Landschaft im Wandel

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Landschaft im Wandel
Das Weltatlas Magazin • 02 / 2009 • www.diercke.de
360°
Landschaft
im Wandel
6
Das Rheinische
Braunkohlenrevier
Unterrichtseinheit Sek I
10
14
19
Gletscherschwund als
Touristenattraktion
Unterrichtseinheit Sek l
Ölsand aus Alberta/Kanada
Unterrichtseinheit Sek l
30
Landschaftswandel am
Aralsee
Unterrichtseinheit Sek lI
Neuerscheinung
Das Geographische Seminar
Diercke 360°
INTERVIEW
Diercke Weltatlas Magazin
Oliver Rohrbeck
* 21. März 1965
Hörspielsprecher, Produzent
und Veranstalter
Im Gespräch mit Oliver Rohrbeck
Diercke-Redaktion:
Diercke-Redaktion:
Was fällt Ihnen spontan zum Diercke Weltatlas ein?
Wann und warum haben Sie das letzte Mal in den Diercke
geschaut?
Oliver Rohrbeck:
Der Diercke Weltatlas ist der ultimative Begleiter in der Schule
gewesen. Natürlich wog die Schultasche besonders viel, wenn
man ihn mit nach Hause nehmen musste, um damit zu arbeiten.
Der Diercke Weltatlas hat einem als Kind das erste Empfinden
für Karten und somit die Welt an sich gegeben.
Diercke-Redaktion:
Oliver Rohrbeck:
Ich habe erst vor einem Monat mal wieder in ein altes Exemplar
gesehen, weil es mir in die Hände geriet und ich blätterte darin
herum. In diesem Exemplar war Deutschland noch geteilt.
Sofort fängt man an zu überlegen, wie das damals alles war und
was sich seitdem geändert hat. Es ist schön, dass es keine
Grenzen mehr gibt.
Gibt es eine Karte, die Ihnen in Erinnerung geblieben ist?
Oliver Rohrbeck:
Ich habe mir schon immer gern die Karten der anderen Kontinente angesehen, die von uns aus so unerreichbar weit weg
schienen. Australien, Ozeanien, Amerika etc.
Die Karten mit den Bodenbeschaffenheiten waren nie so mein
Favorit, aber es war natürlich gut, dass es sie gab.
Diercke-Redaktion:
Besitzen Sie noch Ihren alten Schul-Diercke?
Oliver Rohrbeck:
Nein, leider nicht mehr.
Diercke-Redaktion:
Was wünschen Sie dem Diercke für die Zukunft?
Diercke-Redaktion:
Was macht den Diercke für Sie außergewöhnlich?
Oliver Rohrbeck:
Oliver Rohrbeck:
Ich wünsche Diercke weiterhin alles Gute und ein erfolgreiches
Fortbestehen. Möge der Atlas auch weiterhin so sorgfältig
verlegt werden.
Er ist ausführlich, exakt und gut aufbereitet. Bei mir regt er die
Reiselust an.
zum Titelbild:
Himmelstreppe von Silvio Martin, Oberhausen 2009 – www.solidaridad.de
Die Landmarke „Himmelstreppe“ auf der Halde Rheinelbe in Gelsenkirchen ist eine der vielen ehemaligen Bergbauhalden im
Ruhrgebiet. Zur Hochzeit der Montanindustrie prägten die vielen ehemals „nur“ 20 bis 40 m hohen grauen Berge das Bild des
Ruhrreviers. Aufgrund der geringen Verdichtung des Bergbauabraums reagierte die zutage geförderte Restkohle mit
Sauerstoff und entzündete sich. Zusammen mit den qualmenden Schloten der Industrie entstand das immanente Bild des
dreckigen, grauen, stinkenden und rauchenden Ruhrgebietes. Die Halden rauchten und kokelten. Erst mit dem endgültigen
Niedergang der Montanindustrie wurden die zahlreichen kleineren Halden zu großen Bergehalden zusammengefügt. Die
sogenannten Landschaftsbauwerke sind heute ein deutliches Zeichen des vollzogenen Landschaftswandels und eingebettet
in das System der Landmarken im Ruhrgebiet. Im Rahmen der IBA-Emscherpark, der internationalen Bauausstellung im
Ruhrgebiet, installierte der Regionalverband Ruhrgebiet auf den größten der bis zu hundert Meter hohen „neuen Berge“
künstlerische Objekte, die weithin sichtbar sind. Die Skulptur „Himmelstreppe“ wurde 1999 von Herman Prigrann fertig
gestellt. Die 12 m hohe Skulptur besteht aus 35 Betonquadern und ist bei guter Sicht vom Landschaftspark Duisburg-Nord
oder vom Florian-Fernsehturm in Dortmund zu sehen.
Sebastian Schlüter
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Liebe Leserin, lieber Leser,
in dieser Ausgabe steht der Landschaftswandel im
Blickpunkt. Auch zu diesem vielfältigem Thema bietet
der Diercke Weltatlas eine Vielzahl an Kartenmaterial,
das Sie zusammen mit den spannenden 360°-Unterrichtseinheiten einsetzen können. Im wissenschaftlichen Einführungsartikel wird das Thema Landschaftswandel mithilfe ausgewählter Atlaskarten
verdeutlicht. Das „Rheinische Braunkohlenrevier“ wird
in der ersten Unterrichtseinheit thematisiert, welches
erheblichen Einfluss auf Menschen und Landschaft im
Abbaugebiet hat. Ein ganz anderes Beispiel für Landschaftswandel in Verbindung mit dem Klimawandel
ist der zu beobachtende Rückzug der Gletscher. Seit
125 Jahren zieht der Rhonegletscher Touristen in
seinen Bann, die in erster Linie seine mächtige Eiszunge bewundern. Die dritte Einheit thematisiert den
umstrittenen Ölsandabbau in Kanada als mögliche
Lösung für den steigenden Weltenergiebedarf. Der
Aralsee war einmal das viertgrößte Binnenmeer
der Erde. Bald könnte er von der Erdoberfläche
Inhalt
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Interview – mit Oliver Rohrbeck
Prof. Dr. Hansjörg Küster: Landkarten als
Belege für Landschaftswandel
Dr. Siegfried Schacht: Das Rheinische Braunkohlenrevier (Unterrichtseinheit Sek l)
Cecilia Hoppe: Klimawandel und Gletscherschwund als Touristenattraktion?
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(Unterrichtseinheit Sek l)
Prof. Dr. Yvonne Schleicher: Ölsand aus
Alberta/Kanada (Unterrichtseinheit Sek l, evtl. Sek lI)
Knut Heyden: Landschaftswandel am Aralsee
verschwunden sein. Warum, das erfahren Sie in der
vierten Unterrichtseinheit.
Die Lösungen zu diesen 360°-Arbeitsblättern bieten
wir Ihnen für 99 Cent im Internet unter www.diercke.
de/360Grad zum Download an.
Im zweiten Teil des Magazins halten wir für Sie wieder
spannende Neuigkeiten rund um den Diercke Weltatlas bereit. Welche ökologischen Spuren hinterlässt
eigentlich ein 360°-Magazin? Einstieg in die Kartenarbeit - die neue Diercke Lernkartei. Vorankündigung:
Diercke multimediale Methoden. Das neue Lehrermaterial zum Einsatz von verschiedenen Medien im
Unterricht. Das neue geographische Seminar – die
ersten Bände und vieles mehr.
Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre und
viele neue und gute Impulse für ihren Unterricht.
Ihre Diercke 360°-Redaktion
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Gewinnspiel
Diercke Lernkartei
Diercke multimediale Methoden
Diercke digitale Wandkarten im Einsatz
Diercke Drei – das Programm für den
fächerübergreifenden Unterricht
Das neue Geographische Seminar
Diercke forscht - Print vs. Online
(Unterrichtseinheit Sek lI)
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Diercke 360°
Titelthema
Diercke Weltatlas Magazin
Landkarten als Belege für
Landschaftswandel
Landschaft hat Geschichte; sie wandelt sich im Lauf der Zeit. Besonders
gut lässt sich das an den vielen Landschaftsveränderungen des Industriezeitalters demonstrieren. Riesige Mengen an Rohstoffen wurden ausgebeutet, die man in großen Industrieanlagen verarbeitete. In anderen
Fabriken wurden Maschinen gebaut. In deren Nähe entstanden Wohngebiete. Die Stätten des Wohnens und des Arbeitens, die Orte der Rohstoffgewinnung und der industriellen Produktion wurden durch Verkehrswege
verbunden.
Später kam eine andere Form des Landschaftswandels hinzu: Ausgebeutete Bergwerke wurden aufgegeben, Fabriken stillgelegt, Verkehrswege
abgebaut. Neue Landschaften wurden geformt, wo ehemals graue Industrie vorherrschte.
Neue Landschaft aus
Menschenhand
Im neuen Diercke Weltatlas lassen sich
beide Phänomene erkunden: Landschaftswandel durch Etablierung von
Bergbau, Industrie und Energiegewinnung einerseits, Landschaftswandel
durch Aufgabe der intensiven industriellen Nutzung andererseits. Industrie und
Rohstoffausbeutung geben ganzen
Landschaften einen neuen Charakter,
zwischen Köln und Aachen (Diercke u
S. 51, Diercke 2 u S. 39), in Kanada (198.1),
Brasilien (243.4, 168.4) sowie auf Borneo
und Celebes (180/181, 142/143). Riesige
Verkehrsanlagen wurden geschaffen, beispielsweise in den Niederlanden (109, 83)
und am neuen Flughafen von Hahn (63.7).
Landschaften wurden für die Gewinnung
von Energie verändert, durch Stauseen
wie am Jangtsekiang (173) oder durch
Nutzung der Windkraft in Deutschland
(53.4, 39.3). Der Oberrhein wurde seit dem
19. Jahrhundert reguliert (43); die Bedingungen für die Schifffahrt sollten
verbessert, die Hochwassergefahr
minimiert und neue landwirtschaftliche
Nutzfläche gewonnen werden. Später
baute man Kraftwerke zur Energiegewinnung. Städte wuchsen und wurden
Vom Mensch ausgelöster
Landschaftswandel:
Industrieanlagen in Rositz
(Thüringen) 1994. Die
Fabrik im Hintergrund wird
abgebrochen; die
Eisenbahnlinie ist inzwischen stillgelegt. Zu
erkennen ist, dass die Natur
Flächen zurückerobert:
Kräuter und Büsche breiten
sich auf nicht mehr
genutzten Bahngleisen
aus.
4
zum Autor: Prof. Dr. Hansjörg Küster
Leibniz Universität Hannover
Arbeitsschwerpunkte: Grundlagen
Ökologie, Landschaftswissenschaft,
Vegetations- und Landschaftsgeschichte
umgebaut, z.B. Hamburg (31, 49.5),
Wolfsburg (33.1, 28.1) und Berlin (34/35,
26/27); Dubai entwickelte sich innerhalb
weniger Jahrzehnte zu einer Megastadt
am Meer mit künstlichen Küstenformen
(163, 127). Die großen Industriegebiete
des 19. und frühen 20. Jahrhunderts
erfahren einen tief greifenden Strukturwandel. Das ist im Ruhrgebiet (36/37,
30/31) genauso zu beobachten wie bei
Halle und Leipzig (38/39, 29), in FrankfurtHöchst (41.2), im grenzüberschreitenden
Industriegebiet von Luxemburg,
Lothringen und Saarland (42) sowie in
Mittelengland (111.4, 85.1). Die Landnutzung veränderte sich, in Afrika (134/135,
104/105) wie in Südamerika (Brasilien:
219.4 und 5, 169.5, Honduras: 208.2,162.2).
Nach der Neulandgewinnung an der
Küste kann Land anders und intensiver
genutzt werden, an der deutschen
Nordseeküste (28.1, 24.1) wie vor allem in
den Niederlanden (107.1/2). Dort sind die
Küstenveränderungen derart umfangreich, dass die Physische Übersichtskarte
Europas (78, 62) neu gezeichnet werden
musste.
Große Mengen an Wasser, die bislang in
den Aralsee geströmt sind, wurden zur
Bewässerung von Baumwollfeldern
abgeleitet. Die Fläche des Sees wird
immer kleiner (157.1, 123.1). Physische
Karten von Asien mussten neu gezeichnet werden (146.3, 152/153, 114.3, 118/119).
Auf Landschaften der ganzen Welt
könnte sich der derzeit prognostizierte
Klimawandel (232) auswirken – oder
bereits ausgewirkt haben: Gletscher
schwinden, zum Beispiel der Rhonegletscher (102.2, 78.2).
Natürlicher Landschaftswandel
Noch vor wenigen Jahren machte man
sich über alle diese Phänomene kaum
Gedanken. Man lernte die Welt als eine
fest gefügte Konstante oder als im
Gleichgewicht befindlich kennen. Nun
scheint Vieles aus den Fugen geraten zu
sein, und das Problem des Wandels
beherrscht nicht nur die wissenschaftliche, sondern auch die öffentliche
Diskussion. Der neue Diercke Atlas liefert
sehr viel Material, die in der Öffentlichkeit präsenten Probleme zu versachlichen. Dazu gehört ein weiterer besonders wichtiger Aspekt, der sich im
Diercke erkunden lässt: Landschaftswandel wird keineswegs nur durch Industrialisierung und Deindustrialisierung
ausgelöst, sondern ist ein stets präsentes
Phänomen. In den letzten Jahrtausenden kam es zu dramatischen Klimaveränderungen ohne jeglichen Zusammenhang zur Tätigkeit des Menschen. Vor
18000 Jahren waren große Teile Europas
und der Erde von Eis bedeckt (79.2 und
236.2, 63.2), Laubwälder auf kleine
Gebiete begrenzt, der Meeresspiegel um
über 100 Meter abgesunken, so dass die
Umrisskarte von Europa anders aussah
als heute. Mit der Eisbedeckung und
-entlastung über Nordeuropa war eine
erhebliche Veränderung der Küstenlinien der Ostsee verbunden (29, 25).
Das „El Niño“ genannte Witterungsereignis tritt natürlicherweise auf (189.2); man
diskutiert aber darüber, ob Stärke und
Häufigkeit solcher Ereignisse durch
menschliches Handeln auf der Erde
gefördert werden. In der Karibik gab es
immer schon Hurrikans wie „Katrina“ im
Jahr 2005 (197.2, 155.2). Intensität und
Häufigkeit solcher Wirbelstürme
könnten infolge des prognostizierten
Klimawandels zunehmen. Gewaltige Zerstörungen, Deich- und Dammbrüche
können mit solchen Witterungsereignis-
sen zusammenhängen. Auch in lange
zurückliegender Vergangenheit gab es
stets das Phänomen Landschaftswandel.
Das lässt sich an der Kontinentaldrift (224,
174) oder auch an verlassenen Flussschlingen deutlich machen (15.3); sie sind
heute trocken gefallen, während der
Fluss eine neue Bahn gefunden hat.
Man muss sich mit festen Bildern, zu
denen konstante Landkarten gehören,
genauso befassen wie mit dem Phänomen des Wandels. Es war sicher falsch,
den Wandel so wenig zu beachten wie
noch vor wenigen Jahrzehnten. Aber es
ist auch falsch, Landschaftswandel als
ein grundsätzlich neues Phänomen
anzusehen. Natur ist einem beständigen
Wandel unterworfen.
Wenn man sich mit dem Wandel befasst,
wird klar, dass jede Landkarte nur eine
Momentaufnahme ist. Man lernt dabei
etwas Wesentliches über Landkarten: Sie
müssen ständig aktualisiert werden, um
der aktuellen Situation gerecht zu
werden. Korrekturen werden beispielsweise notwendig, wenn die neuen
Schnellbahnen von Hamburg (31.3) und
Dubai (163.3, 127.3) fertig gestellt sind,
andere Bahnen stillgelegt, Autobahnen
eröffnet oder Bergwerke aufgelassen
werden. Auch Inseln könnten verschwinden oder neu entstehen (nicht nur durch
den Einfluss des Menschen).
siert. Doch das ist grundsätzlich nicht
möglich: Unsere Erklärungen der
Landschaften brauchen eine feste Basis,
nämlich die gezeichnete oder gedruckte
Karte. Wir benötigen dazu die Erkenntnis, dass alles, was wir erklären, sich
weiter entwickelt. ”Alles fließt”, das
wussten bereits die alten Griechen, auch
alles das, was einer Karte zugrunde liegt.
