Strategien um die Finanzmärkte künftig zu stärken

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Strategien um die Finanzmärkte künftig zu stärken
Nürtingen
HfWU - Hochschule für Wirtschaft und Umwelt
Nürtingen-Geislingen
Lehren aus der Finanzkrise
Strategien um die Finanzmärkte künftig zu stärken
Betreuender Hochschullehrer:
Prof. Dr. Dr. Dietmar Ernst
Studentische Teammitglieder:
Sebastian Gerdemann
Steffen Hornberger
Ingo Stegmaier
Robert Stoeckigt
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Strategien um die Finanzmärkte künftig zu stärken
I
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ..................................................................................................... I
Abbildungsverzeichnis ........................................................................................... III
Abkürzungsverzeichnis .......................................................................................... IV
Einleitung .................................................................................................................. 1
Bankenkrise .............................................................................................................. 3
Entstehung und Verlauf der Finanzkrise ................................................................ 5
Verbriefung als Krisenursache.............................................................................. 11
1. Was versteht man unter Verbriefungen?........................................................... 11
2. Prinzip der Verbriefung ..................................................................................... 11
3. Verbriefungsarten ............................................................................................. 11
3.1 True Sale Verbriefungen ............................................................................. 12
3.2 Synthetische Verbriefungen ........................................................................ 13
4. Produktübersicht ............................................................................................... 14
5. Absicherungstechniken bei einer Verbriefung ................................................... 16
5.1 Der Begriff des Credit Enhancement ........................................................... 16
5.1.1 Externes Credit Enhancement .............................................................. 17
5.1.1.1 Garantien........................................................................................ 17
5.1.1.2 Versicherungen/Monoliner.............................................................. 17
5.1.1.3 Liquiditätsfazilitäten ........................................................................ 18
5.1.2 Internes Credit Enhancement ............................................................... 18
5.1.2.1 Overcollateralization ....................................................................... 18
5.1.2.2 Tranchierung .................................................................................. 18
5.1.2.3 Mehrfachtranchierung .................................................................... 20
5.1.2.4 Excess Spread ............................................................................... 21
6. Vorteile von ABS Investments........................................................................... 22
7. Vorteile für den Originator ................................................................................. 22
8. Entwicklung des Marktes für ABS Produkte ...................................................... 23
9. Erörterung der Gründe für die enormen Einbrüche am ABS-Markt ................... 24
9.1. Informationsasymmetrie zwischen Originator und Investor ........................ 24
9.2 Kreditvergabestandards und deren Auswirkung auf strukturierte Produkte . 25
9.3 Strukturen von Collateralized Debt Obligations ........................................... 26
9.4 Vertrauenskrise im Markt für strukturierte Produkte .................................... 27
10 Zusammenfassung........................................................................................... 27
Die Rolle der Ratingagenturen .............................................................................. 28
1. Die Rolle der Ratingagenturen im internationalen Finanzsystem...................... 28
2. Ratingagenturen – ein verstärkender Faktor der Subprime-Krise? ................... 30
3. Handlungsempfehlungen .................................................................................. 32
Konsequenzen für die Bankaufsicht ..................................................................... 33
1. Aufsichtsrechtliche Implikationen ...................................................................... 34
1.1 Internationale Aufsichtsbehörde vs. Nationale Regulierungen .................... 34
1.2 Qualitative Aufsicht ...................................................................................... 35
Bewertung der Maßnahmen zur Krisenbewältigung ............................................. 40
Die Rolle der Notenbanken .................................................................................... 42
Prognose ................................................................................................................. 44
Fokussierung auf Kerngeschäftsfelder .................................................................. 44
Quellen: .................................................................................................................... IV
II
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Genesis von Bankenkrisen in den achtziger und neunziger Jahren ............... 4
Abb. 2: US Leitzinsen der letzten 20 Jahre ................................................................ 5
Abb. 3: Entwicklung der Volatilität des DAX und S&P 500 der letzten 5 Jahre ......... 10
Abb. 4: USD Interbanken-Spread ............................................................................. 10
Abb. 5: Ablauf einer True Sale Verbriefung .............................................................. 12
Abb. 6: Ablauf einer Partially Funded, synthetischen Verbriefung ............................ 13
Abb. 7: Überblick über strukturierte Produkte ........................................................... 15
Abb. 8: Zahlungspriorität nach dem Champagner-Wasserfall-Prinzip ...................... 19
Abb. 9: Ablauf einer Mehrfachtranchierung .............................................................. 20
Abb. 10: Aufteilung des jährlichen Emissionsvolumens von Asset backed Securities
in den vereinigten Staaten ........................................................................................ 23
Abb. 11: Kursverluste am Beispiel eines ABS-Index zwischen Januar 2007 und
Januar 2009.............................................................................................................. 24
III
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Abkürzungsverzeichnis
ABCP
Asset Backed Commercial Paper
ABS
Asset Backed Security
AIG
American International Group, Inc
AMTPA
Alternative Mortgage Transaction Parity Act
CDS
Credit Default Swap
CESR
Committee of European Securities Regulators
CMBS
Commercial Mortgage Backed Security
DIDMCA
Depository Institutions Deregulation and Monetary Control Act
ECAI
External Credit Assessment Institutions
EU
Europäische Union
EZB
Europäischen Zentralbank
FASB
Financial Accounting Standard Board
FED
Federal Reserve System
IFRS
International Financial Reporting Standard
IKB
Deutsche Industriebank AG
IOSCO
International Organisation of Securities Comission
LVG
Luxemburger Verbriefungsgesetz
MBS
Mortgage Backed Security
Mrd
Milliarde
NRSRO
National Recognized Statistical Rating Organizations
OTD
Originate to Distribute
RMBS
Residential Mortgage Backed Security
SEC
Securities and Exchange Comission
SPV
Special Purpose Vehikel
US-$
US-Dollar
USA
Vereinigte Staaten von Amerika
IV
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Einleitung
Die Finanzkrise hat die Welt erschüttert. Seit Ende 2007 ist eine bemerkenswerte
Anzahl
von
Kreditinstituten,
Versicherern,
Hedgefonds
und
anderen
Marktteilnehmern von hohen Abschreibungen betroffen, die teilweise die Liquidation
oder zumindest eine finanzielle Unterstützung von dritten nötig machte. Dank den
Geschehnissen zum Beispiel in England beschäftigten tot geglaubte Phänomene wie
Bankenruns und Schlangen vor Bankschaltern die Presse. Das Wort „Finanzkrise“
wurde in Deutschland zum ‚Wort des Jahres’ 2008 gewählt 1.
Spektakuläre Insolvenzen großer Marktteilnehmer ließen die Schockwellen bis zu
den Politikern durchdringen, die mit dem staatlichen Instrumentarium antraten, eine
Systemkrise zu verhindern. Die vorliegende Studie stellt eine Aufarbeitung der Krise
dar. Zunächst wird die Erscheinung ‚Bankenkrise’ analysiert. Nach der Erarbeitung
der Grundsätzlichen Struktur von Bankenkrisen wird diese auf die aktuelle Krise
angewandt. Ursachen, Auslöser und Auswirkungen können so identifiziert werden.
Die Entstehung und der Verlauf der Krise werden mit den inhärenten logischen
Zusammenhängen verdeutlicht.
Anschließend wird die Rolle des Verbriefungsmarktes herausgestellt. Nach
Aufarbeitung der Funktionsweise von Verbriefungen werden die speziellen Probleme
im aktuellen Zusammenhang im Rahmen einer intensiven Ursachenanalyse
verdeutlicht. Hierbei wird auch auf Rechnungslegungsprobleme bei der Fair-ValueBewertung
eingegangen.
Die
Betrachtung
verstärkender
Faktoren
wie
Managementfehler und die Rolle der Ratingagenturen vervollständigen das Bild.
Darauf aufbauend werden aufsichtsrechtliche Implikationen erörtert. Angesichts der
fortschreitenden Globalisierung, der zunehmenden Verflechtung nationaler Märkte,
wird die Betrachtung auch auf die internationale Ebene ausgedehnt. Die Vor- und
Nachteile nationaler Gesetzgebungen als Reaktion auf die Krise werden aus
wettbewerbstheoretischer Sicht beleuchtet.
Die wichtigsten, aktuellen Reaktionen zur Krisenbewältigung sind ebenfalls
Gegenstand kritischer Betrachtung. Die Maßnahmen der Politik sowie der
Notenbanken werden hinterfragt und bewertet. Speziell die Rolle der Notenbanken
und ihrer Politik des „billigen Geldes“ der vergangenen Jahre wird auf Basis einer
spieltheoretischen Analyse beurteilt.
1
Gesellschaft für deutsche Sprache online
1
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Neben konkreten Handlungsempfehlungen für die verschiedenen Marktteilnehmer
wird eine Prognose über die Entwicklung der Marktstruktur, mit Fokus auf den
Bankensektor in Deutschland, und notwendige strukturelle Veränderungen, gegeben.
2
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Bankenkrise
Bankenkrisen sind in ihrem Ausgang unsichere Prozesse von begrenzter Dauer und
Beeinflussbarkeit, die ganze Bankensysteme beziehungsweise eine mehr oder
minder große Zahl von Elementen dieser Systeme, das heißt einzelne oder mehrere
Institute oder Institutsgruppen, in ihrer Stabilität beeinträchtigen und in ihrer Existenz
nachhaltig bedrohen 2. Nach Analyse von Bankenkrisen in insgesamt 21 Ländern in
den vergangenen zwei Jahrzehnten unter Aufspaltung in Ursachen, Auslöser und
Symptome kommt Bonn zu dem Ergebnis, dass „die meisten Bankenkrisen ein
typisches Grundmuster beziehungsweise eine gemeinsame Genesis“ verbindet 3.
Hervorgerufen durch Veränderungen der Marktgegebenheiten, Innovationen und
andere Ausprägungen eines tief greifenden Strukturwandels, der beständig an
Intensität zunimmt, verstärken den Wettbewerb, lassen Margen schwinden und
bedingen Anpassungen aller Marktteilnehmer. „Kollektive Fehleinschätzungen
(Herdenverhalten, Suche nach Wachstumsventilen) und andere Problem bei der
Adaption an die veränderten Gegebenheiten wurden dabei zum Ursprung für das
Entstehen – zunächst noch latenter – Krisen. […] Die Suche nach dem passenden
Ventil auf neuen Märkten wurde dabei - wie auch bei früheren Bankenkrisen typisch von allgemeinen Managementfehlern begleitet“ 4. Dieses Zusammenspiel kann als
Ursache im engeren Sinn betrachtet werden. Mängel auf Seiten der Bankaufsicht
wirken hierbei als Verstärker. Sie wirkten als Ursache im weiteren Sinne. Zum
Ausbruch der Krise kommt es allerdings erst nach Auftreten eines exogenen
Schocks.
„Voraussetzung dafür, dass ein Schock tatsächlich zum Krisenauslöser werden kann,
ist ein durch Fehlentwicklungen instabil und fragil gewordenes Bankensystem in
einer latenten Krise mit einer dadurch geschwächten Schockabsorptionsfähigkeit 5.“
Das allgemeine Grundschema für die Zusammenhänge, die Ursachen und den
Ablauf von Bankenkrisen ist in Abbildung eins schematisch dargestellt.
2
Bonn, J. K. aus Kreditwesen 09/2008
Bonn, J. K. aus Kreditwesen 09/2008
4
Bonn, J. K. aus Kreditwesen 09/2008
5
Bonn, J. K. aus Kreditwesen 09/2008
3
3
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Abb. 1: Genesis von Bankenkrisen in den achtziger und neunziger Jahren
Quelle: Bonn, J. K. aus Kreditwesen 09/2008
4
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Entstehung und Verlauf der Finanzkrise
Die
heutige
Finanzkrise
hat
mehrere
Entstehungsgründe.
Durch
die
Strukturveränderungen am Kapitalmarkt, die einbrechende Margen und sinkende
Renditen mit sich brachten, wurde nach Ventilen auf anderen Märkten gesucht.
Zudem wirkte die Zinspolitik des Federal Reserve System (FED) in Amerika der
letzten 20 Jahre blasenfördernd. Auf jede Krise in dieser Zeit hat das FED mit
deutlichen Senkungen des Leitzinses und daher mit einer expansiven Geldpolitik
reagiert, um eine ständige Liquidität im Markt zu gewährleisten. Dieses Instrument
der Geldpolitik ist grundsätzlich nicht in Frage zu stellen, doch hat das FED in guten
Zeiten die Zinsen nicht wieder rechtzeitig erhöht und Liquidität aus dem Markt
entzogen. Die enorme Liquidität im Markt führte zu einem enormen Anlagedruck, der
zu Renditestreben bei gleichzeitiger Unterschätzung von Risiken führte
Abb. 2: US Leitzinsen der letzten 20 Jahre
%
12
10
8
6
4
2
0
Jan. 88
Jan. 91
Jan. 94
Jan. 97
Jan. 00
Jan. 03
Jan. 06
Jan. 09
FDTR Index
.
Quelle: Bloomberg vom 27.01.2008
Solch eine „kleinere“ Blase vor der Subprime-Krise war die Dot-Com-Krise im Jahre
2000. „Insbesondere nach dieser Krise und nach den Anschlägen vom 11.
September 2001 senkte die US-Notenbank den Leitzins in den Jahren 2002 und
2003 auf einen historischen Tiefstand von etwa 1%“ 6, mit dem Ziel, Liquidität zu
schaffen und somit der Wirtschaft Geld für Investitionen zur Verfügung zu stellen.
Durch den stetigen Anstieg der Liquidität und dem damit verbundenen Anlagedruck
in den letzten 20 Jahren in Verbindung mit sinkenden Geldmarktzinsen wurde
schließlich der Verbriefungsmarkt als Ventil entdeckt. Verbriefte Hypothekenkredite
stellten sich als neues Instrument mit den interessanten Eigenschaften einer relativ
6
Bloss et al (2008) S. 15
5
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
hohen Verzinsung bei (vermeintlich) geringem Risiko im Kontext langjähriger
Preissteigerungen bei Immobilien bei gleichzeitiger geringer Korrelation zu
klassischen Anlagen dar. Aufgrund des Anlagedrucks bzw. der hohen Nachfrage
nach Asset Backed Securities-Strukturen wurden vermehrt Kredite an Kunden mit
schlechter Bonität vergeben, denen zuvor keine Kredite gewährt worden waren.
