Von Las Vegas nach Cartagena de Indias

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Von Las Vegas nach Cartagena de Indias
Von Las Vegas nach Cartagena de Indias
Eine Kreuzfahrt entlang der Pazifikküste Mittelamerikas
mit „Vorprogramm“
Der Text im Reisekatalog versprach einen spannenden Urlaub:
„Entdecken Sie an Bord der Celebrity Infinity die beeindruckenden Landschaften Mittelamerikas.
Die Vorreise führt Sie auf eine spannende Tour durch den Westen der USA. Genießen Sie die
wunderschönen Nationalparks Zion und Bryce sowie den atemberaubenden Grand Canyon, bevor
Sie auf Ihrem Kreuzfahrtschiff einchecken und entlang der Pazifikküste Mexiko, Guatemala und
Costa Rica besuchen, dann eine unvergessliche Panamákanal-Durchquerung unternehmen und
im Karibischen Meer bis nach Florida fahren!“
Wer konnte da schon widerstehen? Neugierig standen wir im Warteraum vor den Gates
und begutachteten unser Flugzeug, Airbus 380, der Superjumbo! Der riesige Vogel war
beeindruckend. Er sollte trotz Senkung der Betriebskosten mehr Passagiere befördern
können als vergleichbare Flugzeugtypen, den gleichen Komfort aufweisen und
lärmreduziert fliegen. Nun, für uns war es am wichtigsten, dass wir die vorgebuchten
Plätze am Mittelgang erhielten.
Der Flug von Frankfurt bis zur Zwischenlandung in San Francisco war ruhig und
angenehm. Trotzdem waren wir nach 10 Stunden Reisedauer reichlich geschafft. Mit
unseren Koffern im Schlepptau trafen wir auf die ersten Mitreisenden, die genau wie wir
das orangenfarbene Kofferband von Miller-Reisen am Gepäck hatten. Eine Dame stand
völlig verzweifelt an der Gepäckausgabe. Ihr eigener Koffer war verschwunden, neben ihr
stand ein identisch aussehendes Gepäck mit fremder Adresse. Außerdem war sie auf der
Suche nach ihrer mitreisenden Freundin, die in Tränen aufgelöst am anderen Ende der
Halle bei dem amerikanischen Sicherheitsbeamten stand und ihm die Situation zu
erklären versuchte. Glücklicherweise konnten wir zwischen den Dreien vermitteln, und in
Las Vegas fanden alle Koffer zu ihren rechtmäßigen Besitzern zurück. Wir hatten
allerdings noch das Problem der fehlenden Bordkarte für Karlheinz von San Francisco
nach Las Vegas, die der Automat in Frankfurt auch nach mehrmaligen Versuchen einfach
nicht ausdrucken wollte. Hilfe bekamen wir von einer Angestellten der United Airlines und
von Carolin, die später zusammen mit Ihrer Mutter Birgit unsere Reisebegleiterin in der
Celebrity Infinity war. Dass der Flug nach Las Vegas verspätet war, störte uns nicht.
Es war bereits später Nachmittag und fast völlig dunkel, als wir in Las Vegas in unseren
Rundreisebus stiegen. Mira, unsere Reiseleiterin in den USA, zeigte uns auf dem Weg ins
Hotel gleich einige Sehenswürdigkeiten der Stadt. Wir erkannten das bekannte WesternGirl vom Glitter Gulch in der
Fremont-Street, das für „AdultEntertainment“ wirbt, daneben
leuchtete das Plaza. Vor dem
Hotel Venezia schwammen die
Gondeln. Man sah den gelb
leuchtenden Eiffelturm in „KleinParis“ und schließlich unser
Hotel Flamingo, das von sich
sagt: Wir wurden nicht am Strip
gebaut, sondern der Strip wurde
um uns herum gebaut.
Schließlich ist es eines der ältesten Hotels in Las Vegas. Natürlich ist das riesenhafte
Casino mit seinen Spieltischen und Slotmachines der Hauptteil des Hotels, aber das
interessierte uns an diesem ersten Abend nicht so sehr. Wir unternahmen zunächst trotz
der Müdigkeit einen Rundgang über den sogenannten Strip. Las Vegas leuchtet und
glitzert in der Nacht. Wir bestaunten den Eiffelturm und den Triumphbogen am Hotel
Paris, sahen die wunderschönen Wasserspiele am Bellagio, die alle halbe Stunde zu den
Klängen von Arien über das dunkle Wasser tanzen und liefen an der blinkenden Fassade
des Ballys vorbei. Mitten in all diesem Geglitzer stand still und bescheiden ein
Hinduschrein, vor dem Gläubige sich andächtig verneigten.
Zion Nationalpark und Bryce Canyon
Am nächsten Morgen fuhren wir vom prachtvollen Las Vegas direkt in die Mojavewüste.
Die triste Landschaft wurde nur von den seltsamen Josua-Bäumen aufgelockert. Diese
Pflanzen gehören zu den Agaven. Sie brauchen eine bestimmte Art von Boden und
wachsen erst ab 1.000 Meter Höhe. Ansonsten bestand die Vegetation aus Kakteen,
Yuccas und dornigem Gestrüpp. Unsere Reiseleiterin unterhielt uns mit Schautafeln der
Tiere, die in dieser Öde heimisch sind. Da gibt es die Känguruh-Ratte, Kaninchen und
Kojoten. An Vögeln kann man den RennKuckuck oder Roadrunner antreffen, es gibt
Geier und Kolibris. Natürlich findet man auch
Echsen, darunter den einzigen giftigen
Vertreter der Art, das Gila-Monster, und nicht
zu vergessen: Schlangen!
Am Virgin-River, zur Zeit ein schmächtiges
Rinnsal, sah man Hotelresorts, natürlich mit
Spielkasinos, und sattgrüne Golfplätze. Aber
so unscheinbar der Virgin-River jetzt, in der
Trockenzeit, auch sein mag, er schnitt tiefe
Schluchten in das Colorado-Plateau und formte
im Laufe von Millionen Jahren den ZionCanyon. Durch Erosion entstanden bizarre Felsformationen, die an Tempel und Türme
erinnern. Man sieht hohe Felsenwände mit Nischen und Höhlen. Die frommen Mormonen,
die dieses Gebiet besiedelten, gaben ihnen Namen wie Angels Landing, West Temple
oder Three Patriarchs. Nahe dem Städtchen Springdale liegt das Zion Visitor-Center. Hier
erreicht man bei einem Rundgang die sogenannte Checkerboard-Mesa, einen
sehenswerten Tafelberg. In den hellen Sandstein an den Seitenwänden haben sich tiefe
vertikale und horizontale Furchen eingegraben, die wirklich an ein Schachbrett erinnern.
Der riesige Steinbogen des Kolob-Arch liegt schon fast am Ostausgang des Zion
Canyons. Er ist einer der größten freistehenden Steinbogen, die man kennt, wenn nicht
sogar der größte. Wir sahen ihn vom Bus aus, bereits auf dem Weg zum Bryce Canyon.
Leider kommt die Schönheit dieser Formation von Weitem nicht so recht zur Geltung,
denn der Kolob liegt direkt vor einer steil aufragenden Klippe. Durch den Zion-Mt.-CarmelTunnel verließen wir den Nationalpark. Die in den Felsen geschlagenen Fenster
gewährten gelegentlich einen schnellen Ausblick in die Landschaft.
