Stellungnahme zum BMF-Entwurf bzgl. der Verlustabzugsbe

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Stellungnahme zum BMF-Entwurf bzgl. der Verlustabzugsbe
Stellungnahme
National Office Tax
Stellungnahme zum BMF-Entwurf bzgl. der Verlustabzugsbeschränkung für Körperschaften –
Anwendung des § 8c KStG unter Berücksichtigung der Konzernklausel in der Fassung des Gesetzes zur Beschleunigung
des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) vom 22. Dezember 2009 (BGBl. I S. 3950) und der
Stille-Reserven-Klausel in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010 vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1768)
Stand: 23. Mai 2014
Inhaltsverzeichnis
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Einmalige Berücksichtigung der nämlichen Anteile bei Anteilsübertragungen im
Zusammenhang mit vergleichbaren Sachverhalten.................................................... 2
Verlustverrechnung bei unterjährigem Beteiligungserwerb ........................................ 2
Möglichkeiten des Verlustrücktrags bei schädlichem Beteiligungserwerb.................... 4
Anwendung der Konzernklausel ............................................................................... 5
Zurechnung stiller Reserven im Konzern .................................................................. 6
Anwendungszeitpunkt und fehlende Übergangsregelungen ........................................ 7
Wir begrüßen, dass die Finanzverwaltung ihre Rechtsauffassung zu aktuellen Anwendungsfragen im Zusammenhang mit der Verlustverrechnungsbeschränkung des § 8c KStG in einem
BMF-Entwurf zur Stellungnahme vorgelegt hat. Neben nachvollziehbaren Regelungen enthält
der Entwurf jedoch auch Gesetzesauslegungen, die u. E. einer Anpassung bedürfen.
Um steuerinduzierte Wettbewerbswirkungen zu vermeiden, die aus Schwankungen in der Bemessungsgrundlage resultieren, müsste das Steuerrecht Einnahmen und Ausgaben symmetrisch behandeln und nur den Nettoerfolg der Ertragsbesteuerung zugrunde legen. Soweit auf
Gewinne Ertragsteuerzahlungen folgen, müssten grundsätzlich auf Verluste Steuererstattungen folgen, denn Verluste sind negative Gewinne. Ein Verlustuntergang ist in einem systemkonformen Steuerrecht ein Fremdkörper, da er definitive negative Folgen für die Rentabilität und
Liquidität von Investitionsprojekten hat. An diesem steuersystematischen Leitbild muss sich die
Auslegung der Vorschrift zur Verlustverrechnungsbeschränkung des § 8c KStG orientieren. Die
im BMF-Entwurf enthaltenen – vorwiegend zu Lasten der Steuerpflichtigen gehenden – Auslegungen der Vorschriften des § 8c KStG sind unangemessen restriktiv. Dies sollte überdacht
werden.
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Leitmotiv der deutschen Besteuerung von Kapitalgesellschaften ist das Trennungsprinzip, also
die steuerliche Verselbständigung der Kapitalgesellschaft. Mit der zentralen Voraussetzung des
„schädlichen Beteiligungserwerbs“ in § 8c KStG wird jedoch die Abschirmwirkung der Kapitalgesellschaft durchbrochen. Der Wegfall steuerlicher Verlustvorträge der Kapitalgesellschaft
wird folglich durch Tatbestände ausgelöst, die die Kapitalgesellschaft weder selbst verwirklicht
noch beeinflusst. Ziel muss es daher im Rahmen der Auslegung des § 8c KStG sein, die ursprüngliche Zielsetzung der (Mantelkauf-)Regelung, nämlich eine Verlustnutzung aus dem
„Handel“ mit funktionslosen Gesellschaften, die über erhebliche Verluste verfügen, im Blick zu
behalten ohne wirtschaftlich sinnvolle Umstrukturierungen oder Sanierungsmaßnahmen zu
behindern. Auf diese Weise ist jede Durchbrechung systemtragender Wertungen des Körperschaftsteuerrechts auf den kleinstmöglichen Anwendungsbereich einzugrenzen.
