.Nr. 4738
Realisiert wurde ebenfalls Oppenheims Wettbewerbs-Entwurf. Hier wird der Stahlhelm zur Kasse
und die Kriegsanleihe zur sicheren Geldanlage erklärt. Die vom 8. März bis zum 18. April 1918
aufgerufene Kriegsanleihe wurde zur erfolgreichsten der neun Kriegsanleihen. Dazu trugen
möglicherweise die anfänglichen Erfolge der Frühjahrsoffensiven an der Westfront bei.
Der 9te Pfeil
Entwurf: Fritz Erler (Frankenstein/Schlesien 1868 1940 München)
Druck: Hollerbaum & Schmidt, Berlin
Auftraggeber: Reichsbank, Berlin
Farblithografie; 1918
Inv.Nr. 4980
Erlers Entwurf zur 9. Kriegsanleihe wurde in einem inoffiziellen Wettbewerb der Reichsbank einer
von zwei Siegern. Strittig ist, ob das Plakat überhaupt noch verbreitet wurde. Der Held mit Pfeil
und Bogen ist ein modifizierter Entwurf seines
12
Zeichne!
Entwurf: Louis Oppenheim (Coburg 1879 1936 Berlin)
Druck: W. Hagelberg AG, Berlin
Auftraggeber: Reichsbank, Berlin
Farblithografie; 1918
Inv.Nr. 6555
Oppenheims Plakat zur 9. Kriegsanleihe wurde nach Verlängerung der Zeichnungsfrist bis zum
6.11.1918 noch ausgehängt. Ab dem 3.11. aber überstürzten sich die Ereignisse:
Matrosenaufstand in Kiel und Verbreitung der revolutionären Bewegung über ganz Deutschland,
am 9.11. Rücktritt Kaiser Wilhelms II. und Ausrufung der Republik in Berlin. Das Waffenstillstandsabkommen am 11.11. in Compiégne besiegelte die militärische Niederlage.
Die 8. Kriegsanleihe zeichne bei der Deutschen Bank
Entwurf: Siegmund v. Suchodolski (Weimar 1875 1935 München)
Druck: Kunstanstalt Oskar Consée, München
Auftraggeber: Deutsche Bank, Berlin
Farblithografie; 1918
Inv.Nr. 5324
Bankhäuser und Sparkassen waren als Vermittlungsstellen für Kriegsanleihen zugelassen und
gaben ebenfalls Werbeplakate heraus. Während des Krieges vermittelte gegen Provision die
Deutsche Bank 6,49 Milliarden Mark an Kriegsanleihen. Sich selbst belastete das Bankhaus in eher
unerheblichem Maß mit den Anleihen, die nach dem Krieg durch die Inflation wertlos wurden.
Der Weg des Geldes
Zeichnungen: Walter Trier (Prag 1890 1951 Craigleith/Kanada)
Text: Gustav Hochstetter (Mannheim 1873 1944 in Theresienstadt ermordet)
Druck, Herausgeber: Benno Heller, München
Auftraggeber: Reichsbank, Berlin
Farblichtdruck (?); 1917
Inv.Nr. 23515
Zur 7. Kriegsanleihe im Herbst 1917 erschienen zwei Bilderbögen, die zur nationalen Geldanlage
aufriefen und gezielt durch Schulen und Zeitschriften verbreitet wurden. Die Botschaft dieser
Bildergeschichte ist einfach: Die Anlage von Ersparnissen in Kriegsanleihen nützt dem Vaterland
und wirft auch Gewinn ab.
Deutschland darf nicht rasten, rosten! Und der Krieg verursacht Kosten
Zeichnungen: Louis Oppenheim (Coburg 1879 1936 Berlin)
Text: Gottlieb (d.i. ein Sammelpseudonym mehrerer Autoren)
Druck, Herausgeber: Benno Heller, München
Auftraggeber: Reichsbank, Berlin
Farblichtdruck (?); 1917
Inv.Nr. 23516
Die Bildergeschichte zeigt den von Feinden umzingelten deutschen Michel, der Geld für die
Verteidigung der Heimat braucht und sich deshalb an das deutsche Volk wendet. Die 7.
Kriegsanleihe muss mindestens so erfolgreich werden wie die 6. Anleihe, die John Bull, die
Verkörperung Großbritanniens, bereits stark geschwächt hat. Das letzte Bild zeigt ihn
zusammengesunken auf seiner Insel, der sich deutsche Schlachtschiffe nähern.
13
Reichsbanknoten (Papiermark) im Nennwert von
10 Millionen, 50 Millionen und 100 Millionen Mark
Ausgabe 22.8.1923, 1.9.1923
Inv.Nr. 3931, 18076, 18077
Der Weg in die Inflation, die 1923 ihren Höhepunkt erreichte, hatte 1914 begonnen. Das
Kaiserreich hinterließ kriegsbedingte Schulden von rund 164 Milliarden Mark.
Zu den großen Verlierern der Inflation gehörten die Käufer von Kriegsanleihen. Seit Frühjahr
1923 konnten Schulden mit entwertetem Geld bezahlt werden. Mit einem Schlag lösten sich die
Pfennige. Finanziell gehörte der Staat zu den Gewinnern der Inflation, aber viele Menschen, die
so ihr Geld verloren hatten, entzogen der Weimarer Republik ihr Vertrauen.
VITRINE
Firmenkatalog des Kunstgewerbehauses Georg Leykauf, Nürnberg
o. O., o. J. (um 1916)
Inv.Nr. 24036 (Sammlung Wilhelm Beck)
Der Katalog zeigt eine Auswahl an Ausrüstungsgegenständen und Liebesgaben für Frontsoldaten,
patriotische Andenken an das Kriegsjahr 1914/15, Kriegsschmuck aus Geschützbronze und vieles
mehr.
Armreif aus einem Granatführungsring
Kupfer, matt vergoldet, Eichenlaub, Silber und Eisernes Kreuz, emailliert, aufgelegt; rückseitig
Deutschland, 1914/1916
Leihgabe: Martha Hafner, Mickhausen
Der Armreif mit aufgelegten nationalen Symbolen stammt aus der industriellen
Kriegsschmuckproduktion. Vertreter der Pforzheimer Schmuckindustrie reisten mit Musterkoffern
an die Front, wo Soldaten solche Armbänder als Erinnerungsstücke erwarben. Soldaten fertigten
aber auch selbst einfachere Armreifen aus Führungsringen von Blindgängern an.
Zu Anhängern umgearbeitete Patronenprojektile
2 Spitzgeschosse und ein Rundkopfgeschoss, Patronenhülsen
Inv.Nr. 20704
Ein Bobinger Gebirgsjäger, der an der Grenze zu Italien und in Rumänien eingesetzt worden war,
bewahrte Geschosse von Infanteriepatronen als Erinnerung an das Kriegsgeschehen auf. Mit
silbernen Fassungen, z. B. mit Eichenlaubdekor, waren solche Projektile fester Bestandteil von
Kriegsschmuckkollektionen und etwa als Anhänger von Uhrenketten verwendet.
14
Sparbüchse in Granatenform
Weißblech, Kupfer, gefalzt, gestanzt; Eisernes Kreuz geprägt, aufgelegt
Deutschland, 1914/1915
Inv.Nr. 18512
(Geschütz) galt als Wunderwaffe. Es gab auch Sparbüchsen in Stahlhelmform oder aus Granaten
gefertigt.
Fotopostkarte, ohne Bildtitel und ohne Bezeichnungen, nicht gelaufen
Lichtdruck (?); 1914/1918
Inv.Nr. 24419
Ein Soldat präsentiert sich im Größenvergleich mit feindlichen Granaten verschiedenen Kalibers.
Ein Bobinger Kriegsteilnehmer bewahrte diese Karte als persönliche Erinnerung an seinen
Fronteinsatz auf.
KRIEGSANDENKEN 1914/15 ORIGINAL DEUTSCHE FLIEGERPFEILE
Ein Fliegerpfeil erhalten, Stahl, montiert auf Karton
Deutschland, um 1915
Inv.Nr. 23698 (Sammlung Wilhelm Beck)
Zu Kriegsbeginn warfen Piloten aller kriegführenden Nationen kleine Bomben und sog.
konnte man sie auch als nationale Kriegsdevotionalie erwerben.
Gedenkteller: Zum Patengeschenk Weltkrieg 1914 15
Porzellan, Goldstaffierung, gedruckter und gemalter Dekor, Widmung in Gold schabloniert; nicht
gemarkt
Deutschland, 1915
Rieser Bauernmuseum Maihingen, Inv.Nr. 15341
Der Erinnerungsteller an die Konfirmation zeigt die Porträts der verbündeten Herrscher Kaiser
Wilhelm II. und Kaiser Franz Josef I. von Österreich-Ungarn.
Zugleich erinnert der Teller auch an zwei gefeierte Helden der ersten Kriegsjahre. Oben:
Kapitänleutnant Otto Weddigen (1882 1915 auf See), U-Boot-Kommandant; unten:
Generalfeldmarschall Hindenburg.
Messing, getrieben
Inv.Nr. 7603
im
Schützengraben sog. Grabenkunst (Trench Art) wie diese Vase her. Daneben existierte aber auch
eine regelrechte Souvenirindustrie, die professionell national-patriotische Andenken aus
Kriegsmüll produzierte.
15
Patriotisches Kaffeegeschirr
Erhalten: Kaffeekanne, Milchkännchen, Zuckerdose, Tasse mit Untertasse
schwarz-(weiß)-roter Banddekor gemalt, unter Glasur
Deutschland, 1914/1916
Inv.Nr. 21787
Das Eiserne Kreuz war im Kaiserreich zu einem der wichtigsten nationalen Symbole geworden.
Auch als Dekor für massenhaft produziertes Geschirr war das Eiserne Kreuz im Alltag der
Fotopostkarte Nr. 3 aus einer Serie mit 6 Bildern
Verlag: Lederer & Popper, Prag/Leipzig
Lichtdruck(?); als Feldpostkarte gelaufen 28.10.1918
Inv.Nr. 25238
nationale Symbole für deutsche Tapferkeit, Heldentum und Sieg.
Kreuzstichstickerei mit farbigen Baumwollgarnen auf Leinen; 1914
Inv.Nr. 16744
Der Kissenbezug stammt aus dem Haushalt eines protestantischen Rieser Volksschullehrers.
Deutsches Volk, Glaube und deutsche Nation vermischen sich in dieser seit 1896 bekannten
Devise: Sie bringt den Nationalismus der protestantischen Kirche im Kaiserreich zum Ausdruck.
Patriotisches Kindergeschirr
Kaffeekanne, 2 Tassen mit Untertassen
Porzellan, Dekor gedruckt; nicht gemarkt
Deutschland; 1914/1916
Inv.Nr. 24154 (Schenkung: Hildegard Ponater, Gersthofen)
Auch bei Kindergesellschaften und beim Puppenspiel ging es national-patriotisch zu. Die Kanne
zeigt den Obersten Kriegsherrn Wilhelm II., deutscher Kaiser und preußischer König. Die Tassen
zieren seine Heerführer: Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg und Wilhelm, Kronprinz des
Deutschen Reiches und von Preußen.
Deutsche Schuljugend
Wennerberg-Künstlerkarte, Kriegspostkarte, nicht gelaufen
Entwurf: Brynolf Wennerberg (Ottstad/ Schweden 1866-1950 Bad Aibling)
Verlag: Dr. Eysler & Co., Berlin
Farblithografie; 1915
Inv.Nr. 4600 (Sammlung Wilhelm Beck)
Schülerinnen und Schüler warben für Kriegsanleihen; gleichzeitig sollten sie in sog.
