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> ABENTEUER
Go big or go home? Keine Sorge,
solche Riesensätze sind selbst
im Vorzeigebikepark Châtel
die Ausnahme. Gut gebaute
Trails, sauber gekennzeichnete
Sprünge und viel Flow – das ist
die Regel in Portes du Soleil.
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...findet man nicht nur jenseits des
Atlantiks! Europas größtes zusammenhängendes Freerideparadies
hört auf den schönen Namen
Portes du Soleil (Sonnentore) und
genießt nicht umsonst den Ruf,
das europäische Whistler zu sein.
Fünf große und viele kleine Parks
bieten genug Trails für ein ganzes
Biker­leben. Welcher Park hat was?
Welche sind die schönsten Trails?
Wo soll man anfangen? Wir sagen’s
euch – damit ihr die 2013er-Free­
ridesaison entspannt planen könnt.
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> FESTIVAL
> ABENTEUER
Text: Christian Schleker Fotos: Christoph Jorda
M
ein erstes Mal liegt vier Jahre zurück.
Ein Auftrag der BIKE: „Fahre nach
Portes du Soleil“, befahl man mir,
„und bringe nebst schönen Fotos auch viele
Infos über das Revier nach Hause!“ So zog
ich denn aus, das Revier in den französischen Alpen zu erkunden. Im beschaulichen Örtchen Châtel stieg ich ab, bestieg
den Sessellift Pré la Joux am Ende des Tales
und wurde hinaufgetragen in einen andere
Bikewelt.
Ich gestehe: Ich war noch nie in Whistler. Das
ewige „Da musst du hin, es gibt nichts Besseres!“ haben mich verunsichert. Irgendwie geht
mir das immer so. Als ich vor Jahren mit dem
Surfen begann, war Hawaii das Ziel aller Träume.
Alles war super dort: Die Wellen, der Wind,
die Leute. Man bekam spontan Minderwertigkeitskomplexe, selbst immer nur durch norddeutsches Brackwasser zu rutschen, während
der braungebrannte Freundeskreis von tollen
Surfurlauben auf der Insel schwärmte. Jetzt also
Whistler. Das Hawaii des Bikens. Was verpasse
ich da? Viel offenbar. Alles womöglich? Bin ich
überhaupt ein Freerider, wenn ich noch nie die
Traumtrails Kanadas unter den Stollen spürte?
Haben andere mehr Spaß im Leben, weil sie
schon wieder in Kanada sind? Könnte sein. Ist
mir seit diesem ersten Trip nach Portes du Soleil
aber wurscht.
Als mich der Vierer-Sessellift Pré la Joux damals
auf dem Mittelplateau ausspuckte, wurde mir mit
einem Blick klar, dass dieses Revier im Vergleich
zu den Parks in Deutschland anders ist. Es ist
schlicht riesig. Vom Plateau aus führen über
ein Dutzend verschiedener Strecken zurück ins
Tal. Ein weiterer Lift trägt einen hoch zu Les
Lindarets. Von dort kann man nicht nur weit
Verschlafen: Ein paar tausend Biker bringen die großen Wintersportorte nicht aus der Ruhe. In der kalten Jahreszeit ist hier jedes Mauseloch ausgebucht. Im Sommer findet man problemlos schöne Zimmer in Liftnähe.
über die Alpen schauen, man hat auch die Wahl
zwischen einem langen, flowig-sprunglastigen
Trail zurück Richtung Mittelplateau und einem
noch flowiger-kehrigen Trail runter ins nächste
Tal. Und dort geht’s dann weiter nach Avoriaz,
Morzine, Les Gets. Dem Laien sagen diese Namen
nichts. Wer schon mal hier war, der bekommt
leuchtende Augen. Und sie leuchten genauso
hell, wie die der Kollegen, die von „A-Line“,
„Dirt Merchant“ und „Freight Train“ in Whistler
erzählen. In Portes du Soleil steht jeder Name
für einen anderen Park, andere Streckencharaktere, andere Philosophien der Erbauer.
Châtel hat auf die Entwicklung des Freeridens am schnellsten reagiert. Hier findet man
fami­
lientauglich-einfache Abfahrten neben
naturbelas­
senen Downhillstrecken. Es gibt
sprunglastige Trails mit schön geshapten Anliegerkurven und Mutprobenabfahrten mit extremen Northshore-Stunts. Alles ist perfekt gekennzeichnet, gut gewartet und so abwechslungsreich, dass man tagelang neue Kombinationen
ausprobieren kann, ohne sich zu langweilen. Les
Gets hat in den letzten zwei Jahren nachgezogen und neben der langen und recht einfachen
Hauptstecke viele Flow-Country-Trails in den
Berghang gefräst. Auch hier ist die Streckenzahl
hoch, die Beschilderung gut und die Abwechslung groß. Morzine und Avoriaz sind mit ihren
eher naturbelassenen Trails klassischer und
weniger „modern“, aber nicht weniger spaßig.