Doch ohne Landkarten können wir auch
den Wandel nicht erklären. Der Vergleich
von Karten aus unterschiedlichen Zeiten
ist die einzige exakte Basis für dessen
Erfassung.
Literatur:
Küster, H.: Geschichte der Landschaft in
Mitteleuropa. C.H. Beck, München, 3. Auflage 1999.
Fazit
Bei der Aktualisierung von Atlanten kann
jeder mithelfen (auch jeder Schüler!),
und regelmäßig müssen neue Atlanten
in Umlauf gebracht werden. Die Tatsache, dass sich die Öffentlichkeit des
Wandels stärker bewusst wurde, fordert
die Geographie heraus. Die Aktualisierung von Karten ist besonders kompliziert. Man könnte hier fordern, dass
Karten nur noch im Internet verbreitet
werden sollten, und zwar stets aktuali-
Natürlicher Landschaftswandel: Dieser Berg
in Nordschweden war vor 8000 Jahren eine
kleine Insel, die fünf Meter hoch aus der
Ostsee aufragte. Nach dem Abschmelzen
eiszeitlicher Gletscher steigt das Land auf,
auch heute noch um mehrere Meter pro
Jahrhundert.
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Diercke 360°
Unterrichtseinheit
Sekundarstufe I
Diercke Weltatlas Magazin
zum Autor: Dr. Siegfried Schacht, Aachen
Akademischer Oberrat i. R.
Arbeitsschwerpunkte: Didaktik der
Geographie, Kartographie, Wirtschaftsgeographie
Das Rheinische Braunkohlenrevier –
ein klassisches Beispiel für Landschaftswandel
Die im Diercke Weltatlas (Diercke u S. 51.3, Diercke 2 u S. 39.1) abgedruckte thematische Karte stellt den „aktuellen“ Zustand einer in langjährigem und tiefgreifendem Wandlungsprozess befindlichen Landschaft
dar. In den vergangenen drei Jahrzehnten hat sich hier die Zahl der
Braunkohlentagebaue von 14 auf 3 reduziert, die heute großflächig den
Raum prägen. Die Förderung sank von 118,7 Mio. t im Jahr 1976 auf 96,4
Mio. t im Jahr 2008. Mit einer Gesamtförderung von 176,3 Mio. t (2008)
ist Deutschland mit Abstand der weltweit größte Braunkohlenproduzent.
Der fossile Rohstoff wird auf lange Sicht seine Bedeutung für die Energieversorgung unseres Landes behalten.
Abbauflächen, Kippflächen und
festgelegte Abbaugrenzen
Wesentliche Teile eines Tagebaus sind
die eigentliche Abbaufläche, die
Kippfläche und die gesetzlich festgelegte Abbaugrenze, die auch geplante
Abbau- und Kippflächen (Anschlusstagebaue) umfasst. Tab. 1 zeigt den Umfang
von Kohleförderung und Abraum der
drei rheinischen Tagebaue.
Tagebau
Kohle
Abraum
Garzweiler 37,1 Mio. t
117,3 Mio. m³
Hambach
37,8 Mio. t
250,0 Mio. m³
Inden
21,5 Mio. t
74,5 Mio. m³
Insgesamt
96,4 Mio. t 441,8 Mio. m³
Tab. 1:
Förderung von Kohle und Abraum im
Rheinischen Braunkohlenrevier (2008)
Quelle: www.rwe.com
In den frühen Tagebauen der südlichen
Ville mussten wegen der günstigen
Lagerung der Vorkommen zur Förderung von 1 t Kohle weniger als 1 m³
Abraum bewegt werden. Heute liegt das
Abraum-Kohle-Verhältnis im Tagebau
Hambach bei 6:1. Mit modernster
Fördertechnik (z. B. Schaufelradbagger
mit einer maximalen Tagesleistung von
240 000 m³ oder t pro Tag) kann der
Abbau dennoch wirtschaftlich betrieben
werden.
Die Karte spiegelt gewissermaßen nur
eine Momentaufnahme des Landschaftswandels wider, der ständig voranschreitet. Dynamik und Ablauf des Bergbaus
lassen sich anhand der dargestellten
Objekte und Pfeile gut erkennen bzw.
erarbeiten. Im Tagebau Garzweiler I sind
Abbau- und Kippflächen mit dem Stand
von 2007 dargestellt, der Pfeil zeigt die
Abbaurichtung hin zu Garzweiler II.
Bevor dort mit der Kohleförderung
begonnen werden kann, muss das
auflagernde Deckgebirge als „Abraum“
entfernt werden. Nach und nach fällt die
gesamte Natur- und Kulturlandschaft
dem Bergbau zum Opfer. Der Abraum
wird über Bandstraßen zur bereits
ausgekohlten Seite des Tagebaus
(Garzweiler I) befördert und dort über
„Absetzer“ verkippt. Verständlich wird so
die Aussage: „Die Tagebaue wandern“.
Die „Wanderung“ endet an der festgelegten Abbaugrenze.
Den bergbaubedingten Grundwasserproblemen wird durch die auf der Karte
dargestellten Randbrunnen und den
Kölner Randkanal begegnet.
Folgeindustrien
Wichtigste Folgeindustrie des Braunkohlenabbaus ist die Stromgewinnung, der
fünf Wärmekraftwerke (Frimmersdorf,
Neurath, Niederaußem, Weisweiler und
Goldenberg) mit einer installierten
Gesamtleistung von rund 11.000 MW
dienen. Auf der Karte ist bei vier Kraftwerken jeweils das Jahr der Entschwefelung in Klammern angegeben. Niederaußem gilt mit seiner optimierten
Anlagetechnik (u.a. hohe CO2-Reduzierung) als das modernste Braunkohlenkraftwerk der Welt.
Während rund 90 % der geförderten
Braunkohle der Stromerzeugung dienen,
gelangen rund 10 % in Veredelungsanlagen. Dort werden sie zu Briketts oder
Braunkohlenstaub für Großfeuerungsanlagen verarbeitet oder dienen der
Kohlevergasung. Letztere bietet u.a.
auch die Möglichkeit, mittels eines
komplizierten Verfahrens flüssigen
Kraftstoff zu gewinnen. Außerdem
haben sich energieintensive Industrien
wie die Chemische Industrie im Revier
angesiedelt. Die „Legierungsmetallhütte“ bei Eschweiler ist ein Stahlveredelungsbetrieb, der weltweit führend in
der Herstellung von Ferrochrom ist.
Blick in den Tagebau Garzweiler
6
Wegen des hohen Stromverbrauchs hat
er sich in unmittelbarer Nähe des
Kraftwerks Weisweiler angesiedelt.
Rekultivierung und Umsiedlung
Das Braunkohleunternehmen RWE
Power AG (früher Rheinbraun AG) ist
gesetzlich zur Rekultivierung der durch
den Tagebau erheblich zerstörten
Landschaft und zur Umsiedlung der vom
Kohleabbau verdrängten Bevölkerung
verpflichtet.
Für die landwirtschaftliche Rekultivierung wird auf die planierten Kippflächen
eine 2 m starke Lössschicht aufgebracht.
Anschließend werden die Gebiete
sieben Jahre lang vom Unternehmen
zwischenbewirtschaftet, bis sie von
umgesiedelten Landwirten übernommen werden.
Grundlage der forstwirtschaftlichen
Rekultivierung ist der sogenannte
Forstkies, ein 4 m mächtiges Gemisch
aus pleistozänen Sanden, Kies und Löss.
Hierauf werden heimische Bäume wie
Buche, Eiche und Nadelbäume gepflanzt.
Die meisten Tagebau-Restlöcher werden
mit Wasser gefüllt und dienen der
Naherholung. Insbesondere im Süden
der Ville sind viele derartige Seen auf der
Karte zu erkennen. Im Bereich des
ehemaligen Tagebaus Zukunft bei
Eschweiler hat sich als jüngstes Beispiel
das Naherholungsgebiet Blausteinsee
entwickelt.
Die bergbaubedingte Umsiedlung von
Menschen stellt einen tiefen Eingriff in
Besitzverhältnisse und nachbarschaftliche Bindungen dar. Sie ist nicht zu
umgehen, weil der Sicherung der
Energieversorgung Vorrang vor gesetzlich geschützten Eigentumsrechten
eingeräumt wird („Gemeinnutz vor
Eigennutz“).
In der Regel wird eine „geschlossene
Umsiedlung“ bevorzugt, weil dadurch
die sozialen Bindungen noch am
wenigsten gestört werden. Auf der Karte
sind die umgesiedelten (neuen) Orte mit
roter Flächenfüllung, die ehemaligen
Ortslagen mit roter Umrandung dargestellt. Jüngste Beispiele für Umsiedlungen sind die Orte Erkelenz-Immerath
sowie Jüchen-Otzenrath im Bereich des
Tagebaus Garzweiler II, wo 2006 mit der
Förderung von Braunkohle begonnen
wurde.
Exkursion
Krönender Abschluss einer Unterrichtseinheit über den Braunkohlentagebau
sollte eine Exkursion in dieses Gebiet
sein. Während für die Region Aachen –
Düsseldorf – Köln/Bonn derartige
Lehrfahrten zum Standard gehören,
lohnt der über 450 m tiefe und 85 km²
große Tagebau Hambach I auch eine
weitere Anreise. Gemäß Stern Nr.
28/2008 zählt „Europas größtes Erdloch“
zu Deutschlands außergewöhnlichen
„Nationalen Geotopen“.
Hilfreich für die Vorbereitung derartiger
Exkursionen sind die von der RWE Power
AG herausgegebenen „Wegweiser zu
den Aussichtspunkten“, die laufend
aktualisiert werden und im Internet
abgerufen werden können (vgl. Link).
Das Thema im Unterricht
Bereits in Klassenstufe 5/6 wird Braunkohle als wichtiger heimischer Energieträger, meist im Zusammenhang mit
ihrer Entstehung, behandelt. Mithilfe der
Diercke-Atlaskarte und der Materialien
sollen hier in Klassenstufe 9/10 insbesondere der tiefgreifende Landschaftswandel und die Rekultivierung herausgearbeitet und problematisiert werden.
Als Einstieg in die zwei Stunden umfassende Unterrichtseinheit (UE) könnte ein
Foto (z. B. Tagebau, Schaufelradbagger,
Kraftwerk) oder ein „virtueller Braunkohlentagebau“ (vgl. Link) genutzt werden.
In der ersten Erarbeitungsphase (Arbeitsblatt 1) stehen die Diercke-Atlaskarte und
die schematische Darstellung eines
Braunkohlentagebaus (M1) im Vordergrund.
In einer weiteren Erarbeitungsphase
(Arbeitsblatt 2) wird am Beispiel des
Blausteinsees schwerpunktmäßig die
Rekultivierung problematisiert. Anhand
eines Ausschnitts der Topographischen
Karte 1 : 50 000 (M6) sollen sich die
Schüler an den Planungen für die
Gestaltung des Tagebau-Restsees
beteiligen.
Den Abschluss der UE könnte eine
Diskussion über soziale, wirtschaftliche
und ökologische Aspekte des Braunkohlenbergbaus sowie über Alternativen zur
Braunkohle bilden.
Literatur:
Maas-Rhein Institut für Angewandte Geographie e.V. (Hrsg.): Braunkohlenbergbau und
räumlich-struktureller Wandel im westlichen
rheinischen Braunkohlenrevier. Aachen 1999
(Beiheft 8 der Informationen und Materialien zur
Geographie der Euregio Maas-Rhein)
Over, M. und Wolf, A.: Der Braunkohleabbau
zwischen wirtschaftlicher Notwendigkeit und
Landschaftsverbrauch. Geographie und Schule,
Nr. 154, 2005, S. 19-25
Schreiber, T.: Braunkohlenbergbau in der
Niederrheinischen Bucht. Informationen und
Materialien zur Geographie der Euregio MaasRhein, Heft 3, 1978, S. 3-19
Stoll, R. D. u.a. (Hrsg.): Der Braunkohlentagebau
– Bedeutung, Planung, Betrieb, Technik, Umwelt.
Berlin, Heidelberg 2009
Topographische Karten 1 : 50 000 auf CD-ROM.
Eine Serie der deutschen Landesvermessungsämter („TOP50 CDs“)
Links:
www.blausteinsee.de
www.braunkohle.de
www.braunkohle-wissen.de
www.debriv.de
www.debriv.de/pages/layout3sp.
php?page=47 (Wegweiser zu den Aussichtspunkten)
www.debriv.de/pages/layoutflash.
php?page=647 (Virtueller Braunkohlentagebau)
www.rwe.com
Arbeitsblätter und Lösungen finden Sie online unter: www.diercke.de/360grad
7
Autor: Dr. Siegfried Schacht
Diercke 360° 2/2009 COPY
Braunkohlentagebau verändert die Landschaft
M 1 Schema eines Braunkohlentagebaues im Rheinischen Revier
M 3 Wenn der Schaufelradbagger
anrollt, müssen ganze Dörfer
umziehen
Innerhalb des Abbaugebietes des
Tagebaus Garzweiler II lebten zu
Beginn der 1990er-Jahre rund 7600
Menschen in 13 Ortschaften. Für die
rund 2400 Bürger der zur Gemeinde
Jüchen gehörenden Ortschaften
Otzenrath, Spenrath und Holz
wurden bereits zu diesem Zeitpunkt die Umsiedlungsstandorte
nördlich von Jüchen-Hochneukirch
festgelegt. Der zweite Umsiedlungsabschnitt umfasst im Erkelenzer Stadtgebiet rund 1850 Menschen in vier Ortschaften, die
gezwungen sind, Haus und Hof zu
verlassen.
Quelle: Aachener Nachrichten vom 11.10.2007,
S. 12A (verändert)
M 2 Arbeitsablauf in einem Braunkohlentagebau
M 4 Zuerst werden am Abbaufeld die Deckschichten aus K.................,
S............... und L.............. durch große S..............................................bagger
abgetragen, die täglich bis zu 240 000 m³ Abraum bewegen können.
Über Förderbänder wird der Abraum zur K..................... transportiert
und durch Absetzer verkippt. Auf einer tieferen Sohle erfolgt der
eigentliche Abbau der B...................................... mit S.......................................
baggern, die täglich bis zu 240 000 t Kohle gewinnen können.
Mit Förderbändern wird die Kohle zum K...................................... transportiert.
45 000 Betroffene in 100 Jahren
Nach Angaben des BUND (Bund für
Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V.) mussten im Rheinland
seit Mitte der 1950er-Jahre mehr als
30 000 Menschen wegen des
Braunkohlenbergbaus ihre Heimat
verlassen.
Bis Mitte dieses Jahrhunderts
würden es nach den Plänen der
RWE Power AG insgesamt etwa
45 000 Menschen sein, prognostiziert der Naturschutzverein.
Quelle: Aachener Nachrichten vom 11.10.2007,
S. 12A (verändert)
Aufgaben
1.Lokalisiere und benenne die gegenwärtigen Tagebaue
mithilfe der Karte Rheinisches Braunkohlenrevier – Landschaftswandel (Diercke u S. 51.3, Diercke 2 u S. 39.1)
2.Fülle den Lückentext M2 aus, der den Arbeitsablauf und den
sich kurzfristig vollziehenden Landschaftswandel in einem
Tagebau beschreibt. Nimm dazu M1 zu Hilfe.
3.Schreibe auf, welche Maßnahmen zum Schutz der am Rande des Tagebaus lebenden Bevölkerung, der Natur (Feuchtgebiete!) und des Tagebaus selbst getroffen werden (M1).
