Fremdsprachenerwerb „Latein“

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Fremdsprachenerwerb „Latein“
misterQM / photocase.com
Fremdsprachenerwerb „Latein“
Fremdsprachenerwerb „Latein“
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Vorwort
Viele Anfragen haben uns erreicht mit der Bitte, einen Ratgeber zum Erwerb
von Latein bei Legasthenikern zu veröffentlichen.
Wir hoffen, dass Sie viele Anregungen finden, die Ihnen in der Praxis helfen,
legasthene Schülerinnen und Schüler besser zu verstehen und sie beim Erwerb
von Latein individuell und effektiv zu unterstützen.
Wir danken der Autorin dieser Broschüre, Frau Katrin Sellin. Sie hat wichtige
und hilfreiche Informationen als Gymnasiallehrerin und Legasthenietherapeutin
für uns zusammengestellt. Bei der Arbeit mit legasthenen Schülern, bei Lehrerfortbildungen und für Veröffentlichungen hat sie unter Berücksichtigung der
Fachliteratur im Laufe der Jahre wertvolle Beiträge, Kompensationsstrategien
und Anregungen zum individuellen Fremdsprachenerwerb für Kinder mit Teilleistungsstörungen erarbeitet, um den Schulalltag und die Schullaufbahn der
Betroffenen zu unterstützen und zu erleichtern.
Diese Broschüre behandelt den Erwerb von Latein bei Legasthenikern. Gern
weisen wir darauf hin, dass wir die Reihe zum Fremdsprachenerwerb mit weiteren Titeln von der Autorin ergänzen, und zwar mit dem Ratgeber „Fremdsprachenerwerb Französisch“ und mit dem Ratgeber „Fremdsprachenwahl“
verbunden mit „Fragen und Antworten zum Fremdsprachenerwerb“ bei Legasthenikern“.
Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie e. V.
1. Auflage 2013
Herausgeber:
Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie e. V.
Postfach 20 13 38
53143 Bonn
Telefon/Fax: 0700-285 285 285 (0700 – bvl bvl bvl)
www.bvl-legasthenie.de
[email protected]
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Fremdsprachenerwerb „Latein“
Fremdsprachenerwerb „Latein“
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Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
Fremdsprachenerwerb „Latein“
Katrin Sellin
Dieser Ratgeber ist für Eltern von Legasthenikern gedacht, aber auch geeignet
für die Eltern aller Schüler, weil Legastheniker die gleichen Fehler machen wie
alle anderen Menschen, nur unterlaufen sie ihnen länger und in größerer Zahl.
Vorwort
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1. Einleitung
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2. Diagnose und Konsequenzen
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3. Latein/Charakteristisches
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4. Häusliche Unterstützung:
Üben/Lesen/Grammatik/Arbeitsgedächtnis/Übersetzen 14
5. Übungsvorschläge
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6. Vokabelerwerb
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7. Motivation für Schüler, Eltern/Betreuer und Lehrer 39
8. Bedenkenswertes für a) Vokabeltests
b) Klassenarbeiten
c) Berichtigungen
d) Leistungsbewertungen 40
9. Literatur – Latein, Übungsmaterialien
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Kontakte zum BVL 48
Antrag auf Mitgliedschaft 51
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Fremdsprachenerwerb „Latein“
Diese Broschüre enthält besondere Überlegungen für Legastheniker beim Erwerb von Latein. Die Darstellung soll systematisch und mit herausgearbeiteten
Strukturen zeigen, dass die möglichen Schwierigkeiten beim Erwerb von Latein
überschaubar und lösbar sind. Jeder Schüler hat seine Stärken und nur bestimmte, begrenzte Probleme, die sich aus seinen Teilleistungsstörungen ergeben.
Den Ratgeber können Betreuer von Legasthenikern als eine kurze Darstellung
wichtiger Grammatik- und Strategiebereiche betrachten, die sie mit Legasthenikern unterstützend bearbeiten können. Die Broschüre soll nicht nur über Charakteristisches beim Erwerb von Latein informieren, sondern zusätzlich Anregungen zur unterstützenden Arbeit in der Fremdsprache bieten. Beispielsweise
können das Regelkarten sein, verfasst zu Grammatikschwerpunkten in schülergemäßer Sprache und Kontrollvorschläge auf Karteikarten notiert, unter denen
Schüler das für sie Sinnvolle und Hilfreiche zur Kompensation ihrer Schwierigkeiten auswählen.
Lateinlehrer können auch von dem Ratgeber profitieren, da er das Bewusstsein für mögliche Schwierigkeiten von Legasthenikern beim Erwerb der Sprache
schärft, Hinweise auf entsprechende Förderung sowie Konzeption und Korrektur
von Klassenarbeiten enthält. Schüler können die Broschüre als Sammlung von
Anregungen für günstige Kompensationsstrategien, Eselsbrücken, zum verbesserten Erwerb von Vokabeln und Grammatikinhalten sowie für Wiederholungen
verwenden.
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Einleitung
Beim Fremdsprachenerwerb sind vier Bereiche wichtig:
• der phonetische Bereich – die Lautproduktion/fremdsprachliche Artikulation,
• die Laut-Buchstabenzuordnungen – Wiedergabe fremdsprachlicher Laute
in der für die Fremdsprache typischen Rechtschreibung,
• der grammatische Bereich – die richtigen fremdsprachlichen Formen im
Satzzusammenhang,
• der lexikalische Bereich – der Wortschatz für mündliche und schriftliche
sprachliche Kommunikation.
Beim Erwerb des Lateinischen spielen die beiden ersten Bereiche keine Rolle,
da Schüler keine Aussprache- und nur unerhebliche Rechtschreibfehler machen; der 4. und der 5. Bereich sind jedoch wichtig wie auch das konsequente
Einhalten bestimmter Arbeitsstrategien und das Arbeitsgedächtnis. Vom Umfang des Arbeitsgedächtnisses hängt ab, wie viele Gesichtspunkte ein Schüler
präsent halten kann und welche Denkstrategien er zur Lösung einer Aufgabe
verwendet. Im Lateinischen müssen die Schüler aufmerksam auf die grammatischen Beziehungen der Wörter untereinander achten, deren Bedeutung im
Satz durch bestimmte Wortendungen gekennzeichnet ist, im Lateinischen auch
„Wortausgänge“ genannt. Im Text gibt es Vorschläge für die Erweiterung der
Aufmerksamkeitsspanne und des Arbeitsgedächtnisses beim Erwerb von Latein
sowie Anregungen für Kontrollstrategien und Wiederholungen.
Latein finden Schüler im Anfangsunterricht gelegentlich leichter als eine moderne Fremdsprache, weil die Aussprache einfach ist und sie das Unterrichtsgespräch in Deutsch führen. Schüler mit Hörverarbeitungsproblemen profitieren
beim Erwerb von Latein davon, nicht in der Fremdsprache kommunizieren zu
müssen; allerdings sollten sie aufmerksam das Unterrichtsgespräch verfolgen.
Stärken in der Grammatikanwendung und ein rationaler, analytischer, detailorientierter, abwägender und nicht impulsiver Arbeitsstil wirken sich positiv beim
Erwerb dieser Sprache aus. Allerdings haben Legastheniker (wie auch manche nicht von Legasthenie Betroffene) gelegentlich anfangs Schwierigkeiten mit
dem grammatikorientierten Unterricht, im fortgeschrittenen Stadium bei klassischen Texten mit komplexen Satzstrukturen und selten verwendeten grammatischen Formen oder Vokabeln. Manche lateinische Wörter können verschiedene
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Fremdsprachenerwerb „Latein“
Einleitung
Bedeutungen haben, sodass Schüler sich für die Übersetzung entscheiden
müssen, die in den Zusammenhang passt. Irren sie sich bei der Wortwahl in
einem Satz, können sie den folgenden Text häufig nicht sinnvoll übersetzen.
Sprachliche Stärken in dem Bereich der Wortbedeutungen wirken sich positiv
beim Übersetzen aus.
Beim Vokabelerwerb sind die Vorgehensweisen grundsätzlich für alle Fremdsprachen gleich. Jeder Schüler wählt bei einem Angebot von Vorschlägen die
für ihn günstigen Strategien aus und erprobt sie, wie unter 6. „Vokabelerwerb“
ausgeführt.
Eltern sollten die Entwicklung des Fremdsprachenerwerbs von Anfang an aufmerksam begleiten. Idealerweise informieren Lehrer die Eltern über wichtige
Gesichtspunkte für Legastheniker im Anfangsunterricht und nennen zusätzliches Übungsmaterial zur Automatisierung des Stoffes. Geschieht das seitens
der Schule nicht, müssen Eltern die Initiative zur intensiven Zusammenarbeit ergreifen und auf die Stärken und Schwächen ihres Kindes hinweisen, da Lehrer
vielfach genaue Informationen zu Lernbesonderheiten von Schülern brauchen,
um in der Schule günstige Vorgehensweisen für die Einzelnen zu planen und
möglicherweise ungünstige Anforderungen zu vermeiden. Für Eltern ist der Besuch eines Volkshochschulkurses sinnvoll, weil sie dort eigene Lernerfahrungen
beim Fremdsprachenerwerb machen können und dieses Engagement einen
positiven emotionalen und fachlichen Einfluss auf die Zusammenarbeit von Eltern und Kindern hat.
Erfolgreicher Erwerb von Latein hängt unter anderem ab von Fleiß, Disziplin
und Anstrengungsbereitschaft des Einzelnen, von der Art des individuellen
Unterrichts in der Schule und dem Umfang des Verständnisses der Lehrer für
die legasthene Problematik. Eine gute persönliche Beziehung zwischen Lehrern
und Schülern spielt eine große Rolle, um die Motivation zu erhalten; jüngere
Schüler lernen vielfach für den Lehrer. Bei älteren Schülern sind eine positive
Beziehung zu dem Lehrer und gute fachliche Zusammenarbeit im Unterricht zur
Stabilisierung von Leistungsfortschritten günstig. Eltern, Lehrern und anderen
Betreuern sollte es gelingen, die Motivation und die Leistungsbereitschaft nach
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Einleitung
Rückschlägen erneut anzustoßen, indem sie kleine, erfüllbare Aufgaben stellen,
die sich erfolgreich lösen lassen, damit legasthene Schüler trotz anderer Probleme und Hindernisse motiviert weiterarbeiten können. Den Unterricht in der
neuen Sprache sollten die Schüler angstfrei und mit Freude erleben, weil eine
solche Atmosphäre generell das Lernen fördert. Anerkennung und Lob für alle
Bemühungen – nicht nur für Erfolge – sind wesentlich.
Wichtig:
• Zusammenarbeit von Eltern und Lehrern in ständigem Informationsaustausch,
• Charakteristisches beim Erwerb von Latein,
• besondere Unterstützung und Vorgehensweisen für Legastheniker im
Anfangsunterricht,
• Fleiß und Strukturerwerb fördern,
• Motivation und Leistungsbereitschaft erhalten.
