Heft 10 – 2014

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Heft 10 – 2014
Jeanette begeisterte
19. Jahrgang
Nr. 10/2014
EVP: 1 Euro
Am 20. September feierte die beliebte Einkaufspassage
SpreeCenter an der Hellersdorfer Straße ihren 20. Geburtstag. Zu den musikalischen Gästen gehörten auch
die Sängerin Jeanette Biedermann und ihre Band
„Ewig“, die am Nachmittag auf der Bühne vor dem
Center ein Konzert gaben.
Foto: Dittmann
Inhalt
Die Bürgerzeitung
aus Marzahn-Hellersdorf
Übung schafft Sicherheit
Künstler-Serie in jot w.d.:
Viele Leser werden sich an
Sänger und Musiker ihrer
Jugendzeit in der DDR erinnern. jot w.d. berichtet,
was aus ihnen geworden
ist. Heute: SANDOW.
Seite 3
Vergangene Pracht:
Der Tag des offenen Denkmals ermöglicht ungeahnte Einblicke. So erfuhr jot
w.d., dass der vergammelte Ullrichplatz in Mahlsdorf einst ein prachtvolles
Gartenkunstwerk war.
Seite 5
Arbeitsam feiern:
Anlässlich des 90. Gründungsjubiläums ihres Unternehmens vollbrachten
die Mitarbeiter der Wohnungsgesellschaft Stadt
und Land „90 gute Taten“,
da staunt auch jot w.d.
Seite 6
Letzter Walzer:
Auf ihrer Abschiedstour
nach 45 Jahren Bandgeschichte machte die Dresdner Gruppe „electra“ auch
auf der Parkbühne Station.
jot w.d. erlebte einen berührenden Abend.
Seite 8
Keine Zeit verlieren:
Er ist einer der ganz wenigen CDU-Politiker, der
auch von Anhängern der
Linken gewählt wird. jot
w.d. sprach mit dem Abgeordneten Mario Czaja.
Seite 10
Gerade weil sie relativ selten sind, treten bei der Bekämpfung von Erdgasbränden schnell Fehler auf. Deshalb betreibt das
Kompetenzzentrum kritische Infrastrukturen (KKI) in Mahlsdorf ein technisches Sicherheitszentrum, wo solche Löschmanöver geübt werden können. Nicht nur von Feuerwehrleuten, sondern auch von Ersthelfern in den Firmen. Denn schnell hat bei
der regen Bautätigkeit ein Bagger eine Gasleitung leck geschlagen, dann reicht ein Funke und alles steht in Flammen. Wie man
in solchen Situationen richtig handelt und dadurch größere Schäden verhindern kann, wird hier trainiert. Foto: Nachtmann
Liebe Leser,
wohl jeder hat schon einmal den alten
amerikanischen Slogan „Only bad
news are good news“ gehört. Der sagt,
dass sich schlechte Nachrichten weitaus besser verkaufen lassen, als gute.
Gute Nachrichten vernimmt man,
freut sich kurz und fertig; an schlechten Nachrichten bleibt man dran, will
wissen, wie die Sache ausgeht.
Neben all den schlechten erhalte ich
auch regelmäßig „Die guten Nachrichten“, die auch viel Freude bereiten
können. Gefreut hatte ich mich auf
eine angekündigte Vorstellung eines
neuen Bibliothekskonzeptes. Als ich
jedoch zur angekündigten Zeit am angekündigten Ort eintraf, wusste außer mir niemand von diesem Termin.
Pech gehabt. Eine andere gute Nach-
Gute Nachrichten,
schlechte Nachrichten
richt hatten wir bereits im Sommer verkündet. Da galt das Versprechen, die
Internetübertragung der BVV-Sitzungen in stabile Bahnen zu lenken. Am 4.
September sah ich mächtig Technik im
Arndt-Bause-Saal des FFM aufgebaut,
sie schien auch zu funktionieren. Als
ich, die Zeit eines nicht-öffentlichen
Sitzungsteils zur Heimfahrt nutzend,
zu Hause im Internet die Sitzung weiter verfolgen wollte, kam: Nichts. Eine
Nachfrage bei den Piraten einige Tage
später ergab, es hätte nach einiger Zeit
doch noch funktioniert. Wieder nur
Pech gehabt? Voll Vertrauen erwartete
ich die Übertragung der BVV-Sitzung
am 25. September. Sie ahnen schon was,
oder? Genau! Überhaupt die BVV:
Bis vor nicht allzu langer Zeit bekamen wir, wie es sich gegenüber der
Presse auch gehört, die Sitzungsunterlagen zugesandt, auf Papier,
auch elektronisch. Für den 4. September bekamen wir gar nichts. Meine Beschwerde darob bei Vorsteherin Kathrin Bernikas fruchtete nicht,
für den 25. September gingen wir erneut leer aus. Ich muss nun annehmen, dass dahinter eine Absicht
steckt.
Ehe Sie nun aber von solch schlechten Nachrichten völlig verschreckt
sind – wir haben eine Zeitung sogar
ganz ohne BVV-Material zustande
gebracht. Und daher wünsche ich
Ihnen erst einmal viel Spaß mit dieser 218. Ausgabe von jot w.d.
Ihr Ralf Nachtmann
2
jot w.d. 10/2014
Bilder und Nachrichten des Monats
Eine Zeitung ist kein Buch und jot w.d. kein 80-seitiges
teures Magazin mit viel bunter Werbung drin. Deshalb ist es am Ende eines jeden Monats wieder so,
dass Ereignisse, über die zu berichten wünschenswert
ist, keinen Platz mehr finden. Einige dieser Momente
haben wir im Bild festgehalten und wollen unseren
Herzenswunsch erfüllt
Lesern so zumindest Nachricht geben. Egal, ob es sich
dabei um den „Großkopfeten“ handelt, dessen Engagement genauso zu würdigen ist, wie das des „Unbekannten aus der Nachbarschaft“. Und dabei sollen auch
die „kleinen Dinge“ nicht vergessen werden, denn sie
erst machen das Leben vollkommen.
Red.
Kräuterbier und freche Kunst
Gegen Vergessen
Die Vorbereitungen für die IGA kommen immer mehr auf Touren. Nicht
nur, dass Umweltsenator Michael Müller sich schon einmal testweise
in eine Kabine der künftigen Seilbahn setzen durfte, es wurde auch der
Berliner Künstler Erik Göngrich als einer von zehn Teilnehmern des
„Kunstverfahrens der IGA Berlin 2017“ angeheuert. Er hat bereits
eine Postkartenserie mit Fotos und vor allem interessanten Fragen an
Menschen hergestellt. Die Mappe wird (hoffentlich) in den Info-Pavillons erhältlich sein. Genauso interessant hört sich das Projekt eine
Gruppe junger Holländer an, die im Wuhletal Kräuter sammelten, um
daraus ein Kräuterbier zu brauen. Noch muss das Getränk reifen, wir
sind aber schon sehr gespannt auf den „Geschmack des Wuhletals“
und hoffen, zur Verkostung eingeladen zu werden.
Fotos: Reineke
Hellersdorf – Wie in den zurück
liegenden Jahren fand auch 2014
das Bürgerfest „Schöner leben
ohne Nazis“ am 7. September auf
dem Alice-Salomon-Platz statt.
An vielen Ständen informierten
Vereine, Parteien und Initiativen
über ihre Arbeit, luden zum Kosten internationaler Spezialitäten
und zu Spiel und Spaß ein. Teil
des Kulturprogramms war auch
wieder die „Lesung gegen das
Vergessen“, die von der Seniorenvertretung und vom Herausgeberverein von jot w.d. bestritten wurde. In diesem Jahr stand die Lesung ganz im Zeichen des 1. Weltkrieges. In drei Runden wurden
Soldatenbriefe, u.a. von Bernd
Preußer (Foto: Nachtmann), vorgetragen – vom Beginn des Krieges, aus der Mitte und vom Ende.
WiFö im Gewerbegebiet
Marzahn – Die Wirtschaftsförderung - ZAK (Zentrale Anlauf- und
Koordinierungsstelle) des Bezirksamts bezog am 10. September neue
Räumlichkeiten im econopark an
der Wolfener Straße im Haus K.
Auch Wirtschaftsstadtrat Christian
Gräff verlagerte sein Büro vom Rathaus nach dort. Im gleichen Gebäude eröffnete Wirtschaftssenatorin
Cornelia Yzer am 24. September das
Cleantech Innovation Center. RN
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Ja, ich möchte
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Für Bürgermeister Stefan Komoß erfüllte sich am 26. September ein Herzenswunsch: Mit Claudia Zinke vom Verein für Sport und Jugendsozialarbeit (VSJ) unterzeichnete er den Nutzungsvertrag für die „Frauensporthalle“ im FFM. Dafür waren einige kleine Änderungen nötig: Übertragung des FFM ins Fachvermögen Schule und Sport, Bereitstellung von
200 000 Euro aus dem Schul- und Sportstätten-Sanierungsprogramm für
notwendige Umbauten, Abbügeln aller Kritiker, Ausblenden des beispielsweise erbärmlichen Zustands der Sportanlage Lichtenhainer Straße. Der
VSJ hat immerhin so viel Geld, das er mit Lea-Katharina Seid eine Tanzund Erlebnispädagogin (und studierte Sportwissenschaftlerin) als Projektleiterin einstellen konnte. Um die Halle (und die noch dazu kommenden
Nebeneinrichtungen im Haus) ab Januar zu füllen, sollen förderungswürdige Sportvereine Hallenzeiten buchen – von Sonntag bis Donnerstag aber
nur für ihre Frauen. Mit dem Durchsetzen des weitgehend abgelehnten
Projekts empfiehlt sich Komoß in der SPD für höhere Aufgaben, es wartet
u.a. ein nicht fertig werdender Flughafen.
RN, Foto: Nachtmann
jot w.d. entsteht in gemeinnütziger, ehrenamtlicher Arbeit als Bürgerzeitung für Biesdorf,
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Vom Finanzamt anerkannte Spendenquittungen werden auf Wunsch ausgestellt und zugesandt.
Die nächste Ausgabe von jot w.d. erscheint am 6. November 2014
Redaktionsschluss: 28. Oktober 2014, Anzeigenschluss: 30. Oktober 2014
IMPRESSUM
jot. w. d.
Die Bürgerzeitung aus Marzahn-Hellersdorf
Herausgeber: Verein zur Unterstützung öffentlicher Diskussion am nordöstlichen Stadtrand e. V.
Anerkannt gemeinnützige Körperschaft
Müllerstraße 45, 12623 Berlin, Telefon: 56 58 70 99, Email: [email protected]
Redaktion: Ingeborg Dittmann, Ulrich Clauder, Ralf Nachtmann (Leitung, Gestaltung und Produktion)
Ständige Autoren: L. Schuchert, H. Sandow, D. Neidigk, H. Stehling
Anzeigenleitung: Ralf Nachtmann, Tel. 0179-6987186, Abo-Verwaltung: Bernd Preußer, Tel. 56 20 173
Druck: BVZ, www.berliner-zeitungsdruck.de
Erscheinungsweise: monatlich; Verkaufspreis 1 Euro; Abo-Preis: 1 Euro, Rechtsanspruch auf Belieferung haben nur Abonnenten
Nächste öffentliche Redaktionssitzung: voraussichtlich Freitag, 24. Oktober, Ort und Zeit bitte telefonisch erfragen
Die Redaktion behält sich das Bearbeiten von Beiträgen vor. Keine Haftung für eingesandte Beiträge und Fotos.
Namentlich gezeichnete Beiträge stimmen nicht in jedem Falle mit der Meinung der Redaktion überein.
Vereins- und Spendenkonto: IBAN: DE80 1007 0024 0496 6222 00
Leute
jot w.d. 10/2014
Zuweilen umstritten,
stets geachtet
Dr. Heinrich Niemann wird 70
Der Facharzt für Sozialmedizin und
Umweltjournalist trat nach der Wende in
die Hellersdorfer Politiklandschaft ein. Ich
lernte ihn kennen, als er sich in Kaulsdorf Süd an der Seite der Bürgerinitiative
vehement gegen die Fällung der Alten Eiche stemmte, da war er noch linke Opposition. Wir kritisierten ihn hier auf den Seiten der Bürgerzeitung sehr deutlich, als
er mehr als ein Jahrzehnt die bezirkliche
Verantwortung für die „ökologische Stadtentwicklung“ trug und einer Verwaltung
vorstand, die – aus unserer Sicht nicht
zu rechtfertigende – Baumfällungen zuließ. Er kam in einen unserer Aufmacher
(Abb.), als er ganz oben war: Im Wind
auf dem Kienberg stehend versicherte er
oder sein Nachfolger Norbert Lüdtke von
der Linken kam er in all den Jahren allenfalls beim Wintersport in seiner Freizeit
ernsthaft ins Straucheln. Und so bleibt er
bis zum heutigen Tag ein gefragter Moderator, Gesprächspartner und Konfliktschlichter. Der ausgewiesene „Experte für
kommunalpolitische Netzwerklösungen“
hat nach wie vor in der Hellersdorfer
Großsiedlung sein Zuhause. Der sich im
benachbarten Biesdorf nicht nur irgendwie um den schwierigen Wiederaufbau des
dortigen Schlosses verdient gemacht hat,
sondern mit der „Stiftung OST-WEST-Begegnungsstätte“ maßgeblich dazu beitrug. Einer, der mit dem „Verein der
Freunde der Gärten der Welt“ die Vorbe-
nach der Bezirksfusion mit Marzahn in
diesem Blatt: Der beliebte Ausguck wird
entgegen anderslautender Beschlüsse
weiterhin frei zugänglich bleiben! Für den
beherzten und stets konfliktreichen Stadtumbau in der Großsiedlung erntete er
nicht nur Beifall. Bei so viel Engagement
kein Wunder, wenn ab und zu kräftiger
Gegenwind ins Gesicht weht.
Er suchte also offenbar als Politiker häufig den Platz zwischen den berühmt-berüchtigten Stühlen. Doch anders als sein
Vorgänger Klaus Doremühl von der SPD
reitungen zur Internationalen Gartenbauausstellung 2017 mit wachem Auge begleitet. Der als Bezirksverordneter der
Linken wegen seiner großen Erfahrungen und seiner Sachkunde quer durch
die Parteien und über die Parteigrenzen
hinaus hoch geachtet ist. Der jetzt statt
Geburtstagsblumen um Geld für seinen
„Pad.e.V. Eltern und Jugendliche gegen
Drogenmissbrauch“ bittet.
Denn Dr. Heinrich Niemann wird im Oktober siebzig. Herzlichen Glückwunsch, lieber Heiner!
Uli Clauder
Cott’n lud zur Party
Am 24. September feierte Henry Kotowski, Chef der „Sputniks“, seinen 70.
Geburtstag. Man sieht es dem Sänger und Gitarristen nicht an, aber schließlich gabs ja unlängst auch schon den 50. Bandgeburtstag einer der ersten
„Beatgruppen“ der DDR. Cott’n, wohnhaft in Mahlsdorf Süd, fand für die
Fete quasi gleich um die Ecke eine passende Örtlichkeit – den Saal vom
Kleintierzüchterverein an der Birken-, Ecke Eichhorststraße. Der reichte
gerade aus, um Verwandte, Bekannte, Freunde und Musikerkollegen wie
Hugo Laartz (Modern Soul Band), Peter Pabst (Jonathan Blues Band),
Biene Albrecht (Country Delight), den Jazzmusiker Conny Bauer und ehemalige und heutige Mitstreiter der Sputniks begrüßen zu können. Standesgemäß natürlich mit Live-Musik vom Feinsten.
Foto: Dittmann
3
Musiklegenden des Ostens – jot w.d.-Serie, Teil 119
In der Juli-Ausgabe 2004 begannen wir, Künstler vorzustellen, die in der Jugendzeit vieler unserer Leser – also in den 50er, 60er, 70er und
80er Jahren – Schlagzeilen machten.
Wie geht es den Publikumslieblingen von einst
heute? jot w.d. traf viele von ihnen. Wir setzen
unsere Serie in dieser Ausgabe mit der Gruppe
SANDOW, einer der „anderen Bands“ fort.
SANDOW
Immer noch anders als die Anderen
Eine Gruppe von Musikern haben wir in unserer Serie bisher
noch nicht zu Wort kommen lassen: die so genannten „anderen
Bands“, die Ende der 1980-er
Jahre vor allem in größeren
Städten quasi im „underground“
entstanden – will sagen, unabhängig von der Förderung staatlicher Organisationen oder Medien. Zumindest anfangs. So ab
1988 nahmen auch zunehmend
die Medien von ihnen Kenntnis
– Rundfunk, Musikzeitschriften,
selbst Amiga. Sie nannten
sich DekaDANCE, AG
Geige, Mixed Pickles,
Herbst in Peking, Skeptiker, Die Vision, Die Art,
„die anderen“, Feeling B
oder WK 13. Der abendfüllende Dok-Film „flüstern und SCHREIEN“
(Oktober 1988) gab ungeschminkt wider, was die
Musiker und ihr immer
größer werdender Fankreis in
dieser „Endzeitstimmung“ im
Lande bewegte.
Wie WK 13 kam auch eine junge Band Namens SANDOW aus
Cottbus. Alles angefangen hatte
in den Kellern des PlattenbauViertels Sandow in Cottbus. Die
13-jährigen Schüler Kai-Uwe
Kohlschmidt und Chris Hinze
wollten Musik machen. Keinen
Pop, langweiligen Rock oder irgendwas Etabliertes. Punk war
das Stichwort, aber irgendwie war der ihnen zu
primitiv. Sie spielten (damals noch ohne offizielle
Einstufung) auf Betriebsfesten, fuhren über die
Dörfer, mal kamen 20
Besucher, mal 200.
Bald waren sie fünf – zu
Kohlschmidt (Gitarre,
Gesang, Komposition,
Text) und Hinze (Gitarre,
Gesang) kamen Jeanette Petersen (Keyboard, Gesang), Tilman
Fürstenau (Bass), Dirk Patsch,
später Tilmann Berg (Schlagzeug) – Baufacharbeiter, Gymnasiasten, Kfz-Schlosser und
Textilfacharbeiterin. Noch heute, nach mehr als 30 Jahren,
spielt SANDOW in der Besetzung Kohlschmidt, Fürstenau,
Hinze und Berg. Jo Fabian ist für
Licht und Video zuständig.
Mit Songs wie „Schweigen &
Parolen“, „Harmonie & Zerstörung“ und „Born in the G.D.R“
wurden sie schon bald zum Geheimtipp in der Szene. Vor allem
„Born in the G.D.R.“, eine Replik
auf das Springsteen-Konzert in
Weißensee, wurde zur SANDOW-Hymne (Jetzt, jetzt lebe
ich/ Jetzt, jetzt trinke ich/ Jetzt,
jetzt stinke ich/ Jetzt, jetzt rauche ich/ Jetzt, jetzt brauch ich
dich/ Wir bauen auf und tapezier’n nicht mit/ Wir sind sehr
stolz auf Katarina Witt).
In dieser Serie erschienen bisher:
Heinz-Jürgen Gottschalk, Ingo Graf, Mary Halfkath, Hans
die Geige, Michael Hansen, Monika Hauff/Klaus-Dieter
Henkler, Monika Herz, Jörg Hindemith, Ruth Hohmann,
Andreas Holm & Thomas Lück, Lutz Jahoda, Dieter
Janik, Uwe Jensen, Erhard Juza, Karat, Karussell, Barbara Kellerbauer, Britt Kersten, Jürgen Kerth, Herbert
Klein, Helmut Kluwe, Zsuzsa Koncz, Jiri Korn, Henry
Kotowski & Die Sputniks, Horst Krüger, Thomas Kurzhals, Aurora Lacasa, Reinhard Lakomy, Anke Lautenbach, Klaus Lenz, Lift, Wolfgang Lippert, Angelika Mann,
Gisela May, Achim Mentzel, Sandra Mo & Jan Gregor,
Gerti Möller, Gruppe MTS, Gaby Munk & Ingo Krähmer,
Gerd Natschinski, Thomas Natschinski, Roland
Brigitte Ahrens, Rosemarie Ambé, Julia Axen, Franz
Bartzsch, Arndt Bause, Olaf Berger, BERLUC, HansJürgen Beyer, Hansi Biebl, Holger Biege, Dieter Birr,
Helga Brauer, Uschi Brüning, Ralf Bursy, Gerd Christian, City, Tamara Danz, Kurt Demmler, Stefan Diestelmann, Dieter Dornig, Walter Eichenberg, Hartmut
Eichler, electra, Engerling, IC Falkenberg, Ina-Maria
Federowski, Günther Fischer, Veronika Fischer, Franke-Echo-Quintett, Dagmar Frederic, Maja Catrin
Fritsche, Arnold Fritzsch, Fred Frohberg, Rainer Garden, Gitte & Klaus, Günter Gollasch, Peter Gotthardt,
Dass ein Kollege von „Horch und
Guck“, offenbar des Englischen
unmächtig, nach einem Konzert
in Doberlug-Kirchhain den Song
als „Bohren in der DDR“ weiter
meldete, birgt schon etwas Skurriles. Kam es doch der Wahrheit
ziemlich nahe.
