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www.move-magazin.eu Berlin, Montag, 19. Nobember 2012 SIMEP1 Spezial „Früher gab es kein Obst!“ E in Rück-, Durch- und Zukunftsblick mit Jano Costard (25), dem Organisator der SIMEP und Vorstand der JEB-BB. von Christine Meiser und Luisa Klopfer Kannst du uns ein bisschen was über die SIMEP und ihre Geschichte erzählen? Die Simulation Europäisches Parlament (SIMEP) findet dieses Jahr zum 14. Mal statt. Ich selbst war 2004 zum ersten Mal dabei, damals als Schüler und 2005 gleich noch mal. Seitdem hat sich die SIMEP stark weiterentwickelt. Früher haben nur etwa 100 Schüler an einer eintägigen Veranstaltung teilgenommen. Heute sind es rund 200 Schüler! Außerdem gab es keine Journalisten und keine Ausschusssitzungen. Seit einigen Jahren haben wir das Konzept mit zwei Simulationen pro Jahr. Über die SIMEP bin ich übrigens, wie so viele, dann auch zur Jungen Europäischen Bewegung Berlin-Brandenburg (JEB) gekommen. Ich kann mich auf jeden Fall erinnern, dass es auf meiner ersten SIMEP nur Schokoriegel und so einen Kram gab. Früher gab es kein Obst. Jetzt ist es viel gesünder! SIMEP-Teilnehmer beim Eröffnungdplenum (Sevil Asci) Eine gute oder schlechte Entwicklung? Doch, mit Obst und Gemüse kann ich schon was anfangen. Was motiviert dich, die SIMEP zu organisieren? Einfach zu sehen, was wir mit einer solchen Veranstaltung erreichen können. Das wird noch viel deutlicher morgen Abend nach der Finaldebatte werden, wenn die SIMEP-Abgeordneten alles hinter sich haben. Sie werden dann, so wie die Leute der letzten Jahre, total euphorisch sein und den langwierigen Entscheidungsprozess im Europäischen Parlament mehr wertschätzen, da sie ihn nun selbst erlebt haben. Es ist notwendig, viele Kompromisse zu akzeptieren, weil man einfach seine eigene Meinung nicht durchsetzen kann. Trotzdem sind sie alle total begeistert. Wie äußert sich die Arbeit in der JEB in deinem Alltag? Wir haben einmal im Monat ein Treffen des Vorstandes, bei dem wir wichtige Vereinsentscheidungen treffen. Auch veranstalten wir monatlich einen Jour-Fixe, der in einem Café in Berlin stattfindet sowie regelmäßige Aktiventreffen. Seite 4 Deutscher Traum? Ismail Ertug Liebe Griechen! M I D igration ist ein Dauerthema und keine Besserung in Sicht für Menschen, deren Träume nach der Ankunft in der neuen Heimat platzen. Zwischen Wirtschaft und Politik verschwinden schnell individuelle Nöte. Wer profitiert von Flüchtlingen und „illegalen“ Einwanderern? Mina Saidze bringt uns zwei Schicksale aus Spanien und Mazedonien näher. Der Artikel auf Seite 14. m Gespräch mit Hannah Ibnoulward erklärt der Europa-Abgeordnete Ismail Ertug, dass es keine Patentlösung zur Finanzkrise gibt und wo das Problem der schwachen europäischen Außenpolitik liegt. Zudem betont er warum die SIMEP so wichtig ist. Denn so viel anders als auf der SIMEP geht es in Strasbourg und in Brüssel auch nicht zu. Das ganze Interview auf Seite 5. er Staatsbankrott ist nicht abzuwenden, der Euro allerdings schon. Und die Krise in Griechenland hätte auch basisdemokratisch gelöst werden können. Findet Jana Urban. Sie denkt dort weiter, wo die SIMEP an zwei Tagen zu kurz kommt. Es geht um den Erhalt der Solidarität. Spielt der aktuelle Sparkurs die europäischen Staaten gegeneinander aus? Der Kommentar auf Seite 7 www.move-magazin.eu move SIMEP1 Spezial 2 Editorial Rund 200 Schülerinnen und Schüler schlüpfen an zwei Tagen in den Räumlichkeiten des Deutschen Bundestages und des Berliner Abgeordnetenhauses in die Rolle von Europa-Abgeordneten – das ist die Simulation Europäisches Parlament (SIMEP). Sie schafft die Möglichkeit, Europapolitik aktiv nachzuvollziehen und so einen Zugang zu europapolitischem Engagement zu finden. In dieser Zeitung vereinigen sich die Kräfte der SIMEP und des move-Magazins, dem Online-Magazin der Jungen Europäischen Bewegung Berlin-Brandenburg, bereits zum dritten Mal in Folge. Gemeinsam mit der move-Redaktion stemmen junge Menschen zusammen eine Vielfalt an Aufgaben: Es wird live von den Treffen und Debatten der Fraktionen und Ausschüsse berichtet und kommentiert; Interviews werden geführt, Fotos gemacht und zum ersten Mal läuft unser Team auch mit einer Filmkamera über die Veranstaltung. All das ganz getreu dem diesjährigen Motto: Europa, jetzt erst recht! Aber es wird auch inhaltlich gearbeitet. Drei Themen stehen in diesem Jahr im Mittelpunkt der SIMEP, zu denen unsere move-Redakteure einen vertiefenden Einblick liefern: Zum einen soll der Europäische Datenschutz überdacht werden, der seit 1995 hinter den rasanten Entwicklungen des Cyberspace hinterherhinkt. Wie kann das Parlament aus dem unüberschaubaren „Wer weiß was?“ ein nutzerfreundliches Instrumentarium gestalten? Zweitens steht die Europäische Außenpolitik im Mittelmeerraum auf der Tagesordnung. Der sogenannte Arabische Frühling hat die politischen Beziehungen zwischen den arabischen und europäischen Ländern auf eine harte Probe gestellt. Doch auch zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) gab es Meinungsverschiedenheiten. Wie kann in Zukunft gemeinsame Verantwortung intergouvernemental verwirklicht werden? Inhalt Außerdem befassen sich die Abgeordneten auch mit der Zukunft des Euro. Wer darf den Haushalt der EU lenken? Es steht viel auf dem Spiel und die Solidarität unter den Mitgliedstaaten muss bei Fragen nach einer EU-Steuer oder gar eines neuen Reformvertrages intakt bleiben. Neben diesen drei HintergrundBerichten sind die Resultate der kreativen Arbeit vor Ort auf 16 Seiten festgehalten. Mögen nicht nur die SIMEP, sondern auch diese Zeitung ein Anreiz sein, Europa erst recht zu entdecken und selbst mitzugestalten. Impressum SIMEP-Teilnehmer Thomas Mann Ismail Ertug Direkte Demokratie Den Euro abschaffen Was ist eigentlich SIMEP? Die Zukunft des Euro MensaGeMurmel WWW Mittelmeerpolitik Stellungnahme zu Syrien Der Deutsche Traum Karikatur Die JEB-BB S. 2 S. 3 S. 4 S. 5 S. 6 S. 7 S. 8 S. 8 S. 10 S. 10 S. 12 S. 13 S. 14 S. 15 S. 16 Viel Spaß beim Lesen wünscht Christoph Beeh Das Team der move-SIMEP1-Spezial (Sevil Asci) Impressum Herausgeber Junge Europäische Bewegung Berlin-Brandenburg e.V. Sophienstraße 28-29, D-10178 Berlin Leitung Christoph Beeh Chefredakteur Alexander Steinfeldt Layout Maximilian Gens ([email protected]) Redaktion Rosa Anschütz, Sevil Asci, Theresa Gattert, Hannah Ibnoulward, Arne Käthner, Luisa Klopfer, Sonja Luckmann, Amelie Maier, Christine Meiser, Mina Saidze, Daniela Stoltenberg, Jana Urban Auflage 350 Stück Druck Copy House / dbusiness.de GmbH move-magazin.eu | facebook.com/movemagazin | [email protected] www.move-magazin.eu move SIMEP1 Spezial 3 Du auch hier? - Ein Querschnitt durch die diesjährigen SIMEP-Teilnehmer E ine Abgeordnete, ein Helfer und eine Jungjournalistin haben ihre ganz persönliche Geschichte, wieso sie an der SIMEP teilnehmen. Luisa Klopfer und Christine Meiser haben nach Motiven, politischen Einstellungen und Engagement befragt. K D Wo triffst du auf Politik im Alltag? Bist du Mitglied in einer politischen Organisation? lara Kische, 16, aus Dresden: auf der SIMEP ist sie in die Rolle einer finnischen Abgeordneten der ALDE-FIN geschlüpft. Eigentlich