Während der kurzen Busfahrt informierte uns Reiseleiterin Mira über unser neues Ziel:
„Der Bryce Canyon ist kein Canyon im eigentlichen Sinn, denn er entstand nicht durch
einen Fluss, der sich im Laufe der Zeit seinen Weg durch das Gestein grub. Beim Bryce
handelt es sich um eine Abbruchkante des Colorado-Plateaus. Solche Abbrüche verlaufen
aber nicht linear, sondern es entstanden halbkreisförmige Felsenkessel, die Amphitheater
genannt werden. Der größte dieser Kessel ist der Bryce Canyon.“
Der rosarote Bryce Canyon gilt als einer
der schönsten Nationalparks der Staates
Utah. Vom Panoramaweg blickten wir in
eine Märchenlandschaft in pink. In dem
riesigen Halbrund sah man Felsennadeln,
die eine Höhe von 60 Metern erreichen
können, Türme, Schlösser, Skulpturen in
allen Größen und Formen, die die
Bezeichnung Feenkamine durchaus
verdient haben. Sie entstanden im Laufe
von Jahrtausenden durch Wind- und
Wassererosion. Es gab
Farbschattierungen von weiß bis
purpurrot. Auch wenn wir wussten, dass
das Rot durch die Beimischung von Eisen
entstanden war, erschien uns die Farbenpracht wie ein Wunder. Die indianischen
Ureinwohner nannten diese Felsennadeln Hoodoos, und sie waren ihnen heilig.
Das beste Licht für eine Wanderung hat man vormittags. Leider begannen wir unsere
Runde erst am frühen Nachmittag. Wir sahen die bunten Feenkamine immer längere
dunkle Schatten werfen und merkten, dass es hier, in ca 2.700 Metern Höhe, am Abend
doch empfindlich kalt werden konnte.
Auf dem Weg zum Restaurant hüllten wir uns frierend in die Anoraks. Wir warteten
geduldig in der langen Reihe der Hungrigen vor dem Restaurant. Aber als wir an der Reihe
waren: „Did you make a reservation?“ Wir erhielten wie alle rundum einen elektronischen
Summer, der uns zum Restaurant rufen würde, wenn wir an der Reihe waren. Es blieb uns
genügend Zeit, bis dahin das ziemlich teure und langsame Internet zu nutzen.
Lake Powell und Grand Canyon
Auf unserem Weg zum Grand Canyon erreichten wir nach einer guten Stunde Fahrt Page,
eine nette Kleinstadt am Lake Powell. Gegründet wurde Page in den 50-er Jahren des
vorigen Jahrhunderts als Wohn- und Schlafstadt für die Bauarbeiter am Glen Canyon
Damm, der den Colorado River zum Lake Powell aufstaut,
dem zweitgrößten Stausee in den USA. Der Highway 89
führt über die Glen-Canyon-Brücke. Man hat von hier eine
grandiose Aussicht auf den gewaltigen Damm und den
Coloradoriver, die auch fotografierende Fußgänger zu
schätzen wissen.
Das wichtigste an Page war – jedenfalls für uns – der
Page Municipal Airport, denn hier bot man Rundflüge über
den Lake Powell an. Das ist zwar nicht ganz billig, aber es
lohnt sich. Michael, der Pilot unseres kleinen Sechssitzers,
taxierte uns mit Kennerblick, ehe er die Sitzplätze
verteilte. Karlheinz hatte mal wieder das Glück, als
„Copilot“ vorne zu sitzen. Michael versprach uns vor dem
Start einige Loopings. Wir vergaßen allerdings, ihn daran
zu erinnern, denn während des Fluges sperrten wir nur
noch die Augen und Fotolinsen auf. Erst vom Flugzeug
aus erkennt man, welch gewaltiger See in der malerischen
Landschaft des Glen Canyon entstanden ist. Die endlose leuchtend blaue Wasserfläche
mündet in unzählige Nebenarme. Die kleinen Boote der Freizeitkapitäne, die den See
bevölkern, sehen wie winzige Käfer aus. Steile hohe Uferwände wechseln sich ab mit
flachen Stränden. Ehemalige Bergspitzen ragen heute als Inseln aus dem Wasser.
Manche erinnern an Burgen aus rot-weiß gestreiftem Sandstein, man sieht
Sandsteinbrücken und zerklüftete Felsen. Natürlich schossen wir viele zum Teil recht gute
Bilder, aber sie können die Einmaligkeit des Lake Powell und unsere Begeisterung nicht
wiedergeben.
Viel Zeit blieb uns anschließend nicht für ein ausgedehntes Mittagessen. Wir kauften uns
im Supermarkt einige Sandwiches, denn wer denkt schon an essen, wenn man auf dem
Weg zum Grand Canyon ist?
Am Desert View Point blickten wir zum ersten
Mal in die größte Schlucht der Welt. Etwa 450
Kilometer soll sie lang sein und bis zu 1.800
Meter tief. Man sah atemberaubend hohe und
zerklüftete Steilwände in rot und weiß. In einiger
Entfernung erkannte man Painted Desert, die
farbige Wüste. Der Coloradofluss, der dieses
Naturwunder im Laufe der Jahrmillionen
geschaffen hat, war als kleines dunkles Rinnsal
tief unten zu erkennen.
Ein gut ausgebauter Wanderweg, der Teil des
South Rim Trail ist, führte immer wieder zu
besonders interessanten Aussichtspunkten. Die
Felsenformationen wirkten fast wie Schlösser
oder Tempel. Manchmal sah man hohe Steinsäulen und verwitterte Stufen, die in der
Nachmittagssonne bereits lange Schatten warfen. Fotografen standen mit ihrer
Ausrüstung an den malerischten Stellen und warteten auf den Sonnenuntergang. Wir
sahen am Wegesrand eine große Informationstafel: „Congratulations, you have just
walked a million years! Now you are ready to walk a 2-billion-year-timeline of Grand
Canyon geology,“ lasen wir erstaunt. Hier begann der sogenannte Trail of Time, ein
Lehrpfad des Yavapai Geologie Museums zur Geschichte der Felsen und Gesteinsschichten des Canyons. Am Wegesrand standen auf Sockeln Gesteinsproben der
Sedimentschichten, weitere Tafeln erklärten, aus welcher Zeit sie stammen. Dieser Trail of
Time ist die größte geowissenschaftliche Ausstellung der Welt. Wir hätten uns gerne näher
mit den interessanten Konglomeraten aus Muscheln und Steinen und den
Gesteinsproben aus Granit, Basalt, Sandstein und Kalkstein beschäftigt, aber die Sonne
stand schon tief, und es war noch eine ganze Strecke zu laufen bis zur Bright Angel
Lodge, wo der Bus auf uns wartete.
Route 66 und Laughlin
Die wunderbare Landschaft des Grand Canyon sahen wir am nächsten Tag nochmals – im
I-Max-Theater der Stadt Tusayan. „Hidden secrets“ hieß der Film und war einfach
spektakulär. Man flog mit dem Adler in schwindelerregenden Kurven durch die
Schluchten, wurde Teil des Alltags der Ureinwohner und erlebte die Abenteuer des
General Powell bei der Erkundung des Canyons auf dem reißenden Coloradofluss.
Dann aber mussten wir Abschied nehmen vom
Grand Canyon. „On the road again“ spielte der
Rekorder im Bus, und „Get your kicks on Route
66,“ denn auch in Arizona ist ein Teilstück der
einstigen „Mother-Road“ erhalten geblieben.
Route 66 war einst die erste durchgehende
Straßenverbindung von Chicago nach Los
Angeles, wurde aber im Laufe der Zeit durch
modernere Fernstraßen ersetzt. Die kleinen
Dörfer, die bisher vom Fernverkehr lebten,
verloren ihre Bedeutung und verarmten Vor
allem der Aktivität von Angel Delgadillo, einem
Friseur aus dem Städtchen Seligman, verdankt
man es, dass Teilstücke der Route 66 in Illinois, New Mexico und Arizona als „Historic
Route 66“ erhalten blieben und ein Anziehungspunkt für Touristen und Nostalgiker wurden.