16
ZWISCHENGESCHOSS: Thema Produktwerbung
Produktwerbung
Um 1910 waren im Straßenbild der Großstädte bunte Bildplakate präsent. Sie warben
auf Anschlagsäulen, Plakattafeln, an Straßenbahnen und Bussen für Konsumartikel. Eine
Avantgarde junger Werbegrafiker schuf Aufsehen erregende Plakatmotive. Der
Kriegsausbruch 1914 bedeutete jedoch einen Rückschlag für diese künstlerische
Produktwerbung: Stargrafiker wie Lucian Bernhard wurden eingezogen, und viele
Unternehmen stellten ihre Werbung ein.
Hersteller von Produkten stellten nun ihre patriotisch-nationale Gesinnung und ihre
Verbundenheit mit dem Militär zur Schau. Deutsche Ware, in Deutschland hergestellt,
war Bekenntnis und Qualitätsausweis zugleich. Zudem war die Werbung oft mit
Propaganda verknüpft.
Vor allem Frontsoldaten dienten als Werbefiguren und Werbeträger. Sie forderten die
Angehörigen in der Heimat auf, ihnen vor allem Genussmittel, aber auch spezielle Dinge
für den persönlichen Bedarf mittels Feldpost zu schicken. Je kleiner die Produkte, desto
größer erschien ihre heldische und martialische Inszenierung.
Augsburg, Volkhartstr. 1911, mit Litfaßsäule
und plakatierter Straßenbahnfront
Quelle: Wolfram Baer/Josef Mancal: Alt Augsburg. Bilder einer
bayerisch-schwäbischen Stadt. Tübingen 1988, S. 132/133.
Werbung eines Berliner
Reklamevertriebs 1919. In Augsburg
war dies das Plakatinstitut Carl Falk in
der Frauentorstr. 7
Quelle: Seidels Reklame. Das Blatt der Praxis. Berlin 1919.
17
EUROPA im zweiten Kriegsjahr 1915/16
Entwurf: Richard Eddelbüttel (Harburg/Hamburg 1856 1942 Berlin)
Druck: Knackstedt & Co., Hamburg
Auftraggeber: Hindenburg-Cognac-Vertriebs-GmbH, Grünberg/Schlesien (heute Polen)
Lithografie; 1916
Inv.Nr. 5157
verknüpft: Unter dem Generalfeldmarschall war die 2. Russische Armee im August 1914
aufgerieben worden. Die propagandistische Europakarte versammelt viele Karikaturen.
Der deutsche Adler packt den britischen Löwen am Ohr, die in Fetzen gekleidete französische
Marianne ist niedergesunken und hat ihr Schwert verloren. Gleichsam als sein eigenes
Heldendenkmal sichert Hindenburg zusammen mit dem österreichisch-ungarischen Doppeladler
die Ostfront. Hier naht von Nordosten die russische Dampfwalze, gesteuert von Zar Nikolaus,
dessen Krone wankt. Auf dem Balkan, dem Krisenherd, fegen ein deutscher und ein
österreichischer Soldat einen serbischen Attentäter hinweg.
Denkt an uns, sendet Salem Aleikum Zigaretten
Entwurf: unbekannt
Druck: J. Aberle & Co., Berlin
Auftraggeber: Tabak- und Cigarettenfabrik Yenidze, Dresden
Farblithografie; 1914/15
Inv.Nr. 6756
Der Marinesoldat vom Schlachtschiff SMS Elsass appelliert an die nationale Flottenbegeisterung,
die mit der Flottenaufrüstung seit 1890 entstanden war. In der Kindermode hatte sie den
Matrosenanzug hervorgebracht. Die Flotte sollte den Anspruch des Kaiserreichs auf die
Weltmacht unterstreichen.
-CIGARETTEN
Entwurf: J. W. Sachs
Druck: Kunstanstalt Wüsten & Co., Frankfurt a. Main
Auftraggeber: Chemische Fabrik Merz & Co., Frankfurt a. Main
Chromolithografie; 1914/18
Inv.Nr. 4682
schützen: Die Werbung suggeriert fröhliche Stimmung im Schützengraben, während im
Hintergrund ein Artillerieangriff stattfindet.
BEYER TINTE BRIEFE IN DIE HEIMAT
Entwurf: Ernst Liebermann (Langemüß/Meiningen 1869 1960 Beuerberg/Obb.)
Druck: unbekannt
Auftraggeber: Eduard Beyer Chemische Fabrik, Chemnitz
Chromolithografie; um 1915
Inv.Nr. 5201
Liebermann war 1915/1916 als Kriegsmaler in Frankreich tätig. Das Plakatmotiv zeigt wohl eine
reale Situation vor der Kirche von Monthenault an der Aisne. Der Ort wurde bei drei Schlachten
schwer getroffen.
18
FELDPOST-BRIEFE BEYERS-TINTEN
Entwurf: Carlos (Carl) Tips (San Antonio/Texas 1891 1962 Frankfurt a. M.)
Druck: unbekannt
Auftraggeber: Eduard Beyer Chemische Fabrik, Chemnitz
Farboffsetdruck; um 1916
Inv.Nr. 4962
Die in den Nationalfarben Schwarz-Weiß-Rot gehaltene Darstellung erinnert an die
Scherenschnitte und Schattenrisse, für die Tips berühmt war. Einige dieser Arbeiten waren z. B.
1916 in der Kriegsausstellung in Stuttgart zu sehen.
Wupp der neueste Hosenknopf
Entwurf: unbekannt
Druck: Plakatfabrik Carl v. d. Linnepe, Lüdenscheid
Farblithographie; 1914/18
Inv.Nr. 6822
Ein Fabrikant, wohl aus Lüdenscheid, vergleicht seinen Hosenknopf mit der Treffsicherheit der
-Geschütz aus der Waffenschmiede Krupp galt nach der Zerstörung
-Fett
Entwurf: BPG, Niedernhausen/Taunus [Eduard Hans Beyer-Preusser (Halle 1881 unbekannt) und
Fritz P. Glasemann (Magdeburg 1880 unbekannt)]
Druck: unbekannt
Auftraggeber: Werner & Mertz GmbH, Mainz
Farblithografie, 1915
Inv.Nr. 4687
Beide Grafiker arbeiteten bereits vor 1914 für das Mainzer Unternehmen, das seit 1901 unter der
Infanteristen warme und trockene Füße, die ihre Marschstiefel mit Tranlederfett der Firma
pflegen.
Wickelgamasche Hindenburg
Entwurf: unbekannt
Druck: Gebr. Schlegtendal GmbH Druckerei, Barmen
Auftraggeber: unbekannt
Farblithographie; um 1915
Inv.Nr. 23264
Der Gamaschenhersteller nutzt für seine Werbung die Strahlkraft des Namens Hindenburg: Der
Deutschlands in die Werbung integriert wird.
--------------------------------Hinweis:
-Südwestafrika,
Deutsch-Ostafrika und in Kamerun.
19
KAISER-JUWEL Cigarette
Entwurf, Druck: unbekannt
Auftraggeber: Juwel-Zigarettenfabrik, Dresden
Lithografie, Prägedruck, auf Pappe; 1914/18
Inv.Nr. 6824
Einen national-patriotisch hochgestimmten Zigarettengenuss verhieß diese Marke. Der oberste
Kriegsherr, Kaiser Wilhelm II., war ein bekannter Zigarettenraucher. Am 8. August 1914 hatte er
das Eiserne Kreuz verliehen für Tapferkeit erneuert.
Unsere Feldgrauen
Entwurf: unbekannt
Druck: Heymann & Schmidt AG, Berlin
Auftraggeber: Kosmos Tabak und Cigarettenfabrik, Dresden
Chromolithografie und Prägedruck auf Pappe, foliert; 1914/18
Inv.Nr. 6829
Kriegsmarken der Zigarettenindustrie. Militant waren Markenname und Bildmotiv: Frontsoldaten
beim Bajonettangriff.
Deutsche Weltmacht Schokolade
Entwurf, Druck, Auftraggeber: unbekannt
Farblithografie(?) auf Karton; 1914/16
Inv.Nr. 6820
Vermutlich Werbemittel für Einzelhandelsgeschäft: In der nationalen Hochstimmung des
Kriegsausbruches übernahm ein Schokoladenhersteller die deutschen Ansprüche auf Kolonien
ichs in sein Marketing.
Waldbaur Schokolade
Entwurf, Druck: unbekannt
Auftraggeber: Schokoladenfabrik Gebr. Waldbaur, Stuttgart
Farblithografie(?) auf Pappe; 1914/16
Inv.Nr. 6503
Die stramm-patriotische Haltung des Schokoladenproduzenten manifestiert sich in der
Nationalflagge, die zugleich als Träger der Werbebotschaft dient.
20
SOCKELHAUBE
-KatarrhZweiteiliges sog. Mützenplakat
Entwurf, Druck: unbekannt
Auftraggeber: Krügerol (Richard Krüger), Leipzig
Chromolithografie auf Karton; August 1914/Mitte 1915
Inv.Nr. 22191
Bonbons mit Menthol, Minze und Eukalyptus. Die Feinde, ein Brite und ein Franzose in den
Uniformen der ersten Kriegsmonate, starren neidisch mit verzerrten Gesichtern auf die
Bonbonpackungen im deutschen Krätzchen (Feldmütze für Mannschaften).
Mit grosser Reklame
Gezeigt: Rückseite
Auftraggeber: Krügerol (Richard Krüger), Leipzig
Buchdruck auf rotem Papier; 1915
Inv.Nr. 24125
-Reklame
-Herstellers Krügerol. Das Unter-
Pionieren, links im Hintergrund wirft ein Zeppelin Bomben auf feindliche Stellungen ab.
-Bonbons
Papier, gedruckt, geklebt
Inv.Nr. 23696
die
an Innenseiten von Ladentüren bzw. von Schaufenstern angebracht werden sollten.
Hermann Müller AG, Leipzig, 1914/1918
Eisenblech, gestanzt, lackiert, gedruckt
Inv.Nr. 12654,T,010
Deutsche, in Deutschland produzierte Waren sollten ausländische Produkte ersetzen wie z. B.
Erzeugnisse der Leipziger Stahlfedernfabrik von Hermann Müller englische Schreibfedern. Auf
21
Der Weltkrieg 1914
Kaufmannsbilder Serie 798, 6 Bilder (komplett)
Ohne Produkt- oder Firmenbezeichnung, vermutlich Gemeinschaftsausgabe mehrerer kleiner
Unternehmen, um 1915 (?)
Druck: Oehmigke & Riemschneider, Neuruppin (?)
Chromolithografien
Inv.Nr. 16342,T,67
Etwa seit 1900 gehörten die kleinen bunten Serienbilder zu den Bildmedien, die im Alltag am
weitesten verbreitet waren. Sie warben für Konsumgüter wie etwa Kaffee-Ersatz oder
Schokolade. Man erhielt sie beim Kauf der betreffenden Ware lose im Geschäft oder in der
Warenpackung.
Die Bildmotive dieser Serie stammen alle aus den ersten Kriegsmonaten 1914. Auf den
Massengeschmack abgestimmt, vermitteln sie in populärer, propagandistisch eingefärbter Form
Zeitgeschichte.
------------------------Hinweis:
Turkos: französische Kolonialsoldaten aus Algerien und Tunesien.
