Bote der Urschweiz, 7. März 2015
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Bote der Urschweiz, 7. März 2015
SAMSTAGSGESPRÄCH Bote der Urschweiz | Samstag, 7. März 2015 9 Der Goldauer Urs Zürcher arbeitet für das Morgartenfestspiel. Sein Job: den Schauspielern quasi den roten Teppich auszurollen. Bild Jürg Auf der Maur Der Bund hat sich entschieden, nun doch etwas ans Festspiel zum Morgartenjubiläum zu bezahlen. Was heisst das für Sie? Wir sind natürlich sehr glücklich über diesen Beitrag, zeigt es doch, dass unsere Konzepteingabe den strengen Kriterien des Bundesamtes für Kultur standgehalten hat. Besonders erfreut sind wir auch, dass sie unseren inhaltlichen Ansatz unterstützen. Für uns war von Anfang an klar, dass wir nicht die Schlacht ins Zentrum stellen möchten, sondern den Mythos Morgarten und was dieser für die Schweiz bedeutet. Aber? Die Finanzierung läuft nicht über uns, sondern primär über das OK Morgarten. Innerhalb des OK ist der Zuger Regierungsrat Beat Villiger für unser FreilichtTheater zuständig. Ohne ihn wären wir vermutlich nicht da, wo wir heute stehen. Der Verein Big Bang hat den Auftrag vom OK Morgarten 2015 bekommen, das Festspieltheater zu organisieren. Er hat mit dem OK Morgarten eine Leistungsvereinbarung abgeschlossen, worin die gegenseitigen Leistungen klar definiert sind. Als Produktionsleiter dieser grossen Veranstaltung kann Ihnen das Geld aber nicht ganz egal sein. Das ist es auf keinen Fall. Wir freuen uns selbstverständlich über jede positive Meldung. Das ist für uns gut und motiviert uns «Für uns war klar, nicht die Schlacht ins Zentrum zu stellen.» in unserer Arbeit. Die Verantwortlichen des OK Morgarten sind auf gutem Weg, die finanziellen Mittel zu beschaffen. Und was mir persönlich besonders wichtig ist: Es werden keine Steuergelder ausgegeben. Die Mittel kommen ausschliesslich aus dem Lotterie-Fonds und aus SponsoringAktivitäten. Das macht einen grossen Unterschied aus. Die Produktion kostet viel. Ja, das Festspiel ist nicht billig. Wir rechnen Zur Person Name: Zürcher Vorname: Urs Wohnort: Goldau Geburtstag: 29. Mai 1949 Zivilstand: verheiratet, zwei erwachsene Söhne Lieblingsessen: dem Gourmet nicht abgeneigt Lieblingsgetränk: Apfelsaft, italienische Rotweine Hobbys: Radfahren, Joggen, Wandern, Kochen und Lesen «Morgarten ist ein Mythos – das macht es erst spannend» MORGARTENSPIEL Der Goldauer Urs Zürcher arbeitet im Hintergrund für das Festspiel am Morgarten. Er verspricht ein Spektakel, keine Schlacht und nur einheimisches Bier. MIT URS ZÜRCHER SPRACH JÜRG AUF DER MAUR mit einem Bruttoumsatz von 1,9 Millionen Franken. Netto geht es um 1,2 Mio. Franken. 700000 Franken müssen durch den Billettverkauf eingespielt werden. Das tönt nachvielGeld.AbermanmussauchdieRelationen sehen: Zum Murtenjubiläum wurde ein Spiel mit einem 4-Mio.-Budget organisiert. Und dies ohne Livemusik. In Morgarten ist das anders? Ja, insgesamt sind über 100 Laien-Schauspielerinnen und -Schauspieler im Einsatz. Zum Teil kommen sie mehrfach auf die Bühne. Wir haben allein mehr als 300 massgeschneiderte Kostüme anfertigen lassen. Und wir haben, wie gesagt, Livemusik. Eine sechsköpfige Band, angeführt vom bekannten Volksmusikanten Daniel Häusler. Hansjörg Römer und Jimmy Muff arrangieren die Chor-Musik und leiten die beiden Chöre. Der Bund stellt Bedingungen. Werden Sie diese erfüllen können? Das Bundesamt für Kultur wird mindestens 150 000 Franken zur Verfügung stellen. Weitere 50 000 gibt es nur, wenn wir mehrere Landessprachen ins Theater integrieren. Das werden wir selbstverständlich tun, dies war schon von Anfang an so angedacht. Es ist natürlich nicht möglich, ganze Szenen auf Französisch oder Italienisch aufzuführen, aber einige Sätze oder kleinere Rollen liegen schon drin. Wie kamen Sie überhaupt zu Ihrem Job als Produktionsleiter? Ich wurde angefragt, nachdem unser Verein damals in Brunnen das erfolgreiche Stück «Big Bang» aufgeführt hatte. Annette Windlin und Paul Steinmann, die Regisseurin und der Autor, begannen schon 2013 mit ersten Arbeiten. Ich wollte zuerst nur bei den Finanzen helfen, dies auch weil ich grossen Respekt vor diesem Vorhaben hatte. Nun hat es mir den Ärmel nochmals reingenommen. Es macht Spass, mit so einem ausgezeichneten Team ein solch ambitiöses Projekt auf die Beine zu stellen. Ich arbeite gerne mit Künstlern zusammen. Es ist zwar mittlerweile fast ein Vollzeitjob, aber ich bin ja pensioniert und erlaube mir, dann freizunehmen, wenn ich auf anderes Lust habe oder das Wetter zu gut für Schreibtischarbeit ist. Was darf ich als Zuschauer