Steigt man im Städtchen Seligman aus dem Bus, ist es fast wie eine Zeitreise zurück in
die Mitte des vergangenen Jahrhunderts. Der Ort ist im Stil der 50-er Jahre erhalten
geblieben. Oldtimer parken am Straßenrand, leicht bekleidete Damen stehen, als Puppen
natürlich, vor dem Motel und winken vom Balkon, das Roadkill Cafe bietet die größten
Steaks und das Snow-Cap-Drive-In die besten Burger. Selbst James Dean lehnt
lebensgroß an einer Mauerecke. Angel Delgadillo, bereits 85 Jahre alt, wohnt immer noch
hier. Sein Friseurladen ist heute ein Souvenirgeschäft. Natürlich kauften wir in Angel und
Vilmas Giftshop unsere Postkarten und Andenken.
Das Gefühl einer verlassenen Geisterstadt vermittelt Hackberry General Store, einst ein
Gemischtwarenladen, heute das Route 66 Museum. Alte staubige Mobilgas-Zapfsäulen
stehen direkt am Straßenrand vor dem Laden, eine rote Corvette aus den 50er Jahren
parkt davor. Ein Reklameschild quietscht im Wind. Verrostete Autowracks sind im
Gelände verteilt, die es wohl nicht mehr bis zur verstaubten dunklen Reparaturwerktstatt
geschafft haben. Und dann fällt noch das kleine verlassene Wohnhaus auf.
Reklameschilder verdecken die abbröckelnde Farbe an der Wand, Opuntien wuchern im
Garten. Vor dem Haus steht ein verrosteter Wagen ohne Fenster. Am Zaun lehnt ein
Plakat: „300 miles desert ahead.“ Besser kann man die Geschichte der Route 66
eigentlich nicht dokumentieren. Im Inneren des Ladens allerdings gibt es sämtliche
„Memorabilia“, die man auch in Seligman bei Angel und Vilma findet.
Wir verließen Arizona und kamen auf unserer
Route zurück nach Nevada, dem Bundesstaat, in
dem das Glücksspiel erlaubt ist. Die kleine Stadt
Laughlin liegt am Ufer des Coloradoflusses direkt
an der Grenze zu Arizona. Der Ort hat nur etwa
9.000 Einwohner, ist aber nach Las Vegas und
Reno die Nummer 3 der Glücksspielmetropolen
Nevadas und scheint nur aus Casinohotels zu
bestehen. Wir unternahmen einen Rundgang über
die Strandpromenade. Überall blinkten die
Leuchtschriften: „Games, open, come in“. Sogar
das gute alte McDonalds warb mit „Games inside“. Wie wir in unserem Hotel dann
feststellten, sind es hauptsächlich Leute im Rentenalter, die in die Spielhallen strömten.
Am Abend inspizierten wir die riesige Spielhalle unseres Hotels Tropicana ausgiebig.
Automaten, angeblich sind es mehr als 1.000, standen in langen Reihen und klimperten,
blinkten und klingelten durcheinander. Erstaunlicherweise sind es vor allen Dingen
Damen, die gebannt davor sitzen und die Maschinen mit Münzen füttern. Wir unterhielten
uns mit einem Ehepaar. „I gave her 50 Dollar for gambling,“ erzählte der Mann. „She won
75 Dollar, that ist fun!“ Hoffenlich konnten sie ihren Gewinn mit nach Hause nehmen, die
Dame spielte nämlich immer noch, als wir die Halle verließen.
San Diego
Am nächsten Morgen, einem Montag, waren wir wieder unterwegs durch die
Mojavewüste. Man sah nur wenige Trucks, dafür rechts und links des Highways endlos
lange Güterzüge. Mindestens zwei Lokomotiven, manchmal auch mehr, waren nötig um
diese Giganten der Schiene zu ziehen. Ab und zu sieht man eine Militärbasis.
Ausbildungslager für Marines sind das, oder auch Flugbasen als Ersatz-Landeplätze für
Space Shuttles.
In diesem unwirtlichen Gelände liegt Calico Ghost
Town, wo während des Silberbooms fast 1.200
Menschen wohnten. Als die über 500 Silberminen
unrentabel wurden, verließ man den Ort.
Geblieben ist der überdimensionale Schriftzug
CALICO in den umliegenden Bergen.
Heute ist Calico ein kleines Touristenzentrum,
bestehend aus einigen Originalgebäuden und
Nachbauten der im Laufe der Jahre zerstörten
Häuser. Zwischen all den alten Kutschen, Autos,
bunt angezogenen Skeletten und Geistern findet man Restaurants und Souvenirläden. Es
werden Wild-West-Shows gezeigt, und man kann mit der alten Eisenbahn die Minen
besichtigen. Wir verbrachten die Mittagspause hier und lächelten über die
überdimensionalen Spinnweben an der alten „Townhall“ und anderen Gebäuden. Es war
halt die Woche vor Halloween.
San Diego, unser heutiges Ziel, liegt im Bundesstaat
Kalifornien und an der Grenze zu Mexiko. Hier wollten
wir am folgenden Tag an Bord der Celebrity Infinity
gehen. Aber noch war es nicht so weit. Nach einer
kurzen Rundfahrt durch die Stadt entließ uns die
Reiseleiterin im Gaslamp Distrikt am Horton Plaza, dem
wohl bekanntesten Einkaufszentrum der Stadt. Über
viele Etagen verteilt findet man sowohl exclusive
Modeboutiquen als auch Kaufhäuser. Restaurants und
kleine Inbiss-Stände bieten mexikanische, chinesische,
italienische oder japanische Küche. Selbstverständlich
fehlte auch Mc Donalds nicht. Und im Mittelpunkt dieses
quirligen und supermodernen Marktes steht die antike
„Old Jessops Street Clock“, ein beliebter und nicht zu
verfehlender Treffpunkt.
Es war am Abend doch recht kühl geworden in San Diego. So waren wir froh, direkt
unserem Hotel gegenüber ein nettes italienisches Restaurant zu finden, in dem man ohne
Voranmeldung sofort und gut essen konnte.
Eine ausführliche Stadtrundfahrt machten wir am nächsten
Morgen. Da war zunächst der Balboa-Park, mit fast 5
Quadratkilometern die größte Parkanlage der Stadt, die den
Besuchern sowohl Natur als auch Kultur bietet. Rund um
das Wahrzeichen San Diegos, den California Tower, reihen
sich insgesamt 13 Museen, Theater, Restaurants und der
Pavillon mit Spreckels Orgel, eine der größten Freiluftorgeln
der Welt. Leider blieb uns keine Zeit, um den Botanischen
Garten und den Zoo San Diegos zu besuchen, der mehr
als ein Viertel des Balboa Parks einnimmt.
Unter Denkmalschutz steht das berühmte alte Luxushotel
del Coronado, ein viktorianisches Strandhotel auf der
gleichnamigen Halbinsel. Es ist das älteste und größte
Holzgebäude in San Diego. Auffallend ist der riesenhafte
funkelnde Kronleuchter in der ganz in dunklem Holz
gehaltenen Lobby. Zahlreiche US-Präsidenten waren hier zu Gast, aber auch HollywoodGrößen wie z.B. Charly Chaplin .Es war schon Kulisse für Hollywoodfilme, und es hat eine
Suite, in der es angeblich spukt. Ebenso beeindruckend wie das Gebäude sind die
Terrasse und der Strand. Trotzdem war der Strandspaziergang sehr erholsam und
hinterließ einiges an Sand in unseren Schuhen.