treffe ich auf Politik nur beim Nachrichtenschauen. Außerdem habe ich Politik als Wahlfach in der Schule gewählt. Warum nimmst du an der SIMEP teil? Mich interessiert das Europäische Parlament und ich möchte die Abläufe dort besser verstehen können. er Berliner Daniel Kempin (26) ist dieses Jahr Projektleiter der SIMEP und kommt aus Stralsund. Ich bin Mitglied der JEB seit eineinhalb Jahren, weil ich mich überparteilich engagieren will. Ich bin sozusagen „Leidenschaftstäter“ für den europäischen Kontext, da mir Parteien zu wenig umsetzen. Was ist deine Motivation, dich zu engagieren? Was kannst du uns über die Partei, die du vertrittst, erzählen? Ich finde, dass Europa unglaublich viele Möglichkeiten bietet, die wir zum Teil sehr selbstverständlich leben, wie das Reisen innerhalb der EU oder Annehmlichkeiten wie Produktstandards. Das ist oft so selbstverständlich, dass wir vergessen, dass vorher viele Debatten darüber geführt und viele Hindernisse überwunden wurden. Ich würde gerne das Europa, das wir jetzt haben, weiterentwickeln und mich dafür einsetzen, dass das nicht weniger wird. Gerade bei der JEB können wir vieles von unseren eigenen Wünschen miteinbringen. Ich habe das Gefühl, ich kann etwas verändern, da ich die Menschen dazu bringen kann, Europa nicht kritisch zu sehen, sondern als Chance. Demokratisch und liberal – ich bin in der ALDE-FIN. Wo würdest du dich politisch einordnen? Was kannst du uns über das Land, das du vertrittst, erzählen? Das, was eigentlich jedem zunächst zu Finnland einfällt: Nokia, Sauna, der Weihnachtsmann wohnt in Finnland. Außerdem ist Finnland eines der wenigen Länder mit AAA-Status (Einstufung der Kreditwürdigkeit eines Staates. AAA ist hierbei die beste Klassifizierung) und liegt in der PISA-Studie immer ganz weit vorne. Entspricht das auch deiner perIch finde mich zum Teil in der CDU wiesönlichen politischen Einstellung? der, aber auch bei den Grünen. Meine Meine Überzeugung ist weder links noch rechts, jedoch auch nicht konservativ, obwohl ich auf ein katholisches Gymnasium gehe. Was macht dich besonders? Ich tanze schon seit ich sehr klein bin: besonders Ballett und Hiphop, auch auf Tourneen. perfekte Regierung wäre also SchwarzGrün, das ist aber ein bisschen tricky. (zwinkert) R osa Anschütz ist Schülerin und engagiert sich auf der SIMEP im Presseteam. Sie kommt aus Berlin, ist 15 Jahre alt und schnuppert zum ersten Mal in die Welt der Politik. Warum hast du dich für eine Teilnahme an der SIMEP entschieden? Ich hatte vorher noch nicht so viel mit Politik am Hut und jetzt will ich einfach ein bisschen mehr über Politik erfahren und wie das so abläuft. Findest du, dass Europapolitik in deinem Alltag präsent ist? Deutschland ist Mitglied in der EU, weshalb wir uns umeinander kümmern müssen. Europa geht jeden etwas an! Beschreibe deine Aufgaben als Mitglied der Presse. Ich schreibe einen Artikel über Syrien, indem ich die Standpunkte der EU und Deutschlands miteinander vergleiche. Wo würdest du dich politisch einordnen? Als Partei mag ich die Grünen, da ich ihre Ansichten größtenteils gut finde. Manchmal aber auch nicht. Ich finfe ihre Ansätze klug und nicht so unrealistisch wie die der Piraten. Hätte ich ein politisches Vorbild, dann wäre es Renate Künast. Die Welt soll über mich erfahren, dass… Was macht dich besonders? Hast du zum Beilspiel schon Mal an einem Chilischotenwettessen teilgenommen? … ich vor kurzem vom Park Inn gesprungen bin! Ab und zu setze ich mir so etwas in den Kopf. Bungeejumpen war ich auch schon! Das nicht, aber ich habe bei einem Performanceprojekt mitgearbeitet, wo ich richtig aus mir raus kommen konnte. www.move-magazin.eu move SIMEP1 Spezial 4 Der Europa-Mann E r ist EP-Abgeordneter der Europäischen Volkspartei (EVP), sitzt im Währungsausschuss und ist Pate des Wortes„Menschlichkeit“. Auf der SIMEP trafen wir den 66-Jährigen zu einem Interview. Thomas Mann über Sixpack, eineEU-SteuerundFußball-Regeln.von Hannah Ibnoulward Könnten Sie sich vorstellen, einige Fortsetzung von Seite 1 Beschlüsse der SIMEP wirklich Dort versuchen wir unsere Mitglieder umzusetzen? in die Arbeit einzubinden, die nicht im Vorstand sind, aber sich trotzdem einbringen wollen. Habt ihr dieses Jahr alles erreicht, was ihr euch vorgenommen habt? Das kommt darauf an, wie die SIMEP läuft, aber im Moment bin ich sehr optimistisch. Was machst du so außerhalb der JEB? Ich promoviere derzeit in Berlin. Vorher habe ich meinen Bachelor in VWL in Frankfurt (Oder) gemacht, bin dann im ersten Jahr meines Masters nach Mannheim und dann nach Toulouse in Frankreich gewechselt. Dort waren die Studenten „superinternational“. Nur etwa drei von 25 Absolventen in meinem Fach waren Franzosen. Nach dem Abschluss meines Masters bin ich wieder nach Berlin, meine alte Heimat, gezogen. Das hängt von der Qualität der Vorschläge ab. Ich halte aber eine Menge davon. Ich habe zum Beispiel beim europäischen Jugendkonvent mitgearbeitet. Dort haben die Jugendlichen teilweise bis 2 Uhr morgens Themen behandelt. Ich habe mich in die Reihen der EVP gesetzt, um mal zu lauschen, was da so besprochen wird. Einige von den Jugendlichen sind dann auf mich zugekommen und haben danach ein Praktikum bei mir gemacht. Ich finde es sehr gut, dass junge Leute aus allen Teilen Deutschlands hierher kommen, um das Parlament nachzuspielen. Man lernt, sich eine Meinung zu bilden, andere davon zu überzeugen, dass es noch einen anderen Weg gibt. Dieses Jahr geht es bei der SIMEP um die Eurokrise. Welche Maßnahmen sind Ihrer Meinung nach nötig, um die Krise erfolgreich zu meistern? Ich war Mitglied des Sonderausschus- Die JEB ist ja überparteilich, was ses zur Lösung dieser Finanz- und wäre denn deine eigene politische Bankenkrise. Dort haben wir in anEinordnung? derthalb Jahren Arbeit viele VorschläSchwierig! Es fällt mir selber nicht ganz einfach, mich einzuordnen. Und dein Politisches Vorbild? Da habe ich keins. Was mich motiviert, ist unser Europa mitzugestalten. Ein besonderes Ereignis deines Lebens? Berlin-Marathon 2007! ge gemacht, die ich nach wie vor für gut halte. Wir wollen zum Beispiel erreichen, dass nur noch zertifizierte Ratingagenturen arbeiten dürfen und eine eigene europäische Ratingagentur als Alternative zu den großen drei aufgebaut wird. Außerdem sollen Hedgefonds nur tätig werden dürfen, wenn sie zertifiziert sind. Wir wollen Transparenz schaffen. Wir wollen eine Bankenabgabe erreichen, also Maßnahmen der jeweiligen Banken als einen Solidaritätsfond. Wir sind für Thomas Mann (Sevil Asci) eine Bankenüberwachung, um eine neue sichere Grundlage zu schaffen. Ein weiterer Vorschlag ist der Sixpack, den ich heute ausgeführt habe. Das sind 6 politische Maßnahmen, damit der Stabilitäts- und Wachstumspakt, den wir auf dem Papier schon längst haben, durchgreifen kann. Das heißt, dass Sanktionen verhängt werden können, dass Mitgliedstaaten sich an die Regeln halten müssen, damit wir nicht eine Verteilung von gemeinsamen Schulden haben, bei denen die Größten am meisten zahlen müssen. Sollte die EU die Verschuldung ihrer Mitgliedstaaten kontrollieren können? Benötigt sie dafür direkte Eingriffsrechte in die nationalen Haushalte? Wenn die Mitgliedsstaaten vernünftig