2. Diagnose und Konsequenzen
Die „Arbeitswerkzeuge“, Augen und Ohren, sollten Fachleute untersuchen, die
Erfahrungen mit Lernbesonderheiten haben, um optimal zu beraten. Eine Brille
korrigiert Sehbeeinträchtigungen. Bei einer Sitzordnung in Tischgruppen sollten
die Schüler von ihrem Platz geradeaus auf die Tafel sehen können, um das
Tafelbild uneingeschränkt zu überblicken, weil so Lesen und Abschreiben von
Wörtern und Texten von der Tafel besser gelingen. Manche Schüler haben
Schwierigkeiten mit der Nah- und Ferneinstellung der Augen beim Abschreiben
oder Lesen von der Tafel (Akkommodation), Ermüdungserscheinungen können
sich in Kopfschmerzen oder Augenreiben äußern. Die Konsultation eines Augenarztes ist nötig. Hörprobleme, die nicht mit einem Hörgerät ausgeglichen
werden müssen oder können, wie es beispielsweise bei zentraler Fehlhörigkeit
der Fall ist, werden in ihrer Auswirkung gemildert, wenn Legastheniker einen ruhigen Nachbarn haben, um direkten Störschall zu vermeiden. Die Schüler sollten weit genug vorn sitzen, um den Mund des Lehrers beim Sprechen zu sehen
und um zur Unterstützung des Verständnisses von den Lippen lesen zu können.
Die Diagnose der intellektuellen Stärken und Schwächen sowie der legasthenen Problematik eines Schülers erleichtert die Arbeit und hilft, Lern- und Leistungsversagen sowie Motivationsverlust vorzubeugen. Es gibt erprobte, aussagekräftige Tests. Die Interpretation der Testergebnisse hilft bei der Auswahl
der individuell passenden Arbeitsweisen. Bei unzuverlässigem Gedächtnis für
visuell zu erfassende Einzelheiten, beispielsweise die Endungen/Ausgänge von
Wörtern, ist es naheliegend, vermehrt das Schreibbewegungsgedächtnis zur
Vertiefung der Formen im Zusammenhang zu nutzen, angeregt durch häufiges
Schreiben der Wörter. Beim Schreiben der Wörter sollten die Schüler gleichzeitig mitsprechen. Hat ein Schüler ein schlechtes Arbeitsgedächtnis, müssen
Erwachsene bei Übungen diese Problematik bedenken und entsprechend reagieren. Das vermehrte Einbeziehen von Stärken und geschicktes Ausgleichen
der Schwächen durch Strategiegebrauch sind nötig, um Fremdsprachenerwerb
in angemessener Form zu ermöglichen und zu erleichtern.
Die Diagnose der intellektuellen Stärken und Schwächen gibt stichhaltige Argumente für Gespräche mit Lehrern, weil bei schulischen Schwierigkeiten gelegentlich Zweifel an der Eignung des Schülers für die gewählte Schulart auftreten.
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Diagnose und Konsequenzen
Es ist sinnvoll, einen Diagnosebericht bei oder nach einem Gespräch mit Lehrern auszuhändigen. Um Missverständnisse zu vermeiden, sollten Eltern fachärztliche Diagnosen nicht kommentarlos in der Schule abgeben.
Wichtig:
• fachärztliche Untersuchung von Augen und Ohren, Konsequenzen daraus,
• intellektuelle Stärken und Schwächen des Schülers durch eine Diagnose
feststellen lassen,
• die Diagnose mit den Lehrern erörtern und gemeinsam daraus Schlussfolgerungen für die Arbeit mit dem Schüler und für dessen Arbeitsweise
ableiten,
• Kompensationsstrategien entsprechend den Stärken und Schwächen der
Schüler ausprobieren und einüben.
3. Latein/Charakteristisches
Lateinische Texte sind den meisten Menschen erst nach sorgfältiger Übersetzung
verständlich. Das Lateinische wird – außer im Kirchenstaat – nicht gesprochen.
Darin unterscheidet es sich von den lebenden Fremdsprachen Englisch, Französisch, Spanisch, Dänisch und Russisch, die die Schulen anbieten. Vier Bereiche
sind beim Fremdsprachenerwerb wichtig. Der erste Bereich, die Aussprache, ist
beim Lateinischen nicht schwierig. Der zweite Bereich, die Rechtschreibung, ist
ebenfalls unproblematisch, da das Lateinische lautgetreu geschrieben wird, genauso wie gesprochen; es entstehen keine nennenswerten Rechtschreibfehler.
Der dritte, der grammatische Bereich, ist entscheidend für das Textverständnis.
Für richtige Übersetzungen brauchen die Schüler gute Grammatikkenntnisse. Der
vierte Bereich, die lexikalische Ebene, die der Wortbedeutungen, hat ebenfalls
großes Gewicht. Legastheniker müssen die verschiedenen Bedeutungen, die eine
Vokabel im Lateinischen annehmen kann, im Gedächtnis haben; für den ihnen
vorliegenden Text müssen sie die sinnvolle deutsche Entsprechung auswählen.
Ein Beispiel für verschiedene Bedeutungen eines Wortes ist das Verb, „petere“,
das bedeuten kann, „erstreben, zu erreichen suchen, aufsuchen, eilig hingehen,
angreifen, bedrohen, fordern, verlangen; (hervor)holen, entnehmen“. Diese Fülle
von Wort- und Bedeutungszuordnungen zeigt die Problematik deutlich.
Für Schüler ist es positiv, zu erkennen, wie das lateinische Vokabular die modernen Sprachen, Französisch, Englisch und Deutsch, bereichert, denn aus ihm
stammen viele Lehnwörter, beispielweise
» das deutsche Wort „Kollege“,
lateinisch „collega/collegae“ (Kamerad),
französisch „collègue“,
englisch „colleague“,
ein anderes Beispiel ist
» deutsch „Fenster“,
lateinisch „fenestra“ (Fenster),
französisch „la fenêtre“.
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Latein/Charakteristisches
Viele lateinische Wörter haben wir in unser Vokabular übernommen, „haben,
Illustrierte, Labor, Literatur, Omnibus, Pasta, Pastor, Terror, Testament“. In
manchen Lateinbüchern stehen zahlreiche englische Lehnwörter am Ende
der Lektionen, um auf die Verbindung der Sprachen hinzuweisen. Der Vokabelerwerb wird durch diese offensichtlichen Beziehungen zwischen den
Sprachen erleichtert. Geschichtlich interessierte Schüler finden beim Erwerb
von Latein anregende historische, kulturelle und landeskundliche Themen,
Fortgeschrittene historische und philosophische Texte und Fragestellungen.
Im Anfangsunterricht und in der Phase des Lehrbuchunterrichts bekommen die
Schüler gute Zensuren, wenn sie die Vokabeln kennen, den Grammatikstoff
verstanden haben und beides bei Übersetzungen und bei Grammatikübungen
anwenden. Bewusstes, planvolles, rationales (mit dem Verstand nachprüfbares), analytisches, nicht impulsives Vorgehen ist empfehlenswert, das heißt, bestimmte Regeln und Arbeitsstrategien sind zu beachten. Bei Fortgeschrittenen
können im vierten sprachlichen Bereich die erwähnten Schwierigkeiten auftreten bei der Wahl zwischen den verschiedenen Bedeutungen, für die ein lateinisches Wort stehen kann; dies kann besonders bei der Lektüre antiker Texte
auftreten, die nicht wie die Lehrbuchtexte speziell für Schüler zusammengestellt
sind. Die im Einzelfall richtige Bedeutungszuordnung der Wörter geht aus dem
Zusammenhang des Textes hervor, sodass die Schüler ausprobieren müssen,
welche Bedeutung im gegebenen Fall passt. Hierzu gehört ein Vorstellungsvermögen von denkbaren, sprachlich gedanklichen Lösungen, eine Vorstellung
vom Ganzen, bevor das Ganze, die Übersetzung des Satzes, fertig ist. Das Problem ähnelt dem der Bearbeitung von Lückentexten, die für manche Menschen
erst nach dem Einsetzen aller Wörter/Ausdrücke vollkommen verständlich sind.
Um jedoch Wörter sinnvoll einfügen zu können, müssen sie vorher eine mögliche Gesamtbedeutung des Textes oder des gegebenen Ausdrucks vor Augen
haben, das bedeutet, mit sprachlichen Vorstellungen kritisch und kreativ umgehen zu können. In der ausgehenden Mittelstufe und in der Oberstufe kommen
in den Klassenarbeiten zu den Übersetzungen und Grammatikaufgaben Bearbeitungen bestimmter thematischer Fragestellungen und Textinterpretationen
hinzu, was eine neue Chance für Legastheniker sein kann, zusätzliche Punkte
zu erreichen.
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Latein/Charakteristisches
Die folgenden Ausführungen sollen helfen, den Erwerb von Latein unterstützend
zu begleiten. Falls ein Schüler Schwierigkeiten hat, betreffen sie vermutlich nur
einen oder zwei Bereiche. Für Betreuer ist es sinnvoll, über möglichst viele Aspekte informiert zu sein, um rechtzeitig zu beraten oder rettend eingreifen zu
können.
Wichtig:
• grammatische und lexikalische Bereiche beachten,
• Erfolge im Anfangsunterricht,
• bewusstes, rational nachprüfbares, planvolles, detailorientiertes sowie analytisches, nicht impulsives Vorgehen beim Übersetzen, Steigerung der Anforderungen bei komplexen Aufgaben,
• in den höheren Klassen bei Schwierigkeiten mit Übersetzungen
Kompensationsmöglichkeiten durch Kommentare zum Text und durch
Interpretationen.
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4. Häusliche Unterstützung:
Üben/Lesen/Grammatik/Arbeitsgedächtnis/Übersetzen
Eltern und Betreuer können vorschlagen und darauf hinwirken, dass Legastheniker sprachliche Hausaufgaben im Wechsel mit nichtsprachlichen erledigen, beispielsweise in der Reihenfolge: Französisch, Chemie, Deutsch, Rest
von Französisch oder Englisch, Mathematik, damit der Kontrast zwischen den
Stoffgebieten Lernhemmungen aufgrund sprachlicher Ähnlichkeiten bei den
Fremdsprachen und Deutsch vermeidet. Zu Beginn der Hausaufgaben müssen
die Beteiligten klären, welches Thema sie bearbeiten und welche Regeln sie
auffrischen müssen; diese stehen alle im Lehrbuch! Eltern können dabei helfen,
dass Legastheniker ihr Lehrbuch genau kennen lernen, falls das in der Schule
nicht geübt wird, um festzustellen, wo Vokabeln alphabetisch, wo sie lektionsweise zusammengefasst, wo die grammatischen Erklärungen und Übungen zu
finden sind.
Schüler sollten die Arbeitsanweisungen am besten zweimal lesen, wobei sie
die Wörter silbenweise mit der Ecke einer Karteikarte, einem Zahnstocher oder
anderen Hilfsmitteln abtasten, indem sie laut mitsprechen, um die Aufmerksamkeit und die Arbeitsaktivität zu erhöhen. Falls es einen Beispielsatz gibt, dient
er als Muster und hilft, Fehler zu vermeiden. Danach sollten sie mit eigenen
Worten sagen, was sie tun müssen. Sie erwähnen beispielsweise die geforderte
grammatische Zeit oder die Personalformen der Verben, die zu beachten sind.