Im Einzelnen nehmen wir zum vorliegenden Entwurf eines BMF-Schreibens zu § 8c KStG (IV C 2
– S 2745-a/09/10002 :00) wie folgt Stellung.
1. Einmalige Berücksichtigung der nämlichen Anteile bei Anteilsübertragungen im Zusammenhang mit vergleichbaren Sachverhalten
Nach der Rn. 5 ff. des BMF-Entwurfs unterliegen Anteilsübertragungen und vergleichbare
Sachverhalte dem Anwendungsbereich des § 8c KStG. Wenn beispielsweise Beteiligungen
separat von den Stimmrechten veräußert werden, darf sich jedoch dadurch keine Kumulation
der negativen Effekte aus § 8c KStG ergeben.
Beispiel: Ein Anteilseigner veräußert im Jahr 01 eine 30 % Beteiligung auf Erwerber A (dinglicher Erwerb), behält sich jedoch die Stimmrechte zurück. In den Jahren 02 und 03 fallen bei
der Kapitalgesellschaft Verluste an. Im Jahr 04 veräußert er die zugehörigen Stimmrechte
ebenfalls an Erwerber A (Alternative: Veräußerung der Stimmrechte in 01 und der stimmrechtslosen Beteiligung in 04). Im Jahr 07 veräußert der Anteilseigner weitere Anteile in Höhe
von 21 %.
Beurteilung: Aus dem schädlichen Beteiligungserwerb im Jahr 01 resultiert ein quotaler Verlustuntergang in Höhe von 30 %. Aus der Stimmrechtsübertragung im Jahr 04 ergeben sich
keine Folgen für die Verlustvorträge der Kapitalgesellschaft. Da beide Transaktionen die nämlichen Anteile betreffen, dürfen sich die negativen Folgen nach § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG zur
Höhe des Verlustuntergangs (Verluste der Jahre 02 und 03) nicht verdoppeln. Es kann dabei
keine Rolle spielen, in welcher Reihenfolge Stimmrecht und Beteiligung veräußert werden
(Alternative). Zudem beginnt der relevante 5-Jahres-Zeitraum nach § 8c Abs. 1 KStG im Jahr
01 und die Transaktion aus dem Jahr 04 startet keinen erneuten 5-Jahres-Zeitraum. Folglich
löst die Transaktion im Jahr 07 keinen Verlustuntergang aus.
Es sollte klargestellt werden, dass Anteilsübertragungen und vergleichbare Sachverhalte
nach Rn. 7 des BMF-Entwurfs sich weder zur Höhe des Verlustuntergangs noch zur Anwendung des 5-Jahres-Zeitraums kumulieren können, soweit sie die nämlichen Anteile
betreffen.
2. Verlustverrechnung bei unterjährigem Beteiligungserwerb
Notwendigkeit eines positiven Gesamtergebnisses eines Wirtschaftsjahres
Die Rn. 31 ff. des BMF-Entwurfs sehen vor, dass ein bis zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs erzielter, unterjähriger Gewinn mit Verlustvorträgen verrechnet werden kann.
Die Übernahme der Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 30.11.2011, Az. I R 14/11) in das BMFSchreiben ist grundsätzlich zu begrüßen. Die aufgeführten Bedingungen und Voraussetzungen
zur Verrechnung eines unterjährigen Gewinns werden jedoch u. E. zu einschränkend ausgelegt
und stehen im Widerspruch zu den vom BFH aufgestellten Grundsätzen.
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Insbesondere die Verrechnung eines unterjährigen positiven Ergebnisses soll nach Rn. 31a nur
dann zulässig sein, wenn im Wirtschaftsjahr des schädlichen Beteiligungserwerbs insgesamt ein
positives Ergebnis erzielt wird.
