Dokumentation der Elefantenhaltung im Circus Krone

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Dokumentation der Elefantenhaltung im Circus Krone
Dokumentation der Elefantenhaltung
im Circus Krone
Beobachtungen und Nachweise zur Haltung der Elefanten
Zusammengetragen von der
EUROPEAN
ELEPHANT
GROUP
European Elephant Group:
Dokumentation der Elefantenhaltung im Circus Krone, 27.07.2008
Vorwort
Die European Elephant Group / ELEFANTEN-SCHUTZ EUROPA e.V. verfügt über die weltweit wohl
umfassendste Datensammlung zur Haltung von Elefanten in Zoos und Circussen der westlichen Welt.
Wir sind seit insgesamt mehr als 25 Jahren um die Verbesserung und Weiterentwicklung der
Elefantenhaltung in Menschenobhut sowie der Einhaltung der Mindestanforderungen bemüht.
Durch die Arbeit der European Elephant Group / ELEFANTEN-SCHUTZ EUROPA e.V. konnten bis
heute nachweislich 21 Elefanten aus Circussen und schlechten Haltungseinrichtungen in bessere
Haltungen vermittelt werden.
Der Circus Krone wird diese Dokumentation und ihre Verfasser als grundsätzliche Circusgegner
einstufen. Doch als unabhängiger Kreis von Elefantenfreunden sind wir stets bestrebt, die Problematik
der Elefantenhaltung objektiv zu betrachten.
Dabei geht es in dieser Dokumentation keineswegs um emotionalen Tierschutz oder Grundsatzdiskussionen über die Haltung von Tieren im Circus. Sondern es geht ganz einfach um die Einhaltung
der Mindestanforderungen der Circus-Leitlinien bzw. des Säugetiergutachtens, der § 11-Erlaubnis und
Ordnungsverfügungen.
Fast alle Elefanten, die seit 1886 von der Familie Krone gehalten wurden, sind von der European
Elephant Group erfasst inkl. Importjahr und Tod bzw. Abgabe an andere Elefantenhalter. Dabei sind seit
der Gründung des Circus Krone im Jahr 1905 ca. 64 Elefanten nachweisbar: Darunter ca. 11 Asiatische
Elefantenbullen, ca. 45 Asiatische Elefantenkühe, ca. 2 Afrikanische Elefantenbullen und ca. 6
Afrikanische Elefantenkühe.
Die zurzeit acht im Circus Krone lebenden Elefanten kennen wir bestens und beobachten sie und ihre
Haltung seit z. T. mehreren Jahrzehnten. Und nur am Rande sei bemerkt, dass unsere Geschäftstelle in
München ist, in derselben Stadt wie die des Circus Krone.
European Elephant Group / ELEFANTEN-SCHUTZ EUROPA e.V.
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Dokumentation der Elefantenhaltung im Circus Krone, 27.07.2008
Tierbestand am 27.07.2008:
Elefanten:
Total: 8 (1,7) Elefanten: 1,4 Asiatische (E. m.) und 0,3 Afrikanische (L. a.) Elefanten.
E. m. 1,0 Colonel Joe
44 Jahre
1964 wild, über Circus Vagas, USA.
E. m. 0,1 Mala
43 Jahre
1965 wild, Indien
E. m. 0,1 Delhi
35 Jahre
1973 wild, Indien
E. m. 0,1 Bara
33 Jahre
1975 wild, Indien
E. m. 0,1 Burma
33 Jahre
1975 wild
L. a. 0,1 Sandrin
26 Jahre
1982 wild, Simbabwe
L. a. 0,1 Kenia
25 Jahre
1983 wild, Simbabwe
L. a. 0,1 Aisha
25 Jahre
1983 wild, Simbabwe
Anmerkung:
Insgesamt werden im Circus Krone derzeit etwa 120 Tiere in etwa 17 Arten gehalten.
Diese Dokumentation beschränkt sich auf Grund der speziellen Ausrichtung unseres Vereins auf die im
Circus Krone gehaltenen Elefanten.