Im November ‘89 erhielt die
Band den 1. Preis beim Senatsrockwettbewerb in Westberlin,
1990 kam die LP „Der 13. Ton“
heraus (Harmonie & Zerstörung,
Mania, Amuck in Boredom,
Happy House, Der 13. Ton),
dann „Stationen einer Sucht“
und „Kiong“ (2007). SANDOW
tourte u.a. mit Rio Reiser und
den Toten Hosen. Kompositionen für Hörspiele und Theater
folgten, Performances wie „Aufbruch und Aufruhr“ oder
NGOMA mit dem Maler Hans
Scheuerecker, eigene Stücke wie
„KänGURU“ 1991 an der Neuen Bühne Senftenberg. Ende der
1990-er löste sich die Band auf,
kam dann wieder zusammen.
In diesem Frühjahr erschien ihre Biografie
„SANDOW. 30 Jahre
zwischen Harmonie und
Zerstörung“ von Ronald
R. Klein, mit ihrer
neusten Hörspiel-CD „Im
Feuer“. Kohlschmidt soll
in diesem Hörspiel die
Anfänge noch einmal aufleben lassen. Ich habe die Scheibe noch nicht gehört. Aber was
die Anfänge von SANDOW Mitte der 1980-er Jahre angeht – da
könnte ich auch noch ein paar
Erinnerungen beisteuern. Wie es
der Zufall will, stieß ich vor kurzem in meinem ziemlich unaufgeräumten Archiv auf einen
Brief von Kai-Uwe, handgeschrieben natürlich, aus dem
Jahr 86. Kai-Uwe, damals 17,
legte uns (der Redaktion vom
„neuen leben“) in rührend bescheidener Art
seine Band ans Herz.
„Das soll eine Art Hilferuf sein. Denn wir
kommen uns ziemlich
verlassen vor hier in
Cottbus“, schrieb er.
Und dann, neben vielen
anderen klugen Sätzen:
„Gerade die Sprache,
die Kommunikation
zwischen Band und Publikum
durch Texte, halte ich für das
wichtigste. Wir spielen ja nicht,
damit sich Leute im Lärm abreagieren, sondern um uns mit ihnen zu ‘unterhalten’.“
Ingeborg Dittmann
Abb.: SANDOW 1985, Die Platte von 1990, SANDOW am 14.
Mai 2014 beim dt-64-Festival
im Kino Babylon.
Fotos: privat, Förster
Neudert, Omega, Peter Paulick, Ines Paulke, Jenny
Petra, Eva Maria Pieckert, Die Prinzen, Die Puhdys,
James W. Pulley, Thomas Putensen, Ingrid Raack,
Brigitte Rabald-Koll, Reform, Gaby Rückert, Christian Schafrik, Fred Schmidt, Sonja Schmidt, Vera
Schneidenbach, Frank Schöbel, Christel Schulze,
Hartmut Schulze-Gerlach, Sonja Siewert & Herbert
Klein, Silly, Sven Simon & Pallas Band, Reiner Süß,
Dina Straat, Theo-Schumann-Combo, Tina, Regina
Thoss, TRANSIT, Christiane Ufholz, Siegfried Uhlenbrock, Bärbel Wachholz, Jürgen Walter, Peter Wieland, Harald Wilk, Alfons Wonneberg, Pascal von
Wroblewsky, Petra Zieger, Wolfgang Ziegler.
4
jot w.d. 10/2014
Unternehmer-Frühstück im KulturGut
Marzahn – Owus und Die Linke laden am 24. Oktober, 9
Uhr, zum Unternehmer-Frühstück in das KulturGut, AltMarzahn 23, ein. Zu Gast ist
Christa Bertag, die Anfang der
1990-er Jahre als engagierte
Streiterin für den Erhalt von
Berlin-Kosmetik in der Bitterfelder Straße bekannt wurde.
Sie wird über ihre Erfahrungen
aus mehr als 40 Jahren leitender Tätigkeit in der Wirtschaft
zweier Gesellschaftssysteme
berichten. Christa Bertag, geboren 1942, leitete ab 1986 als Generaldirektorin das Kosmetikkombinat Berlin. Anschließend
besteht bei Schmalzstullen und
Gurken die Möglichkeit zum
Gedankenaustausch. Interessenten sind herzlich eingeladen.
Öffentlicher
Foto-Stammtisch
Feiern, Schlemmen, Informieren
Herbstfeste in den Bürgergärten des Bezirks
Marzahn/Hellersdorf – Am 20.
September hatten die Interkulturellen Gärten in der Golliner Straße in Marzhan Nord die Bewohner zum Herbstfest eingeladen.
Auf dem mit Ballons und Girlanden geschmückten Gelände wurden den Besuchern die diesjährigen Erzeugnisse der Gärtner präsentiert. Es gab auch die Möglichkeit, sie gegen eine kleine Spende an den Verein zu erwerben. Bei
einer Führung durch die Gärten
und die Ausstellung zu Geschichte und Entstehung der Interkulturellen Gärten in Marzahn Nord,
die Alexander Reiser und Harald
Zentner als Gründer und Pächter
der ersten Stunde anboten, konnten sich Interessierte über viele
Facetten informieren. Ein Kulturprogramm (u.a. mit der Gesangs-
gruppe von Vision e.V.), Spielund Bastelangebote für Kinder
und nicht zuletzt das Kulinarische
– es gab russische Spezialitäten
wie Pirogen und Apfel- und Pflaumenkuchen sowie Süßigkeiten zu
Tee und Kaffee – rundeten das
Fest ab.
Das Projekt „Interkulturelle Gärten“ wurde 2005 von Bezirksamt,
Lokaler Agenda und Akteuren vor
Ort (u.a. Vereinigung der Aussiedler und Verein der Migranten
aus Vietnam) erarbeitet und umgesetzt. Die Hauptidee war dabei,
mit dem Aufbau und dem Betreiben eines gemeinsamen Gartens
Menschen verschiedener Herkunft (einheimische Deutsche,
Spätaussiedler aus der GUS sowie Migranten aus Vietnam und
dem ehemaligen Jugoslawien) zu-
Marzahn – Am 21. Oktober, 19
Uhr, lädt die Gesellschaft für Fotografie zu ihrem 38. öffentlichen
Foto-Stammtisch ins Foyer im
Obergeschoss des FFM ein. Im
Mittelpunkt des Abends soll die
Teamausstellung zum Thema Architektur stehen. Eintritt frei. ID
Zu Fuß von Venedig
nach Dänemark
Hellersdorf – „2000 Kilometer zu Fuß von Venedig nach
Dänemark“ – selbst gelaufen
und erlebt von Hans Döring. Zu
einem interessanten Erlebnisbericht über Länder und Leute
aus persönlicher Perspektive
lädt das Stadtteilzentrum Hellersdorf-Ost, Albert-KuntzStraße 58, am 8. Oktober,
14.30 Uhr, ein. Eintritt: 2,50,
Kaffeegedeck 1,50 Euro, Anmeldung Tel. 99 49 86 91. RN
Singen macht Laune
Marzahn – Am 8. Oktober laden Carola Röger (Moderation)
und Ulrich Wilke (Klavier)
wieder zum gemeinsamen
Volkslieder-Singen in das Restaurant des Seniorenzentrum
Landsberger Tor, Blumberger
Damm 158, ein. Motto: „Der
Herbst macht Blätter bunter“.
Beginn 15 Uhr, Eintritt 2 Euro.
Die Texte liegen vor.
I.D.
Parkweg beleuchtet
Marzahn – Anwohner, Eltern
und ansässige Einrichtungen haben immer wieder angeregt, den
Weg zwischen Ludwig-RennStraße (Höhe Terrassenhaus)
und Straßenbahnhaltestelle
„Bürgerpark Marzahn“ auszubauen und zu beleuchten. Viele
Menschen, insbesondere Schulkinder, nutzen täglich den Weg
durch den Bürgerpark. Gerade in
der kalten Jahreszeit ist dieser
unbeleuchtete „Schulweg“ nicht
ungefährlich. Im Rahmen der Initiative „Aktionsraum plus“ wurde er nun neu angelegt und mit
Beleuchtung ausgestattet. -wp
Großsiedlung
Ob Gemüse oder Blumen – die Gärten bieten viel Gutes. Fotos: Reiser
sammenrücken zu lassen und die
Kommunikation unter ihnen zu
fördern. Die 23 Parzellen im Garten werden heute gemeinsam von
ihnen bewirtschaftet, hinzugekommen sind Bewohner aus Rumänien.
Ein weiteres herbstliches Nachbarschaftsfest wird am 11. Oktober, 14 bis 18 Uhr, im Bürgergarten „Helle Oase“ an der Tangermünder Straße 127-129 in Hellersdorf gefeiert. Auf dem Programm stehen u.a. Drachenbau,
Naturbasteleien, Familien- und
Kinderflohmarkt, Verkehrsparcours und -quiz, Spielzeugbasar,
Bewegungsspiele sowie die Siegerehrung des BalkongemüseWettbewerbs „Tomatototal“.
Der Bürgergarten „Helle Oase“
mit selbst gebauten Hochbeeten
zum gemeinschaftlichen Anbau
von Gemüse, Kräutern und Blu-
men, einer im vergangenen Jahr
angelegten Streuobstwiese, einem viel besuchten KleinkinderSpielbereich sowie Streetsocceranlage und Boulebahnen ist seit
2012 auf einer rund 4000 Quadratmeter großen Stadtbrache
nach Ideen von Bürgerinnen und
Bürgern mit deren tatkräftiger
Unterstützung entstanden. Das
Gartenprojekt orientiert sich an
den Prinzipien der Permakultur.
Ursprünglich für die Landwirtschaft entstanden, umfasst dieses
Konzept inzwischen auch Bereiche wie Energieversorgung,
Landschaftsplanung und Zusammenleben. Grundprinzip ist ein
ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltiges Wirtschaften
zum Wohle von Mensch und Natur gleichermaßen.
Alexander Reiser
Petra Strachowski
So lang wie möglich in eigenen vier Wänden
500. aktive Teilnehmerin der sozialen Personenbetreuung begrüßt
Marzahn-Hellersdorf – Die 87Jährige Friedlieb Anklam ist die
500. aktive SOPHIA-Teilnehmerin. SOPHIA, das steht für „Soziale Personenbetreuung – Hilfen
im Alltag“ und unterstützt ältere
Menschen in Berlin und Brandenburg. Friedlieb Anklam wohnt in
einem degewo-Seniorenwohnhaus. Hier werden bereits viele
Betreuungsleistungen angeboten,
doch die Seniorin möchte zusätzlich mehr Sicherheit in ihrer Wohnung. SOPHIA ermöglicht das
beispielsweise mit einem Notrufarmband. Das Projekt wurde
2007 von degewo und STADT
UND LAND gestartet. „Unsere
Mieter wollen, so lange es möglich ist, in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben. Selbstbestimmt zu leben, ist für viele
ältere Menschen enorm wichtig.
SOPHIA hilft dabei“, sagt degewo-Vorstandsmitglied Frank
Bielka. Teilnehmer von SOPHIA
leben im Durchschnitt mindestens zwei Jahre länger Zuhause.
Bei dem Angebot können Mieter
zwischen verschiedenen Servicepaketen auswählen, die zwischen
16,90 und 43,90 Euro monatlich
kosten. Die Pflegekassen zahlen
bei Vorliegen der entsprechenden
Pflegestufe einen Zuschuss.
Angeboten wird beispielsweise
ein Funkarmband, das Alarm auslöst, wenn es über längere Zeit
nicht bewegt wird. Wenn der Träger beispielsweise bewusstlos
geworden ist, wird eine rund um
die Uhr besetzte Notrufzentrale
benachrichtigt, die dann wieder-
um die Angehörigen informiert
oder einen Arzt vorbeischickt.
Jeder Nutzer hat zudem einen
persönlichen Ansprechpartner.
SOPHIA-Geschäftsführer Rudolf
Kujath sagt: „Vor allem die regelmäßigen Kontakte der über 35
ehrenamtlichen Telefonpaten
Die 87-Jährige Friedlieb Anklam ist die 500. aktive Teilnehmerin bei
dem Betreuungsdienst SOPHIA. Es gratulierten (v.r.n.l.) degewo Vorstandsmitglied Frank Bielka, SOPHIA-Geschäftsführer Rudolf Kujath und Jörn Richters vom degewo Kundenzentrums Nord.
werden überaus geschätzt. Sie
sind Gesprächspartner, Ratgeber
und Vermittler von Dienstleistungen. Sie helfen gegen Isolation
und Vereinsamung und unterstützen dadurch die eigene Haushaltsführung.“
SOPHIA hat seit Gründung in
Berlin fast 1000 Teilnehmer betreut. Das Kerngeschäft wird ergänzt durch unterschiedliche
Dienst- und Beratungsleistungen,
die sich in den vergangenen Jahren neu oder weiter entwickelt
haben. So bietet das Projekt auch
konkrete und direkte Hilfeleistungen im Haushalt an, berät bei
Antragstellungen und unterstützt
Mieter bei Baumaßnahmen von
Wohnungsunternehmen.
SOPHIA ist u.a. Mitglied in der
„Bundesarbeitsgemeinschaft
Wohnungsanpassung e.V.“ und
berät Senioren und Menschen mit
Einschränkungen bei nötigen Veränderungen in der Wohnung. So
hat sich das Angebot als kompetenter Ansprechpartner sowohl für
die unmittelbar Betroffenen als
auch für Wohnungsunternehmen
etabliert und ist als „Sozialer
Dienstleister im Bereich des Wohnens im Alter“ EU-weit als innovatives und erfolgreiches Konzept
anerkannt.
L. Ackermann
Kleinsiedlung
jot w.d. 10/2014
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Ein vergessenes Gartenkunstwerk
Zwischen Akazienallee und Wilhelm-Bloss-Straße war einst ein prächtiger Stadtplatz
Mahlsdorf – Man sieht es ihm
heute nicht mehr an, aber der
Ullrichplatz in Mahlsdorf Süd
war einst ein kleines blühendes
Paradies, ein so genannter Stadtplatz, wie er zumindest außerhalb
der Berliner City kaum noch einmal anzufinden war. Doch das ist
lange her.
Angelegt um 1907, als die Besiedlung von Mahlsdorf Süd begann, entstand zwischen 1925
und 29 auf der 8500 Quadratmeter großen Fläche nach Plänen des
ersten Großberliner Gartenbaudirektors und Landschaftsplaners
Erwin Barth ein wahres
Schmuckstück. Barth, Schöpfer
zahlreicher Berliner Plätze
(Savignyplatz, Volkspark Jungfernheide, Franz-Hals-Platz in
Mahlsdorf Nord), der nach dem
Machtantritt der Nazis 1933 den
Freitod wählte, gestaltete den
Platz nicht nur nach ästhetischen,
sondern auch nach funktionalen
Aspekten. Fern des Repräsentationsgedankens anderer Plätze
dieser Zeit, war er für die Erholung ärmerer Bevölkerungsschichten gedacht, die sich kei-
nen eigenen Garten leisten konnten. Deshalb wirkte der Platz
nach Außen hin abgeschlossen,
wie ein großer Garten. Den
„Zaun“ bildeten ansteigende, mit
Stauden und Bodendeckern reich
bepflanzte Hänge. Phlox, Rittersporn, Funktien und Astern ergänzten das prächtige Bild, wie
alten Fotos aus den 1930-er Jahren zu entnehmen ist. Auf der
Umwegung wurden Gleditschien
gepflanzt, aus den USA stammende, sommergrüne Bäume, die bis
zu 20 Meter hoch werden. Der
Stamm ist Dornen bewehrt, die
bis zu 30 cm lang werden (was
oft zu der Bezeichnung „Falscher
Christusdorn“ führt). Ende Oktober bekommen die Blätter eine
schöne goldgelbe Färbung.
Der angestrebten Funktionalität
ist auch die Dreiteiligkeit des
Platzes geschuldet, etwa der
Spielbereich an der Nordseite mit
Sandkasten, der Ruhebereich mit
Bänken und Platanengruppen an
der Südseite. Breite Treppen aus
Rüdersdorfer Kalk führten von
beiden Seiten in die Mitte des
Platzes, der heute als Fußball-
Und so erbärmlich sieht der Platz heute aus.
Fotos: Dittmann
erfüllte sich in all den Jahren
nicht, Geld für ein neues Geländer blieb angesichts der klammen
Kassenlage und anderer wichtiger
Aufgaben im Bezirk ein frommer
Wunsch. Das Bezirksamt hat die
Idee unterstützt und die verbogenen Geländerteile entfernt. Aus
Spenden der Mitglieder der Ba-
Biesdorf – Am 18. Oktober
geht ab 14 Uhr der 23. Internationale Musik-Videoclip-Wettbewerb über die Bühne des
Theater am Park, Frankenholzer Weg 4. Hierbei geht es um
nichtkommerzielle Filmemacher. Der Eintritt ist frei. Infos
und Teilnahmevoraussetzungen
www.fivia.de.
I.D.
Kabarett
Schwarz-Rot-Geld
Marcus Weiß zeigt Grundrisse vom Ullrichplatz aus den 1930-er Jahren.
wiese, zuweilen auch für kleine
Siedlungsfeste genutzt wird.
Im 2. Weltkrieg wurde der Platz
zerstört, Schützengräben wurden
ausgehoben. Die schönen Blumenbeete wurden nicht wieder angelegt, Geld für die Pflege fehlte.
Auch zu DDR-Zeiten war dem
einstigen Gartenkunstwerk ein
eher bescheidenes Dasein beschieden. Der Mittelplatz wurde
um ca. 25 cm aufgeschüttet und
als Sportfläche genutzt. In den
1980-er und 90-er Jahren gab es
immer wieder Ideen von Anwohnern und Mahlsdorfer Bürgern,
den Platz wieder ansehnlicher zu
gestalten. In der Festschrift zum
650. Jahrestag von Mahlsdorf von
1995 ist gar von einer geplanten
Rekonstruktion die Rede. Doch
wenn mal Geld in den öffentlichen Kassen war, dann kam das
meist den beiden Großsiedlungen
zugute, wo es inzwischen eine
ganze Anzahl prächtiger Stadtund Spielplätze gibt. Das wissen
besonders die „Süder“.
Immerhin wurde der Ullrichplatz,
der übrigens nach einem Mahlsdorfer Anwohner benannt wurde
und im Volksmund auch Bülow-
platz hieß, 1995 zum „Gartendenkmal“ erhoben und steht auf
der Denkmalliste des Landes Berlin. Wer sich davon nach Mahlsdorf locken lässt, wird arg enttäuscht sein über das, was er auf
dem Ullrichplatz vorfindet. Bezahlt und personell bewältigt
werden kann seit Jahren nur ein
grober Rückschnitt, etwa der Gleditschien (wegen der Verletzungsgefahr durch die Dornen und der
Verkehrssicherungspflicht) und
zwei Mal im Jahr Rasenmähen.
Könnte man nicht wenigstens
noch einige Bänke aufstellen und
den Wildwuchs, vor allem im südlichen Teil, entfernen?
Landschaftsplaner Marcus Weiß,
der sich als Mahlsdorfer und
Denkmalpfleger mit der Geschichte des Platzes befasst hat
und Interessenten am 14. September über den Platz führte, gefällt
dieser Zustand gar nicht. Auf Basis einer Bürgerinitiative sei im
Frühjahr 2015 eine Parkpflegeaktion angedacht, berichtet er.
Und noch in diesem Herbst soll
eine Info-Tafel aufgestellt werden. Immerhin ein Anfang.
Ingeborg Dittmann
Fleißige Bürger beim Aktionstag für ein schönes Berlin
Biesdorf – Für den 12. und 13.
September waren die Bürger von
Berlin zur Beteiligung am
„Aktionstag für ein schönes Berlin“ aufgerufen. Auch im Bezirk
Marzahn-Hellersdorf wurden von
Bürgern einige Aktivitäten organisiert. Man brauchte beispielsweise in Biesdorf nicht lange suchen, um ein nützliches Betätigungsfeld zu finden. Auf Initiative der Basisgruppe 59 der Partei
Die Linke entstand der Vorschlag,
das Absperrgeländer zwischen
dem Vorplatz des S-Bahnhofes
Biesdorf und dem Parkplatz vor
den Schranken gegenüber der
Gaststätte „Paule“ zu streichen.
