Schimmelpilzschäden - Erkennen, bewerten, sanieren

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Schimmelpilzschäden - Erkennen, bewerten, sanieren
Schimmelpilz aussen_3. Aufl._Schimmelpilzschäden 04.07.11 09:11 Seite 1
Schimmelpilzschäden
Praxiswissen Bauwesen
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-
Erkennen, bewerten, sanieren
3. überarbeitete Auflage
Mehr zum Programm unter
www.tuev-media.de
ISBN 978-3-8249-1449-4
es
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J. Brandhorst / H. Schärff und G. Willems
J. Brandhorst / H. Schärff und G. Willems
J. Brandhorst / H. Schärff und G. Willems
Schimmelpilzschäden
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-L
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3. überarbeitete Auflage
ISBN 978-3-8249-1484-5
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Inhalt
Bauphysik
Kapitel
Thema
Seite
XI
Vorwort
Schimmelpilz im Gebäude
1
2
Die Entwicklung des Bauens in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts
5
3
Heutige Mindestanforderungen an die Gebäudehülle und -technik
9
4
Gerichtliches
11
5
Wachstumsvoraussetzungen für Schimmelpilze in Innenräumen
17
6
Feuchtequellen erkennen und beseitigen
23
6.1
Fehlerhafte Gebäudehülle
6.1.1
Außenputz
6.1.2
Fehler in der Außendämmung, untere und obere Abschlüsse
29
6.1.3
Attikaverblechung
34
6.1.4
Balkone und Balkonanschlüsse
35
6.1.5
Fenster- und Fensterbankanschlüsse
39
6.1.6
Rollladenkästen
6.1.7
Luftundichtigkeiten
43
6.1.8
Sonstige Wassereindringstationen
46
6.2
Innenraumfeuchten
47
6.2.1
Wasserschäden
47
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-
1
24
24
41
Innenraumkondensation
50
Sommerkondensat
55
Neubaufeuchte
58
6.2.5
Zusammenfassung der Abhilfemaßnahmen zur Schimmelpilzvermeidung
61
7
Anforderungen an den R-Wert der Gebäudehülle
63
7.1
Mindestdämmung der Außenbauteile
63
7.2
Mindestanforderungen an Wärmebrücken, f-Faktor
64
8
Anforderungen an die Lüftung umbauter Räume
67
9
Feuchtemessungen und Baustofffeuchten
77
10
Trocknung und Gefahrstoffverordnung
83
6.2.2
6.2.3
6.2.4
V
Inhalt
Bauphysik
Kapitel
Thema
11
Sanierung von Schimmelpilzschäden
85
11.1
Wer soll / darf Schimmelpilze in Innenräumen sanieren?
85
11.2
Bewertung des Schadens und Vorschläge zur Sanierung
85
11.3
Planung einer Sanierung
92
11.3.1
Ermitteln der Ursache, Ursache beseitigen
92
11.3.2
Gefährdungsbeurteilungen, Festlegen der Schutzmaßnahmen nach Biostoff-
92
Seite
-
verordnung bzw. den Vorgaben der BG Bau
Übergangsmaßnahmen bei zeitlicher Verzögerung der Sanierung
95
11.3.4
Planen der Sanierungsschritte, Aufgaben und zeitliche Reihenfolge
96
11.3.5
Abschottung bzw. Abdeckung von zu schützenden Bereichen
97
11.3.6
Durchführen der Sanierung
97
11.3.7
Trocknungsmaßnahmen einleiten
11.3.8
Reinigen der bearbeiteten Bauteile
11.3.9
Feinreinigen des Sanierungsbereiches
98
11.3.10
Kontrollmessung
99
11.3.11
Wiederaufbau
11.3.12
Endabnahme
11.3.13
Werkzeuge und Maschinen
11.3.14
Persönliche Schutzausrüstung
100
11.4
Regeln zur Sanierung von Schimmelpilzschäden
101
11.4.1
Biostoffverordnung
101
12
Maßnahmen zur Schimmelpilzbekämpfung
103
12.1
Kurzfristige Maßnahmen zwischen Entdeckung und Sanierung
103
12.2
Überbrückungsmaßnahmen zur Vermeidung von erneuertem Schimmelpilzbefall vor
103
-L
es
ep
ro
be
11.3.3
97
98
99
99
99
der Bausanierung
Nachwort
105
Inhalt
Kapitel
Mykologie
Seite
Thema
107
13
Schimmelpilze, Hefen und Bakterien – Das erfolgreiche Trio
111
14
Pilze und die Wissenschaft von den Pilzen – Mykologisches
111
14.1
Mykologie und Mykologen
111
14.2
Was sind eigentlich „Pilze“?