genug sind, sagen sie, dass wir einen europäischen Finanzkommissar oder -minister brauchen, der zwar die nationalen Finanzminister miteinbezieht, aber ein Durchgriffsrecht besitzt. Wir brauchen Spielregeln wie beim Fußball. Da kann man sagen, dass die Vereine noch so unterschiedlich sind, aber trotzdem die gleichen Regeln zu befolgen haben. Welche Kompetenzen braucht die EU für eine gemeinsame Wirtschaftspolitik? Gehören dazu auch ein größerer Haushalt und eine EU-Steuer? Die EU-Steuer, die ich zunächst befürworte, schreckt viele Bürger ab, da sie befürchten, dass dadurch zusätzliche Steuern auf sie zukommen. Weiter gehts auf Seite 7 www.move-magazin.eu move SIMEP1 Spezial 5 „Europa wird nicht ernstgenommen“ I smail Ertug ist MdEP in der S&D-Fraktion. Aufgewachsen im bayerischen Amberg, bezeichnet er sich selbst als Sohn einer klassischen türkischen Gastarbeiterfamilie. Im Interview spricht er über die Kernthemen der SIMEP 2012, die EU-Beitrittschancen der Türkei und natürlich über die SIMEP selbst. von Hannah Ibnoulward Wir brauchen eine europäisierte Haushaltspolitik, wobei das Recht der nationalen Parlamente nicht angetastet werden soll. Natürlich brauchen wir feste Regeln, ich plädiere beispielsweise für eine Finanztransaktionssteuer. Außerdem muss man sich auch über Eurobonds Gedanken machen, das heißt, dass man einen Anteil der Schulden vergemeinschaftet. Zusätzlich sind Strukturreformen anzumahnen. Es gibt keine 1a-Lösung, sondern ein Bündel von Maßnahmen, die einer starken EU bedürfen. Halten Sie die SIMEP für eine realistische Darstellung des europäischen Parlaments? Laufen die Sitzungen bei Ihnen in ähnlicher Form ab? Ich gehe davon aus, dass das Grundprinzip mit der SIMEP erreicht wird. Im Endeffekt geht es bei uns auch nicht soviel anders zu. Man sitzt im Plenum und hat seine Themenbereiche und nach einer Vorstellung des Berichterstatters, sind die Parlamentarier dazu aufgerufen ihre Meinungen und Positionen dazu kundzutun und so ungefähr ist das Ganze auch hier dargestellt. Von daher ist es eine gute Übung für junge Leute, um einen Einblick in den Tagesablauf eines Parlamentariers zu erhalten. Am Ende der SIMEP werden die Beschlüsse der Teilnehmer dem EuropäischenParlamentübergeben. Wie ernst werden Sie die Vorschläge der Jugendlichen nehmen und könnten Sie sich auch vorstellen, einige davon umzusetzen? Durch die SIMEP erhalten wir ein Stimmungsbild für das wir sonst Institute beauftragen. Von daher sollte man das schon ernst nehmen. Das Besondere dabei wird natürlich auch sein, dass man sich die Inhalte anguckt. Sie sind Mitglied des TürkeiAusschusses der EU. Warum tut sich die EU ihrer Meinung nach so schwer mit der Aufnahme der Türkei? Die Beitrittsfrage der Türkei ist meiner Meinung nach eine zu hohem Maße emotionale Frage. Trotzdem darf man nicht vergessen, dass 2004 alle 27 Länder den Beitrittsverhandlungen zuge- Ismail Ertug (Europäisches Parlament) stimmt haben. Inklusive der Länder, die jetzt auch so tun, als wenn sie daran nicht beteiligt gewesen wären. Die Verhandlungen laufen jedoch weiter. Wie stehen die Chancen für eine Türkeiaufnahme? Die Frage ist nicht, ob die Türkei aufgenommen wird, sondern wann. Jetzt kommt es auf die Performance der Türkei an. Wie sie ihre Hausaufgaben macht, ihre Reformen angeht und ob sie den Kopenhagener Kriterien gerecht wird. Wenn sie das alles macht, wird es eine transformierte Türkei geben, die durchaus die europäischen Werte vertritt. Das Gleiche ist momentan auch bei Kroatien zu beobachten. Ein Thema der diesjährigen SIMEP ist die Finanzkrise. Welche Maßnahmen sind Ihrer Meinung nach nötig um die Krise zu bewerkstelligen? Zuerst muss man sich über die Ursachen der Krise klar werden. Die Banken haben viel Geld durch Fehlspekulationen verbrannt und mussten dann mit Staatsknete gestützt werden. Aufgrund dieses Kausalzusammenhangs brauchen wir eine deutlich bessere europäische Zusammenarbeit, was die Wirtschaft und Währung anbelangt. Ein weiteres Thema ist die EUAußenpolitik. Welche Maßnahmen muss die EU ergreifen, um auf internationale Konflikte, wie zum Beispiel in Syrien, zu reagieren? Die Europäische Union muss ihre Außenpolitik bündeln, was natürlich schwierig ist, da es 27 eigene Außenminister gibt, die sich ungern etwas sagen lassen. Wir haben zwar eine Vertreterin. Sie muss allerdings so stark sein, dass sie für die EU sprechen kann, was momentan nicht der Fall ist. Die Meinungen in Europa gehen zu sehr auseinander, daher werden wir von der Welt nicht ernst genommen. Die Länder müssen Kompetenzen abgeben. Momentan sehe ich allerdings nicht den Weg dahin. Das dritte Thema der SIMEP ist die Datenschutzpolitik. Hierbei geht es auch um die Vorratsdatenspeicherung. Halten Sie diese für eine effektive Methode zur Verbrechensaufklärung? In der jetzigen Form sicher nicht. Bisher sind durch Vorratsdatenspeicherung keine großen Terrorakte verhindert worden. Momentan ist die Datenvorratsspeicherung mit zu langen Speicherfristen, zu intransparenten Inhalten und einer fehlenden demokratischen Legitimation eher eine Gefahr als ein Nutzen. www.move-magazin.eu Die Zukunft des Euro move SIMEP1 Spezial 6 Aus der Krise lernen: für ein transparenteres Europa U nsere Redakteurin Amelie Maier fragt SIMEP-Abgeordnete, ob die aktuelle Krise in Griechenland und der Eurozone eine gute Möglichkeit ist, die politischen Entscheidungsprozesse in Europa verständlicher zu gestalten. Die Eurokrise ist zurzeit in aller Munde und auch aus den Medien nicht mehr wegzudenken. Insbesondere Griechenland steht seit vielen Monaten im Fokus der Diskussion. Die Troika, ein Zusammenschluss aus der sche Systeme auszuprobieren und das Engagement der Demonstranten für die Einführung basisdemokratischer Organe zu nutzen? Hier gibt es zwei konträre Positionen unter den SIMEPAbgeordneten. Was für einen gilt, gilt auch für den anderen Auf der einen Seite herrscht Unmut über die Proteste der grie- zustellen, da ein Zerfall der Eurozone ungeahnte Gefahren mit sich bringt. Die Probleme lassen sich nur durch Solidarität lösen.“ Mehr Basisdemokratie sei sinnvoll auf allen politischen Ebenen, damit sich die Bevölkerung mehr am Gesetzgebungsprozess beteiligen kann. „Die Bürger müssen sich mehr mit den Entscheidungen auseinandersetzen, um diese mitzutragen.“ Das vorläufige Ziel sei es, laut dem Abgeordneten, zunächst ein Bewusstsein für die Kraft und Wirkungsfähigkeit Europas zu schaffen. Die nationale Brille abnehmen (Sebastian2 / jugendfotos.de) Europäischen Zentralbank, der Europäischen Kommission und dem Internationalen Währungsfond, hat durch ihre Sparvorlagen zur Kreditvergabe an das Land für Verstimmung in der griechischen Bevölkerung gesorgt. Die Menschen sind verärgert, dass sie den Gürtel immer enger schnallen müssen und gehen auf die Straße. Jahrelang wurden strukturelle Fehler, wie Korruption und Klientelpolitik verschleiert sowie fehlerhafte Haushaltsberichte vorgelegt. Die Politik war undurchsichtig und die Bürger wurden nicht einbezogen. chischen Bevölkerung, wie ein Abgeordneter Litauens erklärt. „Unser Land muss auch die europäischen Sparmaßnahmen erfüllen, da wir aufgrund unserer eigenen momentanen geringen Wirtschaftsleistung selbst Gelder in Anspruch nehmen müssen.