22
TREPPENAUFGANG
Kriegskartoffeln
Farblithografie; 1915/1918
Inv.Nr. 24124
nach
Brot wichtigsten Lebensmittel war patriotisch-nationale Pflicht. Dick geschälte rohe Kartoffeln
galten als Vergeudung!
---------------------------Hinweis:
Unklare Bedeutung des Plakats: Werbung für eine neue Sorte dünnschaliger Kartoffeln? Werbung
des 1915 gegründeten Reichskartoffelamtes? Die Fahne des Osmanischen Reiches (heute,
territorial verkleinert: Türkei) verweist darauf, dass es im Ersten Weltkrieg mit dem Kaiserreich
verbündet war. Wirtschaftspolitische Beziehungen gab es schon länger.
Gewürz-Torte!
Typendruck auf Pappe; 1915/1918
Inv.Nr. 23293
Zur Kaffeetablette oder Teepille gab es Gewürztorte aus Böhms Tortenpulver: Bald nach
Kriegsbeginn kamen zahlreiche industriell hergestellte Ersatzlebensmittel und -gewürze auf den
Markt. Oft von zweifelhafter Qualität, waren sie z. T. sogar gesundheitsschädlich. 1917 enthielt
Backpulver.
Bayer. Frauenhaar-Sammlung
Auftraggeber: Rotes Kreuz
Typendruck; 1917/1918
Inv.Nr. 4760
Ausgekämmtes Frauenhaar als Ersatz für Kamelhaar war ein wichtiger Kriegsrohstoff für die
Herstellung von Treibriemen, Dichtungsringen, Filzplatten- und Filzdichtungen.
23
OBERGESCHOSS: Thema Kriegswirtschaft
Kriegswirtschaft
Alle hatten einen schnellen Sieg erwartet. Deshalb gab es kaum Vorkehrungen für die
Versorgung der Industrie mit kriegswichtigen Rohstoffen und der Zivilbevölkerung mit
Lebensmitteln und Konsumgütern. Entsprechend schwierig verlief die Umstellung auf die
Kriegswirtschaft.
Die 1914 verhängte britische Seeblockade und die alliierte Handelsblockade erwiesen
miserable Versorgung mit Lebens- und Konsummitteln war auch Ergebnis einer z. T.
chaotischen Bürokratie.
Verschlechterung der Lebensmittel, der Übergang auf Ersatzstoffe, die Rationierung der
Grundnahrungsmittel viele Menschen hungerten. Brot und Mehl wurden 1915 als
Erstes rationiert. Auch Güter wie Schuhe, Brennstoffe, Seife, Waschpulver usw. gab es
bald nur noch auf Bezugskarte.
Zahllose Plakate staatlicher Stellen riefen zum Sparen von Rohstoffen und zur
Verwendung von Ersatzstoffen für fehlende Lebensmittel auf.
- und Hungerkrawalle begannen bereits 1915.
Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-R00012
Foto: o. Ang | 1914/1918
Propagandakarte aus der
Sammlung Beck, Inv.Nr. 4623.
24
Englands Absicht: Geschlossen wegen Mangel an Arbeit
Entwurf: Egon Tschirch (Rostock 1889 1948 Rostock)
Druck: Vereinigte Kunstinstitute AG vorm. Otto Troitzsch
Abt. Emil Saatz GmbH
Auftraggeber: Militärische Stelle des Auswärtigen Amtes (MAA), Berlin
Lithografie; 1917
Inv.Nr. 5334
Die in den ersten Kriegstagen verhängte britische Seeblockade schnitt die deutsche Wirtschaft
von den wichtigsten ausländischen Märkten ab. An den katastrophalen Folgen waren auch
deutsches Militär und Politik schuld, die kaum Vorsorge für den Ernstfall getroffen hatten. Das
offizielle Propagandaplakat betont das antibritische Feindbild.
VITRINE
Rezepte zur Verwendung von Kartoffelmehl
Herausgeber, Zusammenstellung: Hauswirtschaftliche Zentrale für Bayern e.V., München
Druck: R. Oldenburg-Verlag, München
Flugschrift, München 1915
Inv.Nr. 12933
Die Einrichtung des Verbandes zur Hebung der hauswirtschaftlichen Frauenbildung (gegr. 1910),
propagiert auf acht Seiten Kartoffelmehl als Ersatzstoff für Getreidemehl und als Bindemittel für
Speisen. Kartoffelmehl diente z. B. auch zum Strecken von Butter- und Margarineersatz und von
Schmierseife.
Spruchteller mit Durchhalteparole
Hersteller: Georg Schmider, Vereinigte Zeller Keramische Fabriken, Zell am Hamersbach, nach
Oktober 1914/1915
Steingut, handgemalter und geritzter Dekor unter Glasur,
Inschrift schabloniert
Rieser Bauernmuseum Maihingen, Inv.Nr. 13058
Das Strecken von Lebensmitteln war an der Tagesordnung. Zum Strecken von Brot dienten ab
schließlich bis zu 50 Prozent steigerte. Da allerdings auch Kartoffeln immer knapper wurden,
wurden dem Teig für das Kriegsbrot ab 1916 Mais-, Bohnen- und Erbsenmehl, sogar Holzmehl,
sowie Kleie beigemischt.
----------------------------Hinweis
nntlich. Es sättigt und nährt ebenso gut wie
anderes. Wenn alle es essen, brauchen wir nicht in Sorge zu sein, ob wir immer Brot haben
Zeitungen veröffentlicht).
Backwaren, Verordnung des Bundesrats vom 5. Januar 1915).
Wurden Kartoffelflocken, -walzmehl oder -stärkemehl verwendet, musste der Anteil am Brot
mindestens 10 Prozent betragen, wurden gequetschte oder geriebene Kartoffeln dem Brot
beigemengt, dann mindestens 30 Prozent.
25
Krieg und Küche
Entwurf: Käte Spanier (Daten unbekannt)
Auftraggeber: Nationaler Frauendienst
Lithografie; um 1915
Inv.Nr. 6884
Auch die Hausfrau sollte zum Sieg beitragen. Anleitung gab der Nationale Frauendienst, am
31.7.1914 durch Gertrud Bäumer (Bund Deutscher Frauenvereine) und Hedwig Heyl gegründet,
letztere Autorin eines Kriegskochbuchs. Die bürgerliche Frauenbewegung unterstützte den Krieg:
Hiermit konnte sie beweisen, dass sie die geforderte politische Gleichberechtigung verdiente.
Hersteller: Heinzelmännchen AG, 1910/1920, Berlin. Doppelapparat erstmals 1913 in einem
Katalog abgebildet
Holz, Metall; Rahmenbauweise mit Füllungen, Metall verzinkt, Abziehbilder auf den Deckeln: mit
der Kochkiste kochende Heinzelmännchen
Inv.Nr. 15601
Bereits Ende des 19. Jh. dienten dick isolierte Kochkisten zum Sparen von Zeit und Brennmaterial.
Ein oder mehrere Töpfe mit angekochten Gerichten garten darin ohne weitere Hitzezufuhr fertig
und wurden warm gehalten.
Im Ersten Weltkrieg wurden Kochkisten, nun auch in speziellen Kriegsausführungen, angesichts
fehlenden Brenn- und Heizmaterials besonders wichtig. Man konnte sie auch leicht selbst
herstellen: Benötigt wurde eine gut schließende Kiste, als Isolierschicht dienten Lumpen,
Holzwolle, Heu, Stroh, Zeitungspapier u. ä.
26
Einrichtungsgegenstände aus Aluminium Kupfer, Messing
Nickel, Zinn sind enteignet liefert sie ab!
Entwurf: Louis Oppenheim (Coburg 1879 1936 Berlin), Berlin
Druck: Kunstanstalt Weylandt, Berlin
Auftraggeber: Kriegsrohstoffabteilung (K.R.A.) des Preuß. Kriegsministeriums, Berlin
Farblithografie; 1918
Inv.Nr. 6556
Buntmetalle waren wichtige Rohstoffe für die Rüstungsindustrie, deren Bedarf mit den
Buntmetall gab es seit 1916. Die Aktion vom März 1918 fand
wohl kaum Beachtung, da kurz darauf die Kriegsrohstoffabteilung des Kriegsministeriums harte
Strafen für die Nichtablieferung von Kupfer und Messing androhte.
----------------------------Hinweis zum Banderolentext:
Bekanntmachung der K.R.A. vom 26. März 1918 betr. Beschlagnahme, Enteignung und
Meldepflicht von Einrichtungsgegenständen bzw. freiwillige Ablieferung auch von anderen
Gegenständen aus Kupfer, Kupferlegierungen, Nickel, Nickellegierungen, Aluminium und Zinn.
Pflanzt OEL!
Entwurf: Julius Gipkens (Emmerich 1883 um 1968 New York)
Druck: Hollerbaum & Schmidt, Berlin
Auftraggeber: Kriegsausschuß für Öle und Fette, Berlin
Farblithografie; 1916/1917
Inv.Nr. 6757
Zur Erschließung alternativer Speiseöl-Quellen, zugleich auch als patriotische Pflicht, rief der
Kriegsausschuss zum Anpflanzen von Sonnenblumen und Mohn auf: Mohnsamen liefern ein
hochwertiges Speiseöl.
Sammelt Obstkerne zur Ölgewinnung
Entwurf: Julius Gipkens (Emmerich 1883 um 1968 New York)
Druck: Hollerbaum & Schmidt, Berlin
Auftraggeber: Kriegsausschuß für Öle und Fette, Berlin, Zweigstelle München
Farblithografie; 1915/1918
Inv.Nr. 4672
Für vorher importierte Öle mussten angesichts des Versorgungsnotstandes seit 1915 Ersatzstoffe
gefunden werden. Der Kriegsausschuss für Öle und Fette (gegr. 1915) forderte deshalb zum
Sammeln von Obstkernen und ölhaltigen Früchten auf. Besonders die Schuljugend wurde
mobilisiert. 1916 erbrachten ca. 4.000 Tonnen Obstkerne nur rund 200 Tonnen Öl.
27
OBERGESCHOSS: Thema Spenden
Spendensammlungen
Zahllose Spendenaufrufe, Straßen-
Liebesgaben für die Feldgrauen, U-Boot-Spende, Gold für das Vaterland, Spenden für die
Verbundenheit mit den Frontkämpfern.
Neu war das Nageln von Kriegswahrzeichen zur geistigen und moralischen Mobilisierung
elten durch Einschlagen von Nägeln, die
Erträge kamen z. B. der Kriegsfürsorge zugute.
Dankes aus
Der Bau und die Benagelung der Augsburger
Wehrsäule [www.europe14-18.eu/preview_site/telechargements02/zeit_aallll.doc; Stand: 15.1.2014].
28
St. Michael in Eisen
Entwurf: Lina von Schauroth (Frankfurt a. M. 1874 1970 Frankfurt a. M.)
Druck: Kunstanstalt Wüsten & Co., Frankfurt a. Main
Auftraggeber: unbekannt
Farblithografie; 1915
Inv.Nr. 5312
Kriegsnagelungen waren ein neue spektakuläre Form der Geldbeschaffung für patriotische und
wohltätige Zwecke: In hölzerne Schilde, Säulen oder Figuren wurden gespendete Nägel
eingeschlagen. Das Plakat zeigt eine 1915 in Bad Homburg aufgestellte Nagelfigur, die auf einen
führt das Schwert wie die Germania, und sein Schild trägt die preußischen Farben.