111
15
Der kleine Unterschied – Pflanzen, Tiere und Pilze
112
16
Pilze ernähren sich vom anderen
112
16.1
Auto- und Heterotrophie
16.2
Heterotrophe Organismen
17
Zu Lasten oder zum Nutzen anderer – Von der Lebensweise der Pilze
113
17.1
Parasiten
113
17.2
Hyperparasiten
17.3
Saprobionten
17.4
Perthophyten
17.5
Symbionten
18
Fadenscheiniges – Von Myzelien und Hyphen
114
19
Ordnung muss sein – Systematik und Taxonomi
115
19.1
Reich mit System – Pilzsystematik
115
-L
es
ep
ro
be
-
Vorwort
112
113
113
113
114
114
Blaualgen, Bakterien und Viren
115
Niedere Pilze
116
Höhere Pilze
116
19.2
Die Klassengesellschaft und die Verwaltung der Ordnung – Taxonomie im Reich der Pilze
116
19.2.1
Die hierarchischen Strukturen im Reich der Pilze
117
19.2.2
Zwei Namen definieren eine Art – binäre oder binominale Nomenklatur
118
19.2.3
Art, Arten und Unterarten – sp., spp. und ssp.
118
20
Von Schläuchen und Ständern – Asco- und Basidiomyceten
118
20.1
Ascomyceten
118
20.2
Die wichtigsten innenraumrelevanten Ascomyceten-Gattungen
119
20.3
Basidiomyceten
119
19.1.1
19.1.2
19.1.3
VII
Inhalt
Mykologie
Seite
Thema
21
Nobody is perfect – Von den Imperfekten Pilzen
119
22
Die Hohe Kunst der Konfusion – Taxonomen-Tango
120
23
Die Eroberung des Luftraumes – Sporen, Konidien und Hyphenbruchstücke
120
23.1
Sporen
120
23.2
Konidien
121
23.3
Hyphenbruchstücke
121
24
Kurz und prägnant – Eine Definition der „Pilze“
122
25
Die Gretchenfrage – Was sind Schimmelpilze ?
25.1
Ein jeder nach seiner Art – Vorkommen, Lebensweise, Vermehrung
122
26
Eine kleine Auswahl aus Pandoras Büchse – Steckbriefe bedeutender Schimmelpilze
124
26.1
Der Schimmelpilz des Sommers – Alternaria alternata
124
26.2
Zu Besuch beim Pharao – Aspergillus flavus
124
26.3
Manche mögens heiß – Aspergillus fumigatus
125
26.4
Der kleine Schwarze – Aspergillus niger
125
26.5
Nicht zu unterschätzen – Aspergillus versicolor
125
26.6
Die schwarze Hefe – Aureobasidium pullulans
126
26.7
Hans-Dampf-in-allen-Gassen – Cladosporium herbarum
126
26.8
Die gefürchtete Spindeln – Fusarium spp.
126
26.9
Freund oder Feind? – Penicillium chrysogenum (= P. notatum)
126
26.10
Arsen und Spitzenhäubchen – Scopulariopsis brevicaulis
126
26.11
Pferdemörder und enfant terrible – Stachybotrys chartarum
127
-L
es
ep
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be
-
Kapitel
122
Nicht zu vergessen – Stachybotrys chartarum und Alzheimer
26.12
Die grüne Gefahr – Trichoderma viride
127
27
Kleine Tiere mit Saugrüssel – Die Hefen
128
28
Die lieben Kleinen – Die Bakterien
129
29
Aktinomyzeten – Bakterien, die Pilze spielen
130
29.1
Familien der Actinomycetales
131
29.2
Aktinomyzeten – Wichtige Krankheitserreger
131
29.3
Aktinomyzeten als Auslöser allergischer Alveolitis
131
29.4
Aktinomyzeten als Antibiotika-Produzenten
131
30
Simplify your Mycology – Das medizinische DHS-System
132
Inhalt
Mykologie
Seite
Thema
31
Mit Haut und Haar – Die Dermatophyten
132
32
Krank durch Schimmelpilze
132
33
Allergien
134
34
Mykotoxine – Aus der Giftküche der Schimmelpilze
135
34.1
Mykotoxine in der Übersicht
135
34.2
Wirkungsweisen von Mykotoxinen
138
34.3
Mykotoxine – Produzenten und gesundheitliche Wirkungen
139
34.4
Schweizer Intermezzo – Die Reisen des Herrn H.