4.Lokalisiere die in M1 dargestellten Randbrunnen auf der
bearbeitet von:
Atlaskarte (Diercke u S. 51.3, Diercke 2 u S. 39.1) und erläutere
ihre Funktion.
5. Versuche, dich in die Lage der Umsiedler zu versetzen und
beschreibe ihre Situation (M3, M4).
6.Begründe, warum Menschen in Abbaugebieten der Braunkohle „Opfer“ bringen müssen.
7.Beschreibe den langfristigen Landschaftswandel im Rheinischen Braunkohlenrevier im Hinblick auf Siedlungen und
Verkehrswege (z.B. Autobahnen) anhand der Diercke-Karte.
Autor: Dr. Siegfried Schacht
Diercke 360° 2/2009 COPY
Rekultivierung führt zu attraktiven Erholungsräumen
M 5 Naherholungsgebiet Ville
M 6 Blausteinsee in der ersten Phase der Rekultivierung
Südlich von Hürth hat man ehemalige
Tagebauflächen forst- und wasserwirtschaftlich rekultiviert. Neue Waldflächen
wurden angelegt und Tagebau-Restlöcher füllten sich mit Grundwasser –
ideale Voraussetzung für die planmäßige
Anlage eines Erholungsgebietes.
Parkplätze und ausgeschilderte Wanderwege laden heute zu Familienausflügen
ein. Noch attraktiver sind die vielen
Seen, die Gelegenheit zum Schwimmen
und anderen Formen des Wassersports
bieten. In der Gemeinde Bornheim
wurde ein kleiner Teil des ehemaligen
Abbaugebietes 1984 unter Naturschutz
gestellt („Villeseen“).
Quelle: nach T. Schreiber 1978, ergänzt
M 7 Blausteinsee lockt nicht nur Wassersportler
Weißt du, wann genau der Gardasee entstanden ist? Oder ein See in der
Umgebung deines Heimatortes? Was das touristische Highlight der
Euregio Maas-Rhein angeht, so lässt sich dessen Entstehung auf den Tag
genau datieren: der 5. Oktober 1994. Von diesem Tag an schossen pro
Sekunde 200 Liter Brunnenwasser in das riesige, vom Tagebau ZukunftWest übriggebliebene Restloch. Rund 10 Jahre dauerte die Befüllung des
Sees.
Heute ist der ca. 100 ha große See unter Tauchern aus halb Deutschland
kein Geheimtipp mehr. Sie schätzen ihn wegen seiner Tiefe (bis zu 40 m),
seiner guten Sichtverhältnisse (bis zu 10 m) und seiner Tauchziele (u.a.
liegt ein Segelboot auf dem Grund). Hier fahren Segelklubs Regatten, und
es trainiert ein Kanuklub. Surfer fühlen sich ebenso wohl wie Schwimmer,
die sich seit dem Sommer 2004 in die Fluten stürzen dürfen. Radfahrer,
Skater und Wanderer teilen sich kilometerlange Wege rund um den See.
Eine Seebühne wurde errichtet, und ein Seehotel ist geplant.
Quelle: Eschweiler-Beilage der Aachener Nachrichten/Aachener Zeitung vom 12.4.2008, S.6/7
Blausteinsee bei Eschweiler
(ergänzt)
Aufgaben
8.Zähle die Seen im Bereich des ehemaligen Tagebaus Ville
und vergleiche ihre Größe mit dem neu entstandenen See
im Gebiet des ehemaligen Tagebaus Zukunft bei Eschweiler,
dem Blausteinsee (Diercke u S. 51.3, Diercke 2 u S. 39.1).
9.Die Karte M6 zeigt den Zustand der Rekultivierung Ende der
1990er-Jahre. Geplant war von Anfang an die Einrichtung
eines attraktiven Erholungsgebietes. Übe dich selbst als
Landschaftsplaner:
a) N
otiere in einer Liste Verkehrs- und Erholungseinrichtungen, die du dir an diesem See wünschst. Denke dabei
auch an den Schutz von Pflanzen und Tieren (M5, M7).
bearbeitet von:
b) Erstelle eine Tabelle mit Symbolen (Signaturen) für die
gewünschten Einrichtungen.
c) Z
eichne die Symbole in die Karte M6 ein.
d) Ö
stlich des Blausteinsees liegt eine zusammengelegte/
-gesetzte Siedlung. Die Karte M6 zeigt den alten Ortskern
von Fronhoven und den umgesiedelten Ortsteil NeuLohn. Umrahme den alten Ortskern und vergleiche seine
Siedlungsstruktur mit derjenigen von Neu-Lohn.
10.Versuche, die Rekultivierungs- und Umsiedlungsmaßnahmen (M6) zu bewerten. Bedenke dabei soziale, wirtschaftliche und ökologische Aspekte.
Diercke 360°
Unterrichtseinheit
Sekundarstufe I
Diercke Weltatlas Magazin
zur Autorin: Cecilia Hoppe,
Humboldt-Universität zu Berlin
Arbeitsschwerpunkte: Fachdidaktik
Geographie, u. a. Lernen mit digitalen
Medien, Differenzierung, Aufgaben
Klimawandel und Gletscherschwund
als Touristenattraktion?
Der Rhonegletscher in den Schweizer Zentralalpen zieht seit über 125 Jahren Touristen an. Die Faszination des mächtigen Eises und des hautnahen
Erlebens des Gletschers waren die Hauptgründe für einen Besuch im Kanton Wallis. Heute hat sich das Bewusstsein bei den Besuchern geändert:
„Wir könnten die letzten Zeitzeugen sein“, hört man hier immer öfter. Die
schmelzenden Gletscher werden überwiegend als Phänomen bestaunt,
machen für die Menschen jedoch auch die Auswirkungen des Klimawandels sichtbar.
Steckbrief des Rhonegletschers
Mit seiner Gesamtlänge von derzeit ca.
8 km und einer Fläche von etwa 17 600
km2 zählt der Rhonegletscher zu den
zehn längsten und größten Gletschern
der Schweiz. Als typischer Talgletscher
ist er durch ein deutlich umgrenztes
Einzugsgebiet gekennzeichnet: im
Norden vom Winterbergmassiv begrenzt
und im Westen die Gerstenhörner sowie
im Osten den Galenstock flankierend.
Somit ist der Rhonegletscher fast
vollständig nach Süden exponiert. Die
Gletscherzunge läuft zurzeit etwas
oberhalb von 2 200 m aus (Diercke u
S. 102.2: 2006, Diercke 2 u S. 78.2: 2006). In
dieser niedrigeren und damit wärmeren
Höhenstufe schmilzt das Eis der Zunge
ab. Hier an der Südspitze des Gletschers
entspringt die Rhône als subglazialer
Schmelzwasserbach (siehe auch: Diercke
online – Kartenerläuterungen).
Gletscherrückzug
Ein Gletscherrückzug tritt ein, wenn die
Akkumulation, der Eiszuwachs im
Nährgebiet, geringer als die Ablation
(Schmelze) im Zehrgebiet ist. Die
Massenbilanz des Eises ist dabei von
mehreren Faktoren abhängig: Niederschlagsmengen und Temperaturen im
Winter und im Sommer, Wind und
Luftfeuchtigkeit.
Die ersten glaziologischen Messungen
begannen am Rhonegletscher bereits
1874 und werden vom Schweizer
Gletschermessnetz* fortgesetzt.
Insgesamt ist im Zeitraum von 1879 bis
2008 eine Längenänderung des Gletschers von 1 258 m dokumentiert
worden (vgl. M3). Die Gletscherzunge
reichte damals noch bis zum Ort Gletsch,
der in den 1830er-Jahren als kleine
Hotelsiedlung entstand. Das Hotel
„Glacier du Rhône“ befand sich damals
direkt am Fuß des Gletschers (siehe Bild
rechts). Heute erscheint der Gletscher
nur noch als flacher, schmal auslaufender Eisstrom, der den Talboden von
Gletsch schon lange nicht mehr erreicht
(Diercke u S. 102.2: 2006, Diercke 2 u S. 78.2:
2006).
Der Rückzug des Eises erfolgte nicht
permanent, sondern schwankend. Lange
Perioden des Rückgangs wurden durch
kurze Phasen des Vorschubs unterbrochen; so stieß der Rhonegletscher in den
Jahren von 1912 bis 1921 etwa 137 m ins Tal
hinunter. Ein letzter Vorstoß des Eises
um 9 m war im Jahr 1986 zu verzeichnen,
seither schmilzt das Eis.
Rhonegletscher 1906 und 2003
Prognosen zum Gletscherrückzug
Schweizer Forscher haben ein Rechenmodell entwickelt, mit dem auf der Basis
gegenwärtig zur Verfügung stehender
Daten über die Klimaentwicklung der
voraussichtliche Zustand des Rhonegletschers bis zum Jahr 2100 simuliert
werden kann (vgl. M4). Demnach wird
der Gletscher bis 2060 voraussichtlich
etwa die Hälfte seines derzeitigen
Eisvolumens verlieren. Bei gleichbleibender Entwicklung wird für das Jahr
2100 das endgültige Verschwinden des
Rhonegletschers prognostiziert.
*Das Schweizer Gletschermessnetz wird gemeinsam von der Expertenkommission für Kryosphärenmessnetze der
Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (EKK/SCNAT) und Abt. Glaziologie an der Versuchsanstalt für
Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie der ETH Zürich (VAW/ETHZ) betrieben. (Internet: http://glaciology.ethz.ch/
messnetz/index.html)
Arbeitsblätter und Lösungen finden Sie online unter: www.diercke.de/360grad
10
Gletschertourismus
Mit der „Kleinen Eiszeit“ gingen in der
Mitte des 19. Jahrhunderts der Höchststand der Alpengletscher und damit
auch die Blütezeit des Gletschertourismus einher. Mit steigendem Interesse
der Besucher entwickelte sich am
Rhonegletscher eine florierende
Gebirgshotellerie; die bekanntesten
Hotels hier sind das Hotel „Glacier du
Rhône“ in Gletsch und das Hotel
„Belvédère“ an der Furkapasstraße. Im
20. Jahrhundert vollzog sich eine rasante
weitere Entwicklung hin zum Massentourismus: kleine Gletscherdörfer
wurden zu Gletscherdestinationen,
Alpenstraßen wurden zu Schnellstraßen
und die Gletscher wurden als Sommerskigebiete entdeckt und genutzt. Eine
Reihe von Skitourenrouten der Sommersaison führt an den Gletschern des Wallis
entlang, auch am beliebten Rhonegletscher. Ein weiteres touristisches Highlight am Rhonegletscher ist eine ca.
100 m lange Eisgrotte, die im Sommer
täglich zwischen 1 000 und 1 500
Besucher anlockt (vgl. M1). Hier können
die Besucher einen Blick in das Innere
des Gletschers wagen und den Rückzug
des Gletschers hautnah beobachten und
miterleben. Diese „Attraktion Gletscherrückzug“ hat jedoch auch ihre Schattenseite: Mit fortschreitendem Schmelzen
der Gletscher verlieren viele Touristen-
orte ihre Basis, denn das Beobachten der
Eisströme ist vielerorts schon heute nicht
mehr möglich. Bekannte Ausflugsziele
verlieren ihre Anziehungskraft, Hotels
und Gasthütten bleiben leer. Mit dem
Rückzug des Rhonegletschers verliert
die Region im Wallis nicht nur eine
landschaftliche Besonderheit!
Literatur:
Siegrist, D.: Alpentourismus im Treibhaus – verschwinden mit den Gletschern auch die Gäste?
In: Zängl, W. und Hamberger, S.: Gletscher im
Treibhaus. Tecklenborg Verlag, Steinfurt 2004.
Zryd, A.: Eine kleine Geschichte der Gletscher: die
Alpengletscher im Klimawandel. Haupt Verlag,
Bern: 2008.
Gletscher im ständigen Wandel: JubiläumsSymposium der Schweizerichen Gletscherkommission 1993 Verbier (VS) „100 Jahre Gletscherkommission - 100000 Jahre Gletschergeschichte“.
Zürich : VDF, Hochschulverl., 1995. - VIII, (Publikationen der Schweizerischen Akademie der
Naturwissenschaften; 6)
Links:
www.uni-mainz.de/presse/27960.php
http://glaciology.ethz.ch/swiss-glaciers/
(Schweizerisches Gletschermessnetz)
http://www.staff.uni-mainz.de/hjfuchs/
Wallis-Homepage-2008/index.html (Projektstudie der Johannes Gutenberg Universität
Mainz)
http://glaciology.ethz.ch/swiss-glaciers/
Tipp
Ein Dokumentarfilm zum Projekt – ein
Film für Lernende von Lernenden –
kann zur Vorführung in der Schule bei
der Universität Mainz angefordert
werden. Kontaktaufnahme möglich
unter folgendem Link: http://www.
uni-mainz.de/presse/27960.php.
Das Thema im Unterricht
Einstieg
Die Problematisierung kann mithilfe
eines Bildvergleichs vom Rhonegletscher früher und heute erfolgen.
Hierbei sollten die Themen Gletscherrückzug und Tourismus in den
Fokus gerückt werden.
Erarbeitung
Drei Schwerpunkte können auf der
Basis der Materialien erarbeitet
werden:
’ die Entwicklung des Rhonegletschers bis heute (Diercke u S. 102.2:
2006, Diercke 2 u S. 78.2: 2006,
Arbeitsblatt M3)
’ die Prognose zur weiteren Entwicklung des Gletschers (Text, Arbeitsblatt M4) und
’ die Bedeutung und der Wandel des
Tourismus im Vergleich – früher und
heute (Text, Arbeitsblatt M1 und M2)
Schluss
Abschließend steht eine Diskussion
von Chancen und Risiken des
Tourismus für die Region des Rhonegletschers im Wallis. In der Auseinandersetzung mit den Zielen und
Ergebnissen der Projektsstudie der
Universität Mainz kann von den
Schülerinnen und Schülern eine
Stellungnahme erarbeitet werden.
Zentrale Fragestellung:
Ist eine „Symptombekämpfung“
über einen klimatischen Eingriff
vertretbar und sollte auf diesem
Gebiet weiter geforscht werden?
(Arbeitsblatt M5)
Rhonegletscher, Oberwald (VS) 2005
11
Autorin: Cecilia Hoppe
COPY
Diercke 360° 2/2009 M 1 Eisgrotte im Rhonegletscher
M 2 Einblicke in den Gletscher
Seit über 160 Jahren ermöglichen es Grotten im Rhonegletscher jedem, mühelos in den Gletscher hineinzuspazieren. Bereits um
1830 gab es eine natürliche Grotte beim Ausfluss des Gletschers. Später wurden Grotten in den Gletscher getrieben, um den
Touristen eine Attraktion zu bieten. (...) Der Gletscher arbeitet und wandert. Im Bereich der Eisgrotte macht die Gletscherbewegung 30 bis 40 m jährlich aus, das sind etwa 10 cm am Tag! Hatte die Grotte bei Saisonbeginn Anfang Juni noch eine Länge von
100 m, so sind es im Oktober meist nur noch 60 bis 80 m. (...) Der Weg zum Gletscher hat seinen besonderen Reiz. Ein eigenartiges
Licht leuchtet und schimmert in gläserner Durchsichtigkeit tausendfach. Sind die ersten Schritte in den Gletscher getan, wechselt
das Licht und strömt bläulich über den Besucher. Aus fernen Spalten tosen Wasserbächlein, unter dem Fuß knirscht das Eis. (...)
Aufgrund der Aktivität des Eises muss die Grotte täglich kontrolliert werden, häufig sind Sicherheitsmaßnahmen notwendig, die
überwiegend nachts durchgeführt werden.
Gekürzt und verändert nach: Martin W. Carlen: Der Rhonegletscher und seine Eisgrotte. Eigenverlag, Brig 2003.