Ludendorff-Spende für Kriegsbeschädigte
Entwurf: Ludwig Hohlwein (Wiesbaden 1874 1949 Berchtesgaden)
Druck: Fritz Maison, München
Auftraggeber: Reichsausschuß der Kriegsbeschädigtenfürsorge, Berlin
Farblithografie; 1918
Inv.Nr. 4663
1918 rief der Reichsausschuss für Kriegsbeschädigtenfürsorge mit der Ludendorff-Spende eine
sammelt
wurde. General Erich Ludendorff, Stellvertreter Hindenburgs in der Obersten Heeresleitung, war
Ehrenvorsitzender der Aktion, die auch die berufliche Integration der Invaliden bezweckte.
---------------------Hinweis:
Der Kriegsinvalide betrachtet Werkzeuge, die zu seiner Reintegration beitragen sollen.
GOLD GAB ICH ZUR WEHR EISEN NAHM ICH ZUR EHR
Entwurf: Julius Gipkens (Emmerich/ Rh. 1883 um 1968 New York)
nach der Medaille von Hermann Kurt Hosaeus (1875 1958)
Druck: Hollerbaum & Schmidt, Berlin
Auftraggeber: Reichsbank, Berlin
Farblithografie; 1916
Inv.nr. 4664
Ziel der zweiten Kampagne der Reichsbank von 1916 war wieder die Erhöhung der Goldvorräte
zur Bezahlung kriegswichtiger Importe. Wer Schmuck und Wertgegenstände aus Gold bei den
Goldankaufsstellen verkaufte oder spendete, erhielt eiserne Gedenkstücke wie Schmuck,
Uhrketten oder Ehrenmedaillen.
Als Motiv für das Werbematerial benutzte Gipkens die Medaille von Hosaeus: Die kniende
Frauengestalt, die eine Schatulle bei sich trägt und ein Schmuckstück darbietet, sollte an die
29
Gold zerschlägt Eisen
Entwurf: Julius Diez (Nürnberg 1870 1957 München)
Druck: Ernst Nister, Nürnberg
Auftraggeber: Reichsbank, Berlin
Farblithografie; 1918
Inv.Nr. 4665
Tatsächlich sollten die reichsweiten Juwelen- und Goldankaufswochen 1918 vor allem der
Rüstung dienen. Bereits 1917 verkündete die Reichsbank: Das Opfer der Gold- und
Feinden entgegenzutreten und unseren Fahnen den Endsieg zu
WANDVITRINE
Ausgabe: Reichsbank, Berlin (?)
Eisenlegierung; 1914
Rieser Bauernmuseum Maihingen, Inv.Nr. 22606
Goldmünzen aus dem Geldumlauf abschöpfen und so ihre Goldvorräte erhöhen. Bekenntnis- und
Gesinnungsringe bezeugten die patriotische Opferbereitschaft derjenigen, die ihre Goldmünzen
gegeben hatten.
Material und Inschrift des Ringes knüpfen direkt an die 1813 von Prinzessin Marianne von
Patriotische Postkarte
Taschenkalender (Scheckkalender) für 1917
Beide:
Entwurf: Julius Gipkens (Emmerich/ Rh. 1883-um 1968 New York)
nach der Medaille von Hermann Kurt Hosaeus (Eisenach 1875 1958 Berlin)
Auftraggeber: Reichsbank, Berlin
Farblithografie; 1916
Inv.Nr. 4619, 4603
beschränkten sich nicht auf Plakate.
Rückseite: GOLD / GAB ICH ZUR / WEHR EISEN / NAHM ICH ZUR / EHR
Entwurf, Medailleur: Hermann Kurt Hosaeus (Eisenach 1875 1958 Berlin)
Eisenlegierung, gegossen, geschwärzt; 1916, Berlin
Auftraggeber, Ausgabe: Reichsbank, Berlin
Inv.Nr. 7257
Ab 1916 verbreitete die Reichsbank diese Medaillen auch in Broschenfassungen.
30
ROTE KREUZ-SAMMLUNG 1914
Entwurf: Ludwig Hohlwein (Wiesbaden 1874 1949 Berchtesgaden)
Druck: Oscar Consée, München
Auftraggeber: Rotes Kreuz
Farblithografie; 1914
Inv.Nr. 5304
Schwestern und Pfleger der freiwilligen Kriegskrankenpflege spielten eine wichtige Rolle bei der
Versorgung von Verletzten in den Lazaretten gleich hinter der Front. Sie waren dem Chef des
Feldsanitätswesens bei der Obersten Heeresleitung unterstellt und damit militärischen Interessen
unterworfen.
Volksspende für die deutschen Kriegs- und Zivil-Gefangenen
Entwurf: Ludwig Hohlwein (Wiesbaden 1874 1949 Berchtesgaden)
Druck: Kunstanstalt Wüsten & Co., Frankfurt a. Main
Auftraggeber: Rotes Kreuz
Farblithografie; 1916
Inv.Nr. 5302
Rund eine Million deutsche Soldaten gerieten im Verlauf des Kriegs in englische, französische
oder russische Gefangenschaft. Das Deutsche Rote Kreuz versandte Waren und Geld und
Wert von 4 Millionen Mark erbrachte.
Gebt für die U-Boot-Spende
Entwurf: Willy Stöwer (Wolgast 1864 1931 Berlin-Tegel)
Druck: Münchner Zeitungsverlag KG, München
Auftraggeber: Ausschuß für die Durchführung der Spende für die U-Boot-Besatzungen
Lithografie; 1917
Inv.Nr. 5019
Das Plakat des von Wilhelm II. hoch geschätzten Marinemalers Stöwer warb für die reichsweite
Sammelaktion vom 1. 7.6.1917. Uentscheidend treffen wollte. Am 1.2.1917 war der uneingeschränkte U-Boot-Krieg erklärt worden
mit weitreichenden Folgen. Die USA traten in den Krieg ein und trugen wesentlich zum
Untergang des Kaiserreichs bei.
Kolonial-Krieger-Spende
Entwurf: Fritz Grotemeyer (Münster 1864 1947 Witten/Ruhr);
Druck: Rotophot AG, Berlin
Auftraggeber: unbekannt
Farblithografie; 1918
Inv.Nr. 6557
Kommandeur der Schutztruppen in Deutsch-Ostafrika, Paul von Lettow-Vorbeck (1870 1964), vor
650.000 Menschen zum Opfer.
Deutsch-Ostafrika war die größte deutsche Kolonie mit ca. 8 Millionen Einwohnern, darunter ca. 5.500
Deutschen. Sie umfasste die heutigen Länder Tansania, Ruanda, Burundi und einen kleinen Teil Mosambiks.
31
WEIHNACHTEN IM FELD!
Entwurf: Monogramm AM, wohl Adolf Franz Theodor Münzer (Pleß/Oberschlesien 1870 1953
Landsberg/Lech)
Druck: Kunstanstalt Oscar Consée, München
Auftraggeber: Rotes Kreuz
Farblithografie; 1914
Inv.Nr. 5288
Viele hatten einen kurzen Krieg erwartet, bis Weihnachten wollte man siegreich wieder daheim
r
die Gaben des Roten Kreuzes an der Front ausgepackt werden.
40 Pakete mit Liebesgaben schickten auch die Zisterzienserinnen der Abtei Oberschönenfeld an
die Front. Sie hatten viele Wollsachen gearbeitet, darunter 50 Paar Ohrenschützer und 120 Paar
Socken.
Spendet Liebesgaben für unsere tapferen Truppen im Felde
Entwurf: Lina von Schauroth (Frankfurt a. M. 1874 1970 Frankfurt a. M.)
Druck: Kunstanstalt Wüsten & Co., Frankfurt a. Main
Auftraggeber: wohl Rotes Kreuz
Farblithografie; 1915
Inv.Nr. 4950
Lina v. Schauroth, eine Schülerin Ludwig Hohlweins, entwarf im Krieg Plakate, Postkarten und
weitere Werbemittel für die Kriegsfürsorge. Die Künstlerin organisierte auch Sammlungen von
Liebesgaben, die sie selbst an die Front transportiert haben soll. Bereits im ersten Kriegswinter
hatte sie ein Plakat mit einem emotional anrührenden Bildmotiv für die Spende von Liebesgaben
geschaffen.
SOCKELHAUBE
Für unsere Krieger Armee-Christbäume feldpostmässig verpackt
Buchdruck auf Pappe, 1914/1915
Inv.Nr. 23312 (Sammlung Wilhelm Beck)
bestimmt. Die Oberste Heeresleitung nutzte bewusst die psychisch stabilisierende Wirkung solcher
abhalten und bereits in der Vorweihnachtswoche auch Kunstbäumchen, z. T. komplett mit Kerzen
geschmückt, an die Fronten liefern.
Feldweihnachtsbäumchen
Holz, Kunststoff(?), Glas, Metall, Wachs; mit Original-Feldpostverpackung und
Herstellerinformation; 1914/1918
Rieser Bauernmuseum Maihingen, Inv.Nr. 17869
nahe gehe.
32
Fotopostkarte
Fotograf: unbek., Westfront?
Papierabzug mit Postkartenlinierung, ohne Datum, nicht gelaufen
Inv.Nr. 24899
Weihnachtsfeier einfacher Soldaten an der Front: Auf dem Gabentisch unter dem Bäumchen sieht
Weihnachts-Sammlung des bayrischen roten Kreuzes für die Feldgrauen
Entwurf: Walter Püttner (Leipzig 1872 1953 Maxlrain/Bad Aibling)
Druck: Fritz Maison, München
Auftraggeber: Bayerischer Landesverein des Roten Kreuzes
Farblithografie; 1915/17
Inv.Nr. 5268
Die Weihnachtssammlungen der Landesvereine des Roten Kreuzes wollten jeden Frontsoldaten
mit einer nützlichen Gabe erfreuen. Haltbares Backwerk und Würste, wollene Ohrenschützer usw.
wurden gerade an Weihnachten von der moralisch verpflichteten Heimat an die Front geschickt.
Entwurf: Monogramm AM, wohl Adolf Franz Theodor Münzer
(Pleß/Oberschlesien 1870 1953 Landsberg/Lech)
Druck: Kunstanstalt Oscar Consée, München
Auftraggeber: Rotes Kreuz
Farblithografie; 1917
Inv.Nr. 5305
Für die Versorgung der Fronttruppen wurden Spenden immer notwendiger. Das Plakat verweist
mit stilisierten
auf das flammende Herz Jesu. Damit appelliert es an Opferbereitschaft und Liebe der Heimat für
die Front.
33
OBERGESCHOSS: Thema Medienkrieg
Medienkrieg
Mit Kriegsbeginn 1914 machten Verlage wie Ullstein mobil. Ihre Kriegsbücher reagierten
sofort auf die große Nachfrage. Im Taschenbuch zum Preis von einer Mark berichteten
lachten und Erlebnisse im Krieg.
Kriegsdarstellung prägte sie die Wahrnehmung des Krieges. Die Spannbreite reichte von
den inszenierten Bildern der offiziellen Kriegsfotografen über millionenfach als Feldpost
Diese Schau-, Verkaufs- und Spendenunternehmen stellten den Krieg als Erlebnis aus
und vermittelten eine deutsche Überlegenheit.
Der Film war das neue Medium im Dienst der staatlich-militärischen Propaganda. Bewegte
Bilder galten als besonders wirksames Instrument zur Mobilisierung der Massen. 1917
entstand das Bild- und Filmamt (BuFa), das Propagandafilme produzierte und
vermarktete.
Inszenierung französischer Schützengraben,
Kriegsausstellung Stuttgart 1916
Quelle: Susanne Brandt: Kriegssammlungen im Ersten Weltkrieg.