Der Circus Krone hält neben den oben aufgelisteten Tieren auch noch Pferde (ca. 49, davon 8 von der
Truppe „Iriston“), Shetland-Ponys (ca. 14), Löwen (gesamt 17), Kamele (6), Lamas (6), Esel (1), Zebras
(4), Flusspferd (1), Schweinsaffen (3), Zwergziegen (8), Zwergschwein (1), Wildschwein (1), Aras
(gesamt 2) sowie ferner Hunde (10) und mehrere Tauben.
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Dokumentation der Elefantenhaltung im Circus Krone, 27.07.2008
Spezifischer Teil: Elefanten
Die acht Elefanten des Circus Krone:
Burma
Bara
Delhi
Colonel Joe
Mala
Sandrin
Kenia
Aisha
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Haltung der Elefanten:
Stallzelt:
Das Stallzelt für die Elefanten im Circus Krone ist ca. 40 m x 16 m lang und umfasst damit eine Fläche
von ca. 640 m². Auf Grund des Besucherwegs, des Tierpflegerwaggons und dem Abstand von
Paddocks zur Zeltplane kann die effektive Fläche für die Tiere jedoch nicht größer sein als maximal 10
m x 35 m, also ca. 350 m².
Im Stallzelt haben die Elefanten stets feste Plätze. Wenn alle acht Elefanten angekettet sind, stehen sie
von links nach rechts wie folgt: Burma, Bara, Delhi, Colonel Joe, Mala, Sandrin, Kenia und Aisha.
Wegen Unverträglichkeit muss der Circus Krone bei der Haltung in Innenpaddocks stets vier Paddocks
aufbauen. In den Innenpaddocks werden dann jeweils zwei Elefanten gehalten. Dies sind Burma mit
Bara, Delhi mit Colonel Joe, Mala mit Sandrin sowie Kenia mit Aisha.
Nach den Circus-Leitlinien müssen Innenpaddocks mindestens 100 m² groß sein. Sollten mehrere
Innenpaddocks aufgebaut werden müssen (Unverträglichkeit), darf keines der Innenpaddocks eine
Fläche von 100 m² unterschreiten. Der Circus Krone benötigt daher folgerichtig eine Fläche von
wenigstens 400 m², um vier Innenpaddocks für seine Tiere aufzubauen. Diese Fläche ist im Stallzelt
unter den derzeitigen Bedingungen kaum realisierbar.
Darüber hinaus weisen die Innenpaddocks keine Gehegestruktur (Sandhaufen, Baumstämme, etc.) auf.
Außenpaddock:
In der Regel (bei ausreichend Platzverhältnissen) baut der Circus Krone zwei Außenpaddocks auf,
welche jeweils etwa 150 m² bis 250 m² groß sind. Um diese Außenpaddocks herum werden meistens
Transportwagen und Container gestellt, vielleicht weil die Tiere die Stromabsperrungen nicht mehr
akzeptieren. Ein direkter Zugang zum Innenpaddock besteht nicht.
Um allen Elefanten während des Tages einen ausreichenden Auslauf in Außengehegen zu geben,
müsste der Circus Krone auf Grund von Unverträglichkeiten jedoch vier Außenpaddocks aufbauen, von
denen keines eine Fläche von 250 m² unterschreiten dürfte. Die vom Circus Krone für Außenpaddocks
beanspruchte Fläche müsste somit mindestens 1.000 m² betragen. Dies zeigt auch, dass eine Haltung
der Elefanten im Stallzelt (wenn keine Außenpaddocks aufgebaut sind) nicht die Haltung in
Außenpaddocks ersetzen kann, weil das Stallzelt gesamt nur ca. 640 m² Fläche umfasst.
Tatsächlich finden sich bevorzugt die selben vier Elefanten (Burma und Bara sowie Kenia und Aisha) in
den meist zwei aufgebauten Außenpaddocks – und auch bei diesen vier Tieren konnten wir
beobachten, dass sie nur vormittags für zwei bis vier Stunden darin gehalten werden.
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Auf Grund von Unverträglichkeiten sind vier Innenpaddocks nötig, in denen jeweils zwei Tiere
gehalten werden. Die Fläche wirkt für vier Innenpaddocks jedoch zu klein, da ein Großteil des
Stallzeltes (40 x 16 Meter) nicht genutzt werden kann.
Foto: Archiv EEG.
Nicht selten ungenutzt: Zwei Außenpaddocks, von Transportwagen umringt. Foto: Archiv EEG.
