PDF-Dokument | Beiräte und Beauftragte

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PDF-Dokument | Beiräte und Beauftragte
www.mainz.de/frauenbuero
25 Jahre Frauenbüro
Landeshauptstadt Mainz
Hauptamt
Frauenbüro und Öffentlichkeitsarbeit
Rathaus I Jockel-Fuchs-Platz 1
55116 Mainz
Tel 06131 - 12 21 75
Fax 06131 - 12 27 07
[email protected]
www.mainz.de/frauenbuero
Blick auf Mainzer
Frauengeschichte
Mainzer Frauenkalender
1991 bis 2012
Ein Lesebuch
Blick auf Mainzer
Frauengeschichte
Mainzer Frauenkalender
1991 bis 2012
Ein Lesebuch
Die Herausgabe dieser Broschüre wurde
ermöglicht dank einer Zuwendung der
­Sparkasse Mainz
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Impressum
Herausgeberin: Landeshauptstadt Mainz
Hauptamt
Frauenbüro und Öffentlichkeitsarbeit
Rathaus I Jockel-Fuchs-Platz 1 I 55116 Mainz I
Telefon 06131 - 12 21 75 I Telefax 06131 - 12 27 07
[email protected]
www.mainz.de/frauenbuero
AutorInnen: Mechthild Czarnowski (mc), Reinhard Frenzel (rf), Marlene Hübel (mh),
Dr. Rainer Metzendorf (rm), Eva Weickart (ew)
Redaktion und Gestaltung: Eva Weickart, Frauenbüro
Druck: Hausdruckerei
Auflage: 600
Mainz 2012
4
Inhalt
Vorwort des Oberbürgermeisters 7
Vorwort des Frauenbüros
8
Mainzerinnen von A bis Z
10
Mainz von A bis Z für Frauen
107
Namensregister
151
Sach- und Ortsregister
153
Bildnachweis
155
5
6
Vorwort
Bereits kurz nach Einrichtung des Frauenbüros im Jahr 1987 entstand die Idee, einmal
einen historischen Mainzer Frauenkalender zu veröffentlichen, um damit an die so oft
vergessene und vielfach unbekannte Geschichte von Frauen in dieser Stadt zu erinnern.
Aus der Idee wurde in Zusammenarbeit mit dem damaligen Amt für Öffentlichkeitsarbeit
Wirklichkeit: für das Jahr 1991 erschien erstmals der Wandkalender »Blick auf Mainzer
Frauengeschichte«.
Doch es sollte nicht bei einer einmaligen Herausgabe bleiben; seither sind 22 Jahre vergangen und vom Frauenbüro wurden 22 historische Kalender erarbeitet.
Mit all den vielen »Blicken« aus 22 Jahren auf die vielfältige Geschichte von Frauen in
dieser Stadt verfügt Mainz über ein bundesweit einmaliges Geschichtsprojekt - passend
zu einer Stadt, die mit Recht Stolz ist auf ihre Tradition.
Damit die zusammengetragenen Erinnerungen an weibliche Persönlichkeiten und an
Ereignisse aus der Stadtgeschichte nicht selbst wieder schnell in Vergessenheit geraten,
hat das Frauenbüro bereits zum 15jährigen Bestehen eine Sammlung der Texte herausgegeben.
Das 25jährige Bestehen des Büros ist Anlass genug, noch einmal die vielen kleinen und
großen Blicke auf die Mainzer Frauengeschichte in einer Broschüre zusammenzufassen und damit den zahlreichen Geschichtsinteressierten in dieser Stadt zugänglich zu
­machen.
Mein ganz besonderer Dank gilt hier der Sparkasse Mainz, durch deren finanzielle Unterstützung es möglich wurde, diese Broschüre herauszugeben.
Michael Ebling
Oberbürgermeister
7
Einleitung
Von Jahr zu Jahr erleben wir im Frauenbüro, wie groß das Interesse an unserem Kalender
ist, wie groß das Interesse daran ist, etwas mehr über die Geschichte von Frauen in dieser
Stadt zu erfahren.
Für dieses Lesebuch der Texte aus 22 Jahren Mainzer Frauenkalender haben wir - wie
schon bei der Broschüre vor zehn Jahren - die Kalenderbeiträge neu geordnet und in zwei
großen Kapiteln zusammengefasst.
Im Kapitel »Mainzerinnen von A bis Z« finden sich in alphabetischer Reihenfolge die
­Porträts weiblicher Persönlichkeiten aus der Stadtgeschichte. Im Kapitel »Mainz von A bis
Z für Frauen« erinnern wir, ebenfalls alphabetisch geordnet, an bedeutsame Ereignisse,
Institutionen und Organisationen. Als zusätzliche Hilfe bieten wir ein Namens- und Sachregister.
Seit 22 Jahren »lebt« unser Kalender von Bild und Text. Aus finanziellen Gründen müssen wir jedoch in dieser Broschüre auf den erneuten Abdruck vieler honorarpflichtiger
Bilddokumente verzichten. Wir beschränken uns daher auf Bilder aus den Beständen
des Stadtarchivs Mainz und aus Privatbesitz. Dennoch hoffen wir, dass die Texte für sich
­sprechen und allen Leserinnen und Lesern Impressionen aus der Geschichte der Frauen
dieser Stadt bieten.
Im Laufe von 22 Jahren haben Viele zum Gelingen des Mainzer Frauenkalenders beigetragen. Unser Dank gilt an dieser Stelle Mechthild Czarnowski, die den Kalender von
1991 bis 1994 betreut hat; unser Dank gilt Reinhard Frenzel, der in fast allen Kalendern
an ­Leben und Schicksal jüdischer Mainzerinnen erinnert; unser Dank gilt der Mainzer
­Grafikerin Illa Haug, die von Anfang an den Kalender gestaltet hat.
Unser Dank gilt auch allen ehemaligen und heutigen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen
des Mainzer Stadtarchivs und der Stadtbibliothek. Mit ihrer Unterstützung ist es stets
gelungen, den Kalender sehens- und lesenswert zu machen.
Unzählige weitere Personen und Institutionen innerhalb und außerhalb von Mainz haben
in den vergangenen zwei Jahrzehnten bei der Recherche geholfen. Bei allen möchten wir
uns noch einmal herzlich bedanken.
Unser Dank gilt aber auch den zahlreichen Mainzerinnen und Mainzern, die alljährlich
zu uns ins Frauenbüro kommen, um den neuen Wandkalender abzuholen. Ihre große
­Nachfrage ist Ansporn, am Mainzer Frauenkalender weiter zu arbeiten und jedes Jahr
zwölf neue Blicke auf vergessene Geschichte und Geschichten zu werfen.
Frauenbüro der Stadt Mainz
8
Mainzerinnen von A bis Z
9
Henriette Arendt
Die erste Polizeiassistentin Deutschlands
geboren am 11. November 1874 in Königsberg
gestorben am 22. August 1922 in Mainz
Buchtitel Henriette Arendt
Prof. Dr. Anny Arndt-Hanser
Mit nur 47 Jahren verstarb die Krankenschwester Henriette Arendt im Mainzer AliceHeim. Da lag hinter der Frau, die als erste Polizeiassistentin Deutschlands in Stuttgart
Geschichte geschrieben hatte, ein überaus bewegtes Leben.
Henriette Arendt, eine Tante der berühmten Philosophin Hanna Arendt, interessierte sich
schon sehr früh für soziale Fragen und wollte sich nicht in die traditionelle Rolle einer
jüdischen Tochter aus gutem Hause fügen. Gegen große familiäre Widerstände ließ sie
sich Ende des 19. Jahrhunderts in Berlin zur Krankenschwester ausbilden und trat dem
Berliner Schwesternverband vom Roten Kreuz bei. Im Juni 1903 trat Henriette Arendt
ihren Dienst als erste Polizeiassistentin Deutschlands in Stuttgart an. Zu ihren Aufgaben
zählten die Überwachung der weiblichen Gefangenen und die Fürsorge nach der
Haftentlassung. Zudem kümmerte sie sich um wohnungslose Frauen, verwahrloste Kinder
und männliche straffällige Jugendliche.
Mit ihrem, nach ihrer Kündigung im Jahr 1909 erschienenen, Buch »Erlebnisse einer
Polizeiassistentin« löste Henriette einmal mehr einen Skandal aus. Zu deutlich
kritisierte sie die herrschenden Zustände in den städtischen Einrichtungen und
Wohltätigkeitsvereinen.
In den folgenden Jahren veröffentlichte Henriette Arendt mehrere Bücher. Ihre wohl
bekannteste Schrift gegen Kinderhandel »Kleine weiße Sklaven« wurde 1914 sogar
verfilmt.
Den Ausbruch des Ersten Weltkrieges erlebte Henriette Arendt während einer
Vortragsreise durch England. All ihre Versuche, als Deutsche nicht interniert zu werden,
schlugen fehl. Auch die mit einem entfernten französischen Verwandten geschlossene
Ehe bewahrte sie nicht vor der Ausweisung aus England. Über einige Umwege gelangte
Henriette Arendt, verheiratete de Matringe, dann nach Frankreich.
Ihre letzten und wohl sehr einsamen Lebensjahre verbrachte sie als Oberschwester bei
der französischen Rheinarmee in Mainz. Vermerkt ist auf ihrer Sterbeurkunde, dass sie in
Mainz in der Rheinallee 15 gewohnt habe. Beigesetzt wurde sie am 26. August 1922 auf
dem französischen Ehrenfriedhof des Hauptfriedhofes.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2008 (ew)
Professorin Dr. Anny Arndt-Hanser
Gründerin und langjährige Leiterin der Mainzer Transfusionszentrale
geboren am 16. April 1923 in Trier
gestorben am 14. August 1993 in Mainz
In einem gerade einmal 14 Quadratmeter großen Kellerraum der Gynäkologie begann
1954 die Geschichte der Transfusionszentrale der Mainzer Universitätsmedizin und auch
die wissenschaftliche Laufbahn ihrer langjährigen Leiterin, Dr. Anny Arndt-Hanser.
Geboren und aufgewachsen in Trier, begann sie 1941 in Freiburg mit dem Medizin­
studium, das sie in Köln und Frankfurt am Main fortsetzte. 1949 legte sie das Staats­
examen ab, 1951 folgte die Promotion. Nach einer Assistenzzeit am Paul-Ehrlich-Institut
kam die Medizinerin 1954 an die Mainzer Universitätsfrauenklinik und wurde vom
­damaligen Direktor Prof. Schwalm beauftragt, eine Blutbank aufzubauen.
Fünf Jahre später war daraus bereits die Transfusionszentrale geworden, die neben
den Universitätskliniken auch andere Krankenhäuser in Mainz und Rheinhessen und
ärztliche Praxen mit Blutkonserven versorgte. Durch Anny Arndt-Hanser entwickelte sich
der Bluttransfusionsdienst aus bescheidenen Anfängen, wo ein Kühlschrank für die
Blutprodukte schon Luxus war, zu einer führenden Einrichtung in Deutschland.
10
Nicht selten fuhr sie, besonders in den Anfangsjahren, selbst durch Rheinhessen zu den
Blutspendeterminen und weckte auf vielfältige Weise die Blutspendenbereitschaft in der
Bevölkerung.
Ab 1963 übernahm sie zugleich einen Lehrauftrag und qualifizierte sich zur Fachärztin für
Laboratoriumsdiagnostik. Später erfolgten die Ernennungen zur Medizinaldirektorin und
zur Leitenden Medizinaldirektorin. Auf ihre Initiative hin wurde 1969 in Rheinland-Pfalz
generell die Anti-D-Prophylaxe bei rhesusfaktor-negativen Müttern eingeführt. Führend
war sie auch in zahlreichen wissenschaftlichen Gesellschaften und als Verfasserin von
weit über einhundert Fachartikeln und Forschungsarbeiten.
1981 wurde Anny Arndt-Hanser zur Honorarprofessorin ernannt. Daneben
erhielt sie zahlreiche Ehrungen der Stadt Mainz, der Ärztekammer und auch das
Bundesverdienstkreuz erster Klasse. 1988 schied sie offiziell aus dem Dienst aus, blieb
der Einrichtung aber verbunden und übernahm für kurze Zeit noch einmal die Leitung.
Seit 2002 erinnert die Arbeitsgemeinschaft der Ärzte staatlicher und kommunaler
Bluttransfusionsdienste (StKB) mit der Verleihung der Anny-Arndt-Hanser-Medaille an
ihre wissenschaftlichen Verdienste und zugleich daran, dass sie über Jahrzehnte hinweg
an führender Position in der Arbeitsgemeinschaft tätig war.
Ruth Baron
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2011 (ew)
Ruth Baron
Erste Leiterin der Bischöflichen Pressestelle Mainz
geboren am 20. August 1921 in Landau
gestorben am 22. März 2008 in Landau
1965 erhielt die Journalistin Ruth Baron vom damaligen Mainzer Bischof Dr. Hermann
Volk das ungewöhnliche Angebot, die Bischöfliche Pressestelle in Mainz aufzubauen und
zu leiten. Nach Münster, München und Köln wollte auch das Bistum Mainz neue Wege
in der Informationspolitik gehen. Ruth Baron übernahm diese Aufgabe, und war damit
deutschlandweit die erste und lange Zeit einzige Frau in einer solchen Position bei der
Katholischen Kirche.
Aufbauarbeit zu leisten, war die Journalistin gewohnt. Schon früh hatte sie sich für
den Beruf entschieden und nach dem Abitur 1940 in Landau begonnen, in München,
Wien, Berlin und Heidelberg Zeitungswissenschaften und eine Reihe weiterer Fächer
zu studieren. Beenden konnte dann Ruth Baron ihr Studium ab 1946 an der wieder
gegründeten Universität Mainz.
1949 kam sie in die Pressestelle der Staatskanzlei des neuen Bundeslandes
Rheinland-Pfalz, 1950 wurde sie Redakteurin bei der »Staats-Zeitung« und später auch
stellvertretende Chefredakteurin. Dann aber entschied sie sich Mitte der fünfziger Jahre
für einen weiteren Neustart. Nach einem Studienaufenthalt in Frankreich folgten 13 Jahre
als freie Journalistin für Landes- und Kulturpolitik und ab 1959 wirkte sie maßgeblich
daran mit, den Regionaldienst Rhein-Main der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA)
aufzubauen.
Aus Kontakten zum Bischöflichen Ordinariat Mainz erwuchs dann 1965 ihre neue
Funktion als - zunächst freiberufliche und später dann festangestellte - Leiterin der
Bischöflichen Pressestelle. 17 Jahre lang übte sie diese Tätigkeit aus und sorgte bei
allen großen und kleinen Anlässen für die Präsenz des Bistums in der Öffentlichkeit.
Zu den großen Ereignissen in ihrer Amtszeit zählten die Kardinals-Erhebung von
Bischof Hermann Volk 1973 und der Papst-Besuch in Mainz 1980. Als ständiges
Informationsmedium schuf Ruth Baron die bis heute bestehenden »Mainzer
Bistumsnachrichten«. Ihr Anspruch war, Presse und Öffentlichkeit wahrheitsgemäß über
das kirchliche Leben zu informieren und auch unbequemen Fragen nicht auszuweichen.
Ruth Barons Engagement ging aber weit über das Bistum Mainz hinaus. Unter anderem
11
knüpfte sie zahlreiche Kontakte zu Kirchenmitgliedern und Kirchenvertretern in der DDR,
in Polen und Ungarn.
Neben dem Bundesverdienstkreuz, das ihr 1970 für ihre Verdienste beim Aufbau einer
demokratischen Presse verliehen wurde, erhielt Ruth Baron den Landesorden RheinlandPfalz und im Jahr 1981 den Orden »Pro ecclesia et pontifice«, die höchste päpstliche
Auszeichnung, die zu dieser Zeit an eine Frau vergeben wurde.
1982 ging Ruth Baron in den Ruhestand, blieb aber weiter journalistisch für die
Katholische Nachrichtenagentur tätig. Ihre letzten Lebensjahre verbrachte sie in ihrer
Geburtsstadt Landau.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2011 (ew)
Therese Behr
Gemälde von Eugen Spiro, 1945
Therese Behr
Liedersängerin
geboren am 14. September 1876 in Stuttgart
gestorben am 30. Januar 1959 in Lugano
Therese Behr war die älteste Tochter Lina Behrs und des Mainzer Hofmöbelfabrikanten
Carl Behr, der 1883 in der Mainzer Neustadt ansässig wurde und dort bis zu seinem Tod
im Jahre 1934 wohnte.
Er ermöglichte seiner Tochter den Gesangsunterricht bei einigen der angesehensten
Pädagogen der damaligen Zeit, unter ihnen Julius Stockhausen in Frankfurt und Franz
Wüllner in Köln. Mit 22 Jahren übersiedelte Therese Behr von Mainz nach Berlin, um bei
Etelka Gerster zu studieren. Sehr schnell machte sie sich als Liedersängerin einen Namen
und trat in den renommierten Salons des kaiserlichen Berlin auf. Ihre Konzerttourneen
führten sie durch Deutschland, Russland, Holland, sowie nach London und Paris. Sie
konnte die Menschen mit ihrem Gesang zu Tränen rühren. Die besten Pianisten bewarben
sich darum, sie am Klavier begleiten zu dürfen. Dazu gehörten insbesondere Richard
Strauss, der unter anderem das Lied »Traum durch die Dämmerung« speziell für ihre
Stimme komponierte, aber auch der weltberühmte Fritz Kreisler und ihr späterer Mann
Artur Schnabel. Ihm verhalf sie zu seiner Karriere, indem sie ihm gestattete, hin und
wieder auch solistisch in ihren Konzerten aufzutreten. Schnabel widmete ihr seine in den
Jahren 1899 bis 1902 entstandenen Liedkompositionen. Therese Behr und Artur Schnabel
heirateten 1905 in Berlin: ihre 12-Zimmer-Wohnung in Charlottenburg, in der vier
Bechstein-Konzertflügel standen, wurde bis zu ihrer Emigration 1933 zu einem Treffpunkt
der musikalischen Welt.
Die Emigration aus Hitler-Deutschland führte die Schnabels zunächst nach Tremezzo in
Italien und 1937 nach New York, wo die Schnabels aufgrund ihrer Nordamerika-Tourneen
in den 20er und frühen 30er Jahren bereits bekannt waren. Therese Behr, die später auch
als Lehrerin wirkte (zu ihren Schülerinnen zählten Gertrud Hindemith und die Zürcher
Opernsängerin Maria Stader), starb 1959 in Lugano. Ihr Sohn Karl Ulrich Schnabel, der
1909 in Berlin geboren wurde und seit 1937 in New York lebt, wurde ein bedeutender
Pianist und Pädagoge. Er trat im Januar 1997 erstmals in Mainz auf und unterrichtete
in der Gartenfeldstraße 13 junge Mainzer Pianisten - an dem Ort, wo seine Mutter
aufgewachsen war.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1998 (ew)
Berthoara
merowingische Prinzessin
geboren um 541
Die merowingische Prinzessin Berthoara war – wie wir heute sagen würden – die erste
Großinvestorin und Stifterin in Mainz. Über ihr Leben ist kaum etwas bekannt, nur ihr
Name ist im Zusammenhang mit der Finanzierung von Kirchenneubauten in der Zeit von
12
Bischof Sidonius (Mitte bis Ende des 6. Jahrhunderts) überliefert.
Berthoara war die Tochter des Merowingerkönigs Theudeberts I. (und damit Urenkelin
Chlodwigs I.) und der Langobardenprinzessin Wisigarda.
Theudebert, dessen Regierungszeit zwischen 534 und 548 datiert werden kann, hatte
Sidonius als Bischof von Mainz eingesetzt, um nach den Wirren der Völkerwanderung
und der völligen Zerstörung der Stadt im 5. Jahrhundert wieder kirchliche und städtische
Strukturen aufzubauen.
Das römische Mainz war verschwunden, ein merowingisches, beziehungsweise
fränkisches sollte entstehen. Dabei half die Prinzessin Berthoara finanziell. Ob sich
Berthoara tatsächlich längere Zeit in Mainz aufgehalten hat, ist nicht überliefert.
Vom merowingischen Leben in Mainz zeugen aber zahlreiche Funde, zu denen auch
solche Grabbeigaben, wie nebenstehend abgebildet, gehören. Es ist zu vermuten,
dass Berthoara nicht nur den Bau einer Taufkirche in unmittelbarer Nähe der heutigen
evangelischen Johanniskirche ermöglichte, sondern auch andere Bautätigkeiten förderte.
Bekannt ist, dass unter Sidonius zum Beispiel eine Uferbegradigung und –befestigung
des Rheins vorgenommen wurde.
Dass wir heute überhaupt etwas von Berthoaras Tätigkeit für Mainz wissen, ist dem
Dichter Venantius Fortunatus zu verdanken. In einem seiner Gedichte über den Bischof
Sidonius heißt es unter anderem, Berthoara sei eine »Zierde der Kirche« und »würdige
Tochter des Vaters Theudebert«, die durch den Bau der Taufkirche ein Gelübde erfüllt
habe.
1930 erschien aus Anlass der Hundertjahrfeier der evangelischen Johanniskirche ein
Theaterstück von Marie Möll mit dem Titel »Das Diadem der Berthoara«, mit dem die
Geschichte um Berthoara für kurze Zeit noch einmal aufleben konnte. Andere Zeugnisse
ihres Lebens und Wirkens in Mainz gibt es nicht.
An Sidonius erinnert heute zumindest noch eine Wandmalerei an einem Haus in der
Schießgartenstraße.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2005 (ew)
Irmgard Biernath
Bildhauerin
geboren am 8. Dezember 1905 in Waldheim/Sachsen
gestorben am 10. August 1998 in Mainz
Erst als Vierzigjährige konnte die Bildhauerin Irmgard Biernath ihren Traum von einem
Kunststudium verwirklichen. Kunstunterricht zu erteilen aber war bereits seit Jahrzehnten
ihr Beruf. Bis sie 1941 freiwillig aus dem Schuldienst ausgeschieden war, arbeitete sie
an verschiedenen Volksschulen in und um Berlin. Nach ihrem Studium verließ sie 1948
Ostberlin und zog in den Westen.
1953 kam Irmgard Biernath nach Mainz. Auch hier war sie wieder als Kunsterzieherin
tätig, bevor sie sich 1970 als Freischaffende ausschließlich der Bildhauerei widmete. In
ihrem Atelier in der Weintorstraße entstanden viele weit über Mainz hinaus bekannte
Werke.
Einen Namen machte sie sich besonders durch die Gestaltung der Pièta am Pulverturm
und des Reliefs Georg Forsters am Professorenhaus in der Alten Universitätsstraße.
Zu ihren bedeutenden Werken zählt auch eine Büste von Anna Seghers.
Zu ihrem 90. Geburtstag wurde eine Ausstellung ihres Lebenswerkes in der Galerie
Brückenturm der Stadt realisiert.
Noch kurz vor ihrem Tode schuf sie eine Brunnenfigur für ihre Geburtsstadt Waldheim.
Dort wollte sie auch begraben werden - unter einem von ihr selbst 40 Jahre zuvor
geschaffenen Grabstein.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2000 (ew)
13
Bilhildis
Heilige und Klosterstifterin
7./8. Jahrhundert
Die genauen Daten ihres Lebens sind unbekannt. Bilhildis war eine mittelrheinische
Lokalheilige, die in Mainz und Hochheim verehrt wurde. Sie gilt als Gründerin des
Altmünsterklosters in Mainz und als Wohltäterin. An Bilhildis erinnert eine Steinfigur, die
seit 1954 an der Südwand des Erthaler Hofs in der Schillerstraße steht. Ehemals hatte sie
ihren Standort im Altmünsterkloster.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1994 (mc)
Bilhildis
Julie Bläsius
(auch Julie Blasius)
Räuberin
geboren am 22. März 1781 in Weierbach
gestorben am 3. Juli 1851 in Weierbach
An Mainz hatte Julie Bläsius, genannt Julchen, wohl zeit ihres Lebens die denkbar
schlechtesten Erinnerungen, denn hier entschied sich im Jahre 1803 ihr weiteres
Schicksal. Julie Bläsius, Räuberin, Gefährtin und Fast-Ehefrau des berühmten
Schinderhannes stand gemeinsam mit ihm und anderen Mitgliedern der Räuberbande in
Mainz vor Gericht.
Um das Jahr 1800 hatte Julie den Johannes Bückler, genannt Schinderhannes, in ihrem
Heimatdorf in der Nähe von Idar-Oberstein kennen gelernt. Julie stammte aus einfachsten
Verhältnissen und schlug sich als Musikantin durch Leben. Ab Mitte des Jahres 1800
ging sie wohl mit auf Raubzug, verhökerte auf rechtsrheinischem Gebiet allerlei Waren
ungeklärter Herkunft. 1802 wurde Schinderhannes verhaftet und der französischen
Gendarmerie in Mainz überstellt - und Julie mit ihm. Wie er und andere Bandenmitglieder
wurde auch sie im Holzturm eingekerkert. Dort bekam sie auch ihr zweites Kind. Im
Prozess gegen die Räuberbande wurde Julie von ihrem Geliebten stets entlastet. Er
habe sie verführt, gab Schinderhannes zu Protokoll, sie sei keine Räuberin gewesen.
Schinderhannes und neunzehn weitere Bandenmitglieder wurden zum Tode verurteilt und
am 21. November 1803 in Mainz, an einer Stelle im heutigen Stadtpark hingerichtet. Julie
erhielt eine zweijährige Zuchthausstrafe.
Sie überlebte ihren Geliebten um beinahe 50 Jahre; lang genug, um noch die
Mythenbildung um den Räuberhauptmann zu erleben. Welche Rolle Julie Bläsius auch
immer in der Bande gespielt hat, Frauen waren in den großen Räuberbanden des 17./18.
Jahrhunderts durchaus keine seltene Erscheinung. Auch in der Schinderhannes-Bande
gab es mehrere Frauen, einige von ihnen wurden wie Julie mit Zuchthaus oder mit
Verbannung bestraft.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1996 (ew)
Betty v. Braunrasch-Schott
Barbara (Betty) Edle v. Braunrasch-Schott
Pianistin und Mäzenin
geboren 1820 in Mainz
gestorben 1875 in Mainz
Betty Schott, selbst ausgebildete Pianistin und Sängerin im Damengesangsverein der
Liedertafel, gehörte zu den ersten Kunstmäzeninnen der Stadt. 1844 heiratete sie
Franz Philipp Schott und damit in die traditionsreiche Musikverlegerfamilie ein. Mit der
Gründung der Schott-Braunrasch´schen Stiftung »zur Pflege und Förderung der Musik«
trug sie Mitte des 19. Jahrhunderts wesentlich zur finanziellen Absicherung von Musikern
14
in Mainz bei. Zusammen mit ihrem Mann baute sie im oberen Teil der Gaustraße den
»Schottenhof« und überließ das Gebäude der Stadt zur Stiftung.
Aus den Erträgen konnte so etwa ein 45 Mitglieder starkes städtisches Orchester und ein
ständiger Dirigent finanziert werden. Auch heute noch gehört die Schott-Braunrasch’sche
Stiftung zu den bei der Stadt geführten unselbstständigen Stiftungen.
Förderin von Musikschaffenden war Betty Schott auch noch in andere Weise: Sie
unterhielt engen Kontakt zu Richard Wagner und setzte sich nachhaltig für die
Veröffentlichung seiner Werke im Musikverlag ein.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1995 (ew)
Maria Johanna Brochard
Sängerin und Schauspielerin
geboren am 13. Januar 1775 in Mainz
gestorben am 24. April 1824 in Prag
Weder ihre Mutter, die Sängerin Eva Brochard, noch ihr Vater, der Balletmeister Georg
Paul Brochard, stammten aus Mainz, und doch wurde die später sehr bekannte Sängerin
und Schauspielerin in Mainz geboren. Ihre Eltern waren zum Zeitpunkt ihrer Geburt
wohl beide am Theater in Mannheim unter Leitung von Theobald Marchand tätig. Im
Alter von sechs Jahren kam Maria Johanna mit ihren Eltern nach München, lernte Klavier
spielen und trat bereits in kleinen Rollen auf. Das Baierische Musik-Lexikon von 1811
vermerkt zu ihrem weiteren Lebensweg: »Da die Eltern den Entschluß gefasst hatten,
diese ihre Tochter auch in der Musik, und besonders im Singen zur Künstlerin zu bilden,
so vertrauten sie dieselbe dem Unterricht des Vize-Kapellmeisters Leopold Mozart in
Salzburg an, wohin sie den 12. März 1783 abgereiset ist. Den 2. Sept. 1784 kam sie von
dort zurücke, und erhielt nun von dem eben genannten Marchand die feinere Bildung im
Schauspiele.«
Es folgten für Maria Johanna Brochard Engagements in München, Mannheim, Berlin,
Hamburg, Wien, Prag und zuletzt Bamberg. 1792 heiratete sie den Solo-Tänzer
Franz Renner, 1820 dann den Theaterdirektor und Dramatiker Franz Ignaz Holbein v.
Holbeinsberg. Ob sie jemals wieder in Mainz war, geschweige denn hier gesungen hat, ist
nicht verbrieft.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2008 (ew)
Bruna
gelehrte Jüdin
14. Jahrhundert
1930 legte die Berlinerin Regina Jonas, die fünf Jahre später zur ersten Rabbinerin
der Welt ordiniert wurde, an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums
in Berlin ihre Abschlussprüfung ab. Der Titel ihrer halachischen, aus den jüdischen
Religionsgesetzen begründeten, wissenschaftlichen Arbeit lautete: »Kann die Frau das
rabbinische Amt bekleiden?« Jonas berief sich auf zahlreiche historische Beispiele
weiblicher Religionsausübung - darunter auch auf »Frau Brune aus Mainz«. Jene habe das
unter der Oberbekleidung zu tragende Hemd mit Schaufäden, den Tallit katan, angelegt.
Jonas zitiert weiter aus einer anderen Quelle eine religiöse Auslegung des berühmten in
Mainz geborenen Rabbiners und Gelehrten Maharil (1355 - 1427).
»Man frage ihn: Warum protestiert er nicht wegen der Rebbezin (Ehefrau des Rabbiners),
Frau Bruna, in seiner Stadt. Diese legte sich zu allen Zeiten ein Hemd mit Schaufäden an.
Er antwortete: Vielleicht hört sie nicht auf ihn - ihren Mann -, in so einem Fall ist es besser,
wenn man ein - unwissender - Irrender bleibt, als zu einem - wissenden - Böswilligen zu
werden.«
15
Nachgewiesen ist auf dem Alten Jüdischen Friedhof in Mainz ein Grabstein aus dem 14.
Jahrhundert für Bruna, Tochter des Joseph. Die ihr gewidmete Inschrift ist heute nicht
mehr lesbar. Frau Brune aus Mainz muss eine gebildete Frau gewesen sein, die auch über
genaue Kenntnisse der jüdischen Religionsgesetze verfügte und sie auszulegen wusste.
Magenza, das jüdische Mainz, war trotz zahlreicher Pogrome im Mittelalter und der
beginnenden Neuzeit, ein bedeutendes Zentrum des Judentums. Die Frauen in Magenza
waren ein wichtiger und keineswegs untergeordneter Teil der Gemeinschaft.
Die erste Rabbinerin der Welt, Regina Jonas, überlebte die Nazi-Zeit nicht. Zunächst nach
Theresienstadt deportiert, wurde die 42jährige im Oktober 1944 zusammen mit ihrer
Mutter Sara Jonas im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ermordet.
Lina Bucksath
Erst 1972 wurde mit Sally Prisand am Hebrew Union College in Cincinatti zum zweiten
Male eine Rabbinerin ordiniert.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2008 (ew)
Lina Bucksath
Lehrerin und Kommunalpolitikerin
geboren am 3. August 1866 in Bremen
gestorben am 4. November 1949 in Detmold
Drei Frauen zogen 1919 nach der ersten Stadtratswahl nach Einführung des
Frauenwahlrechts in den Mainzer Stadtrat ein. Neben Elise Schiffmacher (Zentrum) und
Martha Seering (SPD) war dies die DDP-Abgeordnete Lina Bucksath.
Die in Bremen geborene Lina Bucksath, Geburtsname Klauke, absolvierte zunächst eine
Lehrerinnenausbildung. Ab 1906 war sie in der Ausbildung von Kinderpflegerinnen,
Kindergärtnerinnen und Jugendleiterinnen an der Mainzer Frauenarbeitsschule tätig.
Diese ein- bis eineinhalb-jährigen Kurse endeten mit einer staatlichen Prüfung. Mainz war
zu dieser Zeit die einzige Stadt im hessischen Raum, die eine solche Ausbildung anbot.
1917 wechselte Lina Bucksath in das städtische Fürsorgeamt für Kriegsbeschädigte und
Kriegerhinterbliebene. Zwei Jahre später wurde ihr die Leitung des Amtes übertragen.
Doch 1922 kehrte sie an die nunmehr städtische Frauenarbeitsschule zurück und leitete
diese Einrichtung immerhin zehn Jahre bis 1932.
Als Leiterin folgte Lina Bucksath auf Dr. Olga Essig, die in ihrer kurzen Amtszeit viel Kritik
konservativer Kreise aushalten musste.
In die zehn Jahre der Leitungstätigkeit von Lina Bucksath fiel der Ausbau der
Frauenarbeitsschule und der Umzug im April 1928 in das Schulhaus am Feldbergplatz,
dort wo auch heute noch die Berufsbildende Schule II für Hauswirtschaft und
Sozialpädagogik zu finden ist. Lina Bucksath selbst würdigte dieses Ereignis in einer
1930/1931 verfassten Denkschrift. Der Umbau des Gebäudes hatte hohe Summen
verschlungen und die Stadt steckte schon damals in großen finanziellen Nöten.
Lina Bucksath setzte sich in den kommenden Jahren erfolgreich für eine Erweiterung
des Ausbildungsspektrums ein. Ab 1929 wurden so auch Gewerbelehrerinnen
ausgebildet. Mit 66 Jahren schied Lina Bucksath aus ihrer aktiven Tätigkeit in der Mainzer
Frauenbildung
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2001 (ew)
16
Maria Bund
Frauen- und Sozialpolitikerin
geboren am 18. Februar 1912
gestorben am 1. Dezember 2001 in Mainz
Noch wenige Monate vor ihrem Tod wurde Maria Bund für ihre siebzigjährige
Mitgliedschaft in der SPD geehrt. Die Ehrung galt der Sozialdemokratin, aber vor allem
auch der engagierten Sozialpolitikerin.
Im Odenwald geboren, kam sie mit neun Jahren nach dem Tod ihrer Mutter zu einer
Tante nach Mainz. »Ich stamme aus einer alten sozialdemokratischen Familie und bin
so erzogen worden«, beschrieb Maria Bund in einem Zeitungsartikel ihren Weg zur
Arbeiterjugend und der Gewerkschaftsbewegung der 20er Jahre. 1931 trat sie dann
der SPD bei. Mitglied in der Gewerkschaft wurde sie bereits während ihrer Lehre als
Schneiderin. 1933 heiratete sie Karl Bund, ebenfalls Schneider, zu dieser Zeit aber
Gewerkschaftssekretär des Bekleidungsarbeiter-Verbandes in Frankfurt. Dort konnte der
engagierte Gewerkschafter nicht bleiben, so entschloss sich das Ehepaar, in Mainz zu
wohnen - in der inneren Emigration, wie es Maria Bund später beschrieb. Beide betrieben
eine kleine Schneiderwerkstatt.
