Umsonst - SWISSLIFE Magazin

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Umsonst - SWISSLIFE Magazin
SWISSLIFE
7. Jahrgang // Ausgabe 2 // Fr. 0.00
Sommer 2016 //
Gratis
«Wetsch no es Wurstredli?» Es gibt wohl kaum jemanden, dem diese
Frage beim Einkaufen mit Mamma in der Metzg nicht gestellt wurde.
Gratis war das «Redli» allerdings nicht – es wurde beim Kauf von
Fleisch überreicht. Und die Salamitaktik des Metzgers ging oft auf:
Manch einer ist so auf die Wurst gekommen.
Editorial // 3
Grüezi
Was nichts kostet, heisst es gemeinhin, ist nichts wert.
Wirklich?
Abgesehen davon, dass letztlich immer jemand irgendwie
bezahlt, egal, ob umsonst, ob kostenlos, ob unentgeltlich, als
Zugabe, kostenfrei oder geschenkt: Was gratis daherkommt,
ist oft mehr wert als teuer eingekaufte Leistung.
Ivo Furrer
CEO Swiss Life Schweiz
Wenn ich nur schon an die unzähligen Familienangehörigen
denke, die ohne Aufheben und Klage ihre älteren Angehörigen
pflegen – glücklich ein Land, das sich dies noch leisten will
und kann. Ganz zu schweigen von all den Freiwilligen, die
sich in unserem Land um alles Erdenkliche kümmern:
die Instandhaltung von Wanderwegen, die Organisation von
grossen und kleinen Festen, die Putztage im Dorfbach, die
Fronarbeit im Tixi-Taxi oder im lokalen Sportverein. Was sich
hier an Energie, an Initiative und an Engagement sammelt,
ist gleichsam bewunderns- wie verdankenswert.
Alle, die in der Freiwilligenarbeit engagiert sind, leisten einen
Beitrag für das Gemeinwohl und unser friedfertiges Zusammenleben, der nicht hoch genug geschätzt werden kann.
Diese Gratisarbeit leistet auch einen grossen Beitrag dazu,
dass wir uns immer wieder in Gemeinschaften finden, die ein
gemeinsames Ziel haben – und dieses liegt weit weg von
Profitdenken und Gewinnmaximierung.
Ich freue mich mit Ihnen an dieser Art von Gratis, diesem
Dienst an der Allgemeinheit – und wünsche Ihnen geruhsame
Entspannung bei der Lektüre unserer Sommerausgabe.
SWISSLIFE Sommer 2016
6
15
16
24
Photo Selection:
Häuschen, umsonst
Aus rein zufälligen Entdeckungen, oft an den
unwahrscheinlichsten Orten, und ersten Aufnahmen entstand mit der Zeit Marco Volkens
Sammlung helvetischer WC-Häuschen.
Warum arbeiten Sie gratis mit,
Hansueli Weibel?
Fragebogen:
Titelgeschichte:
Tage ohne Geld in Basel
Stille Örtchen, stille Orte. Seit Jahren
widmet sich der Fotograf Marco Volken
den ebenso skurrilen wie unscheinbaren
Bauten im Schweizer Nirgendwo, die er
«Stille Orte» nennt. Sein gleichnamiger
Bildband zeigt Aufnahmen von atemberaubender Schönheit – ab Seite 6.
Michael Hugentobler macht den Versuch, sich
ohne Geld und ohne Arbeit durchs Leben zu
schlagen. Auf der Suche nach etwas Essbarem
kommt ihm auch sein Stolz in die Quere.
Zahlensalat:
Unbezahlt schlägt bezahlt
Für nichts gibts nichts. Wer ohne Geld
durchkommen muss, steht vor zwei
Fragen. Erstens: Wo kriege ich was zu
essen? Und zweitens: Wo übernachte
ich? Allein diese Grundbedürfnisse zu
stillen, ist mit viel Aufwand verbunden
und vor allem auch erniedrigend und
frustrierend, wie Sie ab Seite 16 erfahren.
Gesamtverantwortung: Swiss Life, Kommunikation Schweiz, Martin Läderach Redaktionskommission: Ivo Furrer, René Aebischer, Thomas Bahc, Monika Behr, Elke Guhl,
Christian Pfister, Hans-Jakob Stahel, Paul Weibel Redaktionsleiter UPDATE: Dajan Roman Redaktionsadresse: Magazin SWISSLIFE, Public Relations, General-Guisan-Quai 40,
8022 Zürich, [email protected] Projektleitung: Mediaform|Christoph Grenacher, Ittenthal/Zürich Konzept und Gestaltung: Festland Werbeagentur, St. Gallen/Zürich
Übersetzung: Swiss Life Language Services Druck und Versand: medienwerkstatt ag, Sulgen; gedruckt auf FSC-Papier Adressänderungen/Bestellungen: Magazin SWISSLIFE,
General-Guisan-Quai 40, 8022 Zürich, [email protected] Auflage: 115 000 Erscheinungsweise: 3 × jährlich; Frühling, Sommer, Herbst. Rechtlicher Hinweis: In dieser
Publikation vermittelte Informationen über Dienstleistungen und Produkte stellen kein Angebot im rechtlichen Sinne dar. Über Wettbewerbe wird keine Korrespondenz geführt.
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. ISSN 2235-7645
Das Magazin SWISSLIFE ist eine spannende, aber keine Pflichtlektüre. Falls Sie in Zukunft darauf verzichten wollen,
können Sie uns das mit der portofreien Antwortkarte am Schluss des Magazins mitteilen.
Inhalt // 5
27
«Proberentnern» bedeutet, dass man
für eine gewisse Zeit mit Pensionären
zusammenlebt, um den dritten Lebensabschnitt möglichst real zu spüren,
oder an einem der «Proberentner»Events teilnimmt, wie etwa an jenem
der 81-jährigen Lotti Luraschi (Bild).
Was das bringt, lesen Sie ab Seite 30.
Lust auf eine Umarmung? Der gross
gewachsene Wolfgang Weber bietet
mit anderen Free Huggern Umarmungen
auf der Strasse an. Ob die Passanten
das wollen, ist ihnen überlassen. Um
niemanden zu bedrängen, steht Wolfgang Weber nicht mit ausgebreiteten
Armen da, wie man ab Seite 42 erfährt.
40
42
Sorg für dich.
Die Lebenserwartung steigt, die Lebensqualität
ebenso. Doch wie fühlt es sich eigentlich an, ein
junger Alter zu sein. Wer es erfahren möchte, liest
das «Sorg für dich» oder geht «proberentnern».
Tour de Suisse:
A Swiss Life:
Im Reich des Unsichtbaren
Wolfgang Weber
In seiner Freizeit kennt Wolfgang Weber keine
Berührungsängste. Der Gründer des «Free Hugs
Network Schweiz» bietet auf belebten Strassen
wildfremden Leuten eine Umarmung an. Gratis.
49
Alpenbitter:
Sauerampfer
51
Prototypen:
Gut und gratis
52
Wettbewerb:
54
2066:
Sind Sie scharf auf diesen Gewinn?
Ende der Knappheit
SWISSLIFE Digital:
www.swisslife.ch/magazin oder
als App für Tablets und Smartphones
bei Google Play und im App Store
SWISSLIFE Sommer 2016
6 // Photo Selection
Umsonst
aufs
Häuschen
Hinter dieser Bildserie des Fotografen Marco Volken standen
nicht Absicht, sondern zufällige Entdeckungen in der freien Natur.
Die Erkenntnis: Die Architektur der kleinen Dinge geniesst
viel Freiheit. Jedes «stille Örtchen» balanciert individuell zwischen
Zweckmässigkeit, Witz, Würde, Intimität und Gebastel.
Vordere Seite: Chorntal | 431 m ü. M. | Gipf-Oberfrick AG
Oben: Wildstrubelhütte | 2783 m ü. M. | Lenk BE
Unten: Bivouac du Dolent/La Maye | 2665 m ü. M. | Orsières VS
Photo Selection // 9
Roslenalp/Oberalp | 1762 m ü. M. | Sennwald SG
SWISSLIFE Sommer 2016
Voralphütte | 2124 m ü. M. | Göschenen UR
Photo Selection // 11
SWISSLIFE Sommer 2016
Chamanna Georgy | 3175 m ü. M. | Pontresina GR
Photo Selection // 13
Oben: Streccia | 637 m ü. M. | Terre di Pedemonte TI
Unten: Refuge du Bois des Brigands | 849 m ü. M. | Montanaire VD
SWISSLIFE Sommer 2016
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Fragebogen // 15
Wie wichtig ist der Verein
Mammern Classics im Dorf?
Der Verein gibt unserem kleinen Dorf mit
seinen nur 650 Einwohnern einen wunderbaren Zusammenhalt. Fast das ganze Dorf
macht bei unserem Musical mit, das vom
26. August bis 10. September in einem
Zirkuszelt direkt am Untersee gespielt wird.
Welchen Stellenwert haben im Verein
die Helfer, die ehrenamtlich arbeiten?
Ohne all die vielen helfenden Hände
könnten wir diesen Riesenanlass nicht
stemmen. Ohne all diese Idealisten, die
uns unterstützen, wären wir verloren.
Wenn Sie all die Gratis-Arbeit im Verein
bezahlen müssten: Was würde das kosten?
Ohhh, da käme sicher ein hübscher Betrag
zu unserem aktuellen Budget von rund
400 000 Franken. Ich denke mal, das wären
locker um die 30 000 Franken.
Sie führen das Musical «Seegfrörni» im
Spätsommer auf. Ist das nicht ein bisschen
früh für einen gefrorenen See?
Überhaupt nicht. Wir spielen ja in diesem
tollen Viermasterzelt – und den See können
wir dank dem Segen der Technik zufrieren
lassen: Sie werden staunen!
SWISSLIFE Sommer 2016
Was gibt es gratis in Ihrem Musical?
Eine traumhafte Ambiance, die man sich
für kein Geld kaufen kann.
Was würden Sie mit der Zeit machen,
die Sie hätten, wenn Sie nicht im
Verein Mammern Classics engagiert wären?
Ich habe zeitlebens als Bauunternehmer
gearbeitet; wir konnten selten weg. Jetzt
werde ich bald 70 Jahre alt und geniesse es
zu reisen, zu wandern, in die Berge zu gehen.
Und der grosse Garten braucht mich auch.
Wo arbeiten Sie sonst noch gratis?
Ich singe und spiele im Männerchor
Mammern Theater.
Was bringt Ihnen Gratis-Arbeit?
Das gute Gefühl, etwas für die Gemeinschaft
zu tun und dafür zu sorgen, dass auch in
einem kleinen Dorf der Zusammenhalt nicht
verloren geht.
Wie viele Stunden pro Woche arbeiten Sie gratis?
Jetzt noch nicht so viel, vielleicht so einen
guten halben Tag, mit zunehmendem
Pensum. Im August und September bin ich
dann praktisch voll engagiert – ich baue
ja zusammen mit meinen Kollegen auch
noch eigenhändig die Bühne!
www.mammernclassics.ch
Titelgeschichte // 17
Tage ohne
Text und Bild: Michael Hugentobler
Geld
in Basel
Kann man sich heute gratis durchs Leben schlagen?