Denkmäler oder Laboratoires d'histoire? In:, Gerhard Hirschfeld,
Soldaten heben einen SchauSchützengraben in der Nähe der Festhalle
aus, Frankfurt am Main 1915
Bildnachweis/ Quelle: Historisches Museum Frankfurt/Main,
Grafische Sammlung, Inv.Nr. Ph10559,2; Fotonr. 266/12/6,
Erlebnis und Wirkung des Ersten Weltkriegs. Essen: 1993,
S. 241-258 (Schriften der Bibliothek für Zeitgeschichte, N.F. 1).
34
SIBIRIEN KULTURDRAMA IN 5 AKTEN
Entwurf: Robert L. Leonard ( Berlin 1879 unbekannt)
Druck: Rotophot AG Berlin, Abt. Rotochrom
Auftraggeber: Marmorhaus (Lichtspieltheater), Berlin
Farblithografie; 1915 /1919
Inv.Nr. 5283
Das Plakat des Berliner Premierenkinos bewirbt einen heute nicht mehr bekannten Film der
Deutschen Eclair Film- und Kinematographen-Gesellschaft (Decla). Es beschwört ein älteres, durch
die Kriegspropaganda verschärftes antirussisches Feindbild. Hinter dem bedrohlich roh und
unzivilisiert wirkenden Kosaken schleppt sich ein endloser Zug von Sträflingen und Verbannten
durch die kalte Weite Sibiriens. Der Kosak, ein Angstbild, steht für das durch Unterdrückung,
Barbarei und Rückständigkeit gekennzeichnete Zarenreich.
GRAF DOHNA UND SEINE MÖWE
Entwurf: Hans Rudi Erdt (Benediktbeuren 1883 1925 Berlin)
Druck: Richard Labisch & Co., Berlin
Auftraggeber: Bild- und Filmamt (BuFa), Berlin
Farblithografie; 1917
Filmwerbung für: Graf Dohna und seine Möwe; s/w-Stummfilm in 4 Akten.
Inv.Nr. 5338 [aus konservatorischen Gründen verkleinerte Reproduktion]
Der vom BuFa produzierte militärisch-amtliche Propagandafilm wurde bei seiner festlichen
Uraufführung am 2.5.1917 im Deutschen Opernhaus in Berlin zum gesellschaftlichen Event. Der
Film zeigte dokumentarisches Material, gedreht von Kapitänleutnant Wolf und Obermaat
Meyersberg auf der zweiten Kaperfahrt der SMS Möwe (Möve) zwischen November 1916 und
März 1917.
Entwurf: Julius Gipkens (Emmerich 1883 um 1968 New York)
Druck: Hollerbaum & Schmidt, Berlin
Auftraggeber: Friedrich Andreas Perthes Verlag, Gotha
Farblithografie; 1916
Buchwerbung für: Nikolaus zu Dohna-Schlodien: S.M.S. Möwe. Gotha:
F. A. Perthes, 1. Aufl. 1916.
Inv.Nr. 23318
Korvettenkapitän zu Dohna-Schlodien (1879 1956) war der erste Kommandant des Minenlegers
- und Kriegsschiffe versenkt haben. Das Buch behandelt die erste
Kaperfahrt Dezember
35
Skagerrak!
Entwurf: Leon Lico Amar (Wien 1887 unbek.), tätig in Berlin
Druck: Hollerbaum & Schmidt, Berlin
Auftraggeber: Ullstein Verlag, Berlin;
Farblithografie; 1916
Buchwerbung für: Friedrich von Kühlwetter: Skagerrak! Der Ruhmestag
der deutschen Flotte. Berlin: Ullstein 1916, 1. Aufl. (Ullstein Kriegsbücher, 19).
Inv.Nr. 4702
Das Buch erschien kurz nach der Seeschlacht vor dem Skagerrak (31.5. 1.6. 1916). Diese einzige
große Seeschlacht des Krieges zwischen der kaiserlichen Hochseeflotte und der Home Fleet der
zum Mythos. Das Buch des Admirals v. Kühlwetter (1865 1931) erlebte Auflagen bis weit in die
1930er-Jahre.
Die Abenteuer des Ostseefliegers
Entwurf: Leon Lico Amar (Wien 1887 unbek.), tätig in Berlin
Druck, Lithografie: Eschebach & Schaefer, Leipzig
Auftraggeber: Ullstein Verlag, Berlin
Farblithografie; 1917
Buchwerbung für: Erich Walter Killinger: Die Abenteuer des Ostseefliegers. Berlin: Ullstein
(Ullstein Kriegsbücher, 24) 1917
Inv.Nr. 4703
Marineflieger Killinger (1893 1977) flog seit Kriegsbeginn Aufklärungsmissionen über der Ostsee,
wurde im April 1915 abgeschossen und geriet in russische Gefangenschaft. Im Stil eines
weltumspannenden Abenteuerromans schreibt er über die Gefangenschaft u. a. in Sibirien, Flucht
und Heimkehr über China, Japan, Amerika und Norwegen. Das Plakatmotiv zeigt Killingers Flucht
mit drei Kameraden aus der fahrenden Transsibirischen Eisenbahn. Dieses Fliegerabenteuer
gehörte zur erfolgreichsten, zwischen 1914 und 1939 erschienenen Kriegsliteratur.
Mister Galgenstrick
Gorizia/Italien 1955)
Auftraggeber: Ullstein Verlag, Berlin
Farblithografie; 1915
Buchwerbung für: Karl Ettlinger: Mister Galgenstrick und andere Humoresken. Berlin, Wien:
Ullstein 1915 (Ullstein-Bücher, 65)
Inv.Nr. 24117
Im Gewand der Satire bezieht Karl Ettlinger (1882 1939) Stellung gegen den Einsatz von
Kolonialsoldaten seitens der Engländer in Europa und illustriert dies anhand der Lebensgeschichte
des unfreiwilligen indischen Soldaten Mr. Galgenstrick.
----------------------Hinweis
Kernaussage des Buchs: Als Mr. Galgenstrick im deutschen Heer gegen die Engländer kämpfen
können, daß wir Deutschen keine wilden Völkerstämme in unsere Reihen aufnehmen, daß wir
Oktober 1914 wurde das erste indische Regiment von den Briten in den Kämpfen bei Ypern
eingesetzt. Ab Oktober startete auch eine deutsche Propagandaoffensive, die den Einsatz von
Truppen aus den englischen und französischen Kolonien in Europa als moralisches Verbrechen an
der europäischen Zivilisation geißelte. Damit würden die Solidarität der Weißen untereinander
aufgekündigt und die Grenzen zwischen (weißer) Zivilisation und Barbarei (der gelben, braunen,
36
Entwurf: Alfred Rother, Berlin (Daten unbekannt)
Auftraggeber: August Scherl Verlag, Berlin
Farblithografie; 1916
Buchwerbung für: Max Immelmann: Meine Kampfflüge; selbsterlebt und selbsterzählt. Mit 26
Fotos des Verf. Berlin: Scherl 1916, 1. Aufl.
Inv.Nr. 4708
Nordfrankreich abgeschossen worden. Ein halbes Jahr später erschien diese Edition der
Feldpostbriefe an seine Mutter. Sie veranschaulicht die Faszination der Flugapparate und die
Vergleich zum Massensterben des Stellungskrieges
empfundenen
-
im
Die Sommeschlacht
Druck: Unitas Buchdruckerei, Bühl (Baden)
Auftraggeber: Montanus Verlag, Siegen/Leipzig
Farblithografie; 1916
Buchwerbung für: [Julius] Fr.[iedrich] Willy Frerk: Die Sommeschlacht. Kriegsplaudereien. Siegen,
Leipzig: Montanus 1916, 1. Aufl. (Montanus Markbuch, 2).
Inv.Nr. 4643
(1886 1960) erschien kurz nach der Schlacht: Die Sommeschlacht
(24.6. 26.11.1916, abgebrochen) war mit über einer Million Toten die verlustreichste Schlacht des
Ersten Weltkriegs.
KAPITÄNLEUTNANT PLÜSCHOW Die Abenteuer des Fliegers
von Tsingtau
Entwurf: Leon Lico Amar (Wien 1887 unbek.), tätig in Berlin
Auftraggeber: Ullstein Verlag, Berlin
Farblithografie; 1916
Buchwerbung für: Gunther Plüschow: Die Abenteuer des Fliegers von Tsingtau. Meine Erlebnisse
in drei Erdteilen. Berlin, Wien: Ullstein 1916 (Ullstein Kriegsbücher, 23).
Inv.Nr. 4699
Marineflieger Plüschow (1886 1931) erlebte in Tsingtau/China den Kriegsbeginn; bei der
Verteidigung gegen die Japaner wurde er durch spektakuläre Aufklärungsflüge berühmt. Kurz vor
der Eroberung Tsingtaus (7.11.1914) entkam er mit seiner Rumpler-Taube. Sein Abenteuerroman
handelt von der Flucht, die in Deutschland endete (in der Auflage 1916 an der Front). Das Plakat
zeichnet das Bild der Chinesen im Buch nach: Rückständige Zopfträger fliehen vor dem
Flugapparat, den sie für Teufelswerk halten. Das Buch war, nach Richth
deutschsprachigen Kriegsliteratur zwischen 1914 und 1939.
chou.
37
Meine Kriegsfahrt von Kamerun zur Heimat
Entwurf: Leon Lico Amar (Wien 1887 unbekannt), tätig in Berlin
Auftraggeber: Ullstein Verlag, Berlin
Farblithografie (?); 1915
Buchwerbung für: Emil Zimmermann: Meine Kriegsfahrt von Kamerun zur Heimat. Berlin, Wien:
Ullstein 1915 (Ullstein Kriegsbücher, 11)
Inv.Nr. 23699
Der Kolonialschriftsteller Emil Zimmermann schildert die ersten Kämpfe in der deutschen Kolonie
Kamerun. Er flieht durch den Dschungel und über spanisches Kolonialgebiet, bis er endlich Anfang
1915 wieder in Berlin ankommt. Das Plakatmotiv zeigt einen deutschen Offizier der
Vom westlichsten Teil der Westfront
Entwurf, Druck: unbekannt
Auftraggeber: Oranien-Verlag, Herborn
Farbiger Buchdruck (?); 1917
Buchwerbung für: 52. Infanterie-Division (Hrsg.): Vom westlichsten Teil der Westfront; 346
Wirklichkeitsaufnahmen. Herborn: Oranien-Verlag, 1917, 1.-20. Tsd.
Inv.Nr. 4705
Das Werk gehört zu den Fotobüchern, die vor allem 1917 von Regimentern und Divisionen
veröff
Infanterie-Division und ihrer Kämpfe authentisch und glaubwürdig zu erzählen. Das Fotobuch
war in erster Linie ein Erinnerungsbuch für die Soldaten der Division, die 1916 bis Anfang 1917
bei der Schlacht an der Somme und den folgenden Stellungskämpfen eingesetzt war.
An der Wand, gerahmt
Vor dem Fronteinsatz
Fotopostkarte, gelaufen als Feldpost
Fotograf: Richard Schlüter, Fotoatelier, Neuburg a. Donau
Schreiber: Julius Deihl, an seine Schwester Maria, datiert Neuburg a. Donau, 22.8.1915
Inv.Nr. 10641
Julius Deihl (sitzend) wurde 1915 zum 15. Bayer. Infanterieregiment eingezogen, das in Neuburg
a. Donau stationiert war und im Ersten Weltkrieg an der Westfront eingesetzt wurde. Kurz vor
dem Abtransport an die Front ließ er sich im Atelier Schlüter mit Kameraden fotografieren. Das
Foto war auch als Andenken für seine Schwester Maria gedacht.