Seit ewigen Zeiten rostet es braun
vor sich hin, und dann hatte auch
noch ein „verwegener“ Autofahrer
seine Spuren hinterlassen. Die
Hoffnung, das hohe Unkraut würde das Geländer grün verdecken,
VideoclipWettbewerb im TaP
sisgruppe wurde Material gekauft
und mit drei Leuten ging es am
12. September ab 10 Uhr zur Sache. Das Unkraut war bald mit
einer Handsense gemäht und
zusammengeharkt, das Geländer
gereinigt und von grobem Rost
befreit. Danach konnte der erste
weiße Farbanstrich aufgetragen
werden. Um ein einwandfreies
Farbbild zu erreichen, musste einen Tag später ein zweites Mal
gestrichen werden. Nun strahlt
das alte Geländer in neuem Glanz
und kann so ruhig noch ein paar
Jahre stehen, den Aktiven und
allen Biesdorfer Bürgern zum
Nutzen.
Claas Reise
Biesdorf/Marzahn – Mit Berliner Herz und Schnauze geht es
zu im Kabarettprogramm mit
Klaus Zeim und Manfred Rupp
(ehemals „Kneifzange“). Das
bekannte Berliner Kabarett, gegründet 1955, hatte im Oktober
2011 seinen Spielbetrieb eingestellt. Ehemalige Ensemblemitglieder sind aber weiterhin
auf Tour und erfreuen ihr Publikum mit satirischen Bestandsaufnahmen der politischen Situation der „chaotischen Republik Deutschland“, wie der Ankündigung des Programms
„Schwarz – Rot – Geld“ zu entnehmen ist. Zu erleben am 26.
Oktober, 15 Uhr, im Theater im
Park, Frankenholzer Weg 4,
Eintritt 10 Euro (Karten Tel. 37
30 82 21) sowie am 31. Oktober, 20 Uhr, in der Studiobühne des FFM, Eintritt 16 Euro,
Karten Tel. 542 70 91.
I.D.
Tanz in den Herbst
Biesdorf – Am 11. und am 25.
Oktober kann jeweils ab 14.30
Uhr wieder das Tanzbein im
TaP, Frankenholzer Weg 4, geschwungen werden. Die LiveMusik kommt von „The
Voices“ und Hartmut Haker.
Eintritt 7,50 Euro.
Einsichten einer
Sechzigjährigen
Mahlsdorf – Die Philosophin
und Heilpraktikerin Christine
Eschenbach, in Thüringen geboren, meint: „Erst seit ich in
Mahlsdorf lebe, braucht meine
Seele nicht ständig im Thüringer Wald aufzutanken, um gesund zu bleiben.“ Am 17. Oktober, 16 Uhr, stellt sie im Café
Mahlsdorf, Hönower Straße 65,
ihre CD und Broschüre „Einsichten einer Sechzigjährigen“
vor. Über die Herbstzeit eines
Menschenlebens und mehr
spricht sie und wird ihre Lieder anstimmen – vom Baum,
der sich wandelt oder vom
Ochs in uns, der sich vor einen
Karren spannen lässt.
RN
Kleintierschau
Die Arbeiten zur Verschönerung haben sich gelohnt, wie dieser Vorher-Nachher-Vergleich zeigt. Fotos: Reise
Kaulsdorf – Am 18. und 19.
Oktober veranstaltet der
Kleintierzuchtverein Kaulsdorf-Süd an der Eichhornstraße
8a seine traditionelle Kleintierausstellung mit ca. 120 Rassekaninchen und 80 Geflügel.
Geöffnet Sbd 9-17.30, So 9-14
Uhr, Info Tel. 747 82 393. RN
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jot w.d. 10/2014
Links & rechts der Wuhle
Gute Taten tun tut auch den Tätern gut
Mitarbeiter von Stadt und Land begehen 90. Betriebsjubiläum mit 90 guten Taten
Hellersdorf – Am 7. Juli konnte das
städtische Wohnungsunternehmen
Stadt und Land seinen 90. Gründungstag begehen. Doch schon zu
Jahresbeginn war den Mitarbeitern
klar: Statt einer tollen Firmenparty
wollen sie aus diesem Anlass sich
auf den sozialen Gründungsgedanken (für Minderbemittelte gesunde
Kleinwohnungen mit Dauergärten
zu billigen Preisen schaffen) besinnen und eine große Ehrenamtsaktion
starten. „90 gute Taten“ hieß das ehrgeizige Ziel. Von Anfang März bis
Ende September lief die Jubiläumsaktion. Besonderes Augenmerk sollte den Kiezen, in denen die Mieter
des städtischen Unternehmens zu
Hause sind, gelten. Also Neukölln,
Tempelhof-Schöneberg, TreptowKöpenick und Hellersdorf.
Im Fokus standen die Bereich Bildung, Integration, Soziales, Nachbarschaft, Sport und Kultur. Doch
auch in ihrer privaten Umgebung
wurden Männer und Frauen der
Wohnungsgesellschaft aktiv.
Heike Lingenfelder war mit einem Team aus dem Servicebüro Hellersdorf beim Garteneinsatz in der Kita „Springmäuse“ an der Stollberger Straße. Dort werden 180
Kinder betreut. Die Kita wurde mehrfach als „Bewegungsfreundliche Kita“ zertifiziert. Ein Grund dafür ist der große Garten mit vielen Bäumen, der den Kindern viele
Bewegungsmöglichkeiten lässt. Viel Grün braucht aber auch viel Pflege. Foto: -sul
Den Startschuss gab Sabine Rickmann, Bereichsleiterin Technik bei
Stadt und Land, und organisierte
eine Puppentheateraufführung für
Familien mit schwerkranken Kindern. Es folgten ein umfangreiches
Bewerbungstraining des Neuköllner
Mentoring-Projektes „Hürdenspringer“, dem Team des Figurentheaters
Grashüpfer im Treptower Park wurde bei der Reparatur der bekannten
Märchenjurte geholfen.
Am 29. und 30. März waren Mitarbeiter in Hellersdorf im Rahmen von
„Kultour à la carte“ bei einem märchenhaften und farbenfrohen Wochenende unter dem Motto „Alice
im Wunderland“ in der neuen Begegnungsstätte am Baltenring 74
aktiv. Im Juni ging es zum Garteneinsatz in die Kita Rappelkiste in
Hellersdorf, dort wurden neben
Unkrautbeseitigung auch Spielgeräte repariert und gestrichen.
Kinder einer Marzahner Schule
lernten in einer Projektwoche zur
Nachhaltigkeit die Solaranlagen
auf den Dächern von Stadt und Land
und eine Regenwasseraufbereitungsanlage in Hellersdorf kennen.
Im August wurde Hilfe im Interkulturellen Generationengarten
Blohmgarten in Lichtenrade benötigt. Er bietet auf mehr als 5000
Quadratmetern interessierten Menschen die Möglichkeit, gärtnerisch
tätig zu sein und sich Gemüse selbst
anzubauen. Gut 30 Familien nutzen
diese Gelegenheit. Allerdings ist das
Gelände so groß, dass die Pflege der
Grünanlagen nicht alleine zu bewältigen ist. Beim öffentlichen Sommerfest konnte der Garten dank des
Einsatzes in aller Pracht erstrahlen.
Am 10. September halfen die Mitglieder des Betriebsrates an Multipler Sklerose Erkrankten, die Gärten der Welt zu besuchen. Einige von
ihnen sind bereits auf einen Rollstuhl angewiesen und mussten geschoben werden.
Zum Ende der halbjährlichen Aktion ging es am 18. September noch
einmal in die Kita Rappelkiste zum
Prinzessinnen- und Ritterfest anlässlich des 25-jährigen Bestehens
der Einrichtung. Am 26. September
wurde im Garten der Kita Hummelburg am Blumberger Damm (Integrationskita für 160 Kinder mit und
ohne Behinderung) ein Häuschen
aufgebaut, damit das Umfeld der
Kinder noch schöner wird.
So konnten die Mitarbeiter von
Stadt und Land „90 gute Taten“
feiern.
Ralf Nachtmann
Abschied mit doppelter Wehmut
Zum Tod des Mahlsdorfer Bildhauers Karl-Günter Möpert
Kaulsdorf – Es war keine sonderlich große Menschenmenge,
doch immerhin gut 50 Frauen und
Männer, die sich am 22. September mittags auf dem Friedhof an
der Dorfstraße einfanden. Es galt,
Karl-Günter Möpert zu gedenken, der 81-jährig verstorben
war. Gerade noch hatten wir ihn
(siehe jot w.d. 8/2013) anlässlich
seines 80. Geburtstages und der
dafür organisierten Hommage in
der Krankenhauskirche am Brebacher Weg gewürdigt. Nun
sprach seine Bildhauer-Kollegin
Christa Sammler, für die er viele
Jahre Lehrer und väterlicher Ratgeber und Freund war, gedenkende Worte. Wohl so, wie es ihm
selbst auch gefallen hätte: Unprätentiös, auf Werk und Wirken ein-
gehend, bar von Dingen, die bei
Lebenden unter „Tratsch und
Klatsch“ fallen. Besonders hob
sie ihn als Gründer des bis heute
bestehenden Bildhauersymposiums in Reinhardtsbrunn in der
Sächsischen Schweiz hervor, das
er 1980 ins Leben rief und das bis
heute zu den bedeutendsten seiner Art in ganz Europa zählt.
In einem Nachruf geht auch das
Bezirksamt auf Möperts Wirken
ein, hebt dabei aber ausgerechnet
die Bronzeplastik „Denkmal für
die Erbauer Marzahns“ in der
Marzahner Promenade, die er
zusammen mit Karl Hillert schuf,
hervor. Dabei verstand er sich
trotz all seiner Bronzearbeiten
hauptsächlich als Steinbildhauer.
Nun, zumindest wurde auf seine
Der Brunnen ist nicht nur in erbärmlichem Zustand, er ist insgesamt gefährdet. Foto: Nachtmann
Sandsteinskulpturen „Träumende“ im Parsteiner Ring oder die
„Hauseingangszeichen“ in der
Zossener Straße hingewiesen.
Auch darauf, dass sich Möperts
Werke ebenfalls in Lichtenberg,
Weißensee, Köpenick und in anderen Städten der früheren Republik finden.
Kulturstadträtin Juliane Witt verspricht, Karl-Günter Möpert und
seinem Schaffen ein ehrendes Gedenken bewahren und einige seiner Kunstwerke, u.a. dokumentiert in dem Bildband „Kunst in
der Großsiedlung“, in öffentlicher
Obhut zu halten. Wir hoffen, dass
ihr Engagement auch für den
Brunnen mit den „tanzenden
Mädchen“ gelten wird, der in
Mahlsdorf neben der in Bälde ab-
zureißenden Kaufhalle steht. Die
Investoren von Rewe, die einen
Neubau errichten, haben zwar
angekündigt, „das Kunstwerk“ irgendwo in den neu zu schaffenden Parkplatz zu integrieren. Ob
sie aber damit den gesamten
Brunnen oder nur die Säulenskulptur meinten, ist nach wie vor
ungewiss. Hier gilt es, rechtzeitig zu handeln und sich beispielsweise mit Baustadtrat Christian
Gräff (dessen Abteilung schließlich Baugenehmigungen erteilt
und dazu Auflagen erteilen kann)
ins Benehmen zu setzen. Denn
ein abgerissenes Kunstwerk kann
niemand ersetzen, wie die traurige Geschichte nicht nur im Bezirk Marzahn-Hellersdorf beweist.
Ralf Nachtmann
Sommer 2014: Das Peacezeichen vergammelt
Wie aber wird der Frieden erhalten, wenn schon die Zukunft seiner Zeichen ungewiss ist?
Wir in Europa haben uns mehr
oder weniger an sich wiederholende Kriegsberichte mit schrecklichen Bildern aus Afrikanischen
Ländern, aus Afghanistan, aus
dem Irak, aus Syrien, dem GazaStreifen und aus Israel gewöhnt.
Neu dazu kamen in diesem Jahr
erschreckende Nachrichten über
brutale bewaffnete Auseinandersetzungen im ukrainischen Bürgerkrieg mit vielen Todesopfern
unter der Zivilbevölkerung. Seit
25 Jahren gab es mit dem Mauerfall eine vermeintliche Ruhepause zumindest in Zentraleuropa.
Jetzt, genau 100 Jahre nach dem
Ersten Weltkrieg, beginnen die
Weltmächte unverhohlen wieder,
mit dem Feuer zu spielen.
Jetzt genau ist es auch angezeigt,
sich die Mahnmale im Bezirk
näher anzuschauen. Was sagen sie
über Kriege und den Kampf gegen Kriegsabenteuer aus? Nicht
erst seit zwei Ausgaben ist das
ausdrücklich ein Thema in dieser
Zeitung, aber nun wollen wir es
auch konkret wissen: Wie konnte
es kommen, dass gerade das symbolträchtige und einst gut sichtbare Hellersdorfer Peacezeichen
im Jelena-Santic-Friedenspark in
diesem Sommer so vergammeln
konnte? Da traf sich im Frühsommer die örtliche GrünflächenProminenz wenige Schritte entfernt und setzt mit großer Geste
Bäume quasi als Grundsteinlegung für die östlichen Erweiterungsflächen der Internationalen
Gartenschau 2017. Und wenige
Meter entfernt, in der Nähe des
künftigen Haupteingangs, ver-
gisst man aus Mangel an Mitteln
für die bezirkliche Grünpflege
das Peacezeichen? Oder ist die
Fläche schon in „Obhut“ der neuen Pächter Grün Berlin GmbH?
Das Peacezeichen und die Umbenennung des Rohrbruchparks in
Jelena-Santic-Friedenspark verdanken wir dem Engagement junger Leute aus dem Bezirk während
Neu bepflanzt: Das Zeichen für den Frieden.
Foto: Clauder
des Balkankriegs beim Zerfall Jugoslawiens. Es war der Krieg, an
dem Deutschland erstmals seit
1945 wieder mitgewirkt hatte.
Also viel zu aktuell der Anlass für
Erinnerung, als dass man das Zeichen an der Hellersdorfer Magistrale einfach von Unkraut überwuchern lassen darf. Das sagten
sich einige Aktivisten von der Linken und machten das Peacezeichen durch eine neue Bepflanzung
wieder sichtbar. Das allein ist großes Lob wert. Eine Nachfrage in
der BVV soll nun die bezirkliche
Verantwortung für die künftige
Pflege klarstellen. Hoffen wir auf
klare Zusagen. Denn in den gegenwärtigen Unterlagen zur IGA einschließlich des Nutzungsvertrages
mit Grün Berlin kommt das Peacezeichen nicht vor.
Uli Clauder
Blick zum Nachbarn
Erkner – Werke von ihm und seinem Vater begegnen uns in Berlin auf Schritt und Tritt. Die
„Wasserglocke“ im Friedrichshain, der Brunnen am Strausberger Platz, das geschmiedete APortal der Berliner Stadtbibliothek ... Die Metallkünstler Fritz
(1910 bis 1967) und Achim Kühn
(1942) – Vater und Sohn – haben
ihre metallenen Spuren landesweit an zahlreichen exponierten
Plätzen hinterlassen: Brunnen,
Skulpturen, Mobilés, Landschaftskunst, Stadtmöblierung,
Kirchengerät, Portale, Gitter,
Geländer für öffentliche Gebäude und Gotteshäuser.
Allein Achim Kühn, Schmied,
Architekt, Bildhauer, Fotograf
und Restaurateur, konnte im Auftrag seiner Heimatstadt sieben
Brunnen in Berlin aufstellen.
Zwischen 5 Zentimeter und 15
Metern bewegen sich die Dimensionen der von ihm entworfenen
Metallplastiken. Anhand von
Zeichnungen, Modellen und Fotos werden nun erstmalig in der
Historischen Forschungsstelle
des Leibniz-Instituts für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS) Erkner realisierte
und nicht realisierte Kunst-amBau-Projekte sowie Skulpturen
der Jahre 1967 bis 1990 des renommierten Künstlers Achim
Kühn gezeigt. „Stahl ist nun einmal mein Material. Man kann
vielschichtig arbeiten. Dabei kenne ich keine Scheu, ob kleine Plastik oder große Fassade“, ist Meister Kühn ganz in seinem Metier.
In der von seinem Vater Fritz
Kühn im Jahr 1937 gegründeten
Atelier-Werkstatt, unweit vom S-
22. Kunstauktion
zugunsten „Kinder
von Tschernobyl“
Lichtenberg – Bereits zum 22.
Mal veranstaltet der Aktionskreis
Evangelischer Kirchen „Kinder
von Tschernobyl“ eine Kunstversteigerung, deren Erlös dazu
eingesetzt wird, Kindern aus der
seit dem Atomunglück verstrahlten Umgebung einen Erholungsurlaub in Deutschland zu ermöglichen. Die Palette der Werke
reicht von Blättern von Mitgliedern des „Graphik-Collegium“
Lichtenberg (teils extra für die
Auktion gestaltet) bis hin zu interessanten Stücken aus Sammlungen der Freunde und Unterstützer. Die Auktion, deren
Schirmherren Bürgermeister Andreas Geisel und Kulturstadträtin
Kerstin Beurich sind, findet unter der bewährten Leitung von
Helmut Müller am 7. November,
19 Uhr, im der Galerie Ratskeller im Rathaus Lichtenberg, Möllendorffstraße 6, statt. Besichtigungen der Exponate sind daselbst vom 3. bis 5. November,
10 bis 19 Uhr, sowie über die
Internetseite des Aktionskreises
www.aktionskreis-kinder-vontschernobyl.de möglich.
RN
jot w.d. 10/2014
7
Ein Leben mit Stahl
Krimitalk im
Kriminaltheater
Achim Kühn stellt im Leibniz-Institut aus
Friedrichshain – In der neuen Reihe „Blaulicht – Prominente im Verhör“ befragt „Ermittler“ Lutz Hoff am 15. Oktober im Berliner Kriminaltheater den bekannten RBBModerator Uwe Madel. Beginn
20 Uhr, Palisadenstraße 48,
Karten Tel. 47 99 74 88. I.D.
Achim Kühn vermag dem „schweren Material“ Stahl Filigranität
abzugewinnen wie kaum ein Zweiter.
Foto: Neidigk
Bahnhof Grünau gelegen, klingen
bis heute die Schmiedehämmer.
Dort findet der Besucher auch
Außenplastiken mit so klangvollen Namen wie „Schwarm kleiner und großer Kraniche“ oder
„Stahlbibliothek“ und „Sommergeflüster“ sowie zahlreiche klingende und windbewegte Stahl-
plastiken. Achim Kühns Archiv
belegt bisher 180 Auftragswerke
für den öffentlichen und kirchlichen Raum sowie 50 Restaurierungsobjekte.
Auf zwei Etagen zeigt nun das
IRS noch bis zum 29. November
einen Ausschnitt aus Achim
Kühns Schaffen bis zur Wende.
Diese interessante Schau stimmt
nachdenklich. An einigen Fotos
seiner Werke liest man „nach
1990 vernichtet“. Dazu gehören
unter anderem eine Brunnenanlage in Frankfurt/Oder und eine
geschmiedete Tür vom ehemaligen Palasthotel Berlin. Zu dieser
Liste zählen auch einige Werke
seines Vaters Fritz Kühn, den
immerhin der Pariser Louvre
1969 posthum mit einer Personalausstellung ehrte. Man ist betroffen, was an Kulturgut auf dem
Schrott der Geschichte landete.
Nach Fritz Kühns frühem Tod
1967 hatten Sohn Achim und seine Frau Helgard das Atelier und
die Werkstatt übernommen und
führten die Familientradition, in
der seit lägerem auch ihre Tochter Coco als Künstlerin aktiv ist,
weiter. Doch der Kampf um
Grundstück, Museum und Nachlassproblematik zog sich über 20
Jahre. Berlin tat sich bekanntlich
schwer mit dem Nachlass des
berühmten Berliner Metallbildhauers. Die Leibniz-Gemeinschaft sorgte für ein Happy End:
Fritz Kühns Nachlass wird in die
bereits bestehenden Sammlungen
der Bau- und Planungsgeschichte
des 20. Jahrhunderts im IRS integriert. Erkner erweist den beiden großen Metall-Bildhauern
der Hauptstadt seine Reverenz
und zeigt eine sehenswerte und
beeindruckende Schau der
Schmiedekunst.
Dagmar Neidigk
Zu sehen bis 29. November, Di
und Do 13-17 Uhr im Pavillon
der Historischen Forschungsstelle des IRS, Flakenstraße 2831, 15537 Erkner.
Phantasie und
Spurensuche
Karlshorst – Noch bis zum 29.
Oktober kann die Ausstellung
„Realitäten im Spiel der Phantasie“ im Kulturhaus Karlshorst, Treskowallee 112 (Foyer
in der 1. Etage), besichtigt werden. Helga Schönfeld zeigt
Kunstdrucke digitaler Fotografien und abstrakter Strukturen.
Geöffnet Montag bis Sonnabend
11-19 Uhr, Sonntag 14-18 Uhr.