Und, wenn ja, wie lange? Unser Autor hat den
Selbstversuch in der Stadt am Rheinknie gewagt.
Seine Erfahrung zeigt: Nichts ist umsonst.
Und geldlos überleben ist auch eine Frage der Selbstachtung.
SWISSLIFE Sommer 2016
A
n einem der ersten
Frühlingstage fuhr ich
nach Basel mit der Absicht, eine Woche lang
kein Geld auszugeben.
Am Bahnhof stand ein Mann mit aufgedunsenen Wangen und bat um Münzen. Ich sagte ihm, ich hätte nichts,
und er nahm die Absage mit der Routine des Bettlers zur Kenntnis, der sich
gewöhnt ist, von Passanten angelogen
zu werden. In seinem Gesicht waren
weder Scham noch Empörung zu erkennen. Er drehte sich um, bucklig
und krumm, und dann stellte er die
Frage einem anderen, mit der monoto-
geben brauche. Chris Anderson, der
ehemalige Chefredaktor des US-Magazins «Wired», hat ein Buch darüber geschrieben und kam zum Schluss, dass
dieses Geschäftsmodell seit über hundert Jahren funktioniert und weiter
funktionieren wird. Denn gratis ist
nicht gratis. An jedes Angebot ist eine
Bedingung geknüpft. Den Gratisbrezel
von Brezelkönig bekommt nur, wer
eine Tasse Tee kauft.
Als ich in Basel ankam, nahm ich
mir vor, während dieser Woche nicht
für Gegenleistungen zu arbeiten und
auch keine Mülltonnen zu durchwühlen. Und somit wusste ich nicht, ob ich
«Vor der Fahrt nach Basel hatte
ich die Hoffnung gehabt, mit
Rabattmarken und Gutscheinen
überleben zu können.»
nen Stimme einer Durchsageaufnahme. Auch diesmal war die Antwort:
«Ich habe kein Geld.»
Wochen vor der Fahrt nach Basel
hatte ich die Hoffnung gehabt, mit Rabattmarken und Gutscheinen überleben zu können. Jeden Tag stapeln sich
im Briefkasten farbige Broschüren, von
Digitec, Microspot oder Kiosk. Hotels
bieten sagenhafte Rabatte an, Kurbäder locken mit Spezialdeals und fast
jede Tasse Kaffee scheint gratis zu sein.
Man könnte meinen, alles im Leben sei
so billig, dass man gar kein Geld auszu-
während der ersten vierundzwanzig
Stunden überhaupt etwas zu essen finden konnte. Auf dem Marktplatz flöteten die Amseln von roten Dächern herab, und neben einer marmornen Säule
stand ein Mann mit einem schwarzen
Schnauzbart und einem goldenen Saxophon und spielte Nino Rotas «Speak
Softly, Love». Er beendete das Stück
mit einem lauten «Hey!» und verneigte
sich vor niemandem. In seinem Koffer
lagen drei einsame kleine Münzen, sie
mochten von ihm selbst stammen. Ich
ging zu Coop nebenan, in der Hoff-
nung auf gratis Käsemuster, von denen es allerdings an diesem Tag keine
gab. Bei Migros war keine Salami zum
Probieren aufgeschnitten und auch
Globus bot keine Häppchen an.
Ich hatte mit vielem gerechnet, was
mir während dieser Reportage in die
Quere kommen könnte, aber nicht mit
meinem Stolz. Ich ging den Marktplatz
auf und ab, näherte mich Passanten,
verzweifelte, drehte mich ab, versuchte
es nochmals, versagte wieder. Ich hätte
gerne dem Saxophonspieler zugehört
und das alles vergessen. Stattdessen
ging ich quer durch die Stadt, über
Kopfsteinpflaster, in dessen Fugen ein
Brei aus Konfetti und Zigarettenstummeln moderte, unter gläsernen Schluchten durch, bis zur Kunstschule, wo ein
Verein namens Foodsharing eine Verteilstation unterhält.
Foodsharing will die Verschwendung von Lebensmitteln stoppen und
ermuntert die Leute dazu, ihr überschüssiges Essen bei der Station abzugeben, wo sich dann jeder bedienen
kann. Der Verein hat innerhalb von
drei Jahren zehntausend Menschen
mobilisiert, die gratis diese Stationen
füttern, in Deutschland, Holland, Österreich und der Schweiz. Der Gründer
ist ein Deutscher namens Raphael Fellmer. Er lebte fünf Jahre ohne Geld und
baute sich während dieser Zeit ein
Netzwerk von Bioläden auf, die ihm
schenkten, was sie nicht mehr verkaufen konnten. Seine Partnerin brachte
während dieser Zeit ein Kind zur Welt,
ohne dass die beiden je etwas für Spitalaufenthalt, Hebamme oder Frauenärztin bezahlt hätten.
Leider war die Verteilstation leer. Ich
ging zu Fuss zum Marktplatz zurück.
Basel, diese Stadt, in der ich nieman-
Titelgeschichte // 19
den kenne, kam mir fremd und unwirtlich vor, die Leute verschwanden
in den Läden, Boutiquen und Cafés
mit einer Ernsthaftigkeit im Gesicht,
die an Spitzensport erinnerte. Bis Ladenschluss stand ich vor einem Antiquariat und betrachtete den SchwarzWeiss-Stich zweier Menschen, die
nackt auf Steinen sassen, die Frau
hielt einen Apfel in der Hand, hinter
ihr bäumte sich eine Schlange auf, ein
Hund bellte, ein Hirsch hob warnend
den Kopf, und ein Nashorn drehte
sich weg, in einer kaum interpretierbaren Geste, die zwischen Angriff und
Flucht schwankte. Dieses biblische
Leben im Paradies – auch das nicht bedingungslos.
Nebenan lag eine Bäckerei, und als
die Verkäuferin eben die Tür zusperren wollte, begannen sich meine Beine
zu bewegen, aber als ich vor der Verkäuferin stand, wussten die Lippen
nicht mehr, was Wörter waren. Die
Frau war geduldig, und schliesslich
hörte sie zu, aber dann schüttelte sie
den Kopf. Ich rannte zu einer anderen
Bäckerei um die Ecke, und auch dort
schüttelte die Verkäuferin den Kopf.
Das würde sich in den nächsten Tagen
ständig wiederholen. Jemand, der auf
diesem Gebiet viel erfolgreicher gewesen war, war der Journalist Michael
Holzach, der in den Achtzigerjahren
zu Fuss und ohne Geld quer durch
Deutschland reiste. Allerdings muss
Holzach wie ein bettelnder Vagabund
ausgesehen haben. Schon nur aus Mitleid mit seinem Hund verköstigten ihn
die Leute.
Es war schon dunkel, als ich Alex
traf, der in Wirklichkeit nicht Alex
hiess. Ihn hatte ich einige Wochen vorher via Couchsurfing kontaktiert, eine
SWISSLIFE Sommer 2016
«Als ich
vor der
Verkäuferin
stand,
wussten die
Lippen
nicht mehr,
was Wörter
waren.»
Website, die kostenlose Unterkunft
anbietet. Alex sass in einem Café. Er
bezahlte ein Bier. Wenn die Gläser leer
waren, holte Alex neue. Nach etwa
zwei Stunden bekam er einen roten
Kopf und ich hatte den Eindruck, als
hätte er schon vor unserem Treffen zu
trinken begonnen.
«Couchsurfing ist nicht wirklich
gratis», sagte Alex, «denn ich will ja etwas von dir.» Langweilen könne er sich
auch allein, mit mir wolle er Spass haben. Er wankte zur Bar, und als er zurückkam, sagte er: «Nachher gehen wir
in einen Stripclub.» Meinen Einwand,
er könne unmöglich einen Reporter
auf Recherche in einen Stripclub einladen, liess er nicht gelten. Er lachte die
Argumentation aus dem Raum, der Inbegriff der Verschwendung verhöhne
die Idee dieser Geschichte. Da war ein
klar definiertes Oben und Unten.
Spät in der Nacht, nach einer absurden Art Ehekrach unter Fremden,
sass Alex eingesunken vor dem Computer in seiner Wohnung und murmelte, es sei doch ein Jammer, dass wir
den Stripclub nicht besucht hätten.
Seiner Wohnung haftete ein Gefühl
an, als würde hier niemand leben. Am
Fernseher waren rote, gelbe und blaue
Punkte zu sehen, und durch diese
Punkte schossen kleinere Punkte, wie
Pistolenkugeln. Darunter stand «Kein
Signal» geschrieben. Alex steckte ein
Kabel um, und dann erschien Moritz
Bleibtreu am Bildschirm, wie er sich
Kokain in die Nase zog. Alex erzählte
von seiner eigenen Amphetaminsucht
in der Vergangenheit und sagte, er sei
glücklicherweise immun gegen die
Wirkung des Alkohols. Wir tranken
eine Flasche Weisswein in groteskem
Tempo, und dann schlief er ein, mit
dem Kinn auf der Brust und den Schuhen an den Füssen.
Ich verliess die Wohnung vor Morgengrauen. Wasser tropfte von nackten Bäumen. Schwarze Wolken zerrissen zu strahlendem Blau, aber dann
kam der nächste Regen. Bei einer Verteilstation von Foodsharing an der
Schanzenstrasse fand ich einen Brotlaib, drei Karotten und eine Peperoni.
Und einen jungen Mann mit Dutt. Der
junge Mann sagte: «Nichts ist gratis in
diesem Leben, nicht mal der Abfall der
Bäckereien – wenn die merken, dass
man ihnen das Brot aus dem Container holt, schliessen sie den Container
ab.» Der junge Mann verwies mich auf
den ehemaligen Kiosk neben der Verteilstation, der mit Sprüchen wie «Jedes Herz ist eine revolutionäre Zelle»
oder «Ohne Mampf kein Kampf» bemalt war und inmitten einer Baustelle
stand, wo rundherum Glasbauten in
die Höhe wuchsen. Dort bekam ich
fortan ein veganes Mittagessen, das
zwar fünf Franken kostete, aber wer
eine Ausrede hatte, machte hinterher
den Abwasch.
Es gibt viele Organisationen, die ein
kostenloses Leben propagieren. Etwa
Freecycle.org, mit weltweit neun Millionen Mitgliedern, die in ihren Städten
Produkte austauschen, um sie nicht
wegwerfen zu müssen (leider wurde in
Basel gerade nichts angeboten). Oder
die Freeconomy-Bewegung des irischen Wirtschaftswissenschaftlers und
Aktivisten Mark Boyle. Boyle hauste ein
Jahr lang in einem geschenkten Wohnwagen und gab nichts aus, indem er
dasselbe hinaus wie eine Lohnverhandlung. Bloss kreiste die Diskussion nicht
um Geld, sondern um Gefälligkeiten
und Weltanschauungen, aber das Konzept war dasselbe.