Im Herbst 1945 gründete Maria Bund zusammen mit anderen Frauen eine Gruppe der
Arbeiterwohlfahrt in der Ebert-Siedlung. Der Arbeiterwohlfahrt blieb sie auch weiter
verbunden, doch ihr Engagement reichte weiter: über viele Jahre leitete Maria Bund
die SPD-Frauengruppe, zweimal saß sie für die SPD im Stadtrat und widmete sich der
Sozial- und Jugendpolitik, sie war Jugendschöffin und ab 1982 zehn Jahre lang aktives
Mitglied im neugegründeten Seniorenbeirat der Stadt. Für ihre ehrenamtliche Arbeit, die
sie neben ihrem Hauptberuf einer selbständigen Schneiderin leistete, erhielt Maria Bund
zahlreiche Ehrungen, darunter auch 1991 das Bundesverdienstkreuz am Bande.
Maria Bund
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2004 (ew)
Sophie Cahn
Lehrerin
geboren am 18. November 1883 in Mainz
gestorben am 10. August 1964 in England
Sophie Cahn
Im März 1903 trat Sophie Cahn ihre Stelle als Lehrerin an der Höheren Mädchenschule
an und damit an der Schule, an der sie von 1889 bis 1899 selbst Schülerin gewesen war
und an der sie die unterste Seminarklasse des Lehrerinnenseminars besucht hatte.
Zur weiteren Ausbildung ging Sophie Cahn im Jahr 1900 an das Lehrerinnenseminar in
Darmstadt und verbrachte nach ihrer Abschlussprüfung 1902 ein halbes Jahr in England.
30 Jahre lang, von 1903 bis 1933, unterrichtete sie dann an der Höheren Mädchenschule
die Fächer Deutsch, Französisch, Rechnen, Geographie, Israelitische Religion und Turnen.
Im Juli 1933 wurde sie als Jüdin aus dem Schuldienst entlassen. Mit ihr mussten auch
die Lehrerin Johanna Sichel und der Lehrer Dr. Moritz Lorge die Höhere Mädchenschule
verlassen. 1934 fand Sophie Cahn dann eine Anstellung an der neu geschaffenen
»Jüdischen Bezirksschule«, die sich in einem Seitengebäude der Synagoge an der
Hindenburgstraße befand. Als in der Reichspogromnacht die Synagoge brannte, wurde
auch die Schule zerstört. Das war das Ende eines regulären Schulunterrichts, den
die jüdischen Mädchen und Jungen an der Bezirksschule und auch an der Schule der
Israelitischen Religionsgesellschaft, der Bondi-Schule, erhalten hatten.
1939 gelang es Sophie Cahn, fünf Mädchen auf einem der letzten Kindertransporte nach
England unterzubringen. Sie selbst schaffte es ebenfalls noch, nach England zu fliehen.
Unterkunft fanden die Mainzerinnen gemeinsam in einem Landhaus in Hertfordshire.
Einen Teil ihres Lebensunterhaltes konnten sie zunächst durch Spenden der Quäker
bestreiten, den Großteil aber mussten sie durch eigene Arbeit auf dem Landgut und
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mit den eingeschränkten Erwerbsmöglichkeiten, die ihnen dann in der Kriegszeit als so
genannte feindliche Ausländerinnen offenstanden, erwirtschaften. Sophie Cahn versuchte
zudem, die Mädchen weiter zu unterrichten.
Sophie Cahn blieb auch nach dem Krieg in England, hielt aber vielfältige Verbindungen
nach Deutschland und auch zu ihren ehemaligen Schülerinnen. Wichtig wurde ihr zudem
die Vermittlung eines Schülerinnenaustausches zwischen England und Deutschland.
[Nachtrag: Seit 1997 trägt eine Straße im Martin-Luther-King-Park ihren Namen.]
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1991 (mc/ew)
Marie Clausnitzer-Hennes
Sophie Christ
Schriftstellerin
geboren am 9. September 1836 in Mainz
gestorben am 23. April 1931 in Mainz
Eine Straße im Stadtteil Marienborn trägt seit Januar 2001 ihren Namen: sechzig Jahre
nach ihrem Tod gelang damit eine Würdigung des Schaffens von Sophie Christ. 95 Jahre
alt wurde sie und galt 1931 nicht nur als älteste Einwohnerin der Stadt, sondern auch
als älteste Schriftstellerin Deutschlands. Zudem war sie Ehrenmitglied des Mainzer
Journalisten- und Schriftstellervereins.
Ihre berufliche Laufbahn aber begann Sophie Christ als Schauspielerin. 1855 hatte sie ein
erstes Engagement in Weimar, es folgten die Bühnen in Regensburg, Heidelberg, Aachen,
Wiesbaden und schließlich in Hamburg. Dort machte sie sich 1870 am Schauspielhaus
einen Namen als Heroine. Sophie Christ lagen die dramatischen Rollen, doch schon Mitte
der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts gab sie ihre Theaterkarriere auf und zog zurück
nach Mainz.
Für einige Jahre war sie als Sekretärin der überaus produktiven Romanautorin Ida Gräfin
Hahn-Hahn tätig. Sophie Christ griff jedoch nicht nur beim Diktat zur Feder, sondern
verfasste sehr rasch eigene Werke. Literarisch trat sie in Ida Hahn-Hahns Fußstapfen, dazu
gehörten auch Reiseberichte aus fernen Ländern. Mehrmals unternahm sie weite Reisen,
unter anderem durch den Vorderen Orient. Ihre Erlebnisse schilderte sie in den 1888
erschienenen »Orientalischen Tageblättern«.
Sophie Christs bekanntestes Werk aber war das 1889 erstmals herausgegebene
»Taschenbüchlein des guten Tones«. Insgesamt erschienen davon 13 Auflagen. Die
Schriftstellerin plädierte darin nicht allein für gutes Benehmen, sondern brach eine Lanze
für die Berufstätigkeit von Frauen. Sich selbst versorgen zu können, das sollte nicht nur
für ihr eigenes Leben gelten.
Ihre letzten Lebensjahre verbrachte Sophie Christ in einem der »Professorenhäuser« in
der Betzelsstraße.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2003 (ew)
Marie Clausnitzer-Hennes
Dichterin
geboren am 11. Mai 1824 in Endschütz bei Weida
gestorben am 21. Januar 1864 in Wiesbaden
Schon früh hatte die in der Nähe von Weimar aufgewachsene Tochter einer Pfarrerswitwe
begonnen, Gedichte zu schreiben und in Zeitschriften zu veröffentlichen. 1858 erschien in
Leipzig auch ihr erster Gedichtband.
Über die Vertonung ihres Gedichtes »Wie reich« machte sie die (Brief-)Bekanntschaft
mit dem in Mainz lebenden Musiklehrer und Komponisten Aloys Hennes. Noch weitere
Vertonungen und ein Besuch bei der Dichterin sollten folgen. Am 30. August 1859
heirateten sie und so kam Marie Clausnitzer nach Mainz.
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Zwei Jahre lebte das Paar in Kastel, da es dort für Aloys Hennes leichter war, das
Bürgerrecht zu erwerben. 1861 zogen sie nach Mainz, wo auch am 21. Dezember 1861
die Tochter Therese geboren wurde.
Von Anfang an hatten Marie Clausnitzer und Aloys Hennes finanzielle Probleme. Die
Musikstunden und Liedkompositionen brachten nur wenig ein. So begann Marie
Clausnitzer schon bald mit der Arbeit an einem neuen Gedichtband. »Neue Gedichte«
lautete der Titel, erschienen im August 1861 im Selbstverlag der Verfasserin.
Werbemaßnahmen wie Zeitungsinserate und die Garantie, bei Nichtgefallen den
Kaufpreis zu erstatten, sollten das Publikum aufmerksam machen.
Der Verkaufserfolg blieb auch nicht aus. Doch Marie Clausnitzer-Hennes war zu dieser
Zeit schon nicht mehr bei bester Gesundheit und konnte auch nach der Geburt ihrer
Tochter kaum noch an weiteren Gedichten arbeiten. Sie starb drei Jahre später in
Wiesbaden, wo die Familie mittlerweile lebte. Im Leipziger Illustrirten Familien-Journal
erschien als Nachruf ein Gedicht mit dem Titel Ein Rosenkranz auf das Grab der Frau
Marie Clausnitzer-Hennes.
Aloys Hennes selbst heiratete schon wenige Monate später eine junge Frau aus
Wiesbaden und widmete sich der Veröffentlichung neuer Unterrichtsmaterialien, den
»Klavier-Unterrichtsbriefen«. Aber vor allem förderte er seine Tochter Therese, die schon
bald als echtes Wunderkind am Piano galt. Therese spielte mit neun Jahren erstmals vor
größerem Publikum in Frankfurt und Wiesbaden.
Schon bald folgte der Umzug nach Berlin - und für Therese Hennes begannen
Konzertreisen durch viele deutsche und europäische Städte. 1877 veröffentlichte ihr
Vater ein Buch über ihre musikalische Erziehung, das wohl nur auf Englisch erschien.
Was aber aus dem Wunderkind Therese Hennes ab dem Ende der siebziger Jahre des 19.
Jahrhunderts geworden ist, darüber fehlen gesicherte Quellen. Aloys Hennes starb im
Juni 1889 in Berlin.
Auguste Cornelius
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2010 (ew)
Charlotte Auguste Sophie Agnes Cornelius
Sängerin und Schriftstellerin
geboren am 7. Juli 1826 in Darmstadt
gestorben am 30. November 1891 in Berlin
»Äußert schwierig in ihrem Wesen und deshalb zu einem dornenvollen Lebensweg
vorausbestimmt, war Auguste die begabteste der Schwestern. Sie glich weder dem
Vater noch der Mutter, letztere höchstens äußerlich in der kleineren rundlichen Gestalt,
während alle übrigen Geschwister hoch gewachsen und hager waren. Sie ging schon
ihre besonderen Wege und zwar mit einem gewissen Trotz. Ohne Sinn für weibliche
Beschäftigung, suchte sie sich gern Knaben zu Spielkameraden, trug sich in Kleidung
und Haarschnitt nach männlicher Weise und äußerte oft geradezu: Ach wenn ich doch ein
Junge wäre!...«
So beschrieb der Neffe Carl Maria Cornelius seine Tante Auguste, die zwei Jahre jüngere
Schwester von Peter Cornelius.
Auguste Cornelius galt schon zur Mainzer Zeit in ihrer Familie als schwieriges Mädchen,
dabei begann ihre Entwicklung zur Sängerin noch recht hoffnungsvoll. Sie besaß eine
sehr ausdrucksstarke Stimme und wollte schon als junges Mädchen unbedingt auf die
Bühne. Für ihre Eltern, das Schauspielerehepaar Karl und Friederike Cornelius, war der
Berufswunsch kein Problem, nur der älteste Bruder Carl Adolf glaubte, Augustes Pläne
durchkreuzen zu müssen.
Auguste aber setzte sich durch und fand in dem Opernkomponisten Giacomo
Meyerbeer einen Förderer. Meyerbeer war es auch, der ihr ein Stipendium für eine
Gesangsausbildung vermittelte. Doch Auguste erkrankte schwer und verlor ihre Stimme.
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In der Folgezeit versuchte Auguste Cornelius ihre zweite große Begabung nutzbar zu
machen: sie schrieb - auch unter dem Pseudonym Paul Dido - zahlreiche Lustspiele und
andere Bühnenstücke und war als Übersetzerin von Werken Molières und anderer tätig.
Einige Aufträge für Bühnenstücke soll ihr Peter Cornelius verschafft haben.
Er habe auch ein Engagement in München nur annehmen wollen, um Auguste zu sich zu
holen und dadurch finanziell unterstützen zu können.
Auguste aber, die seit 1878 in Berlin-Charlottenburg zusammen mit ihrer Freundin
lebte, wollte nichts von solchen brüderlichen Angeboten wissen. Sie wollte eigenständig
bleiben, auch wenn das bedeutete, dass sie sich häufig mehr schlecht als recht durchs
Leben schlagen musste.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2005 (ew)
Bertha Cornelius
geborene Bertha Jung
Bertha Cornelius
geboren am 20. November 1834 in Mainz
gestorben am 6. Februar 1904 in Rom
»Eine Stadt gab uns das Leben,
Dir mein Liebchen, Dir wie mir.
Hier mein Gässchen, gleich daneben
Um die Ecke geht’s’ zu Dir.
Mancher legt wohl manche Strecke
Schnell zurück, oft wunderbar –
Lieb! Und zu der einen Ecke
Braucht’ ich volle vierzig Jahr.«
Diese Zeilen schrieb Peter Cornelius für seine Braut Bertha.
Tatsächlich lag das Geburtshaus des Mainzer Komponisten an der Ecke Mittlere
Bleiche/Schießgartenstraße nicht weit entfernt vom Elternhaus der Bertha Jung in der
Bauhofstraße 5. Und Peter Cornelius hatte schon ein bewegtes Leben hinter sich, als
er sich 1865 mit Bertha Jung verlobte und die beiden zwei Jahre später standesamtlich
heirateten.
Doch auch Bertha war mit über 30 Jahren kein junges Mädchen mehr. Die Tochter von
Wilhelm und Susette Jung wuchs in einer gut situierten Mainzer Familie auf. Der Vater war
Oberlandesgerichtsrat. Bertha konnte viele musische Talente entwickeln, so war sie eine
begabte Zeichnerin und Kopistin alter Gemälde. Beschrieben wird sie auch als vielseitig
kulturell und wissenschaftlich interessiert. Mit 24 Jahren unternahm sie zum Beispiel
mit Bekannten eine ausgedehnte Reise nach Madeira. Doch sicherlich war das Leben als
unverheiratete Frau Mitte des 19. Jahrhunderts nicht so einfach, auch wenn Bertha durch
die Ehe mit Peter Cornelius alles andere als finanziell abgesichert war.
Peter Cornelius war für Bertha kein Unbekannter: ihre Schwester Emma war mit Peters
Bruder Wilhelm verheiratet und Berthas Vater, der selbst gern Musiker geworden wäre,
war ein großer Bewunderer des Komponisten.
Peter Cornelius bezeichnete Bertha als seinen rettenden Engel, der ihn von der Irrfahrt
erlöst habe. Die Ehe dauerte aber nur sieben Jahre, denn bereits am 26. Oktober 1874
starb Peter Cornelius in Mainz. In dieser kurzen Zeitspanne bekam Bertha vier Kinder,
von denen aber nur der 1868 geborene Sohn Carl Maria und die 1869 geborene Tochter
Franziska Maria das Erwachsenenalter erreichten.
Über Berthas weiteres Leben ist wenig bekannt. Auch ihr Sohn Carl Maria, der eine
Biografie seines Vaters verfasste, schrieb relativ wenig über seine Mutter.
Bekannt ist, dass sie – wie Peter Cornelius – an Diabetes litt und 1904 an den Folgen
dieser Erkrankung in Rom starb. Dort ist sie auch beigesetzt, während das Grab von Peter
Cornelius auf dem Mainzer Hauptfriedhof zu finden ist.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2005 (ew)
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Sophie Gräfin von Coudenhoven
Kurfürstliche Beraterin
geboren am 21. Januar 1747
gestorben am 21. Mai 1825 in Paris
Eine Frau als enge Vertraute und politische Beraterin eines Kurfürsten war in der
erzbischöflichen Residenzstadt Mainz eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Die große
Ausnahme bildete im 18. Jahrhundert Sophie Gräfin von Coudenhoven, geborene
Gräfin Hatzfeldt. Sie galt weithin als »Zierde des Mainzer Hofes« und Ratgeberin ihres
Großonkels, des Kurfürsten Karl Friedrich v. Erthal, des letzten Mainzer Kurfürsten.
Sophie von Coudenhoven kam 1774 mit ihrer Familie an den Mainzer Hof; zwölf Jahre
später starb ihr Mann Georg Ludwig von Coudenhoven. Doch nicht erst als Witwe
entwickelte die Gräfin große Talente als Politikerin. Viele Zeitgenossen, dazu zählte die
politische Prominenz, aber auch Goethe, rühmten ihre diplomatischen Fähigkeiten.
Ihre Enkelin, Marietta von Coudenhoven, schrieb über sie: »Stets stand sie dem
Kurfürsten mit Rat und Tat hilfreich zur Seite, sei es, um ihm mit ihrem männlich
klaren Urteil bei der Entwirrung der politischen Lage die Wege zu zeigen, sei es um mit
ordnender Frauenhand in seinem Haushalt zu schalten und zu walten oder sei es, um
bloß bei seinen Repräsentationsfesten zu glänzen. Sie stand im Ruf, die Gründung eines
Fürstenbundes gegen die Politik Kaiser Josefs gefördert zu haben...«
Die Coudenhoven schaltete und waltete tatsächlich. Sie hielt sich nicht im Hintergrund,
sondern griff offen in politische Arrangements ein. Sie war auch Mittelpunkt des
höfischen Lebens, das unter Erthal einen deutlichen Aufschwung erfuhr.
Ihre große politische Bedeutung in Mainz fand durch die Mainzer Republik ein Ende. Sie
zog mit dem kurfürstlichen Hof nach Aschaffenburg, später lebte sie in Paris, wo sie 1825
starb.
Dr. Elisabeth Darapsky
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1999 (ew)
Dr. Elisabeth Darapsky
Archivarin
geboren am 3. November 1913 in Mainz
gestorben am 30. Juli 1998 in Mainz
Als Oberarchivrätin im Stadtarchiv war Elisabeth Darapsky eine Mainzer Institution.
Über viele Jahre trug sie entscheidend dazu bei, dass das Stadtarchiv wichtige Bestände
sichern und erwerben konnte. Einen Namen machte sich die Historikerin auch durch
zahlreiche Veröffentlichungen.
Elisabeth Alice Juliane Darapsky wuchs in Mainz auf, legte 1933 an der Schule der
»Englischen Fräulein« ihr Abitur ab und studierte anschließend Geschichte, Germanistik
und Musikwissenschaft. 1939 wurde sie an der Universität Köln promoviert.
Bereits im April 1939 nahm sie ihre Tätigkeit im Stadtarchiv auf. Die Verbeamtung
aber wurde ihr verweigert. Für die Nazis war die tiefgläubige Katholikin Elisabeth
Darapsky politisch unzuverlässig. Aus ihrer religiös motivierten Gegnerschaft zum
Nationalsozialismus und zum Krieg machte sie denn auch keinen Hehl. Mit Folgen!
Briefe, die sie an ihren Bruder Emil geschickt hatte und Briefe ihres Bruders selbst, fielen
der Gestapo in die Hände.
Im Oktober 1943 wurden Elisabeth und Emil Darapsky verhaftet und für mehrere Monate
ins Mainzer Polizeigefängnis eingesperrt. Im Januar 1944 folgte die Überstellung der
Gefangenen nach Berlin. Vor dem Berliner Volksgerichtshof fand im September 1944 der
Prozess statt. Die Anklage lautete auf Wehrkraftzersetzung. Ihr Bruder wurde zum Tode
verurteilt und hingerichtet. Elisabeth Darapsky selbst wurde mit fünf Jahren Zuchthaus
und fünf Jahren Ehrverlust bestraft. Ihre Haftzeit musste sie zunächst in Berlin-Moabit,
später im Zuchthaus Waldheim verbringen.
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Nach der Befreiung durch die Alliierten im Frühjahr 1945 kehrte Elisabeth Darapsky nach
Mainz zurück. Am 24. Juni 1945 konnte sie auch ihre Tätigkeit im Stadtarchiv wieder
aufnehmen und blieb dort bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 1976. Ihre letzte große
Forschungsarbeit erschien 1995 unter dem Titel »Mainz, die kurfürstliche Residenzstaadt
1648 - 1792«. Nach kurzer Krankheit verstarb Elisabeth Darapsky im Alter von 84 Jahren.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2001 (ew)
Hildegard Diemer
Hildegard Diemer
geborene Petitjean
Erste Mainzer Motorsportlerin
geboren am 15. Juli 1901 in Wiesbaden
gestorben am 6. August 1989 in Mainz
Hildegard Diemer schrieb in den zwanziger und dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts
als einzige Frau der Region Automobilgeschichte. Der Funke der Begeisterung für den
Motorsport sprang vom Vater auf die Tochter über. Der Wiesbadener Bankdirektor
gehörte zu den ersten Automobilbesitzern der Kurstadt und im Jahr 1904 zu den
Gründungsmitgliedern des Wiesbadener Automobilclubs. Bei einem Clubausflug lernte
Hildegard Petitjean Dr. Eduard Diemer kennen, Mitinhaber eines Mainzer Verlags, den sie
1921 heiratete. Auch wenn sie von nun an in Mainz lebte und Mutter von zwei Kindern
wurde, behielt sie ihre Ambitionen für den Motorsport in Wiesbaden bei. In Mainz selbst
gab es vor 1926 noch keinen Automobilclub.
Die erfolgreiche Privatfahrerin erhielt die ONS-Lizenz und wurde Mitglied im Deutschen
Automobilclub. Sie nahm nicht nur an den legendären Rennen »rund um den Neroberg«
teil, sondern auch an längeren Zuverlässigkeitsfahrten unter schwierigen Bedingungen
und bewies dabei, dass sie »Benzin im Blut« hatte.
Mit ihrem Lieblingsauto, dem Opel 4/12 PS, besser bekannt als Laubfrosch, 56
km/h konnten damit erreicht werden, stellte sie als Amazone am Steuer 1933 ihre
Motorsporttauglichkeit unter Beweis. Die Teilnahme am XIII. Internationalen Wiesbadener
Automobilturnier, einer Sternfahrt die nach Königsberg führte, bedeuteten strapaziöse 72
Stunden mit äußersten Kraftakten an der Lenkung – ohne die längst selbstverständlichen
Fahrhilfen und zudem waren die Wagen damals kaum gefedert. Vor allem auf dieser
1100 Kilometer langen Strecke zeigte sich die robuste Konstitution der ehrgeizigen
Motorsportlerin.
Hildegard Diemer wurde 1937, nach dem Tod ihres Ehemannes, die »Frau am
Steuer« des Verlags und verzichtete von nun an auf die aktive Teilnahme an
Motorsportveranstaltungen. Die Liebe zum Auto behielt sie zeitlebens bei.
Während ihrer knapp zehnjährigen Karriere konnte Hildegard Diemer 16 Siege, sieben
Ehrenpreise und zahlreiche vordere Platzierungen erringen. Bis heute bewahrt ihre Tochter
geschmackvolle Trophäen aus edlem Silber und Kristall im Stil des Art Deco auf und denkt
dabei voller Bewunderung an ihre Mutter, die nichts von der Exklusivität des Sports, den
sie mit Leidenschaft pflegte, zur Schau stellte.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2006 (mh)
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Maria Dietz
Politikerin
geboren am 7. Februar 1894 in Düsseldorf
gestorben am 12. April 1980 in Mainz
Der Name Maria Dietz ist untrennbar mit der frühen Geschichte der CDU in Mainz
verbunden. Bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg engagierte sie sich in Mainz für
den Wiederaufbau einer christlich orientierten Partei und wurde zur Mitbegründerin der
Christlich-Sozialen Volkspartei, der Vorläuferin der CDU.
Die gelernte Lehrerin Maria Dietz kam 1922 durch ihre Heirat mit Heinrich Dietz, Direktor
der Städtischen Sparkasse, nach Mainz. Ihren Beruf konnte sie als verheiratete Frau
nicht mehr ausüben. Viele Jahre engagierte sie sich aber ehrenamtlich im Katholischen
Deutschen Frauenbund und einem internationalen Friedensbündnis von Müttern. Maria
Dietz bewahrte ihre pazifistische Haltung auch während der Nazi-Zeit.
Ihre politische Laufbahn begann am 13. Oktober 1946, als sie in die Kreisversammlung
des Stadt- und Landkreises Mainz gewählt wurde. 1948 folgte ein Mandat im
Mainzer Stadtrat. In der CDU gehörte sie zu den fünf Frauen, die 1947 in den ersten
Landesvorstand gewählt wurden. Ein Jahr später, im August 1948, übernahm Maria Dietz
den Vorsitz im neugebildeten CDU-Landesfrauenbeirat, der später zur Frauen-Union
wurde.
Frauenquote in der Partei - das war auch schon ein Thema für Maria Dietz. 20 Prozent
Frauen sollten auf der CDU-Liste für den ersten Deutschen Bundestag kandidieren. Auch
wenn die Quote nicht erfüllt wurde, Maria Dietz gehörte 1949 zu den ersten rheinlandpfälzischen Abgeordneten im Bundestag. Acht Jahre lang, bis 1957, agierte sie auf der
Bonner Bühne und führte ihre friedenspolitischen Bemühungen fort. In den folgenden
Jahren widmete sie sich wieder der Arbeit im Katholischen Deutschen Frauenbund.
Zu ihrem 80. Geburtstag erhielt Maria Dietz 1974 das Bundesverdienstkreuz Erster
Klasse.
Maria Dietz
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2000 (ew)
Dr. Ursula von Dietze
Dr. Ursula von Dietze
Leiterin der Stadtbibliothek
geboren am 12. Dezember 1925 in Rostock
gestorben am 5. April 1979 in Mainz
Ursula von Dietze war die erste Frau an der Spitze der Mainzer Stadtbibliothek,
der Stadtbüchereien und des Stadtarchivs. Geboren in Rostock, aufgewachsen
in Freiburg, machte sie 1943 ihr Abitur und studierte anschließend Geschichte,
Germanistik und Evangelische Theologie. 1955 promovierte sie in Mittlerer und Neuerer
Geschichte. Nach kurzer universitärer Laufbahn in Göttingen wurde Ursula von Dietze
Bibliotheksreferendarin an der dortigen Staats- und Universitätsbibliothek. 1965 kam
sie als Bibliotheksrätin an die Stadtbibliothek Mainz. Nur ein Jahr später, nach dem
plötzlichen Tode des Leiters Jürgen Busch, übernahm sie alle Leitungsfunktionen und
wurde so zur ersten Frau an der Spitze der 1477 gegründeten Bibliothek.
In ihrem Amt setze sie konsequent die Modernisierungskonzepte fort und entwickelte
Anfang der siebziger Jahre einen umfassenden Bibliotheksplan. Zu diesem Plan
gehörte auch die Unterbringung der Öffentlichen Bücherei und der neugegründeten
Musikbibliothek in neuen Räumen. Die Verwirklichung ihrer Pläne hat Ursula von
Dietze nicht mehr erleben können. Neben ihrem beruflichen Engagement im Mainzer
Bibliothekswesen gehörte sie auch zu den Initiatorinnen der Deutschen Lesegesellschaft.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1998 (ew)
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Ursula Distelhut
Politikerin
geboren am 22. Mai 1947 in Mainz
gestorben am 9. Januar 1995 in Mainz
Ursula Distelhut
Nur 47 Jahre alt wurde die vielseitige und über die Parteigrenzen hinaus beliebte
Politikerin Ursula Distelhut. Sie, die Mombacherin, engagierte sich seit ihrem 18.
Lebensjahr in der SPD und setzte damit eine Familientradition fort. Bereits ihr Großvater
saß für die SPD während der Weimarer Republik im Mainzer Stadtrat und auch ihr Vater
war lange Zeit Fraktionsvorsitzender der SPD. Neben innerparteilichen Funktionen
übernahm die Sparkassenangestellte bald wichtige öffentliche Aufgaben. 1974 wurde
Ursula Distelhut Mitglied im Ortsbeirat Mombach. Ab 1983 war sie für elf Jahre dann
Ortsvorsteherin ihres Heimatstadtteils. Ihre politische Laufbahn auf Stadtebene begann
1979 mit ihrem Einzug in den Stadtrat. Im November 1991 wurde sie Fraktionsvorsitzende
der SPD - und schrieb damit als erste Frau in einer solchen Position Ratsgeschichte. Nur
wenige Monate zuvor, im Mai 1991, war Ursula Distelhut in den rheinland-pfälzischen
Landtag eingezogen, gewählt von einer großen Mehrheit. Mittelpunkt ihres politischen
Engagements aber blieb ihr Stadtteil Mombach. Sie war für viele »das Herz von
Mombach«.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2000 (ew)
Käthe Dorsch
Schauspielerin
geboren am 29. Dezember 1890 St. Peter bei Nürnberg
gestorben am 25. Dezember 1957 bei Wien
Käthe Dorsch
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Ihr erstes richtiges Theaterengagement hatte die später viel gerühmte Käthe Dorsch nach
ihrer Zeit als Elevin in Nürnberg am Mainzer Stadttheater.
Drei Jahre lang, von 1909 bis 1912, stand sie hier als Operettensängerin auf der Bühne
und avancierte von Rolle zu Rolle mehr und mehr zum Publikumsliebling. Dabei ging
gleich am Anfang ihr Auftritt als Valencienne in der »Lustigen Witwe« gründlich schief. Wie
alle Schauspielerinnen musste eben auch Käthe Dorsch selbst für ihre Bühnenkleidung
sorgen, doch für eine elegante Rolle hatte sie einfach nichts anzuziehen. So spielte sie
in abgetragenen Sommerschuhen und Baumwollstrümpfen. Käthe Dorsch fiel durch und
musste eine Kürzung ihrer Gage von 150 auf 120 Mark monatlich hinnehmen. Nur durch
die Fürsprache von Frau Geheimrat Bamberger erhielt Käthe Dorsch überhaupt eine
Vertragsverlängerung.
Ihr Durchbruch aber war die Rolle der Peppi in »Wiener Blut«. Kurze Zeit später erhielt sie
ein Engagement am Neuen Operettentheater in Berlin. Sehr bald aber machte sich die
Schauspielerin einen Namen als Interpretin großer Rollen im Sprechtheater. Das Mainzer
Publikum erlebte die große Bandbreite ihres Bühnenrepertoires allerdings nur noch, wenn
Käthe Dorsch hier ein Gastspiel gab.
An Mainz aber hatte sie zeitlebens gute Erinnerungen. Zum hundertjährigen Bestehen des
Stadttheaters schrieb die Dorsch:
»Mainz - als ich nach drei Jahren von dort nach Berlin ging, hatte ich richtiges Heimweh
- und jahrelang, besonders im Herbst und Frühjahr glaubte ich, wenn ich dorthin dachte
- den Rhein zu riechen. Ich bin das nie ganz losgeworden - Jetzt komme ich immer wieder
hin, und dabei konstatiere ich, dass ich dort eigentlich ganz wenige Menschen persönlich
kenne - und doch war ich damals wie ein Kind von Mainz. Es passierte mir, wenn ich
frühmorgens zur Probe ging, daß der Bäcker und der Fleischerjunge von weither: „gute
Morche Dorschele“ riefen. Was soll ich Ihnen noch weiter sagen - ich liebe Mainz und
möchte wiedergeliebt werden.«
Käthe Dorsch sammelte auf der Mainzer Bühne viele Erfahrungen, die ihr später an den
großen Bühnen in Berlin und Wien zugute kamen. Sie gehörte viele Jahrzehnte zur ersten
Garde der Schauspielerinnen und geriet nie in Vergessenheit.
1949 erschien sie sogar auf dem Titelbild des SPIEGEL; zu ihrem 100. Geburtstag gab die
Post am 6. November 1990 eine Briefmarke heraus und auch eine Straße in Berlin trägt
ihren Namen.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2002 (ew)
Marguerite Félicité Isidore Freifrau von Eberstein
geborene Comtesse de Brosse
Stifterin
geboren am 29. April 1770 in Gironville / Frankreich
gestorben am 16. April 1837 in Mainz
Grabstein der Freifrau von Eberstein
Zwölftausend Gulden waren im Jahr 1835 ein ordentliches Vermögen. Diesen
beachtlichen Betrag stiftete die aus Frankreich stammende Freifrau von Eberstein zur
Begründung der »Rosenbraut-Stiftung«.
Nicht erst mit Marguerite von Eberstein wurde in Mainz eine Rosenbraut gewählt, ihre
Stiftung aber machte es möglich, über viele Jahrzehnte hinweg alljährlich die Wahl der
Rosenbraut zu finanzieren. Die Bewerberinnen um den Titel mussten äußerst tugendhaft
und brav sein – und besonders gegenüber den Eltern tadelloses Benehmen zeigen und
alle Pflichten einer guten Tochter erfüllen. Belohnt wurde die jeweils von der hohen
Mainzer Geistlichkeit und Vertretern der Stadt auserkorene Rosenbraut unter anderem
durch ein Festessen. Die erste Rosenbraut, die mit dem Geld der Freifrau von Eberstein
1836 an einer reich gedeckten Tafel Platz nehmen durfte, war die 24 Jahre alte Röschen
Böckler. Auf sie war die Wahl gefallen, weil sie ihre gelähmte Mutter aufopferungsvoll
pflegte. Zur letzten von insgesamt 82 Rosenbräuten wurde im Jahr 1920 die Näherin
Anna Bellroth ernannt.
Wie tugendhaft und brav die Freifrau von Eberstein selber war, ist leider nicht bekannt.
Ungewöhnlich ist auf jeden Fall ihr Grabstein, der noch heute auf dem Mainzer
Hauptfriedhof zu finden ist. Auf der Rückseite ist ein langer, in französischer Sprache
abgefasster Text zu lesen, der vom Rang und den überragenden Geistesgaben der
Stifterin, der Stiftung selbst und dem Stiftungsbetrag von zwölftausend Gulden kündet.
Eines aber ist sicher: die geborene Comtesse de Brosse war eine vermögende Frau.
Verheiratet war sie mit Joseph Karl Theodor von Eberstein. Dessen steile Karriere als
Politiker begann früh unter der Förderung seines Paten, des Kurfürsten Karl Theodor von
der Pfalz. Als im Rheinbundvertrag von 1806 die Stadt Frankfurt dem letzten Mainzer
Erzbischof Karl von Dalberg zugesprochen und 1810 das Großherzogtum Frankfurt
gebildet wurde, ernannte ihn Dalberg zum Minister. 1813 wurde das Großherzogtum
wieder abgeschafft – und Eberstein zog sich zusammen mit seiner Frau nach Mainz
zurück.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2005 (ew)
Karin Eckert
Fotografin
geboren 1912 in Mainz
gestorben 2001 in Mainz
Aus ihren genauen Lebensdaten machte Karin Eckert zeitlebens ein Geheimnis - und
so soll es auch bleiben. Sie, die in vielen Jahrzehnten Mainz und die Mainzerinnen und
Mainzer im Bild festgehalten hatte, wollte keine akribische Dokumentation in eigener
Sache.
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Den Beruf der Fotografin entdeckte Karin Eckert, als sie nach dem Besuch der Höheren
Mädchenschule eine Lehre bei einem Zahnarzt begann. Schon bald wechselte sie in ein
Fotolabor in der Ludwigstraße, um ihren Traumberuf zu lernen. 1947 machte Karin Eckert
sich selbständig. Freie Fotografin - das blieb sie auch während der 33 Jahre, die sie bis
1980 für die Allgemeine Zeitung (AZ) tätig war. Noch weitere fünf Jahre lieferte Karin Eckert
der Lokalredaktion viele Fotodokumente. Ausgerüstet vor allem mit ihrer legendären (und
immer älter werdenden) Leica hielt Karin Eckert Menschen und Ereignisse im Bild fest.