Diese Regelung widerspricht nicht nur dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 8c KStG, sondern ist auch nicht durch dessen Wortlaut gedeckt. Die Verlustverrechnungsbeschränkung des
§ 8c KStG stellt vielmehr auf einen Zeitpunkt ab, nämlich den des schädlichen Beteiligungserwerbs. Deshalb ist nur eine zeitpunktbezogene Betrachtungsweise sachgerecht. Dies gilt sowohl für unterjährig erzielte Verluste als auch für entsprechende Gewinne. Es gibt keinen sachlichen Grund für eine Differenzierung zwischen den beiden Fällen. Bis zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs erwirtschaftete laufende Verluste gehen nach Verwaltungsauffassung in Rn. 31 des BMF-Entwurfs auch unter, wenn über das gesamte Wirtschaftsjahr betrachtet, Gewinne erzielt werden. Etwas anderes kann folglich dann nicht für bis zum Übertragungszeitpunkt erwirtschaftete Gewinne gelten. Auf das Ergebnis des gesamten Wirtschaftsjahres
kann es bei einer solchen zeitpunktbezogenen Betrachtungsweise – die ja auch von der Finanzverwaltung geteilt wird – insofern nicht ankommen.
Die Verrechnung eines unterjährigen Gewinns im Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs mit bestehenden Verlustvorträgen sollte unabhängig vom Ergebnis des gesamten
Wirtschaftsjahres möglich sein.
Beschränkung der Verlustverrechnung auf die Höhe des positiven Jahresergebnisses
§ 8c KStG liegt nach dem Willen des Gesetzgebers der Gedanke zugrunde, dass sich die wirtschaftliche Identität einer Gesellschaft durch das wirtschaftliche Engagement eines neuen
Anteilseigners ändert. Daher ist ein unterjähriger Gewinn (ebenso wie ein unterjähriger Verlust)
noch dem bisherigen wirtschaftlichen Engagement zuzurechnen, während ein nach dem Anteilseignerwechsel entstehender (ggf. den unterjährigen Gewinn übersteigender) Verlust dem
neuen Engagement hinzuzurechnen ist (BT Drucksache 16/4841, S. 76). Für eine von dieser
Grundwertung abweichende Rechtsauffassung der Finanzverwaltung ist daher kein Raum. Der
unter § 8c Abs. 1 KStG fallende Verlust kann sich in der Folge nur aus dem zum Schluss des
Vorjahres festgestellten Verlustvortrag und dem laufenden Verlust oder aus der Differenz
zwischen festgestelltem Verlustvortrag und laufendem Gewinn ergeben. Neben der zuvor
diskutierten Anforderung aus dem BMF-Entwurf (Voraussetzung eines positiven Jahresergebnisses) soll die Verrechnung eines laufenden Gewinns zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs mit bestehenden Verlustvorträgen auch der Höhe nach begrenzt werden. Nach
Rn. 31a des BMF-Entwurfs soll die Verlustverrechnung zusätzlich auf das Jahresergebnis gedeckelt sein, sofern das unterjährige Ergebnis den Gewinn des gesamten Wirtschaftsjahres
übersteigt. Im Ergebnis wird die Verlustnutzung damit auf den kleineren der beiden Beträge
begrenzt. Dabei sollen noch zusätzlich die Vorschriften zur Mindestbesteuerung nach § 10d
EStG beachtet werden.
Die zeitraumbezogene Jahresbetrachtung lässt sich mit der § 8c KStG prägenden, zeitpunktbezogenen Betrachtungsweise zum Übertragungsstichtag nicht vereinbaren. Es sollte allein auf
das bis zum schädlichen Beteiligungserwerb erwirtschaftete Ergebnis abgestellt werden.
Schließlich fallen im Verlustfall auch die gesamten bis zur Anteilsübertragung erzielten laufenden Verluste unter die Regelung des § 8c KStG. Eine eventuelle Minderung der Verluste im
Zeitraum nach der Anteilsübertragung bleibt hingegen unberücksichtigt. Etwas anderes kann
daher auch nicht für den Fall laufender Gewinne gelten.
Gegen die Anwendung von § 10d EStG im Rahmen eines unterjährigen Beteiligungserwerbs
spricht, dass dem Wortlaut des § 10d EStG eine jahresbezogene Betrachtungsweise zugrunde
liegt. Ein Abzug von Verlusten ist entsprechend nur zum Ende eines Verlangungszeitraums
vorgesehen. Folglich darf der Regelung im Rahmen der zeitpunktbezogenen Vorschrift des
§ 8c KStG keine Bedeutung zukommen.