Nicht historisch, aber sehr nett ist das an der San Diego Bay gelegene Seaport Village, ein
must have seen! Um drei Plazas gruppieren sich Restaurants und Geschäfte,
Kinderspielplätze und Grünanlagen. Wie man in dem Prospekt für die Monate Oktober bis
Dezember sehen kann, findet man Unterhaltung jeder Art. Es spielen Rockbands, man
liest Shakespeare und kann an jedem dritten Donnerstag die Autoren der Stadt
kennenlernen. Als special events locken die Halloweenparty oder Frühstück mit Santa
Claus. Gerne wären wir noch länger an der Uferpromenade entlang gelaufen, aber der
Omnibus mit unserem gesamten Gepäck wartete auf uns. Am Hafen lag schon die
Celebrity Infinity, die pünktlich um 17 Uhr San Diego verlassen wollte.
Celebrity Infinity
Von unserem Schiff sahen wir noch nicht viel, als wir am Hafen ankamen. Zuerst mussten
wir die Prozedur des Eincheckens hinter uns bringen. Unsere Koffer erhielten ein Band
mit der Kabinennummer und wurden auf einen Transportwagen geladen. Wir folgten der
langen Schlange der zukünftigen Mitreisenden zum Abfertigungsschalter. Dank des schon
in Deutschland erledigten elektronischen Check-in brachten wir die notwendigen
Kontrollen verhältnismäßig schnell hinter uns. Vor unserer Kabine an Deck 2 stand bereits
ein Teil unseres Gepäcks. Auch den Rest erhielten wir bald. Es war alles gut organisiert.
Natürlich waren alle an Deck, als die Celebrity Infinity langsam den Hafen verließ. San
Diego und seine Hochhaussilhouette blieben zurück. Ein Flugzeug, vom nahem Airport
gestartet, brauste dicht über die Dächer der Gebäude. Wir standen an der Reling und
genossen den Fahrtwind. Bald darauf gab es die obligatorische Sicherheitsübung, aber
die Einweisung für den hoffentlich nicht
eintretenden Notfall war eher lustig.
Am nächsten Morgen begann der erste
Tag auf See. Wir hatten Zeit, vom
Kabinenfenster den Wellen
zuzuschauen, an der Reling aufs Meer
zu blicken oder über der Jogging-Trail zu
laufen. Meist wehte hier ein erfrischender Wind, aber mehr als drei oder vier Runden
schaffte man nicht, ohne ins Schwitzen zu geraten. Der Whirlpool auf Deck 10 war immer
gut belegt und im Schwimmerbecken arbeitete von Zeit zu Zeit eine „Wellenanlage“ und
schaukelte die Badegäste in die Höhe.
Es gab rund um den Pool genügend Liegestühle und für jeden ein Plätzchen an der Sonne
oder, wenn man wollte, im Schatten. Unterhaltung gab es mehr als genug. Von Vorträgen
in der Lounge, Quizfragen, Musik am Pool mit Tanzstunden bis zum unvermeidlichen
Bingo – es konnte einfach keine Langeweile aufkommen. Ach ja, die Shoppingmöglichkeit
an Deck 4 mit den täglichen „special offers“ darf nicht vergessen werden. Egal ob
Kameras oder Handtaschen, T-Shirts, Uhren oder Sonnenhüte, es gab eine riesige
Auswahl. Fast täglich lag im Zimmer eine Einladung zur Verkaufsveranstaltung für
kolumbianische Smaragde mit umsatzförderndem Gratissekt. Dem Geldausgeben waren
keine Grenzen gesetzt.
Nach dem Abendessen – es war gut und reichlich – konnte man in der Rendez-vousLounge einen Teil der gerade aufgenommenen Kalorien verarbeiten. Jeden Abend spielte
hier ein Trio Tanzmusik im Stil der 90-er Jahre, bis dann um 22 Uhr die abendliche Show
im Theater begann. Magier, Comedians, Sänger – es war für jeden Geschmack etwas
dabei. Das Theater war immer gut besetzt. Man musste sich rechtzeitig einen Platz
suchen. Auf dem Weg zu den Vorstellungen lief man allabendlich durch das große
Spielcasino. Hier herrschte die gleiche gespannte Atmosphäre, die wir schon von den
Hotels in Las Vegas und Laughlin kannten. Automaten blinkten und klimperten, Spieler
hockten fasziniert davor und fütterten pausenlos die Maschinen. Und auch hier auf dem
Schiff waren es vornehmlich Damen, die ihrer Spielsucht freien Lauf ließen. Eine
Mitreisende hat sogar eine ganz nette Summe gewonnen, wollte sie allerdings gleich am
nächsten Abend wieder einsetzen. OK, wenn es Spaß macht ......
Landausflüge
Cabo san Lucas, Mexiko
Unsere Route führte zunächst mehr als 1.200
km an der Baja California entlang bis Cabo San
Lucas, früher „finisterra“, d.h. Ende der Welt,
genannt. Unsere Reisegruppe hatte das Glück,
gleich eines der ersten Tenderboote zu erobern,
mit denen die Passagiere an Land gebracht
wurden. Zum Künstlerdorf Todos Santos mit
dem legendären Hotel California war es nur
eine kurze Busfahrt. Wir kannten das Hotel von
einem früheren Besuch und winkten der
skurrilen Musikergruppe auf dem Dach zu. Aus
alten Tonnen und Sperrmüll
zusammengebastelt, ist sie ein Wahrzeichen des Hotels.
Die verbleibende Zeit bis zur Abfahrt des Busses nutzen wir zur Besichtigung der Kirche
mit dem langen Namen Misión Nuestra Señora del Pilar de Todos Santos, deren heller
lichtdurchfluteter Innenraum mit dem blauen Altarfenster wirklich wunderschön ist. Da wir
noch Zeit hatten, liefen wir weiter zum Centro Cultural Nestor Agundez, das wir bei
unserem ersten Besuch nur kurz ansehen konnten. Früher war das Gebäude mit seinen
etwas verblassten Wandgemälden eine Schule. Heute ist es ein Kulturzentrum mit
regelmäßigen Veranstaltungen und Workshops. Es gibt eine historische Bücherei und
eine Gemäldesammlung, wo uns unter anderem ein Selbstbildnis Frida Kahlos auffiel.
Von dem nachgebildeten kleinen indianischen Bauernhof mit Wohnhaus, Geräten, Stall
und Garten konnten wir heute bessere Bilder machen, mussten dann aber ziemlich schnell
zum wartenden Bus zurücklaufen.
Cabo San Lucas liegt sozusagen am
äußersten Zipfel der Baja California, wo die
Wasser des Mar del Cortes und des Pazifik
zusammenfließen. Durch seine
ausgedehnten weißen Traumstrände und
das ganzjährig gute Wetter mit angeblich 360
Sonnentagen im Jahr wurde die einstige
Kleinstadt zu einer Touristenhochburg und
bevorzugtem Feriendomizil der Superreichen
und Prominenten der USA. Auf unsere
Gruppe wartete hier ein Glasbodenboot, mit
dem wir die Meeresfische beobachten
wollten. Aber auch heute ließen sich davon nicht allzuviele sehen – wie wir es schon bei
unserem ersten Besuch erlebt hatten. Dafür gab es reichlich Seelöwen und Pelikane, die
auf den von der Brandung geformten Felsenformationen hockten. Wir sahen einen alten
Bekannten wieder: El Arco, das Wahrzeichen von Cabo San Lucas. Dieser 62 Meter hohe
Felsenbogen sieht eigentlich aus wie ein Drache, der sich über das Wasser beugt und
trinkt. Diesmal haben wir nicht so unendlich viele Bilder des trinkenden Drachen geknipst,
obwohl das Boot noch ein weites Stück aufs offene Meer hinausfuhr und wir El Arco auch
von der Seeseite aus betrachten konnten.