Parallel dazu gibt es eine weitere Schönfeld-Schau in der Cafeteria „Neue Kapelle“ im Ev.
Krankenhaus Königin Elisabeth
Herzberge, Herzbergstraße 79,
Haus 63. Bis zum 15. November sind einige ihrer beeindrukkenden Arbeiten unter dem Titel „Spurensuche – ein Versuch
Unsichtbares sichtbar zu machen“ zu sehen; geöffnet täglich
11.30 bis 14.30 Uhr.
I.D.
Kunst ist keine Mathematik
Andreas Dresen und Hans-Dieter Schütt bei „Einfach lesen“
Hoppegarten – Am Abend des 5.
September war im Gemeindesaal
an der Lindenallee kaum noch ein
Stuhl frei. Viele Hoppegartener
und Nachbarn waren der Einladung der Gruppe „mach art“ zur
Lesung mit dem Regisseur Andreas Dresen gefolgt. Der mehrfach
Preis gekrönte Filmemacher und
der Autor Hans-Dieter Schütt
stellten die soeben im be.braverlag erschienene Autobiografie
„Glücks Spiel“ vor.
Zur Einstimmung liefen zwei ca.
20-minütige Dokumentar-Studentenfilme von Dresen aus den Jahren 1988/89, gedreht während
seines Studiums an der Babelsberger Hochschule für Film und
Fernsehen, die schon damals das
Talent des heutigen Spielfilmregisseurs für Alltagsgeschichten
ahnen ließen. Wer seine Filme
wie „Stilles Land“, „Halbe Treppe“, „Whisky mit Wodka“, „Sommer vorm Balkon“, „Wolke 9“
oder „Halt auf freier Strecke“
gesehen hat, weiß, wovon die
Rede ist. Es ist die Einfühlsamkeit, die Liebe zu den einfachen
Menschen, deren Lebensumstän-
den, Problemen und Träumen, die
den 1963 in Gera als Sohn des
Theaterregisseurs Adolf Dresen
und der Schauspielerin Barbara
Bachmann geborenen Filmemacher bei der Umsetzung seiner
Drehbuchvorlagen (oft von Wolf-
Andreas Dresen war zu Gast in
der Reihe „Einfach lesen“ im Gemeindesaal Hoppegarten und berichtete u.a. von seinen sonderbaren Flughafenerlebnissen in
Moskau.
Foto: Dittmann
gang Kohlhase) charakterisieren.
Dennoch maße er sich nicht an,
so Dresen im anschließenden
Gespräch mit Hans-Dieter Schütt,
dem Autor seiner Biografie
„Glücks Spiel“, in seinen Filmen
das wirkliche Leben wiederzuspiegeln. „Dazu muss man auf die
Straße gehen, nicht ins Kino, wo
die Wirklichkeit durch die Brille des Regisseurs, den Blick des
Kameramanns, die Verdichtung
der Dinge“ schon mal nicht eins
zu eins abgelichtet würde. Kunst
sei eben keine Mathematik nach
dem Motto 1 plus 1 gleich 2. Zudem nähme jeder Mensch entsprechend seiner Erfahrungen ein
Kunstwerk – egal ob Film, Buch
oder Malerei – anders wahr.
Anschließend las Dresen aus einem Manuskript über seine Erlebnisse als Transitreisender – auf
dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo. Das schilderte er so prägnant, dass man als Zuhörer das
beklemmende Gefühl dieser bürokratischen Tortour fast körperlich mit empfand. Dresen ist eben
auch ein brillanter Erzähler.
Ingeborg Dittmann
Musikshow
„Petit Palais“
Friedrichshagen – Am 10.
Oktober präsentieren Katrin
Lau, Beatrice Sowa und Sven
Simon im Bräustübl, Müggelseedamm 164, das Beste aus
ihren Programmen „Souvenirs,
Souvenirs“ und „Simply The
Best“. Am 17. Oktober gibt’s
den Sachsendreyer „Cafe Melangsch“ – eine Revue, die aus
dem Rahmen fällt. Beginn
19.45 Uhr, Einlass ab 18 Uhr.
Karten Tel. 37 44 67 69. I.D.
Schorn bei Hoff
Köpenick – In der Reihe „Prominente im Gespräch“ ist am
19. Oktober im Stadttheater
Cöpenick, Friedrichshagener
Straße 9, die Schauspielerin
Uta Schorn zu Gast bei Lutz
Hoff. Beginn 16 Uhr, Karten
Tel. 650 16 234. An gleicher
Stelle gastiert am 16. Oktober,
19.30 Uhr, die „Bunte Bühne
Lübbenau“ mit Sketchen von
Herricht und Preil.
I.D.
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jot w.d. 10/2014
Kultur & Freizeit
Tipps und Termine
The Last Waltz
Zwischen Melancholie
und Hoffnung
Nach 45 Jahren geht die Dresdner Band electra auf Abschiedstour
Marzahn – Bekannt wurden die beiden
Mitglieder von „Blackbird“ vor allem
durch die Gruppe LIFT, der Yvonne
Fechner (Gesang, Violine, Keyboard,
Mandoline) und Bodo Kommnick (Gesang, Gitarre, Percussion) seit vielen Jahren angehören. In der Musikszene sind
sie auch als erfahrene Studiomusiker bekannt, die u.a. mit den Prinzen, Karat,
Udo Jürgens, Ich & Ich, Silbermond oder
Adel Tavil im Studio standen. Bei
„Blackbird“ führen die beiden Künstler
ihre eigenen Ideen und ihre Kreativität
zusammen und überraschen mit Songs
von emotionaler Intensität. Zu erleben am
11. Oktober, 20 Uhr, in der Studiobühne
des FFM, Eintritt 12 Euro, Karten Tel.
542 70 91 oder an der Abendkasse. I.D.
Kabarett in der Kirche
Marzahn – Am 18. Oktober ist die Kabarettistin Barbara Kuster mit ihrem Programm „Haltung ist alles!“ in der Dorfkirche Marzahn zu erleben. Die Künstlerin ist u.a. durch die Sendungen „Ladies
Night“ (WDR) oder „Intensivstation“
(NDR) bekannt. Beginn 20 Uhr, Eintritt
15/10 Euro, Kartenvorverkauf im Gemeindebüro. Info www.barbarakuster.de
oder www.dorfkirche-marzahn.de. An
gleicher Stelle gastiert am 12. Oktober
unter dem Motto „Ein Strauß bunter Melodien“ das Iris Ensemble mit Gisela
Maron in der Kirche. Beginn 16 Uhr. I.D.
Wer war Ottomar Geschke
Marzahn – In der Reihe „Marzahn-Hellersdorfer Gespräche zur Geschichte“
geht es am 8. Oktober, 18 Uhr, im Bezirksmuseum, Alt-Marzahn 51/55, um
Ottomar Geschke
(1882-1957). Der
Historiker Lutz
Heuer berichtet in
Wort und Bild
über das Leben
des
einstigen
KPD-Funktionärs, der als Abgeordneter im Preußischen Landtag, im Deutschen Reichstag und nach Gründung der DDR in der
Volkskammer aktiv war. Nach dem
Machtantritt der Nazis wurde er verhaftet und saß in mehreren Konzentrationslagern. Zwischen 1945 und 1949 lebte
Geschke in Biesdorf.
I.D.
9. Kunst- und
Keramikmarkt
Marzahn – Am 8. und 9. November,
jeweils 10 bis 18 Uhr, veranstaltet die
Agrarbörse im KulturGut, Alt-Marzahn
23, sowie rund um die Keramikscheune
SchaMottchen den 9. Kunst- und Keramikmarkt. Mehr als 50 Keramiker und
Kunsthandwerker präsentieren an diesem Wochenende ihre Arbeiten. Zu erleben sind auch Schauvorführungen im
Filzen, Spinnen und Kunststricken. Keramikern, Korbflechtern und Drechslern
kann man beim Arbeiten zusehen. In der
Holzwerkstatt gibt es ein Bastelangebot
für Kinder, die Soziale Bücherstube lädt
zum Stöbern ein. Im Saal des KulturGutes läuft jeweils ab 14 Uhr ein musikalisches Programm. Es gibt Kaffee und
Kuchen, Glühwein und Deftiges vom
Grill. Der Eintritt ist frei.
I.D.
Biesdorf – Ein bisschen wehmütig war mir am 19. September schon zumute auf der Parkbühne Biesdorf bei diesem
„letzten Walzer“ einer Band,
die in diesen Tagen ihren 45.
Geburtstag begeht und die ich
schon seit Anfang der 1970-er
Jahre gut kenne. In dieser Zeit
habe ich die Musiker um Bandchef Bernd Aust, der all die Jahre die Fäden in der Hand hielt,
in Abständen immer wieder bei
Konzerten erlebt, ob solo, als
Mitwirkende einer Großveranstaltung oder als „SachsenDreier“ gemeinsam mit Lift
und der Stern Combo Meißen.
Und die meisten ihrer Songs
haben mich, obgleich schon zig
Mal gehört, immer wieder aufs
Neue berührt: „Einmal ich, einmal du“, „Wenn die Blätter fallen“, „Frau im Spiegelglas“,
„Nie zuvor“, „Sieh in die Kerzen“, „Das kommt, weil deine
Seele brennt“, „Tritt ein in den
Dom“ und natürlich die großartige Rock-Suite „Sixtinische
Madonna“.
Doch es sind nicht nur die
Songs, die über all die Jahre im
Stefan Trepte von „electra“ berührt mit seiner Interpretation
auf der Parkbühne die Herzen.
Foto: Dittmann
Ohr geblieben sind. Auch die
Interpretation der langjährigen
Sänger von electra – Peter
„Mampe“ Ludewig, Gisbert
Koreng (nach 19 Jahren „Abstinenz“ seit 2007 wieder dabei) und vor allem Stefan
Trepte (der auch einige Songs
aus seiner „Reform“-Zeit mitbrachte) – ist immer wieder ein
Erlebnis. So auch bei diesem
„Abschiedskonzert“ auf der
Parkbühne, das die Dresdener
im Wechsel mit der Berliner
Blueslegende „Engerling“ bestritten. Da waren sie (bis auf
Peter Ludewig) alle wieder dabei: die Gründer von electra
Bernd Aust und Wolfgang
Riedel, Stefan Trepte (bis 1975
und ab 1989 wieder dabei),
Gisbert Koreng, Andreas
Leuschner, Ekkehard Lipske
und Falk Möckel. Und als die
Lichter (wegen der öffentlichen
Ordnung) gegen 22 Uhr auf der
Parkbühne ausgehen mussten,
brachte Stefan mit dem wunderschönen Lied „Sieh in die Kerzen“ noch einmal „Licht ins
Dunkel“ und in die Seele.
Ingeborg Dittmann
Selbstverteidigung mit Stift und Pinsel
Die Malerin, Illustratorin und Keramikerin Antje Püpke stellt in der „Kiste“ aus
Hellersdorf – Mucksmäuschenstill war es, als ich etwas verspätet am 11. September die „Kiste“
an der Heidenauer Straße betrete. Nanu, sollte hier nicht gerade
eine Ausstellungseröffnung der
Kaulsdorfer Künstlerin Antje
Püpke stattfinden? An der gedeckten Tafel saßen jede Menge
Leute und schauten interessiert
zur Bühne. Dort las Anja Höft aus
ihren Geschichten.
Sie fand die Kombination von Lesung und Vernissage spannend,
hörte ich später von Antje. Da
hatte sie ihre Ausstellung
„KUNST FU 5 – Selbstverteidi-
gung mit Stift und Pinsel“ gerade eröffnet und dem staunenden
Publikum einige Überraschungen (bislang verborgen unter einem großen Tuch) präsentiert.
Ihre originellen und witzigen
Exponate erläuterte sie sogleich
den Gästen mit einem Augenzwinkern. Nur soviel: Die „Vorführung“ begann mit einer Klopapierrolle. Die kann ja zu allerhand nützlich sein. Die Arbeiten an den Wänden – farbenfrohe Malereien, Illustrationen und
Karikaturen – wurden danach in
Augenschein genommen (alle
können auch käuflich erworben
werden). Außer die Illustrationen, die Antje für ein neues Kinderbuch erarbeitet hat.
Die gelernte Porzellanmalerin
(Ausbildung in Meißen in der
Fachrichtung Blumenmalerei)
ist im Bezirk bekannt wie ein
bunter Hund. Sie gibt Malkurse
für Kinder und Erwachsene, u.a.
im Kunsthaus Flora, der „Bunten Stube“ in Mahlsdorf und im
Atelier Schwarzburger Straße,
und sie ist seit 2010 Mitglied der
FrauenKunstKaravane. Noch bis
zum 31. Oktober sind ihre Bilder in der „Kiste“ zu sehen. Ein
Besuch lohnt sich. I. Dittmann
Antje Püpke zur Ausstellungseröffnung.
Foto: Dittmann
Mahlsdorfer Rock Blues Summer
Angelockt von rockigen Klängen an einem schönen Spätsommerabend in meiner Nachbarschaft in Mahlsdorf Süd,
stand ich am 6. September vor
einem Privatgrundstück an der
Spitzwegstraße, nahe am Langenbeckplatz. Nachbarn hatten
zum „3. Mahlsdorfer Rock
Blues Summer“ eingeladen und
Hunderte Gäste waren gekommen – Freunde der veranstaltenden Familien, aber auch
Anwohner und Neugierige, die
sich von den rockigen und
bluesigen Klängen angezogen
fühlten.
Noch nie habe ich so viele gut
gelaunte Menschen aller Generationen auf zwei Privatgrund-
stücken gesehen, die bei Lekkerem vom Grill und einem
guten Tropfen, vor allem aber
bei in Ohr und Beine gehender Musik zusammen feierten.
Letztere kam live und professionell von der Terrassenbühne
des Nachbarhauses von einer
„Nachbarschafts-Band“, der
u.a. ein Lehrer, ein OrthopäDie „NachbarschaftsBand“ musizierte
zur
Freunde der
viele Gästen
aller Altersgruppen von
der Terrasse
des Hauses
herab in den
Garten. Fotos: Dittmann
de, ein Ingenieur und ein Rentner angehören, die seit Jahren
gemeinsam musizieren – aus
Spaß an der Freude. Hochachtung vor meinen Nachbarn, die
solch ein kommunikatives Miteinander ohne Zutun öffentlicher Quellen mit großem Engagement initiieren.
I. Dittmann
Kultur & Freizeit
jot w.d. 10/2014
So wahr wie die Prawda
Ausstellung in der Akademie der Künste räumt mit Wahrheiten auf
Tiergarten – Ein Foto lügt nie
– dieser Satz dürfte zu den ältesten Irrtümern der neuen Medien gehören – wie der vor 175
Jahren erfundenen Daguerreotypie/Fotografie. Die Ausstellung „Schwindel der Wirklichkeit – Vertigo of Reality“ befasst sich in der Akademie der
Künste mit genau dieser Frage: Was ist eigentlich echt?
Genauer gesagt: Sie rüttelt sicher geglaubte Gewissheiten
gründlich durcheinander. Die
Wahrnehmung des Betrachters
steht im Zentrum. Und wird
kräftig getäuscht.
Internet, Smartphones, Chatrooms – nie waren wir enger
und unbetrügbarer mit der
Wirklichkeit vernetzt als heute. Kein Fehler bleibt unbemerkt, wenn sich der Pianist
beim Konzert vergreift. Tausende von Kilometern entfernt
können wir heute live dabei
sein, wenn der Klavierspieler
den versteckten Knopf betätigt
und den Ablauf der fehlerfreien MP3-Datei startet.
Die Kuratoren haben es sich zur
Aufgabe gemacht, Objekte zu
präsentieren, die in Interaktion
mit dem Betrachter funktionieren. Und dabei oft irritieren. So
zeigen verschiedene Ausstellungsstücke den Besucher in
irgendeiner Weise selbst. In einem einfachen Fall mit acht
Sekunden Zeitverzögerung,
was der Abgebildete allerdings
nicht weiß. Und nicht versteht,
warum die aus dem Gesicht
geschnippte Locke nicht verschwindet. In einer weiteren
Installation erscheint der Besucher auf dem Bildschirm. Dort
zoomt die Kamera auf sein
Auge. Ein Algorithmus beginnt,
das Auge zu zerstören – glücklicherweise nur das Bild auf
dem Monitor.
Ein weiterer Strang zeigt das
Zusammenwachsen von Schein
und Wirklichkeit dank moderner
Computertechnik. „Auf welcher
Seite wollen Sie stehen?“, fragt
ein von Künstlern umgebautes
Computerspiel. Zur Auswahl
stehen „Flüchtling oder Grenzschützer?“ Jagen oder entkom-
men: Ein banales Spiel wird hier
erschreckend real. Banale Realität zeigt auch ein Film von
Harun Farocki über US-Militärs. An Computerspielen sammeln sie Praxiserfahrung mit
virtuellen Panzerfahrzeugen in
realitätsnaher HindukuschLandschaft unter dem Sonnenstand Afghanistans. Szenarien
wie „Feindbeschuss“ oder
„Bombenanschlag“ dienen sowohl der Schulung als auch der
Behandlung posttraumatischer
Belastungsstörungen. Nicht vorgesehen sind Fallschirmjäger
Putinscher Prägung, die sich
völlig versehentlich zehn Kilometer ins Nachbarland verlau-
In der Installation von Christian Falsnaes setzen die Besucher
Kopfhörer auf und folgen dann den bisweilen drolligen Anweisungen. Außenstehende wundern sich über die vermeintliche Theaterperformance. Christian Falsnaes, Justified Beliefs, Performance, 2014. Foto: Christian Falsnaes/courtesy of PSM, Berlin
fen. Als gewiss gelten ja auch
die Nachrichten in glaubwürdigen Zeitungen. Ein Ausstellungsobjekt zeigt einen
technischen Trick, mit dem sich
die sichere Übertragung glaubwürdiger Zeitungen aus dem
Internet lokal manipulieren
lässt. Wer Lust hat, die Schlagzeile von „Le Monde“ oder der
Süddeutschen zu verändern,
kann in der Ausstellung andere
Besucher auf den Leim führen.
44 Künstler zeigen Arbeiten an
der Grenze zwischen Wirklichkeit und Simulation. Zur Ausstellung agiert das von Manos
Tsangaris entwickelte „Metabolische Büro zur Reparatur
von Wirklichkeit“. Dieses Büro
ist ein offenes Labor, eine
Werkstatt. Hier wird als Fortsetzung des seit Novembe 2013
tagenden „Vorbereitungsbüros“
über künstlerische, politische
und individuelle Wirklichkeiten geforscht und diskutiert.
Eingeladen sind mehr als 160
Gäste aus den Bereichen Musik, Bildende Kunst, Film und
Medien, Literatur, Architektur,
Performance und Philosophie.
Online präsentiert sich das Projekt mit Live-Streams, Videos,
Interviews und einem Journal
auf der Internetseite www.schwindelderwirklichkeit.de.
Henson Stehling
Zu sehen bis 14. Dezember,
Akademie der Künste, Hanseatenweg 10.
Rock, Beat, Blues und Lieder – alles in der Kiste
Hellersdorf – Der Konzertoktober in der Kiste ist diesmal
von ganz klassischer Rockmusik
geprägt. Am 10., 17. und 25.
Oktober gibt’s die härteren
Klänge – vorgetragen von „Hey
Tonight“, „Tino Standhaft“ und
„Lord Zeppelin“. Erstere haben
sich dem Rock der 60-er und 70er Jahre verschrieben, letztere
konzentrieren sich namensgemäß auf die große Band mit der
„Cosmic Energy“. Standhaft
bringt die Songs von Neil Young
nahe. Am 24. Oktober und 1.
November wird die Beat-Kiste
geöffnet. Drinnen sind die Poorboys und der Berlin Beat Club.
Recht interessant scheint das
Gastspiel von Stellmäcke & Müller am 31. Oktober in der Lieder-Kiste zu werden. KistenChef Fred Schöner kündigt „Lieder und andere Gemeinheiten“
an und sagt: Stellmäcke ist vieles
– Musiker, Kabarettist, Schauspieler und Poet. Seine Konzerte
sind Ohrenkino mit pointiertem
Witz und erstaunlichen Ideen. Mit
berührender Stimme, absurden
Geschichten und Wortspielereien
besingt er aus immer wieder
überraschender Perspektive den
Zustand der Welt. Begleitet wird
Stellmäcke an diesem Abend
vom Multiinstrumentalisten Michael Müller. Der spielt Gitarren,
Bass, Schlagzeug und singt – am
liebsten alles gleichzeitig. Das
Duo steht für eine mehrstimmige Mischung aus deutschem
Folk, Chanson, Jazz und Rock.
Den internationalen Höhepunkt
gibt’s bereits am 11. Oktober.
Beim Kisten-Blues ist Will Wil-
de aus Großbritannien (das ja
nun doch groß bleibt) zu Gast.