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Die Möglichkeit einen unterjährigen Gewinn zur Verlustverrechnung zu nutzen, sollte unbeschränkt bleiben, d. h. unabhängig von der Höhe des erzielten Jahresergebnisses bestehen und nicht durch Verluste nach dem schädlichen Anteilseignerwechsel beeinflusst
werden. Rn. 31a ist entsprechend abzuändern.
Ermittlung des Ergebnisses zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs
Die neu gefasste Rn. 32 des BMF-Entwurfs sieht eine Aufteilung des Jahresergebnisses nach
wirtschaftlichen Kriterien vor. Dies soll einerseits durch Aufstellung eines Zwischenabschlusses
auf den Stichtag des schädlichen Beteiligungserwerbs erfolgen können. Andererseits soll auch
eine Aufteilung des Ergebnisses durch Schätzung zulässig sein. Die bisher von der Finanzverwaltung akzeptierte Vereinfachungsregelung, nach der das Ergebnis zeitanteilig aufzuteilen
war, ist dagegen nicht mehr explizit aufgeführt. Es sind jedoch keine Gründe ersichtlich, warum
die bisherige Regelung nicht auch weiterhin alternativ zu den beiden in der neuen Rn. 32 genannten Aufteilungsmöglichkeiten anwendbar sein sollte.
Wir regen daher an, die beiden in Rn. 32 aufgeführten Alternativen zur Ergebnisaufteilung
um die Möglichkeit einer zeitanteiligen Aufteilung des Ergebnisses zu ergänzen.
Unterjähriger Beteiligungserwerb in Organschaftsfällen
Bei einem unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerb an einem Organträger stellt sich die
Frage, ob eine Verrechnung von laufenden Gewinnen mit Verlusten, die bis zum Übertragungsstichtag entstanden sind, im Organkreis zulässig ist. Die hierzu im BMF-Entwurf enthaltene
Regelung (Rn. 33) sieht vor, dass bis zum Zeitpunkt des unterjährigen schädlichen Anteilserwerbs erzielte, laufende Verluste bereits vor einer Einkommensverrechnung im Organkreis bei
der jeweiligen Verlustgesellschaft (ggf. anteilig) wegfallen. Damit würden diese nicht mehr für
eine Verrechnung mit den laufenden Gewinnen der übrigen Gesellschaften des Organkreises
zur Verfügung stehen. Eine Zwischenkonsolidierung der bis zum Übertragungsstichtag erzielten Ergebnisse wäre damit unzulässig.
Dieses Resultat widerspricht der Organschaftssystematik.
Wir regen an, Rn. 33 zu überarbeiten und eine Zwischenkonsolidierung innerhalb eines
Organkreises zuzulassen.
3. Möglichkeiten des Verlustrücktrags bei schädlichem Beteiligungserwerb
Die im BMF-Entwurf in Rn. 30 weiterhin unverändert vertretene Auffassung der Finanzverwaltung, wonach ein Rücktrag von bis zum Zeitpunkt des schädlichen Beteiligungserwerbs erzielten Verlusten in vorangegangene Veranlagungszeiträume unzulässig sein soll, widerspricht
Sinn und Zweck von § 8c KStG.
Wie bereits dargestellt, liegt der Vorschrift eine zeitpunktbezogene Betrachtungsweise zugrunde. Bei einem schädlichen Beteiligungserwerb am Schluss des Veranlagungszeitraums findet
der Erwerb der Beteiligung, auf den § 8c KStG abstellt, erst eine logische Sekunde nach der
Ermittlung des Gewinns/Verlustes des Wirtschaftsjahres statt. Da die Verlustentstehung Auslöser für den Verlustrücktrag ist, hat dieser folglich im Erwerbszeitpunkt bereits stattgefunden.