Puerto Vallarta
Puerto Vallarta, unser nächstes Ziel, liegt im
mexikanischen Bundesstaat Jalisco in der
Banderas-Bay, umgeben von tropischer
Vegetation. Inmitten der engen Gassen der
Altstadt erhebt sich die imposante Pfarrkirche
Nuestra Señora de Guadalupe. Den vierstöckigen
Glockenturm ziert eine Krone, die von acht
Engeln getragen wird. Es soll die Nachbildung der
Krone von Kaiserin Carlota sein. Weiß und Gold
sind die Farben im Inneren der Kirche. Weiße
goldverzierte Säulen tragen die Decke, der
Marmoraltar zeigt ein Bild der Jungfrau von
Guadalupe.
Die malerische Kolonialstadt ist nach Acapulco und Cancun das bedeutendste Seebad
Mexikos. Bekannt wurde Puerto Vallarta durch Elizabeth Tailor und Richard Burton, die
sich hier niederließen. Andere Schauspieler und Prominente folgten und machten den
einst verschlafenen Fischerort berühmt. Am neu gestalteten Malecón findet man
Skulpturen diverser Künstler und natürlich Restaurants, Discos und die angesagtesten
Bars.
Was aber wäre eine Reise nach Mexiko, wenn man nicht mindestens einmal das
Nationalgetränk Tequila probiert? Im kleinen Städtchen Mismaloya bei Puerto Vallarta
besuchten wir die Tequila-Destillerie Mamá Lucia. Zuerst zeigte man uns, wie aus den
Strünken der blauen Agave durch stundenlanges Kochen, anschließendes Fermentieren
und Reifen der Tequila entsteht. Man bot uns Kostproben an: vom Blanco über den
Reposado bis zum Añejo, der besonders lange gelagert wird. Interessant waren die
speziellen Mamá Lucia Tequila-Liköre in den Geschmacksrichtungen Kaffee, Mandel und
Mandarine. Der freundliche Angestellte verteilte großzügig Gläschen um Gläschen – und
begleitete uns anschließend in den Verkaufsraum, wo man all die Köstlichkeiten kaufen
konnte.
Pünktlich um 7 Uhr abends verließ die Infinity den Hafen von Puerto Vallarta und trat die
lange Reise nach Guatemala an. 1.022 nautische Meilen lagen vor uns. Die nächsten zwei
Tage dienten der Erholung auf See.
Antigua, Guatemala
Einige Wochen vor Beginn unserer Reise, am 12.
September 2012, brach im Hochland von
Guatemala bei der Stadt Antigua der Vulkan
Fuego aus. Glühende Lava floss ins Tal, Asche
wurde fast 3 Kilometer in die Höhe geschleudert.
17 Dörfer wurden evakuiert. Die Stadt Antigua,
zwischen den Vulkanen Fuego, Acatenango und
Volcán de Agua gelegen, sei nicht betroffen, hieß
es in den Nachrichten. In den folgenden Wochen
hörte man nichts mehr vom Vulkan Fuego, er
blieb friedlich. Natürlich waren die drei Vulkane
rund um Antigua ein begehrtes Fotomotiv. Unser
Busfahrer kannte die beste Stelle für einen
Fotostopp, und der Fuego belohnte die eifrigen
Knipser mit einer kräftigen Rauchwolke aus seinem Krater. Jeder schoss fleissig Bilder,
und der Fuego sieht darauf prächtig aus, auch wenn lästige Telegrafendrähte jedes Bild
mit kräftigen schwarzen Strichen verunzieren. Aber es gab wegen des Autoverkehrs nur
zwei Möglichkeiten: entweder Vulkane mit Drähten oder keine Vulkane.
In unmittelbarer Nachbarschaft von Antigua liegt der kleine Ort Jocotenango mit dem
„Centro Cultural Azotea“, einer ehemaligen Kaffeefinca. Eingebettet in einen üppigen
Garten voller tropischer Pflanzen findet man drei Museen: Im Kaffeemuseum lernt man
alles über den Anbau und die Verarbeitung der Kaffeekirschen, sieht die Maschinen zum
Schälen der Früchte, die Fermentationsbecken und Trockenanlagen. Das Casa K'ojom
zeigt traditonelle Musikinstrumente und indigene Masken. Im dritten Museum, genannt
Rincón de Sacatepéquez, findet man indianische Trachten und die Darstellungen alter
Rituale und Bräuche. Der angeschlossene Museumsladen bietet Gelegenheit, sich mit
Andenken, CD`s und Kaffeeprodukten zu versorgen.
Das Städtchen Antigua, im zentralen
Hochland Guatemalas gelegen, war im
sechzehnten Jahrhundert die Hauptstadt
der spanischen Kolonien. Erdbeben
richteten im Laufe der Zeit immer wieder
schwere Schäden an, bis Antigua 1773
durch ein sehr heftiges Beben völlig zerstört
wurde. Man gab den Ort als Hauptstadt auf.
Heute ist Antigua eine Kleinstadt mit trotz
aller Zerstörungen bestens erhaltener
Kolonialarchitektur und touristische
Hauptattraktion des Landes. Seit 1979 zählt
sie zum Weltkulturerbe der Menschheit
Rund um den Parque Central liegen drei
wichtige Gebäude der Stadt: das Rathaus,
die Kathedrale de Santiago und der riesige Palacio de los Capitanes Generales, in dem
einst die Vertreter der Spanischen Krone regierten. Bekannter und viel malerischer ist
jedoch der Arco de Santa Catalina, eines der Wahrzeichen Antiguas. Er verband einst das
Kloster Santa Catalina mit der zugehörigen Schule. Heute überspannt er eine
Kopfsteinplasterstraße voll buntem touristischem Leben, farbenfrohe Häuser, Geschäfte,
Restaurants, fliegende Händler. Wenige Schritte hinter dem Arco liegt die Kirche Nuestra
Señora de la Merced, ein strahlend gelbes Gebäude, mit vielen Gipsfiguren verziert. Über
dem Hauptportal hängt eine Kette mit einem Kreuz. Das angeschlossene Kloster wurde
bei einem Erdbeben völlig zerstört und nicht wieder aufgebaut. Nur der Kreuzgang ist
erhalten und ein Brunnen im Hof der Anlage. Viele der unzähligen Kirchen Antiguas wurde
im Laufe der Jahre zerstört, wie z.B. San Pedro Apostól oder Iglesia San Francisco el
Grande.
Es gab in Antigua eine Vielzahl fliegender Händler. In allen Straßen und vor den Kirchen
verkaufte man Ketten, Tischdecken, Musikinstrumente, Taschen. Handeln war angesagt,
aber wenn man bedenkt, wie arm die Leute in Guatemala sind, gibt man gerne einen
Dollar mehr. Richtig Geld ausgeben konnte man dagegen im sogenannten Jademuseum,
das allerdings eine Farbik für Jadeschmuck war. Traumhaft schöne Ringe, Armbänder,
Colliers und Ohrringe lagen in den Vitrinen, man bot Gefäße und Figuren aus Jade an.
Das alles hatte jedoch seinen Preis. Ob die Verhandlungen einiger Mitreisender Erfolg
hatten, wissen wir nicht.
Wir waren am Ende des Tages alle rechtschaffen müde und bestiegen dankbar den Bus,
der uns zum Schiff zurückbrachte. Nach dem sonnigen Tag während unserer
Besichtigungen ging nun draußen ein wahrer Platzregen nieder. Gut, dass wir trocken im
Bus saßen. Abends gab es ein richtiges Tropengewitter, aber am nächsten Morgen
begann der Tag auf See in strahlendem Sonnenschein. Die Infinity fuhr entlang der Küste
von Guatemala nach Costa Rica.