Mit 16 Jahren entdeckte Will die
Mundharmonika für sich. Obwohl er sich jahrelang von Größen wie Muddy Waters, Sonny
Boy Williamson und Buddy Guy
beeinflussen ließ und mit traditionellem Chicago Blues heranwuchs, fokussiert er sich darauf,
mit einem eigenen Sound die
Blues-Zukunft zu prägen. Beginn
der Konzerte jeweils 21 Uhr,
Karten 7 bis 13 Euro, Info Tel.
99 87 481, www.kiste.net. RN
Jedes Jahr ein neuer Krimi – Kommissar Charitos ermittelt wieder
Beinahe jedes Jahr bringt Petros
Markaris – der wohl bekannteste und erfolgreichste Gegenwartsautor Griechenlands, der
auch schon Goethe und Brecht in
seine Heimatsprache übersetzt
hat – seinen Lesern einen Krimi
nahe, der mehr mit den Missetaten von Politikern, Bankiers, Unternehmern und berühmten Personen zu tun hat als mit den Verbrechen, die Kommissar Kostas
Charitos eigentlich aufklären
sollte. Denn, wie es der Zufall
so will, sind es genau die vorher
angeführten „sozialen Kreise“,
die den größten Dreck am Stekken haben oder bis zum Hals
drinstecken.
Markaris prangert ohne Angst
und ohne Beschönigungen Jahr
für Jahr, Verbrechen nach Verbrechen, den Untergang, die systematische Zerstörung seines Landes an. In diesem Jahr präsentiert
sich ein Mörder, der seine Verbrechen als der „nationale Steuereintreiber“ unterzeichnet. Der Sinn seiner Missetaten ist, die
von ihm ermittelten
Steuerhinterzieher zu
zwingen, ihre Schulden mit dem Staat zu
begleichen, sonst kommen sie auf den Friedhof in ein frühes Grab.
Und die angewandte
„Medizin“ scheint tatsächlich in
gewissen Kreisen zu wirken.
Kommissar Charitos wird leider
durch private Probleme von der
Jagd auf den Schierlings-Killer
abgelenkt. Dank der politischen
und vor allem finanziellen Misere überlegt sich Tochter
Katerina ernsthaft, ein
Angebot der UNO anzunehmen und nach Afrika zu gehen, denn trotz
des mit der Promotion
abgeschlossenen Jurastudiums findet sie im
Heimatland keine auch
nur einigermaßen bezahlte Arbeitsstelle. Und
ihr Ehemann Fanis will
doch tatsächlich den sicheren
Posten als Arzt in seiner Klinik
aufgeben und mit ihr gehen.
Für den Kommissar gibt es einen zusätzlichen Ansporn, den
(wie bei Makaris immer) geschickt konstruierten Fall zu lösen. Seine Vorgesetzten haben
ihm die Aufnahme in den gehobenen Polizeidienst und damit
ein wesentlich höheres Gehalt in
Aussicht gestellt. Ob es wirklich
dazu kommt, erfährt der Leser
diesmal nicht. Gut möglich, dass
im nächsten Buch statt des Kommissars ein Kriminalrat Charitos
ermitteln wird.
Hans Sandow
Petros Makaris: Zahltag, Diogenes, 11,90 Euro.
9
Tipps und Termine
Wer spielt mit
Tischtennis?
Marzahn – Der Verein für Bewegungsspiele Stern Marzahn e.V. (VfB Stern
Marzahn) ist Nachfolgeverein der BSG
Sternradio Berlin. Von dieser hat er noch
die Note mit dem Stern und den Bären
im Logo. Gegründet wurde der Sportverein am 4. April 1963. Nach der Wende musste er sich in TSV Marzahn 63
umbenennen, und seit 1999 hat er wieder den Stern im Namen. Derzeit hat
der kleine Verein nur noch eine
Tischtennisabteilung. Die 30 Mitglieder
zwischen 9 und mehr als 70 Jahren suchen neue Mitspieler, vom Anfänger bis
zum „Könner“ ist jeder willkommen.
Trainiert wird Mo, Di, und Fr in der
Sporthalle der Schule am Grünen Stadtrand, Geraer Ring 54, im Jugendbereich
sogar mit „Ballroboter“.
Interessenten melden sich am besten bei
Achim Plötz, Tel. 51 29 330, email
[email protected], oder schauen
einfach mal beim Training rein. Mehr
Info www.stern-marzahn-tt.de.
RN
Katzen & Anderes
Hellersdorf – Noch bis zum 27. Oktober ist im Kulturforum, Carola-NeherStraße 1, die Ausstellung „Katzen & Anderes“ der Künstlerin Regine RöderEnsikat zu sehen. Die Ölmalereien kann
man Mo-Fr 9 bis 16 Uhr (Mi bis 18 Uhr)
anschauen, Eintritt frei.
Ramba, Samba bei Matilde
Hellersdorf – Im Oktober kann in einem Schnupperkurs im Frauenzentrum
Matilde, Stollberger Straße 55, zu heißen brasilianischen Rhythmen getanzt
werden. Die Brasilianerin Clecia weiht
Interessentinnen in die Geheimnisse von
Samba, Pagodge und Forro ein. Der
Kurs findet mittwochs 15 bis 16 Uhr
statt. Pro Stunde fallen 3/2,50 Euro an.
Infotage zur
Radfahrausbildung
Hellersdorf – Am 22. und 29. Oktober lädt die Jugendverkehrsschule,
Erich-Kästner-Straße 100, jeweils von
10-17 Uhr, Eltern, Großeltern, Erzieher
sowie die Schüler der 2. bis 5. Klassenstufen zu einem Informations- und
Aktionstag rund um die Radfahrausbildung ein. Das Team der Jugendverkehrsschule und die Verkehrssicherheitsberater der Polizei möchten insbesondere Eltern darüber aufklären, wie
die Radfahrausbildung verläuft, welche
Anforderungen an die Schüler gestellt
werden bzw. wie sie die Ausbildung ihrer Kinder unterstützen und vorbereiten
können. Dazu werden praktische Übungen mit dem Fahrrad gezeigt.
FKK zeigt „Oase“ im
Saal der Empfänge
Marzahn – Die zehn Künstlerinnen der
FrauenKunstKarawane zeigen noch bis
26.Oktober ihre neue Ausstellung
„Oase“ im Saal der Empfänge im Orientalischen Garten. Die Schau ist den
Gärten der Welt gewidmet. Die Künstlerinnen waren in diesem Sommer in der
wohl schönsten Oase des Bezirkes unterwegs und haben ihre Eindrücke in
Bildern künstlerisch umgesetzt.
10
jot w.d. 10/2014
jot w.d.-Interview
Eigene und fremde Herzensanliegen
Obwohl als Senator stark beansprucht, engagiert sich Mario Czaja auch in seinem Wahlkreis
Inmitten der Flüchtlingskrise
hat Sozialsenator Mario Czaja
als zuständiges Berliner Regierungsmitglied alle Hände voll zu
tun. Mehr als 1000 Menschen
kommen monatlich in die
Hauptstadt, das sind so viele wie
etwa im Jahr 1995. Czaja muss
Aufnahmekapazitäten schaffen,
in materieller wie in personeller Hinsicht. Was in 20 Jahren
sukzessive weggespart wurde,
soll er in 20 Wochen wieder beschaffen. Zeitweise ist das eine
Sisyphus-Arbeit. Dennoch fand
er am 10. September Zeit, die
Fragen von jot w.d., die sich allesamt nicht um dieses Thema
drehten, zu beantworten.
jot w.d.: Herr Czaja, seit Monaten stehen Sie auf erstem oder
zweiten Platz im Monatsranking
der beliebtesten Berliner Politiker. Wann hat es das schon mal
gegeben, dass die Spitzenposition an einen Sozialsenator vergeben wurde; das muss Ihre Position in Senat und Abgeordnetenhaus doch mächtig stärken?
Mario Czaja: Zu weit oben bei
Beliebtheitsumfragewerten zu
stehen, ist beruflich und politisch
immer auch eine heikle Situation. Dadurch sinkt die Zahl der
Neider nicht. Wenn man der
„Benjamin“ im Senat ist, birgt
das nicht unbedingt Vorteile. Ich
schau weniger auf diese Zahlen,
auch wenn diese Art der Anerkennung gut tut. Das gilt genauso für
Busfahrer, Pflegekräfte oder Journalisten.
jot w.d.: In Berlin, so zumindest
die öffentliche Wahrnehmung,
dreht sich das Allermeiste um die
Innenstadt. Nun hat auch noch
der Regierende Bürgermeister
Klaus Wowereit das Handtuch
geworfen, es gibt einen wochenlangen Wahlkampf um die Nachfolge. Lähmt das die Regierung?
Lässt sie die Außenbezirke jetzt
mehr oder minder links liegen?
Mario Czaja: Da tu ich mich selber schwer, das zu bewerten. Wir
haben einen Koalitionsvertrag
mit der SPD und Themen, die für
Marzahn-Hellersdorf relevant
sind. Das Straßenausbaubeitragsgesetz ist abgeschafft, die TVO
ist geplant, da ist Michael Müller schon durch seine Funktion als
Senator ein wichtiger Partner.
Aber auch die anderen Senatsmitglieder haben Kontinuität signalisiert. Man könnte sagen, es
wäre wichtiger, dass Michael
Müller Senator für Stadtentwicklung bleibt. Wir können uns wenig Zeitverzug leisten. Das wird
auch eine besondere Verantwortung von Stefan Komoß als Mitglied der SPD-Führung sein. Wir
haben in Marzahn-Hellersdorf ja
wachsende Kinderzahlen, Familien brauchen bald mobile Unterrichtseinheiten, der Bau des neuen Ortszentrums Mahlsdorf muss
bald umgesetzt werden. Die ökonomische Entwicklung des Bezirks läuft allerdings sehr gut.
Und was die Kandidaten angeht:
Müller und Saleh verfügen über
mehr politische Erfahrung als
Stöß, sie könnten wohl etwas
schneller in die Themen eingearbeitet sein. Wichtig ist die Gesprächsfähigkeit zu allen dreien.
jot w.d.: Als Senator, noch dazu
in Ihrem Ressort in der momentanen Lage, sind Sie doch sehr
eingespannt, haben für Ihren
Wahlkreis logischerweise weniger
Zeit. Wie stark leidet die Arbeit
als Abgeordneter darunter?
Mario Czaja: Ich habe schon früher hohen Wert darauf gelegt,
eine gute Infrastruktur für meine
Arbeit im Wahlkreis zu haben. In
meinem dortigen Büro arbeiten
die Kolleginnen und Kollegen
sehr intensiv. Meine Bürgersprechstunde findet weiterhin regelmäßig statt, und sie ist gut
besucht. Ich erlebe aber auch,
besondere Herausforderung, aber
auch da ist dem Bezirk in der Vergangenheit sehr viel gelungen.
Nehmen Sie die Statik-Probleme
der Turnhallen. An allen vier betroffenen Einrichtungen gibt es
ein abgestimmtes Programm.
Aber das kostet auch mehrere
Millionen Euro und geht natürlich
zulasten des Tiefbaus.
jot w.d.: Ein lange Zeit umstrittenes und noch immer nicht gelöstes Problem ist die Suche nach
einer Freibademöglichkeit. Die
CDU und auch Sie selbst hatten
sich ja gegen die Idee eines Bades am Elsensee durchgesetzt.
Nun herrscht Stillstand. Sehen Sie
eine Lösung?
Mario Czaja: Ja, der Bezirk hat
kein eigenes Freibad, und das
darf nicht dauerhaft so bleiben.
weise umso heftiger aufeinander.
Muss da noch mehr moderiert
werden?
Mario Czaja: Es ist auch mein
Eindruck, das es weitaus mehr
Zuspruch als Gegnerschaft gibt.
Ich nehme wahr, dass die IGA eine
große Chance für den Bezirk ist,
2017 eine besondere überregionale Aufmerksamkeit zu erreichen
und dass die Gärten der Welt noch
weiter ausgebaut werden können.
Sie sind mit mehr als 70 000 Besuchern im Jahr ein wichtiges touristisches Ereignis für ganz Berlin. Baufragen sind in ökologischer
Hinsicht öfter umstritten. Ich sage
eher: Erhalten wir so viel wie
möglich natürliches Grün. Aber
mein Eindruck ist auch, dass die
Umgestaltung dort mit Vorsicht
gemacht wird, dass auf Einwände
eingegangen wird. Etwa bei der
Mario Czaja am Schreibtisch in seinem Senatorenbüro an der Oranienstraße.
Foto: Nachtmann
dass mir die Bürger mit hohem Bürgermeister Stefan Komoß sitzt Seilbahn; die Idee halte ich übriRespekt und mit Rücksicht auf im Aufsichtsrat der Berliner gens für hervorragend. Denn die
meine Senatorentätigkeit begeg- Bäderbetriebe. Es gibt Erweite- Alternative hieße ja, mehr
nen. Es gibt viel Verständnis, dass rungsmöglichkeiten am Kinder- Individualverkehr ohne gesonderManches in „kurzer Zeit“ gehört bad „Platsch“. Das halte ich für te Erschließung durch U- oder Swerden muss. Im Nachhinein einen sinnvollen Weg, ein Spaß- Bahn. Ohne eine solche Lösung
bleiben wir natürlich an den Pro- bad im Tierpark eher nicht. Denn wäre die IGA ganz gestorben.
blemen dran. Und vergessen Sie wir wissen doch, dass Freibäder
bitte nicht: Ich hatte ja auch frü- immer ein Zuschussgeschäft sind. jot w.d.: Viel gewaltiger noch tobt
her einen Job nebenher. Insofern Und wir wollen auch, dass Men- der Streit um die geplante Frauhat sich das Zeitbudget nicht in schen mit jedem Geldbeutel ba- ensporthalle im Freizeitforum
solchen Größenordnungen verrin- den gehen können. Ich meine, Marzahn. Die CDU hat dem eher
gert, wie man vermuten könnte. dass Eine Schwimmhalle und ein widerwillig zugestimmt. Hätten
Hinsichtlich der Fragen für mei- Freibad nebeneinander die beste Sie das nicht stoppen können?
nen Wahlkreis Mahlsdorf/Kauls- Lösung sind. Daher hoffe ich, In jeder Koalition – und faktisch
dorf und den ganzen Bezirk Mar- dass der Liegenschaftsfonds das haben wir ja eine Koalition aus
zahn-Hellersdorf treffe ich mich Grundstück des früheren Werner- SPD und CDU in der BVV, die
jede Woche einmal länger mit bades bald veräußern kann, da- zuweilen von den Grünen unterStefan Komoß. Wir sind ja beide mit das Geld in das Freibadpro- stützt wird – gibt es auch Wünauch Kreisvorsitzende unserer jekt fließen kann. Das steht auch sche von führenden Protagonisten
Parteien. Die Hauptthemen des so in der Vorlage des Abgeordne- einer Seite, sich mit dem einen
Bezirks sind weitreichend. Da tenhauses. Ich erwarte, dass das oder anderen Projekt zu verwirklichen. Für Stefan Komoß ist das
gibt es eine ganze Reihe von Ver- auch genau so umgesetzt wird.
eine Herzensangelegenheit, für
kehrsfragen zu lösen, es herrscht
immer noch Kitaplatz-Mangel, jot w.d.: Weniger im Ganzen, da- uns nicht. Aber: Das darf kein zuobwohl die Stadträtin Juliane für mehr im Detail, wird die IGA sätzliches Geld kosten, das für die
Witt da sehr gut arbeitet. Die 2017 im Bezirk diskutiert. Dafür Schul- und Sportstättensanierung
Schulsanierungen sind eine ganz aber prallen die Meinungen zeit- vorgesehen ist.
jot w.d.: Ein Thema, das Sie als
Sozialsenator betrifft, ist das Urteil zu den „Kosten der Unterkunft“ für Empfänger von Sozialgeld. Eine große Mehrzahl der
Betroffenen, und nicht nur die,
hielten und halten das Modell
„Warmmiete bezahlen“, wie es
Berlin praktiziert, für gut. Es gibt
Erhebungen, dass etwa zehn Prozent der Empfänger schon lange
höhere Wohnkosten haben, diese
aber durch einen Mix aus Abzwacken vom Geld zum Lebensunterhalt, ein bisschen Zusatzoder Schwarzarbeit und ein wenig „G’schaftlhuberei“ bestreiten. Jetzt entsteht der Eindruck,
Berlin habe trotz Erwartbarkeit
dieser Prozesse nicht rechtzeitig
einen „Plan B“ entwickelt. Und
das bei allgemein rasant steigenden Mieten. Wie kommen Sie und
vor allem die Betroffenen da
raus?
Mario Czaja: Also: Der Bundesgesetzgeber hat neben „Ausführungsvorschriften“ auch die
„Satzungsregelung“, also die
Rechtsverordnung, zugelassen.
Diesen Weg sind wir in Berlin
gegangen. Andere Bundesländer,
ja selbst das Bundesministerium,
haben darauf gesetzt, dass Berlin
Vorreiter sein wird. Wir haben
alle zwischenzeitlichen Gerichtsurteile in die Wohnkostenverordnung eingearbeitet. Die
Vorsitzende Richterin des Landessozialgerichts hat gesagt, unsere Verordnung habe Rechtsfrieden und Sicherheit geschaffen, insbesondere durch unsere
Anwendung von Mietspiegel und
Heizkostenspiegel. Dies sieht das
Bundessozialgericht auch vor. Die
Richter dort aber nehmen in jedem einzelnen Verfahren den
Höchstsatz, um ihre Zahlen zu berechnen. Uns aber sagen sie, die
allgemeine Anwendung des
Höchstsatzes könne nicht sein,
und fordern Individualprüfungen.
Abgesehen davon, dass man dies
ohnehin nur bei einer überschaubaren Anzahl von vorhandenen
Fällen machen kann und nicht in
einer Großstadt wie Berlin, haben wir gesagt, dass dabei Aufwand und Nutzen in keinerlei zumutbarem Verhältnis stehen. Es
handelt sich ja um kleine Summen von gerade mal 10 bis maximal 20 Euro. Doch der Richter am
Bundessozialgericht ließ uns wissen: Realitätsnähe ist bei einer juristischen Prüfung nicht relevant.
Fakt ist: Erst einmal können wir
die Tabelle weiter anwenden,
aber eben nicht als „Satzung“,
sondern als „Ausführungsvorschrift“. Für eine neue Ausführungsvorschrift müssen wir erst
einmal die vollständige Urteilsbegründung abwarten. Das Gericht fordert voraussichtlich eine
zweistufige Prüfung – einmal der
Bruttokaltmiete und dann der
Heizkosten. Offen ist auch die
Härtefallregelung. Da geht es u.a.
um den zehnprozentigen Zuschlag für Rentner. Insgesamt
glaube ich nicht, dass Empfänger
von Wohngeld Angst haben müssen.
Fragen: Ralf Nachtmann
Umwelt & Verkehr
jot w.d. 10/2014
11
Alternativen ernsthaft prüfen
Bündnisgrüne fordern bei Ortsumfahrung Ahrensfelde Informationen für die Öffentlichkeit
Marzahn – Die Planungen zur
künftigen Ortsumfahrung Ahrensfelde sind offenbar in einer Sackgasse gelandet. Das glauben die
Bündnisgrünen des Bezirks und
berufen sich dabei auf einen Vertreter der Bundesregierung, der in
einer Anzeigenzeitung mit den
Worten zitiert wird: „Das Bundesverkehrsministerium verlangt Änderungen bei der Finanzierung“.
Daraufhin erklärt der Senat auf
eine kleine Anfrage von Harald
Moritz: „Die Beauftragung weiterer Planungsphasen ist vom Entscheid des Bundesministeriums
für Verkehr und Infrastruktur auf
die vorliegenden Prüfmitteilungen
des Prüfungsamtes des Bundes
und der Positionierung der Länder Berlin und Brandenburg abhängig.“ In der Antwort auf eine
Kleine Anfrage von Renate Künast
und anderen bündnisgrünen Bundestagsabgeordneten erklärte die
Bundesregierung: „Belastbare
Aussagen zur Perspektive erforderlicher weiterer Planungs- und
Verfahrensschritte sind hier derzeit noch nicht möglich.“
Gleichzeitig schübe das Bundesverkehrsministerium die Verantwortung für die nächsten Schritte auf die beteiligten Bundesländer ab, kritisieren die Grünen. Es
„hält zunächst die Klärung noch
Die rote Linie zeigt die bisher favorisierte Trasse. Sie würde, weil Berlin nicht für eine andere Variante
zahlen will, in Marzahn quer durch ein Wohngebiet führen, eingerahmt von sechs Meter hohen Mauern.
In die Hönower
Weiherkette
Dass zum Zwecke Wasser fließe
offener Einzelfragen der ins Planfeststellungsverfahren eingebrachten Projektplanung durch
die zuständigen Länder Berlin
und Brandenburg für geboten“.