M 3 Längenveränderung des Rhonegletschers zwischen 1879 und 2008
Skalierung linke y-Achse: Längenänderung in
Metern pro Jahr.
Skalierung rechte y-Achse: aufsummierte
Längenänderung in Metern.
Die Vorstöße des Gletschers sind mit hellblauer
Farbe gekennzeichnet, Rückzüge mit oranger
Farbe (dargestellt in m pro Jahr). Die schwarze
Summenkurve zeigt die kumulative Längenänderung (in m) seit Beginn der vorhandenen
Messungen.
Quelle: Schweizerisches Gletschermessnetz
M 4 Prognose zum Gletscherrückgang
1874
bearbeitet von:
2008
2050
2075
2100
Autorin: Cecilia Hoppe
Diercke 360° 2/2009 COPY
M 5 Projektstudie von Geographen der Universität Mainz
Bereits 2006 erforschte eine Gruppe Geographen klimaökologische Auswirkungen des Klimawandels sowie aus dem Gletscherrückgang resultierende Landschaftsveränderungen. Im Jahr 2008 baute eine weitere Projektstudie auf den ersten Daten und
Ergebnissen auf. Erprobt wurde die Wirkung eines Windfangs, der ein Kaltluftpolster entstehen lassen soll. „Wir haben mit
unserem Test-Windfang auf dem Rhonegletscher eine eindeutige Abkühlung der oberflächennahen Lufttemperatur erreicht, die
bis zu drei Grad Celsius betragen hat“, sagte Prof. Fuchs, Leiter der Mainzer Forschergruppe. „Wir vermuten auch, dass sich dadurch
die Abschmelzrate des Eises bremsen lässt, konnten dies aber aus technischen Gründen nicht eindeutig nachweisen, immerhin
aber beobachten.“* Der Geograph betont explizit, dass es sich hierbei um Symptombekämpfung handele und Ursachenforschung
nach wie vor oberste Pflicht sei. Doch bieten diese Ergebnisse Impulse zum Weiterdenken und neue Ideen zum Verbessern der
Konstruktion, um das Schmelzen des Gletschereises zu bremsen.
Neben den klimatischen Messungen im Umfeld des Windfangs ging die Forschergruppe der Wahrnehmung der Landschaftsveränderungen durch Touristen nach. Eine bereits im Jahr 2006 durchgeführte Umfrage zeigte deutlich, dass ein Großteil der Gletschertouristen die in der Landschaft hinterlassenen Spuren nicht wahrnimmt, nicht erkennt oder nicht richtig zuordnet. Aus
diesem Grund wurden von den Geographen Materialien für einen Lehrpfad entwickelt, der über die Gletscherspuren und weitere
wissenswerte Aspekte über Gletscher informiert. „Gletscher sehen und verstehen“ heißt dabei das Motto.
*Aus der Pressemitteilung der Johann-Gutenberg-Universität Mainz vom 5.12.2008 (Internet: http://www.uni-mainz.de/presse/26678.php)
Aufgaben
1. Nutze Diercke Globus Online, um dich „vor Ort“ zu orientieren und dir einen Überblick über die topographische Lage
zu verschaffen.
a) W
ähle im Internet aus dem Kartenangebot von Diercke
die Karte zum Rhonegletscher aus: http://www.diercke.
de/diercke_karten.xtp (Suchbegriff: Rhonegletscher).
Klicke in der Menüleiste am rechten Bildschirmrand
„Diercke Online Globus“ an, um die Karte in 3D anzeigen
zu lassen (Download und Zugang zum Diercke Online
Globus mit dem Online-Schlüssel aus dem Atlas).
b) Lege folgende Einstellungen fest: „Globen“ (obere
Menüleiste) > Satellitenbild; „Optionen“ > 3D-Profil:
200 %. (Tipp: Um festzustellen, wie sich die Geländeansicht verändert, variiere die Zahl von 100 % bis 400 %.)
c) V
erändere die Perspektive auf die Oberfläche, indem du
den Betrachtungswinkel mithilfe des Neigungsreglers am
oberen Bildschirmrand veränderst.
d) V
ergleiche die Karte mit dem darunterliegenden
Satellitenbild, indem du den Schieberegler Transparenz
veränderst. Welche Unterschiede/Veränderungen stellst
du fest?
2. Seit über 100 Jahren ist der Rhonegletscher ein beliebtes
touristisches Ziel in den Schweizer Alpen. Entwirf ein
Werbeplakat mit einem aussagekräftigen Slogan, das den
Besuchern verdeutlicht, dass sie dort Interessantes über
Gletscher lernen können (M1, M2).
3. Der Rhonegletscher ist einer der am besten beobachteten
Gletscher Europas. Seit fast 130 Jahren werden die jährlichen
Veränderungen des Gletschers erfasst. Beschreibe die
Längenveränderungen des Rhonegletschers von der
2. Hälfte des 19. Jahrhunderts bis heute (M3, Diercke u S. 102.2,
Diercke 2 u S. 78.2).
bearbeitet von:
4. Das lebendige Diagramm. Trage die Nummern der folgenden Aussagen im Diagramm M3 dort ein, wo sie deiner
Meinung nach am besten passen. Vergleicht und diskutiert
eure Ergebnisse anschließend in der Gruppe.
① Mattis Raleis nimmt an einer geographischen Exkursion teil. Die Studentengruppe möchte erforschen, wie sich der Klimawandel auf das Schmelzen des
Gletschereises auswirkt.
② Josef Seiler eröffnet das Hotel Belvédère. Die Hauptattraktion des Hotels ist der
direkt daneben liegende Rhonegletscher.
③ Als Johann Wolfgang von Goethe bei einer seiner Reisen den Furkapass am
Rhonegletscher überquert, gibt es dort noch keine Hotels.
④ Das Hotel Belvédère feiert sein 125-jähriges Jubiläum.
⑤ Durch das anhaltende Abschmelzen des Gletschers über Jahre entsteht ein
neuer Gletschersee hinter einem Felsriegel.
⑥ Nadja Schreiber verfasst für die Rubrik Reisen einen Artikel über den Rhonegletscher mit dem Titel: „Wir könnten die letzten Zeitzeugen sein.“
⑦ Familie Seiler stellt zusätzliche Arbeitskräfte ein, denn der Touristenstrom ist
enorm, seit der Gletscher wieder vorrückt.
⑧ Ein Eisabsturz an der Steilfront des Gletschers trifft eine Wandergruppe.
5.Schweizer Forscher haben eine Prognose zum weiteren
Rückzug des Rhonegletschers erstellt. Beschreibe, wie sich
das Landschaftsbild aufgrund des Gletscherrückzugs
vermutlich verändern wird. Welche Gefahren birgt der
Gletscherrückzug (M4, Diercke u S. 102.2, Diercke 2 u S. 78.2)?
6.Der Gletschertourismus hat über die Jahre einen starken
Wandel erfahren: vom faszinierenden Naturschauspiel des
vorrückenden Gletschers, der in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts den Massentourismus einleitete, bis zum
heutigen Besuch in der Eisgrotte, um den Rückzug des
Gletschers mitzuerleben. Verfasse einen kurzen Artikel
unter dem Titel „Wir könnten die letzten Zeitzeugen sein.“
7.Aussagen zum Windfang-Projekt der Geographen von der
Universität Mainz:
„Ein Anfang im Kampf gegen den Gletscherrückzug ist
gemacht!“
„Die Symptome werden bekämpft, doch die Ursachen
nicht.“
Erläutere diese Aussagen und nimm Stellung dazu. Diskutiert in der Gruppe über das Projekt.
Diercke 360°
Unterrichtseinheit
Sekundarstufe I + evtL. ii
Diercke Weltatlas Magazin
zur Autorin: Prof. Dr. Yvonne Schleicher
Pädagogische Hochschule Weingarten
Arbeitsschwerpunkte: Geographie und
ihre Didaktik, Lernen mit digitalen Medien
Ölsand aus Alberta/Kanada –
eine Lösung für den steigenden Weltenergiebedarf?
Vor dem Hintergrund sich verknappender konventioneller Erdölreserven
ist heute der Ölsandabbau eine Möglichkeit, die zeitliche Reichweite endlicher Energierohstoffe zu verlängern. Er trägt dazu bei, dass wir auch in
60 Jahren weltweit noch Erdöl nutzen können. Doch für die Natur und die
Menschen in Alberta/Kanada ist er nicht nur ein Geschenk, sondern auch
eine Gefahr. Greenpeace bezeichnet den Ölsandabbau als das „größte
Klimawandel-Verbrechen aller Zeiten“.
Eine gigantische Dimension: die kanadischen Lagerstätten für Ölsand
Die Ölreserven in der kanadischen
Provinz Alberta werden auf 174 Milliarden Barrel geschätzt. Kanada liegt damit
auf Platz zwei nach Saudi Arabien, das
weltweit die größten Ölreserven von
etwa 260 Milliarden Barrel besitzt.
Kanadischer Ölsand ist ein Gemisch aus
Sand, Lehm und etwa acht bis zwölf
Prozent Bitumen. Der Abbau ist teilweise
oberirdisch möglich. Dazu müssen aber
die borealen Nadelwälder gerodet und
die oberste Bodenschicht abgetragen
werden.
Technik beim Ölsandabbau
Auf den Ölsandfeldern werden gigantische Transport- und Abbaufahrzeuge
eingesetzt, die auch im Winter bei
Ölsandabbau bei Fort McMurray
14
Temperaturen von - 50 °C funktionieren
müssen. Die größten hydraulischen
Bagger der Welt schaufeln die ölhaltigen
Sandschichten ab und laden diese auf
Muldenkipper. Die 3500 PS starken
Trucks haben die Größe eines Einfamilienhauses und wiegen voll beladen
so viel wie ein Jumbo Jet. Sie transportieren die Ladung zu den Zerkleinerungsanlagen, in denen der Crusher
Sandklumpen aufbricht und Steine
aussortiert (Gerisch, Scheele 2009).
Ölgewinnung
In den Upgradern der Raffinerien wird
Teersand zu höher konzentriertem
Bitumen verarbeitet. Der Ölsand wird
mit heißem Wasser und Lauge durchmischt. Durch die chemische Behandlung wird das Bitumen von dem ÖlsandGemisch getrennt. Danach bleibt eine
zähflüssige schwarze Masse, eine Art
Pech übrig, aus der durch Erhitzung die
Kohlenwasserstoffe abgespalten
werden. Nun kann es in der Raffinerie
verdünnt und zu leichterem Öl veredelt
werden. Diese Methode ist ökologisch
höchst umstritten. Das benutzte Wasser
ist am Ende der Prozedur mit so vielen
Giftstoffen kontaminiert, dass es mit den
anderen Abfallprodukten in große
Rückhaltebecken, so genannte "Tailing
Ponds", geleitet werden muss
(Gerisch, Scheele, 2009).
Die Emission von Treibhausgasen bei
diesen Prozessen ist doppelt so hoch wie
bei der konventionellen Ölförderung.
Der CO2-Ausstoß aller Ölsand-Anlagen
Kanadas ist so immens, dass das Land
mittlerweile einer der größten Umweltverschmutzer weltweit ist.
Veränderung einer Region
Nicht nur der Landschaftswandel an sich
zeigt die dramatischen Veränderungen
in der Region Alberta. Der zentrale Ort
des Ölsandabbau, Fort McMurray, heißt
heute im Volksmund Fort McMoney. Der
Ausbau der Ölsandindustrie und der
Zuzug von Bevölkerung sind rasant. Wo
1961 noch 1000 Menschen lebten, leben
heute 70 000 Menschen. Erwartet
werden über 200 000 Einwohner. Die
Immobilienpreise in Fort McMurray
liegen über denen von Toronto und
Vancouver. Campingplatzähnliche
Wohnparks oder Containersiedlungen
der Ölfirmen dienen als Behausung für
die Arbeitskräfte in einer Region, deren
Durchschnittstemperatur im Januar
- 19,8 °C beträgt.
Neben den enormen ökologischen
Schäden zeigt das „schnelle Geld“ auch
weitere Schattenseiten: die Drogen- und
Kriminalitätsrate in Fort McMurray zählt
zu den höchsten in Kanada.
Forschung zur Verringerung der
ökologischen Probleme
Kanada wird bei einem anhaltenden
Ölboom das Kyoto-Protokoll nicht
einhalten können. Damit das Land nicht
ins politische Abseits gerät, forschen an
der Universität von Alberta Wissenschaftlicher an den drei großen Problemen der Ölsandindustrie: Abgase,
Abwässer und Wasserverbrauch.
Es wird noch lange dauern, bis Lösungen
der Forschung in der Industrie angewendet werden können. Zugleich verspricht
die Industrie, dass in 30 Jahren an den
gleichen Stellen wieder blühende
Landschaften entstehen. Durch den
Abbau der Ölsandvorkommen in Kanada
reicht das Erdöl voraussichtlich noch
60 Jahre. Der Preis, den wir dafür zahlen,
wird insgesamt weitaus höher liegen als
der reine Weltmarktpreis für Rohöl.
Hinweise zum Unterricht
Die vorliegende Unterrichtsstunde
betont das Thema Karteninterpretation
und integriert dabei das Lernen mit
digitalen Medien. Dazu bietet der
Onlinebereich zum Diercke Weltatlas
über www.diercke.de vielfältige Materialien und Medien an, die über eine
Beamerprojektion im Klassenzimmer
oder über die Arbeit an PC-Einzelarbeitsplätzen genutzt werden können.
Zur Nutzung des Diercke Online Globus
und des Diercke Coachs im PremiumBereich von www.diercke.de ist ein
Login erforderlich, der für jeden Nutzer
verfügbar sein sollte (Benutzername und
Passwort). Informationen dazu erhalten
Sie über www.diercke.de/premium.
Stundensequenz
Einstieg/Problematisierung
Fragestellung
Ölsand – eine Lösung für den steigenden Weltenergiebedarf?
Erarbeitung
A. Karteninterpretation zur Atlaskarte Diercke u S. 198.1 (siehe M1)
B. Vertiefung
1. Hintergrundinformationen zur Karte
unter www.diercke.de/diercke_karten.xtp
2. A
nsicht der Karte auf dem Diercke
Globus Online und Abmessung der
aktuellen Abbaufläche.
3. B
lick in die Vergangenheit durch
einen Luftbildervergleich 1974/2004
und in die Zukunft.
4. A
uswertung des Diagramms zur
Karte Diercke u S. 198.1 zu den
Förderkosten kanadischer Ölsande
und Ermittlung des aktuellen
Weltmarktpreises für 1 Barrel Rohöl.
C. Ergebnissicherung I
Lernzielkontrolle durch Karteninterpretation mit dem Diercke Coach
(www.diercke.de). Als Beamerprojektion im Klassenzimmer, individuell an
Schülerarbeitsplätzen oder als
Hausaufgabe zur Vorbereitung auf die
nächste Unterrichtsstunde möglich.
Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer für alle 13 Fragen liegt bei etwa
34 Minuten.
D. Erstellung einer MindMap
Anfertigung unter Berücksichtigung
der „betroffenen“ Interessengruppen
(M2) und weiterer Hintergrundinformationen.
Schluss
E. Ergebnissicherung II
Durchführung von Pro & Contra-Diskussionen in zwei oder mehr Gruppen
zum Thema. Erstellung von abschließenden Stellungnahmen. Berücksichtigung der lokalen Handlungsmöglichkeiten jedes einzelnen Bürgers
(Schüler dieser Klasse) im Bezug auf
das globale Problem der Energieressourcenförderung und des Energieressourcenverbrauchs.