Costa Rica, Puntarenas
Costa Rica empfing uns mit Regen. Von all den Wäldern und Kaffeeplantagen auf der
langen Fahrt zum Vulkan Poas sahen wir nicht allzu viel. Hinzu kam, dass wir Pech hatten
mit dem Bus. Das Mikrofon funktionierte nicht. Von den Erklärungen der Reiseleiterin war
daher nicht viel zu verstehen. Zum Glück erwartete uns ein neuer und besserer Bus am
Infocenter des Nationalparks Poas.
Wir machten uns in strömendem Regen auf zum
Hauptkrater, eingehüllt in bunte Plastikumhänge,
die man am Infostand kaufen konnte. Kaum einer
beachtete die tropische Vegetation am
Wegesrand, die Bromelien, Farne und Kiefern,
den Zwergbambus und die Regenschirmpflanze
mit ihren riesenhafte Blättern. Man war froh, dass
die Straße gut ausgebaut war und wir den Krater
schnell erreichten. Ja, der Poas muss ein
Bilderbuchvulkan sein mit seinen 2.708 Metern
Höhe. Im nördlichen noch aktiven Hauptkrater
liegt die Laguna Caliente mit intensiv
türkisblauem Wasser, das allerdings stark säurehaltig und ätzend ist. Dann gibt es noch
die blaue Lagune Botos in einem längst erloschenen Krater, dessen Wände dicht bewaldet
sind. Ein Wanderweg verbindet beide. Uns jedoch empfing am Ziel wallender Nebel. Der
Krater war voller dicker Wolken, die keinen einzigen Blick in die Tiefe zuließen. Selbst die
Informationstafeln waren nass und beschlagen.Enttäuscht machten wir uns auf den
Rückweg zum Bus.
Um den Kaffee, der an den fruchtbaren
Hängen des Poas wächst, ging es bei unserer
nächsten Besichtigung im Städtchen Alajuela.
Die DOKA Estate Kaffeeplantage ist seit mehr
als 70 Jahren im Besitz der Familie Vargas.
Die Produkte der Farm wurden schon
mehrfach ausgezeichnet und galten in den
Jahren 2000 und 2001 als „bester Kaffee
Costa Ricas“. Bei der Führung demonstrierte
man uns den Werdegang „vom Sämling bis
zur Tasse Kaffee.“ Man sah im Garten die
winzigen Kaffeepflänzchen, geordnet nach
Alter und Größe bis zum kleinen Strauch, der
fertig zur Auspflanzung war. Unsere Tourleiterin demonstrierte uns, wie die reifen Kirschen
gepflückt wurden. Man zeigt den Touristen die altertümlichen Vorrichtungen zur
Weiterverarbeitung bis hin zur 100 Jahre alten Wassermühle zum Schälen der Früchte.
Wir sahen die riesigen Trommeln, in denen die Kaffeebohnen getrocknet und schließlich in
Säcke gefüllt wurden.
Das versprochene Tässchen Kaffee erhielten wir dann im Verkaufsraum der Plantage. Wir
durften kosten so viel wir wollten und naschen, was immer produziert wurde. Da gab es
zum Beispiel diese köstlichen mit Schokolade umhüllten Kaffeebohnen.
Das anschließende landestypische Mittagessen hatten wir uns redlich verdient. Es gab
Reis mit schwarzen Bohnen, gebackener Banane und Hähnchenschenkel. Den
Speisesaal zierte das Bild einer Rarität: der farbenfrohe 5-Colones-Schein der Banco
Central de Costa Rica. Er ist sehr selten und bei Sammlern begehrt.
Der folgende Seetag war wieder sehr erholsam. Wir besuchten den Vortrag von „Onkel
Martin“, einem Wissenschaftler, der uns auf das Ereignis des nächsten Tages
vorbereitete: die Durchfahrt durch den Panamakanal.
Panamakanal
Bereits um 6 Uhr am frühen Morgen lag unser Schiff auf Warteposition. Die ersten Lotsen
sollten an Bord kommen. Wir schafften es mit Mühe, um 7 Uhr an Deck zu sein, allerdings
ungewaschen und ohne Frühstück. Noch war es möglich, sich einen Platz an der Reling
zu erobern. In der Ferne sahen wir die
Silhouette von Panama-City, die langsam immer
größer wurde.Auf einer Sandbank entdeckten
wir das skurrile Museo de la Biodiversidad, das
erste Werk des Architekten Frank Gehry in
Südamerika. Auf uns wirkten die scheinbar bunt
durcheinandergewürfelten Gebäude eher wie
Legosteine, aber es ist ja noch nicht
fertiggestellt. Ein kleines Boot mit der Aufschrift
„Piloto“ fuhr heran, ein Lotse stieg aus. Über
uns zog die riesige Puente de las Americas
vorbei, die Panama-City mit dem westlichen Teil
des Landes verbindet. Und aus dem Decklautsprecher hörte man die Stimme von „Onkel
Martin“, dessen Erklärungen zum Panamakanal uns durch den Tag begleiten würden:
„Der Panamakanal, 1914 eröffnet, ist eine der wichtigsten Wasserstraßen der Welt und
war seinerzeit ein Symbol des technischen Fortschritts. Der etwa 82 Kilometer lange Kanal
durchschneidet die Landenge von Panamá, verbindet den Atlantik mit dem Pazifik und
erspart Frachtschiffen die lange und gefahrvolle Route rund um das Kap Hoorn. Etwa
14.000 Schiffe durchfahren jährlich den Kanal. Lange Zeit orientierte man sich beim Bau
neuer Frachter mit der Konstruktion der Panamax-Schiffe an den Maßen des
Panamakanals. Um auch viel größeren Frachtschiffen die Durchfahrt zu ermöglichen,
begann man im Jahre 2007 mit dem Ausbau des Kanals, der im Jahre 2014 beendet sein
soll..“
Die Infinity fuhr langsam in die erste Kammer der Miraflores-Schleuse ein. Zwischen
Schiffswand und Schleusenmauer lagen nur wenige Zentimeter. Wir beobachteten, wie die
Mulas ihre Arbeit aufnahmen. Diese im Vergleich zum Schiff winzigen Lokomotiven halten
mit immerhin 1.000 PS das Schiff auf Kurs. Je vier Loks zu beiden Seiten zählten wir.
Zusätzlich zu den normalen Schienen haben sie noch eine
gezähnte Schiene, wie eine Zahnradbahn. So können die
Mulas den steilen Anstieg der Schleusenmauer bewältigen,
der sich aus dem Anheben des Schiffes auf das Niveau der
nächsten Kammer ergibt. Während die Infinity langsam in
die Höhe gehoben wurde, sahen wir in einiger Entfernung
die gewaltigen Erdarbeiten für den Ausbau des Kanals.
Bagger und Lastwagen wuselten herum und sahen aus wie
Spielzeug. Schließlich öffneten sich die gewaltigen
Schleusentore und das Schiff bewegte sich vorsichtig in die
nächste Kammer. Hier begann das gleiche Spiel. Miraflores
hat insgesamt zwei Schleusenkammern, die nahen Pedro
Miguel Locks heben mit einer weiteren Kammer das Schiff
auf die Höhe des Gatunsees. Hier überspannt die Puente
Centenario, die Jahrhundertbrücke, seit 2004 den Panamakanal.
Langsam glitten wir in den Gatunsee hinaus. Der
Kanal folgt hier in einer ausgebaggerten Fahrrinne
dem früheren Bett des Rio Chagres, der einst zum
Gatunsee aufgestaut wurde. Hier war die Erfahrung
und das geeübte Auge des Lotsen gefragt. Inseln
glitten vorbei. Vor der Überflutung waren es
Bergspitzen gewesen. Urwald wuchert an den
Ufern. Wir fuhren an dem kleinen Ort Gamboa
vorbei, wo wir vor einigen Jahren mit der Ariel-Tram
eine spannende Fahrt durch die Gipfel der Bäume
unternommen hatten. Wir sahen allerdings nur den
Vogelbeobachtungsturm aus all dem Grün
herausragen.