38
Papierabzüge (6) von Glasplattennegativen aus dem Nachlass von Julius Deihl (1893 1976),
Neuburg a. Kammel
Berufsfotografen auch ohne offizielle
Genehmigung an die Front: Sie wollten am Geschäft mit den begehrten Fotos teilhaben. Aus
diesem regen Handel mit Negativen und Papierabzügen stammen vermutlich diese Bilder. Die
Abzüge sind rückseitig beschriftet, aber nicht datiert. Vielleicht entstanden die Fotos während der
Schlacht an der Somme 1916.
Inv.Nr. 10625
Der Ort Albert im Département Somme/Nordfrankreich lag während des gesamten Krieges unter
Artilleriebeschuss. Die bekrönende Figur der Wallfahrtskirche Notre Dame de Brebiéres, eine
Muttergottes mit Kind, wurde 1915 (?) durch deutschen Beschuss beschädigt ein beliebtes
Fotomotiv. 1918 wurde die Kirche durch englischen Beschuss endgültig zerstört.
Inv.Nr. 10624
Inv.Nr. 10626
Verwüstete Landschaft mit englischem Schützengraben und Gefallenen einer schottischen Einheit.
39
Feldpostkarten: Fotopostkarten
Im Ersten Weltkrieg liefen geschätzt um die sieben Milliarden Bildpostkarten grafische und
Fotopostkarten portofrei als Feldpost zwischen Front und Heimat. Die Aufnahmen der
Fotopostkarten waren fast durchweg inszeniert, mussten genehmigt werden und stammten
zumeist von offiziell zugelassenen Berufsfotografen. Vor allem im ländlichen Raum prägten sie
die Vorstellungen vom Krieg. Die gezeigten Fotopostkarten stammen mit wenigen Ausnahmen aus
der Zeit zwischen 1914 und 1916 und aus Lothringen, das ab August 1914 zu einem
Hauptschauplatz des Krieges wurde.
Feldpostkarten/Rahmen:
Der Oberste Kriegsherr und seine Heerführer
Seine Majestät der Deutsche Kaiser und der Grosse Generalstab bei der Beobachtung des
Gefechts
Verlag: B C H (Kürzel dzt. nicht auflösbar), Serie: Das Deutsche Heer, Nr. 1869
Lichtdruck; gelaufen 1915
Leihgabe: privat
Kaiser Wilhelm II. in einer Gruppe hoher Militärs.
Zum Besten der Kriegsfürsorge
Fotografin: Kaiserin Auguste Victoria, Posen 1915
Verlag: Rotophot AG, Berlin
Herausgeber: Rotes Kreuz
Lichtdruck; gelaufen 1916
Inv.Nr. 7560,T,07
Kaiser Wilhelm II. und Generalfeldmarschall von Hindenburg.
Im Großen Hauptquartier im Januar 1917
Verlag: August Scherl GmbH, Berlin
Lichtdruck, gelaufen 1918
Inv.Nr. 11585
Wilhelm II., Generalfeldmarschall und Chef der Obersten Heeresleitung von Hindenburg und
General Erich Ludendorff bei einer Lagebesprechung.
40
Feldpostkarten/Rahmen:
Stellungskrieg im Westen (Leihgaben: privat)
Schützengraben
Genehmigte Originalaufnahme
Verlag: Julius Berger, Metz
Lichtdruck; gelaufen 1915
Deutscher Schützengraben.
Ein von deutscher Artillerie stark zerschossenes Schützengrabenwerk
Verlag: E. Sanwald, Esslingen a. N., Bildnr. 347
Lichtdruck; gelaufen 1916
Erste Kämpfe in den Argonnen brachen September 1914 aus.
Artillerie Beobachtungsturm im Argonnenwald
Verlag: E. Sanwald, Esslingen a. N.
Lichtdruck; gelaufen 1916
Der ca.
-
St. Mihiel Vor einem granatensicheren Unterstand im Fort Camp des Romains
Verlag: Klingenstein & Co., Metz
Lichtdruck; gelaufen 1915
Deutsche Militärs posieren vor dem September 1914 eroberten Fort du Camp des Romains.
41
Feldpostkarten/ Rahmen:
Gegner Frankreich (Leihgaben: privat)
METZ Eroberte französische Geschütze auf dem Paradeplatz
Fotograf: Hoffotograf Eugen Jacobi, Metz
Verlag: F. Conrard, Metz, Sammlung Weltkrieg 1914, Bildnr. 5
Lichtdruck; 1914. Karte gelaufen, datiert Creuë, 9. November, o. J.
1914. Jacobi, der ein Fotoatelier in Metz besaß, gehörte wohl zu den 1914 offiziell zugelassenen
Kriegsfotografen an der Westfront.
Essey
Verlag: F. Conrard, Metz, Sammlung Weltkrieg 1914, Nr. 19
Lichtdruck; 1914. Schreibdatum Creuë, 17.5.15
Von Deutschen besetzt: Essey-et-Maizerais (heute: Dép. Meurthe-et-Moselle).
Gefangene Franzosen werden abgeführt.
Verlag: P. Maas Sohn, Metz, Bildnr. 14
Lichtdruck
Das Schreibdatum der Karte ist nicht erkennbar; die Uniformen der Gefangenen deuten auf 1914
oder Anfang 1915.
Französische Zivilgefangene gehen zur Arbeit
Fotograf: Wittkowsky, Kriegsphotograph
Verlag, Agentur: Zander & Labisch, Berlin
Lichtdruck; gelaufen 1916
Zander & Labisch, eine Agentur für Pressefotos, belieferte u. a. die Berliner Illustrierte Zeitung.
Dannevoux
Verlag: graphische Kunstanstalt Karl Liebhardt, Esslingen a.N.
Lichtdruck; gelaufen 1916
Deutsche Soldaten in Dannevoux.
42
Feldpostkarten/ Rahmen:
Zerstörungen (Leihgaben: privat)
Bouillonville Zerstörte Brücke
Fotograf: Hoffotograf Eugen Jacobi, Metz (?)
Verlag: F. Conrard, Metz, Sammlung Weltkrieg 1914 Nr. 4
Lichtdruck; gelaufen 1915
Die von den Franzosen gesprengte Eisenbahnbrücke von Bouillonville war ein beliebtes Bildmotiv.
Longwy Oberstadt
Verlag: Kunst- und Verlagsanstalt Schaar & Dathe, Trier; Bildnr. 91
Lichtdruck; gelaufen, Schreibdatum 22. November 1914
Longwy war die erste französische Festung, die August 1914 in deutsche Hände fiel.
Boinville. Kirche u. Schule
Verlag: Willy Koehler, Metz; Originalaufnahme vom westlichen Kriegsschauplatz Nr. 293
Lichtdruck; gelaufen Juni 1916
Boinville-en-Woevre war von den Kämpfen um die Festung Verdun betroffen.
Karte mit durch Tintenblei unkenntlich gemachtem Bildtitel (Zensur?)
Verlag: Julius Berger, Metz, genehmigte Originalaufnahme
Lichtdruck; gelaufen November 1915
Blick in den Innenraum einer zerstörten Kirche, Westfront
Karte ohne Bildtitel
Foto: X. Jackermeier
Lichtdruck; Karte datiert Nordfrankreich, 16. II. 16
wo ich bin nur ist sie jetzt
noch viel besser / zusamengeschoßen als / man es hier sieht W
43
Sockelhaube
Hand-Bates
Hersteller: H. C. White Company, Bennington (Vermont), USA
1900/1910
Aluminium, Glas, Holz; Sichtschirm mit graviertem Dekor
Rieser Bauernmuseum Maihingen, Inv.Nr. 5129
Hersteller: Neue Photographische Gesellschaft (NPG), Berlin
Verlag: B. A. Hoppe, Leipzig-Gohlis
Rieser Bauernmuseum Maihingen, Inv.Nr. 5023, 5025, 5026, 5027, 5029-5031
Kriegsgeschehen und von Kriegsschauplätzen in 3-D daheim schnell und einfach befriedigen. Die
NPG war der größte deutsche Produzent von Kriegsstereografien. Nach Kriegsende umfasste die
1914 begonnene Serie über 500 Bilder.
--------------------------Hinweis:
Stereografien, Bildtitel:
Nr. 40
Österreichischer Mörser bei Bolimow. Einfahren des Geschosses
Nr. 71
Beerdigung russischer Leichen
Nr. 75
Bauerntrain in der tief und malerisch verschneiten Fludoricahöhe (Bukowina)
Nr. 140
Gesamtansicht des Schützengrabens bei Sochatschew
Nr. 168
Schützengrabendasein
Im Betrachter: Nr. 210 Wirkung einer Granate in einem Baumstamm
Fotoalbum des Sanitätsgefreiten Josef Berger
Beschriftet
datiert.
Leihgabe: Martha Hafner, Mickhausen
Die Fotos, die der 1895 in Fischach geborene Josef Berger in seinem Album zusammenstellte,
stammen von Amateurfotografen. Billige einfache Plattenkameras und die neuen kleinen
Josef Berger, der selbst nie eine Kamera besaß, bestellte sich Abzüge. Die Fotos zeigen das Leben
mit den Kameraden, die Unterkunft, Landschaften, kleine Orte, eine Weihnachtsfeier und eine
Fliegerabwehrkanone.
Beim Abkochen
Fotopostkarte, gelaufen als Feldpostkarte
Verlag: H W M (derzeit noch unbekannter Verlag in München)
Kolorierter Lichtdruck mit Farblithografie; Schreibdatum 3.2.1918
Inv.Nr. 22316
Szene hinter der Front in Farbe. Die Farbe ist drucktechnisch erzeugt. Dagegen weiß man erst
jetzt, dass während des Ersten Weltkrieges bereits Farbfotografien als Feldpostkarten im Umlauf
waren.
44
Deutsche Kriegsausstellung
Entwurf: Emil Orlik (Prag 1870 1932 Berlin)
Druck: Kunstanstalt Weylandt, Berlin
Auftraggeber: Zentralkomitee der Deutschen Vereine vom Roten Kreuz
Lithografie; 1916
Inv.Nr. 5241
30 weitere Städte. Kriegsbeute, Feindesdarstellungen und spektakuläre Inszenierungen neuer
Kriegstechnologien demonstrierten die Unterlegenheit der Gegner. Schauschützengräben
leine
Munitionsteile verkauft.
-------------------------------Hinweis:
Heimat zurückgebliebenen Bevölkerung die greifbaren Erfolge unserer Truppen vor Augen zu
führen, und in dem Bestreben, aus den erhofften Erträgnissen dem Roten Kreuz neue Mittel für
Amtlicher Führer, Berlin o. J., S. 17).