Die Vergabe von Subprime-Krediten wurde zusätzlich von den folgenden Umständen
begünstigt. „Zum einen wurde die nationale Gesetzgebung in den USA geändert.
Zwei Gesetze sind in den frühen 80er Jahren in Kraft getreten. Der „Depository
Institutions Deregulation and Monetary Control Act“ (DIDMCA) und der „Alternative
Mortgage Transaction Parity Act“ (AMTPA) ermöglichte es den Kreditgebern
Konditionen und Ausstattungsmerkmale, die vorher in einzelnen Staaten verboten
waren, zu vergeben.“ 7 In der Folge wurden vermehrt private Kreditvermittler
eingesetzt, deren Prämie sich am generierten Kreditvolumen orientierte und die
darüber hinaus über Zusagebefugnis über eben diese Kredite verfügten. Die
Vergabe von Krediten auf Basis von Angaben des Antragstellers zu seiner
finanziellen Situation ohne weitere Überprüfung wurde gängige Praxis. Des Weiteren
gab
es
von
Seiten
der
Kreditgeber
eine
aggressive
Bewerbung
von
Hypothekenkrediten gepaart mit innovativen Finanzprodukten.
So wurden den Kreditnehmern folgende Produkte angeboten:
•
„Negative-Amortisation Hypotheken“, bei denen nicht alle Zinsen
gezahlt werden, wenn die monatlichen Raten nicht bedient werden
konnten.
•
„Interest-Only Hypotheken“, die es zuließen, dass für einen gewissen
Zeitraum nur die Tilgung zu zahlen war, aber nicht die Zinsen.
•
„Piggyback Kredite“, bei denen die für eine Hypothek übliche
Anzahlung von 10-20 % durch einen weiteren Kredit finanziert wurde. 8
Die Kreditformen mit den höchsten Ausfallquoten waren so genannte Subprime und
Alt-A Darlehen. Hierbei handelt es sich um Kredite mit hohem Beleihungsgrad,
teilweise ohne jegliches Eigenkapital, an einkommensschwache Haushalte, bei
denen die Kreditzahlungen einen großen Anteil des Haushaltseinkommens
ausmachen. Genau diesen Haushalten wurde durch Kredite mit variabler
7
8
Bloss et al (2008) S. 23.
Vgl. Bloss et al (2008) S. 22
6
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Zinsvereinbarung
auch
noch
das
Zinsänderungsrisiko
aufgelastet.
Um
die
Abschlussquoten zu erhöhen, boten die Berater den Kreditnehmern einen Kredit
unter der Annahme an, dass die zu finanzierende Immobilie im Preis steigen werde.
Dadurch ließe sich, so das Versprechen, durch den Gewinn aus einem Verkauf der
Immobilie, Zins und Tilgung zahlen. So wurden Immobilien zum Teil bereits mit dem
erwarteten Wert beliehen. Mit dem Kredit wurde vom Kreditnehmer dann nicht nur
das Haus, sondern ebenfalls die Einrichtung, ein Auto oder ein Urlaub finanziert.
Dies war von der amerikanischen Regierung sogar gewollt und wurde durch
entsprechende Gesetze und Vorgaben noch begünstigt, ergab sich hierdurch doch
eine positive Wirkung auf die Konsumstatistiken des Landes.
Durch die oben beschriebene Deregulierung des Kreditmarktes war es ebenfalls
ermöglicht worden, die Kredite zu verbriefen. „Verantwortlich dafür, dass schließlich
aus einer lokalen Immobilienblase eine globale Finanzkrise werden konnte, sind die
Refinanzierungsstrukturen am US-Kreditmarkt. Um Liquidität zu generieren, wurden
die Kreditforderungen gegenüber den Immobilienbesitzern mit Hilfe von Asset
Backed Securities (ABS) verbrieft und handelbar gemacht.“9 Diese Verbriefung
wurde mit Hilfe von sogenannten Special Purpose Vehicles10 (SPV) durchgeführt.
Diese Papiere wurden gerne von Investoren wie Hedge-Fonds, Investmentfonds
oder institutionellen Anlegern gekauft, da sie eine sehr hohe Rendite bei scheinbar
geringem Risiko (Tranchen mit AAA-Rating) aufwiesen. Da deshalb die Nachfrage
nach Subprime-Papieren immer größer wurde, mussten die Hypothekenfinanzierer
beständig neue Subprime-Kredite vergeben, um weitere Verbriefungen generieren
und die hohe Nachfrage bedienen zu können.
Dieser Umstand trieb die Häuserpreise weiter nach oben, denn für Immobilien wurde
scheinbar bedenkenlos nahezu jeder Kredit gewährt. Dabei wird deutlich, dass die
freizügige Kreditvergabe selbst von der Regierung der Vereinigten Staaten
gewünscht war. Jeder Amerikaner sollte nach Vorstellung der Bush-Regierung einen
Kredit für ein Eigenheim erhalten.
Wie bei jeder Blasenbildung üblich spielte auch die Psychologie in Form eines
unverrückbaren Glaubens an steigende Immobilienpreise eine Rolle. Ein weiterer
9
Vgl. Leibfried/Zimmermann (2008) S. 989
SPVs sind Zweckgesellschaften, die insbesondere zum Zweck der strukturierten Finanzierung
gegründet werden. Dadurch soll ein Zugriff finanzierender Gläubiger auf Vermögenswerte des
Investors vermieden werden. Vgl. Bär, Hans-Peter, (2000), S. 104f.. Sie werden auch verwendet, um
Verbriefungen vorzunehmen.
10
7
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
verstärkender Umstand war die Besonderheit der Haftung bei Hypothekenkrediten: In
Amerika haftet der Kreditnehmer ausschließlich mit der Immobilie, für die er einen
Kredit aufgenommen hat, während in Europa der Kreditnehmer mit seinem gesamten
Besitz bürgt. Aufgrund dessen wurden in Amerika, anders als in Europa, von den
Menschen einfacher und vielleicht auch sorgloser Kredite aufgenommen, schließlich
gab es außer der Immobilie nichts zu verlieren.
Das Risiko bei den Kreditinstituten war ebenfalls begrenzt, da eine Immobilie einfach
und – bis dahin – zumeist mindestens im Umfang des restlichen Kreditbetrages
verwertbar
war.
Deshalb
wurden
von
Seiten
der
Bank
oder
der
Hypothekenfinanzierer verstärkt Kredite angeboten und diese von Seiten der
Immobilienkäufer aufgenommen.
Die oben beschriebenen Ereignisse und Konditionen trugen dazu bei, dass die Blase
weiter aufgebläht wurde. Das exzessive Bereitstellen von Liquidität im Markt und
dem damit verbundenen Anlagedruck nach der Dot-Com Krise und den Anschlägen
vom 11. September 2001 verstärkten diesen Trend weiter.
„Solange die Häuserpreise stetig stiegen und die Kreditzinsen konstant blieben oder
gar sanken, gab es fast kein Risiko, durch das die Kreditnehmer hätten in
Zahlungsschwierigkeiten kommen können. Und wenn es doch bei einigen wenigen
Kreditnehmern Schwierigkeiten gab Zins und Tilgung zu bezahlen, so konnten sie
später vom steigenden Wert ihres Eigenheims profitieren, um sich zu refinanzieren
bzw. die Kredite umzustrukturieren.“11
Aus Sorge steigender Inflation hob das FED das kurze Ende der Zinsstrukturkurve
an, mit der Folge, dass immer mehr Kreditnehmer Schwierigkeiten hatten, ihren
Kreditverpflichtungen nachzukommen. Speziell die zweitklassigen Kreditnehmer, die
einen Kredit mit variabler Verzinsung aufgenommen hatten, konnten ihren
Kapitaldienst vermehrt nicht mehr pünktlich erbringen. Bis zum Jahr 2007 wurde der
Leitzins auf 5,75% angehoben – verglichen dazu lag dieser noch im Jahr 2003 bei
1%. Dies würde bei einem Kredit in Höhe von US-$ 100.000 eine Mehrbelastung von
US-$ 4.750 pro Jahr ausmachen, was einer Steigerung der Zinsbelastung um 575%
entspricht.
11
Bloss et al (2008)S. 26
8
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Nach Erreichen der Marktsättigung 2006/2007 begann ein Abwärtstrend die
jährlichen Preissteigerungen der Immobilien sank von etwa 10 %
auf 4,7 % 12.
Fallende Immobilienpreise gingen mit einem Einbruch des Subprime Marktes einher.
Rückläufige
Preise
bedingten
einen
stetig
steigenden
potenziellen
Abschreibungsbedarf bei den Anlegern.
Eine Entlastung auf dem amerikanischen Häusermarkt ist noch nicht absehbar. Bei
etwa
8,3
Mio.
Eigenheimbesitzern
übersteigt
der
Hypothekenkredit
den
Eigenheimwert (Stand: März 2009). Fallen die Häuserpreise um weitere 5 %, so
droht das gleiche Schicksal zusätzlich 2,2 Mio. Eigenheimbesitzern. Allein im letzten
Jahr wurden am amerikanischen Häusermarkt etwa 2,4 Billionen US-$ an Wert
vernichtet 13.
In der Folge kam es zu einer Welle von Bankinsolvenzen in Amerika. Aber nicht nur
Banken waren schwer getroffen, sondern auch Hedgefonds oder Versicherer wie die
American International Group, Inc. (AIG), die sich auf den Handel mit SubprimePapieren spezialisiert hatten, wurden mit massiven Liquiditätsproblemen konfrontiert.
Unternehmen wie AIG, die als sogenannte Monoliner die Versicherung von Tranchen
zum Zwecke des Credit Enhancements übernahmen, gingen Versicherungen in
großen Volumina ein, da sie die damit verbundenen Risiken offenbar falsch
einschätzten.
Die wohl folgenreichste Insolvenz war die der Investmentbank Lehman Brothers am
15. September 2008. Dieser Tag ging als „Schwarzer Montag“ in die Geschichte ein.
Durch diese Insolvenz wurde in den ohnehin unruhigen Zeiten eine regelrechte
Panikwelle an den internationalen Finanzmärkten losgetreten. Der Geldfluss kam
nahezu zum Erliegen und das Interbankengeschäft, das zum großen Teil auf
Vertrauen basierte, trocknete förmlich aus. In den folgenden Tagen nach dem
„Schwarzen Montag“ vermeldeten noch einige große Banken Gewinneinbrüche und
die größte amerikanische Sparkasse Washington Mutual brach zusammen. 14
Daraufhin wurden in Amerika, ganz Europa und in vielen anderen Ländern
Rettungspakete geschnürt, die zum einen sofort Geld bereitstellten und zum anderen
Bürgschaften der jeweiligen Länder beinhalteten, um das verlorene Vertrauen der
Banken untereinander wieder herzustellen.
12
Vgl. Bartmann et al (2009) S. 16
Levy, Dan (2009) aus Handelsblatt vom 07.03.2009
14
Vgl. Unbekannter Verfasser (2008) aus FMM-Magazin vom 03.12.2008
13
9
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Abb. 3: Entwicklung der Volatilität des DAX und S&P 500 der letzten 5 Jahre
120
100
80
60
40
20
0
Jan. 04
Jul. 04
Jan. 05
Jul. 05
Jan. 06
Jul. 06
VDAX
Jan. 07
Jul. 07
Jan. 08
Jul. 08
Jan. 09
VIX
Quelle: Bloomberg vom 27.01.2008
Trotz der Rettungspakete, die in Deutschland nur zögerlich verabschiedet, aber
anfangs auch nur ungern in Anspruch genommen wurden, ist weiterhin viel
Unsicherheit in den Finanzmärkten zu spüren. Dies lässt sich anhand Abbildung drei
der hohen Volatilitäten der Aktienindizes ablesen. Weiterhin kann man diese
Unsicherheit auch an den immens hohen Kreditspreads erkennen, zu dem Banken
bereit sind, sich untereinander Geld zu leihen.
Abb. 4: USD Interbanken-Spread
Quelle: Clare, Andrew online (übersetzt aus Newsletter von fathom vom 16.01.2009)
10
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Abbildung vier zeigt auf, dass während des Verlaufs der Krise dieser Spread extrem
in die Höhe schießt. „Zu dieser Zeit hätten Banken sich nur gegenseitig Geld
geliehen, zu Konditionen, die jeden Sozialwohnungsmakler rot werden ließen.” 15
Verbriefung als Krisenursache
1. Was versteht man unter Verbriefungen?
Unter dem Begriff Verbriefung versteht man die „Umwandlung eines Pools
gleichartiger Aktiva in handelbare Wertpapiere“ 16. Da diese Wertpapiere durch die
Cashflows aus den Aktiva besichert sind, werden die emittierten Wertpapiere als
Asset Backed Securities bezeichnet. Dabei differenziert man die Wertpapiere nach
der Bedienungsmodalität der Investoren. Wenn die Cashflows den Investoren nach
Abzug der Provision ausgeschüttet werden, entstehen sogenannte „Pass-Through“Wertpapiere. Werden die Cashflows nach bestimmten Regeln an die Investoren
ausgeschüttet, entstehen „Pay-Through“-Wertpapiere 17.
2. Prinzip der Verbriefung
Die Grundidee besteht darin, dass Kreditinstitute nicht wie traditionell eine Forderung
und somit auch das Ausfallrisiko bzw. das Risiko der vorzeitigen Tilgung bis zur
Endfälligkeit tragen, sondern an diejenigen Investoren weitergeben, die dazu gewillt
sind und die besseren Vorraussetzungen für die Risikotragfähigkeit mitbringen.
Daraus ergibt sich eine Entlastung der Bankbilanzen sowie eine tiefer greifende
Verflechtung des internationalen Finanzsystems, welches durch eine breite
Diversifikation der Risiken gestützt wird. Dieses neue Geschäftsmodell der globalen
Investmentbanken wird auch als „Originate to Distribute“ (OTD) bezeichnet 18.
3. Verbriefungsarten
Man unterscheidet zwei Grundarten von Verbriefungsprozessen: True Sale- und
synthetische Verbriefungsprozesse. True Sale Verbriefungen zeichnen sich durch die
regresslose Portfolioübertragung vom Originator auf die Zweckgesellschaft aus. Bei
einer synthetischen Verbriefung behält der Originator das Portfolio in der Bilanz – es
15
Clare, Andrew online (übersetzt aus Newsletter von fathom vom 16.01.2009)
KfW (2009) online
17
Vgl. Bloss et al (2008) S. 67
18
Vgl. Zuberbühler, Daniel (2008) S. 2
16
11
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
wird ausschließlich das Ausfallrisiko des Portfolios auf die Zweckgesellschaft
übertragen.