35
„Gasförmige Schimmelpilze“ – MVOC
36
Reizvolle Zellwandbestandteile – ß-1,3-Glucane und extrazelluläre Polysaccharide
148
37
Beachtet und gefürchtet sollt ihr werden – Schimmelpilz-Infektionen
148
38
Störungen – Pilzgestank und Psyche
149
39
Wir sind doch ständig von Pilzen umgeben – Warum sind Pilze in Innenräumen
149
ep
ro
be
-
Kapitel
146
147
besonders schädlich?
Die andere Seite der Medaille – Nützliche Eigenschaften von Schimmelpilzen
151
41
Schimmelpilz und Bakterienanalyse: Probenahme und Labor
151
41.1
Aus gutem Grund – Warum Schimmelpilzuntersuchungen durchgeführt werden
151
41.2
Vertrauen ist gut … – Vor und nach einer Sanierung
152
-L
es
40
Die richtige Wahl – Methoden zur Probenahme
152
Nährmedien für Schimmelpilz- und Bakterien-Probenahmen
152
Ab die Post – Probenversand
157
43.1
Verpackung der Proben
157
44
Zu guter Letzt – Allgemeine Hinweise zur Bewertung von Analyseergebnissen
159
Literatur
160
Autoren
161
42
42.1
43
Jörg Brandhorst (Autor Bauphysik) / Hans Schärff (Co-Autor Bauphysik)
Dr. Georg H. Willems (Autor Mykologie)
IX
Wachstumsvoraussetzungen für Schimmelpilze in Innenräumen
zum einen artenabhängig – manche
Pilze wachsen schnell, andere nur
langsam –, zum anderen feuchtigkeitsabhängig, was man beeinflussen kann.
be
-
Hohe Feuchten im Innenbereich bzw.
auf der Oberfläche ziehen in der
Regel schnelles Wachstum nach sich.
Dabei „versteckt“ sich der Pilz am
liebsten. Er wächst nämlich überhaupt
nicht gern dort, wo Luftbewegung
stattfindet, weil dadurch die Oberfläche
entfeuchtet wird.
ro
Dies ist u. a. auch ein Grund dafür, warum man unbedingt vermeiden
soll, Möbel in nicht gut gedämmten
Häusern oder in noch nicht trockenen Neubauten direkt an die Außenwand zu stellen.
Neben der Feuchte ist das Nahrungsangebot das zweitwichtigste Kriterium. Nur dort, wo organisches Material vorhanden ist, wird sich
der Pilz auf Dauer einrichten können.
es
ep
Schimmelpilze können in Innenräumen nur dann entstehen, wenn
folgende Mindestvoraussetzungen
gegeben sind:
• „freies“ Wasser ab etwa 70 %, bei
den meisten Arten ab 80 % relativer
Luftfeuchtigkeit an der Oberfläche,
in der Mykologie als „Substrat“
bezeichnet, technisch ausgedrückt:
einen aw-Wert > 0,7 [14];
• genügend Zeit zum Aussporen und
dabei genügend Feuchtigkeit (s. S. 18);
• Nahrung (organisches Material);
• eine Temperatur von etwa –10 °C bis
über 100 °C, optimal: 5 °C bis 35 °C;
Optimum variiert von Pilz zu Pilz
und ist in Gebäuden in unseren Breitengraden immer vorhanden;
• einen pH-Wert zwischen 2 und 11;
Optimum: 5–7; der nötige pH-Wert
variiert von Pilz zu Pilz;
• eine sehr geringe Sauerstoffmenge:
0,14 % bis 0,25 % (der Mensch benötigt mindestens 17 %).
Nur wenn alle diese Wachstumsvoraussetzungen gegeben sind, kann
Schimmelpilz überhaupt erst wachsen
und ein Geflecht (Mycel) ausbilden.
Wenn also in Innenräumen Schimmelpilz auf der Tapete oder hinter einer
Fußleiste wächst, sind alle oben genannten Voraussetzungen erfüllt.
Das bedeutet andererseits, dass bei
Schimmelpilzwachstum in Innenräumen entweder
• ein Baufehler oder
• ein Wasserschaden vorliegt,
• eine Möblierung, die verhindert,
dass genügend Luft und Wärme
an die Wandoberfläche kommen,
• die Lüftung der Wohnung nicht ausreicht, um die interne Feuchtelast
nach außen abzulüften,
• eine falsche Lüftung (z. B. Fenster
auf „Kipp“) durchgeführt wird oder
• eine „Nichtnutzung“ vorliegt.