Württ. Kriegsausstellung 1916 Stuttgart
Entwurf: Johann Vincenz Cissarz (Danzig 1873 1942 Frankfurt a. Main)
Druck: Max Seeger, Stuttgart
Auftraggeber: Württembergischer Landesverein vom Roten Kreuz
Farblithografie; 1916
Inv.Nr. 5246
Die Stuttgarter Schau übertraf mit 250.000 Mark Reingewinn für das Rote Kreuz alle
Erwartungen. In Dioramen sah das Publikum Feinde bei militärischen Handlungen oder
Deutsche Kriegs=Ausstellung Leipzig 1916 17
Entwurf: Erich Gruner (Leipzig 1881 1966 Leipzig)
Druck: Meissner & Buch, Leipzig
Auftraggeber: Rotes Kreuz
Farblithografie; 1916
Inv.Nr. 5245
Das Plakatmotiv
der gepanzerte Arm eines Ritters mit erhobenem Schwert vor einem Globus
Motiv dem damaligen deutschen Selbstverständnis: Deutschland, eingekreist von Feinden, führt
keinen Angriffskrieg, sondern einen Verteidigungskrieg. Das Plakat versinnbildlicht diesen Mythos:
Der Arm signalisiert Wehrhaftigkeit und Kraft und erhebt das Kriegsschwert zum Schutz des
Vaterlandes.
--------------------------Hinweis:
In der Rede Kaiser Wilhelms II. am 4. August 1914 vor dem Reichstag hieß es zur Kriegserklärung:
Gott und kampfesfroh vor dem Feind, so vertrauen wir der ewigen Allmacht, die unsere Abwehr
45
OBERGESCHOSS: Thema Novemberrevolution 1918
Novemberrevolution 1918
Reichshauptstadt Berlin.
Unmittelbarer Auslöser der Revolution war der Aufstand der Matrosen am 28. Oktober
1918 in den Marinestandorten. Von Kiel aus verbreitete sich die Revolution mit ihren
Forderungen nach Frieden, Brot und Umgestaltung der sozialen und politischen Ordnung
wie ein Lauffeuer im Reich. Am 9. November wurde in Berlin die Republik ausgerufen.
Bereits in der Nacht vom 7. auf den 8. November hatte Kurt Eisner in München den
Freistaat Bayern proklamiert.
und passive Wahlrecht. Nachdem die Wahltermine zur verfassunggebenden (Weimarer)
Nationalversammlung und den verfassunggebenden Landtagen bekannt gegeben
worden waren, setzte ein lebhaftes Werben aller Parteien und Frauenorganisationen mit
Bild- und Schriftplakaten um die Neuwählerinnen ein.
In Bayern erkannte vor allem die am 12.11.1918 gegründete
Bayerische Volkspartei (BVP) die auch emotionale Wirkmächtigkeit der Bilder für den
Wahlkampf. Sie beauftragte eine große Anzahl von Bildplakaten zu den Wahlen am 12.1.
und am 19.1.1919. Dies war der Auftakt zur Hoch-Zeit des Plakats im Dienst der
Parteienwerbung.
Proklamation der Republik Bayern
7./8. November 1918
Quelle: Stadtmuseum München: München
uptstadt der
1993 bis 27. März 1994). München, 1993, S. 40.
46
Mitbürger!
Flugblatt, Berlin, 9. November 1918
Herausgeber, Auftraggeber: Reichskanzler Friedrich Ebert
Typendruck
Inv.Nr. 6628
Das Flugblatt teilt die Übernahme der Geschäfte des Reichskanzlers durch Friedrich Ebert mit,
Vorsitzender der stärksten Partei im Reichstag, der MSPD (Mehrheitssozialdemokraten). Ebert ruft
zu Ruhe, Ordnung und Arbeit auf, bittet um die Unterstützung der Bevölkerung und kündigt die
Neubildung der Regierung an.
An diesem 9. November 1918 endete das Kaiserreich, Deutschland wurde Republik.
--------------------------------Hinweis
Am 9. November erreichte die Revolution die Reichshauptstadt Berlin. Um den drohenden
Aufstand zu verhindern, verkündete Reichskanzler Max von Baden eigenmächtig den
Thronverzicht Kaiser Wilhelms II. und des Thronfolgers. Ebenso ungewöhnlich war die Ernennung
Eberts zum Reichskanzler durch den Reichskanzler. Am Nachmittag des 9.11. rief Philipp
Scheidemann (MSPD) ebenfalls eigenmächtig die Republik aus. Zwei Stunden später rief Karl
Regierung fand am 10.11. 1918 statt: MSPD und USPD (Unabhängige Sozialdemokraten) bildeten
provisorische Regierung bis zur Wahl der verfassunggebenden Nationalversammlung am
19.1.1919 amtierte. Diese wählte am 11. 2. 1919 Friedrich Ebert zum Reichspräsidenten.
Frauen!
Entwurf: Lucian Bernhard (d.i. Emil Kahn)(Stuttgart 1883 1972 New York)
Druck: Werbedienst GmbH, Berlin
Herausgeber, Auftraggeber: Ausschuß der Frauenverbände Deutschlands (Vorbereitung der Frauen
für die Nationalversammlung), Berlin
Farblithografie; vor dem 19.1.1919
Inv.Nr. 6511
und passive Wahlrecht für Frauen ein. Frauen, die mindestens 20 Jahre alt waren, konnten nun bei
der Wahl zur Nationalversammlung am 19.1.1919 wählen und als Abgeordnete gewählt werden.
organisationen zusammen: Bund Deutscher Frauenvereine, Reichsverband für Frauenstimmrecht,
Verband Vaterländischer Frauenvereine, Deutsch-Evangelischer Frauenbund, Katholischer
Frauenbund, Jüdischer Frauenbund und weitere.
-----------------------------Hinweis
In die Nationalversammlung zogen 41 weibliche Abgeordnete ein. Das waren 9,6% der Mitglieder
dieses ersten demokratischen deutschen Parlaments. Eine solche Frauenvertretung wurde erst
wieder 1983 in der Bundesrepublik erreicht. Die meisten Parlamentarierinnen kamen aus der SPD,
unter ihnen die beiden bayerischen Abgeordne
1933, Wahlkreis
Oberbayern und Schwaben) und Helene Grünberg (1874 1928, Franken). Die SPD hatte als erste
Partei in ihrem Erfurter Programm 1890 das Frauenwahlrecht gefordert.
47
WÄHLT BAYER. VOLKS-PARTEI
Entwurf: Fritz (Friedrich Anton) Gärtner (1882 Aussig, heute Tschechien München 1958)
Druck: Buchdruckerei und Verlagsanstalt Gebr. Parcus, München
Auftraggeber: Bayerische Volkspartei (BVP)
Farblithografie; nicht vor Dezember 1918
Inv.Nr. 6518
Die bayerischen Frauen gehörten zu den ersten in Deutschland, die ihr Wahlrecht ausübten. Am
12.1.1919, eine Woche vor der Wahl zur Nationalversammlung, fand die Wahl zum
verfassunggebenden Landtag statt. Das Plakat der BVP wirbt für beide Wahlen. Dabei spricht es
ausdrücklich auch die Neuwählerinnen an, links im Bild repräsentiert durch eine Bäuerin.
------------------------Hinweis
Die BVP wurde bei der ersten demokratischen Landtagswahl in Bayern mit rund 35% der Stimmen
nicht zuletzt den Stimmen christlich-konservativer Frauen vom Land und 66 von 180 Sitzen
stärkste Partei bzw. Fraktion im Landtag.
Acht Frauen zogen in das Landesparlament ein. Der BVP gehörten an Ellen Amann, Aloisia Eberle,
Maria Freiin von Gebsattel, Therese Schmitt. Für die SPD wurden gewählt Aurelia Deffner (vor
dem Ersten WK. eine der führenden Augsburger Sozialdemokratinnen, 1919 Stimmkreis Kempten
und Sonthofen)und Emilie Maurer, für die liberale Deutsche Demokratische Partei Dr. Rosa Kempf
und Käthe Günther.
BAYERN DEN BAYERN
Entwurf: unbekannt
Druck: Lithographisch-Artistische Anstalt vorm. Gebrüder Obpacher, München
Auftraggeber: Bayerische Volkspartei (BVP)
Farblithografie; 1919
Inv.Nr. 6510
Mit diesem Wahlplakat betonte die BVP ihr kompromissloses Eintreten für den Föderalismus und
ihr Bekenntnis zur bayerischen Heimat. Das Zentrum des Plakats bildet die Allegorie des Landes
der am 12.11.1918 gegründeten BVP; es richtete sich scharf gegen den Berliner Zentralismus und
Speziell richtete er sich gegen den bayerischen Ministerpräsidenten Kurt Eisner (1867 21.2.1919
ermordet).
48
BAYERN, DER BOLSCHEWIK GEHT UM!
Entwurf: Hermann Keimel (München 1889-1948 München)
Druck: Lithographisch-Artistische Anstalt vormals Gebrüder Obpacher, München
Auftraggeber: Bayerische Volkspartei (BVP)
Farblithografie; 12.1.1919 (vor)
Inv.Nr. 6506
Zur Landtagswahl am 12.1.1919 warb die BVP mit einer Reihe von Plakaten, die Stellung gegen
Bolschewismus, Kommunismus und Sozialismus nahmen. Das Plakat personifiziert die äußere und
vor dem revolutionären Russland bzw. dem Bolschewismus leninistischer Prägung und die Angst
vor Spartakisten und Kommunisten (Gründung der KPD in Berlin zur Jahreswende 1918/19;
Spartakusaufstand in Berlin 5./12.1.1919).
Das Schreckbild wirkt teilweise bis heute nach.
----------------------------------------Hinweis zum Bild
Von Russland her, in dem die Bolschewiki im November 1917 (alter russ. Kalender: 24./26.
die Reichshauptstadt Berlin hat er
schon im Griff und in Brand gesetzt mit der Brandfackel der Weltrevolution auf die bayerische
Landeshauptstadt. Noch ist Bayern weiß-blau, aber gefährdet. Mit dem Feind- und Schreckbild
der Weltrevolution, das im Gefolge der deutschen Novemberrevolution 1918 und ihrer Arbeiter-,
Bauern- und Soldatenräte ganz aktuell umgeht,
. Die an einen Kosaken
die von der antirussischen Kriegspropaganda seit 1914 neu geschürt worden waren. Mit der
schrieb z. B. Wilhelm Köhler im 1915 e
zeigt die niedere Stirn des unterentwickelten Menschentypus, die vorstehenden Backenknochen
SOCKELHAUBE
Leihgabe: Stadtgemeinde Krumbach
[WIRD UMGEBLÄTTERT!]
264, 14. November 1918
Leihgabe: Stadtgemeinde Krumbach
49
TEXT NUR IM READER!
Mechthild Müller-Hennig
Berühmte Plakatgestalter
Die Plakate aus der Sammlung Beck spiegeln sehr unterschiedliche Gestaltungsweisen
innerhalb bestimmter Themenbereiche wider von naiv anmutenden Entwürfen über
malerisch wirkende Plakate bis hin zu flächig-plakativen und typografischen
Gestaltungen. Alle wirken auf ihre Art sehr eindringlich. Damit kommen sie der Aufgabe
nach, möglichst viele Menschen anzusprechen, nicht zuletzt auch durch Gefühle wie
Mitleid oder Stärke.
Das Niveau der Gestaltung der ausgestellten Arbeiten ist sehr unterschiedlich. So ist ein
Teil der Plakate nur unter inhaltlichen Gesichtspunkten von Interesse, andere hingegen
haben einen hohen künstlerischen Wert. Betrachtet man die Biografien der bekannten
Plakatgestalter des frühen 20. Jahrhunderts, so stellt man fest, dass sie aus ganz
unterschiedlichen Sparten kommen und ihre anderen Tätigkeiten häufig prägend auf
den Stil ihrer Plakatentwürfe wirken.