Ihr Fotoarchiv umfasst wohl Hunderttausende von Fotos, alle selbst fotografiert und im
eigenen Labor entwickelt. Für die Allgemeine Zeitung war Karin Eckert die »Grande Dame
des Mainzer Bildjournalismusses«.
Treu blieb sie ihrer AZ auch im Ruhestand. Ihre letzten Lebensjahre verbrachte Karin Eckert
in der Seniorenresidenz, die auf dem ehemaligen AZ-Gelände an der Großen Bleiche
erbaut wurde.
[Nachtrag: Seit 2007 gibt es in Marienborn die Karin Eckert-Straße.]
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2003 (ew)
Gerda Eichbaum Bell
geboren am 20. Oktober 1903 in Mainz
gestorben im Juli 1992 in Wellington, Neuseeland
Gerda Eichbaum war die Tochter des Mainzer Schuhfabrikanten Adolf Eichbaum und
seiner Frau Else, geborene Altschul. Evangelisch erzogen, besuchte Gerda Eichbaum
von 1910 bis 1920 die Höhere Mädchenschule, von 1920 bis 1923 die angegliederte
Studienanstalt. Ihr Studium der Germanistik, Anglistik und Kunstgeschichte an den
Universitäten Heidelberg, Bonn und Prag schloss sie 1928 mit der Promotion bei Carl
Viëtor in Gießen über »Die Krise der modernen Jugend im Spiegel der Dichtung« ab.
1929 folgte das Staatsexamen für das Höhere Lehramt. Danach war Gerda Eichbaum
als wissenschaftliche Assistentin in Gießen und Breslau tätig. Ende 1931 begann
sie ihre Referendariatszeit in Mainz: Seminarjahr am Pädagogischen Seminar des
Realgymnasiums, anschließend Probejahr an der Studienanstalt und Frauenschule sowie
am Realschulgymnasium.
Wegen ihrer »nicht-arischen« Abstammung wurde Gerda Eichbaum im Mai 1933 aus
dem Staatsdienst NS-Deutschlands entlassen. Noch im Juli verließ sie Deutschland.
Der Weg ins Exil führte über Frankreich und Italien dann 1936 nach Neuseeland. Ihre
Unterrichtstätigkeit an einem bekannten Mädchenpensionat dort musste sie nach
Kriegsbeginn als »feindliche Deutsche« aufgeben.
Nach dem Krieg war Gerda Eichbaum lange Jahre Leiterin der Bibliothek des
Unterrichtsministeriums in Wellington. Zudem war sie Lehrbeauftragte an der dortigen
Victoria University. Wichtigstes Ereignis ihrer regen, breitgefächerten Publikationstätigkeit
war 1976 die Biographie eines politischen Flüchtlings des 19. Jahrhunderts, des Gießener
Arztes und Naturforschers Ernst Dieffenbach, der sich während seines NeuseelandAufenthaltes von 1839 bis 1841 große Verdienste um die Erforschung des Landes
gemacht hatte.
Gerda Eichbaum, die in den 50er Jahren den Namen Bell annahm - wohl auch
in Erinnerung an einen ihrer Lehrer in der Studienanstalt - wurde 1982 mit dem
Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Ihr Tod im Jahre 1992 hinterließ im kulturellen
Leben Wellingtons eine Lücke.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1997 (rf)
26
Maria Einsmann
Die Frau in Männerkleidung
(Auszug aus der Mainzer Volkszeitung vom 22. August 1932)
»Mehrere Jahre in Männerkleidung durchs Leben geschlagen
Maria Einsmann, eine tapfere Frau!
Der gerichtliche Abschluss einer Mainzer Sensation - Maria Einsmann zu einem Monat,
Frau Müller zu vier Wochen Gefängnis verurteilt Das Gericht spricht den beiden Frauen seine besondere Achtung aus
Das Mainzer Bezirksschöffengericht verurteilte am Samstag die geschiedene Ehefrau
Maria Einsmann, geb. Mayer, in Mainz wohnhaft, wegen Kindesunterschiebung bzw.
vorsätzlicher Personenstandsänderung und intellektueller Urkundenfälschung zu
einem Monat Gefängnis. Die mitangeklagte geschiedene Ehefrau Helene Müller wurde
wegen des ersten Delikts zu vier Wochen Gefängnis verurteilt. Von einem Fall der
Kindesunterschiebung wurden sie wegen Verjährung freigesprochen. Beiden wurde mit
dreijährigem Aufschub die Verbüßung der Strafe bedingt erlassen. (...)
In Frauenkleidung vor dem Gericht
Was den Reiz des Prozesses ausmachte und was eine Unmenge Publikum, Berichterstatter
und sonstige Interessierte auf die Beine brachte und damit dem Mainzer Gericht für
einen Vormittag einen großen Tag verschaffte und einen sensationellen Anstrich
gab, lag weniger im Tatbestand als mehr im „Drumherum“. Dazu kam eine gute
Gerichtsbesetzung: Landesgerichtsrat Mayer als knapper und sachlicher Vorsitzender,
Dr. Jakob als Staatsanwalt von gleicher Güte. R. A. Herbert Mannheimer=Mainz, als
Verteidiger, die Sachverständigen Dr. Abraham=Berlin, vom Sexualwissenschaftlichen
Institut Magnus Hirschfeld, Berlin, und Obermedizinalrat Dr. Wagner=Mainz. Schließlich
als einziger Zeuge der geschiedene Ehemann der Maria Einsmann.
Im Mittelpunkt standen die beiden Frauen, denen verständlicherweise das Hauptinteresse
galt, die aber erst nach Aufruf der Sache durch den Vorsitzenden im Saale erschienen,
Maria Einsmann in Frauenkleidern. Sie macht den Eindruck einer gesetzten angehenden
Fünfzigerin mit einem ausgesprochenen fraulichen Typ und es fällt schwer, wenn man
sie heute zum ersten Male sieht, zu glauben dass es ihr bei diesem betont weiblichen
aussehen möglich gewesen ist, ihre Mitmenschen neuen Jahre lang als Mann an der
Nase herumzuführen. Und bei näherer Beobachtung scheint die neun Jahre lang geübte
ständige Zurückhaltung und Selbstbeherrschung nicht spurlos an ihr vorübergegangen
zu sein, denn das drückt sich deutlich in Wesen und Mienenspiel aus. Maria Einsmann ist
von einer beinahe künstlichen Gemessenheit und Zurückhaltung, die man im Normalfalle
Phlegma nennen könnte, wenn nicht lebhaftes Mienenspiel hin und wieder das Gegenteil
bewiese...«
Maria Einsmann mit »Ehefrau« Helene
Müller und Kindern
Anni Eisler-Lehmann
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1991 (mc)
Anni Eisler-Lehmann
Sängerin
geboren am 26. September 1904 in Mainz
gestorben am 11. November 1999 in Mainz
Schon als Kind stand ihr Berufswunsch fest: Sängerin. Anni Eisler-Lehmann, die
Tochter aus einer angesehenen Kaufmannsfamilie, besuchte zunächst die Höhere
Mädchenschule in Mainz. Heimlich nahm sie aber Gesangsunterricht. 1931 bestand sie
in Köln die Bühnenprüfung - schon damals umfasste ihr Repertoire 125 Partituren. Doch
die Nazis verhinderten ihren Durchbruch auf den Opernbühnen: Anni Eisler-Lehmann war
Jüdin.
27
Prof. Dagmar Eißner
Kurz nach der Machtübernahme 1933 emigrierte Anni Eisler-Lehmann in die
Tschechoslowakei und versuchte auf vielen Stationen ihre Laufbahn als Sängerin weiter
zu verfolgen. Die Pogromnacht 1938 erlebte sie bei ihren Eltern in Mainz. Sie floh erneut
vor den Nazis, diesmal nach Frankreich. 1942 wurden ihre Mutter und ihr Bruder ins KZ
Theresienstadt deportiert. Beide wurden dort auch ermordet. Anni Eisler-Lehmann selbst
blieb in Frankreich nicht verschont. Sie wurde im berüchtigten Lager Gurs in den Pyrenäen
interniert und überlebte mit viel Glück, wie sie selbst sagte, durch Singen.
1958 kam sie »aus Trotz« nach Mainz zurück, weil ihr die Stadt das Trümmergrundstück,
auf dem ihr Elternhaus in der Hafenstraße gestanden hatte, zu einem Spottpreis abkaufen
wollte. Aus Trotz baute sie genau dort das Haus wieder auf, auch wenn sie sich dazu hoch
verschulden musste. Erst 1995 waren alle Schulden abgetragen. Dann aber konnte sie
daran gehen, einen weiteren Lebensplan in die Tat umzusetzen. Anni Eisler-Lehmann
gründete 1997 eine Stiftung zur Unterstützung junger jüdischer Gesangsstudentinnen an
der Universität und dem Peter-Cornelius-Konservatorium. Die Karriere, die ihr verwehrt
blieb, wollte sie damit anderen ermöglichen.
Anni Eisler-Lehmann war lange Zeit das älteste Mitglied der Jüdischen Gemeinde. Dass
sie Jüdin war, wurde ihr noch vier Wochen vor ihrem 94. Geburtstag drastisch vor Augen
geführt. Sie erhielt einen Drohbrief mit übelsten Beschimpfungen, der den Tatbestand der
Volksversetzung erfüllte. Wer das anonyme Pamphlet verfasst hatte, wurde nie ermittelt.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2001 (ew)
Professorin Dr. Dagmar Eißner
Klinkdirektorin und erste Vizepräsidentin der Universität Mainz
Eleonore von Aquitanien
geboren am 7. September 1942 in Leipzig
gestorben am 21. Juni 1996 in Mainz
Die Direktorin der Klink und Poliklinik für Nuklearmedizin der Johannes GutenbergUniversität wurde nur 53 Jahre alt. Doch in den wenigen Jahrzehnten an der Universität
erlebte Dagmar Eißner eine ungewöhnliche wissenschaftliche und universitäre Karriere.
1972 kam sie als Ärztin für Radiologie an die Mainzer Uni-Klinik; elf Jahre später wurde
sie zur C2-Professorin auf Lebenszeit ernannt. Im Mittelpunkt ihrer klinischen und
wissenschaftlichen Arbeit stand die Weiterentwicklung der Nuklearmedizin. Im Januar
1990 wurde Dagmar Eißner zur Vizepräsidentin der Universität gewählt und nahm damit
als erste Frau in der Geschichte der Universität Mainz eine ranghohe Funktion in der
universitären Selbstverwaltung ein. 1992 wurde sie für weitre drei Jahre in ihrem Amt
bestätigt. Ihr Engagement als Vizepräsidentin galt insbesondere auch der Förderung
von Frauen in der Wissenschaft. In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlerinnen und
Studentinnen organisierte sie Fachtagungen zur Situation von Frauen an der Universität.
Im Frühjahr 1995 wurde Dagmar Eißner C4-Professorin und Direktorin der Klinik und
Poliklinik für Nuklearmedizin und schied gleichzeitig aus dem Präsidium aus. Auch in
ihrer neuen Funktion war sie die erste Frau und leistete Pionierinnenarbeit für kommende
Generationen von Wissenschaftlerinnen.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1998 (ew)
Eleonore von Aquitanien
Königin von Frankreich und England
geboren 1122, vermutlich in Poitiers, Frankreich
gestorben am 1. April 1204 in Fontevrault, Frankreich
Am 2. Februar 1194 fand in Mainz ein denkwürdiges Ereignis statt in dessen Mittelpunkt
eine der eindrucksvollsten Herrscherinnengestalten des Mittelalters stand. Die 72jährige Eleonore von Aquitanien, auch als Eleonore von Guyenne oder Eleonore
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von Poitou bekannt, verhandelte mit dem deutschen Kaiser Heinrich VI. über die
Freilassung ihres Lieblingssohnes Richard I., genannt Löwenherz, aus der Geiselhaft.
Ihre Anwesenheit verlieh der mehrtägigen Fürstenversammlung – oder besser gesagt:
Lösegeldverhandlung – besondere Aufmerksamkeit und ließ einmal mehr das
mittelalterliche Mainz zum Schauplatz der hohen europäischen Politik werden.
Richard Löwenherz, König von England, war 1192 auf dem Rückweg vom dritten
Kreuzzug von seinem ehemaligen Verbündeten Herzog Leopold von Österreich gefangen
genommen worden. Schon bald darauf wurde der prominente Gefangene an Kaiser
Heinrich VI. übergeben und ein üppiges Lösegeld eingefordert. Eleonore, die während
des Kreuzzuges trotz aller Intrigen Richards Herrschaftsanspruch in England erfolgreich
sichern konnte, setzte sich auch in Mainz schließlich gegen den Kaiser durch und
erreichte Richards Freilassung. Am 4. Februar 1194 verließ die kampfesgewohnte und
politisch gewiefte Eleonore von Aquitanien zusammen mit Richard die Stadt.
Nicht weniger ereignisreich verlief Eleonores Leben bis zu ihrem kurzen Aufenthalt in
Mainz. Aufgewachsen in einem hoch kultivierten Herrscherhaus, das zu der Zeit als
Zentrum der französischen Minnekultur galt, war sie schon in jungen Jahren Herrscherin
über strategisch wichtige Besitztümer. 1137 heiratete sie den späteren französischen
König Ludwig VII.
1152 ließen Eleonore und Ludwig die Ehe unter dem Vorwand einer zu nahen
Verwandtschaft annullieren und nur wenige Monate später heiratete sie den elf Jahre
jüngeren Anwärter auf den englischen Thron Heinrich Plantagênet. Heinrich wurde
tatsächlich zwei Jahre später König von England – und Eleonore erneut eine Königin. Mit
Heinrich II. hatte Eleonore acht Kinder; aus der Ehe mit Ludwig VII. entstammten noch
zwei Töchter. Als Eleonore den Aufstand ihrer Söhne Heinrich, Richard und Gottfried
gegen den Vater unterstützte, geriet sie zunächst ins politische Abseits. Heinrich II. ließ
sie in Haft nehmen. Zehn Jahre später, nach Heinrichs Tod, griff die befreite Eleonore
aber wieder aktiv ins politische Geschehen in halb Europa ein. Sie sorgte für Richards
Thronbesteigung 1189, hielt unter anderem erfolgreich ihren Sohn Johann, genannt ohne
Land, in Schach und bescherte Richard eine geglückte Rückkehr nach England.
Hoch betagt zog sich Eleonore in die von ihr geförderte Abtei von Fontevrault zurück. Dort
starb sie auch und wurde neben Heinrich II. und Richard Löwenherz begraben.
Esther Epstein
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2006 (ew)
Esther Epstein
Die erste Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Mainz
geboren am 22. Dezember 1923 in Deta (Banat/Rumänien)
gestorben am 14. Oktober 2006 in Mainz
Als am 3. September 2010 die neue Synagoge und das jüdische Gemeindezentrum
eingeweiht werden konnten, stand dieses für Mainz besondere Ereignis in enger
Verbindung mit dem Namen Esther Epstein. Schon 1996 bei ihrem Amtsantritt als
Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Mainz hatte Esther Epstein die Bedeutung einer
größeren Synagoge für die rasch angewachsene Gemeinde herausgestellt und 1998 ein
Kuratorium zum Bau der Synagoge initiiert.
Esther Epstein, geborene Esther Klein, kam 1960 zusammen mit ihrem Mann, dem
gebürtigen Mainzer Alfred Epstein in die Stadt. Kennengelernt hatten sie sich in der
Emigration, nach dem Krieg geheiratet und noch einige Zeit in Algerien gelebt. Beide
widmeten sich mit großem Engagement dem Aufbau der Jüdischen Gemeinde. Alfred
Epstein bekleidete 15 Jahre lang das Amt des Vorsitzenden, er starb 1991.
Esther Epstein wurde 1964 Geschäftsführerin der Gemeinde und prägte von da an auf
ganz besondere Weise den Neuaufbau und die Verankerung des Gemeindelebens in der
Stadt. Über Jahrzehnte hinweg repräsentierte sie die Gemeinde in Mainz, aber auch weit
darüber hinaus. Zu ihrem 75. Geburtstag 1998 verlieh ihr die Stadt in Anerkennung ihrer
Verdienste das Älteste Stadtsiegel in Silber.
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1996 wurde Esther Epstein selbst zur Vorsitzenden gewählt und war damit nach Charlotte
Knobloch, die 1986 zur Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München wurde,
eine der ersten Frauen an der Spitze einer Jüdischen Gemeinde. Hatte die Gemeinde in
den ersten Jahren von Esther Epsteins Wirken in Mainz rund 150 Mitglieder, so stieg die
Zahl in den neunziger Jahren durch die Zuwanderung aus den Staaten der ehemaligen
Sowjetunion. Esther Epsteins Hauptaugenmerk als Vorsitzende galt der Integration der
neuen Gemeindemitglieder - und dem Bau eines Gemeindezentrums und einer neuen
Synagoge für ihre auf rund 1.000 Mitglieder angewachsene Gemeinde. Die Weichen für
das Großprojekt konnte sie noch stellen, die Realisierung aber erlebte Esther Epstein nicht
mehr.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2011 (ew)
Dr. Olga Essig
Leiterin der Städtischen Frauenarbeitsschule
geboren am 15. Juli 1884 in Gogolin (Kreis Kulm, Westpreußen)
gestorben am 14. Dezember 1965 in Hamburg
Als Dr. Olga Essig am 10. Oktober 1921 ihre Tätigkeit als Leiterin der Städtischen
Frauenarbeitsschule aufnahm, konnte sie schon ahnen, dass man es ihr in Mainz nicht
leicht machen würde. Bereits ihre Wahl war zum Politikum und Medienereignis geworden.
Am 17. August 1921 hatte die Mainzer Stadtverordnetenversammlung beschlossen,
die Stelle der promovierten Staatswissenschaftlerin zu übertragen. Durch gezielte
Indiskretionen gelangten dann Einzelheiten aus der nichtöffentlichen Sitzung in die
Presse. Besonders das katholische »Mainzer Journal« und die der Deutschen Volkspartei
nahestehende »Mainzer Tageszeitung« bezogen massiv Stellung gegen Essig als
Sozialdemokratin, Frauenrechtlerin und Mitglied im »Bund Entschiedener Schulreformer«
und sprachen sich offen für eine andere Bewerberin aus. Das »Mainzer Journal« nannte
auch die genaue Zahl der Ja- und der Nein-Stimmen bei der Wahl von Dr. Olga Essig
und die »Mainzer Tageszeitung« wusste Details aus ihrem Lebenslauf zu berichten. (Die
sozialdemokratische Volkszeitung betrachtete die Angriffe auf die neue Leiterin nur als
Versuch, die SPD zu diskreditieren.)
Im April 1920 hatte die Stadt die 1896 gegründete Frauenarbeitsschule vom Verein
Mainzer Frauenarbeitsschule übernommen; so war es erstmals zur Aufgabe der Stadt
geworden, über Personalfragen der Schule zu befinden. Auf die öffentliche Ausschreibung
hatte sich auch die in Frankfurt am Main lebende Dr. Olga Essig beworben, die schon als
Diplomhandelslehrerin in Breslau und Frankfurt tätig gewesen war.
Als Direktorin der Schule unterlag sie vielen Einmischungen seitens der Stadt und seitens
der Schulaufsicht im Kreis und im Land. Es gelang ihr aber in kurzer Zeit, die bis dahin
getrennten Ausbildungen zur Hauswirtschaftslehrerin und zur Handarbeitslehrerin
zusammenzuführen und daraus eine zweijährige Ausbildung zur technischen Lehrerin
zu machen. Erfolgreich war sie auch darin, den allgemeinbildenden Unterricht für die
Absolventinnen der verschiedenen Lehrwerkstätten zu verbessern. Für sie unerfreulich
wurden aber Anwürfe aus der Kreisschulkommission, sie habe sich im Unterricht in
despektierlicher Weise über die Ehe geäußert und sie eine »blosse bezw. schöne
Form« genannt. Über mehrere Wochen hinweg wurden Stellungnahmen gefordert,
Aktenvermerke angelegt und Korrespondenz zwischen den Behörden geführt.
Gerade einmal ein Jahr nach Aufnahme ihrer Tätigkeit verließ Olga Essig zum 1.
Oktober 1922 Mainz und die Frauenarbeitsschule und übernahm das Referat
»Mädchenschulwesen« im thüringischen Kultusministerium. 1924 ging sie nach
Hamburg, wurde dort Direktorin einer Mädchengewerbeschule und 1929 Oberschulrätin
für das Mädchenberufsschulwesen. 1933 versetzten die Nazis sie ohne Bezüge in den
vorzeitigen Ruhestand. 1948 aber erfolgte ihre erneute Ernennung zur Oberschulrätin in
Hamburg. Außerhalb von Mainz war es Olga Essig gelungen, entscheidend an der Reform
des Mädchenberufsschulwesens mitzuwirken und frauenpolitische Impulse zu setzen.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2011 (ew)
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Fastrada
Fränkische Königin
gestorben 10. August 794 in Frankfurt
Fastrada war die legitime dritte Ehefrau Karls des Großen. Ihr Geburtsdatum ist nicht
bekannt; bei der Eheschließung mit Karl im Jahre 783 in Worms muss Fastrada jedoch
noch sehr jung gewesen sein. Die Reichsannalen vermerken dazu: »Und es kam
dieser milde König zu seiner Gemahlin, der Königin Fastrada nach Worms, wo sie sich
miteinander freuten und sich ergötzten und Gottes Erbarmen priesen.« Einhard, der
Biograph Karls des Großen, schildert Fastrada als grausam. Sie habe so großen Einfluss
auf Karl, dass sie den gutmütigen König zu Greueltaten angestiftet habe. Andere Quellen
bezeichnen sie als Magierin, die über ihren Tod hinaus einen Zauber auf Karl ausübte.
Die Rede ist auch von einer schwachen Gesundheit und »dämonischer Schönheit«.
Jenseits der Legendenbildung ist über Fastrada wenig bekannt. Fest steht, dass sie mit
Karl zwei Töchter hatte, und dass sie während einer Reichsversammlung in Frankfurt
im Jahr 794 starb. Mit allen Ehren begraben wurde Fastrada aber im neugegründeten
Mainzer Kloster St. Alban. Sie hatte die Errichtung des Klosters noch gefördert.
Die Grabplatte für Fastrada, die heute im Mainzer Dom zu sehen ist, stammt eindeutig
nicht aus dem 8. Jahrhundert, sie ist wohl erst im 15. Jahrhundert gefertigt worden.
Diese Grabplatte wurde aber nach der Zerstörung der Albanskirche 1577 in den Dom
gebracht. Auch wenn sie nicht das Original aus dem 8. Jahrhundert ist, so ist sie doch
ein wertvolles historisches Dokument und Erinnerungsstück an die nahezu unbekannte
fränkische Königin.
Fastrada-Stein im Dom
Marga Faulstich
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1999 (ew)
Marga Faulstich
Wissenschaftlerin
geboren am 16. Juni 1915 in Weimar
gestorben am 1. Februar 1998 in Mainz
Marga Faulstich führte im wahrsten Sinne des Wortes ein Leben aus Glas. Die
Wissenschaftlerin war über vier Jahrzehnte hinweg mit der Entwicklung von
Spezialgläsern bei Schott Glas befasst - und sie war die erste weibliche Führungskraft des
Unternehmens.
Ihre Ausbildung zur wissenschaftlichen Hilfskraft beim Jenaer Glaswerk Schott & Gen.
begann sie nach dem Abitur im Jahr 1935. In sehr kurzer Zeit schaffte Marga Faulstich
den Aufstieg zur Laborantin und zur wissenschaftlichen Assistentin. 1942 immatrikulierte
sie sich an der Universität Jena, um nebenberuflich Chemie zu studieren. Ihr Studium
konnte sie am Ende des Krieges nicht mehr abschließen; dies änderte aber nichts an
ihrer beispiellosen und wissenschaftlich unumstrittenen Stellung im Unternehmen.
Nach Kriegsende gehörte Marga Faulstich zu den 41 Führungskräften des Glaswerks, die
beim Rückzug der Amerikaner aus Thüringen in den Westen übersiedelten.
Der »Zug der 41 Glasmacher« führte über Landshut schließlich nach Mainz. 1952 wurde
das neue Werk in Mainz eröffnet - mit Marga Faulstich an führender Position.
Insgesamt 44 Jahre lang gehörte sie dem Unternehmen an und hatte maßgeblichen
Anteil am internationalen Renommee der Firma. 1973 gehörte das von ihr entwickelte
Leichtgewichts-Brillenglas zu den 100 bedeutendsten technischen Errungenschaften des
Jahres. Mehr als 30 Patente tragen den Namen von Marga Faulstich.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2000 (ew)
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Gertrude Fehr-Fuld
Fotokünstlerin
geboren am 5. März 1895 in Mainz
gestorben am 16. August 1996 in Clarens (Montreux, Schweiz)
Gertrude Fehr-Fuld
Gern wäre Gertrude Fuld in die beruflichen Fußstapfen ihres Vaters getreten und selbst
Rechtsanwältin in Mainz geworden. Doch dass Frauen 1922 das Recht erhalten würden,
sich als Rechtsanwältinnen niederzulassen, davon konnte die Tochter von Charlotte
Cohen und Dr. Ludwig Fuld nach dem Ende ihrer Schulzeit noch nicht ausgehen.
Dr. Ludwig Fuld war Anwalt und Autor zahlreicher rechtswissenschaftlicher Bücher
und Abhandlungen; zudem war er ehrenamtlich in der Rechtsschutzstelle der Mainzer
Frauenarbeitsschule tätig. Um das Geburtsjahr von Gertrude Fuld lebte die Familie in der
Bahnhofstraße, später dann in der Kaiserstraße.
Eine Freundin aber weckte in Gertrude das Interesse für einen völlig anderen Beruf, der
zu ihrer Lebensaufgabe werden sollte: Fotografin. Die Fotografie war zu Beginn des 20.
Jahrhunderts schon für eine ganze Reihe von Frauen in Deutschland aber auch in vielen
anderen Ländern zum Beruf geworden.
Gertrude Fuld verließ Mainz 1918, um sich in München bei Eduard Wasow und an der
Schule für Fotografie ausbilden zu lassen. Bereits drei Jahre später, 1921, eröffnete sie
in München ihr erstes eigenes Atelier und befasste sich vor allem mit künstlerischen
Porträtaufnahmen und der Theaterfotografie. Mehr und mehr wurde aus ihr eine in weiten
Kreisen anerkannte Fotokünstlerin.
In der Zeit in München lernte sie auch ihren späteren Mann, den Maler Jules Fehr, kennen.
Gleich nach der Machtübernahme durch die Nazis 1933 - Gertrude Fuld und auch Jules
Fehr stammten beide aus jüdischen Familien - gingen sie gemeinsam nach Paris, um sich
dort eine neue Existenz aufzubauen. 1934 gründeten sie dort die Fotoschule Publiphot,
doch bei Ausbruch des Krieges 1939 war es ihnen auch in Frankreich nicht mehr sicher
genug und sie gingen in die Schweiz.
In Lausanne eröffneten sie unter dem Namen École Fehr eine neue Fotoschule, die dann
fünf Jahre später mit der École des Artes et Métiers in Vevey am Genfer See verschmolz.
In Vevey unterrichtete Gertrude Fehr-Fuld bis 1960 in den Bereichen Porträt, Mode,
Werbung, und Reportage. Künstlerisch in einem Atemzug mit Man Ray genannt, prägte
sie auch durch ihre experimentellen Arbeiten ganze Generationen von Fotografinnen und
Fotografen.
Nach ihrem Ausscheiden aus der Fotoschule arbeitete sie wieder als freie Fotografin und
besserte ihre schmale Rente vor allem mit Porträtaufnahmen berühmter Künstler auf.
Gut situiert war sie trotz vieler Einzel- und Gruppenausstellungen und trotz zahlreicher
internationaler Auszeichnungen nicht. Die Begeisterung für den Beruf, den sie über fast
acht Jahrzehnte ausgeübt hatte, aber ließ sie auch im hohen Alter nicht los: noch als
knapp Hundertjährige assistierte Gertrude Fehr-Fuld bei einer Ausstellung im Fotomuseum
von Vevey.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2010 (ew)
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Meta Forkel
Übersetzerin
geboren 1765 in Göttingen
gestorben 1809 in Ansbach
Margaretha Sophia Dorothea Wedekind, so ihr Geburtsname, wuchs in Göttingen auf.
Ihr Bruder, Georg Christian Wedekind, war später Leibarzt des Mainzer Kurfürsten und
während der Mainzer Republik ein führendes Mitglied des Jakobinerclubs.
Meta erhielt eine - für ein Mädchen in der damaligen Zeit - relativ gute (und musische)
Bildung. Bereits mit 16 Jahren heiratete sie den Göttinger Musikdirektor Johann Nikolaus
Forkel. Mit 19 Jahren veröffentlichte sie ihren ersten Roman »Maria, eine Geschichte
in Briefen«. Ein Ereignis, über das ihr Göttinger Zeitgenosse Lichtenberg spottete: »...
eine Gans unserer Stadt, die Frau des Music Directors Forkel hat einen Roman in Leipzig
drucken lassen...«
Ihre Ehe mit Forkel verlief alles andere als glücklich. 1788 verließ sie ihn, um in Berlin
als Schriftstellerin Fuß zu fassen. Doch schon bald kehrte sie nach Göttingen zurück,
behaftet mit dem Makel, ihren Mann verlassen zu haben. Meta Forkel versuchte sich und
ihren Sohn mit Übersetzungen aus dem Englischen zu ernähren. Bereits in Göttingen
arbeitete sie an Übersetzungen für Georg Forster.
Im Sommer 1792 zog Meta Forkel mit ihrem Sohn nach Mainz zur Familie ihres Bruders.
Die erste Zeit lebte sie in deren Wohnung am Münsterplatz, doch schon im Oktober
zog sie zu Caroline Michaelis in die Welschnonnengasse. Meta Forkel, selbst eher
unpolitisch, hatte durch ihren Bruder und ihre Schwägerin Maria, durch Georg Forster
und nicht zuletzt durch Caroline Michaelis enge Berührung mit den Ideen der Mainzer
Republik. Caroline Michaelis kam gut mit ihrer neuen Mitbewohnerin aus, später sollte
sie sich aber gelegentlich über die langweilige Forkel mokieren.
Doch die beiden Frauen verband noch ein weiteres Schicksal. Ende März 1793 flüchteten
sie zusammen mit Metas Mutter und Schwägerin vor den herannahenden deutschen
Truppen aus Mainz. Doch bereits hinter Oppenheim wurden die Frauen verhaftet und
nach Frankfurt zum Verhör gebracht. Wenig später kamen die Frauen auf die Festung
Königstein. Bis zum 11. Juni 1793 saßen die Frauen in Haft; es folgte eine Zeit des
Hausarrestes in Kronberg.
Für die Haftzeit von Meta Forkel ist als Dokument eine Rechnung erhalten. Die Frauen
mussten für ihre Verpflegung in der Haft tatsächlich selbst aufkommen.
Meta Forkel
»Madam Forkel hat zu zahlen
an Verpflegung für Brod vom 8ten April bis den
11 Juni samt Trägerlohn 6xr mithin p. 64 Tage 6 fl.24 xr.
Für Holz und Stroh vom 8ten bis 24ten April 2 fl 40 xr.
9 fl 4 xr.«
Über das weitere Leben von Meta Forkel ist nicht viel bekannt. Sie heiratete ein zweites
Mal und lebte mit ihrem Mann Heinrich Liebeskind in Ansbach. An ihre literarischen
Ambitionen früherer Jahre sollte sie aber nie wieder anknüpfen.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2001 (ew)
Therese Heyne Forster Huber
Übersetzerin, Schriftstellerin und Redakteurin
geboren am 7. Mai 1764 in Göttingen
gestorben am 15. Juni 1829 in Augsburg
Therese Heyne lebte von 1788 bis 1792 mit ihrem Ehemann Georg Forster in Mainz.
Hier erlebte sie 1789 die Französische Revolution und in deren Folge die Gründung der
Mainzer Republik. Sie verließ die Stadt vor der Rückeroberung durch das Preußische
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Heer. Im Mittelpunkt ihres Romans »Die Familie Seldorf« steht das Schicksal einer jungen
Frau während der Revolution in Frankreich. Weiterhin schrieb und übersetzte sie Romane,
Erzählungen und Reisebeschreibungen. Dann arbeitete sie als Journalistin und war ab
1816 Redakteurin von Cottas »Morgenblatt für Gebildete Stände«. Ihr Beruf diente ihr und
ihrer Familie als Existenzsicherung.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1992 (mc)
Chlothilde Amalie Fraenkel
geborene Goldschmidt
Chlotilde Amalie Fraenkel
Renate Fritz-Schillo
geboren am 18. Dezember 1885 in Mainz
ermordet 1942
Chlothilde wurde als Tochter des Weinhändlers Heinrich Goldschmidt (Weinhandlung M. &
B. Goldschmidt in der Bahnhofstraße 7 u. 9) und seiner Ehefrau Johanna geboren. Sie trat
1892 in die Höhere Mädchenschule Mainz (heute: Frauenlob-Gymnasium) ein und schloss
dort 1903 ihre Schulzeit ab.
Ihr künftiger Mann, Albert Abraham Fraenkel (geboren 29. September 1874) stammte aus
Fürth in Bayern und war Bankdirektor. Das Paar ließ sich in Nürnberg nieder.
Es ist unbekannt, ob die beiden in späteren Jahren versucht haben, Deutschland zu
verlassen, um vor Kriegsausbruch der zunehmenden Verfolgung der jüdisch- deutschen
Minderheit, das heißt der Aberkennung aller Menschen- und Bürgerrechte, mit ihren
Demütigungen und Erniedringungen zu entgehen.
Chlothilde Fraenkel wurde mit ihrem Mann von Nürnberg aus deportiert - zusammen
mit 1000 anderen Menschen aus Nürnberg, Fürth und anderen Teilen Frankens. Letzte
Anschrift der Eheleute war eines der 52 Nürnberger Ghettohäuser: Hertastraße 19. Der
»Transport« verließ die Stadt am 24. März 1942 und traf drei Tage später in Izbica, im
Distrikt Lublin, ein. Ort und Zeit der Ermordung von Chlotilde Fraenkel und ihrem Mann
sind nicht bekannt. In Frage kommen die Vernichtungslager Sobibór und Belzec.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2007 (rf)
Renate Fritz-Schillo
Mitbegründerin des Mainzer Unterhauses
geboren am 5. April 1938 in Osnabrück
gestorben am 9. September 2003 in Mainz
»Der Erfolg hat viele Väter« hieß es in einer Randnotiz in der 1990 erschienenen
Buchveröffentlichung zum fünfundzwanzigjährigen Bestehen des Mainzer Unterhauses.
»Aber nur eine Mutter!« hatte da die Mitbegründerin , Geschäftsführerin und
Gesellschafterin der Kabarett-Bühne, Renate Fritz-Schillo, deutlich ergänzt.
1966 hatte Renate Fritz-Schillo gemeinsam mit Artur Bergk und Ce-eff Krüger das Mainzer
Unterhaus gegründet und galt seither als Kopf, Hand, Herz und Seele des Theaters.
Über eigene Aktivitäten in einer Theatergruppe in Mainz-Gonsenheim hatte Renate FritzSchillo Kontakt zum neu gegründeten Kabarett »Die Poli(t)zisten« und damit zu ihren
späteren Unterhaus-Partnern gefunden.