Am vierten Morgen betrat ich einen
kleinen Raum mit tiefer Decke und einem Buffet. Man nahm sich ein Tablett, stellte eine Tasse darauf, füllte die
Tasse mit dem Kaffee aus der Thermoskanne und wenn die Kanne zu blubbern begann, griff ein Herr mit fröhli-
«Es stand mir nicht zu,
diesen Männern das Brot, die
Butter und die Marmelade
wegzuessen.»
zum Selbstversorger wurde. Ein Gratisleben scheint nur mit sehr viel Zeit und
innerhalb der eigenen Komfortzone zu
funktionieren, denn als Boyle sich auf
eine Reise zu Mahatma Gandhis Geburtsort in Indien machen wollte, kam
er gerade mal bis nach Frankreich. Er
sprach kein Französisch und konnte
den Leuten nicht erklären, warum er
ohne Geld lebte. Sie hielten ihn für einen ganz normalen Bettler.
Die folgende Nacht verbrachte ich
auf dem Sofa einer Argentinierin. Als
Gegenleistung folgte ich ihr von einer
Kirche in die nächste, von einem Jesus
am Kreuz zum anderen, und so stellte
sich dann die Routine ein: Das Seilziehen zwischen Geben und Nehmen,
während jeder seine Bedürfnisse zu befriedigen versucht. Es lief letztlich auf
chem Gesicht unter die Theke und holte
eine neue Kanne hervor. An den Tischen
der Gassenküche sassen schweigsame
Männer mit gesenktem Blick. Einer
hatte keinen Gurt an der Hose und am
Schuh löste sich die Sohle. Einer war
erschöpft an seinen Rucksack gekippt
und schlief mit offenem Mund. Einer
putzte seine Pfeife, indem er Toilettenpapier zwirbelte und den Spiess in den
Luftkanal schob.
Ich sass vor einem Teller voll Brot,
Butter und Aprikosenmarmelade und
überlegte, dass ich weitermachen
könnte. Ich wusste nun, wie es funktionierte. Aber ich wollte nicht. Normalerweise bin ich abhängig von Geld,
nun war ich abhängig von den Leuten
mit dem Geld. Der Unterschied liegt in
der Freiheit der Entscheidung. Derjeni-
ge mit dem Geld darf bestimmen, ob er
Wildreis mit Broccoli essen will oder
Tomaten mit Mozzarella. Er muss sich
vor dem Schlafenlegen nicht zum
Stripclub zerren lassen, sondern kann
ganz einfach die Decke zur Nase hochziehen und die Augen schliessen. Er
kann Kirchen besichtigen und Jesusstatuen anschauen, falls er das mag,
oder sonst ins Kunstmuseum und dort
Picassos sitzende Dora bestaunen.
Es schien mir fast ironisch, dass gerade am trostlosesten aller Orte der
vergangenen Tage die Achtung gewahrt wurde, hier in der Gassenküche.
Dadurch, dass man nichts erbetteln
musste, und dass man sich nicht dem
Willen anderer beugen musste. Als sei
das Betreten dieses Raums Beweis genug, um die Ernsthaftigkeit der Situation zu belegen. Und nun, da der Stolz
in der Brust schnurrte wie eine müde
Katze, begann das Gewissen zu nörgeln. Es stand mir nicht zu, diesen
Männern das Brot, die Butter und die
Marmelade wegzuessen. Ich würde
längst wieder in einem warmen Bett
schlafen, während ihnen Gurt und
Pfeifenputzer noch immer fehlten.
Am Ende dieses Tages gab ich auf.
Es war kurz vor Mitternacht, die Stadt
war leer. Am Bahnhof fuhr eine Frau
auf einem Trottinett vorbei. Sie war
um die vierzig und trug einen rosaroten Hello-Kitty-Rucksack am Rücken.
Sie stoppte, kehrte um und fragte nach
Kleingeld. Ich sagte, ich hätte keins.
Sie nahm die Absage mit der Routine
der Bettlerin zur Kenntnis, die sich gewöhnt ist, von Passanten angelogen zu
werden. Wie schon der Mann vier Tage
zuvor. Und auch in ihrem Gesicht waren weder Scham noch Empörung zu
erkennen. War denn beides nicht da?
Ich fragte nicht nach, die Antwort
ahnte ich.
Titelgeschichte // 23
SWISSLIFE Sommer 2016
Unbezahlt schlägt bezahlt
In der Schweiz, man weiss es, wird viel gearbeitet. Weniger bewusst ist man sich der
Tatsache, dass das Volumen der unbezahlten Arbeit um 14 Prozent höher liegt als
jenes der bezahlten Arbeit. Den grössten Teil der Gratisarbeit betrifft die Hausarbeit.
Diese wird hauptsächlich von Frauen geleistet. Kochen, putzen oder waschen ist
nicht Männersache. Noch nicht.
BEZAHLTE ARBEIT
7,7 Mrd. Stunden
UNBEZAHLTE ARBEIT
8,7 Mrd. Stunden
Zahlensalat // 25
401 Mrd. Franken
62%
38%
EINGESPARTE ARBEITSKOSTEN
ANTEIL MÄNNER/FRAUEN
23%
Betreuungsaufgaben
67%
Hausarbeit
Ehrenamtliche und
freiwillige Tätigkeiten
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27
Sorg für dich.
74
Jahre ist das Alter, ab dem das österreichische Institute for Applied Systems
Analysis Menschen als «alt» bezeichnet.
Das lange Leben hat jetzt eine eigene
Wie es sich anfühlt,
Plattform.
erfährt man beim «Proberentnern».
Seite 28
Seite 30
So sind unsere Kunden
Nico Aeschimann –
Ironman-Rennleiter
Die Kunden verstehen ist das oberste
Ziel unseres Geschäfts. Darum besuchten
100 Swiss Life-Mitarbeitende 100 Kunden. Raquel Moreno, Leiterin Medizinischer Dienst & Fachstelle Betriebliches
Gesundheitsmanagement bei Swiss Life
Schweiz, traf Ironman-Rennleiter Nico
Aeschimann.
«Seit ich beim Ironman angefangen habe,
mache ich auch selbst Triathlon. Ich bin
ein ‹Ganz oder gar nicht›-Typ – ich will
gespürt haben, was die Athleten spüren.
Ich erinnere mich noch genau an meinen
ersten Ironman. Du holst deine Startnummer, kriegst den Athleten-Bändel,
stellst dein Velo hin und weisst: Jetzt bin
ich dabei. Jetzt ist er gekommen, dieser
Moment. Jetzt kannst du nichts mehr
machen, ausser loslegen. Ich hatte ein Jahr
lang trainiert und – puh – war ich nervös!
Dabei war es ja nur der halbe Ironman.
So, wie wir ihn hier in Rapperswil am
Zürichsee auch ausrichten. Meinen ersten
ganzen Ironman habe ich in Malaysia
absolviert. Wie es läuft, weiss ich also von
beiden Seiten. Als mein Chef vor drei
Jahren sagte, er wandere aus, war für mich
klar: Ich übernehme. Jetzt bin ich Rennleiter von Ironman Schweiz. Sport verbindet
auf eine ganz besondere Art. Das spürt
man auch in unserem Team. Wir alle
arbeiten auf den einen Tag hin: Der Ironman ist der Höhepunkt, die ultimative
Belohnung. Das brauche ich. Ich muss
Ergebnisse sehen, spürbare Resultate.»
Eine eigene
Plattform für die
Langlebigkeit
«Mit acht will ich Hexenkraft haben», sagt die 5-jährige Greta.
«Die heutige Lebenserwartung ist vollkommen beispiellos», sagt Professor James Vaupel, Gründungsdirektor
des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung
in Rostock. «Nie zuvor hat der Mensch annähernd so
lang gelebt wie heute.» Darum ist es für ihn wichtig, sich
damit auseinanderzusetzen,
wie wir mit diesem längeren
Leben umgehen. Informationen, Impulse und Emotionen
vermittelt eine neue spezielle
Plattform:
swisslife.com/hub
Sorg für dich // 29
Die Fakten für die deutlich gestiegene Lebenserwartung
in hoch entwickelten Ländern sprechen für sich:
Pingpong
Vorsorge muss nicht
schwierig sein. Eine Frage,
eine Antwort. Im Chat.
Und zwar jetzt. Sofort.
Mi., 8. Juni 14:26
Ich bin gerade Vater
geworden. Gibt es etwas,
was ich bei der Vorsorge nun
zusätzlich beachten sollte?
In wohlhabenden
Ländern steigt die
Lebenserwartung
seit eineinhalb
Jahrhunderten
um rund 2,5 Jahre
pro Jahrzehnt an.
Dies belegen auch
Statistiken aus der
Schweiz, aus Frankreich, Deutschland
und Österreich.
D
Die Lebenserwartung ist in den
Industrieländern
höher denn je. Bei
der Geburt ist sie
mit 81 Jahren für
Männer und 85,2
Jahren für Frauen
(2014) mehr als
doppelt so hoch wie
noch im 19. Jahrhundert. Damals
lag sie zum Beispiel
in Genf für alle bei
rund 40 Jahren.
er Mensch wird immer älter.
Doch was fangen wir mit dieser Erkenntnis an, was heisst
das für die Gesellschaft? «Die
Konsequenzen der steigenden Lebenserwartung werden in fast allen Lebensbereichen klar unterschätzt», sagt Patrick Frost,
CEO der Swiss Life-Gruppe.
Das Unternehmen hat sich deshalb
vorgenommen, das Thema des «längeren,
selbstbestimmten Lebens» zum Gegenstand der öffentlichen Diskussion zu machen: «Wir wollen dafür sorgen, dass
dieses Thema in der Gesellschaft die Aufmerksamkeit erfährt, die es angesichts
seiner enormen Bedeutung für die Generation von heute verdient», führt Patrick
Frost weiter aus. Auf der eigens dafür geschaffenen Plattform swisslife.com/hub,
für die auch die Journalisten des renommierten englischen Wirtschaftsmagazins
SWISSLIFE Sommer 2016
Vor einigen Jahrzehnten war
die steigende
durchschnittliche
Lebenserwartung
noch darauf
zurückzuführen,
dass frühzeitige
Todesfälle öfters
verhindert werden
konnten. Seit den
1970er-Jahren ist
dieser Anstieg vor
allem der rückläufigen Sterberate
von Menschen über
65 zu verdanken.
Das hohe Alter
ist zwar nicht frei
von chronischen
Krankheiten,
erlaubt aber in
vielen Fällen ein
autonomes Leben.
«The Economist» Beiträge liefern, kann
diese Diskussion stattfinden. Eine Umfrage der Economist Intelligence Unit, mit
der Swiss Life zusammenarbeitet, ergab
zum Beispiel, dass für 91 Prozent aller
Senioren die Unabhängigkeit ein wichtiges
Ziel bleibt. Die damit verbundene Selbstbestimmung ermöglicht einen umfassenderen Blick darauf, was zu einem erfüllten
Leben gehört: Es verbindet Autonomie,
Kompetenz und soziale Bindungen in allen
Lebensphasen.