Das Wachstum der Schimmelpilze ist
-L
5
Und man kann davon ausgehen, dass organisches
Material fast überall in
Innenräumen vorhanden
ist; Bodenbeläge, auf Essig
bzw. Zitrone basierende
Reinigungsmittel, Dispersionsfarben, Staub, Putz,
usw. sind alle mehr oder
weniger als Nahrungsquelle für Schimmelpilze
geeignet.
Deutlich erkennbar wird
dies z. B. in Duschen:
Auf Kacheln lagert sich Seife ab, die
Schimmelpilzen als ausreichendes
Nahrungsangebot dient (Abb. 1).
Oder die Dusche wird regelmäßig mit
essighaltigen Mitteln gereinigt, was
zur Folge hat, dass der organische An-
(Abb. 1)
[14] a
w
-Wert =
Wasseraktivität
siehe auch
Kap. 7.2, S. 64
17
Wachstumsvoraussetzungen für Schimmelpilze in Innenräumen
teil des Reinigers in
die Fugen „kriecht“
und gleichzeitig den
pH-Wert so einstellt,
dass Schimmel bis zu
einem Millimeter in
die für ihn normalerweise unwirtliche
Fugenmasse einwachsen kann.
25
Äquivalentes Wachstum [mm]
20
15
10
5
hinter Möblierung
0
1,0
Mülleimer bieten
0,5
ideale Bedingungen
0,6
für optimales Schimmelpilzwachstum.
Raumecke
0,4
Diese „Anzuchttonnen für MikroIm oberen Quadrat ist
0,2
organismen“ sollten
das Mycelwachstum aufWandmitte
daher regelmäßig
gezeichnet.
Auch hier
0
5
10
15
20
25 zeigt sich deutlich der
0
gereinigt und vor
(Abb. 2)
Zeit [Tage]
Wiederbefüllung
Zusammenhang von
getrocknet werden. Gleiches, nur deut- Feuchte (und ggf. stehender Luft) und
lich reduziert, kann in StaubsaugerWachstumsgeschwindigkeit der Innenbeuteln geschehen.
raumschimmelpilze.
Das Nahrungsangebot wird hier als ausreichend vorausgesetzt.
Aus Untersuchungen der Fraunhofergesellschaft entstammt oben stehende
Durch Abb. 3 [16] werden die ZusamGrafik (Abb. 2) [15] :
Das untere Quadrat zeigt die Ausmenhänge deutlich: Die Decke wurde
sporung des Pilzes.
mit Styropor gedämmt, die WandAn der ungestörten Wand wird der
bzw. Deckenkante nicht, weil dort ein
Pilz nicht aussporen, da nicht geSchrank stand.
(Achtung! Der Pilz kann auch unter
nügend freies Wasser zur Verfügung
der Styropordämmung wachsen.)
steht.
Damit wurde die Wärmebrücke dopIn der Raumecke zur Außenwand ist
es kühler aufgrund einer geometripelt verstärkt:
schen Wärmebrücke. An kälteren Stellen ist die relative Feuchte (aw-Wert)
höher, sodass die Voraussetzungen für
eine Auskeimung vorhanden sind.
Diese dauert, je nach Gattung, Feuchte
und Temperatur, bis zu zwölf Tage.
Hinter der Möblierung an der Außenwand ist die Feuchte noch höher, da
die Innenraumtemperatur nicht bis an
die Wandoberfläche gelangt.
ep
ro
be
Keimungsgrad [-]
es
-L
[15] Copyright:
Institut
für Bauphysik, Holzkirchen
[16] Foto:
18
A. Göhring
Ferner wird eine Luftbewegung, die Trocknungseffekte hat, weitgehend verhindert.
Die Aussporung kann
daher viel schneller
geschehen. In weniger
als drei Tagen kann
nach Sporenanflug und
ausreichender Feuchte
bereits die Aussporung
abgeschlossen sein,
und das Mycel, der eigentliche Organismus,
beginnt zu wachsen.
-
5
(Abb. 3)
Wachstumsvoraussetzungen für Schimmelpilze in Innenräumen
Nach bereits 3 Tagen wird deutlich
sichtbar, ob Schimmelpilz in den
Putz eingewachsen ist oder nicht.