Literatur:
Haubrich, H.: Lernbox Geographie – Das
Methodenbuch, 2001, S. 95-100
Westermann (Hrsg.): Diercke Handbuch 2008,
S. 355-356
Film:
Gerisch, C. und Scheele, B.: Öldorado in der
Wildnis. Kanada investiert in Ölsandfelder. ZDF,
Abenteuer Wissen vom 25.2.2009,
http://abenteuerwissen.zdf.de/ZDFde/
inhalt/3/0,1872,7527075,00.html
Link:
http://www.oilsandswatch.org
Hinweis auf Neuerscheinung
Zur Bildungsmesse im Frühjahr 2010
erscheint der Band „Diercke multimediale Methoden. Die Welt online entdecken“ (Hrsg. Schleicher, Y.), der noch
weitere Unterrichtsvorschläge zum
Lernen mit Karten und den Angeboten
aus www.diercke.de vorstellt. Darin
werden die Bereiche Karten interaktiv,
Arbeit mit digitalen Wandkarten und
Smartboard, der Diercke Coach, DierckeKarten in Google Maps und Google
Earth, der Diercke Globus Online, das
Diercke WebGIS, die Rubrik Pro & Contra
und weitere Möglichkeiten des Lernens
mit digitalen Medien im Geographieunterricht behandelt.
Der Diercke Coach - interaktive Lerneinheiten
zu Diercke Atlaskarten
Arbeitsblätter und Lösungen finden Sie online unter: www.diercke.de/360grad
15
Autorin: Prof. Dr. Yvonne Schleicher
Diercke 360° 2/2009 COPY
M 1 Karteninterpretation
Schritte
Ergebnis
1. Thema erfassen –
Wie lautet das Thema der Karte?
2. Raum begrenzen –
Welchen Raumausschnitt der Erde gibt
die Karte wieder?
3. Maßstab beachten –
Wie groß sind die Flächen/Distanzen in
der Realität?
4. Legende lesen –
Welche Bedeutung haben die Symbole
und Farben in der Karte?
5. Karteninhalt beschreiben –
Welche „Geschichte“ erzählt die Karte
über den dargestellten Raum?
6. Karteninhalt erklären –
Wie verändert sich der Raum?
7. Raumtypen bilden –
Sind Erscheinungen in der Karte in
Gebieten konzentriert? Lässt sich eine
räumliche Gliederung vornehmen?
Aufgaben
1. Führe mithilfe von M1 eine Karteninterpretation zur Karte
Diercke u S. 198.1 durch.
2. a)Starte unter www.diercke.de in der Rubrik Karten die
interaktive Kartensuche und öffne die Erläuterungen zur
Karte Diercke u S. 198.1. Informiere dich über die Dimension
und Bedeutung des Ölsandabbaus in Alberta/Kanada.
b)Neben den Erläuterungen zur Karte findest du die Möglichkeit, die Karte Diercke u S. 198.1 auf dem Diercke Globus
Online anzusehen. Wähle die Ansicht im Satellitenbild
aus. Zoome auf Fort McMurray in Kanada, die Boomtown
des Ölsandabbaus und aktiviere die Transparenzschaltung. Mit der Lineal-Funktion (Messwerkzeug) kannst du
die Ausdehnung der aktuellen Abbauflächen und der
dortigen oberirdischen Auffangbecken (Tailing Ponds)
erfassen.
c)Wie sah diese Landschaft vor 15 Jahren aus? Öffne in
Google Earth den UNEP-Layer und vergleiche das Luftbild
aus dem Jahr 1974 mit dem Luftbild aus dem Jahr 2004.
d)Vergleiche den Ist-Zustand der Landschaft in Alberta
mit der Zukunft. In der Atlaskarte Diercke u S. 198.1 geben
verschiedene Kartensymbole Hinweise darauf, wie das
Gebiet in der Zukunft genutzt wird.
e)Werte das Diagramm zu den Förderkosten kanadischer
Ölsande in der Karte Diercke u S. 198.1 aus: Ermittle den
aktuellen Weltmarktpreis für 1 Barrel Rohöl (aktuelle
bearbeitet von:
Tagespreise unter: http://www.tecson.de/prohoel.htm )
und vergleiche diesen mit den Diagrammwerten. Welche
möglichen Folgen lassen sich daraus ableiten?
3. Melde dich unter www.diercke.de mit deinem Diercke-Nutzernamen und Passwort im Premium-Bereich an und öffne
den Diercke Coach. Unter der Rubrik „Aufgaben zu Karten
– Nord- und Südamerika” findest du das Kartenbeispiel zu
Alberta/Kanada. Beginne die Übung zur Karteninterpretation mit der Schwierigkeitsstufe I.
4. Erstelle dir mithilfe von M2 und den Hintergrundinformationen zur Atlaskarte (z.B. aus www.diercke.de ) eine MindMap zum Thema „Ölsandabbau in Alberta/Kanada – ein
Lösungsbeitrag zum Weltenergiebedarf?“
5. Diskutiert in Gruppen die Vor- und Nachteile des Ölsandabbaus in Kanada. Berücksichtigt folgende Diskussionsgruppen: Ölfirma, Arbeiter der Ölfirmen, Stadtverwaltung
von Fort McMurray, Umweltexperten, Bewohner von Fort
Chipewyan und Erdöl-Konsumenten in Europa. Bestimmt
außerdem einen Moderator der Diskussionsrunde. Sammelt
dabei auch die in der Diskussion angesprochenen ungelösten Probleme und schreibt sie unter die MindMap.
6. Benenne die lokalen Handlungsmöglichkeiten jedes einzelnen Bürgers (v. a. Schüler in dieser Klasse und ihre Familien)
im Bezug auf das globale Problem der Energieressourcenförderung und des Energieressourcenverbrauchs.
Autorin: Prof. Dr. Yvonne Schleicher
Diercke 360° 2/2009 COPY
M 2 Betroffene aus der Region Alberta erzählen l
Jennifer Grant, Mitarbeiterin am kanadischen Umweltinstitut in Calgary
„Fauna und Flora werden durch den Abbau von Ölsand
komplett zerstört. Es fängt mit dem Kahlschlag der Wälder an.
Die Feuchtgebiete werden trockengelegt und danach wird die
oberste Erdschicht abgetragen. Die ursprüngliche Natur wird in
großflächige Mondlandschaften verwandelt.
Hier werden täglich 1,3 Millionen Barrel Öl gewonnen. Für jedes
Barrel Öl benötigt man die 3- bis 6-fache Menge an Wasser. Die
Hauptwasserquelle dafür ist der Athabasca River – und das ist
ein riesiges Problem.
Das Land braucht unbedingt eine Alternative für diesen
Wasserverbrauch, doch nach neuesten Forschungsergebnissen
ist hier keine zeitnahe Lösung in Sicht. Der Ölboom selbst hat
aber gerade erst begonnen. Was in den Industrieanlagen
geschieht, gleicht einer Hexenküche: heißes Wasser,
Chemikalien und Zentrifugen zerlegen den Sand in Teile.
Zurück bleiben krebserregende Kohlenwasserstoffe und
Schwermetalle.
Die Rückstände bei der Gewinnung von synthetischem Rohöl
sind so giftig, dass man sie nicht in den Fluss zurückleiten kann,
sondern diese Giftbrühe in oberirdisch offenen Auffangbecken
sammelt. Die gesamte Fläche der Auffangbecken bildet heute
den größten Staudamm der Welt. Dieser Giftmüll ist eine
tickende Zeitbombe. Fachleute schätzen, dass täglich
12 Millionen Liter dieser hochbelasteten Abwässer ins Grundwasser und den Athabasca River sickern.“
Umweltberater von Shell Albian Sands (Ölfirma)
„Hier in Alberta kennt der Ölrausch keine Pause. An 365 Tagen
im Jahr wird rund um die Uhr gearbeitet. Die weltweit größten
Vorkommen an Ölsand sind ein großes Geschäft. Mit der
Preisexplosion der letzten Jahre werden die Investitionen
unserer Firmen rentabel und die Förderung im Tagebau kann
weiter ausgebaut werden. Hier lagern 174 Milliarden Barrel
Öl – verteilt auf einer Fläche, die doppelt so groß ist wie Bayern.
Das Geschäft hat nichts zu tun mit normalen herkömmlichen
Ölquellen, aus denen man das Öl abpumpt. Das entstandene
Öl versickerte hier im losen Erdreich, deshalb ist die Förderung
wesentlich aufwendiger. Das schwarze Gold liegt nicht an der
Erdoberfläche sondern es beginnt in rund 30 Meter Tiefe. Zu
unseren Abbauplänen gehört auch die Planung der Rekultivierung der Flächen, so dass wir an den gleichen Stellen in ca.
30 Jahren wieder natürliche Landschaften vorfinden können.
Die gigantischen Industrieanlagen und die weltweit steigende
Nachfrage nach Rohöl zeigen: Wir müssen hier weitermachen
und die großen Investitionen kommen erst noch auf uns zu.
Natürlich nehmen wir dabei die Sorgen der Menschen sehr
ernst.“
bearbeitet von:
Melissa Blake, Bürgermeisterin von Fort McMurray
„Wir sind hier das Epizentrum des Ölbooms. In den letzten
zehn Jahren hat sich die Einwohnerzahl von Fort McMurray
verdoppelt. Menschen leben am Rande von Fort McMurray in
Wohnwagensiedlungen, und das auch im Winter bei – 50 °C.
Mein Job ist hier völlig anders als der von einem Bürgermeister
in anderen Städten.
Die traumhaften Zuwachsraten und der Ölboom haben aber
große Herausforderungen mit sich gebracht: Wir brauchen hier
z.B. nicht nur eine neue Straße, sondern gleichzeitig zehn. Wir
brauchen auch kein normales Krankenhaus, sondern eines für
100 000 Menschen.
Ein riesiges Problem für die Menschen ist die Wohnungsnot:
Wir haben nicht genügend Wohnungen für alle Ölarbeiter. In
unserem Klima ist das provisorische Leben auf dem Campingplatz im Wohnwagen äußerst belastend. Um die Wohnungsnot
zu lindern, werden jährlich 1600 neue Häuser gebaut. Problematisch ist dabei der Anstieg der Immobilienpreise: In 5 Jahren
stieg der Wert einer Immobilie von 100 000 auf 600 000 Dollar.
Trotzdem findet jedes Haus in Kanadas teuerstem Ort einen
Käufer. Wer nicht so viel Geld ausgeben kann, lebt auf dem
Campingplatz oder wie derzeit 20 000 Menschen in schuhschachtelgroßen Zimmern in den Container-Camps der
Ölfirmen. Und das Wohnungsproblem wird sich noch verschärfen. Wenn der Ölboom anhält, wird die Stadt in den nächsten
Jahren auf 200 000 Einwohner anwachsen, denn die Gehälter in
der Ölbranche sind astronomisch. Hier verdient man durchschnittlich 100 000 Euro im Jahr. Das ist doppelt so viel wie im
übrigen Kanada. Keiner will hier mehr als Kellner, Elektriker
oder Arzt arbeiten. Alle wollen schnell zum großen Geld
kommen.“
Abholzung der borealen Nadelwälder für den Ölsandabbau
Autorin: Prof. Dr. Yvonne Schleicher
Diercke 360° 2/2009 COPY
Betroffene aus der Region Alberta erzählen ll
Andrew Devow, Mechaniker bei einer Ölfirma in Fort
McMurray
„Heute bin ich 30 Jahre alt. Wenn mein Job hier so weiter läuft,
setze ich mich mit 40 zur Ruhe. Dann gehe ich heim und kaufe
mir mein Haus – und das zahle ich „cash“ (in bar). Hier leben wir
alle nur um Geld zu machen, dieser Ort wird nie unser Zuhause
sein. Viele von uns waren vorher arbeitslos wie Gary Tucker, der
als Hochseefischer aus Neufundland kam. Er ist schon zwei
Jahre hier und will noch vier Jahre dranhängen, dann ist
Schluss.“
Dr. Kevin Timoney, Experte für Umweltgifte
Dr. Timoney wurde von Big Ray Ladoucer, Stammesältester der
Nachfahren der Cree aus Fort Chipewyan, zu Hilfe gerufen. Der
Ort Chipewyan hat heute 1200 Einwohner, die meisten davon
sind Nachfahren vom Stamm der Cree. Bei ihnen nimmt die
Zahl rätselhafter Krebserkrankungen zu. Normalerweise stirbt
von 100 000 Menschen einer an Gallengangskrebs. Hier sind
schon fünf Einwohner daran verstorben. Unlängst ein
28-Jähriger.
Dr. Timoney informiert sich beim Stammesältesten über die
Stimmung in der Gemeinde. Die Natur gilt den Bewohnern als
heilig. Auf den ersten Blick ist auch alles intakt: Sie leben vom
Fischfang und der Jagd. Seit sich die Industrie am Athabaska
angesiedelt hat, ist die Natur aus den Fugen geraten. Die
Umweltverschmutzung bereitet den Menschen große Sorgen.
Sie haben Angst Fisch zu essen. Um die genauen Zusammenhänge herauszufinden, entnimmt Dr. Timoney bei jedem
Besuch Wasserproben aus dem Fluss. Im Mündungsdelta, wo
der Athabasca River sehr flach und langsam wird, lagern sich
viele Stoffe ab – genau dort, wo die Fischer ihre Netze auslegen. Immer häufiger fangen sie Fische mit den unterschiedlichsten Deformationen: dicke Buckel, große Augen, schiefem
Skelett und anderen Anomalien. Dr. Timoney, der Experte für
Umweltgifte, vermutet einen Zusammenhang zwischen den
Fischen und den Krebsfällen. Die Quecksilbermenge in den
Zandern der Athabasca-Region ist seit den 1970er-Jahren
angestiegen; eine gute Erklärung dafür ist die Industrie. Das
zuständige Gesundheitsamt hat angeordnet, den Verzehr von
Zander einzuschränken.
Den Ökologen interessieren nicht nur die Statistiken, sondern
vor allem die Menschen und deren Beobachtungen: Sie
beobachten die Zunahme von Fischen mit großen Köpfen und
anderen Anomalien. Was macht die Fische krank? Das Quecksilber oder anderen Gifte? Die Fische sind ein klarer Beweis für
die fortgeschrittene Umweltzerstörung. Die Ölindustrie
kümmert sich nicht darum, dass in Fort Chipewyan Menschen
sterben. Die kanadische Regierung verdient am Ölboom und
die meisten Menschen in der Welt ahnen überhaupt nicht, was
hier passiert. Dr. Timoney hofft, dass die Weltgemeinschaft ihr
Öl woanders kauft, wenn sie merkt, was hier passiert.
Wissenschaftler an der Universität Alberta
„In unseren Forschungsprojekten beschäftigen sich die
Forscher mit drei großen Problemfeldern des Ölsandabbaus in
Alberta: dem Wasserverbrauch, den Abwässern und den
Abgasen der Industrieanlagen.
Statt die Abgase und damit auch die Treibhausgase mehr oder
weniger gefiltert über Schornsteine in die Luft entweichen zu
lassen, wird versucht, sie unterirdisch in Kohleflözen zu
deponieren. In komplizierten Laborversuchen lassen sich
Abgase in Kohle pressen. Die Technik zur Lösung der Umweltprobleme wird voraussichtlich erst in 10 bis 20 Jahren für die
Ölindustrie in der Praxis anwendbar sein. Die Kosten dafür sind
enorm hoch.
Die Rückgewinnung von Wasser aus dem Restschlamm soll zur
Reduzierung des Frischwasserverbrauchs in der Ölindustrie
beitragen. Nach Laborversuchen zeigt sich, dass das nach
Filterprozessen extrahierte Wasser sauber genug ist, um es in
den Produktionsprozess zurückzuführen. Auch wenn heute
schon zwischen 80 und 90 Prozent der Abwässer recycelt
werden, sind die Restschlammmengen dennoch enorm:
Täglich fließen 200 Millionen Liter in die oberirdischen Auffangbecken. Die Forschung sucht nach einer Antwort auf die
Frage: Wie kann das Bitumen mit so wenig Wasser wie möglich
aus dem Ölsand rausgewaschen werden? Eine Produktion
ohne Wasser wäre revolutionär und würde die Abwasserbecken überflüssig machen. Im Rahmen der Grundlagenforschung im Nanobereich suchen die Wissenschaftler nach
Lösungen für verseuchtes Wasser und verseuchte Böden –
gefunden sind sie noch nicht.“
Quelle: Gerisch, C. und Scheele, B.: Öldorado in der Wildnis. Kanada investiert in
Ölraffinerie in Fort McMurray
bearbeitet von:
Ölsandfelder. ZDF, Abenteuer Wissen vom 25.2.2009.