Dass die Freiheit eines längeren, selbstbestimmten Lebens nicht zu Lasten der
Allgemeinheit gehen muss, zeigen Menschen in einem emotionalen dreiminütigen Film des Schweizer Regisseurs Elias
Ressegatti. Die 103-jährige Anna Maria
schliesst ihn wie folgt ab: «Was ich noch
möchte? Was soll ich sagen? Alles läuft
wie am Schnürchen.»
Zuerst einmal: herzliche
Gratulation! Und super,
dass Sie sich Gedanken
über Ihre Vorsorge machen.
Zu Ihrer Frage: Bei jungen
Vätern wie Ihnen ist es oft
sinnvoll, eine mögliche
Erwerbsunfähigkeit zu
versichern.
Wie mache ich denn das?
In Form einer Rente. Schauen
Sie sich doch zusammen mit
Ihrem Berater Ihre Vorsorge
umfassend an. Und aufgrund
Ihrer neuen Lebenssituation
gibt es sicher noch an
weiteren Stellen Potenzial
für die eine oder andere
Optimierung.
Besten Dank.
Jürg Renggli,
Swiss Life-Generalagent in Herisau,
und unser Beraterteam antworten
im Chat auch auf Ihre Fragen:
myworld.ch/chat
So
So wird
wird das
das «Alter»
«Alter» aus
aus
Davon zu sprechen, ist das eine.
Es zu erleben, das andere: Das
erkannten auch jene Menschen, die
sich auf www.proberentnern.ch
dafür bewarben, den dritten
Lebensabschnitt möglichst real
zu spüren. Sie verbrachten einen
unvergesslichen Tag, an den
sie sich lange erinnern werden:
Vielleicht sogar bis in ihren eigenen dritten Lebensabschnitt.
U
nsere Lebenserwartung steigt kontinuierlich. Aber wir leben nicht nur länger, wir
bleiben auch länger jung. Demnach können wir das Leben länger selbstbestimmt
geniessen und auch im Alter neue Fähigkeiten erlernen. Aber: Noch orientieren wir uns an Seniorinnen
und Senioren aus unserem Umfeld – meist an unseren
Grosseltern. Doch frisch pensionierte Menschen stellen bereits ein moderneres und vor allem auch digital
versierteres Altersbild dar. Und diese Entwicklung geht
immer weiter. Im Endeffekt bedeutet dies, dass wir in
Zukunft keinen vorgespurten Pfaden mehr folgen werden und uns selbst Jahre nach der Pensionierung alle
Möglichkeiten offenstehen.
Doch was heisst das für mich konkret? Was für
eine Persönlichkeit werde ich bis ins Alter entwickeln?
Schwierig zu beantworten. Schliesslich lässt sich das
Alter nicht «ausprobieren» – jedenfalls bislang nicht.
Oder doch? Auf der Website proberentnern.ch werden vier Dokumentarfilme gezeigt: Vier junge Menschen erfahren, wie abwechslungsreich und lustvoll
das Leben im Alter sein kann. Sie leben für begrenzte
Zeit mit Pensionären zusammen – so wie jene Menschen, die sich für exklusive «Proberentner»-Events
bewarben: Ihnen allen gemein war das Erkennen und
Verstehen, dass die Lebenserwartung steigt und die
persönliche Auseinandersetzung mit der Langlebigkeit unumgänglich ist.
Sorg für dich // 31
probiert
probiert
Für Pius Acker
war Improvisation
nie nur Theater,
sondern immer
auch ein Abbild
des Lebens. Es
geht darum, etwas
von sich preis zu
geben, offen zu
sein und neue
Erfahrungen zu
sammeln – gerade
auch im Alter.
Man darf und soll
Fehler machen,
von ihnen lernen
und weitergehen.
Wichtig ist, auf
sein Bauchgefühl
zu vertrauen und
mit den Mitmenschen von Angesicht zu Angesicht
zu kommunizieren.
Theaterspiel ist auch Improvisation
fürs Leben: Pius Acker gibt seinen
«Proberentnern» mit auf den Weg,
dass sie des Öfteren auch ihrem
Bauchgefühl vertrauen sollten.
SWISSLIFE Sommer 2016
Improvisieren mit Pius Acker
Man sagt immer, «die Alten» seien in ihren
Gewohnheiten und Ansichten festgefahren. Pius
Acker (80) räumt am ersten «Proberentner»-Event
mit diesem Vorurteil auf: Sein ImprovisationsWorkshop bietet den Besuchern die Gelegenheit,
aus ihrem Wohlfühlbereich auszubrechen und
Neuland zu erkunden.
Pius Acker, ein 80-jähriger Tausendsassa, denkt überhaupt nicht daran, sich zur Ruhe zu setzen. Er ist Verwaltungsrat eines Start-ups und passionierter Improvisationstheater-Schauspieler. Im von ihm geführten
«Proberentner»-Event «Improvisieren – die Kunst des
Lebens» hat er viel vor mit den Teilnehmenden. Er
will sie aus ihrer Wohlfühlzone entführen und auf ein
Abenteuer mitnehmen, das an ihre Instinkte, ihr Vertrauen in sich selbst und ihre Spontaneität appelliert.
In der bunt gemischten Gruppe von Frauen und
Männern geben sich die einen locker, die anderen
wirken abwartend. Los geht’s: fünf, vier, drei, zwei,
eins... go! «Ich will, dass ihr euch nacheinander in
den Sessel in der Mitte setzt und dort für 20 Sekunden
verweilt.» Pius Ackers erster Test stellt die Teilnehmenden gleich ins Scheinwerferlicht. Dort, im Zentrum der Aufmerksamkeit, sieht man jedes Zittern der
Lippen, jeden Wimpernschlag, jeden verkrampften
Muskel – während man, vom Licht geblendet, nichts
erkennt. In diesem Moment fühlen sich alle ein wenig
verloren, nackt und verletzlich. So ist es, wenn man
ins kalte Wasser geworfen wird. Als erfahrener Theaterschauspieler weiss Pius Acker aber, dass erst durch
diesen Akt der Verletzlichkeit das Eis bricht.
Er führt seine Truppe tapfer in das Unbekannte,
in die Theaterimprovisation. Ballspiele lösen Tierimitationen ab und steigern sich zu spontanen Szenen
und Situationen. Es ist eine ganz besondere Stimmung im Raum: Der Zauber einer Gruppe, deren
Mitglieder einander vertrauen, sich selbst zu sein und
gleichzeitig alle möglichen Variationen ihrer selbst
auszuprobieren. Hier darf man abblocken und ausflippen, lachen und sticheln. Die Spielfreude wirkt
ansteckend; Pius Acker lächelt in sich hinein.
Unter seiner Leitung hat sich an diesem Sonntagnachmittag innerhalb weniger Stunden eine eingeschworene Truppe entwickelt, die seine Lebensphilosophie auf der Bühne mit Erfolg ausprobiert.
Jetzt geht es darum, diesen Schwung auch in den
Alltag mitzunehmen, denn dort beginnt schliesslich
die grosse Improvisation des Lebens: fünf, vier, drei,
zwei, eins... go!
Selbstbestimmt
anlegen
Wer heute Geld aus
einer Erbschaft oder
einer Lebensversicherung erhält,
fragt sich zu Recht:
Was tun mit dem
Geld? Soll man es
einfach auf dem
Bankkonto lassen?
Mit Zinsen ist kaum
zu rechnen, mit Gebühren aber schon.
Fondsanlagen sind
da eine gute Alternative. Vor allem, wenn
sie mit Steuervorteilen und einem
Todesfallschutz verbunden sind.
Und man – wie bei
Swiss Life Premium
Comfort – drei Anlagestrategien zur
Wahl hat, zwischen
denen man jederzeit
wechseln kann.
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Bei Lotti Luraschi
dreht sich vieles
im Leben um das
Thema Musik und
Tanz. Dass man
damit in Schwung
bleibt, versteht
sich von selbst.
Ihre hohe Lebensqualität beruht
aber auch auf
einem gesunden
Mass an Arbeit
und Lebensfreude.
Für Lotti Luraschi keine Frage: Wer tanzt, hält sein Leben in Schwung.
Lottis Tipps für ein längeres
und besseres Leben.
Jahr für Jahr steigt die durchschnittliche Lebenserwartung in der Schweiz um sechs Wochen an. Wir
leben also immer länger. Die Frage ist aber nicht,
wie man älter wird, sondern wie man länger besser
lebt. Beim «Proberentner»-Tanzevent in St. Gallen
gibt Lotti Luraschi (81) drei wertvolle Tipps.
Lotti Luraschi sieht keinen Tag älter als 72 aus. Dabei
wird die bezaubernde Rentnerin in zwei Wochen 82!
Chic gekleidet, mit anmutiger Haltung und einer hinreissenden Ausstrahlung ist die Frau ein Paradebeispiel dafür, wie man mit viel Verve älter werden kann.
An diesem Abend ist die passionierte Tänzerin und
Sängerin zusammen mit ihrem Tanzpartner Harry
Gaschi Gastgeberin des zweiten «Proberentner»-Events
im Oya Club in St. Gallen. Auf dem Programm stehen
schwingende Tanzbeine – und, ganz nebenbei, eine
praktische Anleitung für ein längeres, besseres Leben.
Zwischen den guten alten Hits und Schlagern, bei
denen sich Zurückhaltung und Knie der Gruppe von
Minute zu Minute lockern, verrät Lotti Luraschi drei
Tipps, die bestens wirken.
Erster Tipp: «Tanzen, tanzen, tanzen. Denn Tanzen ist nicht nur gut für die Psyche, sondern auch für
die Bewegung und Kommunikation.» Zweiter Tipp:
«Nicht mehr arbeiten – aber doch noch arbeiten.»
Die Rentnerin sucht sich heute gezielt Aufgaben aus,
die ihr gut tun und die Spass machen. Sie ist Tanzlehrerin eines Seniorenkurses, engagiert sich in ihrem
Chor, schreibt und nimmt sich Zeit für ihre drei Enkel
und zwei Urenkel: «Ich werde gebraucht.» Dritter
und wichtigster Tipp: «Freude am Leben haben und
nicht an gestern oder morgen denken.»
Zurück auf die Tanzfläche: Unter die «Proberentner», die sich für den Tanzkurs angemeldet haben,
mischen sich auch echte Rentner, welche Lotti Luraschi kurzerhand aus ihrem Seniorentanzkurs in den
Oya Club eingeschleust hat. Jung und Alt vermischen
sich im Schummerlicht, man lässt sich führen, wird
geführt, die Schrittfolgen lösen sich in kreativer Freiform auf und die Stimmung ist einfach fantastisch.
Wenn hier heute jemand daran denkt, was morgen
sein könnte, dann das: Es wird gut. Solange wir tanzen, wird alles gut.
Sorg für dich // 33
Im Hier und Jetzt:
Zen-Meditation auf der Rigi.
«Proberentnern» auf die ruhige Art: Zen-Priester
Vanja Palmers mit seiner Meditationsgruppe.
Vanja Palmers
ist bei sich angekommen.