Gerade Avoriaz bietet für Freerider geniale Abfahrten mit mäßigem Gefälle auf steinig-wurzeligem Untergrund – und die rote Hauptabfahrt
in Morzine mit ultraschnellen und wurzeldurchsetzten Waldpassagen genießt bei Downhillern
Kultstatus.
Fazit: Jeder Park in Portes Du Soleil ist schon
für sich genommen einen Besuch wert. Der
besondere Reiz liegt aber in der Kombina­tion
aller Parks untereinander. Zum Beispiel so:
Am Morgen in Morzine starten, über Avoriaz
bis nach Châtel und zurück. Auch super: Von
Avoriaz über Morzine nach Les Gets und retour.
Alles über schnelle Lifte verbunden und immer
mal wieder mit traumhaftem Alpenpanorama.
Will man dabei alle Trails austesten, sollte
man sich mindestens eine Woche Zeit nehmen.
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„Air Voltage“ bietet Fahrspaß
für Cracks. Riesensprünge,
große Gaps. Zum Gruseln, aber
perfekt gebaut (siehe auch Foto
Seite 96).
Ch atel
Der modernste und kompletteste
Park im Gebiet. Für alle Könnens­
stufen gut geeignet. Ein Muss!
Châtel ist, von Deutschland kommend, am schnellsten zu erreichen.
Morzine und Les Gets liegen nochmal ein bis zwei Autostunden tiefer
im Gebirge. Es gibt zwei Lifte: Superchâtel und Pré la Joux. Der erste
ist eine Gondelbahn, die keinen eigenen Park hat, aber die Verbindung
zu den schweizerischen Parks in Morgins, Les Crosets und Champéry
herstellt. Der eigentliche Park liegt knapp 10 Autominuten von Châtel
entfernt am Talende. Dort bringt einen der Vierersessellift Pré la Joux
in kurzer Zeit aufs Mittelplateau. Von hier gehen die schwarzen, naturbelassenen Downhillstrecken (Highlight: „Coup d’Fouet“) und die
blauen und roten Flowpisten ab. Besonders gelungen ist der rote „Ric
et Rac“. Im unteren Teil warten mit „Black Shore“ und „Air Voltage“
zwei Mutprobentrails mit gewaltigen, aber sicher gebauten Stunts.
Viele Trails im oberen und unteren Teil lassen sich miteinander kombinieren. Der Park wird permanent erweitert und ist gut gepflegt. Vom
Mittelplateau geht ein neuer Sessellift zur Bergspitze. Hier kann man
entweder rechts runter auf rotem Jumptrail zum Mittelplateau, oder
links runter auf flowigem Kehrentrail in Richtung Avoriaz abfahren.
www.mountainbikeparkchatel.com
Kurventraum: Die Trailbauer in
Châtel wissen, wie man perfekte
Anliegerstrecken ins Gelände
fräst. Von Slopestyler bis Big
Bike macht hier alles Sinn und
alles Spaß.
Schilderwald: Speziell Châtel
bietet eine riesige Menge an
Lines. Alle gut beschildert
und mit sicherheitsbeflaggten
Sprüngen versehen. So muss
das sein!
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> ABENTEUER
Rüttelpiste: „La Roue Libre“ bietet auf fast drei
Kilometern Anliegerschlangenlinien, gegen Ende
der Saison aber leider auch viele Bremswellen.
Die Piste ist sauschnell und für alle Könnensklassen geeignet.
Les GETS
Ein Klassiker rüstet auf: Viele
neue Trails mit Flow ergänzen die klassische Highspeedstrecke.
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Downhill-Legende Fabien Barel ist Pate des Bike­
parks von Les Gets und berät die Trailbauer bei
der Streckenplanung. In den letzten Jahren hat
sich hier viel getan. Neben der sehr langen Urstrecke („La Roue Libre“) direkt unter dem Lift mit
teils massiven Bremswellen, aber auch einigen
schönen Sprüngen und Anliegern, bietet der Park
mittlerweile 12 Downhill-Strecken, einen kleinen
(eher schlecht ausgeführten) Jumppark, North­
shore-Trails und moderne, gebaute Flowstrecken
unterschiedlichster Schwierigkeitsgrade. Die beschilderung ist hier nicht so gut gelungen wie
in Châtel. Man braucht einige Zeit, um mithilfe
der Trailmap den Überblick zu gewinnen. Wir
fanden „Le Canyon“ beeindruckend. Ähnlich dem
„Black Shore“ in Châtel bietet er NorthshoreStunts für Fortgeschrittene. Auch „L’Encape“
mit seinen schönen Step-Downs und der engen
Linienführung sowie der sehr schnelle DownhillTrack „Dans le Gaz“ machen richtig Laune. Die
Beflaggung à la Châtel ist hier leider noch nicht
angekommen. Generell bietet Les Gets aber fast
so viel Abwechslung wie die Konkurrenz weiter
südlich und eignet sich ebenso für alle Könnensstufen. Familientauglich also. Der Streckenzustand variiert mit dem Saisonverlauf. „Dans
le Gaz“ ist eigentlich nur die ersten Wochen
flowig und wird dann schnell zum BremsrippenEldorado. Die anderen Strecken im Park sind da
deutlich besser in Schuss, wohl auch, weil sie
weniger befahren werden. Von der Bergstation
gibt es einen schönen Natur-Downhill Richtung
Morzine. Ohne große Tretpassagen ist er ideal
für den Parkwechsel per Bike. www.lesgets.com
Les Lindarets
Das Tal zwischen Châtel und Avoriaz bietet tolle,
naturbelassene Downhill-Strecken. Brechsandtrails
und Holzstunts? Fehlanzeige.