Eine solche Vorgehensweise führt zu guten Arbeitsstrategien und Automatisierungen.
Eine geduldige, stetige Begleitung der Schüler im Anfangsunterricht ist wichtig,
um Leistungsbereitschaft und Motivation zu erhalten sowie die sprachlichen
Grundlagen zu festigen. Viele Legastheniker brauchen mehr Übungen zur Festigung des Stoffes, als der Unterricht sie anbieten kann; diese Schüler haben bei
Schwierigkeiten häufig keine Verständnis-, sondern Automatisierungsdefizite.
Folgende Strategien können helfen, die Kompetenzen zu erhöhen.
Häusliche Unterstützung/Üben
Üben
Jeder Legastheniker sollte ein Grammatikheft führen, in das er alle Regeln einträgt, weil die Lehr- und Übungsbücher jährlich wechseln. Viele Schüler können
am besten nach ihren eigenen Niederschriften lernen, deren Vollständigkeit gesichert sein muss. Diese Regelzusammenstellungen helfen vor Klassenarbeiten bei gezielten Wiederholungen und eignen sich auch für das Abfragen von
lateinischen Formen, Wörtern, Ausdrücken und Regeln durch lateinunkundige
Menschen.
Anstatt ein grammatisches Regelheft zu führen und um die Schüler anzuleiten, selbstständig fehlervermeidend zu arbeiten, bietet es sich an, Regel- und
Kontrollkarten zu schreiben. Auf die Regelkarten schreiben die Schüler oder
ihre Betreuer alle bedenkenswerten Wörter, Formen, Ausdrücke und Regeln in
schülergemäßer Sprache und beispielsweise zusätzlich Übersichten über die
Konjugationen, das heißt die Personalformen der Verben in allen Zeiten, in Indikativ und Konjunktiv, der Deklinationsendungen der Nomen und Adjektive,
entsprechend den 6 Fällen und dem Genus/Geschlecht der Wörter, Singular/
Einzahl und Plural/Mehrzahl, die Verwendung und Übersetzung des „a.c.i.“,
eine Konstruktion des Akkusativs mit dem Infinitiv, „video Marcum laborare“
(ich sehe Markus arbeiten), besonders wichtige Formen und Bedeutungen des
Ablativs, des 5. Falls des Lateinischen. Die Regeln können Schüler oder ihre
Betreuer aus dem Lehrbuch herausschreiben, nach persönlichen Bedürfnissen
ergänzen und auf einer Karteikarte befestigen; führt die Klasse ein Grammatikheft, übertragen legasthene Schüler die Regeln auf eine Karteikarte. Am besten
fügen sie bei jeder Regel einen lateinischen Beispielsatz aus dem Lehrbuch
oder aus dem Unterricht hinzu, denn sie erinnern sich besser an ein Beispiel aus
einer durchgearbeiteten Lektion als an eine abstrakte sprachliche Regel. Für
Regelkarten hat sich die Postkartengröße DIN A 6 bewährt. Die Karten lassen
sich mit Hilfe eines Registers alphabetisch nach Schlagworten in einen Karteikasten einordnen wie beispielsweise
» „Vorzeitigkeit in der Vergangenheit = Plusquamperfekt“ unter „V“ für „Vorzeitigkeit“ oder unter „P“ für Plusquamperfekt oder vorsichtshalber unter beiden;
» „in“, Präposition mit dem Akkusativ = räumlich, Frage „Wohin?“ bedeutet „hinein“, „in patriam ire“ (in die Vaterstadt/Heimat gehen);
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Häusliche Unterstützung/Üben
» „in“, Präposition mit dem Ablativ, Frage „Wo“? bedeutet „in, an, auf“, „in urbe
»
vivere (in der Stadt wohnen)“. Die Karteikarte wird unter „i“ für „in“ oder unter
„P“ für „Präposition“ eingeordnet.
die Karten mit verschiedenen Ablativen werden unter „A“ für „Ablative“ einsortiert.
Hilfreich ist eine Liste der Anfänge indirekter Fragesätze, die beginnen können
mit „ubi (wo), unde (woher), quo (wohin) …“. Auf diese Weise lassen sich während
der Schulzeit alle Regeln und wichtige Ausdrücke sammeln, sie sind umgehend
greifbar und bieten Legasthenikern vertraute Formulierungen mit Beispielen, sie
dienen als externe, nicht im Kopf befindliche, Speicherhilfen. Eine Regelkartensammlung erleichtert nicht nur die Übersetzungsarbeit und Wiederholungen,
sie ermöglicht auch Betreuern stets dieselben Formulierungen zu verwenden,
die Schülern vertraut sind. Die Kontrollkarten enthalten Lerninhalte oder Regeln
sowie bedenkenswerte Strategien für einzelne Schüler, um sie vor Irrtümern zu
bewahren und/oder sie auf „Fallen“ aufmerksam zu machen, in die sie nach
ihrer eigenen Erfahrung leicht geraten, beispielsweise das Nichtbeachten der
Regel: „Bei Übersetzungen mit dem Prädikat beginnen, die Personalform des
konjugierten Verbs/des Prädikats weist auf das Subjekt hin; nach dem Subjekt
fragen, danach die Objekte erfragen“. Jeder Schüler braucht individuelle Kontrollkarten, sie wechseln je nach Kenntnisstand und akuten Problemen. Es ist
befriedigend und motivierend zugleich, zu entdecken, dass eine Regel- oder
Kontrollkarte überflüssig geworden ist wegen guter Fortschritte in Latein.
Wichtig:
• Hausaufgaben → sinnvolle Reihenfolge der Arbeit in den Fächern planen,
• bei Legasthenikern häufig keine Verständnis-, sondern Automatisierungsdefizite → zusätzliche Übungen,
• Regelkarten einführen als Hilfsmittel für geistige Orientierung und Ordnung,
sie unterstützen Wiederholungen. Kontrollkarten für akute Probleme verwenden,
• verwechselbare Formen notieren und gesondert üben.
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Häusliche Unterstützung/Lesen
Lesen
• In Spalten gegliederte Texte können eine Reihe von Schülern langsamer und
mühsamer lesen als solche mit einer fortlaufenden Zeile bis zum Rand, weil die
Augen beim vorausschauenden Lesen bis Zeilenende am Blattrand den Text
schneller erfassen und die Schüler so leichter den Sinn entnehmen können.
• Die Betonung lateinischer Wörter mit lautem Lesen üben; zweisilbige Wörter haben den Ton auf der ersten Silbe, „hábet (er, sie, es hat)“, drei- und
mehrsilbige auf der vorletzten Silbe, „habémus (wir haben)“ und „interrogávit (er hat gefragt)“. Die Betonungen der Silben hängen ab von der Länge
der Vokale, die den Silben vorangehen, diese Regel im Einzelnen im Lehrbuch nachlesen.
• Sorgfältiges, genaues Lesen ist äußerst wichtig für die Sinnentnahme bei
Texten, daher sollten Schüler das Lesen bei Bedarf mit individuell passenden
Strategien üben, denn die letzten ein, zwei, drei oder vier Buchstaben eines
Wortes bestimmen die grammatische Zuordnung, beispielsweise bedeutet
» „habe-o“ „ich habe“, „habe-ba-m“ „ich hatte“, „hab-u-erunt“ „sie haben
gehabt“, „mar-e, das Meer“, Nominativ Singular „mar-ibus, den Meeren“,
Dativ/Ablativ Plural.
•
Es ist denkbar, die Wörter diszipliniert mit einer Lesehilfe (Stift, Ecke einer
Karteikarte, Lesepfeil) Buchstabe für Buchstabe und Silbe für Silbe abzutasten oder einen Lesestab zur Vergrößerung der Zeile auf den Text zu legen, um diesen dann langsam mit den Augen zu verfolgen. Lesestäbe gibt
es bei Optikern, diese Hilfsmittel vergrößern eine Zeile, haben ein geringes
Gewicht, sind leicht zu handhaben und preiswert.
Das genaue Lesen macht aufmerksam auf die Wortfamilien, bei denen
durch Hinzufügen von Vor- und Nachsilben an einem Wortstamm, im Lateinischen auch als „Stock“ bezeichnet, dem Stamm verwandte, neue Wortbedeutungen entstehen wie beispielsweise bei dem Verb „legere, lego, legi,
lectum (lesen, ich lese, ich habe gelesen, gelesen)“, „lectio (Auswahl, Lesen, Lektüre, das Vorlesen)“, „lector (Leser, Vorleser)“, „lectus ([aus]erlesen,
ausgezeichnet)“. Manche Lehrbücher weisen regelmäßig auf Wortfamilien
hin. Es ist sinnvoll, diese auf Karteikarten zu notieren und zu sammeln.
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Häusliche Unterstützung/Lesen
•
Ungenauigkeiten beim Lesen führen zu Bedeutungsänderungen bei den
lateinischen Wörtern und können eine sinnvolle Übersetzung verhindern,
beispielsweise
» „Marius bellum agere vult“, „Marius will (den/einen) Krieg führen“.
•
•
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Betrachtet ein Schüler aus Versehen „bellum“ wegen eines Lese- oder Zuordnungsfehlers als ein Wort, das als Adjektiv zu Marius gehören müsse,
könnte die Übersetzung lauten, „der schöne Marius will handeln“, was aber
lateinisch korrekt „Marius bellus“ lauten müsste. Der ganze Satz wäre ganz
und gar falsch übersetzt. Vermutlich würde er auch nicht in den Kontext
passen, in dem es offensichtlich um einen Konflikt geht, denn „bellum“, Genitiv „belli“, bedeutet „Krieg“. Um ähnlichen Verwechslungen vorzubeugen
und um die Lesestrategie zu verbessern, lohnt es sich, eine Kontrollkarte zu
schreiben, auf der eine nachahmenswerte Lese- und Kontrollstrategie vermerkt ist wie beispielsweise, „taste die Wörter mit einem spitzen Gegenstand
langsam ab, laut oder leise mitlesen, überprüfe die Wortendungen ein zweites
Mal. Ist die Übersetzung seltsam? Passt sie in den Zusammenhang? Überprüfe die Endungen/Wortausgänge, welche Wörter gehören zusammen?“.
Das Mitsprechen beim Schreiben, möglichst lautes Mitartikulieren der Wörter, verstärkt und stabilisiert die Aufmerksamkeit; dies ist eine wichtige Strategie bei Übersetzungen, da die Speicherung exakter Wortbilder wegen der
Veränderbarkeit der Wortendungen nicht möglich ist. Bei Klassenarbeiten
ist es empfehlenswert, die Texte innerlich langsam leise zu lesen, um die
Aufmerksamkeit für texterschließende Einzelheiten zu verbessern.