3.1 True Sale Verbriefungen
Bei einer True Sale Verbriefung lässt der Originator eine Zweckgesellschaft, zumeist
in steuergünstigen Ländern, gründen.
Im nächsten Schritt wird das Portfolio an die Zweckgesellschaft verkauft. Der Verkauf
erfolgt regresslos. Der Originator trägt dabei nur das Veritätsrisiko. Damit wird
sichergestellt, dass keine Rückgriffsrechte des Investors auf den Originator bei
Zahlungsstörungen des Portfolios möglich sind; d.h. weder das Portfolio noch die
Zweckgesellschaft wird in den Büchern des Originators geführt. Ebenso kann bei
Insolvenz des Originators nicht auf die Aktiva des SPV zurückgegriffen werden. Die
Zweckgesellschaft strukturiert das Portfolio und emittiert die verbrieften Cashflows
aus dem Portfolio revolvierend am Geld- oder langfristig am Kapitalmarkt. Die
Strukturierung des Portfolios und die Platzierung der Wertpapiere am Kapitalmarkt
erfolgt in der Regel mit Hilfe einer Investmentbank (Sponsorbank). Die Sponsorbank
stellt der Zweckgesellschaft häufig Liquiditätsgarantien zur Verfügung, um die
revolvierende Emission am Geldmarkt zu gewährleisten. Durch die Erlöse aus der
Emission finanziert die Zweckgesellschaft den Erwerb des Portfolios. Die Bedienung
der Kupons der emittierten Wertpapiere erfolgt über die Cashflows aus den Aktiva.
Die Investoren erhält monatliche Annuitäten vom Schuldnerverbund, die über die
Zweckgesellschaft abgewickelt werden 19.
Abb. 5: Ablauf einer True Sale Verbriefung
Quelle: Bartmann et al (2009), S. 4
19
Vgl. Bloss et al (2008) S. 69
12
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
3.2 Synthetische Verbriefungen
Bei einer synthetischen Verbriefung wird ausschließlich das Kreditrisiko eines
bestimmten Assetpools an eine Zweckgesellschaft übertragen. Der Assetpool bleibt
im Eigentum und somit in der Bilanz des Originators. Die Übertragung des
Kreditrisikos vom Originator auf die Zweckgesellschaft erfolgt mit Hilfe von
Kreditderivaten. Die Höhe der Augleichszahlungen sowie die Bedingungen sind
vertraglich geregelt.
Synthetische Verbriefungen können je nach Wahl des Transferinstruments
unterschiedlich ausgestaltet werden. Man unterscheidet zwischen voll finanzierten
Strukturen, partiell finanzierten Strukturen sowie Strukturen ohne Finanzierung. Bei
der Fully Funded Struktur wird von der Zweckgesellschaft eine Anleihe (Credit Linked
Note) emittiert. Dadurch erhält die Zweckgesellschaft Erlöse, die in Investment Grade
Anlagen, wie Sicherheiten wie zum Beispiel AAA-Staatsanleihen investiert werden. In
einer Unfunded, synthetischen Verbriefung dient ein Credit Default Swap (CDS) als
Transferinstrument. Beim Einsatz eines CDS werden keine Emissionserlöse erzielt.
Es fließen lediglich Prämienzahlungen zwischen dem Originator und dem Investor.
Hierbei wird das Kontrahentenrisiko vom Originator getragen. In der Praxis hat sich
die Partially Funded Struktur durchgesetzt, die sowohl Elemente der Unfunded als
auch der Fully Funded Struktur enthält 20.
Abb. 6: Ablauf einer Partially Funded, synthetischen Verbriefung
Quelle: Siegel, Claudius (2006) online
20
Vgl. Rudolph et al (2007) S. 78
13
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Bei einer partiell finanzierten, synthetischen Verbriefung wird der Großteil des
Portfoliovolumens mit Hilfe eines Super Senior Swap abgesichert. Der CDS umfasst
dabei ausschließlich diejenige Tranche mit dem geringsten Ausfallrisiko. Der
Originator schließt den Kontrakt direkt mit dem Investor ab. Typische CDS Investoren
sind Versicherungen und Banken, die eine hohe Verzinsung bei geringem
Mitteleinsatz erreichen wollen 21.
Zusätzlich überträgt der Originator einen kleinen Teil des Portfolios durch einen CDS
auf eine Zweckgesellschaft. Diese emittiert eine Credit Linked Note am Kapitalmarkt
und erhält Erlöse von den Investoren. Die Zweckgesellschaft investiert die Erlöse in
Wertpapiere mit erstklassiger Bonität. Tritt der Sicherungsfall im Referenzportfolio
des Originators ein, werden die Sicherheiten der Zweckgesellschaft liquidiert, der
Schaden des Originators gedeckt und die Anleihe frühzeitig, um den Schaden
vermindert, an die Investoren zurückgezahlt 22. Tritt kein Sicherungsfall im
Referenzportfolio ein, so wird den Investoren am Ende der Laufzeit der
Nominalbetrag der Anleihe zurückerstattet.
4. Produktübersicht
Strukturierte Produkte können vielfältig ausgestaltet werden. Dabei wird je nach Art
der verbrieften Forderung zwischen Mortgage Backed Securities (MBS), Asset
Backed Securities i.e.S. (ABS) und Collateralized Debt Obligations (CDO)
unterschieden 23.
21
Vgl. Rudolph et al (2007) S. 79
Vgl. Rudolph et al (2007) S. 79
23
Vgl. Bloss et al (2008) S. 68
22
14
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Abb. 7: Überblick über strukturierte Produkte
ABS
(im weiteren Sinne)
MBS
CMBS
Sub-Prime
RMBS
CDO
ABS
(im engeren Sinne)
Je nach
Forderungsart wird
unterschieden in:
RMBS
Prime
RMBS
Sonderformen
CLO
CBO
CMO
-Kreditkartenkredit
(CCBS/CARDS)
-Leasing (CLEOS)
-Konsumentenkredit
In Anlehnung an Bloss et al (2008) S. 68 sowie Trambo et al (2009) S 6
MBS sind durch einen Pool verschiedener Hypothekenkredite besichert. Diese
lassen sich in Residential MBS (RMBS) und Commercial MBS (CMBS)
unterscheiden. Bei den RMBS handelt es sich um strukturierte Produkte, die durch
private Hypothekenkredite besichert sind. Bei RMBS wird je nach Schuldnerkategorie
zwischen Sub-Prime, Prime und speziellen Sonderformen wie Social Housing
unterschieden.
CMBS
sind
durch
gewerbliche
Hypothekenkredite
besichert.
Grundsätzlich sind das Ausfallrisiko sowie das Risiko der vorzeitigen Tilgung bei
RMBS höher als bei CMBS. Eine vorzeitige Tilgung ist bei gewerblichen MBS
aufgrund der Vertragsbedingungen unüblich, da diese hohe Vorfälligkeitsentgelte für
frühzeitige Tilgung vorsehen. Bei privaten Hypothekenkrediten sind vorzeitige
Tilgungen generell möglich 24.
ABS i.e.S. sind durch einen Pool gleichartiger Vermögenswerte gedeckt. Als
Underlying
können
hierbei
z.
B.
Kreditkartenkredite,
Leasingkredite
oder
Konsumentenkredite dienen. ABS haben eine Laufzeit von etwa zwei bis zehn
Jahren und werden sowohl am Geldmarkt als revolvierende Daueremission in Form
von Asset Backed Commercial Paper (ABCP) als auch am Kapitalmarkt platziert.
Kennzeichnend für ABS sind die geringeren Volatilitäten in den Ratings und die
höheren Renditen im Vergleich zu Unternehmensanleihen. Die Margendifferenz
24
Vgl. Bloss et al (2008) S. 77
15
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
zwischen ABS und Unternehmensanleihen mit vergleichbarer Laufzeit liegt bei etwa
drei bis vier Prozentpunkten 25.
Bei einer CDO besteht das Underlying aus einem Portfolio eines bestimmten
Fremdkapitalinstruments. Als Underlying können hierbei hochverzinsliche Anleihen
oder besicherte Darlehen wie z.B. MBS dienen. CDO-Emittenten sind zumeist
Investmentbanken, die hochverzinsliche Anleihen oder besicherte Forderungen
erwerben, neu strukturieren und als CDO am Markt platzieren 26. Die Verbriefung
erfolgt – je nach Motivation des Originators - mit den im dritten Kapitel beschriebenen
Verbriefungsarten.
CDOs werden aus Bilanz- oder Arbitrage-Motiven strukturiert. Möchte ein
Finanzinstitut sein regulatorisches Eigenkapital entlasten, so kann es verbriefbare
Forderungen an eine Zweckgesellschaft verkaufen. Arbitrage-CDOs werden
hauptsächlich von Investmentbanken emittiert. Dabei profitiert die Bank von dem
Spread zwischen der Rendite der zugrunde liegenden Assets und den Kapitalkosten
des CDO 27.
5. Absicherungstechniken bei einer Verbriefung
5.1 Der Begriff des Credit Enhancement
Unter dem Begriff Credit Enhancement versteht man alle Mechanismen, die das
Ausfallrisiko für die Investoren einer Tranche verringern. Dadurch werden das Rating
sowie die Marktgängigkeit der Wertpapiere verbessert und die Kapitalkosten
gesenkt 28.
Unterliegen ABS einem Credit Enhancement, so übernehmen Investoren erst das
Ausfallrisiko,
wenn
die
Absicherungsmechanismen
ausgeschöpft
sind.
Die
wissenschaftliche Literatur unterscheidet zwischen externem und internem Credit
Enhancement. Die folgenden Ausführungen beanspruchen keine Vollständigkeit.
Vielmehr sollen die gängigen Absicherungsmethoden erläutert werden, um die
Problematik des Verbriefungsprozesses im Verlauf der Arbeit zu verdeutlichen.
25
Vgl. Bloss et al (2008) S. 73
Vgl. Pech, Matthias (2008) S. 31
27
Vgl. Bloss et al (2008) S. 82
28
Vgl. Schmittat, Johannes E (2007) S. 20f
26
16
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
5.1.1 Externes Credit Enhancement
Unter dem Begriff externes Credit Enhancement versteht man die Absicherung des
Ausfallrisikos durch Dritte. Dies kann durch spezialisierte Versicherungsunternehmen
(Monoliner) oder durch Banken erfolgen. Der Vorteil eines externen Credit
Enhancement liegt darin, dass die Qualität der Besicherung unabhängig von der
Qualität der verbrieften Forderungen ist. Dabei müssen die Sicherungsgeber
höchsten Bonitätsansprüchen genügen, um im Falle einer Abstufung des Ratings
des Sicherungsgebers nicht das Rating der besicherten Wertpapiere zu gefährden.
Typische Instrumente des Credit Enhancement sind Garantien, Versicherungen oder
Liquiditätsfazilitäten 29.
5.1.1.1 Garantien
Garantien werden zumeist von anderen Finanzinstituten, Unternehmen oder
staatlichen Institutionen gegen Entgelt zur Verfügung gestellt. Dabei übernehmen die
Garantiegeber unwiderruflich im Falle von Zahlungsstörungen oder Ausfällen im
Referenzportfolio die entstandenen Verluste bis zu einer bestimmten Höhe. Der
Garantiegeber
verleiht
somit
seine
Bonität
an
den
Garantienehmer.
Ein
Finanzinstitut, Unternehmen oder staatliche Institution besitzt kein Interesse daran,
dass die Garantie eingelöst wird. Daher wird der Garantiegeber grundsätzlich
bedacht sein, Garantien nur auszustellen, wenn diese mit einer sehr hohen
Wahrscheinlichkeit nicht eingelöst werden.
5.1.1.2 Versicherungen/Monoliner
Das Rating einer Emission kann mit Hilfe einer Versicherung verbessert werden.
Dabei
werden
mögliche
Versicherungsunternehmen
Ausfälle
im
besichert.
Referenzportfolio
durch
Ein
Beispiel
bekanntes
spezialisierte
für
ein
Versicherungsunternehmen, welches sich auf Forderungsbesicherung spezialisiert
hat, ist der Versicherungskonzern AIG. Diese Methode ist äquivalent zur Garantie.
Speziell in den letzten Jahren wurde im Verbriefungsmarkt auf das Vehikel der
Versicherung zurückgegriffen, da Garantien durch die verstärkte Nachfrage und die
daraus entstandene Angebotsverknappung sehr teuer geworden sind.
29
Vgl. Bauersfeld, Tanja (2007) S. 99
17
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
5.1.1.3 Liquiditätsfazilitäten
Dieses Instrument wird hauptsächlich bei der revolvierenden Emission von ABCP
eingesetzt. Dabei werden der Zweckgesellschaft entweder Liquiditätslinien durch ein
Finanzinstitut zur Verfügung gestellt, um Schwankungen in den Cashflows des
Referenzportfolios
auszugleichen
oder
das
Finanzinstitut
räumt
der
Zweckgesellschaft eine Platzierungsgarantie ein, um das Liquiditätsrisiko der
Zweckgesellschaft bei einem nicht funktionsfähigen Geldmarkt zu gewähren. Hierbei
wird das Ausfallrisiko des Referenzportfolios nicht übernommen 30.
5.1.2 Internes Credit Enhancement
Internes Credit Enhancement ist der Sammelbegriff für Absicherungsmethoden, die
vom Originator oder einem konzerninternen Unternehmen bereitgestellt werden. Die
Absicherungsmethoden entstehen durch die Strukturierung der Emission. Gängige
interne Absicherungsmethoden sind hierbei die Überbesicherung, die Subordination,
sowie die Excess Spread Methode. In der Praxis werden oftmals verschiedene
interne Credit Enhancement-Techniken kombiniert.
5.1.2.1 Overcollateralization
Eine
weitere
interne
Absicherungsmethode
ist
die
Overcollateralisation
(Übersicherung). Dabei übersteigt der Nominalwert der vom Originator auf die
Zweckgesellschaft übertragenen Forderungen den Nominalwert der emittierten
Wertpapiere. Dadurch besitzt die Zweckgesellschaft einen Puffer, der mögliche
Zahlungsausfälle auffangen kann. Wird der Puffer nicht in Anspruch genommen, geht
dieser nach vollständiger Bedienung der Wertpapiere an den Originator zurück.
Diese Methode wird häufig bei True Sale Verbriefungen angewandt 31.
5.1.2.2 Tranchierung
Die gängigste Form des internen Credit Enhancement ist die Subordination; d.h. die
Unterteilung der Emission in Tranchen 32.