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Pflegemaßnahmen:
Etwa zwei Stunden bevor die Circus-Show beginnt, werden alle acht Elefanten im Stallzelt angekettet
(sofern dies nicht bereits der Fall ist) und die Elektroseile der Innenpaddocks abgehangen. In der Regel
werden die Elefanten dann, einer nach dem anderen, angefangen bei Aisha bis Burma, abgeduscht.
Dazu werden die Elefanten auch mit Seife eingeschmiert und jeder Elefant muss sich fürs Abduschen
einzeln hinlegen. Sehr häufig ist dabei zu beobachten, dass Colonel Joe sich in dieser Zeit auf seine
linke Seite legen soll – wo er bereits einen Abszess (linkes Vorderbein) hat.
Da die Vorführung in der Manege etwa 30 Minuten nach dem Beginn der Circus-Show stattfindet und
wiederum gesamt ca. 10 bis 15 Minuten dauert, stehen die Elefanten, die nicht in der Manege auftreten,
somit rund 2,5 Stunden angekettet im Stallzelt (diese Tiere bleiben während der Vorführung ihrer
Artgenossen angekettet). Bei zwei Vorführungen täglich bedeutet dies, dass die Elefanten im Circus
Krone während des Tages allein schon rund 5 Stunden zu Pflegemaßnahmen und zur Vorbereitung auf
die Manege angekettet werden. Die Circus-Leitlinien, die eine kurzzeitige Ankettung zu
Pflegemaßnahmen erlauben, werden hier sehr großzügig zu Ungunsten der Elefanten ausgenutzt.
Hinzu kommt noch die Ankettung während der abendlichen Fütterung und in der Nacht.
Unabhängig von Pflegemaßnahmen sind jedoch zwei Elefanten häufig die ganze Zeit über, auch im
Innenpaddock, angekettet (Afrikanerin Sandrin und eine Asiatin (Burma?)).
Vorführung in der Manege:
Es traten während der Sommer-Tourneen 2006 - 2008 nur die Asiatischen Elefanten in der Manege
auf. Die Afrikanischen Elefanten werden nach Aussage des Circus Krone (Herrn Keller) angeblich
morgens trainiert und im Winterprogramm in München vorgeführt, was zu überprüfen wäre.
Die Vorführung dauert etwa 10 Minuten, wobei die Tiere bereits rund 5 Minuten vor der Vorführung
hinter dem Manegen-Eingang stehen, um direkt im Anschluss an die vorangehende Nummer auftreten
zu können, ohne das es zu Verzögerungen kommt. In der Sommer-Tournee 2006 traten noch alle fünf
Asiatischen Elefanten gemeinsam in der Vorführung auf. Im Jahr 2008 konnte festgestellt werden, dass
nur noch vier Elefanten in der Manege vorgeführt werden. Es wechseln hier offenbar Delhi und Colonel
Joe.
Eine der Asiatischen Elefanten muss in der Manege einen Handstand (Hinterbeine hoch, Stehen auf
Vorderbeinen, Kopf und Rüssel) vorführen, Colonel Joe einen Hinterbeinstand. Diese Dressurübungen
beruhen auf unphysiologischen Bewegungen und führen zu extremen Belastungen der Gelenke. Daher
sind sie tierschutzrelevant (was auch von der TVT in einem Gutachten bestätigt wird).
Wenn mit den Afrikanischen Elefanten nicht gearbeitet wird, gilt für diese das Säugetiergutachten.
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Colonel Joe muss sich während der Pflegemaßnahmen oft links hinlegen.
Foto: Archiv EEG.
Vorführung in der Manege: Im Jahr 2006 wurde noch mit allen fünf Asiaten zusammen in der
Manege gearbeitet – im Jahr 2008 wechselnd mit nur je vier Asiaten.
Foto: Archiv EEG.
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Gesundheitszustand der Elefanten:
Wir sind keine Tierärzte, dennoch verfügen wir über umfassende Erkenntnisse und Erfahrungen bei der
Beurteilung von Gesundheitszuständen bei Elefanten.
Insgesamt machen die Elefanten des Circus Krone einen für Circus-Elefanten typischen Pflegeeindruck.