Vom Keller eines Hauses am Gutenbergplatz bis zum heutigen Theater mit mehreren
Bühnen in der Münsterstraße - Renate Fritz-Schillo war an allen Entwicklungsschritten des
Unterhauses maßgeblich beteiligt.
Viele Baustellen lagen auf diesem Weg. Waren es anfangs eher Auseinandersetzungen
darüber, was das Unterhaus sein soll, so ging es bald vor allem darum, wo es sein soll.
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Renate Fritz-Schillo widmete sich den Finanzen des Hauses ebenso wie ihrer Arbeit als
Regisseurin und Schauspielerin.
1974 eröffnete sie im Unterhaus die Sparte Kinder- und Jugendtheater und stand selbst
bei vielen Produktionen auf und hinter der Bühne.
2002 erhielt sie für ihr jahrzehntelanges Engagement den Landesverdienstorden des
Landes Rheinland-Pfalz, und auch die Stadt Mainz würdigte ihre Arbeit mit der Verleihung
der Gutenberg-Plakette.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2010 (ew)
Johanna Geisler
Sängerin
geboren am 28. Mai 1888 in Hannover
gestorben am 3. November 1956 in München
Johanna Geisler
Der Weg von Wiesbaden nach Mainz war auch 1912 kurz, doch er wurde für die
24jährige Sängerin Johanna Geisler (eigentlich Johanna Meyer) zu einem großen Schritt
auf ihrer künstlerischen Laufbahn. Johanna Geisler fand zur Spielzeit 1912/1913 ein
Engagement am Mainzer Stadttheater und verließ 1916 die Stadt als gefeierte Opernund Operettensängerin.
Begonnen hatte ihre Karriere als Sängerin 1903 im Opernchor in ihrer Geburtsstadt
Hannover. Nach einem kurzen Intermezzo in Dessau kam sie mit 17 Jahren als
Chorsängerin ans Theater in Wiesbaden. Noch minderjährig, hatte sie dafür nicht nur
die Einwilligung ihrer Pflegemutter Elise Geisler benötigt. Diese Pflegemutter zog schon
bald darauf zu ihr - zusammen mit Johanna Geislers 1906 geborener unehelicher Tochter
Carla, die fortan als »kleine Schwester« an ihrer Seite lebte.
Sechs Jahre blieb Johanna Geisler als Choristin in Wiesbaden, bis sie in Mainz als
Nachfolgerin von Käthe Dorsch als Opern- und Operettensoubrette engagiert wurde.
Sängerin zu sein, bedeutete damals, ein mehr als anstrengendes Pensum zu bewältigen.
Begleitet war der Alltag von ständigem Rollenwechsel, vielen Neuinszenierungen und
nur kurzen Probezeiten. So sang Johanna Geisler allein in der Spielzeit 1915/1916
in 23 der insgesamt 44 Opern- und Operettenproduktionen. Stand sie an einem
Abend als Försterchristel auf der Bühne, so sang sie am nächsten Abend schon die
Papagena in Mozarts Zauberflöte. Auch in den anderen Spielzeiten war sie quer durch
alle Produktionen mit großen und kleinen Rollen zwischen Götterdämmerung und
Lustigen Weibern von Windsor besetzt. Noch dazu mussten die Schauspielerinnen und
Schauspieler am Mainzer Theater zu dieser Zeit ihre Kostüme weitgehend selbst stellen.
Während der vier Jahre in Mainz lebte Johanna mit Pflegemutter Elise und der »kleinen
Schwester« in der Colmarstraße 13.
Am 4. Mai 1916 gab sie in Mainz ihre letzte Vorstellung und wechselte an das Opernhaus
in Köln. 1919 heiratete sie den ebenfalls am Opernhaus engagierten Kapellmeister Otto
Klemperer. 1920 kam ihr Sohn Werner zur Welt, 1923 ihre Tochter Lotte.
Aus Otto Klemperer wurde mit der Zeit ein berühmter und gefeierter Dirigent, Johanna
Geisler aber trat immer weniger auf. 1933 emigrierte das Ehepaar mit den Kindern über
die Schweiz in die USA, 1947 kehrten sie nach Europa zurück. Johanna Geisler stand nie
wieder auf einer Bühne.
Über das bewegte Leben der jungen Sängerin Johanna Geisler berichtete ihre Tochter
Lotte Klemperer in der 1983 erschienenen Dokumentation Die Personalakten der Johanna
Geisler.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2010 (ew)
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Irène Giron
Kultur- und Bildungspolitikerin
geboren am 22. September 1910 in Hamburg
gestorben am 29. April 1988 in Paris
Irène Giron
Naomi Goldschmidt
Als im Mai 1946 die neue Mainzer Universität ihren Lehrbetrieb aufnehmen konnte so
hatte eine Frau daran wesentlichen Anteil: Irène Giron, Mitarbeiterin der französischen
Militärverwaltung in Rheinland-Pfalz. Die Stellvertreterin und engste Mitarbeiterin
von Raymond Schmittlein, dem Direktor der Abteilung für Öffentliche Bildung bei der
französischen Militärverwaltung in Deutschland, wirkte nach dem Krieg maßgeblich mit
am Aufbau eines demokratischen Kultur- und Bildungswesens in Mainz und in RheinlandPfalz. Viele (Mainzer) Kultur- und Bildungseinrichtungen, die es noch heute gibt,
verdanken ihre Existenz dem Engagement von Irène Giron.
Irène Emilie Roman, so ihr Geburtsname, war die Tochter einer deutschen Mutter
und eines britischen Vaters. Die diplomierte Dolmetscherin erhielt durch ihre Heirat
mit dem Pariser Rechtsanwalt und Journalisten Charles Giron 1940 die französische
Staatsbürgerschaft.
Irène Giron und ihr Mann waren aktive Mitglieder der Résistence und wirkten mit am
Aufbau von Widerstandsgruppen in zahlreichen französischen Städten. 1941 gingen
sie zusammen mit anderen Antifaschisten nach Algier, um die Widerstandsbewegung in
Nordafrika aufzubauen und zu organisieren. Nach der Befreiung Frankreichs wurde Irène
Giron in das französische Bildungsministerium berufen. 1945 kam sie zusammen mit
Raymond Schmittlein, den sie bereits aus ihrer Zeit in Nordafrika kannte, wieder nach
Deutschland, um zunächst von Baden-Baden und später von Mainz aus, die Öffentliche
Bildung neu zu gestalten und zu organisieren.
Sieben Jahre lang wirkte Irène Giron mit am Aufbau der Universität Mainz, wurde
zur eigentlichen Gründerin des später der Universität Mainz angegliederten
Dolmetscherinstituts in Germersheim, trug zur Reorganisation des Schulwesens und
zur Förderung des deutsch-französischen Kulturaustausches bei. Auch das Institut
für Europäische Geschichte und die Akademie der Wissenschaften wären ohne ihre
Unterstützung kaum denkbar. Ihre Verwaltung, die zuletzt ihren Sitz auf der Mainzer
Zitadelle hatte, war Knotenpunkt aller kulturpolitischen Aktivitäten. 1952 ging Irène Giron
zurück nach Paris. Für ihre Tätigkeit wurde sie noch im gleichen Jahr mit dem Grad eines
Ritters der Ehrenlegion geehrt.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2006 (ew)
Naomi Goldschmidt
geborene Hilde Kahn-Hut
geboren am 4. September 1920 in Mainz
gestorben am Februar 1992 in Haifa, Israel
Naomi Goldschmidts Vater, Alfons Kahn-Hut, betrieb in der Neubrunnenstraße 21 ein
Engrosgeschäft für Sattler- und Polsterzubehör. Ihre Mutter, Emma Kahn-Hut, geborene
Biernbaum, stammte aus Fulda. Beider Familien waren schon seit Jahrhunderten in der
jeweiligen Region ansässig.
Naomi Goldschmidt besuchte vier Jahre die Grundschule, anschließend von 1931
bis 1934 die Höhere Mädchenschule, das heutige Frauenlob-Gymnasium. Unter
dem wachsenden Druck des nationalsozialistischen Staates trat sie 1934 in die neu
eingerichtete »Jüdische Bezirksschule« ein. Nach einem Vorbereitungslager für die
Auswanderung in der Nähe von Frankfurt an der Oder gelangte Naomi Goldschmidt
schließlich 1937 über Triest nach Palästina. Dort leistete sie landwirtschaftliche Arbeit in
einem Kibbuz bei Haifa. Da die nötigen Mittel fehlten, gelang es ihr nicht mehr, ihre Eltern
aus Deutschland zu retten.
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Die Ehe, die sie mit einem Emigranten aus Deutschland schloss, wurde nach dessen
Auswanderung nach Kanada wieder gelöst. 1960 heiratete sie erneut und arbeitete im
Werbebüro ihres Mannes. Nach dessen Tod übernahm Naomi Goldschmidt selbst die
Leitung des Unternehmens. 1991 folgte Naomi Goldschmidt der Einladung nach Mainz
und nahm teil an der ersten Begegnungswoche Mainzer Juden, die von der Stadt Mainz
ausgerichtet wurde.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2001 (rf)
Alice Gombert
geborene Lion
geboren am 14. Februar 1894 in Mainz
gestorben am 18. Januar 1988 in Clearwater, Florida
Alice Lion war eines von zwei Kindern von Mathilde Antoinette Lion, geb. Straus (1864 1922) und dem jüdischen Mainzer Weinhändler Michael Lion (1858 - ermordet 1942 im
KZ Theresienstadt). Alice besuchte in Mainz die Privatschule Brecher und anschließend
von 1903 bis 1909 die Höhere Mädchenschule, das heutige Frauenlob-Gymnasium.
1915 heiratete sie den international bekannten Tenor Wilhelm Franz Albert Gombert
(1886 Berlin - 1964 Chicago), der zu dieser Zeit unter anderem ein Engagement am
Mainzer Stadttheater hatte. Bruno Walter holte ihn 1926 von der Kölner Oper an die
Städtische Oper Berlin und verhalf ihm zum weiteren Aufstieg.
Aus der Ehe der Gomberts gingen drei Kinder hervor: Hans (1916 Greifswald - 1991 USA),
Elisabeth Friedbörig-Wills (urspr. Willenbücher, lebt in den USA) und Dieter Wilhelm
(geboren 1921, lebt in den USA).
Von Beginn der NS-Zeit an geriet die Familie durch die, wie es im NS-Jargon hieß,
»privilegierte Mischehe« der Eltern zunehmend unter Druck, musste schlimmste
Drangsalierungen und Demütigungen hinnehmen. Wilhelm Gombert wurde 1934 von der
Berliner Oper entlassen, was einem Berufsverbot gleichkam, da er auch in der Folge zu
Frau und Familie hielt. Während des Krieges bestand zunehmend die Gefahr, dass Alice,
wie ihr Vater, deportiert würde. Im November 1942 teilte ein offizielles Schreiben mit,
Michael Lion sei »an Lungenentzündung gestorben«.
Alice Gombert
Im März 1945 - die letzten Deportationen aus dem Reichsgebiet nach Theresienstadt
waren im Gange - wurde Alice, die einen schwedischen Pass besaß, im Rahmen
der Aktion Folke Bernadottes aus Berlin gerettet und zu ihrem Bruder Arthur Liholm
(ursprünglich Lion) nach Stockholm gebracht. Die Flucht des jüngsten Sohns führte
zunächst in die Schweiz, dann ebenfalls nach Stockholm. Er emigrierte nach dem Krieg in
die USA. 1954 gelang es ihm, die Eltern nach Chicago zu holen.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2008 (rf)
Magdalena von Greiffenclau
geborene Horix
geboren um 1765 in Mainz
gestorben 1798 in Mainz
Im Juni 1786 sorgte die Heirat zwischen Friedrich Karl Franz Freiherr von Greiffenclau
und der Mainzerin Magdalena Horix für einen handfesten Skandal und genügend
Gesprächsstoff in der Stadt. Greiffenclau gehörte zum Hochadel und war Nachfahre
gleich zweier Kurfürsten; Magdalena Horix war die Tochter des Hofgerichtsrates und
Rektors der Universität, Johann Baptist Horix.
Greiffenclau, der Erbe des Schlosses Vollrads im Rheingau und weiterer Besitztümer, war
laut Zeitzeugnissen hoch verschuldet und hatte sich mit seiner weitverzweigten Familie
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überworfen. Weil er eine gleichgestellte Adelige nicht habe heiraten können, habe er dann
aus Rache an seiner Familie Magdalena Horix zur Frau genommen. Auch wenn der Familie
noch ein von Horix zuerkannt wurde, so galt die Verbindung doch als Mesalliance und
löste neben Gerüchten auch eine regelrechte Prozesswelle aus.
Belegt ist, dass sich Friedrich Karl von Greiffenclau und Johann Baptist Horix aufgrund
ihrer Mitgliedschaft im freimaurerähnlichen Geheimbund der Illuminaten kannten. Beide
gehörten dem Mainzer Kreis des Illuminatenordens an, Greiffenclau unter dem Namen
Hegesias und Horix unter dem Namen John Milton.
Belegt ist auch, dass Mitglieder der Familie Greiffenclau noch zu seinen Lebzeiten gegen
Friedrich Karl und nach dessen Tod im Jahr 1792 gegen Magdalena und den Sohn Karl
Theodor wiederholt um das Erbe und die Legitimität der Abstammung prozessierten.
Belegt ist wohl auch, dass es Magdalena von Greiffenclau gelang, sich nicht nur die
Verfügungsgewalt über die Güter zu sichern, sondern auch mit den wechselnden
Machthabern in dieser Zeit zu arrangieren. So pflegte sie nach dem Tode Friedrich Karls
ausgezeichnete Kontakte zur französischen Revolutionsarmee und später auch zum
preußischen Militär. Die Öffentlichkeit ließ an Magdalena von Greiffenclau kein gutes
Haar. Sie galt vielen als ausgemachte Kokotte.
In ihrem 1858 erschienenen Roman »Magdalene Horix« erzählt Kathinka Zitz, wenngleich
auch mit einigen literarischen Freiheiten angereichert, die Geschichte der späteren
Magdalena von Greiffenclau.
Magdalena von Greiffenclau starb, nachdem sie kurz zuvor aus Frankreich zurückgekehrt
war, 1798 in Mainz. Kathinka Zitz schrieb dazu: »Drei Wochen später war Frau von
Greiffenklau eine Leiche, nachdem sie kaum ihr dreiunddreisigstes Jahr zurückgelegt
hatte.« Begraben wurde Magdalena nach Schilderung von Zitz in der St. Emmeranskirche.
Ihr 1791 geborener Sohn Karl Theodor starb 1812.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2009 (ew)
Dr. Elisabeth Grohs
Ethnologin
geboren am 19. Dezember 1931
gestorben am 18. Dezember 1996
Fast zwei Jahrzehnte war Elisabeth Grohs Lehrbeauftragte für Ethnologie und Afrikanische
Philologie an der Universität Mainz. In den Jahren von 1977 bis 1994 gab sie nicht
nur durch ihre eigenen Forschungsarbeiten der ethnologischen Frauenforschung
wichtige Impulse, sondern setzte sich auch nachhaltig dafür ein, dass die Frauenund Geschlechterforschung in die Studienordnung des Faches aufgenommen wurde.
Elisabeth Grohs selbst kam auf Umwegen zur Ethnologie. Nach einer Lehre zur
Hotelkauffrau studierte sie Sprachen in der Schweiz und in Frankreich und arbeitete
als Fremdsprachensekretärin in Brüssel. Erst nach ihrer Heirat 1961 begann sie an der
FU Berlin mit dem Studium der Ethnologie, Psychologie und Pädagogik. 1967 zog die
Familie Grohs nach Daressalam in Tansania. Elisabeth Grohs’ Tätigkeit am dortigen
Nationalmuseum bildete das Fundament für ihre späteren wissenschaftlichen arbeiten.
1974 kam sie zusammen mit ihrem Mann nach Mainz.
Einige Zeit später erhielt Elisabeth Grohs am Institut für Ethnologie und Afrika-Studien
einen Lehrauftrag. Wie wichtig ihr die Frauenforschung war, bewiesen die von ihr
regelmäßig angebotenen Seminare zu Frauenthemen. Elisabeth Grohs forschte jedoch
nicht nur selbst, sondern ermutigte auch Studentinnen, in ihren Magister- oder
Doktorarbeiten Frauenthemen zu behandeln. 1988 organisierte Elisabeth Grohs ein
Symposium über »Frauen in der Entwicklung Afrikas und Lateinamerikas«. Nach ihrem
Abschied von der Universität Mainz veranstalteten Wissenschaftlerinnen des Instituts und
der Universität im Jahr 1995 ihr zu Ehren ein Symposium zum Thema »Frauen, Geschlecht,
Entwicklung«.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1998 (ew)
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Sophie Grosch
Malerin und Grafikerin
geboren am 19. August 1874
gestorben am 6. Mai 1962
Sophie Grosch studierte in Darmstadt und München und war Mitglied im
Künstlerinnenverein München.
Mit ihren beiden Schwestern lebte sie zusammen in Mainz-Gonsenheim. Einige Reisen,
so nach Motiven von ihren Radierungen und Zeichnungen zu schließen, führten sie nach
Rom und Pompeji, in die Dolomiten und an den Bodensee.
[Nachtrag: 1998 wurde in Gonsenheim eine Straße nach Sophie Grosch benannt.]
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1993 (mc)
Amalie Schwarz (Gutmann)
Amalie (Milly) Schwarz, geborene Gutmann
geboren 1894 in Mainz
gestorben 1977 in Guildford, England
Anna Gutmann
geboren 1900 in Mainz
ermordet 1942/45 in Riga oder Auschwitz
Das Mainzer Weinhändlerehepaar Ferdinand Gutmann (geboren 1858 in Groß-Rohrheim,
gestorben 1910 in Mainz) und Auguste, geborene Mayer (geboren 1872 in Alzey,
ermordet 1942/45 in Riga oder Auschwitz) hatte drei Kinder: Karl Max (geboren 1897,
umgekommen in einem sowjetischen Lager 1945/46); Amalie und Anna.
Amalie besuchte die Höhere Töchterschule (Frauenlob-Gymnasium) von 1903 bis 1911,
Anna von 1907 bis 1917.
Amalie heiratete 1920 den Fabrikbesitzer Walter Schwarz aus Greiz in Thüringen. Nach
dem Tod ihres Mannes 1925 ließ sie sich mit den in Greiz geborenen Kindern Anneliese
und Walter in Berlin nieder. Die Firma musste in der NS-Zeit zwangsweise veräußert,
»arisiert« werden. Die Flucht aus Deutschland zusammen mit den Kindern gelang zu
Beginn des Zweiten Weltkriegs. Die Tochter heiratete und lebte bis zu ihrem frühen Tod in
England. Der Sohn wurde Arzt und wanderte nach dem Krieg mit der Familie nach Kanada
aus.
Anna Gutmann
Nach England wurde Amalie Schwarz von ihrer Schwester Anna Gutmann und der
Mutter begleitet. Da für diese beiden dort niemand eine finanzielle Bürgschaft
übernahm, reisten sie weiter nach Riga, wo der Bruder Karl Gutmann einen Zweig des
Familienbetriebes leitete. Hier wähnten sie sich möglicherweise sicher. Es sollte jedoch
anders kommen. Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion kam es auch zur
Besetzung der bisher in sowjetischer Hand befindlichen baltischen Staaten.
Anna und ihre Mutter Auguste wurden irgendwann zwischen 1942 und 1945 in Riga
selbst oder in Auschwitz Mordopfer des nazistischen Rassenwahns. Ebenso erging es
Schwiegertochter Sonja Gutmann, geborene Herzfelder, und ihrem Sohn Joe Ferdinand.
Karl Gutmann musste vermutlich an der russischen Front für die deutschen Angreifer
Zwangsarbeit leisten, geriet in Gefangenschaft und starb 1945 oder 1946 in einem
sowjetischen Zwangsarbeitslager.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2005 (rf)
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Elise Haas
Lyrikerin
geboren am 14. Juli 1878 in Tholey
gestorben am 2. Oktober 1960 in Mainz
Barbara Haccius
Mainz war nicht die Stadt ihrer Wahl. Gern wäre die Lyrikerin Elise Haas nach ihrer
Befreiung aus dem Konzentrationslager Theresienstadt wieder fest nach Trier gezogen,
doch die Umstände erlaubten es ihr nicht, dorthin zurückzukehren, wo sie viele Jahre
ihres Lebens verbracht hatte. So kam Elise Haas im Juni 1945 zusammen mit anderen
älteren Frauen und Männern aus Theresienstadt nach Mainz und erhielt Unterkunft und
medizinische Versorgung auf dem Gelände des damaligen Städtischen Krankenhauses
(der heutigen Universitätsmedizin) in der Langenbeckstraße. Später wohnte sie, immer
wieder unterbrochen durch Krankenhausaufenthalte, zusammen mit anderen älteren
jüdischen Holocaust-Überlebenden in der Forsterstraße 2.
Elise Haas, geborene Bähr, stammte aus einer alten jüdischen Familie aus dem Trierer
Raum, entfernt verwandt auch mit Karl Marx. Aus Tholey zog die Familie Bähr 1907 nach
Simmern. Dort heiratete Elise 1909 den Trierer Steuerberater Wilhelm Haas. Gemeinsam
lebte das Ehepaar in Trier. 1943 wurden beide nach Theresienstadt deportiert. Wilhelm
Haas, letzter Vorstand der Trierer Jüdischen Gemeinde, starb dort 1944. Elise Haas
überlebte, wenn auch gesundheitlich schwer beeinträchtigt.
In ihrer Zeit in Trier begann Elise Haas, Gedichte zu schreiben. Viele Werke entstanden
vor 1933, nicht wenige aber veröffentlichte sie auch danach, so etwa in der von 1925
bis 1938 erschienenen jüdischen Zeitschrift »Der Morgen« oder in deutschsprachigen
Publikationen in Luxemburg. Ihre Werke gerieten rasch in Vergessenheit und wurden erst
in jüngster Zeit durch den Lehrer Willi Körtels aus Konz bei Trier wieder entdeckt und mit
einer Biografie veröffentlicht.
An ihre Zeit als Lyrikerin konnte die schwerkranke Frau in Mainz nicht mehr anknüpfen.
Sie starb im Alter von 82 Jahren. Ihr Grab befindet sich auf dem Jüdischen Friedhof in
Mainz.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2012 (ew)
Professorin Dr. Barbara Haccius
Botanikerin
geboren am 6. Dezember 1914 in Straßburg
gestorben am 29. Dezember 1983 in Mainz
Als sich Barbara Haccius 1950 an der Universität Mainz habilitierte und die Lehrerlaubnis
für das Fach Botanik erhielt, gehörte sie zu den wenigen Frauen, denen in dieser Zeit
der Einstieg in eine wissenschaftliche Laufbahn gelang. 1950 betrug der Anteil der
Professorinnen an den deutschen Universitäten gerade einmal 2,9 Prozent und nur 9,4
Prozent von ihnen lehrten in einem naturwissenschaftlichen Fach.
Barbara Haccius’ Weg zur Universitätsprofessur in Mainz hatte viele Stationen. Nachdem
sie drei Jahre lang ein Forschungsstipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft
nutzen konnte, wurde sie 1954 Wissenschaftliche Assistentin am Botanischen Institut,
1956 erfolgte dann ihre Ernennung zur außerplanmäßigen Professorin, 1965 die zur
Wissenschaftlichen Rätin und wiederum 15 Jahre später, im Jahr 1971, wurde sie zur
Universitätsprofessorin ernannt.
Barbara Haccius studierte nach ihrem Abitur 1933 in München, Freiburg und Halle die
Fächer Botanik, Zoologie, Chemie, Geologie und Philosophie. Ihre Promotion im Fach
Botanik erfolgte 1939 in Halle. Nach einigen Jahren im Schuldienst und an der Universität
verließ sie Halle und kam 1950 durch ihren ehemaligen Professor Wilhelm Troll als
wissenschaftliche Mitarbeiterin an die Universität Mainz. Hier war sie maßgeblich am
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Aufbau des Fachs beteiligt und wie ihr Doktorvater Troll besonders an der Morphologie
von Pflanzen interessiert.
Zu ihrem wissenschaftlichen Spezialgebiet, dem sie sich bis zu ihrer Emeritierung 1977
widmete, wurde die Erforschung von Bau und Funktionsweise pflanzlicher Embryonen.
Weitere Forschungs- und Lehraufgaben nahm sie im Gebiet der Mykologie und der
Mikrobiologie wahr. Allein und gemeinsam
mit ForschungskollegInnen veröffentlichte sie über 70 wissenschaftliche Arbeiten zur
Entwicklungsgeschichte und zu Entwicklungsbedingungen von Pflanzen.
Ungewöhnlich war nicht nur Barbara Haccius’ eigener Lebenslauf, ungewöhnlich war
auch, dass es gleich zwei Professorinnen mit dem Namen Haccius an der Universität gab.
Irmgard Haccius, Barbaras Schwester, lehrte lange Jahre Druckgrafik und künstlerische
Buchgestaltung am Fachbereich Bildende Kunst.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2011 (ew)
Ida Gräfin Hahn-Hahn
Ida Gräfin Hahn-Hahn
Lyrikerin und Schriftstellerin
geboren am 22. Juni 1805 in Tressow, Mecklenburg
gestorben am 12. Januar 1880 in Mainz
Nach einem bewegten Leben wohnte Ida Hahn-Hahn von 1854 bis zu ihrem Tod in
Mainz in der Stefansstraße 5/7. 1826 heiratete sie auf Wunsch ihrer verarmten Familie
ihren begüterten Vetter. Nach ihrer Scheindung 1829 war sie literarisch tätig. Mit
Gedichten und Reiseberichten sicherte sie sich einen unabhängigen Lebensunterhalt. Sie
unternahm Auslandsreisen und wechselte häufig ihren Wohnort. Währenddessen schrieb
sie Romane, die für Aufruhr sorgten. Gräfin Ida Hahn-Hahn schilderte das eigene Milieu,
die Unterdrückungsmechanismen der Frauen der oberen Schichten. Ereignisse ab 1848
veränderten ihr Leben. In diese Zeit fielen der Verlust des Freundes, die Revolution von
1848 und der Übertritt zum katholischen Glauben. Ihr Thema war der Gefühlsbereich der
Frauen, der geachtet und respektiert werden sollte. 1854 gründete sie das Frauenkloster
des Ordens »Zum guten Hirten« in Mainz. Dort lebte sie. Insgesamt schrieb und
veröffentlichte sie circa 80 Werke, die zum Teil auch ins Englische, Französische und
Russische übersetzt wurden.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1994 (mc)
Sophie Haibel
geborene Weber
geboren um 1767
gestorben am 26. Oktober 1846 in Salzburg
Das Österreichische Biographische Lexikon ist sich sicher: Sophie Haibel, geborene
Weber, die Schwägerin von Wolfgang Amadeus Mozart, ist in Mainz geboren. Ob dies
tatsächlich stimmt, ist nicht eindeutig zu klären. Sophie Haibel werden mindestens
zwei weitere Geburtsorte zugeschrieben. Ebenso wenig bekannt ist ihr genaues
Geburtsdatum. Auch hierbei gehen die Angaben in den Quellen weit auseinander.
Sophie war die jüngste der vier Weber-Töchter. Sie erreichte nie den Bekanntheitsgrad
ihrer ältesten Schwester Aloysia oder gar den ihrer Schwester Constanze Mozart. Bei
der jüngsten Tochter war wohl der sprichwörtlich gewordene Ehrgeiz der Mutter, Cäcilia
Weber, erlahmt.
Der Nachwelt bekannt ist Sophie Haibel aber als Krankenpflegerin Mozarts. Sie war
es vor allem, die ihn bis zu seinem Tode am 5. Dezember 1791 pflegte. 34 Jahre nach
Mozarts Tod legte sie diese Erinnerungen schriftlich nieder und lieferte damit ein relativ
authentisches Bild von Mozarts Krankheit und Sterben.
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Sophie selbst lebte zu dieser Zeit noch zusammen mit ihrer Mutter in Wien. Erst 1806
heiratete sie den Musikdirektor und Komponisten Jakob Haibl und lebte mit ihm in
Diakovár in Slavonien. Nach seinem Tod 1826 zog sie zu ihrer Lieblingsschwester
Constanze nach Salzburg.
Nur sehr wenige Quellen geben über Sophies Leben Auskunft. Es gibt von ihr auch keine
Abbildung. Ein schriftliches Zeugnis ist Constanzes Testament, in dem sie verfügt, dass
Sophie neben dem Hausrat und persönlichen Gegenständen jährlich 400 fl. erhalten
sollte.
Sophie Haibel starb in Salzburg. Beigesetzt wurde sie zunächst neben ihrer Schwester
Aloysia auf dem St. Sebastian-Friedhof. 1895 wurde sie exhumiert. Ihr Grab befindet sich
nun auf dem Salzburger Kommunalfriedhof. In Salzburg wurde auch eine Straße nach ihr
benannt.
Ob Mainz tatsächlich ihr Geburtsort war, bleibt fraglich. Doch schön wäre die Geschichte
schon...
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2002 (ew)
Fina Halein
Josephine (Fina) Halein
Politikerin und Gewerkschafterin
geboren am 21. Januar 1904 in Mainz-Kastel
gestorben am 2. März 1990 in Mainz-Kastel
»Freiheit für Fina Halein« forderte über viele Jahrzehnte hinweg ein stetig verblassender,
aber dennoch lesbarer Schriftzug am Mainzer Justizgebäude. Als die Fassade vor
einigen Jahren renoviert wurde, verschwand die noch aus dem Jahr 1960 stammende
Solidaritätsbezeugung mit der Mainzerin Josefine Halein, die wegen Mitgliedschaft
und Leitungsfunktion im Demokratischen Frauenbund Deutschlands zunächst zu
zwei Monaten und in einer späteren Hauptverhandlung in Koblenz zu zehn Monaten
Gefängnis verurteilt worden war. Vor dem Verbot der KPD und der Partei nahestehender
Organisationen aber hatte Fina Halein in verschiedenen herausragenden Funktionen
politisch tätig sein können.
Fina Halein, geborene Nordmann aus Mainz-Kastel, gehörte nach der ersten
Kommunalwahl im September 1946 zu den drei in den Mainzer Stadtrat gewählten
Frauen. Gleich zweimal saß sie für die KPD, der sie nach der Wiederzulassung der
Parteien 1946 beigetreten war, in diesem Gremium - einmal von 1946 bis 1948 und noch
einmal von 1952 bis 1956, dem Jahr des KPD-Verbots. In ihrer ersten Zeit im Stadtrat
kümmerte sie sich vor allem um soziale Fragen und die Behebung der Wohnraumnot.
Besonders am Herzen lagen ihr die Alltagsprobleme der Frauen in der ausgebombten und
unterversorgten Stadt.
Anfang des Jahres 1948 rückte sie für die KPD in den Landtag Rheinland-Pfalz nach
und gehörte als eine der wenigen Frauen dem Parlament bis zur Neuwahl 1951 noch
drei Jahre lang an. Als Landtagsabgeordnete setzte sie sich unter anderem dafür ein,
unverheirateten Frauen über 50 Jahren den Zugang zur günstigeren Steuerklasse 2 zu
ermöglichen, um ihnen bessere Chancen zum Aufbau einer Altersversorgung zu geben.
Fina Halein selbst war von 1945 bis zu ihrer fristlosen Entlassung wegen ihres
Engagements gegen die Remilitarisierung im Jahre 1952 in der städtischen
Betreuungsstelle für politisch, rassisch und religiös Verfolgte tätig. Später musste die
frühere Verkäuferin ihren Lebensunterhalt durch selbstständige Tätigkeiten verdienen.
Fina Halein blieb politisch aktiv, trat in die DKP ein und kandidierte in den siebziger
Jahren wieder für den Stadtrat.
Neben der Wahrnehmung ihrer politischen Mandate widmete sich Fina Halein
jahrzehntelang besonders der Gewerkschaftsarbeit. Sie war nicht nur Mitbegründerin der
Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) im Januar 1946 in Mainz,
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sondern auch zwei Jahre lang Vorsitzende des Ortsverbandes. In den siebziger Jahren
wurde sie wegen ihres langjährigen Engagements zur Ehrenvorsitzenden der HBV
gewählt.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1995 (ew)
Kathinka Halein-Zitz
Dichterin, Schriftstellerin und Demokratin
geboren am 4. November 1801 in Mainz
gestorben am 8. März 1877 in Mainz
Kathinka Halein-Zitz
Kathinka Halein-Zitz erhielt eine gute literarische und musikalische Ausbildung in Mainz
und Straßburg und begann 1820 zu schreiben. Sie schrieb Beiträge für Zeitungen,
Zeitschriften und Almanache und verfasste Gedichte, Novellen und Romane. Damit
verdiente sie für sich und ihre jüngere Schwester - nach dreijähriger Tätigkeit als
Erzieherin - den Lebensunterhalt. 1837 heiratete sie den Demokraten und Rechtsanwalt
Franz Zitz. Sie trennten sich 1839.
1848/49 nahm sie aktiv an den politischen Ereignissen teil. Sie gründete am 16.5.1849
zusammen mit anderen Mainzerinnen den demokratischen Frauenverein „Humania“,
hielt die Eingangsrede und war bis 1850 Präsidentin. Der Verein mit ca. 1600 Mitgliedern
verfolgte das Ziel, Demokraten und kämpfenden Freischärlern und deren Familien zu
helfen. Er existierte bis 1851. Zur Mittelbeschaffung wurden Konzerte, Verlosungen und
Spenden organisiert. Kathinka Halein-Zitz unternahm Reisen, um politische Gefangene
und Emigranten zu unterstützen. Sie war mit Johanna Kinkel, Schriftstellerin und
Komponistin, befreundet.
[Nachtrag: seit 1998 gibt es in der Nähe ihres Geburtshauses am Kirschgarten den
Kathinka-Zitz-Weg.]
Margarethe Louise Hamel Schick
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1991 (mc)
Margarethe Louise Hamel Schick
Sängerin
geboren am 27. April 1768 in Mainz
gestorben 29. April 1809 in Berlin
Schon als Kind lernte Margarethe Louise Hamel Klavier spielen und erhielt eine
Gesangsausbildung. Mit 16 Jahren wurde sie als Sängerin am Kurfürstlichen Hof in
Mainz engagiert. Nach ihrer Heirat mit dem Geiger Ernst Schick ging sie 1789 mit ihm
zusammen nach Berlin. Sie hatte größte Erfolge in den Opern von Mozart und Gluck. Mit
41 Jahren starb sie am Zerspringen einer Halsader nach einer Aufführung im Berliner
Dom. Ihre Tochter Julie Schick und ihre Enkelin Pauline von Schätzel wurden ebenfalls
Sängerinnen.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1992 (mc)
Doris Haus
Königlich württemberg’sche Kammer-Sängerin
geboren am 13. Mai 1807 in Mainz
gestorben am 11. Januar 1870 in Stuttgart
Eine künstlerische Laufbahn hatten ihre Eltern sicherlich nicht für ihre Tochter Doris
vorgesehen, als sie ihr den ersten Klavier- und Gesangsunterricht beim Mainzer
Musiklehrer Heideloff ermöglichten. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war es nicht
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Kathinka Heinefetter
unbedingt schicklich, als Tochter aus gutem Hause auf der Bühne zu stehen. Ihr Vater
war Rheinbrückenmeister, und damit verantwortlich für die Erhebung der Maut an der
Schiffsbrücke zwischen Mainz und Kastel.