Die Bearbeitung ähnlich klingender Wörter oder Wortformen sollte besonders sorgfältig sein; vielfach erinnern Schüler sich nicht an die genaue
Bedeutungszuordnung, weil sich die Wörter stark ähneln; es kann eine
Ähnlichkeitshemmung (Ranschburgsche Hemmung) vorliegen, die die
Speicherung der exakten Bedeutungszuordnungen bei verwechselbaren
Wörtern erschwert. Beispielsweise kann „volo“ die 1. Person, Singular von
„volare, fliegen“ sein, „ich fliege“ oder zu „velle, wollen“ gehören und „ich
will“ bedeuten; „volabat“ bedeutet „er flog“, „volebat“ „er wollte“; „clamo, ich
schreie“ von „clamare“ schreien, laut rufen; deutlich zeigen, verraten“ und
„clamor“ bedeutet „Geschrei, Getöse, Lärm“.
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Häusliche Unterstützung/Grammatik
Hier hilft nur kritisches Denken: passt die gewählte Übersetzung in den
Zusammenhang? Können das Wörterbuch oder die Grammatik helfen? Als
Gedächtnisstütze könnte eine Karteikarte bereit liegen, auf die die Schüler
die Formen notieren, die für sie leicht verwechselbar sind. Die Karte unterstützt als externe Speicherhilfe (nicht im Kopf, sondern auf dem Papier) das
Gedächtnis und die Wiederholungen.
Wichtig:
• Die Betonung der Wörter, bestimmt von der Vokallänge und der Anzahl der
Silben → einschleifen.
• Lesegenauigkeit mit guter, konsequent befolgter Strategie unterstützen →
Bedeutung vieler Wörter wird durch die letzen (bis zu vier) Buchstaben ausgedrückt.
Grammatik
• Der Stoff der Lektionen wird im Inhaltsverzeichnis stichwortartig aufgeführt.
Viele Lehrbücher erleichtern Wiederholungen durch eine Übersicht über den
Stoff der bearbeiteten Lektion, etwa mit der Überschrift, „Was haben wir
in Lektion xxx gelernt?“. Das Lehrbuch, „Felix“ bietet unter der Überschrift
„Haltepunkt“ Erklärungen zur Grammatik in einfacher, schülergemäßer
Sprache, sodass Orientierung und Wiederholung erleichtert sind.
• Bei anschaulich, nach lernpsychologischen Überlegungen gestalteten Lateinbüchern wie „Felix“ oder „Prima“ mit Text- und Begleitband, Grammatikbeiheft (fakultativ) und Vokabelband können sich Eltern, Betreuer und
Schüler ganz den Erklärungen und dem Übungsangebot anvertrauen. Sollten Erklärungen in Lateinbüchern nicht anschaulich und Darstellungen nicht
durch Wort, Bild, Schemata oder Tabellen ergänzt sein, lassen sich Zusatzmaterialien schreiben und zeichnen.
• Eltern/Betreuer können helfen, den Erwerb grammatischer Bezeichnungen
und ihrer strukturellen Zusammenhänge zu vertiefen, denn gute Grammatikkenntnisse sind eine grundlegende Voraussetzung dafür, dass Legastheniker
während des Unterrichtsgesprächs die Fragen der Lehrer und die Antworten
der Mitschüler verstehen und so vom Unterricht angemessen profitieren.
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Häusliche Unterstützung/Grammatik
•
Im Lateinischen gibt es sechs Fälle, außer den aus den modernen Sprachen bekannten vier Fällen, Nominativ, Genitiv, Dativ, Akkusativ, gibt es zusätzlich den 5. Fall, den „Ablativ“, der bei bestimmten Präpositionen steht;
außerdem gibt es den 6. Fall, den „Vokativ“, um jemanden anzureden.
Reihenfolge der Fälle mit den entsprechenden Wortendungen,
Häusliche Unterstützung/Grammatik
•
„o“- Deklination,
•
Nominativ
Genitiv
Dativ
Akkusativ Ablativ
Vokativ
Singular
dominus
domini
domino
dominum
domino
domine
Plural
domini
dominorum
dominis
dominos
dominis
Die Fälle werden durch sie kennzeichnende Endungen bestimmt, „in scholam eo,
ich gehe in die/eine Schule“, „in wen oder was, wohin gehe ich? Ich gehe in die
Schule“, das ist der Akkusativ, der vierte Fall der „a-Konjugation“.
Auf einer Regelkarte können die Endungen der a-Deklination stehen, zu der „schola“
gehört, diese müssen Schüler wie alle anderen Deklinationen auswendig lernen.
•
•
» bei dem Nomen „arbor, arboris, f(emininum), der/ein Baum“
„a“- Deklination
Nominativ
Genitiv
Dativ
Akkusativ
Ablativ
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Die meisten Lehrbücher enthalten Konjugations- und Deklinationstabellen.
Diese lassen sich schrittweise je nach Unterrichtsthemen ergänzen und
unter „D“ für das Kennwort „Deklinationen“ in die Regelkartensammlung
einfügen.
Im Lateinischen gibt es keinen bestimmten oder unbestimmten Artikel zur
Bezeichnung der drei Wortgeschlechter und der grammatischen Fälle, wie
sie aus den modernen Sprachen vertraut sind. „Deus“ kann bedeuten, „der
Gott, ein Gott, Gott“.
Schüler sollten zu Beginn jeder Förderstunde, vor den Hausaufgaben und
am besten auch zu Unterrichtsbeginn in der Schule, die Ausgänge/Endungen von Deklinationen und Konjugationen einzeln oder im Chor laut
wiederholen, weil dies den Gedächtnisaufbau einprägsam unterstützt. Wiederholungen führen zu Automatisierungen, sodass mehr Energie für Denkleistungen bleibt.
Nomen sollten Schüler von Anfang an mit dem zugehörigen Genitiv und
dem Geschlecht lernen, „arbor, arboris, f(emininum), der Baum“; bei Adjektiven müssen sie die Formen für die drei Geschlechter, „m(asculinum),
f(emininum), n(eutrum)“ wissen. Beim Hinzufügen von Adjektiven oder des
Partizips Perfekt an ihre Beziehungswörter müssen sie die passenden Adjektiv- oder Partizipialformen wählen.
Beim Anpassen der zusammengehörenden grammatischen Formen müssen Schüler auf den entsprechenden Fall (Kasus) achten, auf Singular/
Einzahl oder Plural/Mehrzahl (Numerus), femininum/weiblich, masculinum/
männlich oder neutrum/sächlich (Genus), beispielsweise
Singular
schola
scholae
scholae
scholam
schola
Plural
scholae
scholarum
scholis
scholas
scholis
Fremdsprachenerwerb „Latein“
und dem Adjektiv „bellus, bella, bellum, (schön)“,
→ „arbores bellae, schöne Bäume“,
» „agricola, agricolae, m(asculinum), der/ein Bauer,
→ agricolae belli, (die) schöne(n) Bauern“.
•
Die Übereinstimmung von Kasus (Fall), von Numerus (Singular/Plural) und
Genus (Geschlecht) nennt man „KNG-Kongruenz“ (Übereinstimmung).
Beim Übersetzen lateinischer Texte verinnerlichen und automatisieren
Fremdsprachenerwerb „Latein“
21
Häusliche Unterstützung/Grammatik
•
•
•
Schüler mit der Zeit die konsequenten, analytischen Vorgehensweisen und
beachten die Kongruenz. Die Übereinstimmung grammatisch zusammenhängender Formen existiert auch in den modernen Fremdsprachen. Die
Kongruenz in Latein entspricht dem „Akkordieren“ in Französisch, dem
Anpassen der grammatisch zusammengehörenden Wörter. Im Deutschen
nehmen wir die Anpassung automatisch nach unserem Sprachgefühl vor,
„wir arbeiten mit einer schönen Sprache“; die Unterstreichungen markieren
die Anpassungen.
Die Satzstellung ist im Lateinischen nicht immer S(ubjekt), P(rädikat),
O(bjekt), wie es Schülern aus dem Englischen bekannt ist. Manchmal beginnt der Satz nicht mit dem Subjekt als Nomen oder als Namen, sondern
das Subjekt ist am Ende des Satzes in der Endung des Verbs enthalten.
Im Lateinischen kann sich das Subjekt in der Endung des Verbs „verstecken“. In dem folgenden Satz ist das Subjekt nur in der Endung des Prädikates enthalten, das Subjekt erscheint nicht gesondert als Name oder
Nomen, der Schüler muss das Personalpronomen einsetzen, „arborem in
horto video, (ich sehe den Baum im Garten)“. Die Endung des Prädikates,
„video“ zeigt das Subjekt und die Zeit an, „video“ hat die Endung „o“, dies
bedeutet, dass das Subjekt die erste Person Singular ist, „ich“, die Zeit ist
Präsens, Indikativ, „ich sehe“.
Im Lateinischen entspricht der Gebrauch der Zeiten der Vergangenheit dem
Deutschen und dem Englischen,
Häusliche Unterstützung/Grammatik
•
Skizzen zu Satzgliedfunktionen und anderen grammatischen Zusammenhängen veranschaulichen sprachlich abstrakte Regeln, die mit dieser visuellen Stütze besser im Gedächtnis haften, beispielsweise bei Satzgliedfunktionen, einfacher sprachlicher Zusammenhang,
Subjekt Populus
Prädikat
videt
Objekt
Marcum
komplexerer sprachlicher Zusammenhang, in einer Skizze verdeutlicht,
Subjekt Servus
(der Diener)
Prädikat
scit
(weiß)
Objekt
lateinisch
Imperfekt
Perfekt
Plusquamperfekt
deutsch
Präteritum
Perfekt
Plusquamperfekt
englisch
past tense
present perfect
past perfect
Plinium dormire
Plinius schlafen / dass Plinius schläft
(„A. c. i.-Konstruktion“, Akkusativ mit Infinitiv statt eines deutschen Nebensatzes) Quelle: Felix, Ausgabe A, S. 25 und 58
Ähnliche Skizzen können Schüler, Eltern und Betreuer sich selbst zur Veranschaulichung ausdenken.
22
Fremdsprachenerwerb „Latein“
Fremdsprachenerwerb „Latein“
23
Häusliche Unterstützung/Grammatik
Konjunktionen (Verbindungswörter für Sätze) sind
• dum (während, solange, bis, wie),
• si (wenn, wofern),
• postquam (nachdem, als),
• quamquam (obgleich),
• ubi (wann, wenn als, sobald), …
supra (über, oben, auf mit Akkusativ)
supra villam
Adverbien („kleine“ Wörter, die im Deutschen unveränderbar sind und daher keine Endungen haben)
•
•
•
•
•
atque (und, sogar),
aut (oder),
certe (sicher),
demum (endlich),
diu (lange),
•
•
•
•
•
Häusliche Unterstützung/Grammatik
enim (nämlich),
forte (zufällig, etwa),
hic (hier),
hodie (heute),
nihil (nichts), …
ante
(vor mit Akkusativ)
ante villam
Fragewörter lassen sich ebenso in einer Liste zusammenstellen.
•
•
•
24
Hinzugefügte Sprachbeispiele aus dem Lehrbuch veranschaulichen die
Regeln und erleichtern besonders jüngeren Schülern das Erinnern. Ihr Gedächtnis speichert unter Umständen Ereignisse – das was in der bearbeiteten Lektion passiert – besser als abstrakte grammatische Merkmale, was
älteren Schülern weniger Schwierigkeiten macht.