Insbesondere die starke „Borkenbildung“ auf der Haut (Hornzubildungen, die unter Substanzverlust
abgelöst werden können und leichte Blutungen hinterlassen) bei den Afrikanischen Elefanten ist
auffällig und zeugt von einem schlechten Pflegezustand und keiner Möglichkeit der Selbstpflege
(Suhlen, Scheuermöglichkeiten).
-
Colonel Joe: Dieser Elefantenbulle hat bereits seit über drei Jahren einen „Liege“ Abszess am
linken Vorderbein. Aktuell hat er auf seiner Stirn große Schrammen, die angeblich von einer der
Afrikanischen Elefantenkühe mit den Stoßzähnen verursacht wurden.
-
Delhi: Diese Asiatische Elefantenkuh hat einen auffällig schlechten Pflegezustand an den
Fußnägeln (u.a. Risse), insbesondere an den Hinterbeinen.
-
Mala: Sie hat im mittleren Drittel ihres Rüssels eine Rüssellähmung.
-
Sandrin: Die Afrikanische Elefantenkuh Sandrin macht einen schlechten Gesamteindruck. Ihre
Hinterbeine sind deformiert (wie bei vielen Afrikanischen Circus-Elefanten – Rachitis?). Auch
fällt ihr eingeknickter Sattelrücken auf. Sandrin hat zahlreiche Hornzubildungen auf der Haut.
Stereotypien:
Alle acht Elefanten zeigen Stereotypien. Dies sind meist sich wiederholende Verhaltensweisen, welche
weder ein Ziel noch eine Funktion haben. Bei Elefanten ist das „Weben“ mittels Kopf bzw. dem
gesamten Vorderkörper in der wissenschaftlichen Fachliteratur ausführlich beschrieben.
Vier der Krone-Elefanten verfallen regelmäßig in dieses Verhalten, bei den vier anderen tritt dies oft
kürzere Zeit auf, etwa wenn sie angekettet sind. Extrem ist das Weben bei zwei Elefanten: Delhi webt
sehr stark mit dem gesamten Vorderkörper, indem sie einen Schritt nach vorne macht und den Kopf von
unten nach oben zieht, fast als wolle sie jemanden schubsen. Aisha webt sehr oft, wobei sie ihren Kopf
mit teils abgespreizten Ohren von links nach rechts schwenkt und wieder zurück. Sogar wenn sie im
Außenpaddock steht, kann dieses Verhalten regelmäßig und über einen langen Zeitraum beobachtet
werden.
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Colonel Joe leidet seit mehr als drei Jahren an einem etwa Handflächen großen Abszess am
linken Vorderbein, der vielleicht durchs Liegen verursacht wurde.
Foto: Tierrechte-OWL.
Häufiges Bild bei der Haltung Afrikanischer Elefanten im Circus: Deformierte (Hinter)Beine, wie
hier bei der Afrikanischen Elefantenkuh Sandrin im Circus Krone.
Foto: Archiv EEG.
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IMPRESSUM
HERAUSGEBER
EUROPEAN
ELEPHANT
GROUP
ELEFANTEN-SCHUTZ EUROPA e.V.
Geschäftstelle: Beate Haufellner, Am Koglerberg 7, D – 82031 Grünwald,
Tel. 0049/89/6412091, Fax 0049/89/64919378 Homepage: www.elefanten-schutz-europa.de
In Zusammenarbeit mit:
Initiative Tierschutz für Pferde, Steinfeld
Netzwerk Tierrechte-OWL.
Recherche: Tobias Dornbusch, K. M. und Petra Schneider.
Danksagung: Es sei allen Vereinsmitgliedern gedankt, die ebenfalls an der Recherche zu dieser
Dokumentation mitgewirkt haben!
Eidesstattliche Erklärung:
Hiermit erkläre ich, dass die vorliegende Dokumentation wahrheitsgerecht verfasst und nach bestem
Wissen und Gewissen geschrieben wurde. In einer solchen Arbeit kann es leider trotz gründlicher
Recherche zu Flüchtigkeitsfehlern kommen, davon kann auch ich mich nicht frei schreiben. Jedoch
basieren die geschilderten Sachverhalte auf ausführlichen Recherchen und Dokumentationen, die
größtenteils nachweisbar und belegbar sind.
Datum: Hagen,den 28.07.2008
Unterschrift: Dipl.-Biol. Tobias Dornbusch
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