Der ggf. unter § 8c Abs. 1 KStG fallende Verlust, kann daher nur der zum Jahresende nach
§ 10d Abs. 4 EStG gesondert festzustellende – nach Durchführung des Verlustrücktrags – verbleibende Verlustvortrag sein.
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Identisch zu beurteilen ist u. E. der Fall eines unterjährigen Beteiligungserwerbs. Die Verrechnung eines unterjährigen Verlusts mit Gewinnen des vorangegangenen Veranlagungszeitraums
führt gerade nicht zu einer Verschiebung von Verlusten auf den neuen Anteilseigner. Die Verlustnutzung erfolgt vielmehr im Rahmen der bisherigen wirtschaftlichen Identität. Wird ein
Verlustrücktrag – wie aktuell durch Rn. 30 des BMF-Entwurfs – verhindert, steht dies ebenfalls
nicht im Einklang mit dem Regelungszweck des § 8c KStG.
Neben den beiden aufgeführten Konstellationen sollte auch ein Verlustrücktrag von nach dem
Beteiligungserwerb erlittenen Verlusten in den Zeitraum vor der Anteilsübertragung zulässig
sein. Diese Verluste fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 8c KStG, da sie dem neuen
wirtschaftlichen Engagement zuzurechnen sind. Da auch keine andere rechtliche Grundlage
besteht, die einen Verlustrücktrag verhindern würde, besteht u. E. für diese Verluste eine
uneingeschränkte Möglichkeit zum Rücktrag.
Die aufgeführten zulässigen Möglichkeiten zum Verlustrücktrag sollten in das BMFSchreiben aufgenommen werden. Rn. 30 Satz 3 sollte gestrichen werden.
4. Anwendung der Konzernklausel
Konzernmutter als übertragendes oder übernehmendes Unternehmen
Nach Rn. 46 des BMF-Entwurfs findet die Konzernklausel keine Anwendung, wenn es sich beim
übertragenden oder beim übernehmenden Rechtsträger um die Gesellschaft an der Konzernspitze handelt. In diesem Fall fehle es an der 100%igen Beteiligung durch dieselbe Person.
Sofern jedoch kein Wechsel im Anteilseignerbestand an der Konzernspitze vorliegt, kann es
nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, für diese Fälle die Anwendung der Konzernklausel zu versagen. Sofern also in der beschriebenen Konstellation eine 100%ige Beteiligung
des übertragenden Rechtsträgers am übernehmenden Rechtsträger oder vice versa vorliegt,
sollte die Konzernklausel Anwendung finden, da keine Verluste auf Dritte verschoben werden.
Beispiel: Die M-GmbH ist jeweils zu 100 % an der T1-GmbH und an der T2-GmbH beteiligt. Die
T1-GmbH ist ihrerseits zu 100 % am Stammkapital der E-GmbH, die über Verlustvorträge verfügt, beteiligt. Die M-GmbH überträgt sämtliche Anteile an der T1-GmbH auf die T2-GmbH.
Beurteilung: Es liegt ein schädlicher Beteiligungserwerb nach § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG vor. Am
übernehmenden Rechtsträger T2-GmbH ist die M-GmbH zu 100 % unmittelbar beteiligt. Der
übertragende Rechtsträger ist die M-GmbH selbst, bei der sich der Gesellschafterbestand nicht
geändert hat. Durch die Umstrukturierung ist es zu keiner Verschiebung von Verlusten auf
Dritte gekommen. Aus Konzernsicht haben sich zudem die Beteiligungsquoten nicht geändert.
Bei einer Auslegung nach dem Sinn und Zweck des § 8c KStG muss daher die Anwendung der
Konzernklausel zulässig sein.
Beispiel-Variante: Die M-GmbH ist zu 100 % an der T-GmbH beteiligt. Die T-GmbH ist ihrerseits
zu 100 % an der E-GmbH beteiligt, die wiederum zu 100 % an der A-GmbH, die über einen Verlustvortrag verfügt, beteiligt ist. Die E-GmbH überträgt sämtliche Anteile an der A-GmbH auf
die M-GmbH.