Im Meditationszentrum
oberhalb des Vierwaldstättersees predigt er als
Zen-Priester nicht nur
Gelassenheit, er lebt
sie auch. Und er weiss,
was für ein besseres
Leben zählt: Gesundheit,
Ernährung und Achtsamkeit.
SWISSLIFE Sommer 2016
Eine Gruppe von Fremden – die meisten haben im
Internet vom «Proberentner»-Event erfahren – trifft
sich an einem Sonntag am Vierwaldstättersee.
Das Tagesthema fasziniert: meditieren mit Vanja
Palmers – Calida-Erbe, Hippie, Zen-Priester und
Weltverbesserer im Meditationszentrum Felsentor.
Zuerst geht es mit der romantischen Zahnradbahn,
danach weiter zu Fuss durch den Schnee. Ein einziger
Weg führt durch das mythische Felsentor hindurch in
eine andere Welt: Man spürt, dass hier im Meditationszentrum die Dinge etwas anders laufen. Es ist ein
Ort der Begegnung mit Menschen, Tieren, sich selbst.
Ein Ort, wo die Natur stark ist. Ein Ort, wo man sich
Zeit nimmt und einem Zeit gegeben wird.
Bevor es Zeit für die jeden Sonntag stattfindende
offene Meditation ist, lädt Vanja Palmers erst mal zu
Tee und Kuchen. Die Diskussion ist von Beginn
weg angeregt, kurios, faszinierend. Ganz so wie der
68-Jährige selbst. Er lebt seine Ideale und Werte mit
einer wunderbaren Gelassenheit. Wie schafft man es,
besser zu leben, lautet die Frage. Um dies zu erreichen, gilt es drei Dinge zu befolgen:
Erstens: Gesundheit. Das Leben ist Bewegung,
Atem ist Bewegung und Gesundheit braucht tägliche
Bewegung. Zweitens: Ernährung. Eine Ernährung, die
Qualität über Quantität stellt und so wenig tierische
Lebensmittel wie möglich verwendet. Das ist für den
Menschen gesünder und erst recht für den Planeten.
Drittens: Achtsamkeit. Achtsamkeit, sich nicht in den
eigenen Gedanken zu verstricken. Achtsamkeit, den
Atem nicht zu verlieren. Achtsamkeit sich selbst wie
auch den Mitmenschen, den Tieren, der Natur gegenüber. Achtsamkeit heisst, jetzt und hier zu sein.
Das Zendo Meditationshaus am Felsentor ist aus
Ulmenholz gebaut und riecht nach Harz und Rauch.
Aus dem scheinbaren Nichts tauchen pünktlich all
die Menschen auf, die an diesem Tag gemeinsam meditieren. Still setzen sich alle auf ihr Kissen, suchen die
Stellung, in der sie die nächsten dreissig Minuten verbringen werden. Alle lassen den Atem fliessen und beginnen mit einer gesungenen Meditation, einem harmonischen Klangteppich aus Atem und Stimmen; ein
Gänsehautmoment, der langsam abebbt. Nur ein Vogelzwitschern, die Reibung eines Sockens auf dem Kissen klingen in die Stille, die im Raum geteilt wird, bis der
Gong das Ende verkündet und alle wieder auftauchen.
Die «Proberentner»-Gruppe macht sich inspiriert auf
den Rückweg – mit der Hoffnung, etwas von dem umzusetzen, was an diesem Nachmittag vermittelt wurde.
Gewinnen
Sie 500
Franken
für Ihre
Zukunft!
In Europa bricht die
Lebenserwartung
alle Rekorde. Das
längere, selbstbestimmte Leben
verändert aber auch
unsere Vorstellung
davor, «alt» zu
werden – und «alt»
zu sein.
Unsere Frage lautet:
Ab welchem Alter
bezeichnet das österreichische Institute
for Applied Systems
Analysis Menschen
als «alt»?
68 Jahre?
70 Jahre?
74 Jahre?
Wenn Sie die Wettbewerbsfrage
richtig beantworten, können
Sie einen Startbatzen für Ihre
private Vorsorge gewinnen.
Wir wünschen viel Glück!
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für das
längere
Leben
Die meisten Menschen möchten ihr
Leben so lange wie
möglich selbstbestimmt führen.
Ein regelmässiges
Einkommen nach
der Pension schadet
da sicher nicht.
Swiss Life Calmo
IncomePlan bietet
dieses Einkommen
während des ganzen
Lebens, ungeachtet
dessen, was an den
Kapitalmärkten passiert. Bei diesem
Produkt kann man
übrigens auch selbstbestimmt darüber
entscheiden, wann
man einen Teil der
Anlage zurückhaben
möchte.
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1½ Zimmer?
Vier Jahreszeiten!
Caroline Kaufmann heute – und mit der App Oldify fotografisch
40 Jahre in die Zukunft geschickt.
30
Was machen Sie beruflich?
Ich bin als Regional Sales
Managerin tätig.
Wie wohnen Sie?
In einer kleinen Eineinhalb-Zimmer-Wohnung
mit Blick auf den Genfersee.
70
Caroline Kaufmann,
30, ist am Genfersee
zu Hause. Nach der
Pensionierung kann
sie sich vorstellen,
je nach Saison an
einem anderen Ort
zu leben und sich
ganz ihren Hobbys
zu widmen: gesund
kochen, mit Familie
und Freunden die
Zeit geniessen und
sich aktiv bewegen,
etwa beim Tauchen
oder Skifahren.
Was werden Sie nach der
Pensionierung tun?
Ich werde es geniessen, mehr Zeit zu
haben für meine Hobbys und um zu reisen – und
vielleicht engagiere ich mich auch in einer gemeinnützigen Organisation.
Sorg für dich // 35
Kieser schwitzt
«Macht Krafttraining
unbeweglich?»
Was tun Sie in Ihrer Freizeit?
Leider habe ich nicht so viel Zeit für
meine Hobbys, aber ich mag Skifahren,
Tauchen, Schwimmen, Tanzen, Spaziergänge. Zudem bin ich gerne mit meinen
Freunden zusammen und ich mag es,
zu lesen und zu kochen.
Wie viel Geld brauchen Sie zum Leben?
Ich gebe nicht sehr viel aus, ausser für
meine Ferien und meine Hobbys, und
passe meinen Lebensstil meinem Lohn
an. Und ich versuche, immer etwas
für die Zukunft auf die Seite zu legen.
Was tun Sie für Ihre Gesundheit?
Ich versuche, gesund zu essen und mich
regelmässig zu bewegen. Und ich nehme
mir auch Zeit für mich – wie sagt man
doch: Es braucht einen gesunden Geist
in einem gesunden Körper!
Wie werden Sie mit 70 wohnen?
Es wäre ein Traum, je nach Jahreszeit an
verschiedenen Orten zu wohnen: Im Winter in den Bergen, regelmässig in einem
warmen Land unter Palmen, in der Nähe
meiner Familie – nicht luxuriös, sondern
gemütlich, damit ich mich wohlfühle.
Was werden Sie mit Ihrer
freien Zeit anfangen?
Ich möchte gerne für meine Familie und
meine Freunde kochen und zudem reisen,
skifahren und tauchen.
Wie viel Geld werden Sie
zum Leben brauchen?
Das ist schwierig zu sagen – aber genug,
um zu reisen und meinen Hobbys nachzugehen.
Was werden Sie für
Ihre Gesundheit tun?
Ich hoffe, mich jeden Tag bewegen zu
können, mich gesund zu ernähren und
mir Sorge zu tragen.
Die «Villa
aux roses»
Seit unser Baby da ist, haben wir an
den Kauf eines Hauses gedacht – doch
nichts passte. Dann diese Anzeige,
dieses Telefon mit dem ImmopulseBerater – und Herzrasen pur, als wir
vor dem Haus standen. Der eine
von uns erkundigte sich, was es noch
braucht, um das Objekt zu kaufen,
die andere deklamierte: «Diese Villa
hat auf uns gewartet, es gibt keine
andere!» Die Atmosphäre, die Umgebung, das stete Lächeln von Abigael
bei der Besichtigung, die Begleitung
während des Kaufs: Alles war perfekt.
Mit der «Villa aux roses» haben wir
unseren Traum verwirklicht.
SWISSLIFE Sommer 2016
Magali Clivaz, Gregory Pavone
und Abigael haben ihr Nest
mitten im Grünen gefunden.
Attraktive Angebote und Infos rund
ums Wohneigentum finden Sie unter
www.swisslife.ch/immopulse
Wie beweglich wir sind, darüber entscheiden
zwei Aspekte: Auf der einen Seite unsere
Gelenkigkeit und auf der anderen Seite die
Dehnfähigkeit unserer Muskeln. Unsere
Gelenkigkeit ist abhängig vom Knochenbau
und mit Abschluss der Pubertät mehr oder
weniger unveränderbar. Was wir beeinflussen
können, ist die Dehnfähigkeit unserer Muskeln. Und das funktioniert ganz hervorragend
– sofern Sie regelmässig und anatomisch
korrekt trainieren. Dann werden die Muskelfasern länger – und Sie beweglicher. Ein prägnantes Beispiel aus der Praxis zeigt ebenfalls,
dass Unbeweglichkeit nichts mit Krafttraining
zu tun hat. Vor vielen Jahren arbeitete in meinem Studio Njue Jackson – ein Bodybuilder
aus Kenia. Er wies eine extreme Muskelentwicklung auf. Bei Wettkämpfen auf der Bühne überraschte er immer wieder, indem er seine Kür mit einem eleganten Spagat beendete.
Er war nicht nur im Hüftgelenk sehr gelenkig,
sondern auch seine Muskeln waren sehr
dehnfähig. Trotz des Krafttrainings – oder
sollte ich besser schreiben: dank des Krafttrainings. Korrektes Krafttraining macht zusätzliche Dehnübungen überflüssig. In der
Rehabilitation können diese jedoch durchaus
sinnvoll sein. Denn schon die kurzzeitige Stilllegung von Gelenken nach Operationen
reduziert die Dehnfähigkeit der Muskeln. Der
Grund: Sarkomere, die kleinsten funktionellen Einheiten der Muskulatur, werden in Serie
abgebaut – der Muskel wird kürzer und Sie
verlieren Ihre Beweglichkeit. Eine physiotherapeutische Behandlung kann neben
Krafttraining in diesem Fall helfen, die volle
Beweglichkeit wieder herzustellen.
Werner Kieser (75), gelernter Schreiner,
Ex-Boxer, Buchautor und Philosoph (MA),
ist der erfolgreichste Krafttrainer Europas.
Kiesers Blog: kieser-training.de/blog
Schöne Befreiung
vom Wecker
Donato Galli ist im Tessin aufgewachsen. Mit 16 machte er eine Lehre
als Betriebsdisponent im Bahnhof von Magadino. Danach arbeitete
er viele Jahre als Übersetzer. Mit 58 liess er sich vorzeitig pensionieren.
Von der Terrasse seines Hauses hat er einen wunderbaren Blick auf
den Lago Maggiore – und den Bahnhof, wo sein Berufsleben begann.