Doris Haus verbrachte einige Zeit in einem Internat in Köln, wo sie auch weiteren
Musikunterricht erhielt. Nachdem ihre Eltern rasch hintereinander gestorben waren,
ermöglichte ihr ein zum Vormund eingesetzter Verwandter, den Gesang zum Beruf zu
machen.
Ihr Debüt feierte sie 1825 in Mainz mit der Rolle der Konstanze in Mozarts »Entführung
aus dem Serail«. Noch im gleichen Jahr fand Doris Haus ein Engagement in Frankfurt am
Main und avancierte dort rasch zum Publikumsliebling.
Nach einer Gastspielreise, die sie 1829 nach Karlsruhe und Stuttgart führte, wurde sie
Ensemblemitglied des Hoftheaters in Stuttgart. 17 Jahre blieb sie an der dortigen Bühne,
sang in nahezu allen beliebten Opern dieser Zeit. Geehrt wurde Doris Haus mit dem
Titel der königlichen Kammersängerin, der ersten Hofsängerin. Neben ihren Auftritten in
der Oper machte sie sich auch als Konzertsängerin und durch Gastauftritte an anderen
Bühnen einen Namen.
Doris Haus blieb auch nach Beendigung ihrer Bühnenlaufbahn 1847 in Stuttgart und gab
nun ihrerseits Gesangsunterricht.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2011 (ew)
Kathinka Heinefetter
Sängerin
geboren 1820 in Mainz
gestorben am 20. Dezember 1858 in Freiburg/ Breisgau
Sabine Heinefetter-Marquet
Der Name Heinefetter war Programm: (Mainzer) Bühnenprogramm.
Alle sechs Heinefetter-Töchter waren bekannte Sängerinnen und Musikerinnen. Schon
in ganz jungen Jahren standen die Heinefetter-Schwestern (und ihre Brüder) auf der
Mainzer Bühne. Neben Sabine und Clara Heinefetter erwarb sich besonders Kathinka
auch international einen beachtlichen Ruf. Wie schon ihre Schwester Clara, wurde auch
Kathinka von der elf Jahre älteren Schwester Sabine zur Sängerin ausgebildet.
1840 debütierte Kathinka an der Pariser Oper. Zwei Jahre später ging sie nach Brüssel.
Dass sie nie die große Popularität ihrer Schwester erreichte, lag wohl an einer sehr
unfreiwilligen Unterbrechung ihrer Bühnenkarriere. Während ihres Engagements in
Brüssel erstach ein Pariser Rechtsanwalt in Kathinkas Zimmer einen Kollegen und
mutmaßlichen Nebenbuhler. Kathinka Heinefetter konnte sich nach diesem Vorfall eine
ganze Zeit lang nicht mehr auf den Opernbühnen blicken lassen.
Erst 1850 sang sie wieder in Paris. Es folgten noch Stationen in Hamburg, Berlin, Wien
und Budapest, bis sie sich endgültig in Freiburg niederließ. Dort starb sie auch an einem
Herzleiden.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2005 (ew)
Sabine Heinefetter-Marquet
Opernsängerin
geboren am 19. August 1809 in Mainz
gestorben am 18. November1872 in Illenau / Baden
Sabine Heinefetter-Marquet war - wie ihre neun Geschwister - musikalisch begabt. Als
Zwölfjährige zog sie mit der Harfe spielenden Mutter und dem Geige spielenden Vater
singend in Mainzer Lokalen herum, um den Lebensunterhalt der Familie zu sichern. Sie
fand finanzielle Unterstützung, die ihr die Ausbildung ihrer Stimme (Sopran) möglich
machte, und trat zwischen 1824 und 1856 an vielen Orten in Deutschland, Frankreich und
Italien auf. Ihren fünf jüngeren Schwestern finanzierte sie ein Gesangstudium und bildete
sie auch selbst aus. Wegen Krankheit musste sie 1856 das Singen aufgeben.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1991 (mc)
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Clara Heinefetter-Stöckl
Opernsängerin
geboren am 17. Februar 1816 in Mainz
gestorben am 24. Februar 1857 in Döblin
Clara Heinefetter-Stöckl wurde in Mainz geboren. Sie war die jüngere Schwester der
berühmten Sabine Heinefetter, die sie ausbildete. Wie ihre vier Schwestern, wurde auch
Clara eine bedeutende Sängerin. Ihr Debüt hatte sie 1831 in Wien. 1834 unternahm
sie eine glänzende Gastspieltournee nach München, Berlin, Mannheim, Stuttgart und
Dresden. Von 1836 bis 1839 war sie an der Wiener Oper, 1840 in London, von 1841 bis
1847 wieder in Wien engagiert. Clara Heinefetter heiratete 1840 den Tänzer und späteren
Direktor des Linzer Theaters, Stöckl.
Nach der Geburt eines Kindes 1850 verlor sie ihre Stimme. Sie wurde krank und kam ab
1855 in die Irrenanstalt Döblin, wo sie 1857 starb.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1993 (mc)
Clara Heinefetter Stöckl
Professorin Dr. Edith Heischkel-Artelt
Medizinhistorikerin
geboren am 13. Februar 1906 in Dresden
gestorben am 1. August 1987 in Frankfurt a. M.
Nach der Wiedereröffnung der Universität Mainz wurde im Herbst 1946 das städtische
Krankenhaus zum Klinikum der Johannes Gutenberg-Universität. Zum Wintersemester
1946/47 wurde die Medizinische Fakultät eingerichtet. Unter den ersten Lehrenden
und Forschenden an der neuen Fakultät war auch die Medizinhistorikerin Edith
Heischkel-Artelt. Die Doktorin der Medizin und der Philologie baute zusammen mit
Paul Diepgen, damals Gastprofessor, ein Medizinhistorisches Institut auf. 1948 wurde
sie zur außerplanmäßigen Professorin und 1962 zur ordentlichen Professorin ernannt.
Bis zu ihrer Emeritierung 1974 war sie Leiterin des entscheidend von ihr mitgeprägten
Medizinhistorischen Instituts.
Zusammen mit ihrem Mann Walter Artelt, ebenfalls Medizinhistoriker, war sie in vielen
internationalen Wissenschaftsgesellschaften tätig.
Edith Heischkel-Artelt gehörte damit zu den (immer noch) wenigen weiblichen Lehrenden
an der Hochschule.
Dora Hennig
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1995 (ew)
Dora Hennig
Politikerin
geboren am 1. Juni 1902 in Mainz
gestorben am 11. März 1986 in Mainz
Dora Hennig, geborene Mauer, engagierte sich schon als junge Frau politisch. In der
Hafenstraße in der Mainzer Neustadt aufgewachsen, arbeitete sie nach dem Besuch der
Volksschule als Hausgehilfin. Im Ersten Weltkrieg wurde sie zur Industriearbeiterin in der
Rüstungsindustrie und organisierte sich 1925 im Deutschen Metallarbeiterverband. Zwei
Jahre später, 1927, trat sie der SPD bei.
Gleich nach dem Ende der Nazi-Herrschaft gehörte Dora Hennig zu den ersten, die die
SPD in Mainz wiederbegründeten.
Als eine von nur drei Frauen wurde sie 1946 bei den ersten Kommunalwahlen in den
Stadtrat gewählt. Diesem Gremium gehörte Dora Hennig ununterbrochen 23 Jahre lang
bis 1969 an. Dazwischen aber, von 1951 bis 1955, war sie Abgeordnete des rheinlandpfälzischen Landtages. In Mainz war Dora Hennig vor allem als Sozialpolitikerin bekannt.
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Daneben war sie für ihre Stadtratsfraktion aber auch im Kulturbereich und der Schulpolitik
tätig.
1950 wurde sie als eine von drei Frauen in den rheinhessischen Bezirksvorstand ihrer
Partei gewählt und hatte auch den Vorsitz im Bezirksfrauenausschuss, dem Vorläufer
der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (ASF) inne. Ebenso engagierte sie
sich in der Arbeiterwohlfahrt. Im Laufe ihres politischen Lebens empfing Dora Hennig
zahlreiche Ehrungen.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2003 (ew)
Albertine Henrich
Schriftstellerin
geboren am 30. September 1810 in Lorch, Württemberg
Sterbedatum und Sterbeort nicht ermittelbar
Im Mainzer Familienregister ist ihr Geburtsjahr mit 1810 angegeben, andere Quellen
nennen 1806 und sogar 1812. Nur der 30. September scheint in allen Fällen zu stimmen.
Zu den Unbekannten im Leben der Albertine Henrich, geborene Röslin, gehören auch ihr
Sterbedatum und der Sterbeort.
Eine Quelle gibt an, sie sei um 1898 gestorben. Möglicherweise starb sie auch am
früheren Wohnort ihrer Tochter Hedwig in Granada.
Fest steht aber, dass die Pfarrerstochter und Schauspielerin Albertine Röslin, genannt
Bertha, als zweite Ehefrau des Mainzer Arztes Dr. Kaspar Henrich nach Mainz kam und
sie dort 1833 ihre Tochter Hedwig zur Welt brachte. Albertine Henrich wohnte mit ihrer
Familie zunächst am Weihergarten, später auch in der Grebenstraße und in der Gaugasse.
(Zu dieser Zeit war Mainz noch in die Bezirke A, B, C, D, E und F eingeteilt und die Häuser
waren nummeriert - und so wohnten die Henrichs in F 372, in B 287 und auch in F 313314.)
Im Dezember 1838 zog auf Betreiben ihres scheidungswilligen Mannes für einige Wochen
die Schriftstellerin Kathinka Zitz zur Familie Henrich. Doch an diese Zeit hatte die Zitz
keine gute Erinnerung. Denn in der gerichtlichen Auseinandersetzung um den ehelichen
Unterhalt schlug sich Albertine Henrich auf die Seite von Franz Zitz und stellte ihm sogar
vertrauliche Briefe zur Verfügung, die sie von Kathinka erhalten hatte.
Als Schriftstellerin von historischen Romanen gab sich Albertine Henrich ein männliches
Pseudonym: Paul Stein. Ihre Hauptschaffensphase lag in den fünfziger und sechziger
Jahren des 19. Jahrhunderts. 1859 erschien der mehrbändige Roman Der letzte Churfürst
von Mainz, 1860 folgte Drei Christabende. Roman aus der Zeit der Befreiungskriege.
Zwischen 1861 und 1869 erschienen - ebenfalls beide mehrbändig - Johannes Gutenberg,
Albrecht von Brandenburg und Aus den Tagen des ersten Napoleon.
Daneben verfasste Albertine Henrich auch Novellen und Abhandlungen zu Sachthemen.
Eine echte Anerkennung als Schriftstellerin fand sie wohl auch in Mainz nicht. Hedwig
Henrich-Wilhelmi aber schrieb über ihre Kindheit: »Kein Wunsch wurde mir versagt, und
Alles durfte ich lernen, wozu ich irgend Talent und Neigung hatte.« Dazu hat Albertine
Henrich auf jeden Fall beigetragen. Nicht überliefert ist, was sie von den freidenkerischen
Aktivitäten ihrer Tochter hielt.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2010 (ew)
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Hedwig Henrich-Wilhelmi
Schriftstellerin, Freidenkerin und Frauenrechtlerin
geboren am 17. März 1833 in Mainz
gestorben am 8. Februar 1910 in Wiesbaden
Bereits mit 15 Jahren veröffentlichte sie ihre erste Novelle und mit 16 verfasste sie ihr
erste Drama »Virginia«, das nicht nur veröffentlicht, sondern auch erfolgreich am Mainzer
Theater aufgeführt wurde. Schon bald darauf folgten weitere Theaterstücke, von denen
eines sogar in Hamburg auf die Bühne gebracht wurde.
Die Tochter der Schriftstellerin und früheren Schauspielerin Albertine Henrich und des
Mainzer Arztes Kaspar Henrich war auf dem besten Wege, eine bekannte und geschätzte
Autorin zu werden.
Als Hedwig Henrich aber mit 19 Jahren den Kaufmann und späteren Konsul Ferdinand
Wilhelmi heiratete, unterbrach sie für viele Jahre ihre schriftstellerische Arbeit. Schon
kurz nach der Hochzeit zog das Paar nach Spanien, nach Granada, wo Ferdinand Wilhelmi
unter anderem für das deutsche, das österreichische und das schweizerische Konsulat
tätig wurde. In Spanien kamen auch die Kinder Berta und Louis zur Welt.
Hedwig Henrich-Wilhelmi wurde in Granada zur gefragten Gastgeberin für zahlreiche
Prominente aus Literatur, Kunst, Wissenschaft und Politik, sie selbst aber schrieb
nicht. Doch um 1866 ließ sie Granada hinter sich und schloss sich in Stuttgart
der Freidenkerbewegung um Albert Dulk an. Hedwig Henrich-Wilhelmi entwickelte
sich zu einer freien Denkerin und Unterstützerin der sozialen Bewegung und der
Frauenbewegung des 19. Jahrhunderts. Frauenrecht ist Menschenrecht, so der Titel
einer ihrer Veröffentlichungen, wurde zu ihrem Programm. (1894 erschien ihre Schrift
Das Recht der Frau zum Studium und ihre Befähigung für alle Berufsarten.) Bekannt
aber wurde sie durch ihre Vortragstätigkeit für die Freidenkerbewegung, die sie durch
ganz Deutschland und zwischen 1887 und 1889 auch durch die Vereinigten Staaten
führte. Ungestraft blieb diese Tätigkeit nicht. Ob Gotteslästerung oder Verstoß gegen
das Sozialistengesetz - die Obrigkeit verfolgte mit Argwohn die Frau, die in der Lage war,
selbst große Säle zu füllen. Eine zweimonatige Haftstrafe, zu der sie das Gericht in Hagen
verurteilt hatte, saß sie ab.
Während einer weiteren Vortragsreise durch die USA erlitt Hedwig Henrich-Wilhelmi einen
Unfall und behielt eine Gehbehinderung zurück. Beschwerliche Reisen wurden für sie
mehr und mehr unmöglich. Ihre letzten Lebensjahre verbrachte sie dann in Wiesbaden.
Hedwig Henrich-Wilhelmi
Dr. Magdalene Herrmann
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2010 (ew)
Dr. Magdalene Herrmann
Lehrerin
geboren am 22. Oktober 1888 in Mainz
gestorben am 28. Juli 1988 in Mainz
Dr. Magdalene Herrmann war die erste Mainzer Lehrerin, die ein reguläres
Universitätsstudium absolviert und zudem ihre universitäre Laufbahn mit einer
Promotion abgeschlossen hatte. 1916 legte sie ihre Doktorarbeit über den
kurmainzischen Historiker Niklas Vogt vor. Von 1918 an unterrichtete sie an der Höheren
Töchterschule die Fächer Deutsch, Englisch und Geschichte. Zu ihren Schülerinnen
gehörte auch Netty Reiling, besser bekannt als Anna Seghers.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde Magdalene Herrmann an eine Wormser Schule
strafversetzt, weil sie sich in den Augen der faschistischen Machthaber des »politischen
Katholizismus« schuldig gemacht hatte. Erst nach dem Krieg kehrte sie nach Mainz
zurück und unterrichtete bis zu ihrer Pensionierung an der Frauenlobschule. Magdalene
Herrmann starb - fast hundertjährig- im Josephsstift.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1997 (ew)
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Anna-Luise Heygster
Fernsehjournalistin
geboren am 9. Juli 1923 in Rostock
gestorben am 27. Januar 1990 in Sigmaringen
Wenn sich alljährlich Medienschaffende im ZDF zu den »Mainzer Tagen der Fernsehkritik«
versammeln, dann ist dieses Ereignis in erster Linie Anna-Luise Heygster zu verdanken.
Die langjährige ZDF-Redakteurin initiierte nicht nur dieses medienkritische Forum,
sondern organisierte und leitete es von 1968 bis 1983. Dafür erhielt Anna-Luise Heygster
1983 auch einen Adolf-Grimme-Preis in Form einer besonderen Ehrung.
Anna-Luise Heygster
Lucy Hillebrand
Bis Anna-Luise Heygster 1964 als Redakteurin zum ZDF nach Mainz kam, lag schon
ein bewegtes und bewegendes Leben hinter ihr. Nach ihrem Abitur studierte sie ab
1941 Romanistik, Philosophie und Kunstgeschichte in Rostock und Berlin und schloss
gleich noch ein Musikstudium an. Von 1945 bis 1946 war sie Mitglied des Orchesters in
Flensburg. Nach ihrer Rückkehr nach Rostock (und dem Entzug der Studienerlaubnis),
fand sie in Potsdam bei einem Verlag eine Anstellung als Übersetzerin. Bis zu ihrer Flucht
aus der DDR 1953 hatte sie noch verschiedene Tätigkeiten inne. So leitete sie etwa die
Musikabteilung des Landessenders Schwerin und war Dramaturgin am Staatstheater
Schwerin.
Von 1956 bis 1961 lebte Anna-Luise Heygster mit ihrer Familie in Indonesien und war als
Lektorin für Latein, deutsche Phonetik und westliche Kulturgeschichte an verschiedenen
Universitäten tätig.
Beim ZDF arbeitete sie zunächst im Auslandsreferat, wechselte dann in die
Hauptabteilung Programmplanung. 1972 wurde sie Beauftragte für neue audio-visuelle
Systeme. Sie selbst stellte bei ihrem Abschied vom ZDF 1983 nicht ohne Ironie fest,
dass sie im Sender stets eine »Beauftragte für besondere Aufgaben« gewesen sei. Die
Journalistin (und Mutter von sieben Kindern) wusste sehr wohl um die Möglichkeiten und
Unmöglichkeiten als Frau auch in der Hierarchie einer Sendeanstalt einen Platz in den
oberen Etagen zu erringen.
1978 rief sie zusammen mit anderen prominenten Fernsehfrauen die »Aktion Kartext
- Gleichstellung der Frauen in den Medien«, kurz AKT genannt, ins Leben. Auch als ZDFPersonalrätin setzte sie sich für eine gezielte Frauenförderung ein. (Bei den »Mainzer
Tagen der Fernsehkritik« gelang es übrigens erst sieben Jahre nach dem Tod von AnnaLuise Heygster, die Rolle der Frauen und das Frauenbild in den Medien zum Hauptthema
zu machen.)
Nur wenige Monate nach ihrem Tod ehrte Intendant Dieter Stolte die Journalistin auf eine
besondere Weise: am 30. August 1990 wurde auf dem ZDF-Gelände die Anna-LuiseHeygster-Straße eingeweiht.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2006 (ew)
Lucy Hillebrand
Architektin
geboren am 6. März 1906 in Mainz
gestorben am 14. September 1997 in Göttingen
Am Anfang stand die konsequente Förderung des künstlerisch begabten Mädchens
durch ihr Elternhaus in Mainz. Und bis ins hohe Alter bewahrte sich die Architektin Lucy
Hillebrand das Talent, Architektur mit künstlerischen Elementen, Elementen des Tanzes
und der Bewegung zu verbinden. Mit ihrem Namen ist die Entwicklung der so genannten
Raumschrift verbunden. Ihr Anspruch war, sich Räumen und Raumformen ähnlich einer
Choreographie zu nähern und Gefühlserlebnissen räumlichen Ausdruck zu geben. Für
Lucy Hillebrand stand das Individuum, die »freie Existenz«, im Mittelpunkt. Sie wollte
Räume schaffen, die sich an den Bedürfnissen des Individuums orientieren.
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Lucy war die Tochter von Fides Laura, geborene Mayer, und dem Mainzer Spediteur Hans
H. Hillebrand. Nach dem Besuch der Reformvorschule, einer von der Frauenarbeitsschule
ins Leben gerufenen reformpädagogischen Einrichtung, war sie von 1915 bis 1922
Schülerin der Höheren Mädchenschule - wie schon zuvor ihre Mutter Fides Laura und wie
auch ihre Schwestern Erna und Fides.
Lucy Hillebrands Laufbahn begann als Meisterschülerin von Kirchenbauer Dominikus
Böhm in Offenbach und Köln. 1927 wurde sie jüngstes Mitglied des Deutschen
Werkbundes; im Jahr 1985 erhielt sie die Ehrenmitgliedschaft.
Ihr erstes eigenes Atelier eröffnete Lucy Hillebrand in Frankfurt und sie suchte die
Zusammenarbeit mit Vertretern des Bauhaus und des Freundeskreises »Das neue
Frankfurt«. Die Nazi-Zeit überstand Lucy Hillebrand nur mit Mühen. Bereits 1934 konnte
sie ihren Beruf nicht mehr ausüben und war auch persönlich gefährdet. Ihre Mutter Fides
Laura stammte aus einer Mainzer jüdischen Familie. Fides Laura selbst war wohl bei der
Eheschließung Katholikin geworden. Dies bewahrte sie allerdings nicht vor Verfolgung
durch die Nazis. Der drohenden Deportation von Hannover aus nach Theresienstadt
entzog sich Fides Laura um 1941/1942 durch Suizid. Den Töchtern blieb dieses Schicksal
erspart.
Nach dem Krieg ging Lucy Hillebrand nach Göttingen und eröffnete ein neues Atelier.
Ihre Raumschrift weiterentwickelnd, gestaltete sie unter anderem Schulen, Jugend- und
Kulturhäuser, Studentenheime, ein Kinderdorf, ein Gewerkschaftshaus, Hotels und 1960
eine Kirche auf der Nordseeinsel Langeoog.
Lucy Hillebrand blieb zeit ihres Lebens Avantgardistin. Noch mit fast 80 Jahren beteiligte
sie sich engagiert an Diskussionen von Architektinnen und befasste sich dem weiblichen
Blick auf Planung und Bauen.
Lucy Hillebrand starb Ende September 1997 mit 91 Jahren in Göttingen.
[Nachtrag: 2008 wurde die Straße an der neu errichteten Fachhochschule nach Lucy
Hillebrand benannt.]
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2003 (ew)
Margret Hofheinz-Döring
Malerin
geboren am 20. Mai 1910 in Mainz
gestorben am 18. Juni 1994 in Bad Boll
»Frauen in der Kunst haben es schwerer. Männer sind lauter, die können sich eher
durchsetzen«, wusste die in Mainz geborene Malerin Margret Hofheinz-Döring. Wie viele
Malerinnen erfuhr auch sie, dass ihre Stimme in der Kunstwelt lange Zeit kaum Gehör
fand. Trotz guter Startchancen und fundierter Ausbildung musste sie 55 Jahre alt werden,
bis sie ihre erste große Einzelausstellung realisieren konnte. Ihre erste Berührung mit
Kunst erlebte sie in ihrem Elternhaus. Der Vater, Franz Döring, war selbst Bildhauer
und Schriftsteller. Bereits in der Realschule, die Familie Döring lebte damals schon in
Göppingen, hatte sie Unterricht bei Gustav Kolb, einem Reformer des Kunstunterrichts.
Nach dem Abitur studierte sie von 1930 bis 1934 an der Akademie der Bildenden
Künste in Stuttgart. Margret Hofheinz-Döring legte ihr Examen als Kunsterzieherin
ab und unterrichtete bis 1943 an verschiedenen Gymnasien in Württemberg. 1939
heiratete sie, nach der Geburt ihrer Tochter Brigitte im Jahr 1944 war sie freischaffend
tätig. Erst ab Mitte der fünfziger Jahre gelang es ihr, sich als Malerin zu etablieren, auch
wenn sie zeitlebens nicht von ihrer Kunst leben konnte. Margret Hofheinz-Döring besaß
eine Vorliebe für phantastische, märchenhafte und farbintensive Motive. Eine große
Rolle spielten heiter und optimistisch angelegte Frauenportraits, denn Frauen waren
für sie »nun einmal schöner als Männer«. Auch wenn die Wirklichkeit kaum Anlass
für Optimismus bot, lautete ihr künstlerisches Credo, dem Leben soviel Heiterkeit wie
möglich abzugewinnen. Sie war durch ihre Ausbildung eine naturalistische Malerin, doch
abstrakte und ungegenständliche Malerei bestimmt besonders ihr Spätwerk.
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1964 machte Margret Hofheinz-Döring ihren Führerschein; das Auto vermittelte ihr
ein völlig neues Freiheitsgefühl, das sie in zahlreichen Bildern festhielt. Sie stellte
diesen Zyklus unter das Motto »Das Fliegende Auto - Eine Frau erfährt die Welt«. Nur
wenige Monate nach ihrem Tod 1994 wurden diese Arbeiten im Mainzer Ordnungsamt
ausgestellt. Ihren künstlerischen Nachlass verwaltet ihre Tochter, die Göppinger Galeristin
Brigitte Mauch.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1998 (ew)
Martha Horch
geboren am 7. Januar 1893 in Mainz
Suizid am 18. März 1942 in Mainz
Martha Horch
Martha war eines von vier Kindern der jüdischen Familie Horch am Forsterplatz 1 1/10.
Der Vater war der Rechtsanwalt und Geheime Justizrat Dr. Hermann Horch (gestorben
1921), die Mutter Theresia, geborene Heiden-Heimer (gestorben 1936).
Martha besuchte die Höhere Mädchenschule (das spätere Frauenlob-Gymnasium) von
1903 bis 1910, ihre ältere Schwester Anna (geboren 20. Februar 1890 Mainz) von 1903
bis 1907.
Anna heiratete 1912 den Mainzer Lungenfacharzt Dr. Joseph Ludwig Busch. Nach dem
NS-Berufsverbot für jüdische Ärzte verließ Dr. Busch, der von 1914 bis 1918 Stabsarzt
beim Reserveartillerieregiment 25 gewesen war, mit seiner Frau 1938 Mainz und zog nach
München. Von dort wurde das Ehepaar am 4. April 1942 nach Piaski bei Lublin deportiert
und ermordet.
Martha Horch blieb unverheiratet. Ihre letzte Anschrift war das Haus Taunusstraße 31 in
Mainz, eines der zahllosen Ghettohäuser, in denen Juden im Vorfeld der Deportationen
zwangsweise zusammengepfercht wurden. In diesem Haus waren es 16 Personen, zwölf
davon Frauen. Sie alle wurden am 20. März, am 27. September und am 30. September
1942, also keineswegs gleichzeitig, verschleppt. Unter den Opfern aus dem Haus in der
Taunusstraße waren auch die Mutter der Anna Seghers (Hedwig Reiling), eine Lehrerin der
Höheren Mädchenschule (Johanna Sichel) und eine zweite Ehemalige der Schule (Else
Kaufmann-Wallach) mit ihrer Familie.
Martha Horch nahm sich am 18. März 1942, zwei Tage vor der ersten großen Mainzer
Deportation, das Leben.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2006 (rf)
Alinda Jacoby (Maria Krug)
geborene Bleser
Schriftstellerin
geboren am 16. Oktober 1855 in Trier
gestorben am 15. Mai 1929 in Mainz
Unter ihrem Geburtsnamen Maria Bleser heiratete sie 1887 den Mainzer Fabrikbesitzer
F.K. Krug. Doch schon vor ihrer Eheschließung war sie unter dem Pseudonym Alinda
Jacoby schriftstellerisch tätig.
Die Schriftstellerin bediente beinahe alle literarischen Genres. In rascher Folge schrieb sie
über 20 Bühnenstücke, darunter auch Schwänke und Lustspiele, sie schrieb aber auch
Romane und Erzählungen, Novellen und episch-lyrische Dichtungen.
Die meisten ihrer Werke waren eher leichte Kost; sie gehörten zur zeittypischen
Erbauungsliteratur. Alinda Jacoby schrieb aber auch sehr engagiert über ihr wichtige
Mainzer Frauengestalten. So verfasste sie unter anderem ein Buch über die Schriftstellerin
Ida Gräfin Hahn-Hahn.
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Auch wenn heute niemand mehr Alinda Jacoby liest, muss sie in ihrer Zeit eine bekannte
und viel gelesene Mainzer Autorin gewesen sein, sonst hätte nicht der Mainzer Verlag
Kirchheim gleich eine ganze Reihe ihrer Bücher veröffentlicht, sonst hätte sie sicherlich
auch nicht zur Gutenbergfeier im Jahr 1900 ein offizielles Festgedicht beitragen können.
Die letzte Strophe ihres Gedichtes auf Gutenberg ist ein gutes Beispiel für ihren Stil:
Moguntia, du goldene Stadt am Rheine,
Die Gutenberg voll Stolz du nennest Sohn,
In dir hat seine Kunst, die siegreich herrschet
Im Weltall, errichtet ihren Thron!
Erhebe dich, dein edles Kind zu ehren,
Streu freudig Blumen ihm mit voller Hand,
Bekunde, wie für Wissenschaft und Künste
Blüht frischer, reger Sinn am Rheinesstrand.
Elisabeth Kübel
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2005 (ew)
Elisabeth Kübel, geb. Jakoby (geboren 1884 in Mainz - gestorben 1965 in Gießen)
Cornelia Jäger, geb. Jakoby (geboren 1887 in Mainz - gestorben 1954 in Gießen)
Aus der Ehe des jüdischen Kaufmannsehepaares Jacob Jakoby und Adrienne, geb. Marx
aus Nantes, gingen drei Töchter hervor, die alle zwischen 1891 und 1905 die Höhere
Töchterschule (Frauenlob-Gymnasium) besuchten. Paula, die Älteste, heiratete in die USA
und verstarb dort 1916.
ELISABETH Jakoby heiratete 1908 den Oberlehrer Dr. Karl Kübel, Sohn des Direktors der
Kunstgewerbeschule Mainz und selbst jahrzehntelang Physik- und Mathematiklehrer am
heutigen Rabanus-Maurus-Gymnasium. 1920 konvertierte sie - mit Mutter und Schwester
- zum Protestantismus. Der rassistischen Weltanschauung des Nationalsozialismus
galten alle drei ab 1933 als Jüdinnen. Rassegesetzgebung (1935) und »Deutsches
Beamtengesetz« (1937) stellten Karl Kübel vor die Entscheidung: Trennung von seiner
jüdischen Frau oder Berufsverbot. Er entschied sich für seine Frau und kehrte erst 1945
in den Lehrberuf zurück.
Elisabeth entzog sich der Führung des Zwangsnamens »Sara«, indem sie sich (bis an ihr
Lebensende) »Mathel« nannte. Sie überlebte dank ihres Mannes und wahrscheinlich
durch einen ehemaligen Schüler, der als Gestapomann ihren Namen von der
Deportationsliste strich. Die Tabletten, die die Eheleute bereithielten, um gemeinsam aus
dem Leben zu gehen, sollte ihr der Abtransport drohen, wird Elisabeth/Mathel Kübel im
September 1965 einnehmen. Sie kann den Tod des geliebten Partners (März 1965) nicht
verwinden.
Cornelia Jäger
CORNELIA Jakoby heiratete 1914 den Darmstädter Architekten Georg Wilhelm Jäger.
Aus der Ehe gingen ein Sohn und eine Tochter hervor. Letztere erfährt erst viel später
als ihr Bruder vom Grund für Zurückstellung und Diskriminierung in der NS-Zeit. Die
Eltern glaubten wohl, ihr diese Aufklärung möglichst lange vorenthalten zu sollen. Umso
schwerer der Schock, als sie nicht mehr zu umgehen war. Georg Jäger hielt zu seiner Frau
und verlor Aufträge als Architekt. Er fand während des Krieges Arbeit in der Fabrik von
Bekannten in Linz/Donau. Seine Frau blieb im hessischen Queckborn. Der Bürgermeister
schützte sie 1942 vor drohender Deportation. Beim zweiten Mal misslang diese und
Cornelia Jäger wurde Anfang 1945 ins KZ Theresienstadt verschleppt. Die Tochter inzwischen auch in Linz - tauchte daraufhin unter. Doch das Glück war auf beider Seite:
im Juni 1945 konnten sie sich wieder in die Arme schließen. Das Trauma sollte bleiben.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2004 (rf)
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Elisabeth Johannes
genannt »Schublädchen«
geboren etwa Mitte des 19. Jahrhunderts
gestorben etwa Anfang des 20. Jahrhunderts
Elisabeth Johannes,
genannt Schublädchen
Unter den sogenannten Mainzer Originalen waren Frauen eindeutig in der Minderheit.
Eine stadtbekannte Ausnahme war Elisabeth Johannes, genannt das »Schublädchen«.
Ihren Spitznamen verdankte sie einem Missgeschick. Einmal unverhofft aus dem Schlaf
gerissen, griff sie nach einer Schublade, um ihre Nacktheit zu verbergen, bemerkte jedoch
erst an der Reaktion einiger Umstehender, dass die Schublade keinen Boden mehr hatte.
Elisabeth Johannes war während des Krieges 1870/71 Marketenderin, später verdiente
sie ihren Lebensunterhalt als Hausiererin. Sie genoss in Mainz eine so große Popularität,
dass von ihr sogar Bildpostkarten angefertigt wurden. Diese Postkarten gab es bei ihr
selbst, aber auch im Kaufhaus Tietz zu kaufen.
Elisabeth Johannes wurde allgemein ein freundliches Wesen attestiert. Doch wenn sie von
spöttischen Zungen mit ihrem Spitznamen aufgezogen wurde, zahlte sie es mit gleicher
Münze heim.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1997 (ew)
Iulia Mamaea
geboren 185
gestorben im März 235 in Mainz
Iulia Mamaea
Für die Geschichtsschreiber der römischen Kaiserzeit war Iulia Mamaea, die Mutter
des römischen Kaisers Severus Alexander, zwar eine kluge und gebildete Frau, aber in
erster Linie galt sie als macht- und geldgierig. Die Römerin entstammte einer Familie,
in der es Tradition war, dass sich die Frauen in die hohe Politik einmischten. Schon ihre
Großmutter, Mutter und auch ihre Schwester waren nicht nur Kaisermacherinnen, sonder
auch Mitregentinnen. Geschickt fädelten Iulia Mamaea und ihre Mutter Iulia Maesa den
Sturz des eigenen Neffen, beziehungsweise Enkels Heliogabalus und die Thronbesteigung
des jungen Severus Alexanders ein. Er war gerade einmal 14 Jahre alt, als er im März
222 zum Kaiser proklamiert wurde. Der Geschichtsschreiber Herodian schrieb darüber:
»Alexander übernahm nun die Regierung und den Namen und die Ehrenzeichen
eines Kaisers, die Verwaltung der Geschäfte aber wurde von den Damen besorgt«. Er
schilderte Iulia Mamaea weiter als äußerst machtbewusste Person, die auch nicht davor
zurückschreckte die selbstgewählte Schwiegertochter zu verbannen, weil sie ihr den Titel
Kaiserin neidete. Iulia Mamaeas innenpolitische Leistungen waren jedoch unübersehbar:
der Senat erhielt wieder eine bedeutende politische Rolle, die Rechtspflege und das
Heerwesen wurden reorganisiert. Die Beliebtheit des jungen Kaisers wuchs. Ein Feldzug
gegen germanische Stämme führten Severus Alexander und seine Mutter im Jahr 234
auch nach Mainz. Statt zur militärischen Aktion gegen die Germanen riet Iulia Mamaea
aber zum Friedensschluss mittels Geld. Eine Fehlentscheidung, denn die um ihren Kampf
und damit Beute betrogenen römischen Truppen beendeten den Friedensversuch blutig.