Diercke 360°
Diercke Weltatlas Magazin
Unterrichtseinheit
Sekundarstufe II
zum Autor: Knut Heyden, Ratzeburg
Lauenburgische Gelehrtenschule Ratzeburg
Fächer: Geographie, Mathematik, Informatik
Landschaftswandel am Aralsee
Der Aralsee war einst das viertgrößte Binnenmeer der Erde. Ein See solcher
Größe ist aufgrund der kontinentalen Lage in einer abflusslosen Senke in
Zentralasien in einem Halbwüsten- und Wüstenklima überraschend.
Verursacht durch Klimaschwankungen (Eiszeiten) unterlagen der Wasserspiegel und damit die Ausdehnung des Sees in jüngerer erdgeschichtlicher
Zeit mehrmals großen natürlichen Schwankungen.
Die Menschen griffen infolge der
ehrgeizigen Pläne Stalins bzw. der UdSSR
in den 1960er- und 70er-Jahren in den
natürlichen Wasserhaushalt des Sees ein
und veränderten die Landschaft und
den See gravierend. Die kommunistischen Machthaber planten eine
Umleitung der beiden Zuflüsse Amudarja im Süden und Syrdarja im Nordosten,
so dass 95 % des Wassers den See nicht
mehr erreichten. Das Wasser wurde dazu
genutzt, im Süden und Nordosten des
Sees auf riesigen Anbauflächen Baumwolle künstlich zu bewässern.
Seit diesem massiven Eingriff in das
Wassermanagement verlandet der
Aralsee, d.h. die mit Wasser bedeckte
Fläche hat sich etwa halbiert, was z. B.
dazu führte, dass ehemals in Ufernähe
gelegene Orte wie Kasalinsk oder
Muinak nun bis zu 150 Kilometer vom
Aralsee entfernt liegen. Diese Dimensionen sind kaum vorstellbar. Im
Vergleich zu Deutschland hieße dies,
dass vor 40 Jahren Hannover an der
Nordsee oder Berlin an der Ostsee
gelegen hätten. Das Volumen des
Meeres ist um über 70 % zurückgegangen. Der See besteht nun aus mehreren
Teilen, von denen der größte Großer
Aralsee heißt. Gleichzeitig ist der
Salzgehalt so stark gestiegen, dass die
Flächen ökologisch tot sind. Der
Salzgehalt ist in den verschiedenen
Teilen des Sees sehr unterschiedlich und
soll bei bis zu 150 g/Liter (15 %) im
östlichen Becken liegen. Zum Vergleich:
Süßwasser weist einen Salzgehalt von
unter 0,1 % auf. Der durchschnittliche
Salzgehalt der Ozeane liegt bei 3,5 %.
Trotz der geringen Niederschläge von
100 mm/a wird der See wohl nicht zur
Gänze austrocknen, allerdings wird der
östliche Teil des Großen Aralsees
aufgrund seiner geringeren Tiefe weiter
sehr schnell an Fläche verlieren.
Die größte von Menschen verursachte Umweltkatastrophe
Die Folgen für die Region sind sehr tief
greifend. Zwar boomte anfangs die
Wirtschaft durch den Bau der Bewässerungskanäle und die Ausweitung der
landwirtschaftlichen Nutzfläche, doch
mit dem Zusammenbruch des Ökosystems sind viele negative Effekte zu
beobachten:
• Fischsterben als Folge der Versalzung
und damit der Zusammenbruch der
Fischerei.
• Generell geringe Artendichte bei Flora
und Fauna.
• Desertifikation: Ausbreitung der Wüste
und Dünen bis zum Ostufer.
• Durch die Verlandung und Versalzung
verbleiben Salz- und Staubwüsten, die
Böden sind durch Reste von Herbiziden, Pestiziden und Kunstdünger
gesundheitsgefährdend. U. a. wurde
das aus dem Vietnamkrieg berüchtigte
Mittel Agent Orange verwendet, das
das Erbgut schädigen kann.
• Die Insel des Aralsees wurde für
Versuche mit biologischen Kampf-
stoffen genutzt. Die abnehmende
Luftfeuchtigkeit führt nun dazu, dass
die Schadstoffe ausgeweht werden und
ein zusätzliches Gesundheitsrisiko
darstellen.
• Durch die Verschmutzung des Wassers
und der Luft steigen verschiedene
Erkrankungen wie Atemwegserkrankungen, Erbkrankheiten und MagenDarm-Erkrankungen an.
• Die Versorgung der Bevölkerung mit
sauberem Trinkwasser und auch
Brennmaterial ist ein großes Problem.
• Durch den wirtschaftlichen Niedergang
in der Region aber auch den Zusammenbruch der Sowjetunion ist die
Gesundheitsvorsorge kaum mehr
gewährleistet.
Lösungsansätze
Da es sich bei dem Bewässerungsprojekt
um ein Vorzeigeprojekt der Sowjetunion
handelte, fühlt sich Russland angeblich
in der Verantwortung zur Lösung
beizutragen. Erste Ansätze in den
1990er-Jahren gingen aber von Kasachstan aus, als hier ein erster einfacher
Sanddamm gebaut wurde, der das
Wasser des Kleinen Aralsee im Norden
zurückhalten sollte. Dieser Damm wurde
2003-2005 mit Mitteln der Weltbank
durch einen höherwertigen Damm, den
so genannten Kok-Aral-Damm ersetzt.
Während sich die ökologische Situation
(Anstieg des Wasserspiegels, geringere
Salz- und Schadstoffkonzentration) für
den Kleinen Aralsee verbesserte und es
somit zur Wiederbelebung der Fischerei
kommt, sind die Folgen für den Großen
Aralsee, der hauptsächlich in Usbekistan
liegt, entsprechend negativ. Hiermit wird
deutlich, dass der See im Spannungsfeld
mehrerer Staaten steht. Alle Anrainerstaaten möchten von den Zuflüssen
19
Diercke 360°
Diercke Weltatlas Magazin
möglichst viel abzweigen und dennoch
nicht am Tod des Aralsees schuld sein. In
der Atlaskarte Diercke u S. 157.1, Diercke 2
u S. 123.1 findet man zudem Hinweise auf
Waldschutzstreifen mit salzresistenten
Saxaul Bäumen, die die Desertifikation
verhindern sollen.
Multimediale Anwendungsmöglichkeiten im Unterricht
Im Zusammenspiel der unterschiedlichen Materialien (Karten, Satellitenaufnahmen, Texte und Filme) sind die
Schüler gefordert, Informationen zu
sammeln und zu ordnen. Wegen der
schnellen Umschaltmöglichkeit zwischen verschiedenen Karten- und
Globusansichten (physische Karte/
Satellitenbild) bietet es sich an, den
Diercke Globus Online in den Unterricht
einzubinden.
Karte auf dem Diercke Globus Online
Bei den Erläuterungstexten zu den
Atlaskarten unter www.diercke.de
können zusätzlich die in M6 und M7
gedruckten Satellitenbilder vom Aralsee
heruntergeladen werden (vgl. Link). Mit
dem Link wird der Globus – sofern
installiert – aufgerufen und dann die
Satellitenbilder auf dem Globus gezeigt.
Der Einsatz vom Diercke Globus Online
in Kombination mit einem Beamer ist als
Ergänzung zum gedruckten Atlas dann
sinnvoll, wenn Schüler ihre Ergebnisse
der Kartenarbeit den Mitschülern
präsentieren sollen. Dies kann den Fokus
einfacher auf bestimmte Details lenken.
Dazu müssen die technischen Voraussetzungen wie ein Internetanschluss im
Klassenraum/Geographie-Fachraum
gegeben sein.
Falls es Ihnen möglich ist, einen Film
über den Aralsee zu besorgen (vgl.
Filme), sollten Sie Ihre Schüler auffordern, den Film in Kapitel zu unterteilen
und sich gezielt Notizen zu Wirkungsgefügen zu machen. Die Filme zeigen meist
auch besonders gut und plastisch den
Aralsee zu Sowjet-Zeiten.
Die anschließende Kombination der
gefundenen Informationen können die
Schüler gut mit einer Bewertungsmatrix
oder einer MindMap umsetzen.
1. Stunde
Einstieg: Die Angst des Torwarts vor
dem Klimawandel
Kartenanalyse: Lage, Klima, Wasserregime, wirtschaftliche Nutzung im
Laufe der Jahre
2. Stunde
Ökologische Untersuchung, Auswertung der Falschfarbenaufnahmen,
Versalzung
Vergleich Karte – Satellitenbild
3. Stunde
Maßnahmen in den 1960er-Jahren
- Film über den Aralsee/Internetrecherche bei www.aralsee.org
und Wikipedia
Was lernen wir daraus?
4. Stunde
Schüler erkennen am Beispiel des
Aralsees die Notwendigkeit, komplexe
Systeme genau zu untersuchen, bevor es
zu einer grundlegenden Änderung im
System durch einen Eingriff kommt. Sie
lernen im Ansatz vernetztes Denken,
indem sie versuchen, Voraussetzungen,
Wirkungsgefüge und Wechselwirkungen
der Komponenten des Systems zu
analysieren. In vielen Fällen denken Menschen zu kurzfristig und achten nur auf
einfache „monokausale“ Verkettungen.
Da sich solche Fehler in allen politischen
Systemen wiederholen, sollten Schüler
aber nicht vorschnell urteilen, sie selber
hätten das besser gemacht, sondern sich
das Ziel setzen, in ihrer beruflichen und
privaten Situation sorgsam und nachhaltig zu handeln. Die persönliche Verantwortung des Einzelnen greift auch gut
der Einstiegstext über den Fußballer
Pfannenstiel auf, der auf den ersten Blick
etwas abseits eines üblichen Einstiegs in
die Thematik liegt. Am Ende sollte der
Lehrer einen Rückblick auf diesen Text
fordern.
Zukunftschancen des Aralsees
Rückblick und Diskussion über die
eigene Rolle in Umweltfragen
Arbeitsblätter und Lösungen finden Sie online unter: www.diercke.de/360grad
20
Stundensequenz
Literatur:
Conrad, C. und Schierer, A.: Wassernutzung in
Zentralasien: Bewässerungsfeldbau im Amu Darja
Delta. In: Praxis Geographie 11/2008, S. 26 ff.
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
(DLR) (Hrsg): Globaler Wandel. Die Erde aus dem
All 2008
Merian „Unsere Erde“ Jubiläumsausgabe 12/2008,
S. 80-81
Westermann (Hrsg.): Diercke-Handbuch 2008,
S. 289
Filme:
Aralsee – ein Meer stirbt. Arte „WunderWelten“,
Dokumentation, Frankreich 1999
Das Geheimnis des Aralsees. Dokumentation,
Deutschland/Kasachstan/Usbekistan 2005
Links:
de.wikipedia.org/wiki/Aralsee
www.aralsee.org
www.diercke.de/diercke_karten.xtp
(Erläuterungstext und Satellitenbilder: bei
„Auswahl Seitennummer” 157, bei „Auswahl
Kartennummer” 1 eingeben)
www.uni-bielefeld.de/biologie/Oekologie/
aralsee.html
Autor: Knut Heyden
Diercke 360° 2/2009 COPY
M 1 Die Angst des Torwarts vor dem Klimawandel
Beim Hallenturnier in Riesa hatten sie ihren ersten Auftritt, die
Retter des Erdballs. Das Team von Global United repräsentierte
auf den ersten Blick eine Ansammlung in die Jahre gekommener Spieler, die quasi von Beruf Ex-Profi sind. (…) Die
Mannschaft will auf die Klimaerwärmung aufmerksam machen
und Geld sammeln, um gegen deren Folgen anzugehen. Geld,
das Institutionen wie dem World Wildlife Fund und Forschungsprojekten zugutekommen soll. Die erstklassige Idee
entspringt dem Kopf eines – mit Verlaub – zweitklassigen
Torwarts, der es dennoch auf seine individuelle Weise geschafft hat, berühmt zu werden. Lutz Pfannenstiel (35) aus
Zwiesel hat als erster Fußballprofi auf allen Kontinenten
gespielt, für mittlerweile 27 Vereine, und ist in der ganzen Welt
zu Hause. (…) Er war zunächst ein ganz normaler Profi: „Schnelle Autos, am Pool liegen und es krachen lassen“, sagt er, das
war sein Motto. Als er 2000 in Singapur für 101 Tage zu Unrecht
ins Gefängnis musste – ihm war Spielmanipulation vorgeworfen worden – und durchs Zellenfenster Hinrichtungen mit
ansah, begriff er, dass es im Leben Wichtigeres gibt. Nach
seiner Freilassung beschloss er, sich sozial zu engagieren. Da er
bei seinen zahlreichen Stationen Zeuge des Klimawandels
wurde, auf den Malediven Inseln untergehen sah, „wenn es ein
bisschen regnete oder stürmte“, und beim Anblick des beinahe
ausgetrockneten Aralsees an „eine atomare Wüste“ denken
musste, hatte er sein Thema gefunden: globaler Sport gegen
das globale Problem. „Mit Fußball kann man die beste Öffentlichkeit erreichen“, ist er überzeugt. Nun plant Pfannenstiel
zehn bis zwölf Spiele an besonders vom Klimawandel bedrohten Orten: in der Antarktis, in Australien und Tansania, wo am
Kilimandscharo der Schnee schmilzt. Er hat bereits Verträge mit
rund 50 früheren Spielern wie den Brasilianern Aldair und Cafu
sowie Argentiniens WM-Torwart von 1978, Ubaldo Fillol,
geschlossen. Deutsche sind auch dabei: die Ex-Nationalspieler
Fredi Bobic, Marko Rehmer und Jörg Heinrich. Sein Ziel sind 70
Spieler „mit hoher Berühmtheit von allen Kontinenten“. In
aussichtsreichen Verhandlungen für das erste Spiel zweier
Teams von Global United, geplant für den 18. Dezember 2009
auf einem Fluglandeplatz in der Antarktis, steht er mit Zinedine
Zidane. Wobei über Geld nicht verhandelt wird – die Weltrettung erfolgt selbstverständlich ehrenamtlich. Pfannenstiel
hofft pro Spiel auf Einnahmen von drei bis vier Millionen Euro
durch Sponsoring, weniger durch Zuschauereinnahmen. Auf
der King-George-Insel in der Antarktis werden mangels
Infrastruktur gar keine Fans erwartet, Öffentlichkeit wird
dennoch hergestellt. „Jedes Event bekommt einen 90-minütigen Film. Darin wird vor allem über die Klimaprobleme der
Region, weniger über das Spiel berichtet“, sagt Pfannenstiel.
(…) „Was man in Deutschland nur liest, habe ich selbst gesehen. Die meisten Menschen denken doch immer noch, da muss
irgendein Gesetz her, und die Merkel macht das schon mit dem
Obama.“ Er macht lieber selbst etwas.
Quelle: DIE WELT, 7. 1.2009 (gekürzt)
M 2 Klimadiagramm von Cimbaj (50 km nördlich
von Nukus, Usbekistan)
°C
40
30
20
10
0
–10
–20
–30
–40
Cimbaj (Usbekistan)
66m ü.M. 42°57`N/59°49`E
mm
400
300
200
100
80
60
40
20
0
Monatsmittelwerte
Temperatur
Niederschlag
potenzielle Landschaftsverdunstung
(maximal mögliche Verdunstung)
Jahresmittelwerte
11,0°C
Temperatur
145 mm Niederschlag
11,0°C 142 mm 774 mm
J FMAMJ J A SOND
Landschaftsverdunstung
774 mm potenzielle
(maximal mögliche Verdunstung)
Gestrandete Schiffe im ausgetrockneten Aralsee
Aufgaben
1. Beschreiben Sie kurz Ihre persönliche Einstellung zum Klima-
3. Orden Sie das Klimadiagramm aus M2 in die Klimaklassifika-
wandel und vergleichen Sie diese in der Klasse mit der von
Lutz Pfannenstiel (M1).
tion nach Siegmund/Frankenberg ein (Diercke u S. 226/227,
Diercke 2 u S. 176/177).