Kennzeichnend für die Subordination ist die Vorrang-Nachrang-Struktur der
Tranchen. Dabei werden in der Praxis drei Tranchenarten unterschieden: Senior
(AAA), Mezzanine (BBB) und Junior (Equity oder First Loss) Tranche.
30
Vgl. Bauersfeld, Tanja (2007) S. 98
Vgl. Bauersfeld, Tanja (2007) S. 98
32
Vgl. Bauersfeld, Tanja (2007) S. 97
31
18
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Abb. 8: Zahlungspriorität nach dem Champagner-Wasserfall-Prinzip
Quelle: PriceWaterhouseCoopers (online)
Senior Tranchen weisen das geringste Ausfallrisiko auf. Durch die Vorrangigkeit
gegenüber den anderen Tranchen werden diese nur ausfallen, wenn die Verluste
aus dem verbrieften Portfolio die Mezzanine und die Junior Tranche übersteigen.
Durch das geringe Risiko besitzen die Senior Tranchen auch die geringste
Verzinsung.
Die
Vorrangigkeit
der
Seniortranche
spiegelt
sich
in
der
Bedienungsmodalität wider. Diese werden unmittelbar nach den Gründungs- und
Verwaltungskosten bedient.
Mezzanine Tranchen sind von der Vorrang-Nachrang-Struktur zwischen der Senior
und der Equity Tranche angesiedelt. Diese besitzen ein mittleres Ausfallrisiko und
eine mittlere Verzinsung. Die Mezzanine Tranche wird erst nach den laufenden
Kosten der Zweckgesellschaft sowie der Bedienung der Senior Tranche bedient.
Die Equity Tranche wird auch als First Loss Tranche bezeichnet. Wie der Name First
Loss impliziert, werden Verluste zu aller erst in dieser Tranche realisiert. Die Equity
Tranche besitzt oftmals kein Rating und ist durch ein hohes Ausfallrisiko
gekennzeichnet. Aufgrund der hohen Ausfallwahrscheinlichkeit sind die Renditen der
Equity Tranche bei der Emission am höchsten 33. Die Bedienung der First Loss
Tranche erfolgt erst nach der Bedienung aller Kosten sowie nach der Bedienung aller
33
Vgl. Bloss et al (2008) S. 70
19
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
anderen Tranchen. Durch die hohe Ausfallwahrscheinlichkeit ist die Equity Tranche
nur schwer am Markt platzierbar und wird oftmals vom Originator übernommen 34.
5.1.2.3 Mehrfachtranchierung
Bei einer Mehrfachtranchierung werden zwischen dem Originator und Investor
mehrere Zweckgesellschaften zwischen geschalten. Die erste Zweckgesellschaft
kauft ein homogenes, besichertes Forderungsportfolio vom Originator auf, strukturiert
dieses und verkauft die ABS-Anleihen an eine zweite Zweckgesellschaft. Die zweite
Zweckgesellschaft kauft zusätzlich andere besicherte Kreditportefeuilles auf,
strukturiert die Wertpapiere neu und platziert diese in Form eines CDOs entweder
am Markt oder in einer weiteren Zweckgesellschaft. Durch die Emission des CDOs
hat die Zweckgesellschaft eine weitere Risikodiversifikation in zwei Dimensionen
erzielt. Einerseits wurde die Diversifikation des Portfolios durch den Zukauf von
verschiedenen Kreditforderungen verbessert. Andererseits wurden Tranchen mit
unterschiedlicher Risikoklassifizierung gemischt 35.
Wird die CDO-Emission in eine weitere Zweckgesellschaft platziert, so wird diese
den Diversifikationseffekt in beiden Dimensionen weiter verbessern.
Abb. 9: Ablauf einer Mehrfachtranchierung
Quelle: Bartmann et al (2009) S. 8
Durch
die
Generierung
Zwischenschaltung
einer
von
zusätzlichen
weiteren
Zinsmarge
Zweckgesellschaften
durch
eine
wird
die
verbesserte
Portfoliodiversifikation sowie der Nutzung von Marktunvollkommenheiten erreicht.
34
35
Vgl. Bauersfeld, Tanja (2007) S. 97
Vgl. Bartmann et al (2009) S. 6
20
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Somit steigt der Spread zwischen den Renditen der zugrunde liegenden
Forderungen und den Kapitalkosten der Investment Grade gerateten Tranchen 36.
Dieser Effekt kann durch eine Fristentransformation verstärkt werden. Zur
Refinanzierung der langfristigen besicherten Kredite werden bei einer normal
verlaufenden
Zinsstrukturkurve
am
Geldmarkt
kurzlaufende
Asset
Backed
Commercial Papers revolvierend emittiert. Hierbei besitzt die Zweckgesellschaft
aufgrund der revolvierenden Emission ein ständiges Liquiditätsrisiko. Um dennoch
ein gutes Rating für die Platzierung der ABCP am Kapitalmarkt zu generieren,
benötigt die Zweckgesellschaft externe Liquiditätslinien. 37
Anstelle von externen Liquiditätslinien können die ABCPs mit so genannten
Marktwerttriggern ausgestattet sein. Fällt dabei das Rating oder der Nominalwert des
Referenzportfolios unter eine vorher bestimmte Schwelle, so muss die revolvierende
Emission von ABCP am Geldmarkt in eine Emission einer ABS-Anleihe am
Kapitalmarkt umgewandelt werden. Dies dient vor allem zum Schutz der Senior
Tranche - Investoren 38.
5.1.2.4 Excess Spread
Eine andere Möglichkeit der Absicherung ist der Excess Spread. Der Excess Spread
ist definiert als die Differenz zwischen den erhaltenen Zinszahlungen aus dem
Forderungspool und den Zinszahlungen an die Investoren 39. Mit Hilfe eines Excess
Spread
Kontos
können mögliche
Zahlungsausfälle bzw.
Zahlungsstörungen
innerhalb des Forderungspools aufgefangen werden. Das Konto wird bis zu einem
Mindestbetrag aufgefüllt. Treten Zahlungsstörungen im Referenzportfolio auf, werden
die Zinszahlungen an die Investoren aus dem Konto getätigt. Anschließend wird das
Excess Spread Konto wieder bis zu dem Mindestbetrag aufgefüllt. Erträge, die über
den Mindestbetrag hinausgehen, fließen direkt an den Originator zurück 40.
36
Vgl. Bartmann et al (2008) S. 8
Vgl. Bartmann et al (2008) S. 9
38
Vgl. Bartmann et al (2008) S. 9
39
Vgl. Slabke, Gina (2008) S. 33
40
Vgl. Emse, Cordula (2005) S. 65
37
21
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
6. Vorteile von ABS Investments
Der Vorteil eines Investments in ABS Produkte liegt in ihrer flexiblen Ausgestaltung.
Je nach Risikoneigung des Investors kann ein maßgeschneidertes Rendite-RisikoProfil erstellt werden. Dies erfolgt über Vorrang-Nachrang-Tranchen bei der
Emission. Zusätzlich kann der Investor bzw. das SPV die schon besicherten
Forderungen bei Monolinern versichern lassen. Dadurch verbessert sich das Rating
und die Ratingstabilität des Produktes und man erzielt ein besseres Rendite-RisikoProfil im Vergleich zu einer Investition in eine Unternehmensanleihe. Des Weiteren
investiert der Investor in ein breit gestreutes Portfolio; d.h. der Investor muss nicht
selbständig Diversifikationsentscheidungen treffen. ABS weisen zudem nur eine
geringe Korrelation mit anderen herkömmlichen Assetklassen auf 41.
7. Vorteile für den Originator
Für den Kreditgeber ergeben sich mehrere Vorteile. Der Originator entlastet durch
eine Verbriefung sein Eigenkapital. Das Portfolio wird an ein SPV regresslos verkauft
und somit aus der Bilanz des Originators genommen.
Ein weiterer Grund betrifft die Refinanzierung des Originators. Mit Hilfe einer
Verbriefung verschafft sich der Originator neue Liquidität, die der Liquidität des
Marktes entspricht 42. Somit kann sich ein Kreditinstitut bzw. ein Unternehmen durch
den Verkauf von besicherten Forderungen am Geld- bzw. Kapitalmarkt refinanzieren.
Diese Finanzierungsform ist oftmals billiger als die herkömmliche Kreditfinanzierung
und unterliegt nicht der notwendigen Veröffentlichung von Unternehmensdaten wie
z.B. bei Corporate Bonds 43. Durch die frei gewordenen Liquiditätslinien kann das
Finanzinstitut verstärkt Neugeschäfte eingehen.
Des Weiteren hat der Originator die Möglichkeit, stabile Erträge durch die
Generierung von Abschlussprovisionen und Beratungshonoraren zu generieren.
41
Vgl. Siegel, Claudius (2006) online
Vgl. Bloss, et al (2008) S. 71
43
Vgl. PriceWaterhouseCoopers (online)
42
22
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
8. Entwicklung des Marktes für ABS Produkte
Der Markt für Verbriefungen hat sich weltweit sehr unterschiedlich entwickelt. Der
europäische Verbriefungsmarkt besitzt bei weitem nicht das Emissionsvolumen
sowie den Entwicklungsstand des amerikanischen Marktes. Um die Ursache der
Subprimekrise zu analysieren, wird im folgenden Kapitel der Schwerpunkt auf den
amerikanischen Verbriefungsmarkt gelegt.
Der
Markt
für
strukturierte
Produkte
ist
gekennzeichnet
durch
enorme
Wachstumsraten. Allein zwischen 1995 und 2005 hat sich das Emissionsvolumen
von ABS in den USA etwa verachtfacht (siehe Abbildung 10). Das Volumen stieg von
ca. US-$ 100 Mrd. im Jahre 1995 auf knapp US-$ 800 Mrd. im Jahr 2005. Dabei trug
besonders die Verbriefung von Hypothekenkrediten in den Jahren 2000 bis 2005 zu
dieser enormen Dynamik der Asset backed Securities bei. Der Hauptgrund für das
starke Wachstum des MBS-Marktes zwischen 2001 und 2005 war das Versprechen
hoher Renditen bei geringem Risiko. Die Niedrigzinspolitik des FED nach Platzen der
Dot-Com-Blase erhöhte die Liquidität im Markt und führte zu einem Anlagedruck,
welcher das Wachstum der Hypothekenkredite enorm begünstigte.
Abb. 10: Aufteilung des jährlichen Emissionsvolumens von Asset backed
Securities in den vereinigten Staaten
Quelle: Claus Tigges (2007) aus der FAZ vom 14.03.2007 Nr. 62
Durch die bereits beschriebene steigende Anzahl der Kreditausfälle kam es Anfang
2007 zu einer Risikoneubewertung des Kreditgeschäfts. Im Juli 2007 werden zwei
23
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Hedge
Fonds
der
Investmentbank
Bear
Stearns
aufgrund
von
massiven
Abschreibungen durch Investments in Subprimekrediten geschlossen. Die Folge
waren massive Ratingkorrekturen für MBS und CDOs 44.
Abb. 11: Kursverluste am Beispiel eines ABS-Index zwischen Januar 2007 und
Januar 2009
Quelle: Bartmann et al (2009) S. 18
Die obere Kurve beschreibt die Kursentwicklung von Senior Tranchen. Zwischen Juli
2007 und Januar 2009 verloren diese cirka 60 % ihres Wertes. Der untere Graph
spiegelt die Entwicklung der Mezzanine Tranchen wider. Der Kursverlust beträgt
hierbei etwa 95 %.
Diese massiven Einbrüche sind in diesem Ausmaß rational nicht zu erklären.
Vielmehr müssen weitere Faktoren eine Rolle spielen. Die Ursachen dieser
Einbrüche werden im nächsten Kapitel ausführlich beleuchtet.
9. Erörterung der Gründe für die enormen Einbrüche am ABS-Markt
9.1. Informationsasymmetrie zwischen Originator und Investor
Eine Informationsasymmetrie zwischen Originator und Investor existiert bei der
Bewertung der Qualität der den ABS zugrunde liegenden besicherten Kredite. Dieser
Effekt wird speziell bei CDOs noch verstärkt. Der Originator besitzt durch die
Bonitätsprüfung der Kreditnehmer ein größeres Wissen über das zugrunde liegende
Referenzportfolio als der Investor. Der Investor dagegen besitzt bei Investitionen in
CDOs kaum eine Möglichkeit, die Qualität der zugrunde liegenden Underlyings zu
überprüfen. 45
44
45
Vgl. Bartmann et al (2009) S. 18
Vgl. Voigtländer/Jäger (2008) aus HSH Nordbank Real Estate Finance 02/08
24
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Der Originator nutzt dabei gezielt diese Marktunvollkommenheit aus. Unter der
Annahme eines vollkommenen Kapitalmarktes entsprechen die Zinszahlungen aus
dem Referenzportfolio den Zinszahlungen der ABS-Investoren, da das Risiko der
ABS-Emission genau dem Risiko des Referenzportfolios entspricht. In der Praxis
konnten jedoch durch Ausnutzung der Informationsasymmetrie Beratungshonorare,
Gebühren sowie die Gründung und laufenden Kosten der Zweckgesellschaft aus der
Differenz zwischen den Zinszahlungen aus dem Referenzportfolio und den
Zinszahlungen an die ABS-Investoren finanziert werden 46.
Des Weiteren ist die Frage, ob die Investoren dies billigend in Kauf genommen
haben oder die Immobilienpreisentwicklung zu positiv eingeschätzt haben 47.
9.2 Kreditvergabestandards und deren Auswirkung auf strukturierte Produkte
Im Jahr 2006 betrug der Anteil der Subprime-Kredite etwa 40 % der variablen und
der reinen Zinsdarlehen. In der Vergangenheit lag der durchschnittliche Anteil der
Subprime-Kredite am Hypothekenmarkt bei cirka 10-12% 48. An dieser Entwicklung
erkennt man deutlich die gelockerten Kreditvergabestandards amerikanischer
Finanzinstitute. Die Banken lockerten die Kreditvergabestandards für zweitklassige
Kreditnehmer
aufgrund
gestiegener
Immobilienpreise.
Die
Annahme
der
Kreditinstitute bestand darin, dass die steigenden Immobilienpreise das Ausfallrisiko
der zweitklassigen Kreditnehmer (über-)kompensieren.