Im März 235 wurden Severus Alexander und Iulia Mamaea in ihrem Heerlager in MainzBretzenheim ermordet. Das genaue Todesdatum steht nicht fest. Die Angaben schwanken
zwischen dem 19. und dem 21. März 235.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1998 (ew)
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Erika Maria Kaipert
Malerin
geboren am 17. April 1941 in Böhmen
gestorben am 3. Januar 1981 in Mainz
Ihre Laufbahn als Malerin begann Erika Kaipert in Mainz. Von 1959 bis 1965 studierte sie
an der Mainzer Kunstschule und entwickelte bereits zu dieser Zeit einen eigenen Stil, der
besonders durch Farbigkeit und Ornamentik bestach.
1970 ging sie nach Paris, um ihre Studien an der École des Beaux Arts und der École des
Arts Décoratifs fortzusetzen.
Die Nutzung textiler Materialien stand am Anfang ihrer Karriere. Bekannt wurde Erika
Maria Kaipert besonders durch ihre Seidenmalerei.
Später wandte sich die Künstlerin jedoch mehr großformatigen Werken und auch der
Wandmalerei zu. Diesen Stilwechsel konnte Erika Maria Kaipert jedoch nicht mehr
weiterentwickeln. Sie starb mit nicht einmal 40 Jahren in Mainz.
Franziska Kessel
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2003 (ew)
Franziska Kessel
Reichstagsabgeordnete der KPD und Widerstandkämpferin
geboren am 6. Januar 1906 in Köln
gestorben am 23. April 1934 in Mainz
Franziska Kessel wurde in Köln geboren und arbeitete als Verkäuferin. Zuerst war
sie Mitglied in der Sozialistischen Arbeiterjugend und seit 1928 Mitglied in der
kommunistischen Partei Deutschlands. Seit Anfang der Dreißiger Jahre war sie als
Leiterin der Frauenabteilung bei der Bezirksleitung Hessen-Frankfurt der KPD tätig. Als
diese im März 1933 verboten worden war, versuchte Franziska Kessel den Widerstand
der Arbeiterschaft aus dem Untergrund heraus zu organisieren. Sie bereitete den
»Antifaschistischen Arbeiterkongress« in Paris mit vor, der im Juni 1933 stattfand.
Am 4. April 1933 wurde Franziska Kessel verhaftet und starb in Mainz in der Haft an
Misshandlungen und Folter durch die Gestapo.
[Nachtrag: 2005 wurde eine Straße in der Oberstadt nach Franziska Kessel benannt.]
Dr. Gertrud Kiel
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1991 (mc)
Dr. Gertrud Kiel
Chemikerin
geboren am 4. Juni 1937 in Cincinnati, USA
gestorben am 12. September 2005 in Ingelheim
»Anorganisches Grundpraktikum kompakt«, so lautet der Titel von Gertrud Kiels
bekanntester Veröffentlichung. Auf der Grundlage dieses preisgekrönten und weithin
anerkannten Konzeptes organisieren nicht nur die Studierenden der Chemie an der Uni
Mainz ihre Grundpraktika.
Gertrud Kiel, die in den USA geborene Tochter von Frieda und Wilhelm Kiel, kam nach
ihrer Promotion 1967 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an die Universität Mainz. Zuvor
hatte sie in Göttingen Chemie und Mathematik fürs Lehramt studiert. 1969 folgte ihre
Ernennung zur Akademischen Rätin und später dann zur Akademischen Direktorin am
Institut für Anorganische Chemie in Mainz. Viele Jahre war sie Leiterin des chemischen
Praktikums.
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Gerade als Naturwissenschaftlerin hatte Gertrud Kiel erlebt, wie schwer es Frauen zu
ihrer Zeit hatten, in der Wissenschaft Fuß zu fassen und anerkannt zu werden. Eine
unverheiratete Wissenschaftlerin war, unabhängig vom Lebensalter, noch zu Beginn der
70er Jahre ganz selbstverständlich ein »Fräulein Dr.«
In den 80er Jahren begann ihr Engagement für die Frauenförderung in den Gremien
der Hochschule. So gehörte sie lange Jahre dem Senat und bis zu ihrer Pensionierung
dem Ausschuss für Frauenfragen an. 1986 wurde Gertrud Kiel Mitglied in der ersten
»Senatskommission für Frauenangelegenheiten«. Gegen viele Widerstände setzte sie sich
zusammen mit anderen engagierten Frauen (und einigen Männern) für die Schaffung des
Amtes einer Frauenbeauftragten, die Einrichtung eines Frauenbüros für die Universität
und die Erstellung eines Frauenförderplans ein. Mit auf Gertrud Kiels Initiative gehen auch
die bis heute bestehenden Ringvorlesungen zu Themen der Frauenforschung zurück. Über
viele Jahre fungierte sie darüber hinaus als Frauenbeauftragte des Fachbereichs Chemie.
Zum 25jährigen Dienstjubiläum 1991 konnte Gertrud Kiel die Dankesurkunde immerhin
schon aus der Hand der ersten Vizepräsidentin der Universität, Prof. Dagmar Eißner,
empfangen.
Als Gertrud Kiel dann im Jahr 2001 in Ruhestand ging, hat sie noch erleben können, dass
die meisten Initiativen zur Frauenförderung an der Uni Mainz tatsächlich Früchte getragen
hatten.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2007 (ew)
Erna Klein-Listmann
Schriftstellerin
geboren am 29. Juni 1896 in Mainz
gestorben am 13. Dezember 1959 in Mainz
Erst als sie schon über 50 Jahre alt war, begann Erna Klein-Listmann als Autorin heiterer
und besinnlicher Texte von sich reden zu machen. Fünf Bücher sollten es werden, die ihr
in den verbleibenden Lebensjahren noch einen beachtlichen Ruf als Dichterin im Mainzer
Dialekt eintrugen. Einen Verlag hatte die Schriftstellerin nicht - sie gab alle ihre Texte
selbst heraus.
Geschrieben aber hatte Erna Klein-Listmann schon als junge Frau.
Ihre Kinderjahre verbrachte Erna Klein-Listmann ganz in der Nähe des Rheins in der
Lauterenstraße und der Uferstraße.
1917 legte Erna Agnesia Albertine Listmann, so ihr vollständiger Name, das Examen für
das Lehramt an höheren Mädchenschulen und Lyzeen ab. Die junge Frau aus der Mainzer
Kaufmannsfamilie ließ sich auch am Konservatorium zur Pianistin ausbilden. Beide Berufe
übte sie aber nie aus. 1921 heiratete sie den Arzt Carl Klein. Zwischen 1922 und 1940
bekam Erna Klein-Listmann vier Kinder. Die Familie wohnte zunächst in der Kaiserstraße,
1938 folgte der Umzug ins »Doktorhaus« Am Klostergarten.
1952 gab sie ihr erstes kleines Bändchen »Durch die Mainzer Gäßcher« heraus. Es folgten
rasch darauf »In meines Vaters Garten«, »Herzgeschichte aus eme Mainzer Doktorhaus«,
die Erzählung »Die silberne Wolke« und schließlich 1958 ein Jahr vor ihrem Tod »Die Reise
in die Jugend«. Ihre kleinen Gedichte und Prosastücke wurden in Mainz schnell populär.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2001 (ew)
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Hedwig Knewitz
Juwelierin
geboren am 26. Mai 1902 in Bad Kissingen
gestorben am 19. September 2000 in Mainz
Hedwig Knewitz war das fünfte von insgesamt sechs Kindern des Hofjuweliers Carl Happ
(1859 – 1925) und seiner Frau Agnes Happ, geb. Ultsch (1868 – 1936).
Hedwig besuchte das Lyzeum und arbeitete danach im elterlichen Betrieb. Ihre sportliche
Laufbahn im Tischtennis krönte sie als Stadtmeisterin von Bad Kissingen.
Nach dem Tode ihres Vaters führte ihre Mutter das Juweliergeschäft mit Hilfe ihrer drei
Töchter Gerda, Rose und Else weiter, während Hedwig ihren Heimatort verlies und 1925
in Mainz bei dem angesehenen Hofjuwelier Jakob Knewitz ihre berufliche Laufbahn
fortführte. Vier Jahre später heiratete sie Ihren Chef. 1930 kam ihre Tochter Ulla und 1941
ihr Sohn Ernst zur Welt.
1944 fiel das Wohn- und Geschäftshaus Knewitz, am Höfchen 4, den Bomben zum Opfer.
Kurz darauf starb der Firmeninhaber Jakob Knewitz an Kriegsfolgen. Hedwig Knewitz zog
mit ihren beiden Kindern vorübergehend nach Großzimmern, danach zu ihren Schwestern
in Bad Kissingen, kehrte jedoch bald nach Kriegsende wieder nach Mainz zurück.
Als »Trümmerfrau« im wahrsten Sinne des Wortes hat sie als eine der ersten
Privatpersonen im Stadtzentrum von Mainz mit dem Wiederaufbau begonnen. Mit
einer unglaublichen Energieleistung hat sie bereits 1950 ihr neu errichtetes Wohn- und
Geschäftshaus am Dom bezogen, den Juwelierladen wieder eröffnet und ihre beiden
Kinder allein erziehend großgezogen.
Neben diesen geschäftlichen und familiären Aufgaben hatte sie am kulturellen und
gesellschaftlichen Leben in Mainz regen Anteil. Dass sie mehrmals Bridgemeisterin
dieser Stadt geworden war, erfüllte sie mit einem gewissen Stolz.
Nachdem sie später mit ihrem Sohn Ernst, der das Handwerk des Gold- und
Silberschmiedes erlernt hat, das Geschäft gemeinsam führte, zog sie sich im hohen Alter
zurück und verstarb mit 98 Jahren im Altersheim von Mainz-Drais.
Der Name Hedwig Knewitz steht in Mainz für Begriffe wie Kriegswitwe und allein
erziehende Mutter ebenso wie für traditionsreiches, mittelständisches Unternehmen,
Wiederaufbau und Wirtschaftswunder.
Hedwig Knewitz
Emmi Knoche
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2008 (rm)
Emmi Knoche
Pianistin und Musikpädagogin
geboren 1881
gestorben 1970
Emmi Knoche wurde in Mainz geboren und zog um die Jahrhundertwende mit der
Familie nach Braunschweig. Gegen den Widerstand ihrer Eltern ließ sie sich am Klavier
ausbilden - bei Conrad Ansorge in Berlin - und gab ab 1909 mit großem Erfolg Konzerte in
vielen Städten. Ihr Schwerpunkt war die Interpretation der Werke Beethovens, aber auch
die Musik Schuberts, Schumanns und Chopins, Orchesterkonzerte und die Begleitung
anderer SolistInnen. Nach 1918 arbeitete Emmi Knoche auch als Musikpädagogin, unter
anderem an der Staatsmusikschule in Braunschweig. Sie bildete circa 350 junge Leute
aus.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1993 (mc)
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Emma Koch
Pianistin
geboren am 12. November 1860 in Mainz
Emma Koch
Ihr Geburtsdatum hat das 1954 erschienene Lexikon der Frau noch dokumentiert,
wann jedoch die in Mainz geborene Pianistin gestorben ist, bleibt unerwähnt. Auch
keine andere Quelle gibt darüber Auskunft. Dabei gehörte Emma Koch zu den großen
Künstlerinnen ihrer Zeit. Ein zeitgenössisches Urteil über sie: »Ihre gesunde musikalische
Auffassung, die Natürlichkeit ihres Empfindens und ihr feines Gefühl räumen ihr mit Recht
einen Platz unter den großen Vertreterinnen ihres Faches ein.«
Das Deutsche Musiker Lexikon von 1929 verzeichnet noch, dass sie als Tochter von Adolf
und Mathilde Koch geboren wurde. Der Vater war Bankdirektor in Mainz. Dies ermöglichte
Emma Koch eine exzellente Ausbildung. Zu ihren Klavierlehrern zählte alles, was Rang und
Namen hatte. So etwa Franz Liszt , Hans v. Bülow, Xaver Scharwenka und Karl Bärmann.
Emma Koch unternahm ausgedehnte Konzertreisen, die sie unter anderem durch
Deutschland, Holland, Russland, Polen und Belgien führten.
1898 übernahm sie die Ausbildungsklasse am bekannten Stern’schen Konservatorium in
Berlin.
Wie vielen Künstlerinnen erging es auch Emma Koch: trotz beachtlicher Erfolge zu
Lebzeiten wurde auch sie von der Musikgeschichte »vergessen«.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2003 (ew)
Erna Kramer Stein
Erna Kramer Stein
geboren am 31. August 1897 in Nieder-Olm
gestorben am 13. November 1967 in St. Louis, Missouri, USA
Justine Kramer, geborene Selig
geboren am 11. Oktober 1869 in Hechtsheim
»gestorben« am 18. Januar 1943 im KZ Theresienstadt
Justine Kramer
Erna war das einzige Kind des Kaufmanns Albert Kramer und seiner Frau Justine, genannt
Jenny. Er war seit den 1870er Jahren Inhaber eines Manufakturgeschäfts in der Pariser
Straße 105 in Nieder-Olm. In ihrem Geburtsort besuchte Erna zunächst die Volksschule,
in Mainz dann, von 1908 bis 1913, die Höhere Mädchenschule (heute: FrauenlobGymnasium). Zu dieser Zeit war ihr künftiger Mann, Otto Stein (2. Juni 1890 Neustadt
a. d. H. - 13. September 1980 St. Louis), schon ins väterliche Geschäft eingetreten.
Otto Stein nahm am Ersten Weltkrieg teil und geriet in englische Gefangenschaft. Nach
seiner Entlassung trat er eine Lehre in Frankfurt/M. an, wo er Erna kennen lernte. 1921
heirateten Erna und Otto in Wiesbaden. Ihr einziges Kind, Lotte, kam 1924 zur Welt.
Jahre später, im Jahr 1938, gelang Erna mit Mann und Tochter die Emigration aus dem
nationalsozialistischen Deutschland - eine Flucht vor der zunehmenden Entrechtung
und Verfolgung jüdischer Deutscher. Am 16. Mai 1938 erreichten sie St. Louis, Missouri,
mit ganzen 25 Dollar in der Tasche, aber glücklich darüber, dem Wüten der Nazis
entgangen zu sein. Sie fanden Arbeit, gingen zur Schule, lernten Englisch und gewöhnten
sich an eine neue Lebensweise. Erna war eine ausgezeichnete Näherin, die mit ihrer
Begabung die Familie finanziell über Wasser hielt. Sie schuf Damenkleider für exklusive
Bekleidungsgeschäfte, arbeitete aber auch Kleider um.
Angesichts der Auswirkungen des Novemberpogroms von 1938 und vermutlich in der
schwachen Hoffnung, ihre Situation dadurch geringfügig zu »verbessern«, verlegten
Albert und Jenny Kramer ihren Wohnsitz nach Wiesbaden zu Jennys Bruder. Drei Jahre lang
erhielten die Kinder in Amerika wöchentlich die langen Briefe ihrer Eltern - bis kurz
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vor deren Deportation! Beide sollten 1942/43 im KZ Theresienstadt eines elenden Todes
sterben.
Lotte war fast 50 Jahre mit Julius Zinner (geboren am 22. November 1911 in Hamburg,
gestorben am 21. Januar 1997 in St. Louis) verheiratet. Sie lebt nach wie vor in St. Louis.
Ihr Sohn David ist verheiratet und lebt mit Frau und zwei Kindern in Maryland. Die Tochter
Jane lebt mit ihrem Mann in Kalifornien.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2007 (rf)
Clarissa Kupferberg
Clarissa Kupferberg
Malerin
geboren am 22. August 1907 in Mainz
gestorben am 9. Mai 1989 in Baden-Baden
Clarissa Kupferberg war die Enkelin von Christian Adalbert Kupferberg, dem Gründer der
berühmten Sektkellerei. Bei ihr steht der Name Kupferberg jedoch nicht für die Tradition
der Sektherstellung, sondern für Malerei. Mit 20 Jahren begann sie ihr Studium an der
Kunstakademie in Karlsruhe, wechselte aber schon bald als Meisterschülerin an die
Akademie nach Dresden. 1935 zog sie nach Berlin und richtete dort ihr erstes Atelier ein.
Nach der Zerstörung des Ateliers während eines Bombenangriffs im Jahre 1943, fand sie
Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten in Jena. 1949 zog sie zunächst wieder nach Mainz, kurz
darauf aber nach Italien. Zehn Jahre später kehrte sie nach Deutschland zurück, wohnte
erst eine zeitlang in Mainz, bevor sie sich endgültig in Baden-Baden niederließ.
Clarissa Kupferberg war eine äußerst vielseitige Malerin, die auch über das Talent
verfügte, großformatige Bilder und Wandgemälde zu schaffen. Bekannt wurde sie vor
allem durch ihre Landschaftsbilder, aber auch als Porträtistin. Sie orientiere sich dabei
weniger an zeitgenössischen Stilen und Schulen, sondern am eigenen subjektiven
Empfinden. Wichtig war für sie die persönliche Beziehung zum Subjekt. So umfasst ihr
Werk eine Vielzahl von Stilrichtungen und Ausdrucksformen. Die Schriftstellerin Ricarda
Huch, mit der sie vieles verband, bat sie um die Illustrierung eines ihrer Bücher.
Im Jahr 1992 - drei Jahre nach ihrem Tode - fand im »Haus am Dom« in Mainz auf
Initiative ihres Neffen, Heinz von Schilling, und ihrer Freundin, der Ärztin Dr. Agnete
Mönckeberg, eine vielbeachtete Gedächtnis-Ausstellung statt.
Maria (Fanny) de La Roche
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1997 (ew)
Maria (Fanny) de La Roche
Schuldienst und Krankenpflege in Finthen
geboren am 28. Oktober 1812 in Wieblingen bei Heidelberg
gestorben am 1. August 1857 in Neustadt/ Odenwald
Maria de La Roche war die erste Oberin des »Instituts der Schul- und Krankenschwestern
von der göttlichen Vorsehung« in Finthen. 1851 von Bischof Wilhelm Emmanuel von
Ketteler nach Mainz geholt, sollten sich die Ordensschwestern dem Mädchenschulwesen
und der Krankenpflege widmen. Das Mutterhaus und das Noviziat des 1783 gegründeten
Ordens befanden sich in Ribeauville im Elsass. Gefragt waren bei den Schwestern von
der göttlichen Vorsehung lebenserfahrene Frauen, und auch Konvertitinnen wurden gern
aufgenommen.
Zu ihnen gehörte die evangelisch getaufte Stephanie Friederike Amalie Freiin de La
Roche-Starkenfels, kurz Fanny genannt. Erst mit 40 Jahren beendete sie ihr Noviziat und
kam als Mutter Maria im Oktober 1852 in die neugegründete Schwesterngemeinschaft
nach Finthen. Am 15. November 1852 folgte ihre Ernennung zur Oberin und
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Novizinnenmeisterin. Im Juni 1854 legte sie zusammen mit sieben weiteren Schwestern
ihre Gelübde ab.
Zwischen Fanny de La Roche und dem geistlichen Oberhaupt der Schwestern, dem Finther
Pfarrer Autsch, schwelte von Anfang an ein Konflikt. Die aus einer alten Hugenottenfamilie
stammende Fanny war dem Landpfarrer einfach zu vornehm und zu gebildet. Pfarrer
Autsch betrieb massiv ihre Versetzung und drohte bei Bischof Ketteler mit Rücktritt. Mit
Erfolg: im Mai 1855 wurde Mutter Maria ihrer Ämter enthoben und nach Herrnsheim
versetzt. 1856 kam sie nach Neustadt im Odenwald zur Betreuung von Waisenkindern. Sie
starb bereits ein Jahr später.
Die Schwestern von der göttlichen Vorsehung gibt es noch heute - in Finthen und in Mainz.
[Nachtrag: seit 2007 gibt es in Finthen den Fanny-de-la-Roche-Weg]
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2004 (ew)
Sophie La Roche
Schriftstellerin
geboren am 6. Dezember 1730 in Kaufbeuren
gestorben am 18. Februar 1807 in Offenbach
Sophie La Roche, geborene Gutermann, war die erste deutschsprachige Romanautorin
und die erste Herausgeberin einer Zeitschrift für Frauen. Mit der »Geschichte des Fräuleins
von Sternheim«, die sie 1771 veröffentlichen ließ und der Zeitschrift »Pomona«, die sie
zwischen 1783 und 1784 herausgab, aber auch mit ihren anderen Werken schrieb sie
eindeutig Literaturgeschichte. Indirekt aber auch: Sie war die Großmutter von Bettina
(spätere von Arnim) und Clemens Brentano; ihre Jugendliebe war der Dichter Christoph
Martin Wieland und sie war geschätzte Gesprächspartnerin und Inspiratorin vieler
gelehrter und schreibender Männer.
Doch Sophie La Roche war vor allem eins: Pragmatikerin.
Pragmatisch sah sie ihre 1753 geschlossene Ehe mit Georg Michael Franck, genannt La
Roche, und mit viel Sinn fürs Praktische gestaltete Sophie La Roche ihr gemeinsames
Leben und das ihrer Kinder. (Besonders für ihre Töchter arrangierte sie reine Zweckehen!)
Rund sieben Jahre, von 1754 bis 1761 lebte das Ehepaar La Roche in Mainz am Hof des
Grafen Friedrich von Stadion, seines Zeichens kurfürstlicher Minister. Georg Michael
Franck war wohl ein illegitimer Sohn des Grafen, Stadion jedenfalls sorgte intensiv für
Erziehung und spätere Anstellungen Georg Michaels. Der Stadioner Hof in der Großen
Bleiche erinnert heute noch an diese Zeit Sophies in Mainz.
Denn nicht nur ihr Ehemann stand in Diensten des Grafen: Sophie selbst war gleichsam
Hofdame, Gesellschafterin, Vorleserin, Korrespondenzverfasserin und Übersetzerin des
Grafen. Doch damit nicht genug – in der Zeit in Mainz bekam Sophie La Roche sechs
ihrer insgesamt acht Kinder, von denen nur fünf das Kindesalter überlebten. Ihren
Rollenkonflikt als Mutter und als Hofdame beschrieb sie später in einem Brief:
»Ich ertrug die Gewalt der Mainzischen Gewohnheit, die Töchter in Frankreichs Klöstern zu
erziehen, mit vielem Kummer, und ich kann sagen, dass dieses das Schmerzhafteste war,
so mir vom alten Grafen widerfuhr.«
Nachdem Graf Stadion wegen allzu liberaler Ansichten beim Kurfürsten Karl von Ostein
in Ungnade gefallen war, übersiedelten er und die Familie La Roche 1762 auf die
Stadionschen Besitztümer bei Bieberach. Georg Michael La Roche stand jedoch noch eine
steile Karriere im Dienst des Kurfürsten von Trier bevor und so zog die Familie 1771 nach
Koblenz auf die Festung Ehrenbreitstein. Hier war Sophie bis zur Entlassung La Roches
1780 glanzvoller Mittelpunkt ihres literarischen Salons.
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Nach der Zeit in Koblenz lebte Sophie La Roche noch in Speyer. Ihre letzten Lebensjahre
verbrachte sie in Offenbach, wo sie 1807 starb.
Ihre Pionierinnenarbeit als Schriftstellerin geriet nie ganz in Vergessenheit.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2005 (ew)
Maximiliane Euphrosyne La Roche Brentano
geboren am 31. Mai 1756 in Mainz
gestorben am 19. November 1793 in Frankfurt a. M.
Ein poetischer Name für die älteste Tochter einer poetischen Mutter: genannt wurde
sie aber - nicht nur von ihrem Verehrer Goethe - schlicht Maxe. Ihre Mutter war die
vielgerühmte Schriftstellerin Sophie La Roche. In ihrem Salon, den Sophie La Roche nicht
nur in Mainz führte, verkehrten viele Größen des geistigen und kulturellen Lebens. Trotz
der schöngeistigen Einflüsse in ihrer Kindheit und Jugend gestaltete sich Maxes weiteres
Leben eher prosaisch.
Mit 18 Jahren wurde Maxe von ihrer Mutter mit Peter Anton Brentano, einem in Frankfurt
ansässigen Großhändler für Gewürze und italienische Produkte verheiratet. Die Ehe war
ein fast zwanzig Jahre währendes Fiasko, dreizehn Schwangerschaften ruinierten nicht
nur Maxes physische Gesundheit. Das Leben an der Seite eines reichen Kaufmanns
unterschied sich stark von dem ihrer dichtenden Mutter. Poesie und Literaturschöpfung
nahmen erst wieder in der nachkommenden Generation einen gebührenden Platz ein:
bei Maxes Kindern Bettina (von Arnim) und Clemens Brentano.
Maximiliane La Roche erlitt das Schicksal vieler junger Frauen aus dem Bürgertum. In
einer scheinbar aufgeklärten und kulturell hochstehenden Umgebung wurden sie doch
althergebrachten Regeln unterworfen: frühe Verheiratung durch die Eltern und ein Leben
in materiellem Wohlstand und geistiger Armut. Auch Literaturgeschichte schreibende
Mütter waren keine Garantinnen für ein selbstbestimmtes Leben.
Wäre es nach Maxes altem Verehrer Goethe gegangen, der ihre Mutter Sophie einmal
gestand »von ihrer Maxe kann ich nicht lassen so lange ich lebe, und werde sie immer
lieben dürfen«, hätte Maximiliane wohl eher einer der Romanfiguren ihrer Mutter
entsprochen. So aber starb Maxe im Alter von 37 nach der Geburt ihres dreizehnten
Kindes. Nur Goethe hat ihr ein kleines Denkmal in seinem Werk »Dichtung und Wahrheit«
gesetzt.
Maximiliane La Roche Brentano
Selma Lazar
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1996 (ew)
Selma Lazar
geborene Selma Goldschmidt
geboren am 4. Juli 1914 in Mainz
gestorben am 22. März 2001 in Louisville, Kentucky, USA
Selma Goldschmidt Lazar war die einzige Tochter des jüdischen Weinkommissionärs
Albert Goldschmidt (1873 Geinsheim – 1942 Louisville, KY) und seiner Ehefrau Helena
geb. Hirsch (1871 Mainz – 1963 Louisville, KY) aus der Gartenfeldstraße 15. Nach der
Bondi-Schule, der Volksschule der Israelitischen Religionsgemeinschaft, besuchte Selma
von 1924 bis 1932 die Höhere Mädchenschule. Anschließend erhielt sie eine Ausbildung
als Verkäuferin und war als solche bei Leonhardt Tietz (Kosmetikabteilung) tätig,
möglicherweise nur bis 1933/34 auf Grund der antijüdischen Politik des NS-Staates.
In Mainz lernte sie ihren späteren Mann, den Kaufmann Julius Lazar (25.10.1906
Kaiserslautern – 1967 Louisville, KY), kennen. 1936 gelang beiden im Abstand von
wenigen Monaten die Flucht in die USA. Im Jahr darauf heirateten sie in New York City. In
seinen Mainzer Jahren hatte Julius Lazar als Einkäufer und Abteilungsleiter für Seide und
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Kleiderstoffe von 1930 bis 1935 bei Leonhardt Tietz (»arisiert«: Westdeutsche Kaufhof
AG) und von 1935 bis 1936 für das Kaufhaus Daniel Mann in Mainz gearbeitet. Von den
in seinen Reisepass eingetragenen Visa für Belgien (1935) und Palästina (1936) machte
er offensichtlich keinen Gebrauch. Letzte Wohnadresse in Mainz war die Adam-KarrillonStraße 27.
1943 erwarben die Eheleute Lazar die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. Sie
mussten sich zunächst mit einem Leben in bescheidenen Verhältnissen begnügen. Nach
vorübergehender beruflicher Tätigkeit in Cleveland, Ohio gelang es Julius Lazar schließ­
lich, in Louisville, Kentucky, ein eigenes kleines Geschäft für Kleiderstoffe aufzubauen.
Selma trug jahrelang zum gemeinsamen Lebensunterhalt - auch der erweiterten Familie ­bei, indem sie sich im Geschäft des Verkaufs von Kurzwaren, aber auch der Buchhaltung
annahm.
Ihren Eltern, denen durch die Verfolgungsmaßnahmen des NS-Regimes ebenfalls
die Lebensgrundlage entzogen wurde, gelang 1938 die Flucht in die USA. Sie zogen
schließlich von New York zur Familie der Tochter in Louisville. – Julius Lazars Eltern
flüchteten ebenfalls in die USA. Beide starben in bescheidensten Verhältnissen in New
York.
Selma und Julius Lazars einziger Sohn lebt mit den Seinen in der Mainzer Partnerstadt.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2011 (rf)
Marianne Lee
geborene Weinschenk
geboren 1918 in Mainz
gestorben 1998 in Florida / USA
Marianne war die Tochter des Weinhändlers Max Weinschenk und seiner Frau Gertrud,
geborene Metzger, einer über die Grenzen der Stadt hinaus bekannten Konzertsängerin.
Die Familie wohnte am Fischtorplatz 21. Da der Vater bereits 1926 verstarb, fanden
Marianne und ihre Schwester Bertlies bald einen (christlichen) Stiefvater in Dr. Willi
Honheisser.
Beiden Schwestern und ihrer Halbschwester Ingrid gelang später die Emigration
in die USA. Marianne war zwischen 1928 und (wohl) 1934 Schülerin der Höheren
Mädchenschule, des jetzigen Frauenlob-Gymnasiums.
Schon unter dem wachsenden Druck der Diskriminierung im nationalsozialistischen
Deutschland erlernte Marianne in Köln das Handwerk einer Schneiderin. 1938 flüchtete
sie selbst in die USA. Dort heiratete sie den Mainzer Oskar Levi, der im Exil den Namen
Jerry Lee annahm. Aus dieser (später aufgelösten) Ehe ging ein Sohn hervor.
Marianne Lee hat Mainz noch mehrfach besucht, auch anlässlich der Begegnungswoche
jüdischer Bürger 1991.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2003 (rf)
Franziska Lennig
Pädagogin, Institutsleiterin, Vorkämpferin für Frauenbildung und Frauenberufstätigkeit
geboren am 25. November 1790 in Mainz
Franziska Lennig gründete 1823 eine Pensions- und Erziehungsanstalt in Darmstadt, die
sie fünf Jahre mit Unterstützung ihrer Eltern leitete. Französisch, Mythologie und Geografie
unterrichtete sie selbst. 1828 kam ihr Buch »Die neue Levana oder Natur, Kunst und
Schönheit« heraus, in dem sie sich kritisch mit der Bildung und Erziehung von Mädchen
auseinandersetzte. Im gleichen Jahr ging Franziska Lennig nach Frankreich, heiratete
und blieb dort, obwohl sie eigentlich das Darmstädter Institut nach Mainz verlegen und
weiterführen wollte.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1992 (mc)
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Margrit Leue
Musikerin und Musikjournalistin
geboren am 8. Februar 1896 in Hannover
gestorben am 14. Mai 1984 in Mainz
Ihre Ausbildung als Pianistin erhielt die junge Margrit Leue noch am Wiesbadener
Konservatorium, doch schon bald zog sie auf die andere Rheinseite nach Mainz.
Wie kaum eine andere Musikerin nahm sie in den kommenden Jahrzehnten einen
herausragenden Platz im Musikleben der Stadt ein. Dass Musik ihr Leben war, beweisen
ihre vielfältigen Aktivitäten als Musikerin aber auch als Musikpädagogin. In den
Kriegsjahren war sie als Solorepetitorin an der städtischen Oper tätig und spielte häufig
als Gastmusikerin im Orchester. Margrit Leue wirkte auch über zwei Jahrzehnte lang als
Dozentin am Staatlichen Hochschulinstitut für Musikerziehung. Nach dem Krieg schlug
sie eine neue berufliche Laufbahn ein. Margrit Leue wurde Musikjournalistin bei der
Allgemeinen Zeitung und machte sich durch ihre musikkritischen Beiträge, aber auch
durch ihre essayistischen Arbeiten im Feuilleton der Zeitung einen Namen.
Bis ins hohe Alter nahm Margrit Leue regen Anteil am kulturellen Leben der Stadt und
prägte es auf ihre eigene Weise.
Margrit Leue
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1998 (ew)
Aenne Ley
Die erste Frau im Mainzer Stadtvorstand
geboren am 26. September 1912 in Köln
gestorben am 15. April 2010 in Mainz
Aenne Ley
Der 2. Juli 1979 ist für die Mainzer Kommunalpolitik ein besonderes Datum: an diesem
Tag wurde die FDP-Politikerin und langjährige Stadträtin Aenne Ley als erste Frau in
den Mainzer Stadtvorstand gewählt. Bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Amt Ende
August 1984 war sie ehrenamtliche Beigeordnete für die Bereiche Umweltschutz
und Sozialversicherung, aber auch für die Verbindungen zur Bundeswehr und zu den
amerikanischen Streitkräften in Mainz.
Die erste Frau in einem Amt zu sein, war für Aenne Ley nicht neu. Von 1974 bis 1979 war
sie die erste Mainzer Ortsvorsteherin, zuständig für die Innenstadt.
In Köln geboren und aufgewachsen, hatte Aenne Ley zunächst eine Lehre als Kauffrau
absolviert und leitende Positionen in Industrie und Handel inne gehabt.
Am Anfang ihrer politischen Laufbahn in Mainz stand ihr Engagement im Deutschen
Frauenring. Rund zehn Jahre war sie dann Vorsitzende des Ortsrings Mainz. 1961 trat
sie auch der FDP bei und zog erstmals für die Partei 1969 in den Stadtrat ein. »Ich
freue mich, daß ich die Forderung der Frauenverbände erfülle, daß sich auch Frauen
kommunalpolitisch engagieren sollen«, erklärte Aenne Ley nach ihrer Wahl. Engagiert für
Frauen war die Kommunalpolitikerin dann auch als Gründungsmitglied der Pro Familia
in Mainz. 1970 wurde sie zudem in den Ortsbeirat Mainz-Innenstadt gewählt. Vier
Jahre später übernahm sie dann die Funktion der Ortsvorsteherin. Zu den heute noch
sichtbaren städtebaulichen Erinnerungen an ihre Amtszeit gehören unter anderem die
Fußgängerzonen in der Altstadt.
Als Stadträtin und als stellvertretende Fraktionsvorsitzende engagierte sich Aenne Ley
insbesondere im Bauausschuss, im Liegenschaftsausschuss, im Ausschuss für Fragen
der Altstadtsanierung und im Unterausschuss für Umweltschutz.
Für ihre kommunalpolitische Arbeit wurde Aenne Ley mehrfach ausgezeichnet. So wurde
ihr 1982 der Ehrenring der Stadt verliehen, sie war Trägerin des Bundesverdienstkreuzes
und einer hohen Auszeichnung der US-Armee.
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Anlässlich ihres 70. Geburtstages würdigte sie der damalige Oberbürgermeister Jockel
Fuchs: »Das Engagement von Aenne Ley sollte Ansporn für andere Frauen sein, die Politik
nicht nur den Männern zu überlassen.«
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2012 (ew)
Liutgard von Sachsen
geboren 931
gestorben am 18. November 953
Martha Loeb
Das Kloster St. Alban vor den Toren der Stadt war im frühen Mittelalter eine bedeutende
Grabstätte für Angehörige herrschaftlicher Geschlechter. Zu denen, die dort beigesetzt
wurden, gehörte im 10. Jahrhundert auch Liutgard, die Tochter Edgithas (Editha)
von England und des Königs Otto I., der später als Kaiser Otto der Große in die
Geschichtsschreibung eingehen sollte.