Zeichnungen zum Vokabular sind eine gute Unterstützung wie beispielsweise eine bildliche Darstellung des Sachfeldes „Haustiere“ und der Präpositionen.
Ein weiteres Beispiel ist eine Zeichnungen zur Anwendung der Präpositionen; als Vorlage dient ein einfaches, aufgezeichnetes Haus, in das Legastheniker die Präpositionen an den richtigen Stellen mit den entsprechenden
Fällen der Nomen eingetragen, „ante (vor)“ mit Akkusativ, „ante villam (vor
dem Landhaus), „in“ mit Ablativ auf die Frage „wo?“, „in villa (in dem Landhaus)“, „in“ mit Akkusativ auf die Frage „wohin?“, „in villam (in das Landhaus
hinein)“, „per (durch)“ mit Akkusativ, „per villam (durch das Landhaus hindurch)“, „supra (oben, über, auf)“ mit Akkusativ, „supra villam (über, oben,
auf dem Landhaus)“.
Fremdsprachenerwerb „Latein“
per
(durch mit Akkusativ)
per villam
in
(wo mit Ablativ)
in villa
•
in
(hinein mit Akkusativ)
in villam ire
Im Lateinischen wie im Deutschen bestimmen Präpositionen (Verhältniswörter), in welchen grammatischen Fällen die nachfolgenden Nomen und
die zugehörigen Adjektive stehen, deutsch, „ich spiele mit dem Ball, ,mit
dem Ball’“ ist Dativ, „er rennt in den Wald, ,in den Wald’“ ist Akkusativ. Diese
sprachlichen Zusammenhänge wenden wir im Deutschen an, ohne nachzudenken. Für Latein müssen Schüler die verschiedenen Präpositionen mit
den entsprechenden Fällen auswendig lernen. Präpositionen geraten als
„kleine Wörter“ oft in Vergessenheit, daher ist es klug, eine Liste der Präpositionen auf einer Karteikarte zusammen mit den erforderlichen Fällen
anzulegen. Bei Übersetzungen und bei Wiederholungen sind diese Zusammenstellungen hilfreich. Ein Vorschlag für eine zu erweiternde Karteikarte
mit Präpositionen, die den Akkusativ verlangen, ist,
» „ante (vor), ante portam; » ad (zu, nach, hin) ad scholam; » per (durch) per villam“, …;
Fremdsprachenerwerb „Latein“
» in, (hinein) in villam;
» apud (bei), apud Germanos;
» contra (gegen), contra Germanos;
25
Häusliche Unterstützung/Grammatik
Präpositionen, bei denen der Ablativ steht, „e/ex ([her]aus, von), e/ex villa;
in (wo) in villa; a/ab (vor, her, aus, von … weg), a/ab urbe; sine (ohne) sine
dubio, …“. Es ist sinnvoll, den einzelnen Präpositionen Sprachbeispiele aus
dem Lehrbuch der Schüler hinzuzufügen, weil sie auf diese Weise besser
im Gedächtnis haften bleiben. Hilfreich sind auch Listen von Konjunktionen
und Adverbien (siehe S. 24).
Die genannten Anfangsschwierigkeiten beim Übersetzen, das Erkennen des
unter Umständen im Prädikat verborgenen Subjekts, die Abwesenheit von Artikeln, die Kennzeichnung der Fälle durch die Endungen der Nomen und Adjektive, die unterschiedlichen Personalformen der Verben verschwinden nach einer
individuell verschieden langen Eingewöhnungszeit.
Wichtig:
• Regelheft führen oder Regel- und Kontrollkarten für Wörter, Ausdrücke und
Regeln schreiben, Sprachbeispiele hinzufügen; die Karten alphabetisch mit
oben vermerkten Stichworten in einem Karteikasten ordnen.
• Übersichten der Konjugationen (Verben) und Deklinationen (Nomen) sowie
Adjektive mit den sie kennzeichnenden Endungen auswendig lernen, oft
wiederholen.
• Übereinstimmung grammatisch zusammenhängender Formen, KNGKongruenz, stets beachten, Strategien hierfür gründlich einüben.
• Gute, rationale, nachprüfbare, detailorientierte und analytische Arbeitsstrategien entwickeln und automatisieren.
• Visuelle Hilfsmittel (Skizzen, Zeichnungen) einsetzen.
26
Fremdsprachenerwerb „Latein“
Häusliche Unterstützung/Arbeitsgedächtnis/Übersetzen
Arbeitsgedächtnis
Das Arbeitsgedächtnis der meisten Schüler ist ausreichend für die systematische grammatische Auflösung eines lateinischen Satzes; das heißt, dass
Schüler sich bei einer Aufgabe/Übersetzung lange genug konzentrieren, um
sie angemessen zu lösen und andere Eindrücke ausblenden. Sie sind ebenso
dazu fähig, eine eingeübte Lösungsstrategie zu verfolgen, wobei sie methodisch geleitete Detailarbeit leisten. Ein großer Vorteil ist, dass sie nicht gleichzeitig an die Aussprache oder die Intonation der Sätze denken müssen, wie es
in den modernen Fremdsprachen der Fall ist. Ein individuell eingeschränktes
Arbeitsgedächtnis bewirkt, dass Schüler sich während des Übersetzens nicht
an die zu beachtenden sprachlichen Aspekte erinnern, beispielsweise „Was ist
das Subjekt? Wie frage ich nach den weiteren Satzteilen? Was bedeutet „ut“ in
diesem Zusammenhang? Steht es mit dem Indikativ, dann bedeutet es „wie“,
ist es mit dem Konjunktiv gebraucht, bedeutet es, „dass, damit, um zu“. Bei
Aufmerksamkeitsproblemen oder bei einem nicht so guten Arbeitsgedächtnis
hilft es, Regel- und Kontrollkarten zu wichtigen Aspekten und Vorgehensweisen
zu schreiben, denn die Karten bieten eine präzise, zeitsparende Unterstützung
und ermöglichen eine längere Verweildauer der zu erinnernden Details im Gedächtnis.
Übersetzen
• Das Übersetzen lateinischer Texte muss nach einer festgelegten Strategie
erfolgen, keinesfalls impulsiv nach dem ersten, vermeintlich richtigen Leseverständnis, das in die Irre führen kann. Die „Wort für Wort“-Vorgehensweise ist sinnvoll. Gründlich, rational, mit nachprüfbarem Vorgehen, analytisch
und detailorientiert arbeitende Schüler haben im Lateinunterricht die Möglichkeit, diese Stärken einzusetzen.
• Bei der Strategie, Wort für Wort zu übersetzen, beginnen Schüler am besten beim Prädikat, das häufig an letzter Stelle im Satz steht. Die Reihenfolge der Übersetzungsschritte steht auf einer Regelkarte, deren Text lauten
kann,
Fremdsprachenerwerb „Latein“
27
Häusliche Unterstützung/Übersetzen
Häusliche Unterstützung/Übersetzen
•
Reihenfolge der Übersetzungsschritte 1, einfache Form,
„Dominum videt (er/sie/es sieht den Herrn)“
1. das Prädikat? –„videt“
2. Person, Singular/Plural? – 3. Person, Singular, „er, sie, es“, von „videre“
3. grammatische Zeit?
→ „videt“ = Präsens von „videre“, „er/sie/es, sieht“
4. Subjekt = „er/sie/es“ in „videt“ „versteckt“
5. Subjekt als Nomen? „Wer oder was sieht?“
→ kein Nomen als Subjekt vorhanden
6. Objekt? „Wen oder was sieht er/sie/es?“
→ „dominum“, Akkusativobjekt, „Er/sie/es sieht den Herrn.“
•
» „sie ging in den Wald und ,xte’ einiges Holz“
oder
» „sie reisten von Rom in die ,x’ und besuchten Freunde“
(mündliche Mitteilung von Ch. Krohn).
Reihenfolge der Übersetzungsschritte 2, erweiterte Form,
„pater arborem in horto habebat (der Vater hatte einen/den Baum
im Garten)“
•
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
das Prädikat? – „habebat“
Person, Singular/Plural? – 3. Person, Singular, „er, sie, es“ von „habere“
grammatische Zeit? – „habebat“ = Imperfekt von „habere“, „er, sie, es hatte“
Subjekt? „Wer oder was hatte?“
→ „habebat“ = 3. Person, Singular, „er, sie, es hatte“
Name oder Nomen als Subjekt? „Wer oder was hatte?“
→ „pater“ = „der/ein Vater hatte“
Akkusativobjekt? „Wen oder was hatte er?“
→ „arborem = „den/einen Baum hatte er.“
Dativobjekt? „Wem?“
(kein Dativobjekt in dem Beispiel)
Adverbiale Bestimmung(en)? „Wo, …hatte er?“ „in horto“ = „Er hatte
im Garten einen Baum.“
Übersetzen Legastheniker einen Teil eines Satzes oder eines zusammenhängenden Ausdrucks im Text falsch, passen die übrigen, vielleicht richtig
erfassten Formen, sinngemäß nicht dazu; folglich entwickeln sich vielfach
Ratestrategien, das kritische Denken ist ausgeschaltet; sinnvoll ist es aber,
die Fehlersuche zu beginnen, wobei Schüler ihre Arbeitsstrategien schrittweise überprüfen.
Ist in der Übersetzung die Bedeutung eines Wortes unbekannt, empfiehlt
eine Lateinlehrerin, den Satz mit Hilfe der bekannten Vokabeln zu übersetzen und für das „unbekannte“ Wort ein „x“ einzusetzen, beispielsweise
•
Mit dieser Strategie kommen Schüler nicht so leicht auf die Idee, zu raten
und sie erhalten Punkte für die richtigen, textentsprechenden Formulierungen. Vermutlich fällt es ihnen mit dieser Vorgehensweise leichter, bei der
Übersetzung inhaltlich richtig fortzufahren.
Bei komplizierten Sätzen ist es hilfreich, zunächst die Nebensätze, beispielsweise den „a.c.i.“– und Partizipialkonstruktionen, einzuklammern und
mit der Übersetzung des Hauptsatzes zu beginnen, um danach mit den
Nebensätzen fortzufahren.
Beim Übersetzen vom Lateinischen ins Deutsche sollten die Schüler versuchen, die unterschiedlichen sprachlichen Strukturen der beiden Sprachen
zu beachten und lernen, in einem für das Deutsche typischen Sprachstil
zu übersetzen oder zu übertragen. Gute stilistische Leistungen werden bei
Fortgeschrittenen besonders anerkannt und erhöhen die Punktzahlen bei
Klassenarbeiten und Klausuren.
Es ist hilfreich, einen dem Schüler vertrauten Beispielsatz hinzuzufügen.
28
Fremdsprachenerwerb „Latein“
Fremdsprachenerwerb „Latein“
29
Häusliche Unterstützung/Übersetzen
5. Übungsvorschläge
Wichtig:
• effektive, mit dem Verstand nachprüfbare Übersetzungsstrategien, die Einzelheiten am Wortende beachtend, erarbeiten und automatisieren,
• Regelkarten als externe Speicherhilfen benutzen, Prädikat? Subjekt?