Um dieses Neugeschäft zu finanzieren, haben sich speziell Kreditinstitute am
Verbriefungsmarkt engagiert. Dies erkennt man deutlich in Abbildung 10. Das
jährliche Volumen der Verbriefungen von Hypothekenkrediten stieg zwischen 2000
und 2005 von etwa US-$ 50 Mrd. auf cirka US-$ 550 Mrd.
Das
System
funktionierte
nur
unter
den
Bedingungen
der
steigenden
Immobilienpreise und niedrigen Zinsen. Vermehrte Ausfälle von Kreditnehmern
aufgrund steigender Zinsen, die daraus resultierenden Zwangsversteigerungen von
Häusern und die rückläufigen Immobilienpreise in den USA, führten zu Verlusten in
den Referenzportefeuilles der ABS-Investoren. Die Ratingagenturen stuften im Zuge
dieser Entwicklung auf dem amerikanischen Hypothekenmarkt die Ratings vieler
ABS herunter. Dadurch kam es zu verstärkten Verkäufen von MBS. Zusätzlich
konnten sich die Zweckgesellschaften nun nicht mehr über die revolvierende
46
Vgl. Bartmann et al (2009) S. 10
Vgl. Voigtländer/Jäger (2008) aus HSH Nordbank Real Estate Finance 02/08
48
Vgl. Wagner, Victoria (2007) aus FAZ vom 15.03.2007
47
25
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Emission von ABCPs am Geldmarkt refinanzieren. Aufgrund dessen mussten die
Zweckgesellschaften externe Liquiditätsfazilitäten in Anspruch nehmen, wodurch
wiederum die Bilanzen der sicherungsgebenden Institute belastet wurden.
9.3 Strukturen von Collateralized Debt Obligations
Eine nicht zu unterschätzende Problematik liegt in der Struktur von CDOs. CDOs
basieren auf Investments in verschiedene Referenzportfolien bzw. in Wertpapiere,
die in verschiedene Referenzportfolien investiert sind. Somit lässt sich aus einer
begrenzten Anzahl von Referenzportefeuilles eine Vielzahl von verschiedenen CDOs
kreieren, die verschiedene Rendite-Risiko-Profile aufweisen. Fällt eine Vielzahl von
Forderungen in einem Referenzportfolio aus, so wird die Ausfallwahrscheinlichkeit
von strukturierten Produkten steigen, die direkt oder indirekt in dieses Portfolio
investiert sind. 49.
Die steigenden Kreditausfälle im Hypothekenbereich hatten nicht nur Auswirkungen
auf den MBS-Sektor. Auch der CDO-Sektor kam durch die Ausfälle im
Hypothekensektor unter Druck.
Aufgrund der Finanzkrise ist die Berechenbarkeit und Transparenz strukturierter
Produkte verstärkt hinterfragt worden. Jedoch haben Studien bereits vor der Krise
deutlich gemacht, welche Auswirkungen Veränderungen der Risiken im Zeitablauf
auf eine CDO-Emission besitzen. Änderungen in den makroökonomischen Faktoren
oder Ausfälle in der Verlusthierarchie bewirken bei einem CDO, dass sich das
Risikoprofil über alle nachfolgenden Tranchen verschiebt. Durch die Verschiebung
des Risikoprofils verändert sich auch die Korrelation zwischen einem CDO und
anderen Finanzinstrumenten 50. „So ist zwar die Wirkung des Subordinations- oder
Wasserfallprinzips beim Verlustübergang im Prinzip bekannt, der konkrete Umfang
der Risiken bei einer Verschiebung der Verlustverteilung des ursprünglichen
Kreditportfolios aufgrund makroökonomischer Einflüsse aber nur schwer darstellbar
und kommunizierbar“ 51.
49
Vgl. Bartmann et al (2009) S. 12
Vgl Rudolph B. (2008) aus zfbf S.720
51
Rudolph B. (2008) aus zfbf S.720
50
26
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
9.4 Vertrauenskrise im Markt für strukturierte Produkte
Durch
die
verstärkten
Ausfälle
im
MBS-
und
CDO-Sektor
begann
eine
Abwärtsspirale, die sich auch auf die restlichen ABS-Sektoren ausgedehnt hat.
Investoren trieb die Sorge, dass sich die Subprime Krise auf andere Kreditbereiche
ausdehnt. Dabei lag der Fokus besonders auf den Verbriefungssektoren Kreditkarten
und Automobil. Auch in diesen Sektoren kam es in dem Abwärtssog zu
Ratinganpassungen und massiven Verkäufen. Die komplexen Strukturen der CDOs
verstärkten zusätzlich das Misstrauen der Investoren in den ABS-Markt. Ausfallraten
der zugrunde liegenden Referenzportefeuilles und die Qualität der Emission sind bei
CDO-Konstrukten nur schwer nachvollziehbar. Somit weitete sich das Misstrauen
auch auf diejenigen Papiere aus, die mit soliden Krediten unterlegt sind 52.
Die Vertrauenskrise breitete sich weiter auf die am Geldmarkt revolvierend
emittierten ABCPs aus. Die ABCPs konnten nicht mehr am Markt platziert werden
und die Zweckgesellschaften waren gezwungen Liquiditätslinien in Anspruch zu
nehmen.
10 Zusammenfassung
Die Idee der Verbriefung ist elementar für die Verbesserung der Risikotragfähigkeit
des internationalen Finanzsystems. Die Eigenkapitalausstattungen der Banken
reichen nicht aus, um die Versorgung mit Kreditkapital sicherzustellen 53. Die
Verbriefung ermöglicht den Banken, die Kreditrisiken nicht bis zur Endfälligkeit zu
tragen, sondern an diejenigen Marktteilnehmer zu übertragen, die die besseren
Vorraussetzungen zur Risikotragfähigkeit mitbringen. Die Vielseitigkeit von ABS
ermöglicht eine individuelle Ausgestaltung von Rendite-Risiko-Profilen, die eine
Vielzahl von Investoren anspricht. Dadurch ergibt sich eine Win-Win-Situation
zwischen Originator und Investor.
Die jüngsten Verwerfungen am Markt für ABS sind die Folge von intransparenten
Produktentwicklungen, Informationsdisparität zwischen Originator und Investor sowie
überhöhter Nachfrage nach ABS i. w. S.
Des Weiteren werden Defizite im Portfolio- und Risikomanagement der Investoren
als auch technische Mängel im Risikomanagement der Banken als eine Ursache der
Finanzkrise
52
53
beschrieben.
Aufgrund
fehlerhafter
Einschätzungen
der
Vgl. Bartmann et al (2009) S. 17
Vgl. Voigtländer/Jäger (2008) aus HSH Nordbank Real Estate Finance 02/08
27
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Ausfallkorrelationen sind bei Banken Verluste in den Super Senior Tranchen
aufgetreten 54. „Schätzungen des Risikos einer Tranche reagieren nämlich sehr stark
auf Änderungen der Ausfallkorrelationen der Schuldner im Kreditpool. […] Die
wirkliche Komplexität der Kreditportfolio-Tranchierung liegt nach Ansicht von
Gisdakis (2008) weniger in der mathematischen Modellierung (Modellrisiko) als in der
Schätzung der Parameter und in der ökonomischen Interpretation der Ergebnisse.“ 55
Die Rolle der Aufsicht, das Scheitern der Ratingagenturen sowie mögliche
Veränderungen auf dem Verbriefungsmarkt werden in den nächsten Kapiteln
ausführlich diskutiert.
Unabhängig von Änderungen in den Regularien eines Verbriefungsprozesses
werden die Investoren in Zukunft verstärkt einfache, standardisierte Produkte im
ABS-Segment nachfragen. Auch werden die Investoren in Zukunft ein Monitoring der
Risiken bzw. der Entwicklung der Underlyings durch den Originator einfordern 56.
Dieser Trend am ABS-Markt wird auf den Markt selbst heilend wirken. Verstärkte
Transparenz und einfache, standardisierte Produkte werden die existierenden
Informationsasymmetrien auflösen.
Die Rolle der Ratingagenturen
1. Die Rolle der Ratingagenturen im internationalen Finanzsystem
Risikoeinschätzungen haben in den letzten drei Jahrzehnten enorm an Bedeutung
gewonnen.
Strukturelle
Internationalisierung
und
der
Geld-
qualitative
und
Verbesserung
Kapitalmärkte,
der
das
Finanzmärkte,
Ausweichen
von
Unternehmen auf alternative Kreditquellen sowie ein Anstieg der Emissionen auf
dem Verbriefungsmarkt haben die Bedeutung der Rating-Agenturen gestärkt 57. Die
Ratingagenturen besitzen eine einflussreiche Position an den Kapitalmärkten.
Niemand anders als die Ratingagenturen bestimmen die Qualität eines Investments,
die von Aufsichtsbehörden für Finanzinstitute vorgegeben werden 58.
Der Markt für Kredit-Ratings wird von den großen drei Rating-Agenturen Moody’s,
Standard and Poor’s sowie Fitch dominiert. Zusammen halten sie einen weltweiten
Marktanteil von etwa 93 % 59.
54
Rudolph B. (2008) aus zfbf S.727
Rudolph B. (2008) aus zfbf S.727
56
Vgl. Voigtländer/Jäger (2008) aus HSH Nordbank Real Estate Finance 02/08
57
Vgl. Bloss et al (2008), S. 88
58
Vgl. Bloss et al (2008) S. 91
59
Vgl. Synes, Ernst (2008) aus Handelszeitung Online vom 24.06.2008
55
28
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Die Aufgabe der Rating-Agenturen liegt darin, Informationsasymmetrien zwischen
Emittent und Investor aufzuheben, um die Transparenz der Finanzmärkte zu
verbessern 60. Dabei untersuchen die Agenturen das Kreditrisiko von Unternehmen
oder Regierungen, die sich am Geld- oder Kapitalmarkt als Emittenten auftreten.
Sowohl der Emittent als auch der Investor profitiert von einem Rating. Der Emittent
kann durch ein Rating seine Kapitalkosten senken, da der Anreiz für die Investoren
steigt, sein Wertpapier zu erwerben. Der Investor erhält durch das Rating eine
Einschätzung über das Kreditrisiko des Emittenten 61.
Die Regulierung der Ratingagenturen erfolgt bisher ausschließlich auf dem Prinzip
der Selbstregulierung innerhalb eines von der International Organisation of Securities
Comission (IOSCO) vorgegebenen Rahmens 62. Der Verhaltenskodex „Statement of
Principles for the Activities of Rating Agencies“ wurde im Jahr 2003 veröffentlicht mit
den Zielen, Interessenskonflikte zu eliminieren sowie die analytische Unabhängigkeit
der Ratingagenturen zu schützen 63.
In Europa übernimmt das Committee of European Securities Regulators (CESR) die
Überwachung
der
Ratingagenturen
auf
Basis
des
Verhaltenskodex.
Sind
Ratingagenturen am Markt für strukturierte Produkte aktiv, so werden sie in Europa
als External Credit Assessment Institutions (ECAI) bezeichnet und unterliegen
zusätzlich einer Prüfung durch eine Bankenaufsichtsbehörde. In den USA
unterliegen
die
Ratingagenturen
der
amerikanischen
Börsenaufsicht
(SEC).
Ratingagenturen, die am Markt für strukturierte Produkte operieren, werden als
National Recognized Statistical Rating Organizations (NRSRO) bezeichnet und
werden zusätzlich durch die SEC auf die Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit der
Ratings überprüft 64.
60
Vgl. Flach, Jochen (2008) online
Vgl. Bloss et al (2008) S. 88
62
Vgl. Brabänder, Bernd (2008) aus Die Bank (online)
63
Vgl. Bloss et al (2008) S. 93
64
Vgl. Brabänder, Bernd (2008) aus Die Bank (online)
61
29
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
2. Ratingagenturen – ein verstärkender Faktor der Subprime-Krise?
Die Subprime-Krise ist nicht von einem auf den anderen Tag entstanden, sondern
entsprach einer „Krise mit Ansage“ 65. Die Kreditausfälle im zweitklassigen
Hypothekensektor stiegen bereits im vierten Quartal 2006 deutlich an. Dennoch
haben die Ratingagenturen erst im Juli 2007 Ratings von mehreren MBS und CDOs
herabgestuft 66. Die Herabstufung erfolgte hierbei gleich um mehrere Kategorien.
Dies war keineswegs die Ursache für die starken Verwerfungen am Markt für
strukturierte Produkte. Jedoch war dies ein Krisensignal an die Investoren, was
starke Kursverluste am ABS-Markt auslöste. Aufgrund dieser Fehleinschätzung der
Risiken aller großen Ratingagenturen sowie die mangelnde Reaktion auf die
veränderten Umweltbedingungen stehen die Ratingagenturen in der Kritik 67.
Die Ratingagenturen besitzen speziell im Verbriefungssektor eine herausragende
Stellung. Die Kosten einer Analyse eines Emittenten oder der Underlyings einer
Emission sind sowohl für den Emittent als auch für den Investor sehr hoch. Daher
wird die Komplettanalyse einem neutralen, objektiven Dritten überlassen. Diese
Funktion haben die Ratingagenturen übernommen 68. Speziell bei den komplexen
CDO-Konstrukten mussten sich die Investoren auf die Risikoeinstufung der
Ratingagenturen verlassen.
Die
veränderten
Kreditvergabestandards
sowie
die
geänderten
Bedienungsmodalitäten von Hypothekenkrediten machten es für die Ratingagenturen
schwierig, die Risiken der RMBS und CDOs zu quantifizieren 69. Der starke Anstieg
der
Kreditvergabe
Kreditausfallrisiken.
im
Subprime-Segment
Dieses
Risiko
wurde
führte
von
zu
den
einem
Anstieg
der
Ratingagenturen
und
Marktakteuren nicht bzw. sehr spät erkannt. Es stellt sich zudem die Frage, ob die
systematischen Risiken ausreichend in den Modellen der Ratingagenturen
berücksichtigt wurden.
Besonders
das
erhöhte
Ausfallrisiko
bei
mehrstufigen
Verbriefungen,
die
Verschiebung zu den AAA-Tranchen, wurde nicht erkannt.
Ratingagenturen bestimmen das Kreditausfallrisiko auf Basis historischer Daten
sowie der Korrelation der zugrunde liegenden Portfoliotitel. Jedoch ist die
65
Vgl. Brabänder, Bernd (2008) aus Die Bank (online)
Vgl. Pfab, Harald R. (2008) online
67
Vgl. Brabänder, Bernd (2008) aus Die Bank (online)
68
Vgl. Brabänder, Bernd (2008) aus Die Bank (online)
69
Vgl. Bloss et al (2008) S. 98
66
30
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Datenhistorie im Verbriefungsmarkt relativ jung und war für die Berechnung des
Risikos nicht ausreichend 70.