2. Beschreiben Sie mit der Atlaskarte Nordasien – physisch
(Diercke u S. 152/153, Diercke 2 u S. 118/119) die Lage des Aralsees
(geographische und politische Lage, Höhe über NN).
bearbeitet von:
Autor: Knut Heyden
Diercke 360° 2/2009 M 3 Der verlandete Aralsee
Noch vor 40 Jahren war das Umland des Aralsees eine fruchtbare, wald- und artenreiche Landschaft. Die Bevölkerung lebte
überwiegend von Fischfang und Landwirtschaft. Heute prägen
riesige Monokulturen das Landschaftsbild. Von Süden her
erhält der Aralsee sein Wasser von dem nur noch spärlich
einfließenden Fluss Amudarja. Da es sich bei dem zweiten
einmündenden Fluss – dem von Norden kommenden
Syrdarja – ebenfalls um einen Zufluss handelt, gilt der Aralsee
als Endsee ohne Abfluss. Der natürliche Wasserverlust resultierte aus Versickerung und Verdunstung; im Laufe der
Erdgeschichte hatte sich ein Gleichgewicht mit dem Schmelzund Regenwasserzufluss eingestellt. Die Störung dieses
Gleichgewichts durch den immer geringeren Wasserzufluss
führt nicht nur zu einer Wasserspiegelabsenkung, sondern
auch zu einem deutlichen Anstieg des Salzgehaltes im Aralsee.
Bislang hat das Volumen des Sees um zwei Drittel abgenommen, der Salzgehalt hat sich dagegen fast vervierfacht. Es
kommt zu einem verstärkt kontinental geprägten Klima mit
heißeren Sommern und kälteren Wintern, da die natürliche
Mäßigung des Klimas durch die Wasserfläche immer schwächer
wird.
Quelle: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (Hrsg.): Globaler Wandel. Die Erde
aus dem All 2008, S. 241 (gekürzt)
M 4 Entwicklung von Wasserfläche, Volumen und
Salzgehalt des Aralsees
Jahr
Wasserfläche
Wasservolumen
Salzgehalt
1960
100 %
100 %
0,9 % = 9 g/Liter
1970
90 %
89 %
1,0 %
1980
76 %
59 %
1,7 %
1990
66 %
26 %
3,5 %
2000
40 %
19 %
4,3 %
2003
30 %
12 %
Großer Aralsee:
> 7,5 % im westlichen Teil
> 15 % im östlichen Teil
Kleiner Aralsee: 2 %
COPY
M 5 Das Geheimnis des Aralsees
Der Aralsee liegt im Tiefland von Turan und gehört zu Kasachstan und Usbekistan. Um zu verstehen, was in der Region
geschehen ist, muss man den Läufen der beiden Zuflüsse des
Aralsees – Syrdarja und Amudarja – folgen. Der Aralsee, einst
doppelt so groß wie die Niederlande, hat seit 1960 über zwei
Drittel seiner Fläche eingebüßt.
Stolze, sowjetische Kolchosen meldeten immer größere Ernten
an Reis und Baumwolle. Doch unkontrollierte Wasserverschwendung ließ das salzige Grundwasser dicht an die
Oberfläche steigen, und Salzkristalle machten den Boden für
die Nutzpflanzen unfruchtbar. Eine rapide Verdunstung
verwandelte das Süßwasser des Sees in eine Lake, deren
Salzgehalt dreimal so hoch ist wie der des Meeres. Alle Fische
starben. Durch Wind und Staubstürme gelangt das Salz in die
Luft, gefährdet die anliegenden Felder und sogar Gletscher bis
nach Skandinavien. Die sowjetische Fangflotte zog einst Netze
voll mit Edelfisch an Bord, heute wirken die endlosen Dünenfelder auf dem ehemaligen Seeboden aus der Luft auch fast
wie Wellen. Und sie bewegen sich tatsächlich. Einige Häuser im
ehemaligen Fischerdorf sind schon zugeschüttet.
Eines der größten Probleme der Aralregion ist das Trinkwasser.
Die Quellen vor Ort sind nur bedingt genießbar, da ungehindert Herbizide, Pestizide und Dünger aus den Feldern in den
Wasserkreislauf fließen. Ärzte in Aralsk beklagen eine der
weltweit höchsten Kindersterblichkeit, während die UNO
Destillatoren zur Wasseraufbereitung an die Haushalte verteilt.
Für die Natur ist das Phänomen des schwindenden Wassers
nichts Neues. Auch der Mensch muss lernen, damit fertig zu
werden. Doch die kasachische Regierung will den nördlichen
Fluss Syrdarja nicht nach Süden zu den Usbeken abfließen
lassen und baut für 80 Millionen Dollar einen Damm. Das
Projekt ist nicht unumstritten, denn viele Wissenschaftler
warnen, dass dadurch der übrige Teil des Sees noch schneller
austrocknet. Im Jahr 2010 wird voraussichtlich nur ein Zehntel
davon bleiben.
Quelle: Paul Pfander: Das Geheimnis des Aralsees, Dokumentation, Deutschland/
Kasachstan/Usbekistan 2005, ZDF (16.11.2006) (verändert)
Quelle: Uni Bielefeld
Aufgaben
4. Untersuchen Sie das Wasserregime des Aralsees (ZuflussAbfluss) anhand der Atlaskarte Nordasien – physisch
(Diercke u S. 152/153, Diercke 2 u S. 118/119), M3 und M4.
5. Vergleichen und erläutern Sie anhand der Karten
Nordasien – Wirtschaft (Diercke u S. 154/155, Diercke 2 u
S. 120/121) und Aralsee – Landschaftswandel (Diercke u S. 157.1,
Diercke 2 u S. 123.1) die wirtschaftliche Nutzung in der Großregion des Aralsees in den Jahren 1960 und 2007. Welche Maßnahmen wurden in sowjetischen Zeiten durchgeführt (M5)?
Weitere Informationen finden Sie z.B. unter www.aralsee.org
oder bei Wikipedia.
bearbeitet von:
Autor: Knut Heyden
M 6 Der Aralsee 1973
Diercke 360° 2/2009 COPY
M 7 Der Aralsee 2007
M 8 Ausbeutung der Armen
1960 war der Aralsee das viertgrößte Binnengewässer der Erde
und doppelt so groß wie Baden-Württemberg. In den 1960erJahren wollte die Sowjetunion mit einem gigantischen
Bewässerungsprojekt die landwirtschaftliche Produktion in der
Region steigern. Neue Devisenquellen sollten durch den
Export von Baumwolle erschlossen werden. Die Abbildung aus
dem Jahr 1973 ist eine Falschfarbendarstellung und hebt die
Anbauflächen im Süden und Nordosten des Sees in Rot hervor.
Die Zuflüsse Amudarja (im Süden) und Syrdarja (im Norden)
wurden zu 95 Prozent in Landwirtschaftsprojekte umgeleitet,
was seither zu einer kontinuierlichen Verlandung des Aralsees
führte. Heute ist das Gewässer in den Kleinen und den Großen
Aralsee geteilt. Die neue Küstenlinie von 2007 ist im zweiten
Aufgaben
6. Werten Sie die Satellitenaufnahmen des Aralsees (M6+M7)
und den beschreibenden Text M8 aus. Erörtern Sie dabei die
Probleme der Wasserversorgung und den Prozess der Versalzung. Stimmen Sie der Behauptung zu, dass der Aralsee
die größte, vom Menschen verursachte Umweltkatastrophe
darstellt? Beziehen Sie für Ihre Begründung auch M5 ein.
7. Vergleichen und bewerten Sie die Karten (Diercke u S. 157.1,
bearbeitet von:
Bild gut entlang der weißen Salzschicht zu sehen. Hochauflösende Satellitenbilder erlauben die Identifizierung gestrandeter Schiffe inmitten der neu entstandenen Wüste. Sie sind stille
Zeugen des totalen Zusammenbruchs der Fischerei und des
Wegfalls von 60 000 Arbeitsplätzen. Doch nicht nur das
Aussterben aller Fischarten ist eine der katastrophalen Folgen
dieses Großprojekts. Durch verseuchtes Grundwasser gelangen Entlaubungsmittel und Pestizide in die Nahrungskette der
50 Millionen Anwohner. Überdurchschnittlich häufig kommen
Missbildungen bei Neugeborenen sowie Fehlgeburten vor.
Die Folgen für Menschen und Natur wurden von den Verantwortlichen nie evaluiert.
Quelle: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (Hrsg.): Globaler Wandel. Die
Erde aus dem All 2008, S. 241 (gekürzt)
Diercke 2 u S. 123.1) und Satellitenbilder: Welche Informationen können Sie auf den Satellitenaufnahmen besser bzw.
schlechter erkennen als in der Karte?
8. Erörtern Sie die Zukunftschancen der Region. Welche Maßnahmen werden diskutiert? Welche Chance geben Sie dem
russischen Versprechen einer „historischen Verantwortung“?
Wird Ihrer Meinung nach der Fußballer Pfannenstiel der
Entwicklung neue Impulse geben können?
Diercke 360°
GEWINNSPIEL
Diercke Weltatlas Magazin
Diercke 360° Gewinnspiel
Eine neue Chance – heben Sie ab und gewinnen Sie eine der
begehrten Fahrten im Diercke Heißluftballon.
Lösen Sie das Rätsel und senden Sie uns das gesuchte Wort bis zum 31.10.2009.
Die Berichte der Gewinnerfahrten finden Sie im Internet unter www.diercke.de/presse ’ Events.
①
②
③
④
⑤
⑥
⑦
⑧
⑨
Welcher Ort lag früher in Ufernähe
des Aralsees?
Welchen Rucksack kann man nicht
zum Wandern nehmen?
Zu welchem Produkt wird Teersand
in Kanadischen Raffinerien verarbeitet?
Was ist auf dem Titelbild zu sehen?
Diercke multimediale Methoden
gibt es zum … von 20,-€ !
Was ist eine sog. „Attraktion“
im Schweizer Wallis?
Nicht Google EarthTM sondern Diercke ...!
Welche vergleichbaren Neubauten
werden in Hamburg und Dubai in
Kürze fertig gestellt?
Der Name eines Rheinischen Tagebaus.
①
②
③
④
⑤
⑥
⑦
⑧
⑨
Lösungswort
Ihre Antwort senden Sie bitte an:
Bildungshaus Schulbuchverlage GmbH
Diercke Redaktion – 360°
Georg-Westermann-Allee 66
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oder per E-Mail an:
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Teilnahmebedingungen:
Der Gewinner wird unter allen richtigen Einsendungen per Los ermittelt. Mit dem Gewinner wird ein Starttermin
vereinbart, der von den Witterungsbedingungen abhängig ist. Der Rechtsweg und eine Barauszahlung sind
ausgeschlossen. Der Gewinner wird schriftlich benachrichtigt.
Titelfoto:
Himmelstreppe von Silvio Martin, Oberhausen 2009
Bildquellen:
Archiv VAW / ETH Zürich: 11 u. (M. Funk);
DEBRIV – Bundesverband Braunkohle, Köln: 8 o.;
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)/Global
Landcover Facility (GLCF)/USGS/NASA: 23 o.;
Eisgrotte und Bazar Rhonegletscher, CH-Belvédère: 12 o.re. (Carlen);
Fuchs, H.-J., Mainz: 12 o.li.;
Heyden, Knut, Ratzeburg: 19 o.;
Hoppe, Cecilia, Berlin: 10 o.;
http://glaciology.ethz.ch/swiss-glaciers 12 m.;
Küster, Hansjörg, Hannover: 4 o., 4 u., 5;
laif, Köln: 21 u. (Welters);
Land NRW, Bonn/Geobasisdaten: 9 o.;
lauscherlounge records/Oliver Rohrbeck, Berlin: 2 u.;
Picasso, Marc, CH-Lausanne: 12 u.;
picture-alliance/dpa, Frankfurt/M.: 6 u. (H. Ossinger);
pixelio media GmbH, München: Titel (Thomas Max Müller);
24
Sammlung Gesellschaft für ökologische
Forschung, München: 10 m.;
Schacht, Siegfried, Aachen: 6 o., 9 u.;
Schleicher, Yvonne, Weingarten: 14 o.;
Visum Foto, Hamburg: 14 u. (Jiri Rezac), 17 u. (Jiri Rezac), 18 u. (Jiri Rezac).
Impressum:
Herausgeber und Verlag:
Bildungshaus Schulbuchverlage Westermann Schroedel Diesterweg Schöningh Winklers GmbH
Georg-Westermann-Allee 66
38104 Braunschweig
www.diercke.de
[email protected]
Redaktion: Wiebke Gehring, Sebastian Schlüter, Sebastian Lemke, Catharina Vater
Layout: GUD, Braunschweig
Herstellung: Anna K. Lindner, geschwisterfront
Alle Rechte vorbehalten.
Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit Einwilligung des Verlages.
Die Diercke Lernkartei –
Immer gut zu gebrauchen
Lernkarteien haben sich in der Unterrichtspraxis als praktisches
Arbeitsmittel erwiesen. Als zusätzlicher Arbeitsauftrag für schnell
arbeitende Schüler oder fester Bestandteil von Unterrichtswerkstätten
ist die Kartei sinnvoll und erprobt. Die neu erschienene Diercke
Lernkartei bringt erstmals geographische Themen zu Deutschland,
Europa und der Welt in ein handliches Format. Jede Karte vermittelt
eine Themeneinheit mit der Einführung auf der Vorderseite und dem
Zusatzwissen auf der Rückseite. Grafiken, Fotos, Übungs- und Kniffelaufgaben in drei Schwierigkeitsstufen ermöglichen den Schülern ein
selbstständiges (Er)Arbeiten. Natürlich lässt sich aus den 72 Karteikarten
auch mal ein Geographie-Quiz improvisieren oder die eine oder andere
spontane Vertretungsstunde bestreiten. Die Diercke Lernkartei eröffnet
neue Möglichkeiten, geographisches Wissen flexibel und variantenreich
zu vermitteln.
Diercke Lernkartei
ISBN: 978-3-14-110032-7
29,95 €
!
Original Lernkarteikarte zum Ausschneiden und Testen.
52
©
Braunkohle
Schaufelradbagger
Braunkohleflöz
Illustrationen: Peter Hertzfeldt
Braunschweig, Diercke Lernkartei
Landschaft vor der Erschließung. Die Braunkohle liegt auch
unter Städten und Dörfern.
Die Braunkohle wird in einem Tagebau abgebaut.
Braunkohle
Weil Braunkohle viel „jünger“ ist als Steinkohle, ist sie nicht so tief im
Gestein verborgen, wie die Steinkohle ( 46, 53). Deshalb kann sie im
Tagebau, also oberirdisch, abgebaut werden. Riesige Schaufelradbagger
graben erst den Sand beiseite, um an die darunter liegenden Braunkohleflöze
zu gelangen. Der Sand wird mit Förderbändern und Zügen abtransportiert
und dort wieder hingefüllt, wo die Kohle bereits abgetragen wurde. Dadurch
„wandert“ der ganze Tagebau im Verlauf des Kohleabbaus. Die Braunkohle
wird zur Energieerzeugung genutzt.