“ Nach anfänglichem Widerspruch der Bevölkerung schaffe es die litauische Regierung nun, über die Kürzung von Renten- und Verwaltungsausgaben sowie Beamtengehältern die auferlegten Maßnahmen einzuhalten. Der Abgeordnete fordert, dass Griechenland die gleichen Konsequenzen ziehen muss. Fallbeispiel Griechenland Griechen sind nicht allein schuldig Es stellt sich die Frage, ob die aktuelle Situation Griechenlands, die „Stunde null“, in der sich das Land gerade befindet, nicht eine großartige Chance für Europa ist, neue politi- Im Gegensatz dazu bezieht ein Abgeordneter Österreichs eine solidarische Position. „Wir müssen aufhören, Griechenland als Schuldigen dar- Auch Thomas Mann, Mitglied des Europäischen Parlaments und Referent auf der SIMEP, bezieht klar Stellung für ein gemeinschaftliches Europa. In seiner Rede an die Teilnehmer des Planspiels plädierte er für einen europäischen Bundesstaat, in dem die Länder nach dem Prinzip „best practice“ zusammenarbeiten und voneinander lernen. Seine Forderung, Politiker müssten ihre „nationale Brille“ abnehmen, sorgte bei den Abgeordneten für Begeisterung. Der Weg zu einer europäischen Identität ist noch weit, eine gemeinsame Verfassung scheint momentan noch nicht umsetzbar. Doch das Interesse daran wächst, wie sich heute auf der SIMEP gezeigt hat. Ein vereintes Europa beruht auf einer basisdemokratischen Organisation. Die Transparenz im politischen Entscheidungsprozess muss gestärkt werden, damit die Partizipation der europäischen Bürger steigt. Je mehr sich jeder Einzelne und jeder Staat engagiert, desto eher erreichen wir dieses Ziel. Die Griechenland- und Eurokrise bietet somit eine Chance für Europa, sich in diesem Punkt weiterzuentwickeln und als Vorbild in der Welt voranzugehen. Nutzen wir diese! www.move-magazin.eu Die Zukunft des Euro Ist die Lösung, sich dem Euro abzuwenden? E uro ja oder nein? Auch auf der SIMEP wird das Thema der Eurokrise kontrovers diskutiert. Vor Ort hat sich unsere Redakteurin einen Überblick gemacht. - ein Kommentar von Jana Urban Streng. Mühsam. Vielversprechend? Die Diskussion um die Sparpolitik der Europäischen Union ist aktuell. Was haben Deutschland und Frankreich sich da ausgedacht mit ihrem „Paket zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit“? Es heißt, es solle die Volkswirtschaften antreiben und so das Gemeinschaftsgefühl der Union stärken. Durch den Euro ist die Wirtschafts- und Währungspolitik auf verschiedene Entscheidungsebenen gehoben worden. Die Wirtschaftspolitik verbleibt in Händen der Nationalstaaten, während die Währungspolitik seitdem eine europäische Angelegenheit ist. Das Prinzip der Mobilität der Arbeitskräfte innerhalb der Länder funktioniert nicht mehr. Gerade in den letzten Monaten ist eine „Flucht aus der Krise“ von Portugal und Griechenland nach Deutschland zu beobachten. Fördert das tatsächlich die Integration der EU? Oder wäre Europa, insbesondere Griechenland, besser beraten, dem Euro den Rücken zu kehren? Die SIMEP-Abgeordneten sind pro-Europa eingestellt. Fragt man bei konservativen Fraktionen nach, die in Großbritannien und Tschechien stark sind, hört man vom „Subsidiaritätsprinzip“ und deshalb einer negativen Einstellung zum Euro. Aber bei Ländern wie Griechenland sind die Abgeordneten des Europäischen Parlaments positiv gestimmt: Man brauche die EU als Unterstützer, sonst würde die Wirtschaft zusammenbrechen. Am Rande des SIMEP-EU-Frohmutes sehe ich das Ganze kritisch. Wissen denn die Griechen gar nicht, worauf sie sich da einlassen, mit den ganzen Forderungen und Paketen? Sparpakte sind schließlich keine Weihnachtsgeschenke, sondern mergeln Griechenland und seine Bevölkerung aus. 13,5 Milliarden move SIMEP1 Spezial 7 Fortsetzung von Seite 4 Doch eigentlich bedeutet das nur, dass wir unsere ganzen Ausgaben zu einem europäischen Teil vereinen. Dabei handelt es sich gar nicht um so viel Geld, wie die Bürger denken. Doch momentan erhalten wir dafür nur negative Reaktionen, da die Bürger glauben, wir wollen ihnen noch mehr Geld wegnehmen. Ein weiteres Thema der SIMEP ist die EU-Außenpolitik. Welche Maßnahmen sollte Europa ergreifen, um auf Konflikte, wie zum Beispiel in Syrien, zu reagieren? (doro52 / pixelio.de) Euro muss Griechenland in den nächsten zwei Jahren sparen. Dass das nicht zu schaffen ist, haben Deutschland und Frankreich erkannt und Hilfe angeboten. Doch diese Hilfe zwängt Griechenland in eine quälende Abhängigkeit. Griechenland stünde nicht schlechter da, wären es aus dem Euro ausgestiegen, denn es wären bankrott gegangen - was sie, liebe Griechen, das müsst ihr euch schon eingestehen - ohnehin schon sind. Sie hätten von vorne anfangen können, aber nach eigenen Spielregeln. Statt Defizite von Rentnern bezahlen zu lassen, sollten lieber die dafür gerade stehen, die die Krise verursacht haben. Die Krise wäre auch basisdemokratisch lösbar gewesen. Ein erster Schritt in die richtige Richtung wäre eine Volksabstimmung gewesen, ob die Griechen - und hier meine ich den Großteil der Bevölkerung - die Hilfe von Europa überhaupt möchten oder eben nicht. Dies wurde jedoch durch massiven Druck von den Geberländern verhindert. Obwohl hier bei der SIMEP heitere Stimmung herrscht, sieht die Wirklichkeit da draußen anders aus. Allgemeine Unzufriedenheit liegt in der Luft. Dass das Sparpaket der großen Politiker der Integration und Transparenz Europas hilft, sei deswegen stark in Frage gestellt. Wir brauchen eine gemeinsame Basis als Grundlage. Um militärisch eingreifen zu können, haben wir momentan keine Grundlage. Hoffentlich wird es dazu auch nicht kommen. Wenn wir einmarschieren sollten, könnten wir das nur auf Basis eines UN-Mandates tun. Aber auch hierbei ist es wichtig, gemeinsam zu agieren und als Europa mit einer Stimme zu sprechen. Das ist allerdings ein langer Prozess. Das dritte Thema der diesjährigen SIMEP ist die Datenschutzpolitik. Sollte es eine allgemeine Regelung für in der EU ansässige Unternehmen hinsichtlich der Nutzung und Weitergabe von Verbraucherdaten geben? Wie sollte diese aussehen? Wenn ich bei einer Firma einkaufe, stelle ich später fest, dass ich Post von einer Firma erhalte, die mit der anderen scheinbar gar nicht zusammenarbeitet. Meine Daten, die ich brauche, um einen Kauf zu tätigen, werden weitergegeben, ohne dass ich die Einwilligung dazu gegeben habe. Das halte ich nicht für zulässig. Oft kann man gar nicht nachvollziehen, wer wann welche Daten weitergegeben hat. Daher brauchen wir Institute und Überwachungsorgane und Strafen im Falle eines Missbrauchs. Alles andere kann gar nicht sein. Wir sind sowieso schon kontrolliert genug. Viele Daten, von denen wir meinen, wir gäben sie privat weiter durch Facebook und andere soziale Netzwerke, sind nicht gelöscht. Es wird nichts vergessen, überall hinterlassen wir Spuren. Das haben wir gerade beim CIA-General in den USA miterlebt. www.move-magazin.eu Die Zukunft des Euro move SIMEP1 Spezial 8 Schüler ins Europäische Parlament Die Zukunft des Euro M D ehr als 200 Schüler und Schülerinnen aus ganz Deutschland versammelten sich am Sonntag, 18. November 2012 vor dem Bundestag in Berlin. Es ist der Beginn eines spannendenWochenendes, bei