Nun fordern die Oppositionspolitiker die beteiligten Bundesländer
auf, die Planungen für die „Troglösung“ zu stoppen und Alternativen zu prüfen. Dazu gehört aus
bündnisgrüner Sicht vor allem die
Prüfung einer S-Bahn-Verlängerung nach Blumberg. „Darüber
hinaus fordern wir, dass Senat und
Bezirksamt die Anwohner in einer
Anwohnerversammlung über den
aktuellen Planungsstand informieren“, verlangt auch Bernadette
Kern von der Grün-Fraktion der
BVV. Die Abwägung der verschiedenen Varianten müsse unter Einbeziehung der Betroffenen diskutiert werden. „Eine Planung hinter verschlossenen Türen halten
wir für nicht mehr zeitgemäß“,
sagt Kern. „Das gegenseitige Zuschieben von Verantwortungen ist
ein Armutszeugnis“, setzt sie hinzu. „Werden die bisherigen Planungen realisiert, droht die Zerschneidung der Landschaft in erheblichem Maß. Die geplante Um-
gehungsstraße trennt die Siedlungsgebiete Ahrensfelde sowie
Marzahn voneinander. Dies wird
zu einer erhöhten Verkehrsbelastung im Wohngebiet um die
Havemannstraße beitragen.“
R. Nachtmann
Alle Pläne und Ansprechpartner
(Sabine Röding, Elke Klemm)
beim verantwortlichen Landesamt
für Bauen und Verkehr des Landes Brandenburg sind im Internet
bei der Adresse www.o-sp.de/
lbvbrandenburg/plan/uebersicht.php?pid=17542 zu finden.
Mahlsdorf – Manch Spaziergänger wird sich vielleicht über die
rege Erdbautätigkeit in den vergangenen Monaten in Mahlsdorf Nord,
im Musikerviertel und (hier zu sehen) am „Tegelitz-Wäldchen“ gewundert haben. Dort wurden mehrere Abschnitte des Wernergrabens
saniert und vielfach mit so genannten Steingabionen eingefasst. Die
Arbeiten waren bereits seit 2011
geplant, wurden mit der Entwicklung des Baugebietes an der Dürerund Sudermannstraße jetzt vordringlich. Letztere soll künftig für
den Verkehr geöffnet werden.
Foto: Nachtmann
Hellersdorf – Das Freilandlabor
Marzahn lädt am 7. Oktober zur
traditionellen Herbstwanderung in
der Hönower Weiherkette ein. Der
goldene Herbst bietet letzte wärmende Sonnenstrahlen, bunte Blätter und süße Früchte. Anfang Oktober sind schon die ersten Nachtfröste möglich, aber die machen
Wildfrüchte wie Schlehen und Vogelbeeren erst lecker. Start ist 14
Uhr am U-Bahnhof Hönow; für Erwachsene fällt ein Startgeld von 2
Euro an. Die Wanderung bis zum
Beerenpfuhl dauert etwa 2 Stunden. Info Tel. 99 89 017.
Problem Holzheizungen
Energie aus Luft und Boden
Partikelemission gefährdet die Gesundheit
Mehr Bauherren setzen auf Wärmepumpen
Karlsruhe – Rund 15 Millionen
Öfen und Heizkessel für Holz gibt
es in Deutschland – von der
Mehrfamilienhaus-Pelletheizung
bis hin zum Bollerofen für Scheitholz. Aus einer aktuellen Auswertung des Umweltbundesamtes
folgt, dass private Holzöfen und
-kamine die Feinstaubbelastung
in bestimmten Gemeinden in
Deutschland relevant erhöhen.
Am Karlsruher Institut für Technologie forscht Hanns-Rudolf
Paur über die Entstehung und
Abscheidung von Feinstäuben aus
Verbrennungsprozessen.
„Der Rohstoff Holz ist ein Naturprodukt mit starken Qualitätsunterschieden von Charge zu
Charge“, sagt Paur, Leiter der Abteilung Aerosol- und Partikeltechnologie am KIT. „Nach der-
zeitigem Stand der Technik ist es
nicht möglich, die Verbrennung
eines Ofens so zu optimieren,
dass Holzbrennstoffe staubfrei
verbrennen.“
Heizöl oder Gas wird bereits in
der Raffinerie beziehungsweise
an der Quelle aufwendig gereinigt
und verbrennt nahezu partikelfrei. Naturbelassenes Holz dagegen enthält neben Kohlenstoff
und Wasserstoff viele Spurenelemente, die die Verbrennung beeinflussen und die sich je nach
Baumart, Jahrgang und Standort
unterscheiden können. „Letztlich
werden Holzöfen noch viel stärker als Öl- oder Gasbrenner darauf angewiesen sein, dass die
Abgase über passende Filtersysteme gereinigt werden.“
Monika Landgraf
Berlin – Laut dem Statistischen
Bundesamt ist der Anteil von Wärmepumpen als primäre Heizquelle
in neugebauten Wohngebäuden
2013 auf 32,2 Prozent (plus 2) gestiegen. Bei Einfamilienhäusern
liegt der Anteil von Wärmepumpen
sogar bei 33,8 Prozent. Karl-Heinz
Stawiarski, Geschäftsführer des
Bundesverbandes Wärmepumpe,
bewertet die Entwicklung als Vertrauensbeweis der Bauherren: „Der
stetige Anstieg der Neubauten mit
Wärmepumpe zeigt, dass Endkunden die Wärmepumpe immer mehr
als das Heizsystem der Zukunft
wahrnehmen, mit dem sie auch
noch in 20 Jahren ihr Haus zuverlässig beheizen können“. Seit 2007
hat sich der Anteil der Bauherren,
die sich für die Wärmepumpe entscheiden, nahezu verdreifacht. Be-
sonders häufig entschieden sich
Bauherren für Luftwärmepumpen.
22,9 Prozent der installierten Heizungen im Neubau nutzen die Wärmequelle Luft, wohingegen der
Anteil erdgekoppelter Wärmepumpen von 10 Prozent auf 9,2 Prozent
gesunken ist. Stawiarski sieht diesen Rückgang in der leichteren Erschließbarkeit der Wärmequelle
sowie der gestiegenen Effizienz der
Luftwärmepumpen begründet. Diese seien einfacher zu installieren
und daher günstiger in der Anschaffung. Er empfiehlt allerdings, auch
die Zusatznutzen einer Erdwärmeanlage zu berücksichtigen. So könne man sich mit erdgekoppelten
Anlagen das konstante Temperaturniveau des Erdreichs, das ganzjährig bei ca. 10 Grad liegt, zunutze
machen.
R. Nachtmann
Obstgehölze für
die IGA gepflanzt
Marzahn – Anlässlich der Eröffnung des Umweltfestes
pflanzten die Vizepräsidentin
des Deutschen Bundestages, Petra Pau, Bürgermeister Stefan
Komoß sowie Vertreter der
Städtepartner, der IGA und der
Kleingartenanlage „Am Kienberg“ die ersten Obstgehölze für
die IGA Berlin 2017. In deren
Rahmen sind am Hangfuß des
Kienbergs Gehölzsäume, Streuobstwiesen und fugenreiche
Natursteinmauern mit offenen
Wiesenbereichen geplant, in die
die bereits heute dort vorhandenen Obstbäume integriert werden. Ziel ist es, einen eigenständigen gärtnerischen Beitrag in
Vorbereitung der IGA zu schaffen und diesen für interessierte
Besucher ab 2017 zugänglich zu
machen. In den kommenden
Jahren soll dazu an dieser Stelle eine bedeutende Sammlung
alter einheimischer Obstgehölze
in einer Kleingartenanlage entstehen. Um dies zu erreichen,
werden in den nächsten Monaten auf den öffentlich zugänglichen Wegen in der Kleingartenanlage über 200 alte einheimische Obstgehölze gepflanzt und aufgezogen.
Neues Busnetz im
Nordosten
Marzahn – Der Busverkehr im
Raum Ahrensfelde, Hohenschönhausen, Buch und Panketal, der auch für Marzahner interessant ist, wurde unlängst
neu gestaltet. Die Angebote der
Berliner Verkehrsbetriebe
(BVG) und der Barnimer Busgesellschaft (BBG) wurden
verstärkt und besser aufeinander abgestimmt. Herzstück des
neuen Busnetzes ist die Buslinie 893, die an den Wochentagen nunmehr ganztägig im 20Minuten-Takt verkehrt. Die Linie führt vom S-Bahnhof Zepernick über S-Bahnhof und
Klinikum Buch, Schwanebeck,
Lindenberg und Siedlung Wartenberg zum S-Bahnhof Hohenschönhausen und zum Prerower Platz. Der Südeingang des
Klinikums Buch wird tagsüber
alle 10 Minuten zusätzlich mit
den Buslinien 259 und 353 erreicht. Alle Informationen zum
neuen Fahrplan stehen in einer
kostenfreien Broschüre mit
Fahrplänen und einer Ortskarte, in der Linienverläufe und
Haltestellen eingezeichnet
sind. Sie ist u.a. an Fahrkartenausgaben, in Rathäusern und
Einkaufszentren sowie beim
Fahrer der Busse der BBG und
unter VBB.de erhältlich. RN
Am Kilinikum Buch kann man
nun von Bussen der BBG in die
der BVG umsteigen. Foto: VBB
12
jot w.d. 10/2014
Literatur
Dörrgemüse, trocken Brot,
Marmelade, Heldentod
Höhepunkte der
Formulierkunst
Der Erste Weltkrieg im Spiegel seiner Lieder
Das letzte Buch des Kabarettisten Dieter Hildebrandt
In seinem neuen Liederbuch hat Werner
Hinze sich dem Ersten Weltkrieg gewidmet und eine Fülle an spannenden Liedern und interessanten Details ausgegraben. Den einzelnen Kapiteln gehen jeweils einführende Abschnitte voraus, denen es gelingt, uns aufschlussreich in das
Thema einzuführen. Zug um Zug bekommen wir ein Bild von der Zeit ab 1871 bis
ungefähr 1920. Ein Bild,
das jeder einzelne in alle
Richtungen erweitern
kann und sollte.
Der Erste Weltkrieg wurde begleitet von einer noch
nie dagewesenen Fülle an
Liedern und Liederbüchern,
Propagandapostkarten und Ähnlichem
– in allen am Krieg beteiligten Ländern. Das Gros
stellen dabei propagandistische und traditionelle
Soldaten- oder Kriegslieder sowie ganz gewöhnliche Volkslieder dar. In
dem vorliegenden Buch
habe ich, man könnte sagen selbstverständlich, auf die Wiedergabe kriegsverherrlichender Lieder verzichtet, mit einigen wenigen Ausnahmen, um einerseits
diese Art Propaganda deutlich zu machen
und andererseits, um sie bestimmten Bildern oder Liedern entgegenzustellen.
Hauptsächlich dokumentier werden Lieder,
die die Situation, das Leben der Soldaten
und der Zivilbevölkerung deutlich machen.
Die von deren Sorgen, Ängsten, aber auch
gelegentlichen Freuden handeln. Manche
Lieder stellten in einer derart existenzielDiese Ballade vom „revolüzzenden
Lampenputzer“ ist eines der bekanntesten Gedichte von Erich
Mühsam. Bei der nächsten Matinee
in der Peter-Weiss-Bibliothek,
Hellersdorfer Promenade 24, am
19. Oktober, 10.30 Uhr, wird sie
mit der Stimme von Ernst Busch
zu hören sein. Erich Mühsam
(1878-1934), Dichter, Anarchist,
len Situation, dem Tod oft näher als dem
Leben, eine Hilfe dar, derartige
Grenzerfahrungen zu verarbeiten.
Das Liederbuch „Dörrgemüse, trocken
Brot, Marmelade, Heldentod“ bringt uns,
ohne etwas zu verherrlichen oder gar historisch auf die falsche Fährte zu lenken,
auf spannende Art und Weise den Sorgen
und Ängsten aus der Zeit des Ersten Weltkriegs näher. Die Informationen über jene Phase sind
so umfangreich, dass sie
uns einerseits umfassend
ins Geschehen einführen
und andererseits genügend
Anregungen bieten, uns intensiver mit einigen der
Themen zu beschäftigen.
Mit einem Rückblick auf
die Zeit zwischen den Kriegen (1871-1914), kurzen
Repliken auf das Soldatenlied, seiner Veränderung
während des Krieges, der
Wandervogelbewegung, der
katholischen Kirche, der
Musik im Stellungskrieg,
der Sexualität, dem deutschen Kolonialismus oder der „Heimatfront“ folgen kurze
Kapitel zu militaristischen und anderen
Nachwirkungen und zum Desertieren. Die
Hintergrundinformationen zu den Liedern,
die mit einem guten Notenbild dargebracht
und Akkorden versehen sind, vervollständigen das ansehnliche Buch.
Regina Engel (Musik von unten)
Werner Hinze: Dörrgemüse, trocken
Brot, Marmelade, Heldentod; 144 S.
19,50 Euro.
Das ist kein Buch, das man so schnell liest
wie einen guten Krimi. Bei Dieter Hildebrandt lohnt es sich immer, noch einmal
ein paar Seiten zurückzugehen und noch
einmal zu lesen. Man könnte eine Pointe
nicht gleich verstanden haben, versucht den
Text so zu lesen, wie es der Meister getan
hätte. Hildebrandt zu
lesen bedeutet für viele, ihn zugleich zu hören. Mit den bewusst
und kunstvoll gesetzten Pausen, die dem
Zuhörer gelassen werden. Etwa so, wie man
Sergej Michalkows
„Der Hase im Rausch“
nicht lesen kann, ohne
zugleich den genialen
Eberhard Esche zu hören.
Ob Dieter Hildebrandt
ahnte, dass dieses
Buch wirklich seine
letzte Zugabe sein
würde, weiß ich nicht.
In den flugs aus den
Schubladen vieler Redaktionen geholten
Nachrufen hieß es, der
im November 2013 im Alter von 86 Jahren gestorbene Kabarettist und Autor hätte noch mehrere Tourneen geplant. Sein
Krebstod sei für ihn fast wie aus dem heiteren Himmel gekommen. Wobei heiter an
dieser Stelle ziemlich makaber klingt.
Es stimmt traurig, dass es keine Chance
gibt, Hildebrandt noch einmal zu erleben.
Dabei sind wir doch von so vielen Dingen,
Personen und Tatsachen umgeben, die ge-
radezu dazu einladen, von ihm auf die
Schippe genommen zu werden. Allein Mitglieder der bayerischen Staatsregierung
etwa böten Anlass für abendfüllende Programme. Wenn Hildebrandt feststellt, die
ehemalige Bundesministerin Ilse Aigner
spreche zwei Fremdsprachen, rede aber
immer noch so, wie man
es ihr auf der Grundschule vergeblich versucht habe abzugewöhnen, ist das für mich ein
Höhepunkt der Formulierkunst. Aber auch andere bayerische Politikergrößen wie der Seehofer-Horst bekommen
von Hildebrandt den beißenden Spott, den sie
verdient haben.
Besondere Perlen bietet
Hildebrandt, wenn er
sich mit dem heutigen
Sport beschäftigt. Beispiel gefällig? „Inzwischen ist man dazu übergegangen, jeden einzelnen Spieler zu interviewen. Dabei kommen
Erkenntnisse heraus, die
man als Fernsehzuschauer für den Alltag
dringend benötigt. Ein Reporter fragte allen Ernstes: „Wie kam es, dass Sie das
Tor geschossen haben?“ Und der Spieler
sagte: „Na ja, ick hab gedacht, den mach
ich rein.“ „Na und dann?“ „Dann hab ick
ihn reinjemacht.“
Hans Sandow
Dieter Hildebrandt: Letzte Zugabe,
Blessing, 19,99 Euro.
„War einmal ein Revoluzzer“
Kriegsgegner, sah schon sehr früh
die Gefahr, die dann zum 1. Weltkrieg wurde, und warnte in
seinen satirischen und spöttisch gesellschaftskritischen
Gedichten davor. 1919 gehörte er mit Ernst Toller und
Gustav Landauer zu den Initiatoren
der Bayerischen Räterepublik und
bekämpfte nach Haftentlassung als
leidenschaftlicher Publizist,
Versammlungsredner, politisch-satirischer Lyriker und Dramatiker die Weimarer Klassenjustiz. In der Nacht des Reichs-
tagsbrandes wurde er von der SA
verhaftet und am 9. Juli 1934 im KZ
Oranienburg ermordet. Seinen 80.
Todestag nehmen Angela Friedrich
und Hans Hübner, dessen Vater
1933/34 selbst im KZ Oranienburg
inhaftiert war, zum Anlass, mit dem
literarischen Programm „Menschen,
laßt die Toten ruhn und erfüllt ihr
Hoffen“ an Mühsam zu erinnern.
Gedichte und Lieder, historische
Tonaufnahmen, eine Filmdokumentation und eine Ausstellung rücken
diesen Dichter wieder in unsere Erinnerung. Eintritt kostenlos; da die
Bibliothek nicht sehr groß ist, empfehlen wir, einen Platz zu reservieren Tel. 99 12 008. Gerda Maron
Da muss es wuseln – Blick in den Alltag großer Familien
Je ärmer im Geiste, um so reicher
an Kindern. Es ist ein Vorurteil,
aber es wird immer wieder gern
genommen. An der Verhütung gespart, und dann Vater Staat zahlen lassen. Sehenden Auges in die
Überforderung laufen, und dann
Hilfe von der staatlichen Gemeinschaft einfordern. Mehrfach im
Jahr schnappen Familien mit drei
und mehr Nachkommen solche
Sprüche auf. Doch was geht wirklich ab in großen Familienverbünden?
Die Bundeszentrale für politische
Bildung hat im jüngst erschienenen Buch „Kinderglück“ den Alltag von elf großen Familien beleuchtet. Mit dem Klischee räumen die Berichte gründlich auf.
Statt ungebildeter und sozial
schwacher Fernsehkonsumenten
stehen hier meist sowohl Kinder
wie auch Eltern mitten im Leben:
Mit hoch strukturiertem Alltag,
Vereinsleben, Musikschulbesuch
und Großen, die nach ihren kleinen Geschwistern schauen. Und
einer Menge von Problemen, trotzdem, die aber nicht im Vordergrund zu stehen scheinen: Verlorene Turnbeutel, vergessene Fahrkarten, Koordinationshöchstleistungen. Eigentlich der ganz normale Wahnsinn, nur eben vier- und
sechsfach. Am Rande erscheinen
immer mal die Sonderprobleme
wie Familientarife an Zoo- und
Schwimmbadkasse, die maximal
zwei Kinder vorsehen. Fast immer
zu wenig Geld und zu kleine Wohnungen.
Die Konstellationen sind dabei so
vielfältig wie das Leben der Großfamilien. So berichtet eine moderne Frau aus aristokratischem Hause über ihre Kindheit in einem
hessischen Schlösschen, wo möglichst zahlreiche Geschwister zur
Adelstradition gehörten. Vorgestellt wird beispielsweise auch das
lesbische Pärchen aus dem Saarland, das fünf Kinder aus den zwei
gescheiterten (Männer)-Beziehungen der Mutter großzieht. Sozial
schwach, kritisch beäugt im
Brennpunktgebiet, finanziell immer auf Kante, aber dennoch geachtet und eben nicht verkommen.
Alle Kinder sind „was Ordentliches“ geworden.
Eine noch größere Familie berichtet, wie es kam und wie es funktioniert, dass sie mit ihren acht
Nasen wegen mehr Kinder-
freundlichkeit von Bonn nach
Frankreich gezogen ist. Arbeit in
Deutschland, kinderreich leben im
Elsass, das mindert die Steuerbelastung enorm. Akribische Koordination und Überraschungen bietet auch die syrisch-deutsche
Patchworkfamilie. Dort brachte er
zwei, sie drei Kinder mit in die
Ehe, und zwei kamen noch gemeinsam hinzu. Zudem müssen
immer noch Besuchszeiten und
Impulse der verlassenen Partner
abgestimmt werden. Den Blick in
eine „richtige Migrantenfamilie“
aus der Türkei gibt es auch.
In einer der Geschichten aus dem
Buch beschreibt Joachim Wuermeling das Leben seines Großvaters. Der hatte sich im Dritten
Reich nicht mit den Nazis gemein
gemacht und trotz Hochschulabschluss und fünf Kindern bis
Kriegsende ein bedeutungsarmes
und finanzschwaches Leben an der
Ideologie vorbei geführt. Unter
Adenauer wurde Franz-Josef
Wuermeling Westdeutschlands
erster Familienminister. Stockkonservativ zwar, aber bemüht, Familien unabhängiger zu machen von
parteiengestörten Lebensläufen.