Text: Yvonne Eckert, Bild: Giorgio von Arb
«
Mein Plan für 2016 ist, das zu machen, was ich will – aufzutanken.
Ich möchte in diesem Jahr bewusst
eine Zäsur schaffen. Zwischen
dem, was war, und dem, was neu
auf mich zukommt. Meine letzten
Arbeitstage habe ich genossen, ich war bis zum
letzten Telefongespräch im Arbeitsrhythmus drin,
und dann: Zack! Am 1. Februar stand ich früh auf
und sagte: wie schön!
Vor etwa anderthalb Jahren habe ich erstmals
den Gedanken in Erwägung gezogen, mich frühzeitig
pensionieren zu lassen. Wir haben das in der Familie
besprochen und mussten natürlich rechnen, ob wir
uns das finanziell leisten konnten. Klar habe ich mir
auch Sorgen gemacht, vor allem wegen der Kinder.
Deshalb bin ich nun froh, dass sich alles im richtigen
Moment ergeben hat. Meine Tochter heiratet und
mein Sohn beginnt seine Ausbildung zum Grenzwächter. Dass wir dieses Haus vor 24 Jahren gekauft
haben, gab uns eine gewisse Sicherheit. Zum Glück
habe ich eine tolle Ehefrau, die gut haushalten kann,
das ist sehr wichtig.
Früher klingelte um 6.15 Uhr der Wecker. Jetzt
bin ich manchmal um halb fünf in der Küche und
trinke einen Kaffee, manchmal schlafe ich bis 8 Uhr.
Wir stellen den Wecker nur noch, wenn wir etwas
Bestimmtes vorhaben. Die Arbeitsstruktur fehlt mir
nicht, es gibt immer etwas zu tun. Wir haben den
Garten und ein kleines Häuschen in den Bergen, wo
2500 m2 Land bewirtschaftet werden müssen, mitsamt Obstbäumen. Ich löse gerne Kreuzworträtsel
und dichte für Familienfeste oder Geburtstage. Zu-
Sorg für dich // 37
dem möchte ich wieder Sport treiben. Ich habe ja
bis 50 Fussball gespielt, zweimal die Woche trainiert
und am Wochenende fanden meist Matches statt –
meine Frau musste viele Leibchen waschen.
Für danach habe ich ein paar Projekte im Hinterkopf. Ich würde gerne kleinere Übersetzungsarbeiten
übernehmen – wenn man früher in Pension geht,
kann man solche Dinge noch machen. Meine Frau
ist ein paar Jahre älter als ich und bekommt nun die
AHV. Wir freuen uns, dass wir mehr Zeit füreinander
haben und planen gemeinsame Reisen.
Jetzt geht es uns gut, aber wir durchlebten auch
schwierige Zeiten. Mit 50 hatte ich ein Burnout,
musste rund eineinhalb Jahre zu Hause bleiben,
wurde arbeitslos. Diese Erfahrung hat natürlich
auch meine Entscheidung beeinflusst, vorzeitig in
Rente zu gehen. Zum Glück hat uns damals meine
Schwiegermutter unterstützt. Deshalb möchte ich
nun etwas zurückgeben, Freiwilligenarbeit leisten,
zum Beispiel für das Rote Kreuz, ältere Menschen
herumfahren oder Organisationen wie «Tischlein
deck dich» unterstützen. Mein grösster Traum wäre,
bei den Euromillions einen fetten Gewinn zu machen. Mit dem Geld möchte ich Menschen helfen,
nicht in Afrika, sondern hier im Tessin. Menschen,
die es schwer haben, die schauen müssen, dass Ende
Monat noch Geld zum Essen übrig bleibt. Ich bin
froh, dass ich mich frühzeitig
pensionieren liess. Vielleicht
müssen wir in einem Jahr nochmals darüber reden, aber im
Moment habe ich keine Angst
vor der Zukunft.
6573
»
Ruhestand
planen
Gut ist ein langes
Leben, wenn es
selbstbestimmt ist.
Auch finanziell.
Dazu gehört, sich
frühzeitig Gedanken
über die Pensionierung zu machen und
die Finanzen auch
entsprechend zu
planen. Leider gibt’s
dafür keine Patentlösung. Jeder Mensch
hat wieder andere
Bedürfnisse. Eines
trifft aber immer zu:
Frühzeitige Planung
ist das A und O. Sie
sichert den nötigen
Handlungsspielraum.
Und sie ermöglicht,
die Situation individuell zu optimieren.
Enzo Parianotti, Swiss Life-Generalagent in Magadino (Generalagentur Locarno), sagt,
was in der Gemeinde Magadino sehenswert ist.
Direkt am wunderbaren Lago Maggiore gelegen, lädt Magadino mit
seinen Grotti und Stränden zum Verweilen und zum ausgiebigen
«dolce far niente» ein. Wer es lieber etwas aktiver mag, dem kann
ich einen Besuch im «Bolle di Magadino» empfehlen. Das Naturschutzgebiet an der Mündung der Flüsse Ticino und Verzasca
ist ein Paradies für Vögel, Insekten und Blumen. Der Rundgang
mit Informationstafeln dauert rund zwei Stunden.
SWISSLIFE Sommer 2016
@
Fragen zur Finanzplanung?
Schreiben Sie Annette Behringer,
Finanzexpertin bei Swiss Life:
[email protected].
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swisslife.ch/finanzplanung
Ein Life Fact von Swiss Life:
«Rund 5 000 000 Liter Trinkwasser verbraucht jeder von uns in seinem Leben.
Das sind zwei Olympia-Schwimmbecken von 50 m Länge, 25 m Breite und 2 m Tiefe.»
Kennen Sie schon Ihre eigenen Life Facts? Berechnen Sie sie jetzt:
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«Ich habe jetzt zwei
Leben.»
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Mit grossem Glück kommt auch grosse Verantwortung. Swiss Life unterstützt Sie dabei und bietet einen umfassenden Risikoschutz für Familien.
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Im Reich des Unsichtbaren
Das Elementarteilchen Higgs hielt sich lange
erfolgreich versteckt, bis 2012 Forscher am CERN,
Europas Kernforschungsinstitut, den Winzling
nachweisen konnten. Erreicht wurde dieser Triumph
der Wissenschaften mit der grössten Maschine der
Welt, dem 27 Kilometer langen Teilchenbeschleuniger
Large Hadron Collider. Ein kostenloser Besuch der
ständigen Ausstellung und eine Führung in die Tiefen
des unterirdischen Labors erweitern und verwirren das
eigene Verständnis der Welt. Allerdings: Reservieren
ist Pflicht – und dies rechtzeitig zu tun, empfehlenswert.
Tour de Suisse // 41
So kommen Sie hin
Es empfiehlt sich die Anreise mit dem Zug –
und frühes Aufstehen: Von Lugano aus
braucht man fünfeinhalb Stunden, von
St. Gallen gut vier, von Zürich oder Basel
knapp drei und von Bern rund zwei Stunden.
Das erwartet Sie
Im weltgrössten Forschungszentrum für Teilchenphysik gibts kostenlose Ausstellungen
und Führungen (vorher anmelden!). Das
CERN stellt einem breiten Publikum seine
neuesten Erkenntnisse in Wissenschaft, Teilchenphysik, Spitzentechnologie sowie deren
Anwendungen im Alltag vor. Die Rätsel des
Universums werden hoch spannend erklärt.
Das gibts zu sehen
Globus der Wissenschaft und Innovation
ist ein 27 Meter hoher Orientierungspunkt
mit einem Durchmesser von 40 Metern –
ein Symbol für den Planeten Erde. Einst als
«Palais de l’Equilibre» für die Expo.02 am
Ufer des Neuenburgersees gebaut, schenkte die Schweizerische Eidgenossenschaft
dem CERN das Gebäude. Heute beherbergt
es eine faszinierende Dauerausstellung.
i Gut zu wissen
Wenn Sie schon mal dort sind: Unbedingt
vorher anmelden für eine kostenlose zweistündige Einzelführung auf Französisch
oder Englisch. Vorgestellt werden das CERN,
seine Geschichte und die jüngsten wissenschaftlichen Entwicklungen und Experimente, die hier durchgeführt werden. Auf dem
Programm steht auch ein Blick in den Kontrollraum eines Experiments. Noch besser
ist die dreistündige Gruppenführung ab
acht Personen, bei der auch der Kontrollraum und/oder ein Beschleuniger an der
Oberfläche des Areals besucht werden.
Guten Appetit
Genf bietet eine Vielfalt an Restaurants. In
der Altstadt und in Eaux Vives isst man gern
traditionell, im Viertel Les Paquis exotisch
und entspannt und in Carouge italienisch.
Gute Nacht
In Genf stehen die teuersten Hotels im Land.
Doch auch hier finden sich viele Pensionen,
Hostels und B & Bs. Die sind zwar weniger
luxuriös, dafür oft umso sympathischer.
© credit
Auch noch zu entdecken
Was wäre Genf ohne den Lac Léman. Bei
einer Dampfschifffahrt auf dem zweitgrössten See Mitteleuropas geniessen Sie malerische Weinberge, romantische Dörfer und
märchenhafte Schlösser. Und ein Gefühl
wie bei Ferien an der Côte d’Azur.
A Swiss Life // 43
Text: Yvonne Eckert, Bild: Tom Haller
Der die
Menschen
umarmt
Samstagnachmittag, vor dem Globus in Zürich,
Menschen eilen die Bahnhofstrasse entlang, die meisten
sind mit Einkaufstaschen bepackt. Dazwischen stehen
ein paar Leute, die Schilder in ihren Händen halten,
«Free Hugs» steht darauf.
SWISSLIFE Sommer 2016
I
ch stehe nicht immer mit ausgebreiteten Armen da,
damit sich die Passanten nicht bedrängt fühlen und
frei entscheiden können, ob sie zu mir kommen
wollen. Manchmal halte ich einfach nur das Schild
vor mich», sagt Wolfgang Weber, der das «Free Hugs
Network Schweiz» gegründet hat. Alle zwei Wochen macht
sich der gross gewachsene Mann mit den markanten Augen
auf, den shoppenden Menschen gratis eine Umarmung anzubieten. Berührung unter Wildfremden? In der heutigen
Zeit?! «Genau deswegen», sagt Weber, «heute sind so viele
Berührungen virtuell. Der Kopf ist völlig übertrainiert und
wir wissen gar nicht, wie wir aufeinander zugehen sollen.
Aber sobald eine Berührung zustande kommt, schaltet der
Kopf aus, der Bauch übernimmt,
das emotionale Gehirn.»
Wer lässt denn so was zu?
Gibt’s da keine Widerstände?
«Doch. Manchmal ist es auch
schwieriger, etwas gratis anzubieten, weil die Leute das eher als
verdächtig empfinden», meint
Weber. Es gebe gar solche, die befürchten, dass er ihnen beim Umarmen das Portemonnaie aus der
Hosentasche ziehe.