Über Liutgard ist, anders als über ihren Bruder Liudolf, wenig bekannt. Bei Hrsowitha von
Gandersheim findet sich in der Huldigung auf Otto den I., den Gesta Oddonis, nur die
Passage »…Ihrem Gemahl ließ Edith den vorher erwähnten nunmehr verwaisten Jüngling
zurück, namens Luidolf, ferner ein Mädchen von zartester Anmut, Luitgard geheißen, von
wunderbarer leuchtender Güte, ihrer bewunderten Mutter ähnlich in Wesen und Antlitz.«
Im Jahr 947, eine andere Quelle berichtet vom Jahr 944, wurde Liutgard mit Konrad
dem Roten, dem späteren Herzog von Lothringen verheiratet. Durch diese kurze und
wohl unglückliche Ehe wurde Liutgard zur eigentlichen Stammmutter der Salier. Ihr
gemeinsamer Sohn Otto war später zeitweise Herzog von Kärnten und Rivale Heinrichs II.
vor der Königswahl im Jahr 1002. Bekannt ist Liutgard noch als Kirchenstifterin.
In Liutgards Todesjahr 953 erhoben sich Sohn Liudolf und Schwiegersohn Konrad gegen
Otto. Mainz wurde für einige Monate zum Zentrum des Aufstandes. Ab Ostern 953 begann
Otto mit der Belagerung der Stadt, es gelang ihm jedoch nicht, die Stadt einzunehmen
und den Aufstand des Sohnes und Schwiegersohnes niederzuschlagen.
Aus dieser Zeit der Belagerung, so wird vermutet, kannte Otto das Kloster St. Alban und
machte es zur Begräbnisstätte seiner Kinder. Zu Liutgards Grabstätte wird berichtet,
darüber habe zu ihrem Gedenken eine silberne Spindel gehangen (»cuisus fusum
argentum in eius memoria ibidem est suspendum«). Diese Spindel galt als Zeichen ihrer
hohen Fertigkeiten als Spinnerin und Weberin.
Auch Liudolf, der am 6. September 957 in Italien gestorben war, und der Mainzer
Erzbischof Wilhelm, Ottos Sohn aus einer vorehelichen Beziehung, wurden in St. Alban
beigesetzt.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2008 (ew)
Martha Loeb
geboren am 29. Juni 1927 in Vallendar
ermordet (vermutlich) 1942
Martha Loebs Familie lebte bis zum Novemberpogrom von 1938 in Vallendar. Ihr Vater,
der 1884 in Vallendar geborene Fabrikant Felix Loeb, war aktives Mitglied der Jüdischen
Gemeinde, und 1932 als 3. Vorsitzender tätig. Aus der Ehe mit der 1898 in Mainz
geborenen Flora Kahn gingen die Töchter Anna Helene (geboren 1923) und Martha hervor.
Flora stammte aus der Mainzer Weinhändlerfamilie Salomon Kahn.
Die beiden Mädchen gingen in Vallendar zur Schule. Nach dem Pogrom verließen die
Loebs die Stadt. Während die Töchter aus Gründen der Sicherheit nach Belgien gebracht
wurden, fanden die Eltern in Mainz Aufnahme im Haus von August Vogel, einem
Onkel von Flora Loeb, in der Schulstraße 13 (heute Adam-Karrillon-Straße). Wohl nach
Kriegsausbruch versuchten die Loebs, die beiden Töchter zu sich nach Mainz zu holen.
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Das Haus von August Vogel in der Schulstraße wurde zu einem der zahlreichen Mainzer
Ghettohäuser umfunktioniert, in denen jüdische Menschen vor ihrer Deportation
zusammengepfercht wurden.
Zu ihnen gehörten somit 1942 auch die 14 Jahre alte Martha Loeb und ihre Eltern
Flora und Felix. Zusammen wurden sie am 25. März 1942 von Mainz, beziehungsweise
Darmstadt aus nach Piaski bei Lublin deportiert. Piaski diente als Durchgangslager für
die Vernichtungslager Belzec und Treblinka.
Der älteren Tochter Anna Helene gelang es, in Belgien unterzutauchen und so zu
überleben. Nach dem Krieg emigrierte sie in die USA und konnte dort eine eigene Familie
gründen.
Maria Anna Lux
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2010 (rf)
Maria Anna Lux
geboren 1787 in Mainz
gestorben 1814 in Mainz
»Mainz 1814: Im Frühling dieses Jahres stürzte sich Maria Lux, die hinterlassene jüngste
Tochter des 1793 in Paris guillotinierten Mainzer Deputierten Adam Lux in den Rhein…«
heißt es in einer Überlieferung ihres Selbstmordes. Zunächst aus dem Wasser gerettet,
starb Maria Lux noch in der Nacht an einer zusätzlichen eingenommenen Dosis Gift in
ihrer Wohnung in der Mittleren Bleiche. Der Grund ihres Selbstmordes mit gerade 27
Jahren trug einen bekannten Namen: Jean Paul, Dichter. Der beinahe doppelt so alte
Jean Paul war Gegenstand ihrer mehr als romantischen Liebe. Kennen gelernt hat sie
ihren begehrten Dichterfürsten nie, aber über Jahre hinweg einen regen Briefwechsel
mit ihm unterhalten. Jean Paul hatte öffentlich seine Bewunderung über Adam Lux,
den hingerichteten Gegner des jakobinischen Terrors, zum Ausdruck gebracht. Der
Dichter wurde so für die junge Maria zu einem Vaterersatz; auf ihn übertrug sie alle ihre
Bewunderung für ihren leiblichen Vater. Jean Paul aber war bereits Familienvater, er hielt
die Schwärmerin in seinen Antwortbriefen auf Distanz und blieb unerreichbar. Schon
früh beschloss Maria Lux, sich selbst zu töten. Nur ihrer Mutter zuliebe gewährte sich die
Selbstmörderin einen »Aufschub«. Als die Mutter 1814 starb und auch ihre Schwester
versorgt schien, setzte Maria Lux ihrem Leben ein Ende.
Sophie Mahler
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1996 (ew)
Sophie Mahler
geborene Sophie Brettheimer
geboren am 16. September 1876 in Mainz
gestorben am 23. Mai 1968 (?) in Hamburg
Sophie war eines der sieben Kinder des jüdischen Kleiderfabrikanten und -händlers
August Brettheimer (1844 in Bensheim - 1907 in Mainz) in Mainz am Liebfrauenplatz 5,
Ladengeschäft im Haus Nr. 1. Die Mutter, Hortensie Eugenie geb. Fridberg (1852 - 1900
in Mainz), war gebürtige Mainzerin.
Sophie besuchte zunächst die Privatschule Diehl in Mainz, dann - von 1889 bis 1893 die neu gegründete Höhere Mädchenschule (heute Frauenlob-Gymnasium). Ihre erste Ehe
mit Isaak (?) Caro aus Berlin wird 1905 geschieden. Dieser Verbindung entstammt Tochter
Hertha (geboren 1901 in Köln). In zweiter Ehe ist Sophie verheiratet mit dem Ingenieur
Paul Mahler (1880 in Trotha a. d. Saale - 1951 in Halle a. d. Saale), der beruflich an Fachund technischen Hochschulen wirkt.
Der Standfestigkeit ihres nichtjüdischen Mannes verdankt Sophie den (dennoch)
prekären Schutz ihrer »privilegierten Mischehe«, wie es im NS-Jargon hieß. So kann sie
die Zeit der Verfolgung, allen Einschränkungen und Bedrohungen zum Trotz, überstehen.
Die gemeinsame Tochter Anna heiratet ebenfalls einen nichtjüdischen Mann.
63
Mathilde Maier
Dies geschieht wohl nach Inkrafttreten der rassistischen Nürnberger Gesetze von 1935,
ist also nicht ohne Problem, zumal der Ehemann nie in die Partei eintritt. Anna sieht sich
noch 1944 plötzlich mit Einsatz an der Ostfront bedroht, wird aber dann stattdessen zum
Nähen oder Flicken von Uniformen eingesetzt.
Beide - Mutter Sophie und Tochter Anna - erleben das Kriegsende, die Befreiung vom NaziRegime. Sie haben mit ihren Familien noch viele Jahre in einem neuen Deutschland vor
sich. Annas eigene Tochter, Sophies Enkelin, lebt noch heute im Norden Deutschlands.
Dagegen wurde Sophies erste Tochter, Hertha Lindenberg, geb. Caro, 1942 nach
Theresienstadt deportiert. 1944 wurde sie in Auschwitz ermordet. Ebenfalls in Auschwitz
endete Sophies Schwester Ida Ranzenberg, geb. Brettheimer, die Großmutter des
australischen Komponisten George Dreyfus. Schwester Caroline Mayer, geb. Brettheimer,
wurde 1942 von Mainz aus nach Theresienstadt deportiert und »starb« bald nach
ihrer Ankunft. Schwester Rosa Scheuer, geborene Brettheimer, starb im Januar 1942
in Frankfurt an Unterernährung. Die Deportationen von dort hatten da schon längst
begonnen.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2009 (rf)
Mathilde Maier
geboren 1834 in Mainz
gestorben am 29. Juni 1910 in Mainz
Mit 28 Jahren lernte Mathilde Maier auf einer Abendgesellschaft im Hause des
Musikverlegers Schott den Komponisten Richard Wagner kennen. Wagner wohnte
zwischen Februar und Oktober 1862 in Biebrich. Aus der kurzen Begegnung entwickelte
sich zwischen den beiden eine ungewöhnliche Freundschaft. Wagner und Mathilde Maier
führten eine intensive Korrespondenz. Immer wieder bat er sie, mit ihm zusammen zu
leben, auch wenn eine Scheidung von seiner Frau Minna nicht in Frage kam. Mathilde
lehnte für sich diese Form der Freundschaft ab. Am Neujahrstag 1863 schrieb Wagner an
sie: »...Mir fehlt ein weibliches Wesen, das sich entschlösse, trotz allem und jedem mir das
zu sein, was unter so jämmerlichen Umständen ein Weib mir sein kann...« An Mathilde
schätzte Wagner ihre Klugheit und Lebenstüchtigkeit, ihr Interesse für Kunst und Kultur.
Die innige Verbindung zu Mathilde hielt Wagner nicht davon ab, auch eine Beziehung zu
Cosima von Bülow aufzubauen. Die spätere Cosima Wagner und Mathilde Maier wussten
lange nicht voneinander. Wagners »Engel« aus den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts
geriet immer mehr in Vergessenheit. Trotz ihrer engen Beziehung war sie nur eine unter
vielen »Wagner-Frauen«.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1997 (ew)
Gudrun Mainka
Fernsehjournalistin
geboren am 15. Juli 1941 in Zweibrücken
gestorben am 21. November 2002 in Mainz
Medizinische und naturwissenschaftliche Themen waren über viele Jahre das
Markenzeichen der Fernsehjournalistin Gudrun Mainka. Neben ihren zahlreichen
Reportagen und Dokumentationen, in denen Gudrun Mainka für den Südwestfunk (SWF)
und heutigen Südwestrundfunk (SWR) Gesundheitsthemen und gesellschaftliche Fragen
aufgriff, waren es vor allem Sendereihen wie der »Gesundheitstreff« und »Hallo wie
geht’s«, durch die sie bekannt wurde.
Neu an der Reihe »Gesundheitstreff«, die Gudrun Mainka moderierte und redaktionell
verantwortete, war vor allem die Zusammenarbeit mit Selbsthilfegruppen und betroffenen
Menschen. Leitgedanke bei allen ihren Fernsehbeiträgen war, Menschen und ihre
Geschichten ernst zu nehmen.
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Für ihre Arbeit wurde sie mehrfach ausgezeichnet; unter anderem erhielt sie 1984 den
Film- und Fernsehpreis des Hartmannbundes für ihren Dokumentarbericht »Multiple
Sklerose«.
Darüber hinaus war Gudrun Mainka auch als Moderatorin von »Blick ins Land« tätig.
Dabei war der Weg vor die Kamera des ehemaligen SWF und des heutigen SWR für
die in Landau aufgewachsene Journalistin keineswegs vorgezeichnet. Ihre Laufbahn
beim SWF begann 1965 als Bildtechnikerin, bevor ihr zwei Jahre später mit großem
Engagement und Zielstrebigkeit der Umstieg als Autorin ins Fernsehprogramm gelang.
1970 kam Gudrun Mainka als Redakteurin zur Redaktion Rheinland-Pfalz regional in das
Landesfunkhaus in Mainz – zu einer Zeit, in der Frauen im Fernsehen noch keineswegs
zum Alltag gehörten und zu einer Zeit, in der Begriffe wie Vereinbarkeit von Beruf und
Familie noch nicht im Munde geführt wurden. Mit ihrer ganz eigenen Souveränität setzte
sich Gudrun Mainka so auch als Mutter über Vorurteile gegen berufstätige Mütter hinweg.
Über viele Jahre war Gudrun Mainka auch Wegbegleiterin von jungen
Fernsehjournalistinnen und -journalisten. Gudrun Mainka starb nach 37 Jahren beim
SWF/SWR kurz vor ihrem Eintritt in den Vorruhestand.
Ellen Bertha Marxsohn
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2007 (ew)
Ellen Berta Marxsohn
geboren am 13. März 1929 in Mainz
ermordet im September 1942 in Auschwitz
Ellen Berta war das einzige Kind des 1893 in Mainz geborenen Karl Marxsohn und seiner
1906 in Wiesbaden geborenen Frau Ada. Sie war eine Enkelin des Mainzer Rabbiners Dr.
Siegmund Salfeld.
Bis zu ihrer Emigration nach Frankreich Anfang 1939 - nach dem Novemberpogrom war
Karl Marxsohn wie viele andere jüdische Männer in ein KZ gesteckt worden - lebte die
Familie in Mainz in der Kaiserstraße 62.
Alle Bemühungen, mit Hilfe der von Adas Bruder Henry Salfeld besorgten Bürgschaften,
rechtzeitig Visa für die USA zu erlangen, schlugen fehl - auch später beim Konsulat in
Marseille.
Die Marxsohns fanden Aufnahme bei einer deutsch-französischen Familie in Tarascon,
die allerdings spätestens nach der Deportation der jüdischen Familie eine mehr als
zweifelhafte Rolle spielen sollte. Familie Marxsohn zog alsbald nach Nîmes um. Dort
besuchte Ellen, jetzt: Hélène, eine Klosterschule, das Lycée de Jeunes Filles de Nîmes.
Henry Salfeld beschreibt seine Nichte als »besonders liebevolles, anhängliches,
intelligentes Kind mit ungewöhnlichem Humor…«. Ellen war eine hervorragende
Schülerin. Noch 1942 wurde sie mit dem Prix d’exellence ihrer Schule ausgezeichnet.
Wegen der Gefahr einer Razzia in Nîmes zogen Ada und Karl Marxsohn vorübergehend,
wie sie meinten, nach Tarascon. Da sie Ferien hatte, stieß Ellen dort zu ihnen. Kurz darauf
wurden alle drei von der mit der deutschen Besatzungsmacht kollaborierenden Polizei
des Vichy-Regimes festgenommen und im südfranzösischen Lager Les Milles interniert.
Dieses wurde von 1940 bis 1942 als Durchgangslager vor Deportationen genutzt.
Wenig später wurden sie an die Deutschen ausgeliefert und am 7. September 1942
mit dem »Transport 29« von Drancy bei Paris aus in das Vernichtungslager Auschwitz
deportiert. Zu diesem Zeitpunkt war Karl 49 Jahre alt, Ada 36 und Ellen 13.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2010 (rf)
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Hedwig Materna
Hochdramatische Sängerin
geboren am 4. August 1867 in Graz
Im Mainzer Familienregister ist die Sängerin Hedwig Materna mit dem Geburtsjahr
1867 geführt, andere Quellen nennen das Jahr 1871 und auch 1872. Doch in keinem
Verzeichnis finden sich Hinweise auf ihre Sterbedaten. Es scheint, als sei Hedwig
Materna, die häufig auch den Doppelnamen Hirsch Materna führte, nach ihren Jahren am
Mainzer Theater spurlos verschwunden.
Zur Musik und zum Gesang kam Hedwig Materna vor allem durch ihre Tante Amalie
Materna (1844 - 1918), die zu den großen Wagner-Interpretinnen ihrer Zeit zählte. Ihren
ersten Gesangsunterricht erhielt Hedwig Materna noch in Graz, später dann in Wien.
Musikalisches Talent lag in der Familie. Auch Hedwig Maternas Bruder Leopold machte
sich als Komponist und Kapellmeister einen Namen.
Am 13. September 1896 feierte Hedwig Materna ihr Debüt am Mainzer Stadttheater mit
der Rolle der Ortrud in der Wagner-Oper Lohengrin. Bis 1899 sang sie in nahezu allen
Wagner-Inszenierungen, aber auch in Aufführungen anderer Komponisten - darunter
die Leonore in Beethovens Fidelio oder die Rachel in der Oper Die Jüdin von Jacques
Fromental Halévy. 1899 wechselte Hedwig Materna für eine Spielzeit an das Stadttheater
Zürich, kehrte aber wieder nach Mainz zurück und blieb als »hochdramatische Sängerin«
weitere elf Jahre festes Ensemblemitglied am Stadttheater. In jeder Spielzeit war sie mit
gleich mehreren großen Rollen vertreten. Wegen ihres großen Stimmvolumens gerühmt
wurde die Sängerin nicht nur in Mainz; schon 1897 trat sie erstmals bei den Bayreuther
Festspielen auf.
Hedwig Materna richtete sich in Mainz ein: 1902 erhielt sie die hessische
Staatsangehörigkeit. 1903 heiratete sie den 1849 in Mainz geborenen Kunstkritiker
Heinrich Hirsch. Neben ihrer Bühnenkarriere arbeitete sie auch als Musikschriftstellerin.
Eine Sammlung von Zeitungsartikeln fasste sie in dem 1903 erschienenen Band »Richard
Wagners Frauengestalten« zusammen. Auf der Bühne des Stadttheaters stand sie zum
letzten Male in der Spielzeit 1910/1911. Noch einmal trat die Sopranistin mit großen
Rollen in Erscheinung. In ihrem Repertoire waren die Wagner-Opern Lohengrin, Der
fliegende Holländer, Die Walküre, Tannhäuser, Tristan und Isolde, Das Rheingold und
Götterdämmerung, aber auch Mozarts Figaros Hochzeit und Samson und Dalila von
Camille Saint-Saëns.
Im Ensembleverzeichnis für 1912 wurde Hedwig Materna noch geführt, jedoch nicht mehr
in den Besetzungslisten. Was sie nach ihrem Abschied von der Bühne machte, wo sie
lebte und starb - darüber schweigen die Quellen.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2011 (ew)
Emmy Mayer
geborene Emmy Strauss
geboren 1907 in Mainz
gestorben 1994 in San Francisco
Emmy Strauss, genannt das »Bouquetche«, war die Tochter von Gerson Strauss und
seiner Frau Clementine, geborene Gernsheimer, die in der Betzelsgasse 8 eine Metzgerei
betrieben. Emmy besuchte von 1913 bis 1921 die Höhere Mädchenschule, das heutige
Frauenlob-Gymnasium. 1928 heiratete sie den Textilgroßhändler Joseph Mayer (Fa. Mayer
& Co., Gärtnergasse). Unter dem wachsenden Druck von Diskriminierung und Verfolgung
im nationalsozialistischen Deutschland musste die Firma 1934 aufgegeben werden. Etwa
um 1937/1938 verzog die Familie aus Sicherheitsgründen nach Wiesbaden. Dort gelang
Emmy noch eine Ausbildung zur Kosmetikerin. 1939 dann die »Emigration« in die USA.
Bis dahin hatte der junge Sohn Kurt nicht weniger als drei jüdische Schulen besuchen
müssen. In den USA hatte Emmy Mayer mit einer Kosmetikfirma unter dem Namen
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»Emmy Bouquet« (Strauss!) beachtlichen Erfolg. Ihn hat der Sohn mit seiner eigenen
Erfolgsgeschichte fortsetzen können. Joseph Mayer arbeitete während des Krieges als
Schweißer auf einer Werft.
Den Gedanken, in ihre Geburtsstadt Mainz auf Dauer zurückzukehren, verwarf Emmy
Mayer, als sie erfuhr, dass ihre Schwester, Hermine Wertheimer, und die Mutter 1942
deportiert und in Sobibor und Belzec ermordet worden waren. Doch auf dem Grabstein
für Emmy und Joseph Mayer steht auch die Zeile: »Born in Mainz am Rhein«.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2003 (rf)
Martha Mendel
Lehrerin und Segelflugpionierin
geboren am 8. Oktober 1907 in Düsseldorf
gestorben am 13. März 1975 in Gießen
Als Martha Mendel im Mai 1929 am neu eingerichteten Turnlehrerinnenseminar der
Mainzer Frauenarbeitsschule eine Stelle als Turn- und Sportlehrerin antrat, war sie kaum
älter als ihre Schülerinnen selbst. Die junge Lehrerin entwickelte sehr früh ein Faible für
den Luftsport und ohne ihren Enthusiasmus wäre es sicherlich nicht zur Gründung der
ersten Damen-Segelfluggruppe der Welt gekommen.
So trug Martha Mendel ihren Spitznamen »die eiserne Martha« sicherlich nicht zu
unrecht, erwarb sie sich doch sehr bald durch ihre Leistungen den Respekt der (männlich
dominierten) Fliegerwelt der zwanziger und dreißiger Jahre.
In rascher Folge legte Martha Mendel 1931 die A-Prüfung und B-Prüfung ab; Ostern 1932
folgte dann die C-Prüfung.
Die gebräuchliche Methode zum Start der Segelflugzeuge war zu dieser Zeit der Start
mittels Gummiseil. Martha Mendel nahm im Mai 1932 auf dem Flugplatz WiesbadenMainz (Erbenheim) an einem Lehrgang an dem neu entdeckten Flugzeugschlepp teil
und gehörte damit zu den ersten Frauen in Deutschland, die diese neue Startmethode
beherrschten. Im Laufe des Lehrgangs absolvierte sie zudem einen Segelflug von 22
Minuten Dauer und erreichte dabei eine Höhe von über 800 Metern.
Martha Mendel
Menimane
Dass Martha Mendel dann beim 13. Rhön-Wettbewerb auf der Wasserkuppe 1932 die
gemeinsam mit ihrer Damen-Segelfluggruppe gebaute Kassel 20 flog, war (neben ihrer
Flugerfahrung) einfach Ehrensache. Für ihre insgesamt vier Flüge bei diesem Wettbewerb
errang sie zwar keine Wettkampfauszeichnung, erhielt aber von der Tageszeitung
»Frankfurter Nachrichten« eine Ehrenmedaille.
Erneut Schlagzeilen machte Martha Mendel, zu dieser Zeit schon nach Gießen versetzt,
im Jahr 1935 mit einem Weltrekord. Beim Dauersegelflugwettbewerb der Frauen in
Nieder-Ofleiden in Oberhessen am 11. April 1935 überbot sie mit elf Stunden und 26
Minuten den bisherigen Rekord der bekannten Flugpionierin Hanna Reitsch. Hanna
Reitsch und Martha Mendel verband zudem eine jahrelange Freundschaft.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2006 (ew)
Menimane
Eine denkmalbewusste Frau
Der am 29. Juni 1848 in Weisenau gefundene Grabstein ging als Blussus-Stein in die
Geschichte ein, doch genau genommen müsste er Menimane-Stein heißen, benannt nach
seiner Auftraggeberin und Hauptdarstellerin.
Menimane, die Frau aus dem römischen Weisenau, hat sich ganz bewusst mit diesem
Stein selbst ein Denkmal gesetzt.
Die rekonstruierte Inschrift lautet in der Übersetzung aus dem Lateinischen in etwa:
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Blussus, Sohn des Atusirus,
Schiffer, 75 Jahre alt, liegt hier;
Menimane, Tochter des Brigio
... Jahre alt, seine Frau,
ließ bei ihren Lebzeiten den
Stein machen; der Haussklave
Satto besorgte den Stein;
Primus der Sohn, setzte
ihn den Eltern aus Liebe
Datiert wird die Entstehung des Steins auf Mitte des 1. Jahrhunderts. Menimane
und der Schiffsbesitzer Blussus waren Einheimische. Davon zeugt besonders die
keltische Bekleidung Menimanes, die als »Menimane-Tracht« zu einem Begriff in der
Geschichtswissenschaft wurde. Das wohlhabende Ehepaar besaß keine römischen
Bürgerrechte, war aber der römischen Kultur in Mogontiacum schon sehr verbunden.
Wie alt Menimane geworden ist, verrät der Grabstein nicht mehr. Ergänzt wurde der Stein
nach ihrem Tode nicht. Ob die Person im Hintergrund Primus oder den Haussklaven Satto
darstellen soll, ist nicht geklärt.
Menimane aber hat mit diesem Stein, auch wenn er der Grabstein ihres Mannes war,
eindeutig Kulturgeschichte in eigener Sache geschrieben.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2004 (ew)
Sophie von Mensdorff-Pouilly
Prinzessin von Sachsen-Coburg-Saalfeld
Schriftstellerin
geboren 1778 in Coburg
gestorben 1835 in Tuschmitz, Böhmen
Sie war die Schwester König Leopolds von Belgien, durch ihren Neffen, Prinzgemahl
Albert von Sachsen-Coburg-Gotha, mit dem englischen Königshaus und mit weiteren
europäischen Höfen verwandt. Bei ihrer Eheschließung 1804 verzichtete man allerdings
wegen der »Unebenbürtigkeit« des Bräutigams, Emanuel Graf von Mensdorff-Pouilly,
auf größere Feierlichkeiten. Der ehemals französische Emigrant stand als Offizier
in österreichischen Diensten und war von 1829 bis 1834 Vize-Gouverneur der
Bundesfestung Mainz. Als Amts- und Wohnsitz diente der am Schillerplatz gelegene,
heute noch als »Gouvernement« bekannte Osteiner Hof. Sophie von Mensdorff-Pouilly
gehörte zu den prominentesten Frauen der Stadt und vermittelte der »besseren Mainzer
Gesellschaft« vor allem bei den von ihr arrangierten Maskenbällen im Gouvernement
fürstlichen Glanz. Doch sie liebte auch die unterschiedlichen volkstümlichen
Vergnügungen, nicht nur die Militärkonzerte in der »Neuen Anlage«, die sie regelmäßig
besuchte.
»Am liebsten im Getümmel auf einer Anhöhe sitzend«, verfolgte sie Manöver und oft
erschien sie, nur von ihrer Gesellschafterin begleitet auf den Kirchweihen im Hinterland
der Bundesfestung. Der Schriftsteller Otto von Corvin schilderte in seinen Werken lebhaft
seine Mainzer Begegnungen mit der »Fürstin«, wie sie hier genannt wurde, ohne jedoch
ihre literarischen Werke zu erwähnen.
Mit sentimentalen Märchen und kleinen verschnörkelten Prosadichtungen wollte sie sich
in ihrem »Trübsinn unterhalten und zerstreuen«. In dem Mainzer Verlag Florian Kupferberg
erschienen 1830 in einer kleinen Auflage zwei Bändchen »Mährchen und Erzählungen«.
Auch wenn sich Sophie damit durchaus emanzipiert aus ihrer Fürstenloge herauslehnte,
versuchte sie ihren Namen als Autorin unter der Angabe »Sophie Gräfin von M.
geborene Prinzeß von S.-K.« zu verschleiern. Damit nahm sie Rücksicht auf den gängigen
Adelscodex, der schriftstellerische Aktivitäten von Frauen als nicht standesgemäß
missbilligte.
Reflexionen über Zeitereignisse oder Mainzer Schauplätze nahm sie nicht in ihrem
schriftstellerischen Kanon auf, diese vertraute sie wohl ihrem unveröffentlichten
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»Erinnerungsbuch« an. Immerhin ist die blaublütige Autorin mit ihrem eher
bescheidenen Werk in einigen wichtigen Literaturgeschichten bis ins frühe 20.
Jahrhundert erwähnt, doch heute längst vergessen unter den Vergessenen.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2006 (mh)
Caroline Michaelis Böhmer Schlegel Schelling
geboren am 2. September 1763 in Göttingen
gestorben 7. September 1809 in Maulbronn
Eine Mainzerin im eigentlichen Sinne war die vielgerühmte Briefeschreiberin,
vielgescholtene Göttinger Universitätsmamsell und Frühromantikerin Caroline
Michaelis nicht. Dennoch gehörte sie für eine kurze Zeit zu den wichtigen weiblichen
Persönlichkeiten der Stadt. Anfang 1792 zog sie nach Mainz, in die Nähe des
befreundeten Ehepaares Therese und Georg Forster.
Caroline wohnte erst wenige Monate in der Welschnonnengasse, als die Französische
Revolution Mainz erreichte und die Mainzer Republik ausgerufen wurde. Durch ihre
Freundschaft mit Georg Forster erlebte Caroline das Geschehen sehr direkt; Forster nahm
während der kurzen Dauer der Mainzer Republik eine führende Position im Mainzer
Jakobinerclub ein. Ein Jahr nach Carolines Ankunft war Mainz für die französischen
Revolutionstruppen bereits wieder so gut wie verloren, die preußische Armee belagerte
die Stadt. Gemeinsam mit einigen Freundinnen verließ sie Mainz am 30. März 1793.
Bei Oppenheim wurde die Gruppe verhaftet, für mehrere Monate saß Caroline auf der
Festung Königstein in Haft.
Caroline Michaelis
Ihren auffällig langen Namen verdankte Caroline ihren drei Ehemännern, dem Arzt J. F. W.
Böhmer, dem Literaten Wilhelm Schlegel und dem Philosophen Schelling. Caroline war
für ihre Zeit eine ungewöhnliche Frau. Sie lebte das Leben einer geistig unabhängigen
und von strengen Konventionen freien Frau. Dies trug ihr besonders in ihrer Zeit in
Mainz Feindschaft ein - gerade von Männern. Für Schiller (und auch Goethe) war sie
eine verworfene Person, ja sogar die Dame Luzifer. Auch der Mainzer Medizinprofessor
Sömmering gehörte zu ihren ausgewiesenen Gegnern.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1996 (ew)
Poldi Mildner
Pianistin und Professorin der Universität Mainz
geboren am 27. Juli 1913 in Wien
gestorben am 7. Juli 2007 in Buenos Aires, Argentinien
»Wunderkind« titelte die Zeitschrift The New Yorker als Poldi Mildner 1932 ihre ersten
Konzerte in den USA gab, und auch andere Zeitungen schrieben überall, wo sie auftrat,
begeistert über die junge Pianistin mit dem »atemberaubenden Stil«.
Mit vier Jahren schon hatte sich Poldi Mildner heimlich ans Klavier ihrer Mutter gesetzt,
ab sechs Jahren dann Klavierunterricht erhalten und mit zwölf Jahren bereits mit den
Wiener Philharmonikern auf der Bühne gestanden.
Leopoldine, so die Langfassung von Poldi, wuchs in Jägerndorf im Sudentenland in einem
musikalischen Elternhaus auf, erhielt dann Unterricht bei namhaften Klavierlehrern in
Wien und Berlin und konzertierte mit den meisten großen Dirigenten ihrer Zeit. Gefördert
und gemanagt besonders von ihrer Mutter, bereiste Poldi Mildner in den dreißiger
Jahren des 20. Jahrhunderts fast die ganze Welt. Sie galt als Virtuosin mit überragender
technischer Perfektion - ein Musikautor attestierte ihr im Rückblick auf ihre Karriere einen
‚auffallend männlichen Interpretationsstil’.
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1939 gelang es ihr zusammen mit ihrer Mutter, über Schweden (wo sie beinahe über
Nacht die schwedische Staatsangehörigkeit erhielt) in die USA auszureisen. 1942 dann
folgte die gemeinsame Übersiedlung nach Buenos Aires. Ihre gerade erst begonnene
Karriere als Konzertpianistin konnte Poldi Mildner in Argentinien nicht fortsetzen und
auch nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges blieben Erfolge aus alten Zeiten aus. So
war sie auch in die Kritik geraten, trotz ihrer Ausreise aus Deutschland mit den Nazis
sympathisiert zu haben.
1975 kam Poldi Mildner zunächst als Dozentin an die Musikhochschule in Frankfurt am
Main, wo aber die Übernahme einer ordentlichen Professur an ihrem Alter scheiterte.
1982 bot sich ihr am Fachbereich Musik der Universität Mainz die Chance, als Professorin
ihr Wissen und Können an eine neue Generation von Pianistinnen und Pianisten
weiterzugeben. 13 Jahre lang hatte Poldi Mildner ihre Professur inne, bis sie 1995 im Alter
von 82 Jahren in den Ruhestand ging. 13 Jahre lang lebte sie auch nicht weit entfernt von
ihrem Fachbereich in Mainz, stets begleitet von einem Pudel.
1995 ging sie endgültig zurück nach Buenos Aires, kam aber 1997 noch einmal zu
Konzerten nach Deutschland.
Ein kleines Geheimnis machte Poldi Mildner aus ihrem Alter: schon früh hatte sie
aus ihrem eigentlichen Geburtsjahr 1913 das Jahr 1915 gemacht und sich so auch in
amtlichen Papieren um zwei Jahre verjüngt.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2010 (ew)
Marianne Müller
geborene Marianne Hellmuth
Sängerin und Schauspielerin
geboren 1772 in Mainz
gestorben am 31. Mai 1851 in Berlin
»Mad. Müller, jetzt unstreitig unsre erste Sängerin, sang mit entzückender Schönheit«
berichtete das »Journal des Luxus und der Moden« 1810 über einen Auftritt der Berliner
Hofopernsängerin Marianne Müller. Auch andere Rezensenten lobten häufig ihre
Qualitäten als Opern- und Konzertsängerin.
Wann genau Marianne Müller als Marianne Hellmuth in Mainz geboren wurde und wo sie
ihre ersten Lebensjahre verbracht hat, ist nicht ermittelbar. Sie hat wohl schon als Kind
auf der Bühne gestanden und ihre eigentliche Laufbahn als Schauspielerin begonnen.
1787, mit 15 Jahren, kam sie an das Hoftheater in Schwerin. Zwei Jahre später wechselte
sie nach Berlin, wo sie auch zunächst mit Sprechrollen hervortrat. Ihre eigentliche Karriere
aber begann als Sängerin am Berliner Nationaltheater. Nach Berlin kam sie durch den
damaligen Theaterleiter, den Philosophen und Dichter Johann Jakob Engel.
Doch ausgerechnet ihr Auftritt als »Königin der Nacht« bei der Berliner Erstaufführung
von Mozarts »Zauberflöte« 1794 stand unter keinem guten Stern. König Friedrich
Wilhelm II. hatte die Aufführung der überall sehr beliebten Oper bei Johann Jakob Engel
angemahnt. Engel aber ging nur zögerlich an diese Aufgabe heran und legte, nachdem die
Inszenierung unvermeidlich wurde, die Erstaufführung auf einen Tag, an dem der König
nicht in Berlin sein würde. Johann Jakob Engel musste gehen - Marianne Müller blieb und
sang viele weitere Partien bis sie 1816 den Abschied von der Bühne nahm.