dem die Jugendlichenhautnahmiterleben,wiees sich anfühlt, Europa-Politiker zu sein. von Daniela Stoltenberg SIMEP, das bedeutet europäische Politik gestalten. Seit 1999 veranstaltet die Junge Europäische Bewegung Berlin-Brandenburg (JEB) jedes Jahr die Simulation Europäisches Parlament (SIMEP). Das Planspiel lässt jährlich auf mittlerweile zwei Veranstaltungen über 400 Schüler aus ganz Deutschland zu Abgeordneten des Europäischen Parlaments werden. Was denkt ein Finne zur Syrien-Frage und wie steht Griechenland zum Sparkurs der EU? Und wie funktioniert eigentlich die parlamentarische Entscheidung? Solche Fragen können die Teilnehmer nach der Simulation sicher beantworten. An zwei Tagen lernen die Abgeordneten vor der Kulisse des Bundestages und des Berliner Abgeordnetenhauses, wie die EU-Gesetzgebung funktioniert. Zu drei Themen werden dem Parlament Entwürfe vorgelegt: Zukunft des Euro, Datenschutz und Europäische Außenpolitik im Mittelmeerraum stehen dieses Jahr auf dem Programm. Ländergruppen, Fraktionen, Ausschüsse – in verschiedenen Gremien diskutieren die Angeordneten Positionen und formulieren Änderungsanträge. Dabei werden die Fraktionen durch aktive Politiker und Vertreter der Jugendparteiverbände unterstützt. Den Abschluss des zweiten Tages bildet die große Debatte im Plenarsaal des Berliner Abgeordnetenhauses. In der Abwägung zwischen Länder- und Parteimeinung sowie persönlicher Einstellung entscheiden die Parlamentarier anschließend über die Themen. Dabei können sie beweisen, dass sie zu echten Experten in der europäischen Parlamentsarbeit geworden sind. ie Finanz- und Schuldenkrise hält Europa noch immer in Atem. Sie hat nicht bloß die finanziellen Defizite einzelner Länder aufgedeckt, sondern das europäische Vorzeigeprojekt der Währungsunion an sich in Frage gestellt. Die offensichtlichen Schwächen dieses Projekts sollten uns jedoch nicht deren fundamentale Errungenschaften vergessen lassen. von Arne Käthner Historie Die Erfindung der Geldwirtschaft wird allgemein als zivilisatorischer Fortschritt anerkannt. Grund dafür ist die ihr zugeschriebene Eigenschaft, zwischenmenschliche Beziehungen zu befrieden. Mit der Einführung von Geld werden die Privilegien eines Einzelnen (Besitztümer, Titel oder Rechte) für einen anderen erreichbar – vorausgesetzt er ist bereit, einen gewissen Preis dafür zu zahlen. Indem sich die gewaltfreie Beilegung von widerstreitenden Interessensüberschneidungen als „preiswerter“ erweist (Reduzierung von Unsicherheit sowie von Gefahr für Leib und Leben), so das Argument, verhindert Geld als Tauschmittel den Ausbruch von Gewalt. Eine Währung fungiert demnach durchaus als Verbindungsstück und stellt Tauschbeziehungen auf eine gemeinsame, für beide Seiten vorteilhafte Grundlage. Darüber hinaus, so die gängige Meinung, schaffe die Geld- und Kreditwirtschaft nicht nur Märkte, sondern auch Kulturen mit gleichem Werteverständnis. Mittels Geldwirtschaft können Beträge, Schulden und Fristen minutiös aufgezeichnet und so die gegenseitigen Verpflichtungen präzise berechnet werden. Diesen Umstand – das Aufkommen der rationalen Wirtschaftsrechnung – würdigte schon der Soziologe Max Weber als einen entscheidenden Beitrag für die Entwicklung der, gegenüber anderen Kulturen fortschrittlichen, westlichen Gesellschaft und ihrer nach Gewinn strebenden Wirtschaft. Das rationale Rechnungswesen (Kapitalrechnung und Kalkulation) stärke zudem die Moral und das Rechtsempfinden gegenüber den Handelspartnern. Dies ist zentral, da Handelspartner, wollen sie weiterhin miteinander ins Geschäft kommen, sich auf eine gemeinsame Handhabung von Leistungen und Rückzahlungen einigen müssen. Ohne diese gemeinsamen Werte kann kein Vertrauen in die Zuverlässigkeit des Handelspartners, aber auch kein Vertrauen in eine Währung – eine abstrakte Verkörperung eines Wertes, welche rein relationalen Wert besitzt – entstehen. Vertrauen ist also für eine funktionierende Währungsgemeinschaft unabdingbar und muss von einzelnen Marktakteuren – allem voran der Schuldner – stets aufs Neue erworben werden. Gegenwart Vor diesem Hintergrund erscheint die Einführung einer Gemeinschaftswährung in einem eng miteinander verflochtenen Wirtschaftsraum als ein kluger Schritt. Nach gut einer Dekade steckt dieses Vorzeigeprojekt Europas jedoch in einer ernstzunehmenden Krise. Die gepriesenen Vorzüge scheinen sich amortisiert zu haben: Viele Staaten haben das ihnen entgegengebrachte Vertrauen durch eine Überschuldung des eigenen Landes verloren. Die Möglichkeit rationaler Handelsbeziehungen wird von einer Vielzahl denkwürdiger Phänomene konterkariert (vollautomatischer Hochfrequenzhandel, Anleihenkauf auf Pump, oder auch Nahrungsmittelspekulationen). Auf der Strecke geblieben sind außerdem das Verständnis und der gegenseitige Respekt im Umgang miteinander. Letzteres musste die deutsche Kanzlerin in letzter Zeit immer wieder erfahren. Bei ihren Auslandsreisen in die befreundeten EU-Mitgliedstaaten war sie vor Anfeindungen aufgebrachter Demonstranten nicht gefeit – Transparente mit Nazivergleichen und Hitlergruß gehörten dabei in Griechenland und Spanien www.move-magazin.eu Die Zukunft des Euro move SIMEP1 Spezial 9 Zukunft Zukunft ungewiss - wird der Euro kippen? (MoritzS / jugendfotos.de) aber auch in Portugal, zum Standartrepertoire der Demonstranten. Fest steht, so groß die Errungenschaften der Geldwirtschaft auch sein mögen, sie birgt unweigerlich auch Gefahren. Entscheidend für das weitere Vorgehen zur Lösung der Krise ist die Beantwortung der Frage, ob die derzeitigen Probleme, denen die Eurozone gegenübersteht, dem Konzept der Monetarisierung inhärent sind, oder aber ob wir es lediglich mit einer fehlerhaften Umsetzung, beziehungsweise mit unvernünftigen politischen bzw. wirtschaftlichen Entscheidungen zu tun haben? Von der Antwort auf diese Frage hängt ab, welche Lösung für die Gemeinschaftswährung angestrebt werden sollte. Ein kurzer Blick auf die Machenschaften vormals anerkannter Großbanken oder aber auch auf die angehäuften Schuldenberge – nicht einzelner, sondern aller – Euroländer reicht eigentlich aus, um die Frage eindeutig beantworten zu können. Unzweifelhaft sind Fehler gemacht worden; von einzelnen Individuen, Institutionen, aber auch von den Regierungen der beteiligten Länder. Nicht nur Nachlässigkeiten bei der Konstruktion der Währungsunion werden als für die derzeitige Lage verantwortlich anerkannt, sondern vor allem die eigene Interpretation der so schon laxen Rahmenbedingungen. So wird die Notwendigkeit neuer Strategien für die Realität global interagierender Marktteilnehmer mittlerweile auch allgemein anerkannt. Wie diese aussehen, wie sie institutionalisiert und europaweit umgesetzt werden sollten, bleibt jedoch strittig. Schnelle Fortschritte bei der Verabschiedung und Umsetzung gemeinsamer Finanz- und Währungsreformen sind daher auch weiterhin nicht zu erwarten. Unterschiedliche Bewertungen der Ereignisse, sowie nationale Eigeninteressen der EuroLänder tragen ihr Übriges zum zähen Ringen um Reformen bei. Selbst bei einer Einigung über eine Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion, der Initialisierung einer Bankenaufsicht und der Einführung einer Transaktionssteuer werden sich Fragen zur Ausgestaltung und Umsetzung gemeinsamer Rahmenbedingungen fortwährend neu stellen. Denn wirtschaftlicher wie sozialer Wandel bilden Konstanten gesellschaftlicher Strukturen. Eine Errungenschaft ist in der Krise gestärkt worden: der länderübergreifende, friedliche Dialog über die grundlegenden Werte auf denen eine gemeinsame Währungsunion zum allseitigen Vorteil gedeihen kann. Die Aufgabe der Währungsunion würde daher tatsächlich einen Rückschritt für transeuropäische Austauschbeziehungen bedeuten. www.move-magazin.eu MensaGeMurmel „Eigentlich treffe ich auf Politik nur beim Nachrichtenschauen.