Beurteilung: Es liegt ein schädlicher Beteiligungserwerb nach § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG vor. Am
übertragenden Rechtsträger E-GmbH ist die M-GmbH mittelbar zu 100 % beteiligt. Der übernehmende Rechtsträger ist die M-GmbH selbst. Auch in diesem Fall sollte die Konzernklausel
nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift anzuwenden sein.
Auf Übertragungen von Anteilen an oder durch die Konzernspitze sollte die Konzernklausel Anwendung finden, wenn die übrigen Voraussetzungen der Konzernklausel erfüllt sind.
Rn. 46 sollte entsprechend überarbeitet werden.
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Börsennotierte Unternehmen als Obergesellschaft
Die Konzernklausel sollte künftig auch für Obergesellschaften mit mehreren Gesellschaftern,
wie z. B. börsennotierte Aktiengesellschaften, geöffnet werden.
Beispiel: Die M-AG ist ein börsennotiertes Unternehmen, dessen Anteile im Streubesitz sind.
Die M-AG ist zu jeweils 100 % an der T1-GmbH und an der T2-GmbH beteiligt. Die T1-GmbH ist
wiederum zu 100 % an der E-GmbH beteiligt, die über Verlustvorträge verfügt. Die M-AG veräußert sämtliche Anteile an der T1-GmbH an die T2-GmbH.
Beurteilung: Es liegt ein schädlicher Beteiligungserwerb i. S. v. § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG vor.
Jedoch sollte die Konzernklausel greifen, so dass die Verlustvorträge nicht untergehen. An
dem übertragenden Unternehmen (M-AG) sind die Aktionäre unmittelbar zu 100 % beteiligt. An
dem übernehmendem Rechtsträger T2-GmbH sind die Aktionäre der M-AG mittelbar und die
M-AG selbst unmittelbar zu 100 % beteiligt. Die Aktionäre der M-AG lassen sich als unveränderte Personengruppe und damit als „dieselbe Person“ i. S. v. § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG ansehen.
Klarstellung, dass die Aktionäre von im Streubesitz gehaltenen Anteilen an börsennotierten Aktiengesellschaften „dieselbe Person“ i. S. v. § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG sein können.
„Dieselbe Person“ schließt auch Personengruppen ein.
Öffnung der Konzernklausel für Personengesellschaften
Nach Rn. 41 des BMF-Entwurfs können Personengesellschaften und Personenzusammenschlüsse nicht „dieselbe Person“ i. S. d. § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG sein. Zwar stellt eine Personengesellschaft – zumindest einkommen- und körperschaftsteuerlich – kein eigenständiges
Steuersubjekt dar. Dem Sinn und Zweck des § 8c KStG entspricht jedoch eine Anwendung der
Konzernklausel auch auf Personengesellschaften und –zusammenschlüsse.
Beispiel: A und B sind Kommanditisten der M-KG. Die M-KG ist jeweils zu 100 % an der T1-GmbH
und an der T2-GmbH beteiligt. Die T1-GmbH ist ihrerseits zu 100 % an der E-GmbH beteiligt, die
über einen Verlustvortrag verfügt. Die T1-GmbH überträgt sämtliche Anteile an der E-GmbH
auf die T2-GmbH.
Beurteilung: Am übertragenden Rechtsträger T1-GmbH ist die M-KG zu 100 % unmittelbar und
am übernehmenden Rechtsträger T2-GmbH ist die M-KG ebenfalls zu 100 % unmittelbar beteiligt. Da nach Verwaltungsauffassung die M-KG nicht „dieselbe Person“ sein kann, liegt ein
schädlicher Beteiligungserwerb nach § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG vor. Durch die Umstrukturierung
hat aber weder eine Verschiebung von Verlusten auf Dritte stattgefunden, noch hat sich das
Beteiligungsverhältnis der Kommanditisten A und B verändert. Die Konzernklausel findet daher
Anwendung und die Verluste sollten erhalten bleiben.