Aufgaben
le in deinem
Gibt es Braunkoh
che in deinem
Bundesland? Su
ftskarte und
Atlas die Wirtscha
überprüfe es.
t?
nkohle verwende
Wofür wird Brau
?
s Wort„Tagebau“
Was bedeutet da
25
Diercke 360°
FÜR KLEINE ENTDECKER
Diercke Weltatlas Magazin
Durch Kompetenzorientierung zum nachhaltigen Lernen
Der Atlasführerschein im Erdkundeunterricht der Orientierungsstufe
Atlasführerschein
Jürgen Nebel
Übungsheft
Arbeitsatlas
Prüfungsbogen
Urkunde
Diercke Atlasführerschein
ISBN: 978-3-14-100021-4
5,95 €
Topographische Kenntnisse und der
Umgang mit Karte und Atlas sind die
Schwerpunkte des nachhaltigen Lernens
in der Orientierungsstufe für den
Kompetenzbereich Räumliche Orientierung. Das neu erschienene, farbige
Arbeitsheft „Diercke Atlasführerschein“
bietet den Schülern auf 28 Seiten die
Möglichkeit, die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten einzuüben und
dauerhaft zu sichern.
Beginnend mit einer Einführung zum
Umgang mit Atlas und Karte leitet das
Heft die Schüler hin zum nächsten
Abschnitt: dem Arbeitsatlas. Er bietet
Aufgaben zum topographischen
Grundwissen über Deutschland, Europa
und die Welt. Alle notwendigen Informationen sind aus den dort eingefügten
Atlaskarten zu entnehmen. Mithilfe eines
Prüfungsbogens kann jeder abschließend sein Wissen testen. Nach erfolgreicher Prüfung gibt es natürlich eine
Urkunde. Der Atlasführerschein kann
unabhängig von dem in der Schule
verwendeten Atlas erarbeitet werden.
Alle notwenigen Karten und Verweise
sind ins Heft eingearbeitet. Die Konzeption der Inhalte orientiert sich an den
Standards für den Kompetenzbereich
Räumliche Orientierung der Deutschen
Gesellschaft für Geographie. Es bietet
sich an, das Arbeitsheft zu Beginn der
5. Klasse durchzuarbeiten und vor den
Osterferien dann die Prüfung zum
Atlasführerschein durchzuführen. Nach
bestandener Prüfung verfügen die
Schüler über eine solide Grundlage zur
weiteren Atlas- und Kartenarbeit.
Jürgen Nebel
52
©
Braunkohle
Zusatzwissen
Foto: Mompl/Pixelio
Schaufelradbagger in einem Braunkohletagebau.
26
Braunschweig, Diercke Lernkartei
Schaufelradbagger können über 200
Meter lang und fast 100 Meter hoch
sein. Die Menge Sand oder Kohle, die
ein Schaufelradbagger an einem Tag
bewegt, würde ein Fußballstadion bis
zum Rand füllen.
örfer
n manchmal D
Warum müsse
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gerissen und d
ab
en
ng
lu
ed
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und
en,
gesiedelt werd
Bewohner um
au eingerichtet
wenn ein Tageb
wird?
der
ichnungen auf
Schau dir die Ze
.
Vorderseite an
Diercke digital I
Vorankündigung: „Diercke multimediale Methoden mit CD-ROM“
„Moderne, technikgestützte Informationsquellen gewinnen wegen ihrer Aktualität eine zunehmend große
Bedeutung. Im heutigen Unterricht geht es dabei nicht nur um die Kenntnis von Quellen und Formen, sondern
auch um die Kenntnis von Strategien, der Informationsgewinnung und -auswertung. Schülerinnen und Schüler
eignen sich dieses Wissen an, können es routiniert übertragen und geographische/geowissenschaftliche Informationen zielorientiert und kritisch auswerten.“
(Quelle: Bildungsstandards im Fach Geographie für den Mittleren Schulabschluss, 2007, S.19)
Passend zu den Bildungsstandards für
das Fach Geographie erscheint in Kürze
das Lehrerbuch Diercke multimediale
Methoden mit CD-ROM für den multimedialen Geographieunterricht. Es stellt
Unterrichtsmethoden und Unterrichtskonzeptionen vor, in denen verschiedene Medien wie Atlas, DVD, Internet,
Video etc. kombiniert werden. Karteninterpretation und das Methodenlernen
mit digitalen Medien stehen dabei im
Zentrum der Vorschläge zur innovativen
und effektiven Unterrichtsvorbereitung
und -durchführung. Konkrete Praxisbeispiele und Arbeitsaufträge zeigen, wie
die Vermittlung von multimedialen
Kernkompetenzen im Unterricht
gestaltet werden kann. Dabei werden
sowohl Angebote des Diercke PremiumBereiches (z.B. der Diercke Globus
Online, Diercke Coach, WebGIS, Videotutorials, Diercke digitale Wandkarten,
interaktive Karten) als auch frei zugängliche Materialien aus dem Internet (z.B.
Google EarthTM, Google MapsTM)
sinnvoll miteinander kombiniert.
Die geographische Fragestellung bzw.
die Entwicklung und Bearbeitung einer
Leitfrage/Problemstellung sind die
Leitlinien für alle Beiträge.
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mit CD-ROM (u.a. VideoTutorials, Arbeitsblätter)
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27
Diercke 360°
Diercke Weltatlas Magazin
Diercke digital II
zur Autorin: Gundel Döhner
Fachbereichsleiterin Medien und Neue
Technologien, Landesbildungszentrum
für Hörgeschädigte Oldenburg
Praxisbericht: Diercke digitale Wandkarten im Einsatz
Seit zwei Jahren arbeite ich, Lehrerin für hörgeschädigte Kinder und Jugendliche am Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte Oldenburg,
mit einem SMART-Board. Inzwischen ist unsere Schule mit 24 Boards ausgestattet. Ebenso wie bei den Schülerinnen und Schülern haben die Interaktiven Whiteboards im Kollegium große Akzeptanz erfahren.
Schon eine ganze Zeit fragte ich mich, wann Bücher und andere Medien
der Schulbuchverlage auf den Markt kommen, die an das Board angepasst sind.
Mit Freude erfuhr ich auf der Didakta 09,
dass dieses jetzt bei dem Diercke
Weltatlas Realität geworden ist.
In einigen Klassen haben wir die digitalen Wandkarten im Unterricht eingesetzt.
Die Abstimmung der Software auf den
Atlas ist gelungen und die Bedienung für
jede Lehrerin und jeden Lehrer leicht
erlernbar. Auf den Bildern kann man
sehen, wie die Einbindung in die
Notebook Software am Thema „Niedersachsen“ zu verwirklichen ist. Die
Kartenausschnitte sind durch die Fotografiermöglichkeit der Notebook-Software schnell und unkompliziert als
Tafelbild einsetzbar und natürlich auch
bearbeitbar.
Die Möglichkeit, dass die Kinder im Atlas
arbeiten und die absolut identischen
Karten am Board gemeinsam sehen und
bearbeiten können, bringt aufgrund der
guten Visualisierung einen deutlichen
Gewinn beim Lernerfolg. Die Kinder sind
motiviert, am Board mit den Karten zu
arbeiten und lernen die Bedienung sehr
schnell.
28
Hier einige Schülerzitate:
„Man kann sich die Welt durch die
digitalen Karten sehr gut vorstellen!“
„Die Fähnchen zu setzen macht Spaß
und hilft beim Lernen.“
„Besonderen Spaß macht mir das
Messen der Entfernungen!“
Gerade um die Aufmerksamkeit der
Kinder immer wieder zu fokussieren,
sind die Werkzeuge „Lupe“ und
„Taschenlampe“ sehr gut einsetzbar.
Bearbeitete Karten zu speichern und
auszudrucken eröffnet viele Anwendungsmöglichkeiten. In kürzester Zeit
halten die Kinder ein gemeinsam
erarbeitetes Kartenbild in der Hand und
können es in ihre Mappe übernehmen.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass
die Lehrerinnen und Lehrer, die dieses
Medium erprobt haben, es als eine gute
Möglichkeit sehen, den Erdkundeunterricht interessanter und anschaulicher zu
gestalten.
+ Erdkunde + Geschichte + Wirtschaft + Politik + Biologie + Physik + Religion + Sprachen +
Der Diercke Drei Universalatlas und seine Materialien –
das Programm für den fächerübergreifenden Unterricht
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Geschichte 1
Frühgeschichte und Antike
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Diercke Drei
digitales Handbuch
in Vorb. u
Die TOP Geschichte-Arbeitshefte
vermitteln die Grundlagen der
Geschichte spannend und
lebendig.
Besonderheiten:
• Karten, Grafiken und Illustrationen
erklären und ergänzen die
Textinhalte
• eine thematische Zeitleiste sichert
den geschichtlichen Überblick
• Piktogramme helfen bei der
Orientierung und kennzeichnen
Arbeitsaufträge
• ein aufwändiges Design und das
vierfarbige Layout vermitteln ein
facettenreiches Geschichtsbild
Diercke Drei Handbuch
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und Antike
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TOP Geschichte 2: Mittelalter
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TOP Geschichte 3: Renaissance ∙
Reformation ∙ Revolution
ISBN: 978-3-14-114642-4 (in Vorb.)
TOP Geschichte 4: Nationalismus ∙
Imperialismus ∙ 1. Weltkrieg
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TOP Geschichte 5: Von Weimar
zum 2. Weltkrieg ∙ Demokratie
in Europa ∙ globale Welt
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Brief: Staatliche Regelschule 1,
Goethestraße 32, 99310 Arnstadt
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DAS NEUE »GEOGRAPHISCHE SEMINAR«
Für die neuen Bachelor- und Masterstudiengänge
Hrsg: Prof. Dr. Rainer Duttmann, Prof. Dr. Rainer Glawion,
Prof. Dr. Herbert Popp, Prof. Dr. Rita Schneider-Sliwa
Renommierte Autoren bereiten den geographischen
Lehrstoff nach der neuen Studienordnung in der
20-bändigen Traditionsreihe auf. Die Bände für den
Bachelor-Studiengang enthalten Aufgabenkomplexe
und Lösungshilfen sowie einen Internetbereich
mit zahlreichen neuen Anwendungen.
Rainer Glawion, Rüdiger Glaser,
Helmut Saurer:
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Heinz Fassmann:
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Die neue Reihe zeichnet sich aus durch:
• ein neues 4-farbiges Lay-out
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und Diagrammen
• ausführlicher wissenschaftlicher Apparat im Anhang
• robuster, flexibler Kunststoffeinband zur besseren Nutzung
auf Exkursionen
Seien Sie gespannt…
… auf zahlreiche neue Bände, darunter die Physische Geographie,
die Stadtgeographie und die Geomorphologie.
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Preise: Stand 01/2009
WEITERE BÄNDE IN VORBEREITUNG!
Diercke forscht
zur Autorin: Laura Stockmann
Diplom-Kauffrau, Universität Göttingen
Die Ökobilanz des Diercke 360° Magazins
Das Thema Umwelt- und Klimaschutz ist seit einigen Jahren nicht mehr
aus dem öffentlichen Bewusstsein wegzudenken. Dabei geht es für den
Privatmenschen zuhause nicht mehr nur darum, immer das Licht auszumachen, wenn man den Raum verlässt oder auch mal zu Fuß zu gehen,
statt den Wagen zu nehmen. Auch bei den Gütern des täglichen Bedarfs
und der Freizeit kann nach umweltfreundlichen Alternativen gesucht werden – dabei sollen Ökobilanzen helfen.
Im Rahmen einer vom Westermann
Verlag vergebenen Diplomarbeit wurde
für das Diercke 360°-Magazin an der
Universität Göttingen eine Ökobilanz
erstellt (siehe Exkurs) und die Nutzungsalternativen bezüglich des Treibhauspotenzials untersucht. Um auch für Laien
die Umweltverträglichkeit eines Produktes sichtbar zu machen, gibt es
mittlerweile verschiedene Gütesiegel
und Analyseinstrumente – eines davon
ist die Ökobilanz. Verglichen wurden die
Printausgabe des Magazins und der
kostenlose Download eines Heftes unter
www.diercke.de. Bei der digitalen Ausgabe wurde zudem unterschieden, ob der
Leser das Magazin am Bildschirm nur
liest oder auch ausdruckt (mit den
Varianten einseitiger und beidseitiger
Ausdruck). Die zugrundeliegenden
Daten über die verwendeten Materialien
und Prozesse wurden bei Westermann
Druck, einer weiteren Druckerei und
dem Hersteller des für den Druck
verwendeten Papiers gesammelt. Unter
Zuhilfenahme einer speziellen ÖkoTreibhauspotenzial relativ zur Printausgabe
100%
80%
60%
40%
20%
0%
Printaus- Drucken nur Lesen
gabe
einseitig
Drucken
beidseitig
bilanzierungssoftware wurden die
Nutzungsalternativen am PC modelliert
und die Treibhauspotenziale errechnet.
schlägt der Energiebedarf mit 4 %
allerdings am geringsten zu Buche.
Außerdem fallen für die Printausgabe
Transporte insbesondere des Papiers
und des fertigen Heftes zum Leser an,
die insgesamt 12 % der Umweltbelastung
dieser Nutzungsalternative hervorrufen.
Ursachen der Treibhausbelastung
100%
80%
60%
Der Vergleich
Das Ergebnis der Studie ist, dass die
Nutzung des Downloads, egal ob der
Text zusätzlich zuhause ausgedruckt
wird oder nicht, zu geringeren Belastungen führt als die Herstellung und
Nutzung des industriell gedruckten
Magazins (siehe Abb. 1). Dabei ruft die
Alternative, das digitale Magazin nur am
PC zu lesen, 46 % der Belastung der
Printausgabe hervor. Wird das Magazin
zudem noch ausgedruckt, entstehen bei
einem einseitigem Ausdruck 58 % und
bei doppelseitigem Ausdruck nur noch
gut ein Drittel der Belastung der
Printausgabe.
Ursachen des Treibhauspotenzials
Was die Klimaverträglichkeit des Diercke
360° Magazins anbelangt, ist das Papier,
auf dem es in der Druckerei oder
zuhause gedruckt wird, der wichtigste
Faktor (siehe Abb. 2). Bei der Printausgabe und dem einseitigen, heimischen
Ausdruck ist das Papier Auslöser für
Dreiviertel der jeweiligen Belastung,
beim beidseitigen Ausdruck noch
Ursache für 60 % der klimatischen
Umweltwirkung. An zweiter Stelle ist der
Energiebedarf bzw. dessen Erzeugung
Grund für das Treibhauspotenzial der
Alternativen. Bei der Printausgabe
40%
20%
0%
Print
Papier
Lesen
Energie
Drucken
einseitig
Drucken
beidseitig
Sonstige
Abb. 2
Fazit
Die Erkenntnis aus dieser Studie ist, dass
das verwendete Papier – in der Druckerei
wie auch zuhause – sorgfältig ausgewählt werden sollte, vorzugsweise
Recyclingpapier. Und bei der Neuanschaffung von Ausgabegeräten sollte
auf Energieeffizienz geachtet werden.
Exkurs:
Eine Ökobilanz analysiert systematisch alle
potenziellen Umwelteinwirkungen von Produkten oder Prozessen. Ganz im Sinne der
Nachhaltigkeit werden dabei alle Schritte
„von der Wiege bis zur Bahre“ betrachtet,
d. h. von der Rohstoffgewinnung, Herstellung und Nutzung bis zur Entsorgung, und
alle Stoffentnahmen aus der Umwelt sowie
Emissionen in die Umwelt aufgelistet. Die
anfallenden Stoffe werden verschiedenen
Wirkungskategorien zugeordnet, z.B. dem
Treibhauspotenzial. Nach naturwissenschaftlichen Wirkungszusammenhängen
werden die Mengen innerhalb einer Kategorie zu einem Indikatorwert verdichtet, z.B.
CO2-Äquivalent. Aus diesen können dann
Rückschlüsse auf die Umweltrelevanz des
untersuchten Objektes gezogen werden
oder Vergleiche zwischen Produkt- oder
Nutzungsalternativen angestellt werden.
Abb. 1
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