“ „Ich will Abläufe im Parlament besser verstehen können.“ „Das was eigentlich jedem zu Finnland einfällt: Nokia, Sauna, der Weihnachtsmann wohnt in Finnland.“ „Niederlande? Blumen, Käse, Holzschuhe!“ Datenschutz WWW - Wer weiß 1 990: Die kommerzielle Nutzung des Internets beginnt. 1995: Die EU erschafft Datenschutzrichtlinien. Danach folgt nichts außer einer neuenDenkweise.DasInternetwirdimmer alltäglicher. Neue Dienstleistungen werden zur Verfügung gestellt, doch die Richtlinien bleiben dieselben. Nun soll sich dies ändern. vonVivianDreßler „Politisches Vorbild?“ – „Arnold Schwarzenegger.“ Jeder kann heutzutage die Digitalisierung unseres Lebens im Alltag erleben. Die Benutzung von TabletPCs, E-Readern, Laptops und Smartphones ist für uns selbstverständlich. Soziale Netzwerke werden besucht. Nachrichten gelesen. E-Mails geschrieben. Jeder ist mit jedem in Kontakt, auch wenn dies über große Entfernungen geschieht. Doch gerade jene Vernetzung stellt ein großes Problem in Bezug auf den Umgang mit unseren Daten dar. Zur Lösung sucht die EU-Kommission nach neuen Regelungen, um den Datenschutz zu gewährleisten. „Echt jetzt?“ - „Ja, na klar!“ (zwinker) Die Anfänge des Datenschutzes „Mehr Transparenz und Freiheit.“ „Es gibt keinen Grund, warum jemand einen Computer zu Hause haben sollte“, sagte Ken Olsen – Präsident und Gründer von DEC (Digital Equipment Corporation) – im Jahre 1977. Wie man sieht, war es selbst für Personen aus der Computerbranche unvorstellbar, dass der Computer einen solch großen Stellenwert in unserem Leben einnehmen würde. 1990, als die kommerzielle Nutzung des Internets ermöglicht wurde, konnte sich mit „Ab und zu krieg ich es im Kopf und dann brauch ich so etwas Mal.“ „Weder links noch rechts. Auch nicht konservativ.“ „Die FDP auf jeden Fall nicht. Eher liberal!“ „Ich bin sozusagen Leidenschaftstäter für den europäischen Kontext.“ „Ich finde, dass Europa unglaublich viele Möglichkeiten bietet, die wir zum Teil sehr selbstverständlich leben.“ „Einzigartiges Experiment.“ „Was machst du da dann genau?“ „Also wenn die irgendwas Tolles machen wollen, sage ich: „Dafür gibt es Geld!“ … oder auch eben nicht!“ „Europa nicht kritisch sehen, sondern als Chance.“ „Das ist teilweise so selbstverständlich, dass wir vergessen, dass vorher sehr viele Hindernisse überwunden wurden.“ „Ich habe das Gefühl ich kann etwas verändern.“ „Ich hatte vorher noch nicht so viel mit Politik am Hut.“ move SIMEP1 Spezial 10 Sicherheit auch niemand vorstellen, dass die Vernetzung unserer Welt einmal so groß sein würde, dass die Verbindung von Facebook-Kontakten ein genaues Abbild unserer Weltkarte produziert. Jedoch sind die EU-Richtlinien zum Thema Datenschutz 1995 entstanden, angesichts heutiger Entwicklungen also uralt. Das Internet war noch nicht geprägt von der Dynamik. Es steckte gerade erst in den Kinderschuhen, was die kommerzielle Nutzung anbelangt. Nun stellt die starke Vernetzung durch das Internet aber einen Schwachpunkt für die Privatsphäre des Menschen dar. Ebenso komplex wie die Strukturen des World Wide Web ist es für den Benutzer nicht mehr möglich, seine persönlichen Daten wirklich zu verfolgen. Wer was weiß, ist nicht mehr ersichtlich. Gerade dies will die EU aber erreichen. So gilt es nun, neue Regelungen zu finden. Es soll eine Verordnung geschaffen werden, mit der ein allgemeiner Datenschutzrahmen gestaltet werden soll. Zudem soll es Richtlinien geben, die dem Zweck der Verhütung, Untersuchung und Verfolgung von Straftaten dienen. Daten bestimmen die Wirtschaft Das Potenzial der Wirtschaft vollkommen auszuschöpfen, ist ebenso ein Ziel der neuen Richtlinien. Man will versuchen, das Wirtschaftswachstum „Allgemein finde ich ihre Ansätze klug. Manchmal aber auch nicht. Nicht so größenwahnsinnig wie die Piraten - die sagen einfach irgendwelchen Kack.“ „Europa geht jeden etwas an!“ „Ich würde gerne das Europa, das ich jetzt habe, weiterentwickeln und mich dafür einsetzen, dass das nicht weniger wird, aber auch nach meinen Vorstellungen mitgestalten.“ „Ich konnte so richtig aus mir rauskommen!“ „Meine perfekte Regierung wäre Schwarz-Grün, das ist aber ein bisschen tricky.“ www.move-magazin.eu Datenschutz move SIMEP1 Spezial 11 was? und die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu steigern. Doch was hat der Datenschutz mit der Wirtschaft zu tun? Für uns ist es normal, im Internet nach Gebrauchsgegenständen zu suchen, diese zu bestellen und sie uns einfach liefern zu lassen. Jeder von uns kennt aber auch das Gefühl, wie es ist, ständig seine Adresse, Telefonnummer oder allein schon seine E-Mail-Adresse angeben zu müssen. Was uns hierbei plagt, ist das fehlende Vertrauen in den Anbieter. Eben jenes lässt uns zögern, online einzukaufen oder bestimmte Dienstleistungen des Internets in Anspruch zu nehmen. Der fehlende Datenschutz sorgt somit dafür, dass wir uns gegen einen Kauf entscheiden. Wird nun durch neue Datenschutzrichtlinien dafür gesorgt, dass wir besser verfolgen können, was mit unseren persönlichen Informationen passiert, trauen wir uns wieder mehr zu kaufen. Das so entstandene Vertrauen kann dazu genutzt werden, den Markt zu erweitern und zu optimieren. Dies führt schließlich zu einem Wachstumspotenzial. Alte Ziele – Neue Datenschutzrichtlinien In seiner lebhaften Umgebung wird das World Wide Web schnell zu einem „Wer weiß was?“. Diese Frage zu beantworten, erscheint für jeden Benutzer unmöglich. Bereits in der (Gerd Altmann / pixelio.de) Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hat man versucht dem Nutzer einen Weg zu ermöglichen, um die oben genannte Frage zu klären. Allen Personen soll es durch den Artikel 12 der Richtlinie ermöglicht sein, Auskunft über seine personenbezogenen Daten einzufordern. Dies umfasst sowohl die Information wie die Daten verarbeitet werden, als auch welche Daten gespeichert wurden. Dieser Artikel soll durch das Recht auf Vergessenwerden erweitert werden. Durch dieses soll erreicht werden, dass Daten auf Wunsch des Benutzers gelöscht werden müssen, solange es keinen legitimen Grund gibt, diese weiter aufzubewahren. Zu beachten ist, dass auch der Artikel 12 bereits durch den Artikel 13 eingeschränkt ist, wenn zum Beispiel die Sicherheit des Staates bedroht ist oder es um ein wirtschaftliches/ finanzielles Interesse eines Mitgliedsstaates geht. Bei Datenmissbrauch entscheiden weiterhin nationale Behörden, wie es bisher auch in der Richtlinie 95/46/EG Artikel 28 geregelt war. Diese haben bisher ihre Aufgaben in völliger Unabhängigkeit ausgeführt. Nun sollen aber Rahmenbedingungen geschaffen werden, die eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen den nationalen Datenschutzbehörden erreichen sollen. Diese und weitere Ergänzungen sollen den Weg ebnen, um die Frage „WWW – Wer weiß was?