Objekt(e)? …,
• erprobte Übersetzungsstrategien besonders beachten,
» den Satz schrittweise auflösen = „Wort für Wort“-Methode, wie heißt das
Prädikat?
» durch Fragen, „wer (Subjekt), wen/wem (Objekte), wann, wo, wie, …
(adverbiale Bestimmungen)“ herausfinden,
» Übereinstimmung von Nomen und Adjektiven? = Kongruenz
» Indikativ oder Konjunktiv?
» Ist die Vorzeitigkeit ausgedrückt?
» „Ablativus absolutus“/„a. c i.“?
» Partizipialkonstruktionen?
» „ut“ mit dem Konjunktiv? …,
• Grammatikübungen sehr sorgfältig und häufig wegen erstrebter Automatisierung wiederholen.
In den Schulbüchern gibt es zahlreiche Übungen zur Bestimmung einzelner
grammatischer Formen; es ist sinnvoll, diese Formen in den Gesamtzusammenhang der Konjugations- und Deklinationsreihen einzuordnen, zu
denen sie gehören, damit die einzelnen Formen immer in einem größeren
Zusammenhang stehen und die Schüler sie in Zukunft sicherer zuordnen
können. Hierbei sind auch Regel- und Kontrollkarten zur Orientierung und
Unterstützung des Gedächtnisaufbaus hilfreich.
• Legastheniker, auch manche anderen Schüler, brauchen zusätzliche, individuell ausgewählte Arbeitsmaterialien, um die erstrebenswerten neuronalen Vernetzungen im Gehirn auszubilden für den Umgang mit dem Formenwissen,
Satzstrukturen und zum Üben des planvollen Vorgehens beim Übersetzen.
Schlechte Ergebnisse bei Klassenarbeiten lassen gelegentlich Unwissenheit
oder Faulheit vermuten, sind aber häufig durch unverschuldete Übungsdefizite oder mangelnde Automatisierung bedingt. Daher sollten Betreuer zusätzliche Übungen in Anlehnung an die Vorschläge im Buch zusammenstellen,
im Buchhandel erhältliche Unterlagen nutzen oder Ideen daraus ergänzen.
Im Internet sind Übungsseiten zu finden. Bei Zusatzmaterialien ist wegen des
eventuell unbekannten Vokabulars Vorsicht geboten, weil es wichtig ist, keine
neuen Wörter einzuführen, um keine zusätzlichen Schwierigkeiten zu schaffen, sondern vorzugsweise bei den bekannten Vokabeln zu bleiben.
Es folgen Vorschläge für Übungen, die Eltern nach dem Vorbild des Buches
oder einer Grammatik zusammenstellen und nach der Bearbeitung anhand des
Lehrbuches oder des Grammatikbandes kontrollieren können. Hierfür müssen
sie Latein nicht beherrschen. Auf den ersten Blick sehen die Übungen vielleicht
schwierig aus, aber wenn Betreuer Legastheniker ständig mit Vokabel- und
Formenüberprüfung und bei den Hausaufgaben begleiten, lassen sich die folgenden Vorschläge leicht umsetzen:
• nenne zu den neu gelernten Plural-/Mehrzahlformen der Nomen
der a-Deklination, den Nominativ Singular/Einzahl,
» „amicae → amica; Vestae → … ancillae → …?“,
• bilde eine Verbformenreihe:
» „habet, (er hat), venit (er kommt), petit (er geht eilig hin, läuft; strebt nach, …)
3. Person, Plural, … (habent), 1. Person, Plural, … (veniunt), 1. Person,
Plural … ( petunt), …“,
30
Fremdsprachenerwerb „Latein“
Fremdsprachenerwerb „Latein“
•
31
Übungsvorschläge
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
32
setze die Singular-/Einzahlformen in den Plural/Mehrzahl und umgekehrt;
übersetze dann:
» amicos audimus (wir hören [die] Freunde) → amicum audio (ich höre den
Freund);
» senatores video (ich sehe [die] Senatoren) → senatorem videmus (wir
sehen den Senator);
» puer fugit (der/ein Junge flieht) → pueri fugunt ([die]Jungen fliehen);
» in theatrum venit (er/sie geht ins Theater) → in theatra veniunt (in [die]
Theater gehen sie), …,
bestimme folgende Formen nach Genus (Geschlecht) und Numerus (Anzahl):
» „lingua, (femininum, Singular), amphitheatra, (neutrum, Plural), ancilla, …,
templa, …, causa“,
suche den „Irrläufer“, die Form, die, grammatisch betrachtet, nicht in die
Reihe passt, was eine gute Übung zur Unterscheidung ähnlich anmutender, aber grammatisch unterschiedlicher Formen ist wie bei
» „theatra (neutrum, Nominativ und Akkusativ Plural), ancilla (femininum,
Nominativ und Ablativ Singular), monumenta (neutrum, Nominativ und
Akkusativ Plural) …“,
vor welchen Wörtern kann die Präposition „sine“ stehen? Weitere Beispiele suchen,
bilde von den folgenden Nomen den Nominativ Singular und übersetze:
» „patre (pater, der Vater), periculo (periculum, die Gefahr), monumenta,
(monumentum, Denkmal, Andenken), …“,
bilde von den folgenden Formen jeweils den Singular oder den Plural:
» „amica → (amicae, Nominativ Plural), poetae → (poeta, Nominativ
Singular), …“,
Dative gesucht
» „amica (amicae), puer (pueri), homines (hominibus), …“,
setze die Verben in die Perfektformen und übersetze sie,
» „parant - paraverunt (sie haben vorbereitet),
discis - didicisti (du hast gelernt)…“,
setze die Verbformen ins Imperfekt und übersetze sie,
» „habeo - habebam (ich habe – ich hatte) …“,
ergänze eine vorgegebene Reihe,
» „amica (Nominativ Singular, a-Konjugation), domina, ancilla, …“,
Fremdsprachenerwerb „Latein“
Übungsvorschläge
•
ergänze die Reihe:
Präsens
Imperfekt
Perfekt
habeo
amavit
ambulabas
•
•
•
•
•
beim Üben im Kontext des Buches bleiben, denn besonders jüngere Schüler lernen ereignisbezogen und identifizieren sich mit den Personen und
Geschichten, in denen diese vorkommen; das Vokabular der Lektion stellt
ausreichend hohe Anforderungen an viele Schüler, bevor sie die Bedeutungsentnahme und den Gebrauch der Wörter automatisiert haben,
bilde ein lateinisches Wortfeld/Sachfeld aus Nomen und Verben zum Thema „Haus und Wohnen“; jedes Wortfeld ist sinnvoll, das durch eine Lektion
vorbereitet worden ist,
eine Zusammenstellung von „kleinen“ Wörtern ist hilfreich, es sind Präpositionen oder Adverbien, welche die Schüler leicht vergessen,
» „per (durch), saepe, (oft), tamen (doch, dennoch), …“
→ eine Regelkarte schreiben,
» einander ähnliche, verwechselbare Wörter herausgreifen und üben wie
„saepe (oft), semper (immer), sed (aber) …“,
um Irrtümern vorzubeugen.
eine Zusammenstellung von geläufigen Ausdrücken oder solchen, die
Schüler leicht vergessen, ist hilfreich. Die Zusammenstellung von Regelkarten kann alphabetisch geordnet in einer Klarsichthülle oder einem Ordner
auf dem Schreibtisch liegen, um bei den Hausaufgaben Zeit zu sparen,
einige Verben haben einen Wechsel im Stammvokal, „dare, do, dedi, datum (geben, ich gebe, ich habe gegeben, gegeben)“, was Verwirrung stiften kann, weil sich Schüler oft nicht vergegenwärtigen, dass ein Wechsel
des Stammvokals auch bei deutschen Verben vorkommt wie bei „kommen, kam; nehmen, du nimmst, nahm, genommen“, ebenso bei den unregelmäßigen Verben im Englischen, „to see, saw, seen; to lie, lay, lain“.
Fremdsprachenerwerb „Latein“
33
Übungsvorschläge
•
Im Lateinischen gibt es auch Veränderungen im Wortstamm wie bei „ferre,
fero, tuli, latum (tragen, ich trage, ich habe getragen, getragen)“; solche
Formen müssen Schüler besonders sorgfältig bearbeiten,
„Splitterfertigkeiten“ haben sich bei Schülern entwickelt, wenn sie die Vokabeln und grammatischen Formen beherrschen, aber mit ihrem „Handwerkszeug“ keinen sinnvollen Zusammenhang in Sätzen und Texten herstellen können. Auf die Frage, warum er das nicht könne, entgegnete ein
Legastheniker treffend, dass er die Einzelteile einer zerlegten Uhr zusammensetzen könne, falls er wisse, dass es eine Uhr werden solle. Die Verbindung der verschiedenen Ebenen von grammatischen Formen und sprachlichen Bedeutungen gelingt diesen Legasthenikern häufig nur, wenn das
Gesamtbild, eine Vorstellung von der Bedeutung der Wörter im Satz, für ihn
erkennbar ist. Bei zunehmender Übersetzungserfahrung tritt dieses Problem in den Hintergrund.
Wichtig:
• bei Automatisierungsdefiziten zusätzliche Übungen zu Problemschwerpunkten zusammenstellen, angelehnt an die Vorbilder der Angebote im Lehrbuch,
• Regel- und Kontrollkarten für individuelles Vorgehen nützen,
• Grammatikkenntnisse fortdauernd durch Übungen und Formenwiederholungen festigen.
6. Vokabelerwerb
Vokabeln lassen sich schrittweise in Gruppen von 5 bis 10 Wörtern pro Tag bearbeiten. Es ist besser, wenn wenige Vokabeln pro Tag gesichert sind, als wenn
Schüler viele ungenau erinnern und beim Übersetzen raten. Lerneinheiten mit
Vokabeln können Schüler geschickt durch die Beschäftigung mit nichtsprachlichen Fächern unterbrechen wie beispielsweise das Lernen von einem ersten
Teil der Lateinvokabeln, dann Mathematik, 2. Teil der Lateinvokabeln, anschließend Biologie. Auf diese Weise lässt sich die Auswirkung der Ranschburgschen
Ähnlichkeitshemmung beim Fremdsprachenerwerb vermeiden.
Helfer bieten für den Vokabelerwerb Vorgehensweisen für alle Sinne und eine
Struktur an, Schüler suchen die für sie geeigneten Lernwege aus und automatisieren ihr Vorgehen,
• die Wörter häufig schreiben, weil das Schreibbewegungsgedächtnis gute
Unterstützung beim Erinnern gewährt; Klassenarbeiten bestehen zumeist
aus handgeschriebenen Wörtern,
• gute Gliederung und deutliche Schrift (Schönschrift ist nicht gemeint) unterstützen das Lernen,
• Problembuchstaben und -wörter in Vogelsand schreiben, weil das Tastund Fühlgedächtnis besonders einprägsame Gedächtnisspuren vermittelt,
• beim Schreiben laut oder leise mitsprechen, um die Wörter während des
Schreibens zu durchgliedern und auch auditiv (mit dem Ohr) zu speichern
• beim Vokabelerwerb laut, rhythmisch sprechend im Zimmer herumgehen,
die Bewegung stimuliert, das laute Sprechen erzeugt erhöhte Aufmerksamkeit,
• Unterstützung durch das Sehen und Strukturbildung gelingt mit Schreiben
von Postern und deren farblicher Gestaltung zu Deklinationsklassen, beispielsweise
» die „a-Deklination“, Kennwort „insula (Insel)“, in diese Gruppe gehören
auch „agricola, ancilla, (Bauer, Magd) …“.