Dabei führte er Kindergeld ebenso ein wie das Jugendschutzgesetz
und die Fahrpreisermäßigung bei
der Bahn für kinderreiche Familien, boshaft „Karnickelpass“ genannt. Blut und Boden war in den
Fünfzigern kein Thema mehr. Der
Minister sah Familien als Sinn,
Fundament und Stütze staatlicher
Ordnung überhaupt.
Das Buch „Kinderglück. Leben in
großen Familien“, verfasst von
Rocco Thiede und herausgegeben
vom Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V., ist in der
Bundeszentrale für politische Bildung erschienen und nur dort online (www.bpb.de/186621) bestellbar. Es kostet großfamilienfreundliche 4,50 Euro inkl. Porto.
Ebook-Leser und Computermaniacs können das Buch als pdf oder
e-pub ebenfalls kostenlos downloaden.
Henson Stehling
Feuilleton
jot w.d. 10/2014
13
Trauerorte oder Propagandastätten?
Zur Tradition deutschen Krieger-Gedenkens – Teil 2
Im Rahmen unserer Berichterstattung zum Thema „100 Jahre Erster Weltkrieg“ schrieben wir in
Ausgabe 8/2014 auch über die
Problematik des kompletten Wiederaufbaus des Denkmals in
Biesdorf. Wolfgang Brauer, Vorsitzender des Heimatvereins, findet die dort dokumentierten Arbeiten der Biesdorfer Gymnasiasten zum Biesdorfer Kriegerdenkmal „geradezu vorbildlich“ und
nahm dies zum Anlass, umfassend
über die „Kriegerdenkmale“
nachzudenken.
Aber die Niederlage sollte ja
nicht endgültig sein. Das Spandauer Gardegrenadierregiment
Nr. 5 verlor bei Tannenberg, 1916
an der Somme und in den fürchterlichen Flandernschlachten
1918 über 4000 Mann. 1922 errichtete es ein Kriegerdenkmal im
heutigen Stabholzpark. Die Bronzeplastik August Schreitmüllers
trägt den Titel „Die Wacht“. Ein
nackter Krieger, lockeres Tuch,
antikes Kurzschwert. Er trägt den
deutschen Stahlhelm. Es ist
schwer zu sagen, wessen Auge
schärfer blickt: das des Kriegers
oder das des neben ihm hockenden Ares? Die beiden sollen im
Felde besiegt worden sein? Die
Botschaft ist eindeutig.
Noch süßlich-verlogener kommt
ein an der Trabrennbahn Karlshorst stehendes Denkmal (Foto:
Brauer) daher. Etwas verschämt
wird es gern „Rennreiterdenk-
mal“ genannt. Das ist
Blödsinn,
das
Reiterdenkmal von
Willibald Fritsch ist
ein Kriegerdenkmal.
Reichspräsident Paul
von Hindenburg enthüllte es am 23. September 1925. Es erinnert an 161 Gefallene,
22 Berufs- und 139
Herrenreiter. Am Sokkel geht es vom Leutnant bis zu den Prinzen
von Reuss und Sachsen-Weimar aufwärts.
Hier fehlen zwar
Schwert und Adler,
aber der stählerne
Blick des antik daherkommenden Reiters ist
derselbe wie in
Spandau. Hier feierte
sich eine Kriegerkaste
selber ab. Diese Leute
gierten nach einem
zweiten Waffengang. Die Herren
verkehrten im „Herrenklub“ in
der Jägerstraße. Eine ihrer führenden Gestalten hieß Franz von
Papen. Der hievte Hitler in den
Sattel.
Zwei Nummern kleiner waren die
Kriegerdenkmäler in den Dörfern
unserer Gegend. Zudem sind sie in
der Regel ziemlich uniform und
künstlerisch ohne Wert. Es handelt
sich um Serienarbeiten aus dem
Katalog: Stein auf Sockel, Namenstafel (zumeist aus poliertem Granit), stilisierter Helm oder Adler auf
Kugel. Oftmals wurde eine Umfriedung aus einer geschmiedeten Kette angelegt. Es sollte irgendwie
nach Heldenfriedhof aussehen. Da
liegt aber niemand. Heute findet
man gelegentlich an Jubiläumstagen oder am Totensonntag an
diesen Steinen ein Grablicht. Es
handelt sich dabei im besten Falle
um einen traurig stimmenden Irrtum. Es gibt eine weitere Gemeinsamkeit: Diese Denkmäler stehen
alle auf kirchlichem Grund und
Boden. Der Grund ist banal: Nach
dem Bürgerkrieg 1918/1920 wur-
de der Stadtbezirk
Lichtenberg sozialdemokratisch regiert.
Die SPD-Mehrheit in
der BVV verweigerte
den Kriegervereinen
– neben dem Militär
waren diese die
Hauptauftraggeber
solcher Denkmalsetzungen – öffentlichen Boden für ihre
Propagandamonumente. Ausnahme:
Das Kriegerdenkmal
in Alt-Marzahn steht
auf bezirkseigenem
Grund. Es wurde am
1. August 1920 eingeweiht. Das Groß-Berlin-Gesetz trat erst am
1. Oktober 1920 in
Kraft. Der Kriegerverein hatte hier noch
das Sagen. Sozialdemokraten und Juden
waren in diesen Vereinigungen unerwünscht. Kommunisten kamen
sowieso nicht auf die Idee, da eintreten zu wollen. Das Marzahner
Denkmal präsentiert sich heute übrigens auch nicht mehr wie zu seiner Entstehungszeit. Damals zierte es ein stilisierter Kürassierhelm,
der wurde aber um 1933 durch einen Adler (ohne Weltkugel) ersetzt.
Dazu kam ein Eisernes Kreuz. Der
Adler ist weg, das Kreuz ist noch
da. Der „Rest“ möge wegbleiben.
Die Namenstafel selbst spricht hinreichend zu uns.
Ganz anders ist die Situation in
Kaulsdorf. Die sich dort an der
Kirchhofsmauer zeigende schlichte Gedenksituation ist nicht die historische. Auch hier wollte man ursprünglich einen öffentlichen Platz,
den Wilhelmplatz, für ein „Gefallenen-Denkmal“. Die Lichtenberger BVV lehnte das am 21. Oktober 1925 ab. Man wich auf Kirchenland aus und errichtete eine
metallene Soldatenfigur mit Stahlhelm und Handgranate, am Sockel
die Inschrift „Unbesiegt“. Das war
wie in Spandau die in Bronze gegossene Dolchstoß-Legende Hindenburgs und Ludendorffs. Die
Soldatenfigur und die am Sockel
angebrachten Bronzetafeln wurden
1951 von der Kirchgemeinde als
Buntmetall abgeliefert.
Das Mahlsdorfer Kriegerdenkmal
transportiert dieselbe Botschaft:
„Und wenn wir auch aus dem
Weltkriege nicht als Sieger heimgekehrt sind und der blindwütige
Haß rachsüchtiger Feinde uns die
Waffen aus der Hand geschlagen
hat, wisset Ihr Enkel und Urenkel, in aller Not und deutscher
Nacht sind wir nicht verzweifelt,
bis zu unserem Tode halten wir
an dem Vertrauen zu unserem
Volke fest, daß der Geist des eisernen Volkes von 1914 bis 1918
nicht sterben darf...“ Das findet
sich im Bericht des Mahlsdorfer
Chronisten Paul Großmann über
die Einweihung des Denkmales
am 4. September 1927.
(Teil 3 in Ausgabe 11/2014)
Tai Chi an einsamen Stränden
Kabarettistin und jot w.d.-Kolumnistin Dagmar Gelbke genießt trotz Erkältung und Albträumen
gewittrige Tage auf Formentera und geht auf Rentnerfahrt in den sonnigen Süden
Wie unterschiedlich doch das Publikum reagiert! Wenn wir auf der
„Carlsburg“ über Falkenberg unser Weiberprogramm „Wir sind
nicht alt! Aber sexxy!“ ankündigen, ist es ruck-zuck ausverkauft.
Im Stadttheater Cöpenick, wo wir
es am 4. Oktober, 19.30 Uhr, spielen wollen, läuft der Kartenvorverkauf so schlecht, dass wir eventuell noch absagen müssen. Oder
liegt der Termin einfach ungünstig,
jetzt, wo alle Kleingärten winterfest gemacht werden müssen und
dabei die letzten schönen Herbsttage genutzt werden.
Während ich dies schreibe, sitze
ich schwer erkältet bei meiner
Freundin Marianne auf der Sonneninsel Formentera, die, seitdem
ich hier bin, zur Gewitterinsel
konvertierte. Gut, es hatte fast ein
Jahr (!) lang nicht geregnet, aber
muss denn ausgerechnet ich die
Regentrude sein unter dem Motto: Lasst mich die auch noch spielen? Trotzdem ist hier ein magischer Ort, der positive Energien
ausstrahlt und unruhige Geister
wie mich erdet – noch. Denn auch
hier findet ein Ausverkauf der
Umwelt an die Italiener statt, die
viermal am Tag duschen müssen,
oder an „Herr der Ringe“-Stars
wie Orlando Bloom, die mit den
Ankern ihrer Riesenyachten die
für die Wasserqualität verantwortliche Posidonia-Alge ausrotten.
Aber noch löst die Insel meine inneren Blockaden der vergangenen
Monate - die man an den Träumen
zu Urlaubsbeginn ablesen konnte.
Oder ist das kein Albtraum, wenn
Dagmar Frederic mit mir sauer ist,
weil ich in einer Kolumne nicht
erwähnt habe, dass sie gerade einen kleinen Sohn geboren hat?
Oder wenn Lothar Bölck, der mdrKabarettist, als Wasserleiche in einer Badewanne liegt und blubbernd zu mir sagt: Du könntest ein
Weltstar sein, wenn Du ein anderes Gesicht hättest?
Inzwischen schlafe ich – trotz Erkältung – wie ein Baby und habe
sogar Muße, klassische Epen zu
lesen wie Dschingis Aitmatows
„Der Tag zieht den Jahrhundertweg“. Mein Gott, war das ein Erzähler! Man kann der ollen DDR
nur dankbar sein, dass solche Literatur in der Schule Pflichtliteratur war. Apropos: Ich habe ja
Anfang September meine Klausur
über die Geschichte Deutschlands
von 1871-1945 geschrieben, in einem furchtbar hässlichen Hörsaal
in der altehrwürdigen Goethe-Universität zu Frankfurt am Main. Ich
hatte Glück und konnte ein Thema wählen, über das ich einiges
wusste: Die Weimarer Republik.
Ob ich bestanden habe, erfahre ich
erst in zwei Monaten, wo ich doch
– wie mir einer meiner Träume
leider sehr richtig eröffnet hat - die
tragenden Säulen der damaligen
Politik einfach vergessen habe zu
erwähnen: Die verfassungsrechtlich garantierte Arbeitsrechts- und
Sozialpolitik, die bis heute Grundlage unserer Demokratie ist.
Mann, ich Schussel aber auch!
Dass Frankfurt am Main mein
Klausur-Ort war, lag daran, dass
meine diesjährige, geführte Rentnerreise an die Costa Brava dort
begann. Zehn Stunden im Bus mit
netten Hessen, Rheinländern,
Pfälzern und Schwaben, von Genua aus mit unglaublich vielen
heimkehrenden Marokkanern auf
einer Fähre nach Tanger bis Barcelona, von dort in ein Hotel in
Malgrat de Mar. In insgesamt 10
ausgefüllten Tagen haben wir auf
einer Pyrenäen-Fahrt Andorra besucht, uns wurde Barcelona gezeigt und das Dali-Museum in
Figueras sowie das Wohnhaus des
genialen Künstlers im romantischen Fischerdorf Cadaquès nahe
der französischen Grenze – alles
im Preis inbegriffen.
Auch inbegriffen im niedrigen
Preis: der stinkende Abfluss im
Hotelzimmer, den ich aber hingenommen habe, weil ich risikofreudig nur ein halbes Doppelzimmer gebucht hatte und dann wirklich ein Einzelzimmer ohne Aufpreis nutzen durfte. Und die allabendliche Musikbeschallung am
Urlaubsort! Oh ja, dort hat der Bär
gesteppt. Auf jeder Hotelterrasse
eine andere Band unserer Generation (also lang- aber grauhaarige Rockmusiker) und ich habe oft
gedacht: Vor ein paar Jahren noch
hättest du das nicht ertragen. Aber
es blieb einem gar nichts anderes
übrig, als sich darauf einzulassen
und mitzutanzen – ich will doch
sowieso wieder öfter tanzen gehen. Meckern hätte auch gar nichts
gebracht, jedenfalls nicht bei dem
Preis. (Wer wissen will, wie viel
ich für diese Reise ausgegeben
habe, informiere sich bei dem
Reiseveranstalter, der gerade im
„Trend“ ist.)
An den freien Tagen habe ich mich
dann aber auf meine geliebten
Individualtouren ins Hinterland
begeben, per Fahrrad, per Bus, per
pedes, habe abseits vom Trubel an
einsamen Ständen mein Tai Chi
praktiziert und mich um das Elend
der Welt und die Wasserqualität
des Mittelmeeres gesorgt. Ja, wir
Menschen sind doch unbelehrbar.
Wir wählen AfD, weil wir, ähnlich wie in der Weimarer Republik, nicht mehr in der Lage sind,
in politischen Zusammenhängen
zu denken, und durchleuchtet man
die „vorbildliche“ Umweltpolitik
der Bundesregierung, dann muss
man wirklich dankbar sein für jeden noch so gewitternden Urlaubstag auf Formentera. In diesem Sinne bin ich dankbar für meine „frühe Geburt“.
Eure Daggie
14
jot w.d. 10/2014
Empfehlungen
13. Lange Nacht der Senioren
Schwoof und Tanz im FFM bis der Bus-Shuttle kommt
Marzahn – Einmal im Jahr kann
man in der Mehrzweckhalle des
Freizeitforums bei Stimmung, guter Laune, Show und Tanz eine
„lange Nacht“ mit Partner oder
Freunden verbringen. Am 26. Oktober ist es wieder soweit. Da
strömen die Damen und Herren
in der zweiten Lebenshälfte aus
allen Richtungen (bis hin nach
Neuenhagen oder Strausberg)
herbei, um einen gemütlichen
Abend mit Show-Meister Siegfried „Siggi“ Trzoß und seinen
Gästen aus der Unterhaltungsszene zu verbringen. Dass dabei
bis zur „Geisterstunde“ fleißig
das Tanzbein geschwungen wird,
auch wenn man die 80 weit überschritten hat, wissen wir aus vergangenen Langen Nächten. In diesem Jahr sind Dagmar Frederic
(Foto: Nachtmann) und Sandra
Mo dabei, der Gentleman des
deutschen Schlagers, Kay Dörfel,
und das Piano-Supertalent 2013,
Thomas Krüger. Alenka Genzel &
Frank Matthias wollen ihr Publikum mit Musical- und Operettenmelodien erobern, die „DonegalsIrish- Dance“ mit leidenschaftlichem Tanz. Wie in den vergangenen Jahren führen das Gesangsund Ehepaar Andrea & Wilfried
Peetz musikalisch durch den
Abend.
Für einen sicheren Heimweg nach
der Veranstaltung sorgt wieder die
Dr. Herrmann Touristik GmbH mit
einem Bus-Shuttle (Anmeldung
Tel. 0800-562 70 04). Beginn 19
Uhr (Einlass ab 18 Uhr), Eintritt
18 Euro (inklusive Begrüßungsgetränk).
I. Dittmann
Von Julia Axen bis Wolfgang Ziegler
Hits von damals – „Kofferradio“ erfüllt Hörerwünsche
Berlin – Jeden Sonnabend zwischen 14 und 15 Uhr ist „Kofferradio“-Zeit beim Sender Alex Berlin, zu empfangen über das Berliner Kabelnetz 92,6, Antenne 88,4
und 90,7 bzw. per Internet:
www.alex-berlin.de, www.siggitrzoss.de, www.radio-today.de.
Vorschläge der Hörer bestimmen
die Geburtstags- und Erinnerungssendung am 4. Oktober.
Aus der Vielzahl der Wünsche hat
Moderator Siggi Trzoß u.a. folgende Songs ausgewählt: „Weil
du heut Geburtstag hast“ (Sven
Simon), „Immer am Ball“ (Karney/Lippert), „Weil ich dich so
lieb hab“ (Baltuttis/Frohberg),
„Dicke International“ (Helga
Hahnemann) und „Musik ist mein
Leben“ (Nina Lizell).
Neuaufnahmen von Platte und
Funk von vor 50 Jahren erklingen
am 11. Oktober. Da gibt es ein
Der Herbst ist da und
meine Rückenschmerzen auch
In jot w.d. 8/2014 versprach Heilpraktikerin Christine Eschenbach,
regelmäßig eine zur Jahreszeit
passende Übung zu empfehlen, die
„ganz ohne Chemie“ auskommt.
Wie kommt es, dass bestimmte
Beschwerden zu bestimmten Jahreszeiten verstärkt auftreten? Dieses Phänomen wird von der so genannten Chronobiologie erforscht.
Es gibt hierzu eine Reihe von Studien. Die Chronobiologie erlangt
für den Menschen schon deshalb
immer größere Wichtigkeit, da der
Lebensstil der Menschen in unserem Kulturkreis immer mehr von
den Rahmenbedingungen, die die
biologische Uhr vorgibt, abweicht:
Schichtarbeit, unnatürliche Essgewohnheiten, Bewegungsmangel. Die meisten Menschen verbringen immer weniger Zeit in
freier Natur. So entsteht ein fortwährendes Lichtdefizit, das
Schlaf- und Essstörungen, Energielosigkeit bis hin zu schwe-
ren Depressionen begünstigt. Es
gibt aber auch von den Jahreszeiten abhängige Rhythmen, die
ebenso autonom im Körper ablaufen und nur bemerkt werden, wenn
Beschwerden auftauchen. Insbesondere unsere Gelenke und Muskeln sind hier gemeint, und die
werden im Alter immer wetterfühliger. Um gut durch den Herbst zu
kommen ist es hilfreich, täglich
mehrmals folgende Übung konsequent durchzuführen: Die linke
Hand in den Nacken legen bis die
Fingerspitzen auf die rechte Seite
des Nackens reichen und die rechte Hand ans Steißbein legen und
umgekehrt. Beide Seiten einige
Zeit halten, bis die Beschwerden
nachlassen. Wem diese Übung
Schwierigkeiten bereitet, halte
einfach 3 mal 10 Minuten erst den
einen dann den anderen Zeigefinger und/oder den einen kleinen
Finger, dann den anderen kleinen
Finger mit der anderen Hand fest.
Wiederhören mit Volkmar Böhm
(„Heiße Noten nicht verboten“),
Christian Schafrik („Schön war
deine Liebe“), den Sputniks
(„Gitarrentwist“), Helga Brauer
(„Liebeskummer
lohnt sich nicht“),
Rica Deus („Halt
mich fest, mein
Matrose“), Sonja
Siewert („Täglich
24 Stunden“) und
vielen anderen.
Ausschnitte aus
der 54. Schlagerstunde von und
mit Siggi Trzoß
gehen am 18.
Oktober über
den Sender. Der Moderator präsentiert den Berliner Sänger Wolfgang Ziegler, der bei dieser beliebten Veranstaltung garantiert nicht
„im Regen stand“, wie es der
Kaulsdorfer in seinem Erfolgstitel
„Verdammt“ besingt. Zum Ausklang des Monats am 25. Oktober wird wieder an Geburtstagskinder des Monats erinnert. Dabei sind Bärbel Wachholz, Wolfgang Ziegler,
Gerti Möller, Thomas
Natschinski, Andreas
Holm, Eva-Maria Hagen, Rolf Herricht, das
Duo Munk/Krähmer
und viele andere. Auch
hier sprechen die Kofferradio-Hörer ein gewichtiges Wort mit bei
der Titelauswahl.
Musikwünsche können
schriftlich an Kofferradio, Alex-Berlin, Voltastraße 6,
13355 Berlin (Fax 030 - 99 150
23, email an: [email protected]) gerichtet werden.
I. Dittmann, Foto: Nachtmann
Sommer 2014: Wenn die Pferde durchgehen ...
Es ist ein schöner Sommertag im Grünen. Wir sitzen im sanft schaukelnden
Wagen und schauen auf die sich bewegenden braunen Pferderücken. Der Sandweg verschluckt fast alle Geräusche bis
auf das gelegentliche Schnauben der
Pferde, ab und zu übersieht der Kutscher
eine Wurzel und es rumpelt. Das Gespräch
der Reisegesellschaft dreht sich um
Urlaubsquartiere, das Badewetter und
den schönen Wald, durch den die Pferde
jetzt nicht mehr zuckeln, sondern wohl
schon traben. Ihre Rücken sehen in der
Sonne verschwitzt aus. Das Laufen mögen sie, sagt eine Pferdekennerin im Wagen. Ich halte dagegen: Wir haben doch
alle Zeit der Welt, ist schließlich Urlaub,
wozu die Hatz!