“ leichter zu beantworten und den Benutzer zu schützen. „Politik, Hautnah, Jugend“ Rosa (15), Berlin „Transparenz, Wissen, Europa“ SIMEP in 3 Worten „Politisch, Aufschlussreich, Unterhaltsam“ Maxime (19), Berlin „Begeisternd, Groß, Europäisch“ Jano (25), Berlin „Vielfältig, Spannend, Gemeinsam“ Luisa (18), Berlin Tom (17) „Lernen, Verbinden, Kommunikation“ Flor (19), Berlin „Politik, Lebendig, Erleben“ – Jana (20), Göttingen „Praxis, Verstehen, Erlernen“ Chrissy (16), Stuttgart „Anwendung, Politik, Presse“ Marissa (18), Berlin www.move-magazin.eu EU-Außenpolitik move SIMEP1 Spezial 12 Werte oder Interessen? D er „Arabische Frühling“ hat kaum die ersten Autokratien und damit Jahrzehnte des politischen Stillstandes weggefegt, schon steht die EU mit einem neuen Vertragswerk parat, um „die Beziehungen zwischen der EU und dem südlichen Mittelmeerraum auf eine qualitativ neue Stufe zu heben“. Die sogenannte „Partnerschaft für Demokratie und gemeinsamen Wohlstand“, so heißt es, erweitert die sich auf positive Erfahrungen stützende bisherige Zusammenarbeit. von Sonja Luckmann Bis Mitte der neunziger Jahre agierte die EU außenpolitisch kaum gemeinschaftlich. Zwischen den vormaligen EG-Ländern und den Mittelmeerdrittländern (MDL) wurden neben bilateralen Assoziierungsabkommen Handelsabkommen abgeschlossen, die den wirtschaftlichen Austausch fördern sollten. Das Ende des Ost-West Konfliktes und die zunehmend als bedrohlich wahrgenommene politische Instabilität in den südlichen Mittelmeeranrainerstaaten läutete jedoch einen Politikwandel ein. Unter dem Dach einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) lancierte die EU 1995 den Barcelona-Prozess: Euro-mediterrane Partnerschaft und entwickelte ein umfassendes Instrumentarium zur Förderung von Demokratisierungsprozessen in den MDL. Der multi- und bilaterale Rahmen, unter Einschluss der Konfliktparteien des Nahostkonfliktes, bot erstmalig ein Forum, um politische Themen der Region gemeinsam anzugehen. So ambitioniert und aussichtsreich dieser Ansatz gestartet war, so schnell zeichnete sich dessen Wirkungslosigkeit ab. Die politische Konditionierung der Wirtschaftspolitik mit der Zielgabe Reformen hin zu mehr Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Pluralismus zu belohnen und deren Ausbleiben zu sanktionieren, wich einer zunehmend normfreien Realpolitik. Reformprozesse wurden zugunsten Demonstranten im „arabischen Frühling“ (FreedomHouse / flickr.com) kurzfristiger Stabilitätsgarantien der arabischen Autokraten ausgesetzt, stattdessen floss, nicht ohne Erfolg, das Gros finanzieller Mittel in den Ausbau der wirtschaftlichen und finanzpolitischen Kooperation. Zwei Ereignisse nach der Jahrtausendwende führten zu einer Nachjustierung der EU-Mittelmeerpolitik: Die Sicherheitsdebatten nach dem Anschlag auf das World Trade Center, als auch die Osterweiterung der EU im Jahr 2004. Die Bedeutung stabiler, politisch-verlässlicher Staaten an der teils neuen Peripherie der Union wurde im Zuge der Sicherheitsdebatte als Notwendigkeit zur Wohlstands- und Friedenssicherung innerhalb der EUMitgliedsstaaten unterstrichen. Als Antwort auf das neue Sicherheitsparadigma wurde infolgedessen die Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) entworfen, die sowohl die neuen postsowjetischen Nachbarn östlich der EU umfasste, als auch den zehn südlichen Mittelmeeranrainern galt. In Anbetracht der knappen finanziellen Ressourcen, die der ENP zur Verfügung stehen und der hohen Abhängigkeit der EU-Mitgliedsstaaten von verlässlichen Energielieferungen und der gemeinsamen Bekämpfung „illegaler“ Migration, erscheint Pragmatismus anstelle von Werteexport als das effizientere Mittel der Wahl. Mit viel Pomp wurde im Juli 2008 unter französischer EU-Ratspräsidentschaft schließlich die Union für das Mittelmeer (UfM) öffentlichkeits- wirksam ins Leben gerufen. Die dritte und bis März 2011 letzte Initiative der EU-Mittelmeerpolitik verstand sich als Weiterentwicklung und Impulsgeber der wenig erfolgreichen Euromediterranen Partnerschaft aus dem Jahre 1995. Der pragmatische und lösungsorientierte Ansatz mag die Möglichkeit schneller und praktischer Erfolge erhöhen, ein Ergebnis bleibt die UfM bis heute jedoch schuldig. In Brüssel hat man nach dem Ausbruch der arabischen Revolutionen erkannt, dass man mit der scheinbaren Stabilitätspolitik in dieser Region auf das falsche Pferd gesetzt hat. „Europa hat sich nicht deutlich genug für den Schutz der Menschenrechte und der einheimischen demokratischen Kräfte in der Region eingesetzt. Zu viele von uns sind dem Irrglauben aufgesessen, autoritäre Regime seien ein Garant für Stabilität in der Region“, war fast reuevoll vom EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle zu vernehmen. Viel hat man sich seitdem in Brüssel vorgenommen: Die Erneuerung der ENP, die positive Konditionierung der Politik und Demokratie und nachhaltige Entwicklung wieder zu den wichtigsten Zielen erklärt. Der Ausgang der Revolutionen in den arabischen Staaten ist offen und wird sicherlich nicht durch ständig neue und erweiterte Ansätze aus Brüssel entschieden. Dennoch hat die EU mit der Neubelebung ihres eigenen Werteverständnisses sicherlich den ersten Schritt in die richtige Richtung gemacht. www.move-magazin.eu EU-Außenpolitik move SIMEP1 Spezial 13 Kontraste? Deutschlands Stellungnahme und die der EU zum Syrienkonflikte B ashar al- Assad scheint die Medien regelrecht zu beherrschen. Bereits seit Juni 2000, dem Damaszener Frühling, lehnt sich die Bevölkerung Syriens gegen ihren Präsidenten auf. Assads Regime beruht auf einer korrupten Diktatur, in der der Wille des Volkes unterdrückt wird. Die Aufstände der Rebellen werden mit Waffen und Panzern unterdrückt, finden jedoch ihren Weg in die Medien und fordern zum Mitdenken- und handeln auf. Was können wir tun: in Deutschland oder allgemein in der EU? von Rosa Anschütz Der Syrienkonflikt geht alle was an, auch uns hier bei der SIMEP im November 2012. Es ist einer der drei zentralen Themen: die EU-Außenbeziehung zu der südlichen Nachbarschaft. Deutlich ist, dass Deutschland, aber auch die EU, nicht wegsehen, sondern helfen wollen. Mit 22 Millionen Euro für humanitäre Hilfe ist Deutschland einer der stärksten Unterstützer der lokalen Bevölkerung, aber mit Geld lässt sich der Konflikt in Syrien nicht lösen - vieles muss erst in dem Land selbst verändern. Die Verhandlungen zur Friedenssicherung laufen und am 14. November wurden in Brüssel weitere Beschlüsse, wie eine Ausweitung der Reiseeinschränkung für Vertreter des Regimes in Damaskus, der Hauptstadt von Syrien, nach Europa verabschiedet. Eine Ausweitung der Kämpfe in andere Länder sieht die EU als einen gefährlichen Knotenpunkt der Probleme, der dringend verhindert werden muss. Doch die EU besteht aus 27 Staaten und nicht unbedingt alle sind sich einig über das Vorgehen: der Druck wird erhöht, Maßnahmen werden eingeleitet. Doch stehen alle Staaten hinter den gemeinsamen