Hilfreich ist auch, Übersichten über die verschiedenen Konjugationen und
ihre kennzeichnenden Endungen im Indikativ und Konjunktiv zu schreiben
und sie an die Wand zu hängen oder auf Karteikarten zu befestigen.
34
Fremdsprachenerwerb „Latein“
Fremdsprachenerwerb „Latein“
35
Vokabelerwerb
•
Karteikarten verwenden, das fremdsprachliche Wort auf eine Seite, die
deutsche Übersetzung auf die Rückseite schreiben. Problemwörter wie
Verben und/oder Präpositionen, die sich vielleicht schlecht behalten lassen, markieren und häufiger üben. Um eine gute Speicherung der Lerninhalte
im Langzeitgedächtnis zu erreichen, sollte der Schüler möglichst vielfältig aktiv sein, um Schaltkreise im Gehirn auszubilden. Hierfür nennt ein Helfer das
betreffende Wort in Deutsch oder Latein, wobei der Schüler bei den Nomen
die Genitive und das Geschlecht der Wörter zusätzlich erwähnt,
Vokabelerwerb
•
•
Einige Schüler arbeiten erfolgreich am Computer mit einem Vokabeltrainer,
Wortfamilien zusammenstellen, die sprachliche Zusammenhänge verdeutlichen. So entstehen Gedächtnisspuren über die Reizverarbeitung durch das
Auge, das Ohr sowie durch Strukturgebrauch wegen der erkennbaren Vor- und
Nachsilben sowie Endungen, die an den Wortstamm, im Lateinischen auch als
„Stock“ bezeichnet, angefügt sind und seine Bedeutung abwandeln wie bei
» „firmus (stark), infirmus, (schwach), infirmatio (Entkräftung), infirmitas
» „agricola/agricolae“, m(asculinum), der Bauer“, und bei Adjektiven die
»
männlichen, weiblichen und sächlichen Formen hinzufügt, „pulcher,
pulchra, pulchrum, (schön)“.
»
Die vorgeschlagene Art des Übens mit Karteikarten sollten Schüler für ein
zu speicherndes Wort bei ausgeprägten Schwierigkeiten mindestens an
drei verschiedenen Tagen in der Woche durchführen, wobei am besten ein
Tag Pause zwischen den Übungsphasen liegt. Kurzfristiges, langes Üben
vor Klassenarbeiten oder vor Förderstunden ist nicht erfolgversprechend,
da sich die Gedächtnisinhalte nicht dauerhaft speichern lassen und leicht
wieder verloren gehen, sodass die punktuelle Arbeit umsonst war. Es ist
gut, ein bekanntes, sicher beherrschtes Wort als Stützwort für das Erinnern
eines problematischen Wortes zu wählen oder einen prägnanten Ausdruck
mit dem betreffenden Wort auswendig zu lernen, beispielsweise
»
•
•
•
» „petere“ in der Bedeutung „bitten“,
» „peto pecunia a rege“, in der Bedeutung „sich bewerben“,
» „peto consulatum“.
Diese Art des Bearbeitens von Vokabeln und der Vergegenwärtigung von Sprachbeispielen unterstützen den Gedächtnisaufbau. Ein Memory mit lateinischen und
deutschen Wörtern lässt sich schnell schreiben, auch Konjugations- und Deklinationsendungen können Schüler mit diesem Spiel unterhaltsam vertiefen. Auf
diese Weise gelingt es Eltern vielleicht auch, demotivierte, aufmerksamkeitsgestörte und überhastet arbeitende Kinder zu sinnvollem Üben zu „verleiten“.
36
Fremdsprachenerwerb „Latein“
(Schwäche, Kraftlosigkeit; Wankelmut, Kleinmut), confirmare, confirmo,
(befestigen), confirmatio (Beruhigung, Tröstung), confirmator (Bürge)“,
Nomen, die auf „tor“ enden, bezeichnen jemanden, der etwas tut,
„confirmator, pastor (Hirte)“,
diejenigen Wörter, die „tio“ am Ende haben, weisen auf eine Handlung
hin, „confirmatio (Bestätigung, Begründung)“,
„ium“ am Wortende bedeutet, dass es sich um ein Ergebnis handelt,
„consortium (Gemeinschaft)“.
Die Bearbeitung von Wortfamilien unterstützt auch das Verständnis für
Fremdwörter im Deutschen,
Sachfelder, beispielsweise Reise, Opfer, Schule, zeichnerisch darstellen und
solche aus dem Buch zur Veranschaulichung und als visuelle Hilfsmittel nützen,
die Anzahl der täglich zu lernenden Wörter nach den individuellen Speicherund Verknüpfungsmöglichkeiten wählen,
eine Regelkarte mit „kleinen Wörtern“ wie Präpositionen/Verhältniswörtern
und Adverbien zusammenstellen und griffbereit bei den Hausaufgaben haben, beispielsweise,
» „ante (vor, örtlich und zeitlich), post (nachher, zuletzt),
hodie ([noch] heute), …“,
•
Vereinbarungen mit den Lehrern treffen über die Anzahl der Wörter, sicherstellen, dass im Laufe einer bestimmten Zeit annähernd alle Wörter bearbeitet
sind, wobei Vollständigkeit auch unter großen Anstrengungen oft nicht erreichbar ist. Das müssen Kritiker wissen, die meinen, mit Fleiß sei alles zu erreichen,
Fremdsprachenerwerb „Latein“
37
Vokabelerwerb
•
es ist dringend ratsam, auch in höheren Klassen regelmäßig Vokabeln zu
lernen, um in der ausgehenden Lehrbuch- und der beginnenden Lektürephase einen Text angemessen schnell durchschauen zu können. Im
Lehrplan „Latein“ des Landes Schleswig-Holstein heißt es z. B. „Die Fachkonferenz verständigt sich über den Gebrauch des Wörterbuchs in zweistündigen Klassenarbeiten der Lektürephase“, S. 42. Das Benützen eines
Wörterbuches ist hilfreich, aber Schüler sollten dennoch in der Oberstufe
ihre Vokabelkenntnisse vertiefen, um Zeit beim Übersetzen zu sparen und
um sprachliche und syntaktische (den Satzbau betreffende) Zusammenhänge schneller zu durchschauen. In den Schulen sollte es klare Anweisungen und Strategievermittlung zum Vokabelerwerb geben. Ist das nicht der
Fall, können Eltern dies anregen.
Wichtig:
• Strategien für alle Sinne und Strukturen auswählen,
• visuelle und strukturelle Hilfen nutzen (Übersichten, Skizzen, Zeichnungen),
• sprachliche Strukturen herausarbeiten und nutzen,
• den individuell erprobt wirksamsten Weg finden, um Vokabeln zu erarbeiten
und zu behalten,
• Fehlerlosigkeit nicht anstreben, aber fleißig sein.
7. Motivation für Schüler, Eltern/Betreuer und Lehrer
Der einfachste Weg, Motivation zu entwickeln ist, Erfolg herbeizuführen. Daher
sollten Eltern/Helfer kleine Aufgaben stets so stellen, dass sie sich erfolgreich
bewältigen lassen und ehrliches Lob folgen kann.
Es ist wichtig, dass Eltern den ständigen Kontakt zu Lehrern halten, um die
Situation des teilleistungsgestörten Schülers zu erklären und sich mit den Lehrern über den Entwicklungsstand und gute Arbeitsstrategien auszutauschen.
Oft müssen Eltern den Lehrern sagen, wie viel ihre Kinder zu Hause arbeiten,
falls Lehrer sich kritisch über die Fehlerzahl äußern. Bei ehrlichem Meinungsaustausch lassen sich Vorurteile gegenüber Legasthenikern abbauen und das
Interesse für die Unterstützung der einzelnen Schüler erhöhen.
Die Ergebnisse der Diagnose sind hilfreich, da sie auch die Stärken dokumentieren. Manche Lehrer freuen sich über Informationen zu individuellen Teilleistungsstörungen und machen ihrerseits Vorschläge für Verbesserungen der Lernsituation. Daraus können vermehrte Ermutigungen für Betroffene entstehen wie
Anerkennung für die Bearbeitung einer schwierigen Aufgabe oder Lob für weniger
Fehler als zuvor. Es lassen sich viele Gelegenheiten für Anerkennung finden, wenn
man will; diese können Legastheniker dann als echt und verdient annehmen. Positive Kommentare unter Klassenarbeiten sind gut, denn auch schlechte Arbeiten
haben gute Seiten. Lehrer freuen sich, wenn Legastheniker und/oder ihre Eltern
Anerkennung und Dank für Verständnis und gute Unterstützung aussprechen.
Wichtig:
• verlorene Motivation durch herbeigeführte kleine Erfolge neu schaffen,
• positive Kommentare unter Klassenarbeiten für Motivation,
• Dank für Unterstützung in der Schule äußern.
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Fremdsprachenerwerb „Latein“
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8. Bedenkenswertes für den Unterricht in der Schule
Bedenkenswertes für den Unterricht in der Schule – Klassenarbeiten
a) Vokabeltests,
b) Klassenarbeiten,
c) Berichtigungen,
d) Leistungsbewertungen.
b) Klassenarbeiten
Gut gestaltet und den Bedürfnissen teilleistungsgestörter Kinder und vieler anderer Schüler entgegenkommend, sind Klassenarbeitsvorlagen mit mindestens
1½-fachem Zeilenabstand in einer Computerschrift ohne Serifen, den kleinen
Häkchen am Ende der Buchstaben.
Eltern können in der Schule anregen, dass
• Lehrer zu Beginn des Unterrichtes zur Orientierung das Stundenthema
nennen,
• ein unterrichtsbegleitendes Tafelbild entsteht, auf dem der Gang des Gespräches erkennbar ist für langsame Schüler oder solche mit schlechter
auditiver Verarbeitung und Wahrnehmung,
• es unterrichtsbegleitende Unterlagen gibt, falls etwas besprochen wird, das
so nicht im Buch steht oder das von der Tafel abgeschrieben werden soll,
denn solche Nachschriften können bei einzelnen Schülern unvollständig
sein,
• es das Unterrichtsgespräch begleitende, visuelle Orientierungshilfen gibt
wie Poster zu Grammatikschwerpunkten, Präpositionslisten mit den entsprechenden Fällen, Deklinations- und Konjugationsübersichten, …,
• Lehrer Schüler aufrufen, wenn sie sich melden oder die Lehrer meinen,
dass sie die Antwort wissen, sich aber nicht trauen, zu sprechen,
• langsame Schüler genügend Zeit bekommen, um sich zu äußern,
• Schüler Fehler machen dürfen und diese als Arbeitsanregungen und Lernanstöße, nicht als Anlass für Kritik oder eine schlechte Zensur dienen.
a) Vokabeltests
Diese Tests sollten ausschließlich Wortbedeutungen und Ausdrücke überprüfen – das spiegelt sich in der Bezeichnung „Vokabeltest“ – keine grammatischen Inhalte oder Textzusammenhänge, was gelegentlich geschieht, um den
Schwierigkeitsgrad dieser Leistungskontrollen zu erhöhen. Schüler, die fleißig
sind und oft wiederholen, sollten die Möglichkeit haben, in solchen Tests erfolgreich zu sein. Besteht wegen Rechtschreibfehlern Unsicherheit darüber, ob ein
Schüler ein Wort wusste, können Lehrer mündlich nachfragen.