Wie vorgesehen erreichten wir gegen 14 Uhr die
Gatun-Schleusen. Hier wurde die Infinity in
insgesamt drei Schleusenkammern wieder auf Meereshöhe abgesenkt. Die Prozedur war
am Spätnachmittag beendet. Langsam glitt das Schiff hinaus in den atlantischen Ozean.
Wir sahen unzählige Schiffe langsam in Richtung Gatun-Schleusen fahren und auf ihre
Passage warten. Einige von ihnen würden am nächsten Morgen noch hier liegen, denn
bei Nacht ist eine Durchfahrt durch den Panamakanal nicht möglich.
Colón – ein Besuch bei den Emberá-Indianern
Auch die Infinity hatte die Nacht auf dem offenen Meer verbracht und fuhr erst um 6 Uhr
morgens in Colón ein. Wir verschliefen das Ereignis. Unser Ausflug zu den EmberáIndianern begann erst gegen 9 Uhr.
Das Wetter meinte es nicht gut mit uns an diesem Tag. In Colón
regnete es, die Straßen waren voller Pfützen und die Waldwege
zum Rio Gatún voller Schlamm. Es klarte erst auf, als wir den
Fluss erreichten. Neugierig liefen wir die Böschung hinunter.
Einbaumboote lagen am Ufer. Indianer wie aus dem Bilderbuch
standen daneben, nur mit einem bunten Lendenschurz
bekleidet. „Das ist die übliche Bekleidung der Emberá,“
informierte uns der Reiseleiter. „Nur wenn sie ihr Reservat
verlassen, tragen sie T-Shirts und Jeans.“
Am Ufer tummelte sich bald eine bunte Menschenmenge aus
Touristen mit Rucksack und Schwimmweste und Indianern im
Lendenschurz. Gespannt kletterten wir in die Boote. Als jeder
endlich seinen Platz gefunden hatte, schoben unsere
indianischen Fremdenführer die Fahrzeuge mit Hilfe langer
Stangen ins Wasser, sprangen dann geschickt selbst ins Boot - und schon brausten wir
mit Höchstgeschwindigkeit über den Rio Gatún.
Urwaldbäume voller Lianen rauschten vorbei,
Wasserpflanzen wurden zerteilt, treibende
Baumstämme umfahren. Der Fluss hatte durch
die Trockenzeit Niedrigwasser. Die
angekündigten wilden Stromschnellen
entpuppten sich daher als lustig plätschernde
Wellen. Unsere Bootsleute schoben mit langen
Stangen die Einbäume immer wieder in tieferes
Wasser, damit sie nicht auf einer Sandbank
festsaßen. Die Hütten eines kleinen Dorfes
wurden kurz sichtbar, waren aber nicht unser
Ziel. Wir fuhren noch eine ganze Weile, ehe wir
in einer flachen Bucht anlegten. Das Dorf hieß Emberá Drua. Vor einem palmengedeckten
Holzgebäude standen junge Frauen im Lendenschurz mit passendem Oberteil und hießen
uns mit Musik willkommen.
Unser Reiseleiter erklärte: „Dieser Emberá-Stamm versucht, mit Hilfe des Tourismus seine
Kultur und Eigenständigkeit zu bewahren. Sie verdienen einen Teil ihres Lebensunterhalts, indem sie Touristen in ihr Dorf einladen, sie bewirten und selbstgefertigtes
Kunsthandwerk anbieten.“
Man bat uns in das große Versammlungshaus. Einige Frauen bereiteten unser
Mittagessen: köstlich gebratener frischer Fisch mit Kochbanane. Während wir aßen,
verwandelte ein ungewöhnlich heftiger Regenguss den Dorfplatz in einen rutschigen
Schlammsee. Selbst vom Dach unseres Langhauses tropfte es an einigen Stellen. Der
Dorfälteste hieß uns in seiner Sprache herzlich willkommen, anschließend zeigten
Emberá-Paare ihre Tänze, zu denen natürlich auch die Touristen eingeladen waren.
Bald schien wieder die Sonne. Man konnte, soweit es die überfluteten Wege zuließen, das
Dorf erkunden. Neben der kleinen Schule gelangte man in einen ziemlich großen
Verkaufsraum. Flechtarbeiten jeder Art gab es hier, T-Shirts, Bänder, Schnitzereien. Wir
erstanden einen zierlichen Kolobri auf einer Blüte. Kann diese exakte Schnitzerei wirklich
ohne maschinelle Hilfe entstanden sein? Aber egal, es ist ein nettes Andenken, und die
bezahlten Dollar helfen dem Stamm. Viel zu schnell mussten wir wieder in die Boote
steigen. Auch die Rückfahrt verlief in strahlendem Sonnenschein.
Ein wenig traurig traten wir den Rückweg in unsere Zivilisation an. In der Stadt Colón
liefen wir noch ein wenig durch die Straßen, die vollgestopft waren mit Touristen, die nur
ein Ziel hatten: shoppen, shoppen, shoppen, denn Colón ist Freihandelszone.Dann war es
Zeit, zum Schiff zurückzukehren. Wir stellten uns geduldig in die Schlange der Rückkehrer
zur routinemäßigen Sicherheitskontrolle an: das Gepäck aufs Laufband, die Leute durch
den Personenscanner. Man war sehr streng in dieser Beziehung. Pünktlich um 16 Uhr
kamen die letzten Passagiere an Bord. Die Infinity verließ Colón in Richtung Kolumbien.
Cartagena de Indias, Kolumbien
Leider war heute schon unser letzter Tag auf der Infinity. Statt wie im Programm
vorgesehen nach zwei Seetagen in Miami anzukommen, wollten wir lieber noch einige
Tage Strandurlaub bei Cartagena verbringen. Nach der Stadtrundfahrt sollte uns daher ein
Hafenagent abholen und bei den Einreise- und Zollformalitäten helfen. Georg, der
Hafenagent auf dem Schiff, hielt davon aber gar nichts. „Egal wo Sie ausschiffen wollen,“
erklärte er freundlich aber bestimmt, „die Einreise- und Zollformalitäten werden bei uns an
Bord erledigt, punktum und aus. Bitte kommen Sie am Ausreisetag um 8.45 Uhr in mein
Büro. Dort erhalten Sie Ihre Pässe zurück.“ Aha!
Wir saßen also zum festgelegten Zeitpunkt zusammen mit zwei anderen Paaren in einem
ziemlich kahlen Raum. Auf dem Tisch lagen dicke Stapel von Formularen. Sollten wir die
wohl alle ausfüllen? Als nächstes legte eine Mitarbeiterin einen Packen Pässe zu all dem
Papier. Nach geraumer Zeit wurde die Tür aufgerissen und es betraten – durch und durch
Autorität – zehn Angestellte der Zoll- und Einwanderungsbehörden des Staates
Kolumbien den Raum. Keiner würdigte uns arme Würstchen auch nur eines Blickes. Die
Formulare wurden aufgenommen, geprüft, gingen von Hand zu Hand und verschwanden
in schwarzen Aktentaschen. Ein junger Mann überreichte uns schließlich unsere Pässe
und fragte, zu welchem Zeitpunkt er uns denn in unser Hotel bringen sollte. So lernten wir
Herrn Perez kennen, den Hafenagenten, den uns bereits Miller-Reisen empfohlen hatte.
Beinahe in letzter Minute erreichten wir unsere Gruppe, die zur Stadtrundfahrt aufbrach.