Als ob er meinen Einwand gehört hätte,
dreht sich der Kutscher das erste Mal zu
uns um. Ich sehe sein erhitztes, höhnisch
grinsendes Gesicht, der drohende kurze
Blick ohne Worte verheißt nichts Gutes.
Dieses Bauchgefühl haben wohl alle Mitreisenden, abrupt ist es aus mit der gelösten Urlaubslaune. Fortan wenden sich
die Gesprächsthemen Kreuzfahrtschiffen
an Riffen zu, havarierten Reisebussen,
ertrunkenen Kindern am Strand. Der
Wagen ist inzwischen nicht mehr im Grünen, sondern in einer ausgetrockneten
Grasgegend, durch die galoppierenden
Pferde wird jede Menge Staub aufgewirbelt. Immer wieder bremst der Kutscher
unvermittelt. Schlechte Scherze sind diese Einlagen, denn alle fallen wiederholt
durcheinander! Jetzt verstummen auch
die Gespräche. Warum protestieren wir
nicht? Haben wir einen Urlaubsausflug
gebucht? Ja doch, eben keinen Abenteuertrip! Keiner wagt dem Kutscher etwas
zu sagen, denn seine Peitsche knallt beängstigend dicht über den Pferderücken
und der eine stechende Blick aus kalten
Augen hat uns allesamt eingeschüchtert.
Und jetzt, ermutigt durch unser Schweigen, brüllt er auch noch unflätig den Pferden Flüche der schlimmsten Art zu, um
sie noch mehr anzutreiben. Wir klammern
uns am krachenden Wagen fest und haben inzwischen schlicht und einfach
Angst. Als uns auf dem schmalen Weg
einige Reiter entgegen kommen, scheuen die Pferde und unser Wagen kippt um,
wie kaum anderes zu erwarten war. Die
Entgegenkommenden sehen uns in den
Staub und das dürre Gras fallen, aber
auch sie machen keine Anstalten zu helfen. Als sie dem Kutscher dreckig zulachen, wird uns innerhalb einer Sekunde
das abgesprochene üble Spiel klar: Sie
sind gut sichtbar bewaffnet und machen
sich ohne jede Skrupel daran, uns Urlauber auszurauben. Überrumpelt liegen wir
am Boden und müssen zusehen, wie Geld,
Uhren und Wertsachen in ihren Taschen
verschwinden. Wir sind ihnen zahlenmäßig klar überlegen, und ich würde zu gern
aufstehen und aufbegehren, die anderen
ebenfalls dazu ermuntern, bleibe aber
mucksmäuschenstill und wie mit Bleigewichten an den Boden gefesselt liegen ...
Schweißgebadet wache ich auf. Vor mir
auf dem Tisch liegt das bunte Programm
der Westernstadt El Dorado bei Templin.
Dort sahen wir mit den Enkeln vor einigen Tagen diverse Stuntshows, auch gut
eingeübte Überfälle von Gangstern auf
Pferdekutschen. Und auf dem Schoß habe
ich einen aktuellen Artikel über brutale
bewaffnete Auseinandersetzungen im
ukrainischen Bürgerkrieg mit vielen Todesopfern unter der Zivilbevölkerung.
Uli Clauder
direkt – Briefe & Antworten
jot w.d. 10/2014
15
Schwuler, Literat, Kommunist
Gedenktafel für Ronald M. Schernikau wurde in Hellersdorf enthüllt
Während Massen von Menschen
dem Osten den Rücken kehrten,
machte sich einer auf in die entgegengesetzte Richtung – von
West nach Ost. Im September
1989 erhält Ronald M. Schernikau die Staatsbürgerschaft der
Deutschen Demokratischen Republik und bezieht eine Neubauwohnung in der Cecilienstraße
241 in Hellersdorf, damals benannt nach Albert Norden, einem
früheren Politbüromitglied der
SED. Fast 23 Jahre nach seinem
Tod prangt nun dort am Eingang
des Wohnhauses eine Tafel zu
seiner Erinnerung. „Die Anmaßung der Welt vergessen und uns
ihr zuwenden“ heißt es darauf.
Zur feierlichen Enthüllung an einem sonnigen Freitagmorgen sind
viele Freunde und Wegbegleiter
Schernikaus erschienen. Seine
Mutter, Ellen Schernikau, und sein
Lebensgefährte und Nachlassverwalter Thomas Keck, der
aus Schernikaus Hauptwerk „Legende“ liest. Juliane Witt, Kulturstadträtin in Marzahn-Hellersdorf,
die durch die Veranstaltung führt,
sagt: „Es ist ein gutes Signal, wenn
wir jetzt mit einer Informationstafel an den Menschen, Künstler
und selbstbewussten Homosexuellen erinnern.“
Tatsächlich findet mit der Enthüllung ein fünfjähriger Prozess ei-
nen wunderbaren Abschluss. Damals hatten Carsten Schatz und
ich die Idee geboren, Schernikau
an diesem Ort zu ehren. Natürlich gibt es dabei immer sehr persönliche Geschichten und Erlebnisse. Mit „Die Tage in L.“ hat
seller und ist heute sogar Bestandteil des Deutschunterrichts
an vielen Schulen. Im Jahr der
Veröffentlichung zog Schernikau
von Lehrte bei Hannover nach
West-Berlin. Dort begann er ein
Studium der Germanistik, Psy-
chologie und Philosophie und
wurde Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei Westberlins
(SEW). Nach zunächst erfolglosen Bewerbungen konnte er 1986
ein Studium am Institut für Literatur Johannes R. Becher in Leip-
mich ein Buch Schernikaus in den
1990-er Jahren sehr bewegt und
geprägt, in dem ich viele meiner
eigenen inneren Brüche und Konflikte aus dieser Zeit der Umbrüche gespiegelt fand. Den meisten
Menschen ist Schernikau durch
seine „Kleinstadtnovelle“ bekannt. In diesem Buch aus dem
Jahr 1980 beschrieb der damals
erst 19-jährige Autor das Aufwachsen als schwuler, unangepasster Jugendlicher in einer spießigen westdeutschen Kleinstadt.
Der Roman wurde sofort ein Best-
Die Gedenktafel und Schernikau
in seiner Hellersdorfer Wohnung.
Fotos: Archiv, Schernikau.net
zig beginnen. Als westdeutscher
Staatsbürger war er damit eine
absolute Ausnahme.
Seine Abschlussarbeit am Literaturinstitut war das Buch „Die
Tage in L.“, das in der Bundesrepublik vom Konkret Verlag veröffentlicht wurde. Nach seiner
Übersiedlung arbeitete er als Dramaturg für Hörfunk und Fernsehen beim Henschelverlag in OstBerlin. Am 20. Oktober 1991
starb Ronald M. Schernikau an
den Folgen einer AIDS-Erkrankung. Nur wenige Tage zuvor hat-
Der Kapitalismus hatte nur
eine Chance: So zu tun, als
sei er keiner. Er würde den
Leuten mit dem Stundenlohn erzählen müssen, sie
seien Herren ihrer selbst.
Das hat geklappt. Herzlichen Glückwunsch.
Plastetüten in die Plastetonne
Beim diesjährigen Ernte- und Umweltfest beteiligten sich Bündnis 90/Die
Grünen Marzahn-Hellersdorf an der
Aktion „Berlin tüt was“. Nach dem
Motto: „Wer 10 Plastiktüten am
bündnisgrünen Infostand abgibt, erhält
einen Stoffbeutel“ wurde in der lokalen Presse dazu aufgerufen, vorhandene Plastikbeutel abzugeben. Viele Menschen kamen dieser Aufforderung nach
und gaben weitaus mehr als 10 Plastiktüten an den Infoständen ab. Zeitweise
war der Andrang so groß, dass noch
Stoffbeutel aus der Geschäftsstelle
nachgeholt werden mussten. Stephan
Patzelt, Sprecher des bündnisgrünen
Kreisverbandes, freut sich sehr über die
hohe Beteiligung und bedankt sich „bei
Allen, die bei dieser Aktion mitgemacht
und damit einen Beitrag zum Umweltschutz geleistet“ haben.
C. Streich
Stolperstellen werden beseitigt
Schon seit längerem ist der Zugang
zum S-Bahnhof Kaulsdorf beschwerlich. Auf dem Bahnhofsvorplatz sind
die Gehwegplatten mehr Stolperstellen als ein unbeschwerter Zugang.
Im Winter bilden sich durch Schnee
und gefrorenes Eis gefährliche Eisflächen. Dies betrifft den bisherigen Zugang vor der Unterführung auf den
Bahnsteig. Der Zugang mit Fahrstuhl
und Brücke ist neu gebaut, hier gibt
es keine Beanstandung. In Anbetracht
des unweigerlich kommenden Winters habe ich bei der Deutschen Bahn
um eine Reparatur gebeten. Der
Regionalbereich Ost DB hat mitge-
teilt, dass die Stolperstellen überprüft
wurden. Hier drückt offensichtlich die
Wurzel eines Kastanienbaums den
Fußbodenbelag nach oben und verursacht so den Schaden. In Kürze wird
DB Netz ein Angebot zur Begradigung der Fläche erhalten, welches
dann bei gegebener Finanzierung
umgehend beauftragt wird. Die Klärung des Themas der Liegenschaftsund Zuständigkeitsgrenzen hatte hier
leider etwas gedauert. Ich freue mich,
dass die gefährliche Stolperstelle, bei
der schon Menschen gestürzt sind,
nun repariert wird.
Sven Kohlmeier, MdA
Ronald M. Schernikau
te er sein Werk „Legende“ fertiggestellt, welches posthum und nur
durch die Unterstützung namhafter Autoren wie Peter Hacks, Elfriede Jelinek, Dietrich Kittner
und Hermann L. Gremliza erschienen ist.
Jörg Sundermeier, dessen Verbrecher-Verlag sich des literarischen
Erbes Schernikaus inzwischen
mit großem Engagement angenommen hat, schrieb einst über
Schernikaus Erstlingswerk: Die
„Kleinstadtnovelle“ ... ist kein
„schwules“ Buch, so wenig wie
es ein „antiprovinzielles“ oder
„feministisches“ Buch ist. Es beschreibt lediglich die Verhältnisse, wie sie sind. Und es zeigt, dass
man sie ändern kann. Und ändern
muss.
Ich bin sehr dankbar. Für die Gestaltung und Realisierung der Gedenktafel zu Ehren Ronald M.
Schernikaus gebührt dem Amt für
Weiterbildung und Kultur, der
Wohnungsbaugesellschaft Stadt
und Land und vor allem Thomas
Keck, ohne den dies alles nicht
möglich gewesen wäre, großer
Dank. Dass die Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land sich für
Produktion, Kostenübernahme
und Montierung sofort und sehr
unkompliziert bereitgefunden
hat, war für mich besonders erfreulich.
Klaus Lederer
jot w.d. 10/2014
Die Energiewende
findet statt, oder?
Letzte Seite
Verbrauchertipp:
Schnell zu viel Geld
Der Weg „Schnell zu viel Geld“ ist denkbar einfach: Er führt stets über die Zwischenstation „Etikettenschwindel“: Anders gesagt. Sie drehen jemandem eine
gefragte Leistung erfolgreich an, aber das,
was drauf steht, ist nicht drin. Beispiele
gibt es wie Sand am Meer, denn wir kommen schließlich zu den Grundlagen unseres Reichtums.
Nehmen wir mal als Paradebeispiel und
todsicheren Tipp die Ausbildung zum Banker. Sie verkaufen künftig ein durch und
durch faules Finanzprodukt, verpackt in
die branchenübliche Zusicherung von hohen Extragewinnen, der Käufer ist der
Dumme. Na gut, am Ende Sie dann auch,
wenn das weltweite Finanzsystem zusammenbricht. Aber ein paar Jährchen können Sie bis dahin ja vielleicht überheblich grinsend von Ihrem Bankarbeitsplatz
im Cabrio zu Ihrer schicken Wohnung im
angesagten Stadtviertel fahren.
Als noch schnelleren Weg zu Reichtum
empfehle ich die unorthodoxe, kurze Ausbildung zum Dshihad-Kämpfer beim Islamischen Staat oder zum Söldner bei der
Gegenseite. Hier sind nicht einmal besondere Kenntnisse gefragt, sondern nur Bekenntnisse: Hinfliegen, Sprengstoffgürtel
umschnallen, und als Märtyrer erwarten
Dich nach dem geglückten Attentat mit
vielen Opfern unvorstellbare himmlische
Reichtümer. Wo hier der Etiketten-
schwindel verborgen
ist? Na in der gut
verhüllten Gefahr,
auf ewig in der Hölle oder noch länger
im dreckigen Knast
einer Diktatur zu
schmoren ...
Aha, Sie bevorzugen
weniger gefährliche
Wege zum schnellen Geld? Fangen Sie
doch einfach bei einer großen Zeitung an.
Da muss allerdings draufstehen „Ausgabe für Marzahn und Hellersdorf“. Sie
werfen das ansonsten nicht kostenlose
Blatt dank vieler Anzeigen erfolgreich und
kostenfrei in die hiesigen Briefkästen ein,
und der Leser merkt überhaupt nicht, dass
in der renommierten Berliner Traditionszeitung buchstäblich null Komma nichts
über Marzahn oder Hellersdorf geschrieben wurde! Sie streichen dafür viel Geld
ein, wenn Ihnen die Zeitung gehören sollte, oder eben etwas weniger, wenn Sie das
Blatt nur verteilen.
Übrigens ganz im Gegensatz zur jot w.d.:
Da steht leider auch drin, was der Titel
„Bürgerzeitung aus Marzahn-Hellersdorf“
verspricht. Aber Geld machen Sie damit
nicht. Weder als Herausgeber noch als
Verteiler. Weil eben der notwendige
Etikettenschwindel fehlt. Extrem dumm
gelaufen, meint
Euer Schwejk
Da war der Wind wohl ein bisschen zu stark und sorgte statt für Strom für Bauschutt. So
jedenfalls kürzlich entdeckt auf einem Feld südöstlich von Berlin.
Foto: Nachtmann
○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○
Quadratisch, praktisch, verführerisch
Unfriedliches jot w.d.-Preisrätsel
Der Kiez gefaltet – 5. Teil (Ende)
Die Abteilung Stadtentwicklung hat eine fünfteilige
Reihe Faltblätter „Stadtumbau für die Hosentasche“
heraus gegeben. Unser Autor durchleuchtet jenes
für den Kiez Marzahn NordWest. Der 1. Teil erschien
in Ausgabe 6/2014).
Die intensive Beschäftigung mit dem Nordwestmarzahner Faltplan zum Stadtumbau soll keine
Zerreißprobe sein, sondern eine Ergänzung mittels des Blicks aufs Ganze. Das unter Schirmherrschaft des Bezirksstadtrats für Wirtschaft und
Stadtentwicklung von Marzahn-Hellersdorf entstandene Kartenwerk, das seine Nutzer an markante Orte des Stadtumbaus führen möchte, ist
gewissermaßen „Pars pro toto“, Teil vom Ganzen.
Das Ganze allerdings wäre mehr gewesen – wie in den voran gestellten
Folgen bereits dargestellt. Mehr allerdings nicht für die „Wanderer“, sondern für die Hiergebliebenen und vielleicht auch für diejenigen, die seit fast
fünf Jahren das örtliche Quartiersmanagement auf völlig andere Füße gestellt haben. Auf Füße jedoch, die bislang nicht einmal vermochten, ähnliche
Spuren allein im Hosentaschenformat zu treten.
Neben Zeugnissen des Stadtumbaus – leider nicht
das Steckenpferd, das mit dem Regenbogen träumt
– empfiehlt und markiert der Faltplan „Besondere
Ziele“, ohne sie allerdings näher vorzustellten. Und
gerade sie – 13 an der Zahl – hätten das Ganze
besonders abrunden können. So wäre aus ortsverbundener Sicht z.B. interessant zu erfahren,
ob eigentlich im „A – Kieztreff West“ noch jemand
daran denkt, dass es einen Briefwechsel zwischen
der damaligen Marzahner Sozialdezernentin und
dem Bewohnerbeirat gab. Darin sicherte sie dem
Rat zu, alles zu tun, damit der Treff erhalten bleibe. Sie hat ihr Wort gehalten.
Was unter „B – Grünzug Geraer Ring mit Plansche“ angeboten wird, sollte hinsichtlich des Worts
„Plansche“ ernsthaft geprüft werden. In der Dokumentation „Kunst in der Großsiedlung“ ist die-
ser Ort als „Wassersprühfeld“ ausgewiesen, das
auch „Tierbrunnen“ genannt wird und verschiedene Gefahrenmomente – wie z.B. Aquaplaning –
in sich birgt. Und dann erst „C – Sportplätze 1.FC
Marzahn“, wo noch eine ’94 hinzugehört: Kein
Wort, kein Impuls aus der damals bahnbrechenden Entscheidung, mit der Kombination von
Bürgerhaushalt und Sozialer Stadt den Fußballern
vom Geraer Ring endlich eine wettkampffähige
Heimstatt zu geben. Die würden noch heute ihre
Heimspiele auswärts austragen müssen, wären
nicht in einer kollektiven Kraftanstrengung knapp
eine Million Euro für die Plätze und den Sanitärtakt aufgebracht worden. „Zum Barnimplatz“ nur
so viel: Es sollte den hiesigen Meinungsführern
doch arg zu denken geben,
dass das Bezirksamt diesen
umstrittenen Platz in Marzahn
Nord als „Besonderen Ort“
ausweist, aus dem Quartiersbüro aber immer wieder das
Echo dringt: „Gefährlicher/gefürchteter Or t“. Auf diese
Weise reiht das Faltbogen-Alphabet bis „M – TschechowTheater“, das absolut ein besonderer, ja ein „besonders besonderer Ort“ ist, Wanderziele aneinander. Und es ist deshalb auch verständlich, dass
die Autoren darauf verzichteten, die verschwundenen Orte aufzulisten – wie den etwa 900.000
Euro schweren Gesundheitscontainer in Marzahn
West, der neuen Kita-Plätzen weichen musste, weil
die alten längst abgerissen waren. Eine „Preisfrage“ jedoch bleibt: Was ist das? „L – Kiek inStadtteilzentrum“. In der offiziellen Liste des Bezirksamts Marzahn-Hellersdorf steht ein so genannter Ort nicht. Es könnte allerdings sein, dass
der Stadtteil Marzahn Nord zwischenzeitlich umbenannt wurde, während die Ämter permanent wie
Gottes Mühlen malen. In diesem unwahrscheinlichen Fall wäre aber Christian Gräff mit seinem hübschen flotten „Falter“ auf Ballhöhe.
Torsten Preußing
1
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2
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4
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W U
6
7
A M
8
9
10
F E
F T
Es sind Armeebegriffe mit zehn
Buchstaben folgender Bedeutung zu
bilden: 1. militärischer Überfall, 2.
wollen die Atommächte erneut versuchen (ü=ue), 3. Name der BI gegen den Bombenabwurfplatz (2
Worte), 4. Flugabwehr-Geschoss, 5.
Friedenssymbol (2 Worte), 6. Erfinder der bekanntesten Feuerwaffe, 7.
im Kampf verletzte Soldaten (Mz.),
8. militärischer Flugzeugführer, 9.
Kampfunterbrechung, 10. damit
wird nur auf Scheiben und Blumen
auf dem Rummelplatz geschossen.
Die Buchstaben in den markierten
Feldern ergeben – neu sortiert –
eine Friedhofsstelle, die gefallene
Soldaten erhalten sollen.
Schicken Sie Ihre Lösung bis 30. Oktober (Poststempel) an jot w.d., Müllerstr. 45,
12623 Berlin, Kennwort Rätsel, und gewinnen Sie u.a. ein Hörbuch.
Auflösung des Preisrätsels aus jot w.d. 9/2014: 1. Spaßmacher, 2. Dachdecker, 3.
Baumeister, 4. Fluglehrer, 5. Entwickler, 6. Milchbauer, 7. Stewardess, 8. Kunstmaler, 9. Dekorateur, 10. Schaffnerin. Das Lösungswort lautete: Ausbildung.
Die Preise gingen per Post an die Gewinner. Herzlichen Glückwunsch!
○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○ ○
Europa feiert die DDR kurz vor deren 65. Jahrestag
Oh je, oh je, wie muss das den Hubertus Knabe schmerzen, wenn er das
sieht. Belgier und Spanier sind ohnehin komische Völkchen, da kann man
schon mal verschmerzen, dass sie
vielfach die DDR auf ihren Autoschildern prangen lassen. Jetzt aber auch
die Franzosen! Und das nach Adenauer und de Gaulle! Nach Kohl und
Chirac! In Hohenschönhausen erwartet man sicher bereits den Untergang
des Abendlandes. Aber unsere kleine
Serie ist noch nicht zu Ende. Das Beste kommt wie stets am Schluss.