Die Free-Hugs-Bewegung wurde vom Australier Juan Mann
begründet. Als dieser 2004 nach
einem längeren Auslandaufenthalt heimkehrte, kam er sich fremd und allein vor. Deshalb
stellte er sich mit einem Schild, auf dem «Free Hugs» stand,
in eine Fussgängerzone in Sydney. Nach ein paar Anfangsschwierigkeiten erreichte seine Idee eine Art Kultstatus.
Zwischenzeitlich war ihm das Gratis-Umarmen polizeilich
untersagt worden, doch dadurch waren die Free Hugs noch
populärer geworden. In einem Video hatte die Band Sick
Puppies auf die Aktion aufmerksam gemacht – der Clip
wurde millionenfach angeklickt.
Auch Weber erfuhr durch dieses Video von der Bewegung. Eine amerikanische Klientin hatte es ihm als Dankeschön gemailt. «Als ich es das erste Mal sah, wusste ich: Genau das ist es!» Von da an meditierte er nicht mehr alleine
im geschlossenen Raum, sondern ging raus auf die Strasse.
Für alle offen zu sein, ist für ihn der Test seiner spirituellen
Entwicklung. Nicht nur darüber zu sprechen, sondern es
wirklich tun. Zuhause in Schaffhausen wagte er es aber
noch nicht. Typisch schweizerische Gedanken plagten
Weber: «Was denken wohl die Leute, was ich da mache.
Das ist ja völlig ‹gspunne›, da könnte man ja seinen Ruf
verlieren.» So begann er an einem fremden Ort, wo ihn die
Leute nicht kannten, in Japan, zusammen mit seinen Studenten. Er habe sich damals sehr neutral verhalten, erzählt
er, habe höchstens mal ein neutrales «japanisches» Lächeln
aufgesetzt.
Am Weihnachtsmarkt stellte sich Weber dann erstmals
in Schaffhausen mit einem Free-Hugs-Schild auf die Strasse. «Wir schenken uns so viel Materielles, dabei wäre häufig
vielleicht nur eine Umarmung nötig, um damit auszudrücken, ich mag und achte dich.» Bei seinen Aktionen geht es
ihm um Frieden, Offenheit, Toleranz und Solidarität. Er
möchte, dass Menschen sich daran erinnern, dass sie im Innersten alle gleich sind, mit denselben Ängsten und Nöten.
Anfangs begleitete ihn in
Schaffhausen eine Mutter mit ihrem Sohn. In den vergangenen
Jahren hat sich Webers Free Hugs
Network vergrössert, gewisse sind
regelmässig dabei, andere nur ab
und zu. Ihm gefällt, dass es im
Netzwerk sowohl jüngere als
auch ältere Menschen hat. «So
können die Passanten auswählen,
wem sie sich annähern wollen»,
meint er. Immer wieder kämen
spontan Menschen hinzu, welche die Erfahrung teilen wollten. Damit sich «dieser Virus» verbreitet, kommunizieren
die Free Hugger auch via Social Media, stellen Videos und
Fotos ihrer Aktionen auf Youtube oder Facebook. «Vielleicht lässt sich dadurch jemand anstecken.»
Weber ist kein Schönwetter-Umarmer, er macht «diesen
Job» auch bei Regen. «Das ist eine Verpflichtung, ein Ja zu
etwas.» Manchmal würde er stattdessen auch lieber etwas
anderes tun, doch: «Die Free-Hugs-Aktionen sind für mich
das Wichtigste im Leben. Alles andere ist Zugemüse, Deko.»
Wenn es zu einer Umarmung komme, sei dies ein «heiliger
Moment». Alles, was sich im Kopf drehe, werde kurzzeitig
ausgeblendet, man fühle sich sicher, die Zeit löse sich auf.
«Free Hugs» prangt in weissen Buchstaben auf seinem
türkisfarbenen Shirt. Weber mag diese Leibchen, die er in
Taiwan selbst hergestellt hat und die oft zu Diskussionen
führen. Manchmal vergisst er aber auch, dass er ein solches
trägt – bis plötzlich jemand mit offenen Armen vor ihm steht.
Der Kopf ist völlig
übertrainiert. Aber
sobald eine Berührung
zustande kommt,
schaltet der Kopf aus,
der Bauch übernimmt,
das emotionale Gehirn.
Wer hat noch nicht, wer will noch mal: Wolfgang Weber beim beherzten Ausüben seiner Tätigkeit in der Zürcher Bahnhofstrasse.
SWISSLIFE Sommer 2016
Free-Hug-Aktionen sind für Wolfgang Weber das Wichtigste im Leben, eine Umarmung ist wie ein «heiliger Moment».
A Swiss Life // 47
Auf die Gratis-Umarmungen gebe es viele positive Reaktionen, aber auch Leute, die einen Bogen um ihn machen, Nein
sagen oder ihn gar anpöbeln. Wieso tut er sich das trotzdem
an? Weber möchte «etwas aus seinem Herzen anbieten»,
Frieden verbreiten. Auf einem seiner Schilder steht GratisUmarmung auf Arabisch, gleich darunter auf Hebräisch und
Russisch. «Free Hugs ist auch ein Brückenschlag, aber wir
schlagen nicht, sondern bauen», sagt er.
Die weltweite Free-Hugs-Bewegung ist durch die vielen
Aktionen, auch auf dem Roten Platz in Moskau oder als
«unpolitische» Friedensaktion in Vietnam bekannter und
dadurch auch akzeptierter geworden. Kürzlich gab es für
Weber und seine Mitumarmer am Zürcher Hauptbahnhof
aber «einen schwierigen Moment», wie er es nennt. Sie wurden aus der Halle verwiesen. «Die
Angst ist zurzeit extrem gross.
Zettel verteilen ist okay, aber die
Leute aufhalten und umarmen
nicht.» Weber lässt sich von solchen Rückschlägen aber nicht
von seiner Mission abhalten.
Früher dachte er, dass die
Umarmung neutral sein müsse.
Heute schaut er, «dass man sich
begegnen kann». Wenn jemand
auf ihn zuspringt, geht er auch
schneller auf diese Person zu.
Wenn eine alte Frau kommt, berührt er sie sanfter. Wichtig ist ihm auch, dass er niemanden
länger hält als dieser ihn. Und am Schluss bedankt er sich
«fürs Teilen», denn auch er nimmt etwas aus diesem Moment für sich mit.
In den Arm nehmen lassen sich unterschiedlichste Leute,
selbst Polizisten. Gewisse seien glücklich, dass sie mal etwas
umsonst kriegen, ein Manager habe mit Tränen in den Augen gesagt, dass er erstmals bedingungslos umarmt worden
sei. Ältere Frauen stünden oft lange abwartend in ihrer
Nähe, bevor sie sich auf eine Umarmung einlassen. Manchmal nimmt sich auch ein Liebespaar vor Webers Augen in
die Arme und lässt ihn wissen, dass sie ihr Quantum schon
hätten. Er fordert sie dann lachend auf, ihren Überfluss
doch weiterzugeben. Einmal habe ihnen ein älterer, eher verwahrlost aussehender Mann im Rollstuhl lange zugeschaut
und sei dann fortgefahren. Eine Viertelstunde später sei er
mit roten Rosen zurückgekehrt und habe jedem Free Hugger eine überreicht – «das war unglaublich berührend».
Wenn Weber, der sich sonst als eher introvertiert bezeichnet, auf die Strasse geht, dann «tuen ich alli Türe uf». So
kann er sich auch vor allfälligen unangenehmen Begegnungen schützen. Wenn alle Türen offen seien, könne alles wieder raus, auch Unangenehmes. Der Pazifist macht bei seinen
Aktionen keinen Unterschied, ob ihm jemand sympathisch
ist oder nicht, er würde sowohl Obama als auch Putin umarmen: «Denn auch bei einer kurzen Umarmung kann etwas
überspringen», meint er. Die Berührung beginnt für ihn bereits beim Blickkontakt, manchmal genügt es auch, sich nur
die Hände zu reichen, die gegenseitige Umarmung sieht er
als Höhepunkt.
Dem gesellschaftlichen Drang nach immer mehr steht
Weber sehr kritisch gegenüber: «Wir sind total abhängig von
äusserem Wachstum. Aber wohin wollen wir wachsen? Irgendwann hört das auf.» Er plädiert stattdessen dafür, dass wir
unsere Mitmenschen wieder
wahrnehmen sollten. Denn es
brauche so wenig, um anderen
mitzuteilen, dass sie nicht alleine
seien. «Jeder kann das, unabhängig von seiner Sprache.»
Obwohl Weber selbst Social
Media für sein Anliegen nutzt,
sieht er nicht nur Vorteile in der
digitalen Entwicklung. Smartphones seien zwar hilfreich, sie
entfernten Menschen aber auch
voneinander, «es wird immer
schwieriger, direkt aufeinander
zuzugehen». Er ist der Ansicht, dass uns oft der Mut zum
Interagieren fehle. Stattdessen würden wir Bücher über die
Liebe lesen oder uns entsprechende Filme anschauen. Doch
er ist überzeugt, dass nicht nur unser Körper Fitness benötigt, sondern auch unsere Seele: «Wir brauchen Berührungen, sonst werden wir kalt.»
Nach einem Samstag, an dem er von 10 bis 16 Uhr in drei
Städten mit unterschiedlichsten Menschen Umarmungen
und somit «heilige Momente» geteilt hat, geht Weber erfüllt,
bewegt und zu «101 Prozent zufrieden» nach Hause. Er
weiss, dass er mit seinen Schildern Kontakt aufbauen konnte – wenn auch nur für einen kurzen Moment. Er ist überzeugt, dass Umarmungen eine Medizin sind, die allen
zugänglich ist. «Und sie wirkt, bei allen, auch wenn sie nicht
alle gleich wahrnehmen.» Die Wissenschaft gibt ihm Recht.
Studien haben gezeigt, dass Umarmungen den Blutdruck
senken sowie Depressionen vorbeugen. Allein schon das
Auflegen der Hand mindert die Produktion von Stresshormonen und regt die Ausschüttung der Entspannungshormone an.
Der Pazifist macht bei
seinen Aktionen keinen
Unterschied, ob ihm
jemand sympathisch ist
oder nicht, er würde
sowohl Obama als
auch Putin umarmen.
SWISSLIFE Sommer 2016
Locarno
5–15 | 8 | 2015
Main sponsors:
Destination sponsor:
Institutional partners:
Republic and Canton of Ticino with
Federal Office of Culture
Swiss Agency for Development and Cooperation sdc
City and Region of Locarno
The Leopards of Locarno
by Jannuzzi Smith
26
Main sponsors:
Julia, Switzerland
68
Festival del film
Locarno
5–15 | 8 | 2015
Destination sponsor:
Institutional partners:
Republic and Canton of Ticino with
Federal Office of Culture
Swiss Agency for Development and Cooperation sdc
City and Region of Locarno
Alpenbitter // 49
Sauerampfer (Rumex acetosa)
In der Schweiz nennt man die Vitamin-CBombe auch etwas despektierlich «Blacke»:
Das von April bis November auf eher
feuchten Wiesen wachsende Knöterichgewächs ist ein Blattgemüse wie
Löwenzahn oder Blattspinat und enthält
ausserordentlich viel Vitamin C. Junge
Blätter können in Salate geschnitten
oder auch an Saucen und Omelettes
gegeben werden. Toll schmeckt, heiss wie
eisgekühlt, auch eine Ampfersuppe.