Des Weiteren stehen die Ratingagenturen vor Interessenskonflikten. Hierbei ist
besonders
die
Ratingagenturen
neue
haben
Geschäftsinitiative
den
Emittenten
der
Ratingagenturen
verstärkt
zu
nennen.
Beratungsdienstleistungen
angeboten. Dabei haben sie die Emittenten aktiv bei der Strukturierung von CDOs
unterstützt, Sicherheiten definiert sowie den Tranchen angemessene Renditen
zugeordnet. Faktisch bekamen die Banken eine Anleitung, wie sie die einzelnen
Tranchen zu gestalten hatten, um ein bestimmtes Rating zu erzielen. Diese
Entwicklung ist sehr kritisch zu betrachten. Es ist zweifelhaft, ob Ratingagenturen
sowohl die Strukturierung der Emission als auch die Bewertung der Emission
vornehmen dürfen 71. Die Objektivität der Ratingagentur kann in solchen Fällen mit
Recht in Frage gestellt werden. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage,
weshalb
die
Ratingagenturen
das
Liquiditätsrisiko,
aufgrund
der
Fristentransformation, der Zweckgesellschaften nicht ausreichend, trotz vermuteter
Kenntnis aus Beratungstätigkeiten, berücksichtigt haben 72.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die verstärkte Nutzung von Ratings für aufsichtrechtliche
Zwecke. Hierbei entsteht eine starke Abhängigkeit der Kontrolleure von der Qualität
der Ratingagenturen 73. Verschärft wird diese Abhängigkeit durch die Tatsache, dass
auf dem Markt für Ratings nur ein geringer Wettbewerb herrscht. Dies stärkt sowohl
die wirtschaftliche als auch politische Macht des Rating-Oligopols. Speziell in den
USA haben die NRSROs damit gedroht, Ratings von bestimmten Wertpapieren
aufgrund von Änderungen in der Gesetzgebung zu senken (Georgia Fair Lending
Act) 74.
70
Vgl. Pfab, Harald R. (2008) online
Vgl. Bloss et al (2008) S. 100
72
Vgl. Brabänder, Bernd (2008) aus Die Bank (online)
73
Vgl. Brabänder, Bernd (2008) aus Die Bank (online)
74
Vgl. Bloss et al (2008) S. 101
71
31
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
3. Handlungsempfehlungen
Ratingagenturen sollten schon aus Eigeninteresse versuchen, Zweifel an den
Ratings sowie deren Zustandekommen zu beseitigen. Etwa 50 % der Erträge der
Ratingagenturen stammen aus der Ermittlung von Ratings für strukturierte Produkte.
Diese Erträge sind in den letzten Monaten massiv eingebrochen. Daher werden auch
Ratingagenturen verstärkt an der Transparenz des Verbriefungsmarktes arbeiten.
Sinnvoll ist dabei, qualitative sowie makroökonomische Faktoren stärker in den
Modellen zu berücksichtigen 75.
Investoren
sollten
zukünftig
ihre
Investitionsentscheidungen
nicht
mehr
ausschließlich auf Basis von externen Ratings treffen 76. Das blinde Vertrauen der
Investoren auf die Risikoeinschätzung von Ratingagenturen hat sich im Nachhinein
als Fehler erwiesen.
Für Ratingagenturen sollte, ebenso wie dies bereits bei Wirtschaftsprüfern und
Unternehmensberatungen der Fall ist, eine strikte Trennung von Beratungs- und
Ratingaufträgen
vorgeschrieben
werden.
Diese
Maßnahme
beugt
einem
Interessenkonflikt der Akteure vor 77.
Das kontinuierliche Monitoring der gerateten Wertpapiere kann als Element in den
Verhaltenskodex integriert werden. Dadurch werden die aktuellen Risiken besser
reflektiert sowie Veränderungen der Umweltbedingungen früher erkannt 78.
Um die wirtschaftliche und politische Macht der momentan geschwächten
Ratingagenturen zu reduzieren, muss der Wettbewerb auf dem Markt der
Ratinganbieter forciert werden 79. Aufgrund der starken Wettbewerbsposition der
großen drei Ratingagenturen ist dieses Ziel jedoch kurz- bis mittelfristig schwer zu
erreichen.
75
Vgl. Bundesverband Deutscher Banken (2008) S. 63
Vgl. Bloss et al (2008) S. 108
77
Vgl. Bundesverband Deutscher Banken (2008) S. 65
78
Vgl. Bloss et al (2008) S. 107
79
Vgl. Bloss et al (2008) S. 100
76
32
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Konsequenzen für die Bankaufsicht
Sollte der Aktivismus der Regierungen bei der Auflegung von Konjunkturpaketen mit
einer Ausweitung der Regulierung der Finanzmärkte einhergehen? Professor
Thomas Hartmann-Wendels, Direktor des Forschungsinstituts für Leasing an der
Universität zu Köln, hat darauf eine klare Antwort: „Die Subprime-Krise sollte kein
Anlass sein, neue oder umfangreichere Vorschriften zu erlassen. Schwächen in der
Bankenaufsicht liegen nicht an einem Mangel an Vorschriften, vielmehr fühlen sich
die von der Anwendung dieser Vorschriften Betroffenen häufig überfordert. Es macht
auch wenig Sinn, weitere Finanzintermediäre einer Regulierung zu unterwerfen.
Objekte der Bankenaufsicht müssen vielmehr die Banken bleiben, welche diese mit
Kapital versorgen.“
80
Allerdings werden anhand der aktuellen Geschehnisse Schwächen des Systems
deutlich. Das wohl größte Problem bestand in der Möglichkeit unter der bis vor
kurzen geltenden Basel I Vorschrift Regulierungsarbitrage zu betreiben. Nach den
alten Vorschriften brauchten Kreditzusagen mit einer Laufzeit bis zu einem Jahr nicht
mit Eigenmitteln hinterlegt werden. Praktisch konnten so große Risiken angehäuft
werden, die das Eigenkapital der Banken faktisch kaum oder gar nicht belasteten.
Die seit Ende 2006 geltenden Rahmenvereinbarungen von Basel II legen bereits
wesentlich strengere Maßstäbe an. „Nach den neuen Vorschriften können durch
Asset Backed Transaktionen Eigenmittel nur in dem Maße eingespart werden, in
dem mit den Kreditvolumina auch deren Ausfallrisiken veräußert werden. Insofern
schließen die neuen Vorschriften eine wichtige Lücke.“81 Eine Anreizverzerrung gab
es zudem dadurch, dass häufig die Equity-Tranche der Verbriefungen ebenfalls
veräußert wurde.
Angesichts der Tatsache, dass die internationalen Verflechtungen immer größer
werden, Bankengeschäft durch Tochtergesellschaften oder Niederlassungen in
bedeutendem Umfang im Ausland abgewickelt wird und sich auch regionale
Kreditinstitute, die nicht immer über entsprechende Expertise verfügen, sehr einfach
durch
Kreditvermittlung
und
–handel,
Derivate,
Swaps,
Verbriefungen
und
strukturierte Produkte grenzüberschreitend engagieren können, wird schnell die
Dynamik der internationalen Finanzmärkte deutlich. Ebenso lässt sich hieraus ein
politischer Handlungsbedarf ableiten.
80
81
Hartmann-Wendels, Thomas aus FLF 06/2008
Hartmann-Wendels, Thomas aus FLF 06/2008
33
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
1. Aufsichtsrechtliche Implikationen
1.1 Internationale Aufsichtsbehörde vs. Nationale Regulierungen
„Wie bereits dargelegt, ist die Bedeutung grenzüberschreitend tätiger Bankkonzerne
erheblich gestiegen, und es ist davon auszugehen, dass sie noch weiter zunehmen
wird. Konzerngesellschaften sind auf Grund rechtlicher Vorschriften, Garantie- und
Patronatserklärungen sowie durch gemeinsamen Marktauftritt und gemeinsame
Reputation eng miteinander verflochten.“ 82 Bei internationalen Unternehmen ist das
Risikomanagement üblicherweise vereinheitlicht und zentralisiert. Entgegen dieser
Betrachtung auf Gruppenebene folgt die Aufsicht jedoch einem anderen Ansatz.
Über
den
konsolidierten
Jahresabschluss
erfolgt
zwar
die
Aufsicht
auf
Gruppenebene, jedoch unterliegen „internationale Bankengruppen sowohl der
Aufsicht
ihres
Sitzlandes
als
auch
der
Aufsicht
der
Gastländer
ihrer
Tochtergesellschaften“ 83. Die Deutsche Bundesbank stellt hierzu offen fest, dass
diese Praxis „sowohl auf Seiten der Bankengruppe als auch auf Seiten der
Bankenaufsicht zu Doppelarbeit“ 84 führt. Zusätzlich belastend wirkt die Tatsache,
dass europäische Richtlinien nicht von allen Mitgliedstaaten gleich schnell und gleich
stringent umgesetzt werden, wodurch die Anforderungen in den einzelnen Ländern
teilweise erheblich divergieren. Außerdem wird die Wettbewerbssituation dadurch
verschärft, dass ausländische Konkurrenten teilweise wiederum ganz anderen
Vorschriften unterliegen. Den Prinzipien der Europäischen Union (EU), den
Binnenmarkt zu vereinheitlichen und die Wettbewerbssituation so zu gestalten, dass
alle Teilnehmer gleich behandelt werden, wird somit nicht entsprochen.
„Wie können also die aus der Kombination von unzureichender Harmonisierung des
EU-Aufsichtsrechts und Parallelität von Solo- und Gruppenaufsicht resultierenden
Probleme gelöst werden? Im Kern geht es darum, dass bei grenzüberschreitenden
Bankengruppen dem „Risikomanagement aus einer Hand“ auch eine „Aufsicht aus
einer Hand“ zur Seite gestellt wird.“ 85
Eine mögliche Variante wäre die eines „Lead Supervisors“. Hierbei würde die
Aufsichtsbehörde, in der der entsprechende Konzern seinen Firmensitz hat, die
Aufsicht des
gesamten
Konzerns, inklusive
der Tochtergesellschaften
und
verbundenen Unternehmen in anderen (EU-) Staaten übernehmen. Um eine
82
Massenberg, H.-J. aus Die Bank 06/2008
Bundesbank (2008) online
84
Bundesbank (2008) online
85
Massenberg, H.-J. aus Die Bank 6/2008
83
34
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Ungleichbehandlung je nach Heimatland auszuschließen, ist eine weitergehende
Angleichung der europäischen Richtlinien zwingend notwendig. Jedoch sind
Widerstände
auf
politischer
Ebene
zu
befürchten,
da
die
nationalen
Aufsichtsbehörden entsprechende Kompetenzen abgeben müssten. Dies könnte
durch entsprechende Kooperationen auf verschiedenen Ebenen abgemildert werden.
Letztlich jedoch kann nur eine einheitliche europäische Aufsichtsbehörde der immer
weiter fortschreitenden internationalen Verflechtung und der Idee des echten
einheitlichen Binnenmarktes Rechnung tragen. Auch hierfür ist die Harmonisierung
der Vorschriften zwingend. Wesentliche Vorteile der Realisierung einer einheitlichen
Aufsichtsbehörde
können
in
einer
erhöhten
Wettbewerbsgleichheit
von
in
unterschiedlichen Ländern domizilierten Konzernen und andererseits einer größeren
Durchsetzungskraft der Behörde gegenüber anderen Einflussgruppen gesehen
werden. 86
Es bleibt anzumerken, dass die Möglichkeit der erfolgreichen Einführung einer
einheitlichen
europäischen
Regulierungsbehörde
von
zwei
wesentlichen
Voraussetzungen abhängt. Einerseits bedarf es eines nachhaltigen politischen
Willens auf europäischer Ebene. Nur so können die entsprechenden rechtlichen
Rahmenbedingungen geschaffen werden. Auch muss der eigentliche Anstoß von der
Politik kommen, da die einzelnen Regulierungsbehörden auf Grund der zu
erwartenden
Kompetenzenabgabe
entsprechend
zurückhaltend
agieren.
Andererseits müssen parallel die Bestrebungen internationaler Kooperationen und
vereinheitlichter Regelungen mit anderen führenden Wirtschaftsräumen in den USA
und Asien nachhaltig verstärkt werden.
1.2 Qualitative Aufsicht
Den Schwächen von Basel I wurde mit einer Erweiterung in Form von Basel II
reagiert. Basel II zeichnet sich durch noch genauere und detaillierte Regelungen aus,
die zudem mehr Bereiche umfasst als der Vorgänger. Insgesamt wird also versucht,
mit immer umfangreicheren Regelungen quantitative Standards zu setzen, die von
allen Marktteilnehmern eingehalten werden müssen. Dies ist in vielerlei Sicht
problematisch.
Ein solches Regelwerk ist sehr komplex, wodurch seine Anwendung sowohl auf
Banken- als auch auf Aufsichtsseite nennenswerte Ressourcen bindet. In Hinblick
86
Massenberg, H.-J. aus Die Bank 6/2008
35
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
auf die bereits angesprochene Mehrfach-Beaufsichtigung einiger Institute kann mit
einer erheblichen Belastung gerechnet werden.
Zudem steigt bei solch komplexen Regelwerken die Gefahr der Überregulierung. Des
Weiteren wird auch mit sehr komplexen aber starren quantitativen Regeln nicht der
Dynamik des Marktes Rechnung getragen. Vielmehr werden Ressourcen für Risiken
gebunden, die nicht mehr als wesentlich angesehen werden. Hierdurch wird das
Management von wesentlichen Risiken eingeschränkt. Darüber hinaus besteht die
Möglichkeit, dass an anderer Stelle relevante Risiken von den Detailnormen nicht
erfasst werden, die folglich von der Aufsicht auch nicht adäquat beachtet werden.
Ebenso geht die Flexibilität zur Weiterentwicklung interner Verfahren verloren oder
wird zumindest eingeschränkt.
„Notwendig sind daher ein Paradigmenwechsel im Bankenaufsichtsrecht und dessen
Ausrichtung an einer primär qualitativ orientierten Aufsicht. Die heute vorherrschende
detailregelbasierte würde durch eine prinzipienbasierte Aufsicht ersetzt. Die Aufsicht
würde sich auf die Festlegung und Überwachung von einzuhaltenden Prinzipien
fokussieren und die Umsetzung im Einzelnen den Banken überlassen.“ 87
Dies würde auch der Tatsache Rechnung tragen, dass sich bei der Erstellung von
Risikokontrollsystemen um eine hochkomplexe und anspruchsvolle Aufgabe handelt.