Rn. 41 ist zu streichen. Stattdessen sollte klargestellt werden, dass auch Personengesellschaften und -zusammenschlüsse „dieselbe Person“ i. S. v. § 8c Abs. 1 Satz 5 KStG sein
können.
5. Zurechnung stiller Reserven im Konzern
Nach der Verwaltungsauffassung schützt die Stille-Reserven-Klausel solche Fälle nicht vor
einem Verlustuntergang, in denen die Verlustverortung einerseits und die stillen Reserven
andererseits im Konzernverbund auseinanderfallen. Dies kann auftreten, wenn sich die Verluste (z. B. aufgrund Finanzierung oder Organschaft) bei der Obergesellschaft bilden, die stillen
Reserven jedoch auf Ebene der (Organ-)Tochtergesellschaft bestehen. Da in Organschaftsfällen
das Einkommen der Organgesellschaft dem Organträger zugerechnet und von diesem versteuert wird, erscheint es jedoch sachgerecht auch stille Reserven aus Organgesellschaften für die
Anwendung der Stille-Reserven-Klausel als beim Organträger steuerpflichtig einzustufen.
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Eine entsprechende Gesetzesauslegung lässt sich mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift vereinbaren und sollte in den BMF-Entwurf aufgenommen werden.
Eine ähnliche Problematik tritt bei Holdingstrukturen auf, bei denen die stillen Reserven bei
nachgelagerten Gesellschaften (z. B. bei Tochter- oder Enkelgesellschaften) verortet sind. In
dieser Konstellation spiegeln sich die stillen Reserven der nachgeordneten Unternehmen im
Wert der Beteiligung, wo sie im Anwendungsbereich des § 8b KStG – mangels Steuerpflicht –
unbeachtlich bleiben. Diese Situation steht einem sachgerechten Anwendungsbereich der
Stille-Reserven-Klausel entgegen. Hier sollte deshalb die Finanzverwaltung eine Gesetzesauslegung nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift vornehmen und das bestehende Praxisproblem
beseitigen.
Mindestens sollte eine Berücksichtigung von 5 % der in den Beteiligungen vorhandenen stillen
Reserven berücksichtigt werden. Denn durch das pauschale Betriebsausgabenabzugsverbot in
§ 8b Abs. 3 Satz 1 KStG in Höhe von 5 % des Veräußerungsgewinns greift die Steuerbefreiung
effektiv nur für 95 %.
Für Beteiligungen i. S. v. § 8b Abs. 4 KStG ist zudem zu beachten, dass Dividendenzahlungen
aus dem Streubesitz bei der Muttergesellschaft voll steuerpflichtig sind. Folglich sind u. E. auch
die stillen Reserven dieser Beteiligungen bei der Ermittlung des untergehenden Verlustvortrags
gegenzurechnen.
Bei der Anwendung der Stille-Reserven-Klausel sollten stille Reserven der Organgesellschaften (oder von anderen nachgeordneten Unternehmen) des Steuerpflichtigen beim
Organträger oder bei anderen Gesellschaften im Organkreis (bzw. bei der zugehörigen
Holding) berücksichtigungsfähig sein. Die Regelungen in § 8b Abs. 3 und 4 KStG sollten
bei Anwendung der Stille-Reserven-Klausel berücksichtigt werden.
6. Anwendungszeitpunkt und fehlende Übergangsregelungen
Die stellenweise für die Steuerpflichtigen stark belastenden Rechtsauffassungen der Finanzverwaltung sollen nach Rn. 2 des BMF-Entwurfs offenbar für alle offenen Fälle Anwendung
finden und werden von der Finanzverwaltung implizit als Klarstellung der bestehenden Rechtslage eingestuft. Diese Auffassung teilen wir nicht. Vielmehr müssen, zumindest für die im BMFEntwurf erstmalig ausgeführten belastenden Rechtsauffassungen, Übergangsregelungen vorgesehen werden.
Für alle Rechtsauffassungen, die neu in das BMF-Schreiben aufgenommen wurden und die für
die Steuerpflichtigen nachteilige Folgen haben, sind Übergangsregelungen einzufügen.
Verfasser:
National Office Tax
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