Wenn es nicht klappt

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Wenn es nicht klappt
Schwangerschaft
Wenn es nicht klappt
Reproduktionsmedizinerin Dr. Anna Raggi sagt, was Paare tun können,
wenn das Kinderkriegen nicht so kinderleicht ist wie erwartet.
Dr. med. Anna Raggi, Reproduktionsmedizinerin bei
Fertisuisse und Be­legärztin
an der Pallas Klinik Olten.
Wie lange sollte ein Paar mit dem
Kinderkriegen «üben»?
Vor einer Abklärung sollten sich
Paare sicher ein Jahr Zeit geben.
Der Grund: Bei 60 Prozent der Paare klappt es nach drei Monaten, bei
weiteren 25 Prozent bis zum Ablauf eines Jahres, sofern die Paare
regelmässig Geschlechtsverkehr
haben. Erst danach ist die Chance
einer Schwangerschaft jeden Monat kleiner als fünf Prozent. Darum diese Empfehlung, die aber
nicht für Frauen über 35 Jahre gilt.
Sie sollten sich schon nach sechs
Monaten abklären lassen, weil das
Alter eine wichtige Rolle spielt.
Wer soll sich denn beim Arzt abklären lassen?
Immer Mann und Frau gleichzeitig. Wir
empfehlen, niemals nur eine Person allein
ins Visier zu nehmen und aufgrund einer
einseitigen Abklärung zu schnell falsche
Konsequenzen zu ziehen. Wichtig ist es
die medizinische Vorgeschichte von beiden
Partnern zu kennen – hatte die Frau schon
Schwangerschaften, hatte sie Infektionen im
kleinen Becken, ist der Zyklus regelmässig,
verkürzt, verlängert, schmerzhaft? Das sind
wichtige Fragen, deren Antworten schon erste Hinweise auf die Ursache des unerfüllten
Kinderwunsches geben können. Beim Mann
fragen wir zum Beispiel nach urologischen
Operationen, Hodenhochstand, Infektionen,
Verletzungen im Genitalbereich und der
sexuellen Funktion. Daneben geht es auch
um allgemeine Risiken wie zum Beispiel Nikotinkonsum, der für die Entstehung einer
Schwangerschaft einen sehr grossen negativen Einfluss hat. Beim Mann wird eine Spermienanalyse durchgeführt, die Geschlechtshormone werden bestimmt, die sexuelle
Funktion und Aktivität erfragt. Bei Bedarf
wird eine andrologische Untersuchung angeschlossen. Bei der Frau überwachen wir
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mit Hilfe von Ultraschalluntersuchungen
und Hormonmessungen einen natürlichen
Zyklus. Findet der Eisprung normal statt?
Ist die Form der Gebärmutter unauffällig?
Wir testen auch die Eileiterdurchgängigkeit,
was dank der Ultraschalltechnik und dem
Einsatz von Kontrastmitteln kaum schmerzhaft ist, verglichen mit der alten Methode im
Röntgeninstitut. Manchmal ist bei der Frau
eine Gebärmutter- oder Bauchspiegelung
nötig, die wir schnell und unkompliziert in
der nahegelegenen Pallas Klinik durchführen können.
Wer ist schuld am unerfüllten Kinderwunsch?
Man kann überhaupt nicht von Schuld reden!
Schuldzuweisungen wären völlig falsch. Zu
einem Drittel sind die Ursachen allein bei
den Männern zu suchen: schlechte Spermienqualität, zu spät operierter Hodenhochstand,
Mumps, Tumoren, Krampfadern an den Hoden, erbliche Faktoren. Ebenfalls zu einem
Drittel liegen die Gründe allein bei den Frauen: Tubenverschluss zum Beispiel nach einer
Infektion mit Chlamydien, Endometriose,
besonders häufig ein fehlender Eisprung wie
beim Syndrom der polyzystischen Ovarien
und nicht zuletzt das Alter allein. Beidseitige
und ungeklärte Ursachen machen das letzte
Drittel aus.
Welche Möglichkeiten haben Sie als Ärztin, den
Kinderwunsch zu erfüllen?
Zu allererst versuchen wir, den Ist-Zustand
des Paares zu verbessern. Nicht selten tritt
nach Optimierung der Bedingungen eine
spontane Schwangerschaft ein, was für das
betroffene Paar natürlich das Beste ist. Für
die Raucher gilt es jetzt aufzuhören. Bei
Hormonstörungen und Problemen mit dem
Eisprung helfen Medikamente. Cavumpolypen – also gutartige Wucherungen der Gebärmutterschleimhaut – lassen sich einfach und
problemlos operativ entfernen. Alternativmedizinische Behandlungen können begleitend
sehr wirksam sein. Das sind ganz einfache
Therapien, die dem Paar zu einer Spontankonzeption verhelfen können. Manchmal
braucht es aber assistierte reproduktionsmedizinische Therapien wie intrauterine
Inseminationen, die In-vitro-Fertilisation
oder die intrazytoplasmatische Spermieninjektion, bei der das Spermium direkt in die
Eizelle platziert wird. Wir bieten in unserem
Zentrum in Olten alle verfügbaren Techniken
auf höchstem Niveau an.