Gerne wird hierbei übersehen, dass es „für Außenstehende noch viel schwieriger ist,
die Qualität eines solchen Systems zu prüfen.“ 88 Da die Fachleute in den einzelnen
Instituten die Mechanismen und Risiken des Unternehmens am ehesten kennen, sie
sind ja in diesem Sinne Insider, können Sie eventuelle Risiken im Zweifel auch
verschleiern. „Mehr als fraglich scheint, ob die Bankenaufsicht mit den aktuellen
personellen Ressourcen den an die Aufsicht gestellten Anforderungen gerecht
werden kann.“ 89
Es soll an dieser Stelle betont werden, dass die neuen Richtlinien von Basel II bereits
einige wichtige (Aufsichts-) Lücken schließen. "Mit der Säule II von Basel II verfügen
die Aufseher schon über das entsprechende Instrumentarium, mit dem sie die
Risikomanagementpraktiken der Banken überwachen und Verstöße entsprechend
sanktionieren können." 90 In diesem Zusammenhang kann auch angesichts des
Beinahe-Zusammenbruchs und dem Fehlen einer Basis zur Unterbindung der
87
Massenberg, H.-J. aus Die Bank 06/2008
Hartmann-Wendels, Thomas aus FLF 06/2008
89
Hartmann-Wendels, Thomas aus FLF 06/2008
90
Syring/Thelen-Pischke aus Kreditwesen 18/2008
88
36
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Risikoakkumulation der Deutschen Industriebank AG und der Sachsen LB
argumentiert werden, dass "[wenn] Basel II bereits in Kraft getreten wäre, hätten
beide Banken die außerbilanziellen Kreditlinien für Conduits oder strukturierte
Investmentvehikel mit 8% Eigenkapital hinterlegen müssen, während dies unter
Basel I nicht nötig war." 91
Eine qualitative Änderung der Aufsicht muss zwingend mit einer erhöhten
Transparenz einhergehen. Hierbei sind vor allem die Bereiche der Beziehungen zu
Zweckgesellschaften, Investitionen in CDOs und Subprime Produkte sowie
bilanzielle und außerbilanzielle Verbindlichkeiten gegenüber "Leveraged Finance" zu
nennen. 92 Die Eigenverantwortung der Unternehmen wird zwar erhöht, eine
entsprechende Aufsicht kann allerdings nur dann effektiv erfolgen, wenn gleichzeitig
die Kommunikation und der Informationsaustausch zwischen den Unternehmen und
den Behörden verbessert wird. Nur, wenn die Parteien miteinander im Dialog stehen
und gegenseitiges Vertrauen geschaffen wird, kann ein solches System Erfolg
haben.
Hierbei ist zusätzlich zu bedenken, dass in diesem Zusammenhang die
Kreditinstitute sowie die Aufsichtsbehörden auf die gleichen personellen Ressourcen
zurückgreifen, die Behörden dabei aber größeren Restriktionen bei der Vergütung
unterliegen. "Hier ist der Gesetzgeber zu substantiellen Reformen aufgefordert, damit
der sinnvolle und notwendige Übergang zur prinzipienbasierten Aufsicht nicht auf der
Personalseite eine "offene Flanke" aufweist." 93
Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt im Zuge einer qualitativen Aufsicht ist die FairValue-Bewertung, deren Schwächen in den Zeiten der Finanzmarktkrise offenbar
wurden.
Alle
kapitalmarktorientierten
Unternehmen
müssen
heute
ihre
Konzernabschlüsse nach den International Financial Reporting Standards (IFRS)
veröffentlichen. Zentraler Bestandteil der IFRS ist das Fair-Value Prinzip, welcher
ursprünglich als bedeutender Fortschritt angesehen wurde. Doch "durch das starre
Festhalten an der Fair-Value-Bewertung und die hohe, nicht steuerbare GuVVolatilität drohen diese Standards letztlich sogar prozyklisch, krisenverstärkend zu
wirken." 94 Zudem zeigen Baetge/Lienau, dass die Fair-Value-Bewertung auf der
Passivseite bereits bei perfekten Märkten zu unzutreffenden Schlussfolgerungen
91
Engelen K. C. übersetzt aus The international economy Winter 2008
Syring/Thelen-Pischke aus Kreditwesen 18/2008
93
Massenberg H.-J. aus Die Bank 6/2008
94
Pellens/Sal. Oppenheim (2008) online
92
37
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
führen kann. 95 Die komplizierten Regelungen für das Ausweisen von HedgingAktivitäten wirken hierbei noch verstärkend und bedingt Bewertungsinkongruenzen.
"Einen eindrucksvollen Beleg hierfür liefert der IFRS-Halbjahresfinanzbericht 2008
der Landwirtschaftlichen Rentenbank, die einen Bewertungsverlust in Höhe von rund
125 Millionen Euro allein durch die Bewertung eigener Verbindlichkeiten sowie den
dazugehörigen Sicherungsgeschäften ausweisen musste. Dieser war ausschließlich
auf verbesserte Refinanzierungskonditionen zurückzuführen, da hierdurch die zur
Absicherung gegen schlechtere Konditionen abgeschlossenen Derivate an Wert
verloren. Deutlich fällt der Kommentar aus: "Es stellt sich die Frage, wie mit diesen
paradoxen Vorschriften den Investoren ein transparenter Einblick in die Ertragslage
eines Unternehmens verschafft werden soll. Die gemäß IFRS nötige Bilanzierung
zum Zeitwert sorgt immer öfter für Verwirrung." 96
"Wenn hingegen der Fair Value nicht aus Preisen aus effizienten Märkten abgelesen
werden und nur im Rahmen großer Ermessensspielräume ermittelt werden kann, ist
eine Fair-Value-Bewertung (auf der Passivseite) nicht hinreichend zuverlässig,
dadurch nicht entscheidungsnützlich und deshalb unbrauchbar." 97 Dies gilt nicht nur
für die Passivseite, sondern auch für die Fair-Value-Bewertung aktivierter
Finanzinstrumente bei nicht liquiden Märkten." 98
Genau
diese
nicht
liquiden
Märkte
lagen
und
liegen
bei
der
aktuellen
Finanzmarktkrise vor. Das Problem liegt hierbei darin, dass es aus ökonomischer
Sicht für die Unternehmen keinen Sinn macht, sich von bestimmten strukturierten
Finanzinstrumenten
zu
trennen,
Liquiditätsüberlegungen
oder
regulatorische
Vorschriften dennoch einen Verkauf mit enormen Abschlägen bedingen. Die dabei
entstehenden
marginalen
Umsätze
zu
extrem
niedrigen
Preisen
werden
anschließend grundsätzlich nach den geltenden Vorschriften für die Bewertung der
Finanzinstrumente, die von anderen Instituten gehalten werden, herangezogen.
"In den USA haben die Aufsichtsbehörden die Problematik in der sich dramatisch
zuspitzenden Krise rasch erkannt und als Erste Anfang Oktober 2008 konsequent
gehandelt. So sollen neue Leitlinien der SEC und des Financial Accounting Standard
Board
(FASB)
den
Zeitwertbilanzierung
US-Finanzinstituten
ermöglichen,
um
bestimmte
dadurch
Erleichterungen
Belastungen
bereits
bei
der
in
der
95
Niehaus, H.-J. aus Kreditwesen 22/2008
Niehaus, H.-J. aus Kreditwesen 22/2008
97
Niehaus, H.-J. aus Kreditwesen 22/2008
98
Manager-Magazin (2008) online
96
38
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Berichterstattung über das dritte Quartal 2008 abzufedern." 99 Die zahlreichen
Reaktionen,
Stellungnahmen
und
Diskussionen
von
Behörden
und
Interessensverbänden über die Marktbewertung von Bilanzpositionen verdeutlichen
die Relevanz des Problems und untermauern die Notwendigkeit einer Ergänzung.
Eine Lösung bestünde darin, "unternehmensinterne Schätzparameter anzusetzen,
die sich an den zukünftig erwarteten Cashflows unter Berücksichtigung von
dauerhaften Wertminderungen orientieren." 100
Es soll betont werden, dass die Bewertung von Handelspositionen zu Marktwerten
als sachgerecht anzusehen ist und in liquiden Märkten keiner Änderung bedarf. Eine
Modifikation der Standards betreffend der Umklassifizierung von Positionen und der
Bewertung von derivativen Positionen erscheint jedoch angezeigt.
Bis zur Einführung einer europäischen Aufsicht ist es jedoch ein weiter Weg. Die
aktuelle Krise kann hierbei auch Chance verstanden werden, dem Standort
Deutschland durch entsprechende Rechtsgebung einen Wettbewerbsvorteil zu
verschaffen
und
zugleich
richtungsweisend
zu
wirken.
"Ein
deutsches
Verbriefungsgesetz könnte einen neuen Impuls für eine Weiterentwicklung des
regulatorischen Rahmens setzen. [...] Wettbewerbsvorteile im europäischen Kontext
werden also nicht etwa durch Deregulierung, sondern durch aktive staatliche
Gestaltung
geschaffen." 101
Bei
der
Betrachtung
des
Wettbewerbstandortes
Deutschland fallen verschiedene Lücken auf. "Das Schuldverschreibungsgesetz
bedarf dringend der Modernisierung. Das derzeit gültige "Gesetz betreffend die
gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen" stammt aus der
Kaiserzeit." 102 Entsprechende Problematiken und Unsicherheiten bei der Anwendung
auf heutige Emissionen und Standardklauseln sind damit unausweichlich.
Ein
weiterer
wesentlicher
Punkt
ist,
dass
die
Multiemissionsfähigkeit
von
Zweckgesellschaften in Deutschland nicht hinreichend geklärt ist, da auch hier
gesetzliche Lücken bestehen. Ebenso ist die steuerliche Behandlung dieser
Zweckgesellschaften im internationalen Vergleich nachteilhaft.
Als Vorbild für eine Lösung kann das Luxemburger Verbriefungsgesetz (LVG) von
2004 herangezogen werden. Dieses hat zwar auch nicht alle Probleme auf einmal
99
Gerike, U. et al aus Börsenzeitung vom 02.10.2008
Niehaus, H.-J. aus Kreditwesen 22/2008
100
101
102
Cerveny/Frese aus Kreditwesen 4/2008
Cerveny/Frese aus Kreditwesen 4/2008
39
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
endgültig gelöst, "Tatsache ist jedoch, dass das LVG einen vergleichsweise
einfachen, in sich geschlossenen Rahmen bildet, der den Finanzstandort Luxemburg
im Verbriefungsbereich - auch zulasten Deutschlands - vorangebracht hat." 103 Im
Sinne
der
europäischen
Einheit
sind
nationale
Alleingänge
zwar
nicht
wünschenswert, jedoch kann durch das Übernehmen einer Vorreiterrolle der
Einigungsprozess insgesamt profitieren.
Bewertung der Maßnahmen zur Krisenbewältigung
Im Rahmen der Bewältigung der aktuellen Finanzkrise hat die Öffentlichkeit vor allem
zwei Maßnahmen der Politik wahrgenommen: die Konjunkturpakete vieler Staaten
sowie die Leitzinssenkungen der wichtigsten Notenbanken. Eine kurze Betrachtung
über die Intentionen und die Erfolgsaussichten dieser Maßnahmen erscheint daher
angezeigt.
Seit einigen Jahren ist das Schuldenbewusstsein in Deutschland gestiegen. Die
Staatsverschuldung ist gestiegen, die öffentliche Hand sah sich genötigt,
Investitionen und Ausgaben zu reduzieren, oft auch gegen öffentlichen Widerstand.
Im
Rahmen
der
Maastricht-Kriterien
wird
zudem
ein
mehr
oder
minder
ausgeglichener Haushalt der Staaten der Euro-Gemeinschaft gefordert. In diesem
Zusammenhang wurden als Mahnung zur Einhaltung der Stabilitätskriterien
wiederholt an mehrere Staaten, darunter auch Deutschland, ein "Blauer Brief"
verschickt.
Umso überraschender erscheint die derzeitige Kehrtwende, die Verschuldung in
großem Stil zu Gunsten von Konjunkturpaketen und weiterer Staatsausgaben
auszuweiten. Der Grundgedanke dieser Politik, die sowohl von Internationalen
Währungsfonds-Ökonomen als auch von den fünf Wirtschaftsweisen der Regierung
gefordert wird, geht auf den britischen Ökonomen John Maynard Keynes zurück.
Keynes war überzeugt, der Staat müsse in den Markt eingreifen, um das Auf und Ab
der Märkte auszugleichen. Im Grunde solle der Staat in einer Phase des
wirtschaftlichen
ankurbeln
und
Abschwungs
dann
in
durch
erhöhte
Boomphasen
Staatsausgaben
durch
die
Konjunktur
Steuererhöhungen
und
Ausgabenreduktion die Schulden wieder abbauen. Gleichwohl hielt Keynes das
Eingreifen des Staates nur in Ausnahmefällen wie zum Beispiel einer Liquiditätsfalle
für sinnvoll. Das Grundproblem Keynesianischer Politik ist, dass der Staat, anders
103
Cerveny/Frese aus Kreditwesen 4/2008
40
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
als von Keynes intendiert, ständig versucht, durch die Instrumente der Finanzpolitik
auf die Konjunktur Einfluss zu nehmen. "Daher legten die Regierungen immer neue
staatliche Ausgabenprogramme auf, wenn sich die Konjunktur abschwächte. Die
zusätzlichen Ausgaben finanzierten sie durch Kredite. Im Aufschwung aber
versäumten
sie
es,
die
Staatsausgaben
wieder
zu
senken
und
Einnahmeüberschüsse zur Tilgung der Kredite zu erwirtschaften. Steigende
Staatsquoten und explodierende Schuldenlasten waren die Folgen." 104
Die aktuelle Lage allerdings scheint einer solchen Ausnahmesituation in Form einer
Liquiditätsfalle zu entsprechen, auch, wenn es heute die Banken sind, die die
Liquidität horten. "Weil sie sich mit Investitionen am US-Immobilienmarkt die Finger
verbrannt haben, horten sie das zusätzliche Geld, das ihnen die Zentralbanken in
den vergangenen Monaten zu niedrigeren Zinsen zu Verfügung gestellt haben, auf
ihren Konten bei den Notenbanken, statt es für Kredite an Unternehmen und Bürger
zu verwenden. Allein bei der Europäischen Zentralbank haben die Banken in den
vergangenen Wochen bis zu 280 Mrd. Euro geparkt - bis zu 1000-mal so viel wie in
normalen Zeiten." 105
Auch die Zinssenkungen der Notenbanken werden nicht an den Markt weitergereicht,
teilweise sind die Zinsen für Bauherren und Unternehmen seit Anfang der Krise
sogar gestiegen. Auf breiter Ebene zeigen sich die Kreditinstitute zurückhaltend bei
der Vergabe von Krediten. Das Problem liegt jedoch auch an anderer Stelle. "Das
eigentliche Problem sind nicht die Investitionen, sondern der zu schwache private
Konsum, der in Deutschland seit Jahren stagniert", sagt der Deutsche Bank-Ökonom
Mayer. 106 In dieser Situation kann eine nachfrageorientierte Politik nach Keynes in
der Tat angebracht sein und positive Wirkung entfalten. Der Schlüssel liegt in der
Belebung des privaten Konsums.