Beschlüssen Auch wenn sich der Grundhaltung einig, sind sich die Länder über die genauen Vorgehensschrit- Eingestürzte Hausfront in Azaz (Voice of America News / youtube.de) te nicht einig. Beispielsweise England und Deutschland. Wie schon in früheren Jahrzehnten geschichtlich bewiesen, stützt sich England eher auf sein Militär. In den Medien wird dieser Aspekt häufig hervorgehoben. Das Ziel Assad als Staatspräsident abzusetzen ist eine zentrale Forderung Großbritanniens – notfalls auch militärisch. Für Deutschland hingegen steht die Sicherheit der syrischen Bevölkerung an erster Stelle. Die Bundesregierung engagiert sich vor allem bei Not- und Stabilisierungsmaßnahmen in der Region. Die EU fordert zwar allgemein ein verantwortungsbewusstes Handeln, doch Verantwortung ist ein dehnbarer Begriff. Laut Catherine Ashton, der hohen Vertreterin der Außen- und Sicherheitspolitik müsse der Druck auf Syrien erhöht werden. Bashar al- Assad habe keine andere Möglichkeit als den Rücktritt. Was Syrien gut täte, wäre ein politischer Neuanfang. Kommentar der Autorin Ich frage mich ob Englands „Eingreifungsmethode“ sinnvoll ist. In einem Land wie Syrien, in dem schon so viel Gewalt, herrscht, noch mehr einfließen zu lassen, halte ist für falsch. Ich bin der Meinung, dass nicht allein die Absetzung Assads die politische Lage in Syrien ausgleichen würde. Es fehlt eine politische Struktur, die erst aufgebaut werden muss. Doch halte ich es für wichtig diesem Problem ins Auge zu sehen, sich zu informieren und sich generell damit auseinander zu setzen. Denn Politik weltweit geht uns alle etwas an. EU-Außenpolitik www.move-magazin.eu move SIMEP1 Spezial 14 Deutscher Traum zerplatzt M it der Flucht aus den Krisenländern und Südosten Europas geht die Hoffnung einher, Arbeit im reichen Westen zu finden und die Familie in der Heimat zu unterstützen. Nach der Ankunft beginnt ein neuer Lebensabschnitt: Einige steigen beruflich auf, während andere in die falschen Kreise geraten. von Mina Saidze Die Zahl der Wirtschaftsflüchtlinge ist eine Dunkelziffer. Armut, Arbeitslosigkeit und Hunger zählen nicht als Gründe, damit das Recht auf Asyl und Niederlassung gewährt wird. So bleibt nur die Existenz als illegaler Einwanderer oder die Möglichkeit einen Grund wie die politische Verfolgung oder religiöse Diskri- Irland. Die nach Deutschland ausgewanderte Eva Losara-Barreiro erzählte Al Jazeera gegenüber, dass sie trotz ihres Masterabschluss in Ingenieurwissenschaften sowie Kenntnissen in Englisch, Spanisch und Mandarin keine Arbeit in Spanien gefunden habe. Vor wenigen Monaten erhielt sie ein Angebot von einem Unternehmen in Baden-Württemberg. Die Flucht aus ihrer krisengeplagten Heimat hat sich gelohnt. Biografien wie die von Eva Losara-Barreiro sind nicht ungewöhnlich und zeigen, dass Krisenländer ihre besten Nachwuchskräfte an Deutschland und andere Länder der Welt verlieren. Studiert hat auch Olivera Stamenovska. In der mazedonischen Haupt- Rotlicht mal europäisch? (Micelli / jugendfotos.de) minierung vorzutäuschen. Seit der Erweiterung der Europäischen Union im Januar 2007 gehören auch Rumänien und Bulgarien zu den Mitgliedsstaaten. Europäische Bürger, deren Länder das Schengenabkommen unterzeichnet haben, dürfen sich in der Schengenzone frei bewegen. Von diesem Gesetz machen viele junge Menschen aus Südosteuropa Gebrauch, aber auch aus den Krisenländern Griechenland, Spanien, Italien und stadt Skopje hat sie ihren Abschluss in Jura erworben. Gebracht hat ihr das nicht viel - außer einen Studienkredit, der noch zurückgezahlt werden muss und dessen Zinsen steigen. Im Internet wurde sie auf folgendes Angebot aufmerksam: 400 Euro pro Monat, dazu Verpflegung und Unterkunft. Am Telefon habe eine freundliche Frauenstimme gesagt, sie werde Zimmer und Flure putzen, in einem kleinen Hotel, in einem Ort irgendwo in Ostdeutschland. Die Kanzlei in Skopje, in der Olivera sich als Anwältin beworben hatte, war schon länger insolvent: die große Euro-Krise, dann das Sparprogramm der Regierung. Die Sozialhilfe wurde auch gekürzt und die Miete wurde für sie und ihre Familie unbezahlbar. Es war ein persönliches Scheitern, denn sie wollte mehr vom Leben als das, was für Menschen wie sie vorgesehen schien. Jetzt, nachdem sie die Frau aus Deutschland anrief, stand ihr die Welt wieder offen. Bald würde sie für ihre alten Eltern und drei Geschwisterkinder richtig sorgen können. Diesmal würde sie es schaffen. Dort angekommen stellte sie fest, dass es keinen Job als Zimmermädchen gab. Die angenehme Stimme stellte sich als Betreiberin einer Escort-Agentur heraus, die junge, gebildete Frauen aus Südosteuropa weitervermittelte. Männer aus Bulgarien, Rumänien oder Mazedonien können von ähnlichen Erfahrungen berichten. Die Stelle als Bauarbeiter, Krankenpfleger oder Reinigungskraft sei manchmal erfunden. Die harmlose Internetanzeige oder das Vertrauen in die Schlepper führt in vielen Fällen in die Prostitution oder dem Drogenhandel. Der Familie, Bekannten und Freunden in der Heimat erzählen sie aus Scham und Furcht nichts davon. Sie halten das Bild eines reichen Nordwesten Europas, eines sicheren Deutschland aufrecht, in welchem sich Tüchtigkeit in bare Münze auszahlt. Von der Arbeitsmigration profitiert auch die deutsche Wirtschaft. Diese Gruppe von Einwanderern arbeitet mehr, manchmal riskante Tätigkeiten, für weniger Lohn und selbst um diesen werden sie oft betrogen. Sie existieren nicht auf dem Papier, bewegen sich in der rechtlichen Grauzone und fehlen in der Statistik. Den deutschen Traum haben sie sich anders vorgestellt. www.move-magazin.eu move SIMEP1 Spezial 15 Wie fest sitzt der Euro noch im Sattel? vo von Sevil Asci Ein herzliches Dankeschön für die Zusammenarbeit geht an ALEX, der neue Offene Kanal Berlin www.move-magazin.eu move SIMEP1 Spezial 16 Die JEB Berlin-Brandenburg Wir, die Junge Europäische Bewegung (JEB), sind ein gemeinnütziger, unabhängiger, überparteilicher und politischer Jugendverband. Was uns verbindet und besonders am Herzen liegt, ist der europäische Gedanke. Europa ist unsere Zukunft. Und da wollen wir mitreden und mitgestalten. Wir wollen nicht nur informieren, sondern fordern auch zu kritischem Denken auf. Mit jugendlicher Energie bringen wir neue Ideen und frischen Wind in europapolitische Debatten. Mit zahlreichen Aktionen, Veranstaltungen und Projekten in Berlin und Brandenburg setzen wir uns ehrenamtlich für ein geeintes, demokratisches, bürgernahes, friedliches und solidarisches Europa ein. Der Schwerpunkt unserer Aktionen liegt in der europapolitischen Bildungsarbeit. Wir organisieren Seminare, Workshops, Planspiele, Podiumsdiskussionen, Kundgebungen, Reisen und vieles mehr. Unser größtes Projekt ist die Simulation Europäisches Parlament (SIMEP), die wir zweimal im Jahr durchführen. Als Stimme der europainteressierten Jugend werden wir aber auch regelmäßig zu Diskussionen und Veranstaltungen anderer eingeladen. Bei uns kann jeder mitmachen, der Begeisterung für Europa mitbringt. Kommt einfach zu unserem monatlichen Jour Fixe und lernt uns dort kennen, bringt eure Meinungen und Ideen ein oder macht bei unseren Aktionen, Veranstaltungen und Projekten mit. Wir freuen uns auf euch!