Leon Lico Amar (*1887 Wien unbekannt), studierte an der Kunstgewerbeschule in Wien,
u. a. bei
Kolo Moser. Als reisender Porträtmaler war er auf dem Balkan tätig. Ab 1910 war er in
Berlin als Gebrauchsgrafiker ansässig. Er schuf eine Reihe von Werbeblättern Plakate in
kleinem Format für Ullstein-Kriegsbücher. Große, plakativ aufgefasste Flächen sowie
die Reduktion auf wenige Farben prägen seinen Plakatstil, seine Kompositionen wirken
rak! Der Ruhmestag
stark hervor.
Lucian Bernhard, mit bürgerlichem Namen Emil Kahn, (1883 Stuttgart/Bad Cannstatt
1972 New York) studierte an der Münchner Kunstakademie. Unter anderem entwarf er
Möbel, Tapeten, Teppiche und Leuchten, vor allem aber Plakate. 1901 zog er nach Berlin.
Er war Mitglied des Deutschen Werkbundes und von 1905 bis 1921 künstlerischer Beirat
des Vereins der Plakatfreunde e. V. Im Ersten Weltkrieg entstand zwischen 1915 und
Sein gestalterisches Spektrum reicht von malerisch oder zeichnerisch ausgearbeiteten
Bildmotiven über eine Kombination von bildnerischen Details und Text bis hin zu rein
typografischen Plakaten. Bernhards bevorzugte Schrift war die Fraktur, die seit dem 16.
Jahrhundert am meisten verwendete Schrift. Darüber hinaus schuf er 46 nach ihm
benannte Schrifttypen. Viele seiner Plakate leben von einer klaren deutlichen Gliederung
und einer starken Reduktion. Damit sind sie für den Betrachter verständlich. Bernhard
gilt neben Julius Klinger als bedeutendster Künstler des Berliner Plakates und
Schöpfer des Sachplakates.
50
BPG: Hinter der Signatur verbergen sich die Namen Eduard Hans (Hanns) BeyerPreusser und
Fritz P. Glasemann. Eduard Hans (Hanns) Beyer-Preusser (*1881 Halle unbekannt)
studierte an der Königlichen Akademie für Graphische Künste und Buchgewerbe in
Leipzig. Er
und Plakatkünstler tätig, und ab 1903/04 in Niedernhausen/Taunus mit Fritz P.
Glasemann zusammen im Bereich Illustration und Plakatkunst. Er war Mitglied des
Vertrauens-Ausschusses der Vereinigung für Reklame-Kunst und Reklame-Wissenschaft.
Fritz P. Glasemann (*1880 Magdeburg unbekannt) studierte an der Kunstgewerbeschule
in Magdeburg. Er war als Architekt, Maler und Gebrauchsgrafiker tätig. Der vielseitige
Plakatstil von BPG ist häufig durch eine Kombination locker aufgefasster Motive und
einem deutlich abgesetzten typografischen Teil geprägt.
Johann Vincenz Cissarz (1873 Danzig 1942 Frankfurt/M.) studierte 1891 bis 1894 an
der Kunstakademie Dresden und arbeitete ab 1897 als Grafiker. Er wurde durch seine
Bildplakate und Werbemittel bekannt. 1903 bis 1906 war er Mitglied der Darmstädter
Künstlerkolonie, 1906 erhielt er einen Ruf als Lehrbeauftragter für Buchausstattung und
Plakatkunst an den Lehr- und Versuchsstätten des Vereins Württembergischer
Kunstfreunde in Stuttgart, 1909 ging er als Professor an die Berliner Akademie. Er war
Maler, Grafiker, Innenarchitekt sowie Buchkünstler. Die Gestaltung seiner vielseitigen
Plakatkunst ist zum Teil stark von den symbolistischen Darstellungen seiner Malerei
geprägt. Allgemein zählt er zu den Pionieren der Plakatkunst.
Julius Diez (1870 Nürnberg 1957 München), Neffe des Malers Wilhelm Diez, studierte
an der Kunstgewerbeschule München sowie von 1888 bis 1892 an der Kunstakademie
bei Gabriel von Hackl und Rudolf Seitz. Ab 1907 lehrte er an der Kunstgewerbeschule
München, später dann wiederum an der Kunstakademie. Er war Mitarbeiter der
Künstler-Theater. Darüber hinaus schuf er Ölgemälde und Wandmosaiken. Seine großen
Vorbilder waren wie in seiner Malerei deutlich spürbar wird Franz von Stuck und
Arnold Böcklin. Neben kunstgewerblichen Gegenständen entwarf er Medaillen und
Plaketten. Sein überaus umfangreiches Plakatwerk zeigt Elemente des Jugendstils wie
beispielsweise seine lebhaft bewegten Figuren , gleichzeitig aber auch eine Prägnanz,
die durch scharf umgrenzte Flächen und Kontraste hervorgerufen wird.
Hans Rudi Erdt (1883 Benediktbeuren 1925 Berlin) studierte an der Münchner
Kunstgewerbeschule und war Meisterschüler von Maximilian Dasio. Er war Lithograf und
Gebrauchsgrafiker, seit 1906 schuf er Plakate. Ab 1908 lebte er in Berlin. Im Ersten
Weltkrieg entwarf er zahlreiche Plakate, insbesondere Werbung für Kriegsfilme er war
von 1914 bis 1918 für den Reichsfilmausschuss tätig. Sein Plakatstil ist von einer starken
Stilisierung, Reduktion und Eleganz geprägt.
51
Fritz Erler (1868 Frankenstein/Niederschlesien 1940 München) studierte zunächst an
der Kunstschule Breslau und von 1892 bis 1894 an der Akademie Julien in Paris und ließ
Mitarbeiter am Münchner Künstler-Theater und Mitglied des Werkbundes. Er arbeitete u.
a. als Bühnenausstatter, Grafiker und vor allem Maler mythologischer und allegorischer
Motive. 1913 schuf er das große Fresko im Sitzungssaal der Münchner Rückversicherung.
Auch Porträtmalerei gehörte zu seinem Schaffen. Im Ersten Weltkrieg schuf er eine
Reihe von Plakatentwürfen. Darüber hinaus war er als Kriegsmaler an der Westfront
tätig. Das wird bei seinen Plakaten deutlich spürbar. Mit seinen formatfüllend ins Bild
gesetzten, heroisch und herausfordernd wirkenden Figuren spricht er die Gefühle des
Betrachters an.
Julius Gipkens (1883 Emmerich 1969 New York) war Autodidakt. Er arbeitete als
Gebrauchsgrafiker, Dekorationsmaler, Ausstellungsgestalter und Schaufensterdekorateur.
Bereits vor dem Ersten Weltkrieg gehörte er zu den bekanntesten Gestaltern von
Sachplakaten. Er war Mitglied des Deutschen Werkbundes. Seine Plakate aus der Zeit des
Ersten Weltkriegs sind von einer flächigen, dekorativen Gestaltung geprägt, durch eine
strikte Reduktion auf das Wesentliche kommen Motive und Schrift besonders stark zur
Geltung. Manche seiner Plakate haben etwas Witziges oder Naives an sich.
Ludwig Hohlwein (1874 Wiesbaden 1949 Berchtesgaden) studierte Architektur an der
Technischen Hochschule München bei Friedrich Thiersch. 1898 war er Assistent von Paul
Wallot an der Kunstakademie Dresden, um 1900 unternahm er Studienreisen nach Paris
und London und ließ sich dann schließlich als Selbstständiger in München nieder. Dort
strator tätig,
vor allem als Plakatgestalter. Im Ersten Weltkrieg schuf er Plakate für Kriegsanleihen
und Spendenaufrufe. Er entwickelte dabei einen Stil, der sich in erster Linie durch
Schlichtheit und Klarheit auszeichnet, durch die Konzentration auf ganz wenige Farben
und Flächen. Damit steht er in der Tradition der ostasiatischen Holzschnitte, die viele
Künstler in Europa bereits im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts begeisterten und
inspirierten. Besonders geprägt hat ihn auch die englische Plakatkunst. 1910 wurde er
Ehrenmitglied des Vereins der Plakatfreunde.
Louis Oppenheim (1879 Coburg 1936 Berlin) studierte von 1899 bis 1906 in London, ab
1906 arbeitete er dann in Berlin als Maler, Grafiker und Gebrauchsgrafiker. Ab 1913 war
er Mitglied des Vertrauens-Ausschusses der Vereinigung für Reklame-Kunst und
Reklame-Wissenschaft. 1917 wurde seine Mitarbeit an der Werbung für Kriegsanleihen
ersten Blick sehr unterschiedlich, er scheint bei der Gestaltung zwischen seinen
verschiedenen Metiers, der Malerei und der Gebrauchsgrafik, zu wechseln. Einen
gemeinsamen Nenner kann man in der starken Vereinfachung sehen. Große Freiräume
und eine Isolierung der Gegenstände kennzeichnen viele von Oppenheims
52
Kompositionen. Als Schrift bevorzugte er die Fraktur. Er entwarf eine Reihe von
Emil Orlik (1870 Prag 1932 Berlin) studierte ab 1889 in München zunächst an der
privaten Malschule von Heinrich Knirr und ab 1893 an der Akademie. Als erster
deutscher Künstler verwendete er 1895 eine Lithografie als Grundlage für den Druck
eines Plakates. Er arbeitete als Maler, Grafiker, Fotograf und Kunsthandwerker. Von 1898
bis 190
an der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums in Berlin. Längere Ostasienreisen
waren für seinen Plakatstil prägend, aber auch Elemente des Jugendstils und
Symbolismus sind bei ihm tragend.
Lina von Schauroth (1975 Frankfurt/M. 1970 ebd.) studierte zunächst an der
Frankfurter Städelschule und ließ sich dann in München bei Ludwig Hohlwein als
Plakatgestalterin ausbilden. Sie war auch Malerin, Glasmalerin und Mosaikkünstlerin.
Ihre Plakate passte sie stilistisch stark dem entsprechenden Auftrag an sehr streng
s
an sich, hier werden Flächen kleinteilig gegliedert und Bildtiefe suggeriert. Hinter ihren
Entwürfen steckte mehr als nur eine Auftragserfüllung, sie war eine Patriotin, die auch
selbst bei Lieferungen von Hilfsgütern tätig wurde, in einer Munitionsfabrik arbeitete
und ein Soldatenheim leitete.
Siegmund von Suchodolski (1875 Weimar 1935 München) studierte an der
Kunstgewerbeschule und an der Technischen Hochschule München, arbeitete für die
Architekten Martin Dülfer und Theodor Fischer in München und war dann in Berlin als
leitender Architekt bei Messel tätig. Seit 1906 arbeitete er als Gebrauchsgrafiker und
Plakatkünstler in München. Dabei arbeitete er sehr vielseitig und wandlungsfähig. Seine
Plakate aus der Zeit des Ersten Weltkriegs sind von einer starken Klarheit, einer
Reduktion auf wenige Farben und von großen Kontrasten geprägt.
Carlos Tips (San Antonio/USA 1891 1962 Frankfurt/M.) war Maler, Grafiker und
Bühnenbildner. Er unterrichtete an der Kunstgewerbeschule in Dessau, lebte dann
zunächst in Karlsruhe und später in Frankfurt am Main. Silhouettenartige Elemente,
denen oft Scherenschnitte zugrunde liegen, prägen den Charakter seiner Plakate.
Während manche seiner Plakate von einer starken Sprödigkeit geprägt sind, drückt sein
Werbeplakat für Beyers-Tinten, mit denen Feldpostbriefe geschrieben werden sollten,
mit seinen wenigen scharfen Kanten etwas Stimmungsvolles, Emotionales aus.
-------------------------------
53