Lohnerhöhungen helfen hierbei nicht wirklich. Ein Anstieg des Bruttolohns um ein
paar Prozent wird durch Steuern und Abgaben, Bildung von Ersparnissen und
Preissteigerungen nahezu neutralisiert. "Die meisten Ökonomen plädieren deshalb
dafür, den privaten Konsum durch Steuersenkungen statt durch höhere Bruttolöhne
anzukurbeln. Besonders zielgenau würde eine Absenkung der Mehrwertsteuer
wirken.
Sie
mindere
den
Anreiz
zum
Sparen
und
entlastete
alle
Bevölkerungsgruppen. Damit die Bürger auch tatsächlich mehr Geld ausgeben,
104
Fischer, Malte aus WirtschaftsWoche 47/2008
Fischer, Malte aus WirtschaftsWoche 47/2008
106
Fischer, Malte aus WirtschaftsWoche 47/2008
105
41
Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
plädiert Mayer dafür, die Absenkung der Mehrwertsteuer zeitlich zu befristen. [...]
Bank of America-Ökonom Schmieding hält es für sinnvoll, die Einkommenssteuer
oder die Sozialabgaben zu senken. Beide Maßnahmen könnten rasch umgesetzt
werden und würden den Bürgern mehr Geld im Portemonnaie lassen. [...] Höhere
Nettoeinkommen würden nicht nur die Kaufkraft und den Konsum stärken, sagt
Schmiedling, sie würden auch die Arbeitsanreize steigern und damit langfristig das
Wachstum erhöhen. [...] In einer aktuellen Studie hat Harald Uhlig, Professor an der
Universität Chicago, die Wirkungen verschiedener Konjunkturprogramme in den USA
von 1955 bis 2000 untersucht. Das Ergebnis: Die größten Impulse für das Wachstum
des Bruttoinlandproduktes gehen von kreditfinanzierten Steuersenkungen aus." 107
Konjunkturprogramme, die auf den Ausbau der Infrastruktur abzielen, zeichnen sich
hingegen durch eine lange Vorlaufphase aus. Durch die damit verbundene
Bürokratie werden weitere Mittel aufgezehrt. Nicht zuletzt werden die ökonomischen
Ziele mit anderen politischen Zielen wie Umweltschutz oder soziale Gerechtigkeit
vermischt, wodurch die Wirksamkeit solcher Programme weiter sinkt. Lobbygruppen
tun ihr übriges, um die Programme weiter zu verwässern. "Wie das geht, haben
gerade die Bauern gezeigt. Ihnen ist es mit tatkräftiger Unterstützung des bayrischen
Ministerpräsidenten Horst Seehofer in der vergangenen Woche noch gelungen, Geld
aus dem Konjunkturprogramm der Bundesregierung für Maßnahmen zur besseren
Agrarstruktur und zum Küstenschutz lockerzumachen." 108 Somit kann festgehalten
werden, dass Konjunkturprogramme mit äußerster Skepsis zu beurteilen sind. Ihr
Erfolg hängt von sehr vielen Faktoren ab, die kaum beeinflussbar sind. Eine
antizyklische Politik scheint so gut wie nie zu funktionieren.
Die Rolle der Notenbanken
Wie ist nun andererseits die Reaktion der Notenbanken zu beurteilen? Prinzipiell
erscheint die Idee, Liquidität zur Verfügung zu stellen um die Funktionsfähigkeit der
Märkte zu unterstützen, sehr logisch und konsequent zu sein. "Was die Notenbanken
nicht richtig einschätzen, ist die Tatsache, dass die Banken die Wirkung der Strategie
des "billigen Geldes" anders einschätzen als es die Notenbanker tun. Dass
Notenbanken nicht erkennen, dass ohne geeignete Verhaltenshypothesen über die
Gegenseite jede Strategie versagen muss, führt auf das Feld der Spieltheorie. [...]
107
108
Fischer, Malte aus WirtschaftsWoche 47/2008
Fischer, Malte aus WirtschaftsWoche 47/2008
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Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Sie untersucht das vorhergesagte und tatsächliche Verhalten der Akteure und
entwickelt optimale Strategien." 109 In Ihrer Studie untersuchen Bieta und Sewing das
Verhalten von Finanzmarktteilnehmern und Notenbanken in vergangenen Krisen und
leiten daraus Ihre Empfehlungen ab. Dabei kommen sie nach einer Reihe
verschiedener Szenarien und Annahmen zu einem überraschenden Ergebnis: "Zieht
man Bilanz, zeigt sich, dass die Politik des "billigen Geldes" in keinem der Szenarien
die optimale Strategie ist. Dies bestätigt auch die Realität bei einer Rückschau auf
die Krisen der Vergangenheit. Banken nehmen Notenbanken nicht ernst. Nur in einer
ernsten Krise dürfen die Notenbanken mitspielen. Die Rettung des Gros der Banken
ist entscheidend. Läuft es in der Bankwirtschaft wieder rund, sind die Probleme dann
schnell vergessen. [...] Daher müssen die Notenbanken die Geldpolitik straffen."110
Der Fehler der Notenbanken kann als Moral Hazard verstanden werden. Ist das
Verhalten der Notenbanken vorhersagbar, sind die Regeln bekannt, wird nur die
Technik der Finanzmathematik verbessert. Wird von den Marktteilnehmern erwartet,
dass die Notenbank in der nächsten Krise auch wieder Maßnahmen nach dem
Versicherungsprinzip ergreift, wird weiteren Krisen Vorschub geleistet.
"Dass Banken immer wieder dieselben Fehler machen können, was die Muster von
Bankenkrisen zeigen, hat im Ignorieren der "Behavioral Risks" seine Ursachen. Die
Notenbanken "verstehen" es nicht, das beste Ergebnis für den Finanzmarkt und das
schlechteste Ergebnis für sich selbst zu antizipieren. Wenn der Finanzmarkt die
Notenbanken täuscht und seine Ziele zum Beispiel durch das Akzeptieren von
Schrott-Hypotheken erreicht hat, kann das wahre Gesicht gezeigt werden: Liquidität
wird gehortet. Die "Appeasement Politik" der Notenbanken hat versagt."
Eine Lösung für dieses Dilemma ist die breite Einführung qualitativer Stresstests.
Durch solche Verhaltensmodelle werden die Banken in die Lage versetzt zu
erkennen, dass sie selber auch unter dem Schaden leiden, den sie dem Markt
zuführen. Nur mit vernünftigen Verhaltensregeln kann es Gewinner geben. "Aus der
Subprime-Krise
folgen
einfache
Regeln
wie:
sorgfältige
Bonitätsprüfungen,
angemessene Beleihungsrelationen, vorsichtige Bewertungen von Immobilien und
bessere Transparenz und Anreizstrukturen für die Verbriefungsmärkte. Auch die
Erwartung, dass Notenbanken aufgrund von Effizienz getriebener Maßnahmen
(Anreizstrukturen) keine Art von Versicherung gegen Krisen sind, muss zu einer
109
110
Bieta/Sewing aus Kreditwesen 20/2008
Bieta/Sewing aus Kreditwesen 20/2008
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Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
Regel werden." 111
Prognose
Fokussierung auf Kerngeschäftsfelder
Generell wird für die Zukunft erwartet, dass sich der Bankensektor wieder auf seine
ursprünglichen Geschäfte, nämlich das Private Banking/Retailgeschäft und das
Kreditgeschäft, besinnen wird: Dies kann am Beispiel der IKB bereits erkannt
werden.
„Die IKB plante eine Restrukturierung; Investitionen in internationale Wertpapiere
sollen nicht länger Teil ihres Geschäftes sein. Die Bank will sich wieder mehr auf ihr
Kerngeschäft, die inländische Mittelstandsfinanzierung, konzentrieren und innovative
Finanzlösungen anbieten.“ 112
Ein
Indikator
dafür,
dass
Banken
wieder
vermehrt
ihren
Kerngeschäften
nachkommen, könnte sein, dass laut einer Studie der europäischen Zentralbank
(EZB) beispielsweise die deutschen Banken – im Gegensatz zu den europäischen –
bei der Vergabe von Konsum- und Immobilienkrediten großzügiger sind als vor der
jüngsten Krise. Und auch bei den Unternehmensdarlehen seien die Anforderungen
unverändert geblieben, so die EZB. 113 Selbst wenn die Kreditvergabe der Banken an
Ihre Kunden gesichert scheint, so sind immer noch die Kreditvergabe und der Handel
der Banken untereinander ein großes Problem. Hierbei handelt es sich um ein
Resultat aus dem enormen Vertrauensverlust, den die Banken erlitten haben,
welcher wiederum dazu führt, dass Kredite oder Wertpapiere von Banken nur mit
erheblichen Spreads gehandelt werden. Erstaunlicherweise sind es nicht nur die
Kunden, die ihren Banken nicht mehr trauen, auch wenn hier die Reputation einiger
Häuser gelitten hat, sondern die Kreditinstitute selbst, die sich gegenseitig nicht mehr
trauen. Keiner weiß, welche Risiken andere Finanzinstitute noch in den Büchern
stehen haben, oder in welcher Höhe Abschreibungen noch vorzunehmen sind. Sogar
der Rettungsschirm der Bundesregierung hat die Kreditvergabe und das Vertrauen
der Banken nur leicht erhöht. Jedoch sei es aus Sicht von Prof. Klaus Peter Müller,
Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken, nicht der entscheidende Punkt,
dass die Banken sich derzeit keine kurzfristigen Kredite gewähren, sondern, dass sie
111
Bieta/Sewing aus Kreditwesen 20/2008
Bloss et al (2008) S. 118
113
Unbekannter Verfasser, (2008) aus Markt und Mittelstand vom 01.09.2008, S. 70
112
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Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
sich längerfristig ab einem Zeitraum von einem halben Jahr keine Gelder
untereinander mehr leihen. Dieses Vorgehen sei aber nicht nur eine Frage des
Vertrauens, sondern hat seine Ursache darin, dass die Banken nicht wissen, ob sie
in einem halben Jahr das Geld selbst bräuchten. 114 Ob aber nun die
Kreditverweigerung lediglich am fehlenden Vertrauen liegt, oder daran, dass die
Banken selbst die zukünftigen Entwicklungen für unberechenbar halten, so sind
diese Reaktionen von Unsicherheit sicherlich in erster Linie auf eine fehlende
Transparenz bei der Bilanzierung der Kreditforderungen zurückzuführen. „Die
Intransparenz über die wahren Eigenschaften der gehandelten Papiere und die
Bonität der Gegenpartei führte dazu, dass der Handel mit auf Krediten basierenden
Papieren und Derivaten in den vergangenen Monaten nur mit erheblichen
Preisabschlägen möglich war.“ 115
Laut einer Studie der Unternehmensberatung Bain, ist von einer Erholung in den
Jahren 2009/2010 noch nicht auszugehen. Erst ab 2011 sollen sich die Erträge der
Banken angeblich wieder langsam verbessern. 116
Wie schon bereits erwähnt, werden die meisten Banken eine Neuausrichtung ihrer
Geschäftsmodelle und strategischer Ziele vornehmen müssen. Hierbei wird das
Retailbanking in naher Zukunft die zentrale Rolle einnehmen. Insbesondere
Vorsorgeprodukte und beratungsintensive Bankdienstleistungen bezüglich der
Geldanlage werden in Zukunft ebenfalls eine große Rolle spielen. Diese
Einschätzung hängt unmittelbar mit der zunehmenden Lebenserwartung und dem
hohen Wohlstand (meist durch Erbschaften) der Kunden zusammen.
In diesem Zuge wird es in den Bereichen Produktentwicklung, Vertrieb, Markenpolitik
und Marketing zu Ausgliederungsmaßnahmen und der Adaption von Best Practices
kommen, um Kosten einzusparen und Skaleneffekte zu nutzen. Der Wettbewerb
muss von der Preis- auf die qualitative Ebene verlagert werden.
„Deshalb sollten die Banken künftig durch emotionale Marken ihre Produkte
bewerben und die Produkte so gestalten, dass sie die Kunden langfristig an ihr Haus
binden.“ 117 Einhergehend mit der Konzentration auf die Kernbereiche Private
Banking/Retailgeschäft und Investmentbanking ist speziell in Deutschland eine
114
Vgl. Müller, Klaus Peter, Finanzplatzkongress der CDU in Hessen, vom 11.12.2008
Leibfried/ Zimmermann (2008), S. 990
116
Vgl. Bain (2008) aus der Studie: Die Krise und ihre Folgen für deutsche Banken S. 6
117
Vgl. Bloss et al (2008) S. 133ff
115
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Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
weitere Konsolidierung der Bankenlandschaft sowohl im Bereich der Landesbanken
als auch bei den Privaten Instituten notwendig.
Größere Übernahmen werden aufgrund der Vertrauenskrise im Interbankenmarkt
und der damit einhergehenden fehlenden Finanzierungsmöglichkeiten und den
hohen Verlusten im Bankensektor und Unsicherheiten bezüglich Bilanzpositionen in
den nächsten Monaten wahrscheinlich kaum realisierbar sein.
Sollten die Handlungsempfehlungen bezüglich der Aufsicht, Ratingagenturen,
Notenbanken und Politik zumindest annähernd umgesetzt werden, so besteht die
berechtigte Hoffnung, dass zukünftige Krisen entweder ganz abgewendet oder
zumindest
in
ihrer
Intensität
abgeschwächt
werden
können.
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Beitrag zum Postbank Finance Award 2009
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