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» „Arial“ ist eine klare, wenn auch „gestauchte“ Schrift,
günstig sind auch „Courier New“ und „Century Gothic“.
Schüler können Lehrerhandschriften meistens schlecht lesen. Die Leerzeilen
zum Einsetzen der Antworten sollten für große Handschriften ausreichend
weit sein, am besten zweifacher Zeilenabstand. Antworten, die in eine Zeile
gequetscht wurden, lassen sich nach dem Schreiben schwer kontrollieren. Betreuer müssen mit Schülern Kontrollstrategien besprechen und die gründlich
einüben, beispielsweise
» das Abtasten der Wörter mit dem Füller oder mit einem Zahnstocher,
dabei leise mitsprechen, Regeln innerlich aufsagen und an das Abstimmen/
die Kongruenz der Formen, denken, …
Eine Überfrachtung der Klassenarbeiten mit Aufgaben und Informationen ist für
viele Schüler verwirrend und angsteinflößend. Eltern können in solchen Fällen
auf Aufgabenreduzierung hinwirken. Entsprechend der Erlasse/Verwaltungsvorschriften der Bundesländer, sind bei Bedarf Zeitzuschläge für die Aufgabenbearbeitung möglich.
Im Anfangsunterricht gehen den Klassenarbeiten nicht zensierte Übungsarbeiten voraus, die in ihren Anforderungen den Klassenarbeiten ähnlich sind. Klassenarbeiten enthalten Aufgaben aus verschiedenen Bereichen wie Übersetzung
und bei Anfängern Abfragen grammatischer Formen und Zusammenhänge. Bei
Fortgeschrittenen sind Bearbeitungen von Fragen zur Sprache und Grammatik
denkbar, beispielsweise zum Leben in Rom, zu Politik, Geschichte und Literatur,
entsprechend dem Übersetzungstext. „Es ist darauf zu achten, dass der Zusatzteil wenigstens eine Aufgabe enthält, die auch bei mangelhaftem Textverständnis
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Bedenkenswertes für den Unterricht in der Schule – Klassenarbeiten
lösbar ist.“ (Lehrplan ,Latein’ des Landes Schleswig-Holstein, S. 41). Laut Lehrplan sollten die Zusatzaufgaben langsam an Umfang zunehmen „und am Ende
der Klassenstufe 10 etwa ein Drittel der gesamten Arbeitszeit in Anspruch nehmen.“ (Lehrplan „Latein“, S. 41).
Bedenkenswertes für den Unterricht in der Schule – Klassenarbeiten
Fehleranalyseblatt Latein (einfache Version, individuell erweitern)
Lesegenauigkeit:
Deklination der Nomen :
Nach Klassenarbeiten sollte eine Fehleranalyse erfolgen, um Fehlerschwerpunkte herauszufinden und festzustellen, was gut an der Arbeit ist.
Ein Fehleranalyseblatt hilft, die Fehler in den Klassenarbeiten schnell zu
ermitteln und die Übungsschwerpunkte entsprechend festzulegen. Bereiche, die nicht in der Analyse markiert sind, zeigen Stärken der Schüler. Es
ist ermutigend, wenn Schüler bei der Fehleranalyse bemerken, wie viele
Bereiche sie beherrschen.
Deklination der Adjektive:
Geschlecht der Nomen:
Kongruenz der Formen:
Konjugationen, Indikativ:
Konjugationen, Konjunktiv:
Präpositionen:
Präpositionale Ausdrücke:
Gebrauch der Konjunktionen:
a. c. i:
Gerundium:
Strategiegebrauch beim Übersetzen:
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Bedenkenswertes für den Unterricht in der Schule – Berichtigungen
Es ist wichtig, nach Klassenarbeiten Wiederholungsschwerpunkte festzulegen,
die sich aus der Fehleranalyse ergeben. Für den Augenblick unwichtige Einzelheiten werden übergangen. Entscheidend ist ein Gespräch über die Fehlerarten, meistens geschieht das bei der Rückgabe der Arbeiten in der Klasse.
Ein kurzer persönlicher Austausch mit Schülern ist wichtig, weil die persönliche
Interaktion zwischen Lehrern und Schülern für die Lernfortschritte entscheidend ist. Kein Computer kann diese Aufgabe übernehmen. Lehrer und Schüler
sollten Strategien für die weitere Arbeit erörtern – welche Fehler? Was könnte
ihnen zugrunde liegen? Kongruenz der Wörter? Endungen der Nomen? Bessere Kontrollstrategien? Welche zusätzlichen Übungsmaterialien sind empfehlenswert? – Auf diese Weise können Schüler gezielt Lücken schließen und Mut
fassen, dass Verbesserungen möglich sind und diese auch in die Tat umsetzen.
Die Orientierung am individuellen Lernprozess ist wichtig.
Wichtig:
• Layout der Klassenarbeitsvorlagen:
mindestens Schriftgrad 12, angemessen große Zeilenabstände,
klare Schriftart, keine persönlichen Handschriften,
• Beispielsätze bei Aufgaben,
• Zeitzuschläge für die Bearbeitung,
• Fehleranalyse anfertigen, sie zeigt Stärken und Schwächen,
• Wiederholungen nach der Fehleranalyse planen, Zusatzmaterialien zum
Üben.
c) Berichtigungen
Die Berichtigung aller Fehler einer Klassenarbeit ist bei hoher Fehlerzahl nicht
sinnvoll, da Schüler hierbei erfahrungsgemäß wenig dauerhaft lernen und die
Berichtigungen selten fehlerfrei sind. Abschreiben bringt keinen Kenntnisgewinn. Die Vorstellung ist veraltet, dass Fehler etwas Negatives sind, vielmehr
sind sie eine Möglichkeit, Einsicht in die Denkweise von Schülern zu erhalten.
Fehler sind ein natürlicher Begleiter des Lernens, niemand macht sie absichtlich. Fehler sind Lernanstöße. Viele Lehrer haben eigene Vorschläge zur Anfertigung einer sinnvollen Berichtigung.
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Bedenkenswertes für den Unterricht in der Schule – Leistungsbewertungen
d) Leistungsbewertungen
Die Lehrpläne empfehlen eine Positivkorrektur (Der fremdsprachliche Unterricht,
Berichtigungen, S. 6). Der „Lehrplan ,Latein’ des Landes Schleswig-Holstein“
legt z. B. fest, „Stilistisch besonders gelungene und den Textsinn genau wiedergebende muttersprachliche Formulierungen sollten ebenfalls gekennzeichnet
und durch Verrechnung mit Fehlerpunkten honoriert werden,“ (S. 42). Für Schüler, die gelegentlich Schwierigkeiten mit Übersetzungen haben, ist wichtig zu
wissen, dass sich die Bewertung für die Zeugnisnote aus Unterrichtsbeiträgen
und Klassenarbeiten zusammensetzt. Es gibt mündliche Leistungen, einzeln
oder in der Gruppe erbracht, und schriftliche Leistungen, die sich aus beispielsweise Hausaufgaben, Protokollen, Referaten, Vokabel- und Grammatiktests (S.
41) zusammensetzen.
Bei Klassenarbeiten hängt die Gewichtung der Fehler von den Unterrichtsschwerpunkten ab und davon, welche Entstellungen bei der Übersetzung des
lateinischen Textes auftraten. Auch muttersprachliche Fehler beim Übersetzen
spielen eine Rolle. Besondere, stilistisch gute deutsche Formulierungen werden
positiv bewertet und können Fehlerpunkte aus dem Übersetzungsbereich ausgleichen.
Die Zeugnisnote besteht aus den Bewertungen für Unterrichtsbeiträge und
Klassenarbeiten. „Bei der Gesamtbewertung hat der Bereich der Unterrichtsbeiträge gegenüber dem Bereich der Klassenarbeiten ein stärkeres Gewicht“,
S. 42). Das ist eine sehr wichtige Feststellung für Legastheniker und eine Ermutigung, die mündliche Beteiligung zu verbessern.
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9. Literatur
Literatur
» Actio, Campus, Felix, Prima, Unterrichtswerke für Latein, C. C. Buchner
» Verb-Fix Latein, Lateinische Verben auf einen Blick, Langenscheidt, 2005,
Verlag, Bamberg
ISBN 3-468-34055-9 (praktisch)
» Baddeley, A. (1990) So denkt der Mensch.Unser Gedächtnis und wie es
funktioniert, Droemer Knaur, München
» Wolf, M., (2010) Das lesende Gehirn. Wie der Mensch zum Lesen kam – und
was es in unseren Köpfen bewirkt. Spektrum Verlag, Heidelberg
» Cornelsen Vokabeltrainer, Cornelsen Verlag
» Der Fremdsprachliche Unterricht, Französisch, Berichtigungen, Klett, Heft 78,
Dezember 2005
» Hasselhorn, M., Gold, A., (3, 2010) Pädagogische Psychologie, Erfolgreiches
Lernen und Lehren, Kohlhammer, Stuttgart
» Latein, alle Verbformen mit deutscher Übersetzung für den Infinitiv auf einer
Drehscheibe, ISBN 3-12-517014-1
» Lehrplan Latein für die Sekundarstufe I der weiterführenden allgemeinbildenden Schulen, Gymnasium, Gesamtschule, Ministerium für Bildung,
Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein,
Lehrpläne gibt es in allen Bundesländern, aus dem Internet herunterladen
» Neumann, A., Stern, E., (2009) Lernen macht intelligent: Warum Begabung
gefördert werden muss, Goldmann, München
» Pons, (2003) Auf einen Blick LATEIN, Verben, Klett Sprachen, Stuttgart
(sehr gut)
» Rinderspacher, I., (2006) Schulgrammatik LATEIN, Schau nach – blick durch!
Alle Regeln, die du wirklich brauchst, Pons, Klett, Stuttgart
» Sellin, K., (2, 2008): Wenn Kinder mit Legasthenie Fremdsprachen lernen,
Reinhardt, München
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Fremdsprachenerwerb „Latein“
Fremdsprachenerwerb „Latein“
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Kontakt zur Verfasserin
Katrin Sellin
E-mail: [email protected]
Kontakt zum BVL
Weitere Informationen und Informationsbroschüren des BVL zum Thema
Legasthenie erhalten Sie unter www.bvl-legasthenie.de
Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie e.V.
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53143 Bonn
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Beratung:
Telefon: 0700-285 285 285
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