Oft wird die Frage gestellt, ob der
Schimmelpilz in den Putz eingewachsen ist und der Putz daher
entfernt werden muss.
Die Frage lässt sich anhand der oben
zusammengestellten Wachstumsbedingungen recht schnell klären.
In Abb. 4 sieht man den Abdruck
einer Putzoberfläche, der nach
Dekontaminierung eines Ojekts
genommen wurde:
An der Oberfläche ist kein Schimmelpilz sichtbar. Das Stück des
herausgenommenen Putzes wurde
in eine Petrischale gelegt:
Nach drei Tagen zeigte sich der Befall des Putzes deutlich – oberund unterhalb des Probekörpers
als watteartiges Mycel.
be
ro
Wenn in Innenräumen Schimmelpilzwachstum vorhanden ist oder
war, muss es für eine gewisse
Zeit hohe Feuchtigkeiten gegeben
haben. Für eine nachhaltige
Schimmelpilzsanierung ist
daher immer Voraussetzung, die
Feuchtequelle zu erkennen und
zu beseitigen.
es
ep
1. Sind alle Wachstumsvoraussetzungen vorhanden?
(Z. B. „ja“ für Gipsputz,
„nein“ für Kalkzementputz)
2. Wie alt ist der Befall?
(Wenn der Befall nur einige
Tage bis wenige Wochen
alt ist, ist ein Einwachsen in
den Putz eher unwahrscheinlich; bei längerem Befall gilt
für Gipsputz „wahrscheinlich“, für Kalkzementputz eher
„unwahrscheinlich“.)
-
Abschottung der kalten Außenwand
und der Decke von der Raumluftwärme sowie fehlende Dämmung.
Eine Prüfung sollte dennoch durchgeführt werden. Die erfolgt in der
Regel nach Dekontaminierung der
Oberfläche. Danach nimmt man
ein kleines Stück des eventuell befallenen Putzes heraus und legt es
in eine Petrischale mit einem Nährmedium (MEA und DG18) [17].
-L
5
(Abb. 4)
Machen wir noch einen kleinen
Ausflug in die Bauphysik:
Wie oben dargestellt, benötigen
Schimmelpilze in erster Linie
Feuchtigkeit, um aussporen und
wachsen zu können.
Die anderen Wachstumskriterien
können wir nur teilweise oder
gar nicht beeinflussen. Liegt kein
Wasser- oder Bauschaden vor,
müssen wir davon ausgehen, dass
die Feuchtigkeit von innen kommt
(s. Bsp. ab S. 24).
Bauphysikalisch gehören Wärme und
Feuchte zusammen und lassen sich
nicht trennen. Leider ist dieses Wissen
bei Nutzern, Planern und Handwerkern größtenteils untergegangen, was
u. a. Ursache der vielen Schimmelpilzbelastungen ist.
[17] Malz-Extrakt
Agar,
DichloranGlycerol-Agar
19
5
Wachstumsvoraussetzungen für Schimmelpilze in Innenräumen
Luft hat eine begrenzte Kapazität zur
Wasserdampfaufnahme.
Der folgende Auszug aus einer Tabelle
(Abb. 5, vollständig auf CD) macht
das deutlich:
Außenluft: -5 °C
Ecke: ~ 9,9 °C (DIN 4108-2)
~ 92 % relative Feuchte
Raumluft: 20 °C, 50 % relative Feuchte
= 8,65 g Wasserdampf / m 3 Luft
nach DIN 4108-2
T (° C) w (g/m3) T (° C) w (g/m3)
-2
4,140
10
9,400
0
4,840
15
12,850
2
5,590
20
17,300
U=1,18 W/m 2K
Ungestörte Außenwand (Fläche):
~ 13,5 °C (DIN 4108-2),
~ 74 % relative Feuchte
Mauerwerk: 36 cm Ziegel, beidseitig verputzt
6,395
21
18,350
6
7,280
22
19,400
8
8,270
23
20,550
relative Feuchte in Bezug auf diese
Temperatur. Das ist der prozentuale
Wert, der zu bestimmen ist (Abb. 7).
be
(Abb. 5)
-
4
(Abb. 6)
Das Beispiel in Abb. 6 zeigt, wie sich
die Oberflächentemperatur der Innenseite einer Außenwand [18] im Winterhalbjahr durch den Wärmeübergangswiderstand und durch die Transmissionswärmeverluste [19] reduziert.
ep
ro
Bei 20 °C kann Luft max. 17,3 g /m3
Wasserdampf aufnehmen – das
entspricht 100 % Luftfeuchte.