Doch zweimal aufgepasst: Sauerampfer enthält viel Kaliumhydrogenoxalat – den Genuss also
mässigen, damit im Körper nicht
zu viel der gesundheitsschädlichen Oxalsäure (Nierensteine)
entsteht. Und: Beim Sammeln des Sauerampfers ist
zudem darauf zu achten,
dass er nicht von überdüngten Wiesen stammt.
Nur Exemplare mit makellosen Blättern sollten gepflückt
werden. Ältere spitzförmige
Blätter mit rostbraunen
Löchern sind unbekömmlich.
1
Der rötliche Blütenstand ist eine Doppeltraube.
2
Die 2 bis 3 mm breiten Blüten sind unauffällig.
3
Die Frucht ist eine kleine dreikantige Nuss.
4
Die Blätter der bis zu 120 cm hohen Pflanze
sind im unteren Bereich bis zu 15 cm lang.
SWISSLIFE Sommer 2016
1
2
3
4
Illustration: Alexander Schmidt
Der Muntermacher
von der Wiese
Mmh, Sauerampfer-Dessert
Ein frischherbes Dessert lässt
sich aus Erdbeeren, Sauerampfer und Ziegenquark
(falls nicht vorhanden: cremigen Ziegenkäse mit Quark
pürieren) zaubern: Von einer
Orange die Schale abreiben
und den Saft auspressen.
400 g Erdbeeren waschen, reinigen, je nach Grösse vierteln
oder achteln. Mit Orangensaft
und Vanillezucker marinieren.
Den Sauerampfer waschen,
trocken schleudern und mit
einem scharfen Messer in
dünne Streifen schneiden.
Dann mit 70 g Puderzucker,
Orangenabrieb, einer Prise Salz
und 400 g Quark in einem
Mixer fein mixen. Zwei Deziliter
Rahm mit 70 g Puderzucker
steif schlagen und unter den
Quark heben. Den Quark in
einen Spritzsack füllen und am
Schluss immer abwechselnd
Quark und Erdbeeren in Gläser
einschichten, mit gerösteten
Mandelblättern garnieren.
MUSICAL am SEE
Seegfrörni
26. AUG – 10. SEP 2016
www.mammernclassics.ch
Prototypen // 51
Wer hats erfunden?
Die Schweiz ist voller Menschen,
die mit tollen Ideen erfolgreiche
Produkte lancieren. Einige Highlights zum Thema «Gratis».
Bring
Marco Cerqui hatte
den Einkaufszettel zu
Hause schön vorbereitet, dann aber liegen
gelassen. «Meine
Freundin hat mir ein
Bild des Zettels aufs
Handy geschickt. Was
nicht sehr praktisch
war – aber eine Geschäftsidee»: die Einkaufsplanung aufs Smartphone zu verlagern. Mit seinem Kollegen Sandro Strebel entwickelte
er die Gratis-App «Bring!» clever: Der virtuelle Zettel erleichtert die
gemeinsame Planung, indem man seine Listen in der App mit mehreren Nutzern führt. «Einkaufen ist selten eine Solo-Angelegenheit.
Die Kommunikation ist wichtig», erläutert Sandro Strebel. getbring.com
Gratiswasser
Schluss mit gratis!
Früher galt noch
die Devise: In jedem
Restaurant muss das
Amtsblatt aufliegen,
der Gast soll es lesen
können – bei einem
Glas Gratiswasser.
Das war gestern. Nur im Kanton
Tessin kann der Gast gemäss kantonalem Gastgewerbegesetz heute
noch ein Gratiswasser verlangen –
vorausgesetzt, er konsumiert eine
Hauptmahlzeit. Das Ostschweizer
Konzeptkünstlerpaar Frank und
Patrik Riklin dagegen hat in Zürich
einen Trinkbrunnen installiert,
der auf dem Hunziker-Areal in
Zürich-Nord steht – und aus dem
neben Wasser auch Schokolade
oder Bouillon fliesst. socialurbanzone.ch
20 Minuten
Mit gratis Geld verdienen? Geht – wie die Gratiszeitung 20 Minuten zeigt, die in der Schweiz 1999
lanciert wurde. Heute ist sie die einzige nationale
Tageszeitung in den drei Landessprachen Deutsch,
Französisch und Italienisch und erreicht mit
ihrem journalistischen Kurzfutter
täglich über zwei Millionen
Leser. Das 2005 vom Medienunternehmen Tamedia
übernommene Blatt mit
starker digitaler Ausrichtung — 20minuten.ch ist das
meistgenutzte Newsportal
der Schweiz – spült Tamedia
viel Geld in die Kasse: Jetzt
strebt das Haus mit dem
Erfolgstitel die Expansion
nach Deutschland an. 20min.ch
SWISSLIFE Sommer 2016
Veloverleih
Eine ideale Art, Städte
kennen zu lernen: Züri
rollt, Bern rollt,
La Chaux-de-Fonds
roule, Le Locle roule,
Neuchâtel roule,
Genève roule und Valais
roule bieten für
Einheimische und
Touristen attraktive
Citybikes und E-Bikes
an. Der grösstenteils kostenlose Veloverleih ist
eine Erfolgsgeschichte: Seit der ersten Verleihsaison in Zürich 1994 konnte das Netz stetig
ausgebaut werden. Aktuell besteht die «Schweiz
rollt»-Veloflotte aus sieben Städten/Regionen
mit insgesamt knapp tausend Velos. schweizrollt.ch
Scharf
auf diesen
Gewinn?
Mit etwas Glück steht diese Schneidemaschine von Volano schon bald in Ihrer Küche.
Die moderne Technik und die besonders scharfen Messer sorgen für hauchdünn geschnittenen
Rohschinken und perfekte «Wurstredli». Wie viele «Redli» à 2 mm gibt eine Lyoner Wurst
von 26,5 cm Länge her, wenn an den Wurstenden je 3 cm abgetrennt werden? Hoffen wir, dass
Sie bei der Verlosung um die Maschine im Wert von 3000 Franken gut abschneiden.
Der Gewinner wird im nächsten SWISSLIFE bekanntgegeben. Zum Gewinn des letzten SWISSLIFE-Wettbewerbs gratulieren wir
Samuel Stalder in Pieterlen. 500 Franken für die Zukunft gehen an Werner Häusermann-Meyer in Frauenfeld.
Wettbewerb // 53
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Teilnah .2016.
31.08
SWISSLIFE Sommer 2016
Illustration: Luca Schenardi
54 // 2066
«Wetsch no es Wurstredli?» Es gibt wohl kaum jemanden, dem diese
Frage beim Einkaufen mit Mamma in der Metzg nicht gestellt wurde.
Gratis war das «Redli» allerdings nicht – es wurde beim Kauf von
Fleisch überreicht. Und die Salamitaktik des Metzgers ging oft auf:
Manch einer ist so auf die Wurst gekommen.
Ende der Knappheit 3-D-Drucker schaffen eine Art Schlaraffenland,
in dem es von allem und für alle genug gibt. Wie funktioniert der Markt
und wie verhalten sich die Menschen im Überfluss?
In «Star Trek: The Next Generation» wurde erstmals ein
sogenannter Replikator vorgestellt. Der Replikator ist ein
3-D-Drucker, der jeden Gegenstand aus jedem denkbaren
Material in seiner atomaren Struktur erfassen und erzeugen
kann. In der Fernsehserie «Star Trek» steht er auf der Brücke
des Raumschiffs und stellt alles her, was gerade gebraucht
wird, Werkzeug, Snacks oder auch ein Martiniglas.
Was gestern Science Fiction war, ist heute Realität. Man
kann 3-D-Drucker für den Privatgebrauch in Elektronikfachmärkten kaufen oder im Internet bestellen und damit
Spielzeug, Schmuck, einfache Gebrauchsgegenstände oder
auch Ersatzteile für defekte Geräte oder Möbel herstellen. Im
professionellen Bereich werden 3-D-Drucker zunehmend für
hochkomplexe Objekte eingesetzt, vom Spezialwerkzeug in
Raumfahrtstationen bis hin zu künstlichen Organen. Amazon hat kürzlich einige Patente angemeldet, in denen beschrieben wird, wie künftig direkt auf dem Weg zum Kunden
im Lieferwagen mit 3-D-Druckern die gewünschten Waren
produziert werden. Und in Amsterdam entsteht ein ganzes
Haus aus dem 3-D-Drucker. Geht man davon aus, dass der
3-D-Drucker heute etwa dort steht, wo das Mobiltelefon vor
30 Jahren stand, dann kann man erwarten, dass bis in zehn
Jahren mehr als die Hälfte der Güter des täglichen Bedarfs zu
Hause ausgedruckt und nicht mehr gekauft werden. In jedem
Haushalt steht dann eine Art kleine Fabrik, die Dinge so einfach und schnell verfügbar macht, wie das Smartphone heute
Information. Bald wird es auch «umgekehrte 3-D-Drucker»
geben, die Sachen, die wir nicht mehr wollen, recyceln, indem
sie diese wieder in ihre atomaren Bestandteile zerlegen. Da-
durch wird das Baumaterial für die 3-D-Drucker nicht ausgehen und nahezu kostenlos sein. Das spektakulärste Merkmal
der universellen Wunschmaschinen ist, dass sie sich selbst reproduzieren können. Wer einen 3-D-Drucker besitzt, kann
damit auch 3-D-Drucker für seine Freunde herstellen. Damit
werden nicht nur die meisten Waren, sondern auch die Produktionsmittel frei verfügbar. In der schönen neuen Welt der
3-D-Drucker wird praktisch alles gratis. Es gibt keine Konsumenten mehr, nur noch Produzenten, die sich selbst versorgen und in virtuellen Produkte-Bibliotheken Ideen tauschen.
Bisher hat Knappheit die Welt regiert, und die Kernaufgabe der Ökonomie war es, knappe Güter effizient zu verteilen. Der 3-D-Drucker schafft eine neue Welt, in der es von
allem genug gibt. Das wird nicht nur die Spielregeln des
Marktes, sondern auch unser Denken grundlegend verändern. Werden wir durch den Überfluss fett und träge? Nein,
im Gegenteil: der Harvard-Ökonom Sendhil Mullainathan
und der Princeton-Psychologe Eldar Shafir haben in ihrem
Buch «Knappheit» mit Dutzenden von Experimenten
nachgewiesen, dass Menschen bei Überfluss klüger entscheiden, als wenn sie in Not sind.
Karin Frick schaut für SWISSLIFE in die Zukunft.
Die Ökonomin erforscht und analysiert seit vielen
Jahren Trends und Gegentrends in Wirtschaft,
Gesellschaft und Konsum. Sie ist Leiterin Research
und Mitglied der Geschäftsleitung des Gottlieb
Duttweiler Instituts.
www.swisslife.ch/magazin