erwarten? Das Publikum wird ein musikalisches Spektakel in einer einmaligen Landschaft erleben. Unser Stück erzählt gleichzeitig zwei Geschichten: die Ereignisse rund um die Schlacht am Morgarten im Jahr 1315 «Beim Festspiel gibt es exklusiv Baarer und Einsiedler Bier.» sowie die kniffligen Vorbereitungen zur Jubiläumsfeier «700 Jahre Morgarten» im Jahr 2015. Dabei führen Narren, allen voran Leopolds Alleinunterhalter Kueni, mit Witz und Schalk durch das turbulente Stück. Es sind 17 Aufführungen geplant. Wir erwarten 10 000 Besucher. Sind Sie ein Morgarten-Fan und machen deshalb mit? Meine Aufgabe ist, die Logistik und den Background zu organisieren, quasi Annette Windlin und ihren Schauspielern und Schauspielerinnen den roten Teppich auszurollen. Die Motivation liegt also ausserhalb des eigentlichen Jubiläums? Ja und nein. Die eigentliche Schlacht, oder was man heute davon weiss, ist für mich zweitrangig. Ich sagte mir aber von Anfang an, dass ich da irgendwie dabei sein will. Es war kein Grund dafür, mich so stark zu engagieren. Aber es geht immerhin um ein Jubiläum für ein Ereignis, das 700 Jahre zurückliegt. Das bedeutet? Was soll man als Gesellschaft, als Schweiz, noch feiern, woran wollen wir uns festhalten, wenn nicht an solchen Daten und Ereignissen? Wir nehmen mit unserem Spektakel den Mythos der Freiheitsschlacht auf. Morgarten war für unser Land vor allem in schwierigen Zeiten wichtig, stiftete Zusammenhalt. Aber was 1315 passiert ist, weiss niemand, nur wenig ist historisch gesichert, es ist eben ein Mythos, und das macht es erst spannend. Auch deshalb wollte ich dabei sein. Zu reden gab bisher auch der Bierkrieg. Einheimische Brauereien aus Einsiedeln oder Baar haben das Nachsehen. Das betrifft nicht das Festspiel. Wir setzen wenn immer möglich auf Einheimisches, auf die Region, sei es beim Catering, bei der Licht- oder Tontechnik. Wenn das Preis-Leistungsverhältnis stimmt, entscheiden wir uns für die hiesigen Anbieter. Das ist im Übrigen auch das erklärte Credo von oben. Der Bierkrieg stört Sie also? Nein, nicht wirklich. Es geht beim Volksfest offenbar nicht anders. Aber? Ich will ganz bewusst ein Gegengewicht setzen. Wenn es beim Volksfest nicht möglich ist, dann fahren wir beim Festspiel eine bewusst andere Linie. Das heisst? Auf dem Festspielgelände wird es exklusiv nur Baarer und Einsiedler Bier geben. Der Caterer ist angewiesen, nur von diesen beiden Brauereien Bier auszuschenken. Ich weiss, dass das kleinere Mengen sein werden als am grossen mehrtägigen Volksfest. Aber immerhin. Ich will damit ein bewusstes Zeichen setzen, einen Gegenpol schaffen. Was bleibt bis zur Premiere für Sie noch zu tun? Noch viel! Jetzt geht es um die Feinarbeit – bis hin zur Prüfung und Bestellung einzelner WC-Anlagen oder die Verlegung von zusätzlichen Stromkabeln etc. Morgarten liegt verkehrstechnisch für eine solche Grossveranstaltung denkbar ungünstig. Das wusste ich. Es war eine Knacknuss, sie ist nun aber gelöst. Gibt es denn schon Reservationen? Ja, es gibt etliche Reservationen. Es ist gewaltig, was schon jetzt in diesem Bereich passiert. Wir haben Firmen, aber auch Behörden oder Vereine, die bereits Tickets reservieren liessen. Auch im Sponsoringbereich sind viele Rabatt-Aktionen geplant. Dank Sponsoring werden wir eine kontingentierte Anzahl Billette für die ers- «Wir werden keine Morgartenschlacht aufführen.» ten sechs Aufführungen nach der Premiere vergünstigt anbieten können. Restaurants kreieren spezielle Menüs, Hotels bieten ihren Gästen ganze Packages an inklusive eines Festspielbesuchs. Es lohnt sich also, frühzeitig zu buchen. Sie sind also zuversichtlich, dass Sie die 10 000er-Marke knacken und das Ziel erreichen werden? Davon bin ich überzeugt. Wenn die Premiere klappt und das Wetter uns einigermassen freundlich gesinnt ist, werden wir die Gäste haben, die wir uns erhoffen. Für alle ist das eh nichts. Wir wenden uns an ein kulturell interessiertes Publikum. Wir werden keine zweite Morgartenschlacht aufführen mit Hellebarden und so. Das Spiel hat einen historischen Hintergrund, es werden Leute wie Landammann Stauffacher, Herzog Leopold oder der Hofnarr Kueni auftreten. Aber eine Schlacht, wie das früher wohl noch gemacht worden wäre, wird man nicht sehen. Wer das will, wird nicht auf die Rechnung kommen. Es wird ein unterhaltsames, witziges mit viel Musik und Gesang begleitetes Freilicht-Spektakel, welches ein breites Publikum ansprechen wird. HINWEIS Gesucht sind noch weitere freiwillige Helferinnen und Helfer. Wer dabei sein will, kann sich unter [email protected] melden.