Wie muss man sich den Ablauf vorstellen, wenn
ein Paar zum ersten Mal zu Ihnen kommt?
Ganz am Anfang haben wir mit dem Paar
ein ausführliches Gespräch. Das ist sehr
wichtig. Wir hören genau zu und lernen
uns gegenseitig kennen. Schon bei diesem
Erstgespräch kristallisieren sich mögliche Ursachen heraus. Dann folgen die Abklärungen
und ein zweites Gespräch, bei dem wir die
Resultate bewerten und optimale Therapien
vorschlagen.
Wie handeln Sie, wenn körperlich alles in
Ordnung ist?
In einem Drittel der Fälle finden wir keine
greifbare Ursache. Abhängig von der Dauer
der Unfruchtbarkeit und dem Alter des Paares entwerfen wir gemeinsam einen Plan. Das
entlastet das Paar. Wichtig ist, dass die Paare
von uns auch emotional unterstützt werden.
Das hat sich sehr bewährt. Gerade bei einem
so sensiblen, schwierigen und zum Teil noch
tabuisierten Thema.
Gibt es typische Beispiele oder häufige Fälle?
Jedes Paar hat seine Geschichte. Jedes Paar
bringt seine eigenen negativen und positiven
Faktoren mit. Die einen sind übergewichtig,
die anderen nikotinsüchtig, wiederum andere sind sportlich fit und gesundheitsbewusst.
Die einen sind jung, die anderen weniger. Einige sind schon ewige Zeiten zusammen und
haben erst spät den Kinderwunsch entdeckt.
Scheuen sich viele Paare, medizinische Hilfe in
Anspruch zu nehmen?
Oft sind die Paare froh, endlich offen darüber
sprechen zu können und beim Spezialisten
zu sein, der ihnen helfen wird. Zum Teil sind
die Paare sehr verzweifelt und traurig, dass
die Liebe, der Wille und das starke Bemühen
bei ihnen zur Zeugung eines Kindes nicht
ausreichen. Einige können sich von der romantischen Vorstellung, ein Kind zu zeugen,
nur schwer trennen.
Wie häufig klappt eine reproduktionsmedizinische
Therapie?
Mit Hilfe von reproduktionsmedizinischen
Therapien wie IVF und ICSI bekommen sieben von zehn Paaren ihr gewünschtes Kind.
Bei drei von zehn klappt es leider auch nach
zwei Jahren nicht. Es empfiehlt sich aber
auf jeden Fall, zumindest drei Versuche zu
machen. Ganz allgemein benötigt eine gute
Therapie viel Einfühlungsvermögen des
betreuenden Teams, Erfahrung, aktuelles
Wissen, modernste Technik und Know-how
im reproduktionsbiologischen Bereich. Die
Fortschritte in der Reproduktionsmedizin
können aber nur optimal eingesetzt werden,
wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen
stimmen. Deswegen hoffe ich sehr, dass die
Abstimmung über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung am 5. Juni 2016 zugunsten unserer Patientinnen und Patien­ten
ausgehen wird. Das würde die Paare entlasten, bessere Chancen für eine Schwangerschaft schaffen und die Kosten senken. Auch
die Rate an Zwillingsschwangerschaften und
den damit verbundenen geburtshilflichen
Komplikationen könnten dank dem neuen
Gesetz deutlich reduziert werden. |
Möchten Sie mehr wissen?
Detaillierte Informationen bekommen Sie
jederzeit bei den Pallas Kliniken, Telefon 062
286 62 01, www.pallas-kliniken.ch. Oder
kommen Sie unverbindlich zum kostenlosen
Vortrag der Pallas Kliniken:
Thema: Unerfüllter Kinderwunsch: Abklärungen und massgeschneiderte Therapieoptionen
Datum/Ort: Montag, 6. Juni 2016, 18.30 Uhr,
Hotel Arte, Riggenbachstrasse 10, 4600 Olten
Referenten: Dr. med. Anna Raggi und PD
Dr. Gideon A. Sartorius, Fachärzte FMH für
Gynäkologie und Geburtshilfe und Fachärzte
FMH für gynäkologische Endokrinologie und
Reproduktionsmedizin
Der Anlass ist kostenlos, um Anmeldung
wird gebeten unter:
www.pallas-kliniken.ch/infoveranstaltung
oder per Telefon unter 0844
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