Foto: Thomas Butler/ Red Bull Photofiles
Big Bike auspacken und loslegen:
Die Talseite direkt unter Avoriaz hat
zwei Downhill-Strecken mit felsigwurzeligem Untergrund zu bieten.
Für Anfänger teilweise recht heftig.
Downhiller lieben es.
Das „weltberühmte Ziegendorf“ Les Lindarets liegt im Tal zwischen Châtel und Avoriaz. Hier kann man
lecker und günstig essen, wenn man den Gestank von Ziegen erträgt. Die laufen hier in Scharen auf
der Straße rum. Warum? Keine Ahnung. Der Lift am Nordhang bringt einen nach Avoriaz. Von dort
führen zwei naturbelassene Strecken zurück ins Tal. Die Streckenführung ist offen, der Untergrund
erdig mit vielen runden Felsen und freiliegenden Wurzeln. Perfekter Untergrund für Downhill-Bikes.
Am Südhang fährt ein Lift hoch zum Bikepark Châtel. Die hier 2010 angelegte Strecke „Serpentine“
zurück ins Tal Les Lindarets hat deutlich mehr Flow und ist auch für Anfänger problemlos schaffbar.
Erdig-sandiger Untergrund, zahllose große Anlieger und keine bösen Überraschungen. Wer von Châtel
kommt, nutzt Les Lindarets oft nur als Zwischenstation um weiterzugondeln Richtung Morzine.
Dabei reichen die drei langen und dabei völlig unterschiedlichen Strecken locker für einen Tag Spaß.
www.valleedaulps.com
Les Lindarets ist eine ideale Ausgangsbasis, wenn man sich nicht
zwischen Châtel und Morzine entscheiden kann. Beide Parks erreicht
man von hier aus gut. Die Trails der
nördlichen Talseite Richtung Ziegendorf sind lang und fordernd.
Planschbecken: In Les Gets und Morzine braucht man Wetterglück. Wenn sich hier ein Tief verfängt, hängen die Wolken oft
tagelang im Tal und verwandeln die Trails in Schlammlöcher.
Aber die meisten Strecken verkraften das ganz gut und sind
sogar bei Dauerregen befahrbar.
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> ABENTEUER
Mo rzine
Der Downhill-Wurzel-Klassiker: Bei Nässe für Anfänger
ein Graus, dennoch genießt
die Abfahrt Kultstatus.
Anfahrt: Von Deutschland über Bern und
Montreux. München-Châtel ca. 560 Kilometer/
6 Stunden (nach Les Gets 1,5 Stunden mehr).
Beste Reisezeit: Juni bis Anfang/Mitte September. Ein ideales Wochenende für den ersten
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Bilder sagen ja bekanntlich mehr als tausend
Worte und die beiden Bilder von der Downhill-Strecke in Morzine sprechen Bände. Hier
entscheidet die Reifenwahl darüber, ob der
Tag im Park spaßig oder stressig wird. Die
Downhill-Strecke ist megaschnell und führt
zum großen Teil durch den Wald. Hier wurde
vermutlich das Wort „Wurzelteppich“ geboren.
Es braucht ein bis zwei Abfahrten, bis man
den unteren Teil der Strecke drin hat, ab dann
kann man das Gas stehen lassen und bekommt
das Grinsen so schnell nicht wieder aus dem
Reviercheck ist „Passportes du Soleil“, das
Eröffnungswochenende im Juni. Zu diesem
Termin sind alle Gondeln und Lifte in Betrieb,
die Parks fertig gebaut und die Hotels geöffnet.
Das gesamte Revier wird dann inklusive der Ver-
Gesicht. Ein plüschiges Downhill-Bike mit
standfesten Bremsen ist hier Pflicht, alles
andere macht die Abfahrt schnell zur Tortur.
Mit der Supermorzine-Gondel gelangt man
Richtung Avoriaz und nach Les Lindarets
(kurze Tret-, bzw. Schiebepassage einkalkuieren). Von dort geht es über einen naturbelassenen
Waldtrail zurück nach Morzine. Alles in allem
ist Morzine eher was für die Vollgasfraktion
und nicht so abwechslungsreich wie Les Gets
oder Châtel.
www.morzine-avoriaz.com
bindungstrails ausgeflaggt.
www.passportesdusoleil.com
Bikeverleih: Gut sortierte Shops mit hochwertigen Bikes von Kona und Scott gibt es in Les Gets
und Morzine direkt an der Liftstation.