Das ist der Wert der absoluten Luftfeuchte (bei 20 °C und 50 % Luftfeuchte sind also 8,65 g Wasserdampf
in 1 m3 Luft enthalten).
-L
es
Die absolute Luftfeuchte kann
man mithilfe der Tabelle bestimmen, wenn man
weiß, wie viel Prozent
Wasserdampf bei welcher Temperatur in
1 m3 Luft enthalten sind.
So wie sich Salz z. B.
gleichmäßig in Wasser
verteilt, wenn wir Nudeln kochen,
so verteilt sich Wasserdampf
gleichmäßig im gesamten Raum.
[18] Berechnung
nach DIN 4108-2
[19] Wärmefluss
durch
die Außenwände
20
Um den Wert der relativen Luftfeuchte an verschiedenen Bauteiloberflächen mit verschiedenen
Temperaturen ermitteln zu können, müssen wir die Wasserdampfkonzentration in der Mitte des
Raumes messen.
Verändert sich die Temperatur
bei gleichbleibender absoluter Feuchte, so verändert sich die
(Abb. 7)
Durch diesen Temperaturabfall erhöht
sich die relative Luftfeuchte an der
Bauteiloberfläche.
Für das Wachstum von Schimmelpilzen ist die Feuchtigkeit an der
„Substratoberfläche“, z. B. der Tapete,
Putz, Staub usw., entscheidend.
Bei einigen Pilzarten reicht 70 % relative Feuchte, bei den meisten Arten
Wachstumsvoraussetzungen für Schimmelpilze in Innenräumen
In nicht gedämmten Altbauten wäre
es angebracht, auch die Schlafzimmer mit Kalkputzen und mineralischen Farben auszustatten, da
in diesen Bereichen aufgrund der oft
geringeren Beheizung höhere relative Feuchten entstehen können.
ep
Beheizen wir einen Raum nicht ausreichend, wird die Wandoberflächentemperatur im Winter zu niedrig.
Kommt dann Luft aus einem wärmeren Raum mit entsprechend hohen
Feuchten in so einen Raum (z. B. vom
Wohnzimmer ins Schlafzimmer),
entstehen unmittelbar hohe Luftfeuchten an den Bauteiloberflächen, wie
Wandecken, Fensterlaibungen, Wänden etc.
-
Wir haben drei „Knöpfe, an denen
wir als Nutzer der Räume drehen“
können, wobei wir die Feuchteproduktion durch Atmen, Waschen,
Kochen etc. als gegeben voraussetzen:
1. Beheizung der Räume,
2. Lüften der Räume,
3. Möblierung der Räume.
be
Diese Feuchtigkeit ist an den Wandoberflächen nicht zu sehen und sie
zeigt sich nicht als „fließendes Wasser“, denn sie wird von der Tapete
oder dem Putz aufgesaugt.
Außer auf die Feuchte haben wir als
Nutzer, Planer und Handwerker
noch einen gewissen Einfluss auf
das Material von Oberflächen sowie
auf deren pH-Wert. In feuchtegefährdeten Bereichen, wie z. B. Badezimmern, stellt ein Kalkputz die deutlich
bessere Oberfläche dar, da dieser
Untergrund widerstandsfähiger gegen
Pilzwachstum ist. Eine Silikat- oder
Mineralfarbe ist viel besser geeignet
als Tapeten oder organische Dispersionsfarben.
ro
ist jedoch eine relative Feuchte von
mindestens 80 % erforderlich.
Neben der Wahl des Putzes und der
Anstriche können wir aber auch
wie oben beschrieben durch falsche
Reinigungsmittel den pH-Wert
der Oberflächen in pilzfördernde
Bereiche verwandeln. Ein klassisches
Beispiel sind die Reinigung und
„Desinfizierung“ mit Essig oder Essigessenz.
es
-L
5
Ist der Luftaustausch nicht ausreichend, kann nicht genügend Feuchte
nach außen abgeführt werden.
In diesem Fall wird die relative Raumluftfeuchte höher – mit der Folge,
dass an kühleren Bauteilen ebenfalls
sehr schnell hohe Feuchten auftreten.
Werden vor Außenwände Möbel aufgestellt oder Vorhänge vor die Außenwand über die gesamte Raumhöhe
aufgehängt, kommt die Raumwärme
nicht mehr in ausreichendem Maß
an die innere Außenwandoberfläche.
Folge: siehe oben.
21