Cartagena de Indias ist eine der schönsten Städte Kolumbiens. Die koloniale Altstadt
gehört zum Weltkulturerbe der Unesco. Wir freuten uns auf ein Wiedersehen mit dem
Uhrturm inmitten der alten malerischen Straßen.
Langsam und bedächtig fuhr der Bus den steilen Berg zum Kloster La Popa hinauf. Auch
heute standen die Händler vor den Toren und priesen ihre Waren an. Reiseleiter Willi
führte uns durch das Kloster und in die Klosterkirche mit dem langen Namen Nuestra
Señora de la Candelaria de la Popa. An der Burgmauer genossen wir einen herrlichen
Blick auf die Stadt und den Hafen. Dann war es aber auch schon Zeit für den nächsten
Besichtigungspunkt, die Festung San Felipe. Der Bus fuhr zügig die steile Straße hinunter,
denn unser Zeitplan war knapp. Und dann kam das Schlagloch. Der Bus setzte ziemlich
hart auf und blieb stehen. Vergeblich versuchte der Fahrer wieder zu starten, besah sich
den Schaden von allen Seiten und fand, dass die Kupplung den Geist aufgegeben hatte.
Nun war guter Rat teuer. Wir warteten eine gute halbe Stunde auf einen neuen Bus.
Besonders Karlheinz und mir brannte es sozusagen auf den Nägeln, denn wir mussten
das Schiff vor dessen Abfahrt um 16 Uhr verlassen. Während der Besichtigung der
Festung San Felipe waren wir schon äußerst
nervös, zumal sich die Abfahrt auch noch
verzögerte. Beim Stopp in der Altstadt trennten
wir uns dann von unserer Gruppe und suchten
für die Rückfahrt zum Schiff ein Taxi.
Eigentlich hätten wir wissen müssen, dass die
Taxen alle belegt sind, wenn Passagiere
eines Kreuzfahrtschiffes die Altstadt
Cartagenas überfluten. Nach langem
Umherirren und Suchen stießen wir endlich
auf den Bus einer amerikanischen
Reisegruppe. Sie waren auf dem Weg zurück
zur Infinity und nahmen uns freundlicherweise
mit. Unsere Reisegruppe trafen wir erst wieder, als wir mit unseren Koffern im Schlepptau
und leicht traurig die Gangway hinuntereilten.
Draußen wartete der Hafenagent Eric Perez auf uns. Die Beamten der Zoll- und
Einwanderungsbehörde standen an langen Tischen im Freien, interessierten sich aber
nicht für unsere Koffer. Nach all der Aufregung und Hektik der letzten Stunden wurde uns
erst im Auto richtig klar: Wir waren auf dem Weg ins Hotel.
Hotel Estelar Manzanillo
Wir haben uns im Hotel Estelar sehr wohl
gefühlt. Unser Zimmer war groß und gepflegt.
Vom Fenster blickte man in einen Garten
voller tropischer Gewächse. In den größeren
Bäumen hatten Webervögel ihre Nester
gebaut. Man blickte weiter bis zum Strand,
wo man lange Spaziergänge unternehmen
konnte. Wir fanden jeden Tag einen
schattigen Liegeplatz am Pool. An die Musik
– vorwiegend Rap – haben wir uns schnell
gewöhnt. Vom offenen Restaurant, das durch
Deckenventilatoren gekühlt werden konnte,
blickte man hinaus zum Pool und zur
Animation, die sich jeden Abend Mühe gab,
mit Filmen oder Karaoke zu unterhalten. Abgesehen vom ersten Abend, als alle Gäste zur
Musik einer kleinen Kapelle tanzen konnten, hatten sie nicht allzuviel Erfolg. Meist saß
man nach dem Abendessen in der Bar '“Mar Abierto“. Die Kolumbianer waren im Estelar
noch fast unter sich. Die große Ausnahme waren zwei Damen aus Deutschland, die nach
ihrer Rundreise noch ein paar erholsame Tage hier verbringen wollten. Mit ihnen saßen wir
gelegentlich in der Bar zusammen.
Im kleinen Business-Center standen den
Gästen vier PC einschließlich Drucker zur
Verfügung. Großzügig war auch die
kostenlose Busverbindung ins nahe
Cartagena. So hatten wir Gelegenheit, die
etwas verunglückte Stadtbesichtigung
nachzuholen und neben dem Uhrturm auch
Boteros Getrude zu begrüßen.
Die Zeit verging viel zu schnell. Am
Abreisetag stand das Taxi pünktlich vor der Rezeption. Die Fahrt zum Flughafen war kurz.
Der Fahrer begleitete uns wegen der Umbauarbeiten noch zum Gepäckschalter, wo
ziemliches Gedränge herrschte. Aber schließlich saßen wir in der Schalterhalle und
warteten, dass unser Flug aufgerufen wurde. Um uns herum wuselten eine Menge
auffallend hübscher junger Mädchen. Sie hatten wohl an der Miss-Wahl in Cartagena
teilgenommen und waren auf dem Heimweg. Dann gab es endlich eine Ansage für unser
Gate: Der Flug nach Bogotá würde sich um mindestens eine halbe Stunde verspäten, da
am Zielort Start und Landung wegen heftiger Windböen unmöglich war. Das würde für uns
eng werden, da uns in Bogotá bis zum Einchecken auf die Lufthansa-Maschine gerade
mal zwei Stunden zur Verfügung standen.
Unser Flieger kam mit mehr als einer Stunde Verspätung in Bogotá an. Es dauerte
geraume Zeit, ehe wir unser Gepäck erhielten. Ein Bus brachte uns zum neuen
internationalen Terminal. Man wies uns auch den richtigen Weg zum Lufthansa-Schalter,
aber hier hatte man gerade die Abfertigung abgeschlossen, wir waren zu spät, und
niemand war für uns zuständig. Nach langem Hin und Her erreichten wir einen
Lufthansamitarbeiter. Er konnte glücklicherweise Plätze in der Maschine am nächsten Tag
reservieren und uns ein Zimmer in einem Hotel im Banken- und Geschäftsviertel
vermitteln. Man ist auf einem Flughafen auf Gäste eingestellt, die ihre Flieger verpassen.
So kamen wir zu einem weiteren Tag in Bogotá.
Das Hotel war gut, mit unserem Zimmer waren wir zufrieden – obwohl wir am Morgen
beide am Körper einige juckende Stellen feststellten, die vorher nicht da waren. Na egal,
die nächste Nacht würden wir sowieso im Flieger verbringen. Dafür schmeckte uns das
Essen, und den Tag verbrachten wir wegen des regnerischen Wetters vorwiegend auf der
kleinen verglasten Terrasse mit Blick zur Straße. Die Hotelangestellten schmückten
derweil die Rezeption mit weihnachtlicher Dekoration.
Es wurde Zeit für die Rückfahrt zum Flughafen, aber ausgerechnet jetzt war der Hotelbus
anderweitig unterwegs. Den Angestellten muss hier ein großes Lob ausgesprochen
werden, denn es stand plötzlich ein Taxi vor der Tür, und unsere Koffer wurden mit
Schwung auf die Rücksitze geladen. Jemand drückte uns überraschten Touristen Taschen
und Anoraks in die Hand, und schon waren wir auf dem Weg zum Airport.
Heute konnten wir rechtzeitig einchecken und kamen in ein halbleeres Flugzeug, hatten
Fensterplätze und eine Menge freier Sitzreihen, um einen guten Teil des Fluges zu
verschlafen. Mit diesem letzten unvorhergesehenen Abenteuer gingen vier lange und
spannende Wochen zu Ende. Zu Hause angekommen fragt man sich dann: Wie kann eine
so lange Zeit so schnell vergehen?
Edith Rompf
November 2012
Bilder: Karlheinz Rompf