(Zehn Jahre nach Marianne Müller stand mit Margarethe Josephine Lanz wieder eine in
Mainz geborene Sängerin bei einer Neuinszenierung mit der Rolle der »Königin der Nacht«
auf der Berliner Opernbühne.)
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2011 (ew)
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Dr. Emilie Nahm
Regierungsschulrätin
geboren am 18. November 1897 in Mainz
gestorben am 8. Juni 1989 in Mainz
43 Jahre (Berufs)Schuldienst lagen hinter Dr. Emilie Nahm, als sie im November 1961
in den Ruhestand verabschiedet wurde. Ihre erste Stelle trat sie nach ihrer Ausbildung
zur Lehrerin an höheren Schulen als Schulverwalterin an der Volksschule in Nierstein
an. Fünf Jahre später wechselte sie als hauptamtliche Lehrerin an die Gewerbliche
Fortbildungsschule in Mainz. Schon kurz nach ihrer Promotion an der Universität
Frankfurt übernahm Emilie Nahm die Leitung der Mädchenberufsschule. Die Namen
der Schule änderten sich, die promovierte Naturwissenschaftlerin Emilie Nahm blieb
ihre Direktorin von 1930 bis 1944 und nach Wiedereröffnung nach dem Krieg von
1947 bis 1951. Zusätzlich übernahm sie in dieser Zeit ehrenamtlich das Referat für
Berufs- und Fachschulwesen bei der Bezirksregierung. Ab 1951 bekleidete Emilie Nahm
diese Funktion hauptamtlich. 1957 erfolgte ihre Ernennung zur Oberregierungs- und
Gewerbeschulrätin. Seit 1956 war sie zudem Fachberaterin des Kultusministeriums für
das frauenberufliche Schulwesen, einschließlich der Kindergärten.
Nach ihrer Pensionierung ging Emilie Nahm keineswegs in den Ruhestand, sie widmete
sich mehr als 20 Jahre der Seniorenarbeit. Als Begründerin und Leiterin des Altenclubs
von St. Stephan erhielt sie zahlreiche Ehrungen, darunter zum 75. Geburtstag den
»Mainzer Pfennig« und zum 85. Geburtstag die Martinusmedaille.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2003 (ew)
Elisabeth Ohms
Sopranistin
geboren am 17. Mai 1888 in Arnheim (Niederlande)
gestorben am 16. Oktober 1974 in Marquardtstein (Oberbayern)
Ob München, Berlin, Bayreuth, Mailand, London oder New York: die Sopranistin Elisabeth
Ohms war auf vielen großen Opernbühnen der Welt zu Hause. Ihre Laufbahn als WagnerInterpretin aber begann 1921 am Mainzer Stadttheater. Zwei Jahre lang dauerte ihr
Engagement und in dieser Zeit sang sie bereits viele der großen Rollen, die sie auch
später an anderen Bühnen geben sollte. Dazu zählten besonders die Elisabeth in
»Tannhäuser«, die Brünhilde in »Walküre«, die Senta in »Der fliegende Holländer«, oder
die Kundry im »Parsifal«.
Doch das Mainzer Publikum erlebte sie nicht nur in Wagner-Opern, sondern auch
als »Tosca«, als Marschallin in Richard Strauss’ »Rosenkavalier« oder als Leonore in
Beethovens »Fidelio«. Auch nach ihrem Wechsel an die Staatsoper München kam sie
noch zu verschiedenen Gastspielen nach Mainz.
Dabei hatte Elisabeth Ohms in ihrer Geburtsstadt Arnheim zunächst Klavier und Violine
studiert, bevor sie 1916 mit einer Gesangsausbildung am Amsterdamer Konservatorium
begann. Ab 1919 setzte sie ihre Ausbildung in Frankfurt am Main fort - es folgte ihr Debüt
am Mainzer Theater.
Ihr dramatischer Sopran war auf vielen Bühnen gefragt. Zu ihren ausgesprochenen
Bewunderern zählten vor allem Arturo Toscanini und Richard Strauss. Elisabeth Ohms gilt
als eine der großen Wagnersängerinnen des 20. Jahrhunderts.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2008 (ew)
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Rosemarie Oppenheimer
geboren am 9. Dezember 1924 in Mainz
ermordet am 24. September 1943 in Auschwitz
Im Oktober 1946 erschien in England eine Suchanzeige für Rosemarie Oppenheimer.
Aufgegeben war sie von ihrer Schwester, Hilde Kane, geb. Oppenheimer (geb. 1921 in
Mainz). Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine Gewissheit über Rosemaries Schicksal.
Beide jungen Frauen waren die Töchter des Mainzer Weingroßhändlers Wilhelm
Oppenheimer (geb. 1888 in Mainz) und seiner Ehefrau Anna Metzger (geb. 1896 in
Mainz), die ihre Firma am Schillerplatz 5 betrieben.
Die ältere Tochter Hilde besuchte die Privatschule von Elsa Goertz und danach von
1931 bis 1934 die Höhere Mädchenschule Mainz (heute: Frauenlob-Gymnasium). Die
jüngere, Rosemarie, wurde ebenfalls Schülerin des Goertzschen Instituts. Nach der
einschneidenden politischen Zäsur von 1933 waren beide Schwestern alsbald, so darf
vermutet werden, auf die Jüdische Bezirksschule Mainz angewiesen.
Diese vom Regime geduldete Privatschule an der Synagoge in der Hindenburgstraße
wurde 1934 gegründet, um die von der rassistischen Politik des NS-Regimes
ausgegrenzten jüdischen LehrerInnen und SchülerInnen aufzunehmen. Sie musste nach
der Zerstörung des Synagogenkomplexes in der Pogromnacht vom 9. November 1938
in den Notbehelf weniger Räume in der Forsterstraße (damals: Horst-Wessel-Straße!)
ausweichen.
Im Zeichen fortschreitender Diskriminierung und Verfolgung nach 1933 und nach
dem Verlust ihres nun »arisierten« Geschäfts fand die Familie Mittel und Wege, das
nationalsozialistische Deutschland zu verlassen. Die Töchter gelangten Anfang 1939 per
Kindertransport in die Niederlande, wo ihnen die von Quäkern ins Leben gerufene Schule
in Eerde, Gemeinde Ommen, Provinz Overijssel eine erste Heimstätte sein sollte und Ort
der Ausbildung für ein Leben in der Landwirtschaft Palästinas.
Hilde verließ mit einer Schülergruppe Eerde schon nach einem halben Jahr in Richtung
England. Der Kriegsausbruch im September 1939 verhinderte letztlich wohl ihre eigentlich
geplante Rückkehr in die Niederlande und wurde Hilde so zur Rettung, nicht jedoch ihrer
Schwester.
Im Herbst 1941 - unter deutscher Besatzung - wurde Rosemarie Oppenheimer zusammen
mit den anderen jüdischen Schülern der Eerdener Schule von den nichtjüdischen
getrennt, um im April in das KZ Vught deportiert zu werden. Von dort erfolgte am
21. September 1943 die Verschleppung der nun 18jährigen Rosemarie - und vieler
anderer jüdischer Menschen - in das Vernichtungslager Auschwitz. Das Leben einer
hoffnungsvollen jungen Frau durfte nicht zur Entfaltung kommen. Es wurde ausgelöscht,
weil sie Jüdin war.
Den Eltern wurde ihr Zufluchtsland Belgien zur tödlichen Falle. Wilhelm und Anna
Oppenheimer wurden im September 1942 in einem der vielen Züge von Mechelen/
Malines aus deportiert - mit dem Ziel Auschwitz. Wilhelm Oppenheimer »starb« auf dem
Wege – in Kosel, wo oft Arbeitsfähige zur Zwangsarbeit ausgesondert wurden. Anna
Oppenheimer wurde in Auschwitz ermordet.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2012 (rf)
Luise Ott
Widerstandskämpferin
geboren am 23. April 1912 in Mainz
gestorben am 5. August 2004 in Rüsselsheim
Der politische Widerstand junger Menschen gegen den Nationalsozialismus in Mainz und
Umgebung ist eng verbunden mit dem Namen Luise Ott. Geboren in Mainz, aufgewachsen
als neuntes von zehn Kindern in Gustavsburg, trat die gelernte Schneiderin mit 17 Jahren
72
zunächst der Sozialistischen Arbeiterjugend bei und engagierte sich bald darauf im
Kommunistischen Jugendverband Deutschlands (KJVD).
Sehr schnell stand die junge Frau dann als Mitglied der Unterbezirksleitung des KJVD in
der Verantwortung, nach 1933 die illegale Arbeit des Verbandes für Mainz und Umgebung
zu organisieren, Strukturen wieder aufzubauen und die Mitglieder vor Verfolgung zu
schützen. Nachdem viele Mitglieder der KPD und auch des KJVD verhaftet worden waren,
sorgte auch Luise Ott für die Verbreitung von Zeitungen und Flugblättern, organisierte
Treffen der Gruppen und hielt Verbindungen zu Emigrierten. Bis Ende 1934 arbeitete sie
als Packerin bei der Mainzer Zigarettenfabrik Makedon.
Während eines Aufenthaltes im Saarland Ende 1934 erhielt Luise Ott die Nachricht,
sie solle sich nach ihrer Rückkehr bei der Polizei melden. So entschloss sie sich, statt
zurückzukehren, Unterschlupf bei einer ihrer Schwestern in Remich in Luxemburg
zu suchen und ihre illegale politische Arbeit erst von dort und später aus Holland
fortzuführen. Mehrmals reiste sie mit falschen Papieren nach Deutschland, unternahm
Kurierfahrten zu einzelnen Widerstandsgruppen - immer in der Gefahr, entdeckt und
verhaftet zu werden, so wie es zwei Schwestern von ihr bereits ergangen war.
Von Holland aus gelang ihr 1939 dann noch die Flucht nach Frankreich. Doch auch Luise
Ott entging dort nach Kriegsbeginn nicht der Internierung. Als »feindliche Ausländerin«
wurde sie ins Lager Gurs überstellt, aus dem sie aber Ende 1940 in ein sicheres Versteck
in Südfrankreich flüchten konnte.
Gesundheitlich stark beeinträchtigt kam Luise Ott nach Kriegsende zurück nach
Gustavsburg. Über viele Jahre und viele gerichtliche Instanzen hinweg führte sie
dann ihren Kampf um Wiedergutmachung als Verfolgte des Nazi-Regimes. Doch eine
Anerkennung für erlittenes Unrecht und einen Anspruch auf Entschädigung wollte ihr kein
Gericht zusprechen.
Päpstin Johanna
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2012 (ew)
Päpstin Johanna
9. Jahrhundert
Gäbe es eindeutige Beweise für ihre Existenz, so wäre sie ohne Zweifel die berühmteste
Mainzerin und verdiente ein Denkmal: die Päpstin Johanna.
Den vielen Legenden nach wurde die erste und einzige Frau auf dem Papstthron um
818 in Mainz oder Umgebung geboren. Als Mann verkleidet soll sie, wie besonders
spätmittelalterliche Geschichtsschreiber zu berichten wussten, nach dem Tode von Leo
IV. 855 für zwei Jahre, fünf Monate und vier Tage unter dem Namen Johannes VIII. auf
dem päpstlichen Stuhl gesessen haben. Johanna, genannt Johannes Anglicus, die in
Mainz geborene Tochter eines englischen Mönches und seiner Frau Jutta, hatte schon als
junges Mädchen Männerkleidung angelegt und sich so Zugang zu Bildung und Wissen
verschafft. Von einem ihrer Liebhaber soll sie nach Athen zum Studium gebracht worden
sein. Später in Rom, in dieser Zeit nicht gerade mit gelehrten Kirchenmännern verwöhnt,
erwarb sie sich (als Mann) so großes Ansehen, dass sie einstimmig zum Papst gewählt
wurde.
Der Legende nach fiel Johanna erst aus ihrer Männerrolle als sie schwanger war und auf
einem Prozessionszug in einem engen Gässchen zwischen Kolosseum und der Kirche des
Hl. Klemens das Kind gebar. Johanna selbst starb bei der Niederkunft und wurde gleich
an Ort und Stelle verscharrt. Als Beleg für Johannas tatsächliche Existenz wurde häufig
angeführt, dass seither nie wieder ein Papst diesen Prozessionsweg nahm, sondern den
Ort der Entdeckung eines schwangeren Papstes mied.
Bis in die Neuzeit wurde die Legende von allen Kirchenhistorikern erwähnt und ihre
Existenz geglaubt. Erst Papst Klemens VIII. (1592-1605) ließ die Büste des Johannes VIII.,
ein Weib aus England, aus der Reihe der Papstbilder im Dom zu Siena entfernen.
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Die offizielle Kirchengeschichtsschreibung der Neuzeit erklärte die Päpstin Johanna dann
endgültig zur Legende.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1995 (ew)
Katharina Pfahler
Hebamme
geboren am 10. April 1907 in Bretzenheim
gestorben am 20. März 1988 in Mainz
Katharina Pfahler
Am 14. Dezember 1994 beschloss der Mainzer Stadtrat: »Die Planstraße E erhält
den Namen Katharina-Pfahler-Straße« und folgte damit dem Wunsch des Ortsbeirats
Bretzenheim, die Lebensarbeit der sehr geachteten und beliebten Hebamme zu würdigen.
Mehr als 2000 Mädchen und Jungen verhalf sie auf die Welt, war Tag und Nacht bei
Wind und Wetter für werdende Mütter und Wöchnerinnen verfügbar und half auch unter
schwierigsten Bedingungen mit Rat und Tat sooft und soviel es nötig war.
Unvergessen - besonders bei den älteren Bretzenheimerinnen und Bretzenheimern - ist
Katharina Pfahlers unermüdlicher Einsatz für Mütter und Neugeborene in der Kriegs- und
Nachkriegszeit. Erschwerend kam in diesen harten Zeiten die Tatsache hinzu, dass für
das gesamte Stadtgebiet und Marienborn außer Katharina Pfahler nur noch eine weitere
Hebamme für Hausgeburten zur Verfügung stand.
Geboren wurde Katharina Pfahler 1907 in der Hinkelsteinerstraße in Bretzenheim. Nach
dem Abschluss der Volksschule half sie zunächst im elterlichen Haushalt, da die Notzeit
nach dem Ersten Weltkrieg den Besuch einer weiterführenden Schule vorerst unmöglich
machte. So konnte sie sich erst mit 18 Jahren ihren langgehegten Berufswunsch erfüllen
und im Darmstädter Eleonorenheim die Säuglingspflege erlernen. Nach der danach
erfolgten Ausbildung zur Hebamme in der Hebammen-Lehranstalt in der Hafenstraße,
versah Katharina Pfahler von 1930 bis 1965 ihren Dienst als Gemeindehebamme bei
Haus- und Klinikgeburten, bei Vor- und Nachsorge für Mutter und Kind und bei der
amtlichen Mütterberatung.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2003 (ew)
Finthen, Poststraße 44, Geburtshaus von
Agnes Pfeifer
Agnes Pfeifer
geboren am 10. Oktober 1733 in Finthen
gestorben am 16. April 1754 im Ober-Olmer Wald
Die Geschichte der Agnes Pfeifer ist die Geschichte eines Kriminalfalls, der zur Legende
wurde.
Die Tat geschah am 16. April 1754 im Ober-Olmer Wald. Die aus einer Finther
Bauernfamilie stammende Agnes Pfeifer war auf dem Rückweg von einem
Verwandtenbesuch in Ober-Olm, als sie nachmittags gegen vier Uhr von einem heftigen
Hagelschauer überrascht wurde. Zusammen mit einem Ober-Olmer Bürger suchte sie
Schutz unter einem Baum. Ein Schäferknecht, der ganz in der Nähe Schafe hütete,
gesellte sich zu ihnen.
Kaum hatte der Hagel nachgelassen, setzte der Ober-Olmer seinen Weg fort. Als
auch Agnes Pfeifer gehen wollte, wurde der Schäferknecht zudringlich. Er schlug sie
mit dem Hirtenstab nieder, bedrohte sie mit einem Messer und versuchte, sie zu
vergewaltigen. Agnes Pfeifer wehrte sich erbittert gegen die Vergewaltigung. In späteren
Berichten ist davon die Rede, dass sie gefleht habe, sie wolle lieber ihr Leben als ihre
Unschuld verlieren. Berichtet wird auch, dass der Knecht sein Opfer mit mindestens 13
Messerstichen tötete.
Am nächsten Tag fanden Bürger aus Nieder-Olm und Sörgenloch die schrecklich
zugerichtete Leiche. Durch Hinweis des Ober-Olmer Bürgers kam es rasch zur Verhaftung
des Schäferknechtes. Er wurde später auf dem Thiermarkt, dem heutigen Schillerplatz,
74
durch Rädern hingerichtet. Nur wenig später nach der Entdeckung von Agnes’ Leiche
entbrannte ein Streit zwischen dem Ober-Olmer Pfarrer und dem Finther Pfarrer Werner.
Beide wollten die heldenhafte Jungfrau für die eigene Pfarrei beanspruchen. Der Finther
Pfarrer siegte. Agnes Pfeifer wurde in der damaligen Finther Kirche beigesetzt. Als die
Kirche für einen Neubau abgerissen wurde, exhumierte man die Gebeine von Agnes
Pfeifer. 1854, 100 Jahre nach ihrer Ermordung, wurde sie in der neuen Kirche erneut
beigesetzt. Der damalige erzkonservative Pfarrer Autsch löste in der Folgezeit einen
regelrechten Kult um Agnes Pfeifer aus. Der tapferen Jungfrau, die so heldenhaft ihre
Unschuld verteidigt hatte, wurde alljährlich zu Ostern gedacht. Der Mainzer Domkapitular
von Heddersdorf ließ einen Gedenkstein mit dem folgenden Text fertigen:
Allhir ruht Agnes Pfeifferin
ihr’ Unschuld Wahre beschützerin
die eines junge Scheffers Hand
der in der geilen geilhaid brand
durch dreyzehn Stich ermordet hat
Weil nicht des Mordes willen dhat
drum sie in der Heiligen osterzait
ihre Unschuld jenem Lamm gewayht
so für die sünt sich dagestellht
und auch unschultig ist entseelt.
So geschehen bey Oberohlm 16 april 1754,
Posuit W.A.W.L. B. ab Hedersdorff Can. Cap.
Met Mog
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2006 (ew)
Ruth Poelzig- Ockel
Schauspielerin
geboren am 24. Februar 1904 in Breslau
gestorben am 30. Dezember 1997 in Mainz
Schauspielerin, Kabarettistin, Malerin: Ruth Poelzig-Ockel war ein künstlerisches
Multitalent. Schon als Kind hatte sie durch ihre Eltern Berührung mit vielen prominenten
Künstlerinnen und Künstlern. Breslau, Dresden und Berlin waren die Städte ihrer
Kindheit. Ihr Vater Hans Poelzig, ein bekannter Architekt, förderte die Talente seiner
Tochter. Sie sollte Malerin werden. Ruth Poelzig selbst wollte aber zur Bühne und setzte
sich mit ihrem Plan durch.
Mit 17 Jahren fand sie in Kassel ihr erstes Engagement. Wie damals an den Bühnen
üblich, wechselte auch Ruth Poelzig häufig das Theater und hatte so Gelegenheit viele
unterschiedliche Rollen zu spielen und Regiestile kennen zu lernen. So interessant wie
die Liste ihrer Engagements liest sich die Liste ihrer Freundschaften mit berühmten
ZeitgenossInnen. Sie stand im Kontakt zu Erika und Klaus Mann, war befreundet mit
Pamela Wedekind, hatte Verbindung zu Erich Kästner, Theodor Heuss und vielen mehr.
Über Zürich und viele weitere Stationen kam sie Ende der 20er Jahre zurück nach Berlin
und arbeitete am Schauspielhaus. In Berlin gründete sie auch zusammen mit dem
Kabarettisten Werner Fink das Kabarett Die Katakombe.
1934 ging Ruth Poelzig an das Theater in Elbing und lernte dort ihren späteren Mann,
den Schauspieler und Regisseur Heinrich Ockel von Salwitz kennen. 1941 wurde ihre
Tochter Sabine geboren.
Es folgten noch viele Jahre der Engagements am Theater. Erst mit 60 Jahren erfüllte Ruth
Poelzig den Wunsch ihres Vaters: sie wurde Malerin. Bei Christa Moering in Wiesbaden
ließ sie sich ausbilden. Ruth Poelzig, die bereits als junges Mädchen ihre Briefe mit
Zeichnungen illustriert, Malbriefe verschickt hatte, startete ihre dritte Karriere und fand
noch einmal Anerkennung durch zahlreiche Ausstellungen ihrer Werke.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2001 (ew)
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Agnes von Poitou
Königin und Kaiserin
geboren um 1025
gestorben am 14. Dezember 1077 bei Rom
Agnes von Poitou
Sabine Mathilde Rathenau
(Pastellzeichnung Walther Rathenau)
Zu den wenigen Königinnen, die im Mainzer Dom gekrönt wurden, gehörte Agnes von
Poitou. Noch vor ihrer Hochzeit mit Heinrich III., die in Ingelheim gefeiert wurde, führte
Erzbischof Bardo am 12. November 1043 die Krönungszeremonie durch. Den Titel Kaiserin
erhielt sie am 25. Dezember 1046 in Rom, zeitgleich mit Heinrichs Kaiserkrönung.
Die Krönung zur Königin war nicht das einzige, was Agnes von Poitou, die Mutter Heinrichs
IV., mit Mainz verband. Sie nahm aktiv Einfluss auf die (Personal-)Politik im Erzbistum,
besonders in der Zeit nach dem Tode Heinrichs III. im Jahr 1056. Ihr Sohn Heinrich IV.
war bereits im Alter von sechs Jahren zum König gekrönt worden, doch Agnes führte die
Regentschaft.
Am 6. Januar 1060 setzte sie Siegfried I. zum Erzbischof von Mainz ein und erbat für ihn
in Rom das Pallium. Erzbischof Siegfried war nicht der einzige geistliche Würdenträger in
Mainz, der wenigstens eine zeitlang in Agnes eine wichtige Fürsprecherin sah.
Berichtet wird, dass Agnes ihren Mann Heinrich III. sehr häufig begleitete, so ist
anzunehmen, dass auch sie sich wieder in Mainz aufhielt, wenn Heinrich hier
Regierungsgeschäfte führte, so etwa 1049 und 1054.
Agnes hat in Mainz noch ganz andere Spuren hinterlassen: der 1880 in Mainz gefundene
sogenannte Gisela-Schmuck muss ihr zugeschrieben werden. Nicht die Kaiserin
Gisela, sondern ihre Schwiegertochter Agnes, war die ursprüngliche Besitzerin des
umfangreichen Schmuckfundes.
Als Regentin scheiterte Kaiserin Agnes an einer starken Männerseilschaft. 1062 entführte
der Kölner Erzbischof Anno in Kaiserswerth ihren Sohn Heinrich; zur Verschwörung der
Reichsfürsten gehörte auch der von ihr eingesetzte Siegfried von Mainz.
Drei Jahre nach der Entführung und dem Bemühen, ihre Herrschaft aufrechtzuerhalten,
zog sich Agnes von allen Regierungsgeschäften zurück und ging in ein Kloster bei Rom.
Doch so ganz ließ die Kirchenpolitik sie nicht los. Sie unterstützte aktiv im Investiturstreit
die Position der Päpste gegen ihren Sohn Heinrich IV. und erlebte auch noch, wie 1076
der Bannfluch über ihn verhängt wurde.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2004 (ew)
Sabine Mathilde Rathenau
geboren am 17. März 1845 in Mainz
gestorben am 28. Juli 1926 Schloss Freienwalde/Oderbruch
Als Sabine Mathilde Nachmann wurde sie in Mainz geboren. Die Mutter des 1922
ermordeten Politikers und industriellen Walter Rathenau verbrachte jedoch nur ihre ersten
Kindheitsjahre in der Stadt. Als sie zehn Jahre alt war, stellten ihre Eltern einen Antrag auf
Übersiedlung nach Frankfurt. Als Grund nannten sie: »insbesondere ist es die Rücksicht
auf die hiesigen Familienbande der Bittstellerin und Erzieherin ihres einzigen Kindes,
welches als Israelitin in Mainz keine genügende Unterrichtsanstalt findet.« In Frankfurt
erhielt Sabine Mathilde die erwünschte umfassende und gediegene Schulbildung, die
weiblichen Angehörigen des Großbürgertums zugänglich war.
Mit 21 Jahren heiratete sie den Berliner Industriellen Emil Moritz Rathenau. Rathenau
gründete 1883 die Deutsche Edison-Gesellschaft für angewandte Electricität, die spätere
Allgemeine Electricitätsgesellschaft (AEG).
1867 wurde ihr Sohn Walter geboren, 1871 ihr Sohn Erich und 1883 ihre Tochter Edith.
Die junge Sabine Mathilde Rathenau war eine Herausforderung für die feine Berliner
Gesellschaft, denn Selbstbewusstsein, Temperament und nicht zuletzt eine hohe Bildung
wurden bei Frauen nicht überall geschätzt.
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1891, aus Anlass ihrer Silberhochzeit mit Emil Rathenau, wurde die Mathilde-RathenauStiftung ins Leben gerufen. Stiftungszweck war die Unterstützung der weiblichen
Beschäftigten der AEG.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1997 (ew)
Ursula Redinger
Die Geliebte des Kurfürsten
geboren um 1495 in Mainz
gestorben 1525 in Mainz
Die Mainzer Bäckerstochter Ursula Redinger (oder Riedinger) war wohl erst 15 oder
16 Jahre alt, als sie um das Jahr 1510 in Mainz den späteren Mainzer Erzbischof
Albrecht von Brandenburg kennen lernte und zu seiner langjährigen Geliebten wurde.
Der Hohenzollernprinz Albrecht stand zu diesem Zeitpunkt am Anfang einer steilen
Karriere, die ihn zum mächtigsten Kurfürsten der Renaissance-Zeit werden ließ. Er war,
um nur einige Titel zu nennen: Erzbischof von Magdeburg, Administrator des Bistums
Halberstadt und Erzbischof von Mainz.
Eheähnliche Verhältnisse waren bei geistlichen und weltlichen Fürsten auch zu dieser
Zeit nicht unüblich und keineswegs ein Staatsgeheimnis. Von Albrecht von Brandenburg
wird berichtet, dass Ursula Redinger nicht seine einzige Geliebte gewesen sein soll,
sondern nur eine von fünf. Die Beziehung zu der Mainzerin soll aber bis zu ihrem Tod
1525 fortbestanden haben - wann auch immer Albrecht zwischen der Organisation des
Ablasshandels und der Bekämpfung der Reformation Zeit für die Geliebte gefunden hat.
Berichtet wird auch, dass Albrecht dem brieflich übermittelten Rat seines Widersachers
Martin Luther folgen und Ursula heiraten wollte. Doch der Redinger soll klar gewesen
sein: auch die Ehe mit einem ausschließlich weltlichen Fürsten wäre für eine
Bürgerstochter unmöglich gewesen.
Eine besondere Rolle im Leben des Kurfürsten nahm Ursula auf jeden Fall ein.
Der kunstverliebte Renaissancefürst ließ nicht nur von sich selbst Porträts anfertigen,
sondern auch von Ursula. Die Mainzerin saß vielen berühmten Künstlern insbesondere
für Heiligendarstellungen Modell. Dazu gehört auch das Altarbild der Hl. Ursula von
Simon Franck.
Auch Heiligenporträts von Lucas Cranach d. Ä. tragen die Züge von Ursula Redinger. Die
wiederholte Darstellung der Redinger als Hl. Ursula entbehrt dabei nicht einer gewissen
Komik: gilt doch gerade die Hl. Ursula als Anführerin von 11000 Jungfrauen der Legende
nach als Inbegriff der wehrhaften Jungfräulichkeit.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2004 (ew)
Ursula Redinger als Hl. Ursula
(Altarbild von Simon Franck)
Hedwig Reiling
Hedwig Reiling
geboren am 21. Februar 1880 in Frankfurt/Main
deportiert im März 1942 von Mainz nach Piaski/Lublin
Hedwig Reiling, geborene Fuld, stammte aus einer angesehenen und alteingesessenen
Frankfurter Familie. Die Tochter von Helene und Salomon Fuld heiratete 1899 den
Mainzer Bürger Isidor Reiling, Mitinhaber der bedeutenden Mainzer Kunst- und
Antiquitätenhandlung David Reiling. Ein Jahr später, im November 1900, kam in der
Parcusstraße 5 ihr einziges Kind zur Welt: Netty Reiling, die spätere Anna Seghers. Die
großbürgerliche Familie Reiling gehörte der orthodoxen jüdischen Religionsgemeinschaft
an und zählte politisch zu den liberaldemokratischen Kreisen der Stadt. Hedwig
Reiling war Gründungs- und Vorstandsmitglied des Jüdischen Frauenbundes. Im Ersten
Weltkrieg war sie als Rot-Kreuz-Schwester tätig. Die Nazi-Herrschaft und die einsetzende
Judenverfolgung erlebte Hedwig Reiling in Mainz; anders als ihre Tochter
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Anna Seghers gelang ihr nicht die Flucht ins Exil. Nach 1938 wurden die Reilings, Hedwig
war Teilhaberin der Kunsthandlung, ihrer wirtschaftlichen und bürgerlichen Existenz
vollständig beraubt. Das Geschäft am Flachsmarkt 2/4 wurde »arisiert«. Bald nach dem
Tod ihres Mannes musste Hedwig Reiling die Wohnung am Fischtorplatz 23 verlassen.
Die ihr und anderen angewiesene letzte Unterkunft in Mainz war ein sogenanntes
»Judenhaus« in der Taunusstraße 31. Im März 1942 wurde Hedwig Reiling als »Nr. 881«,
zusammen mit 998 weiteren Menschen aus Hessen, nach Piaski bei Lublin deportiert.
Anna Seghers hat ihr in der Erzählung »Der Ausflug der toten Mädchen« ein literarisches
Denkmal gesetzt.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1996 (rf)
Pauline Reinach
Schwester Augustina
geboren am 16. August 1879 in Mainz
gestorben am 24. März 1974 in Ermeton-sur-Biert, Belgien
»Sie war in Gesellschaft überaus temperamentvoll, witzig und schlagfertig. Aber wenn man
allein mit ihr sprach, bekam man Einblicke in eine tiefe, stille und wahrhaftig beschauliche
Seele.« Dies schrieb die Philosophin und Ordensfrau Edith Stein über Pauline Reinach
und damit über eine Frau, deren Lebensweg dem Weg der Edith Stein in vielen Punkten
sehr ähnlich war.
Pauline Reinach stammte aus einer großen, traditionsreichen und hoch angesehenen
jüdischen Mainzer Familie. Ihr Großvater, der Weinhändler Hermann Reinach, hatte rund
drei Jahrzehnte das Amt eines städtischen Beigeordneten bekleidet, wofür ihm 1905
die Ehrenbürgerwürde verliehen wurde. Ihr Vater Wilhelm Reinach (1849 - 1931) war
Inhaber einer florierenden Firma für Gas-, Elektrizitäts- und Wasserleitungsartikel. Ihre
Mutter Pauline, geborene Hirschhorn (1851 - 1932), stammte aus Mannheim. Pauline
war die älteste von drei Kindern. In ihren ersten Lebensjahren wohnte die Familie in
der Breidenbacherstraße, später dann am Fischtorplatz, im Haus Nr. 21. Ihre ersten
Schuljahre verbrachte sie am privaten Institut Brecher und besuchte anschließend von
1889 bis 1896 die Höhere Mädchenschule.
Durch ihren 1883 geborenen Bruder Adolf, der sich als Philosoph und Assistent von
Edmund Husserl bereits einen großen wissenschaftlichen Ruf erworben hatte, fand
Pauline Reinach 1914 Zugang zur akademischen Welt in Göttingen. Sie hatte sich spät
entschlossen, das Abitur nachzuholen und dann Klassische Philologie zu studieren.
Pauline Reinach immatrikulierte sich 1914 an der Universität in Göttingen und blieb dort
bis 1921.
Im Haus ihres Bruders und ihrer Schwägerin, der Physikerin Dr. Anna Reinach, geborene
Stettenheimer, begegnete Pauline dann auch der Philosophin und Husserl/ReinachSchülerin Edith Stein. Die Beziehung der drei Frauen wurde noch enger, nachdem Adolf
Reinach 1917 im Krieg gefallen war, und sie sich mit seinem wissenschaftlichen Nachlass
befassten.
Bereits 1916 hatten sich Anna und Adolf Reinach evangelisch taufen lassen, Pauline
Reinach entschloss sich dazu 1918; katholisch wurde sie 1922, und damit im gleichen
Jahr wie Edith Stein selbst.
1924 trat Pauline Reinach als Schwester Augustina in das sieben Jahre zuvor gegründete
Benediktinerinnenkloster »Ancilla Domini« in Wépion (Belgien) ein. 1936 verlegte die
Ordensgemeinschaft ihren Sitz nach Ermeton-sur-Biert. Im Dorf Ermeton, außerhalb des
Klosters, gelang es Pauline Reinach, unentdeckt die deutsche Besetzung Belgiens zu
überleben. Edith Stein, die als Karmeliterin den Namen Teresia Benedicta a cruce trug,
wurde 1942 im KZ Auschwitz ermordet.
Pauline Reinach/Schwester Augustina sollte aber noch einmal in besonderer Weise
an ihre Begegnungen mit Edith Stein erinnert werden: 1965 legte auch sie im
Seligsprechungsprozess Zeugnis über Steins Weg zum Katholizismus ab.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2011 (ew/rf)
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Dr. Edith Sabine Ringwald-Meyer
Juristin
geboren am 2. September 1890 in Mainz
gestorben am 25. Dezember 1974 in Lengnau (Kanton Aargau, Schweiz)
18552 lautete die zum Sommersemester 1909 an der Universität in Zürich vergebene
Matrikelnummer für die Jurastudentin Edith Sabine Meyer aus Mainz. So begann
die universitäre Laufbahn der ersten Mainzer Abiturientin und der ersten Mainzer
Jurastudentin. Auch wenn seit 1900 mehr und mehr Universitäten in Deutschland
Studentinnen aufnahmen, so war Zürich bereits seit Ende der sechziger Jahre des 19.
Jahrhunderts eine gute Adresse für studierwillige Frauen.
Edith Ringwald-Meyer
Aufgewachsen war Edith Meyer in der Mainzer Stadthausstraße 25 als Tochter von
Fanny Meyer, geborene Nachmann, und Leopold Meyer. Beide Elternteile entstammten
alteingesessenen jüdischen Familien, über Fanny Nachmann waren sie unter anderem
verwandt mit der Mutter von Walther Rathenau, Sabine Mathilde Rathenau.
Dass auch alle Töchter der Familie(n) eine fundierte Bildung erhielten, war wohl eine
Selbstverständlichkeit. Edith Meyer, die ausschließlich Privatunterricht erhalten hatte,
wurde dank der Unterstützung durch den damaligen Oberbürgermeister Göttelmann als
erstes Mädchen zum Abitur am Großherzoglichen Realgymnasium zugelassen.
So zog Edith Sabine Meyer zusammen mit ihrer Mutter 1909 nach Zürich, der Vater
Leopold war bereits 1896 verstorben. Nach den ersten Semestern in Zürich ging sie zum
Weiterstudium auch nach Gießen, Marburg und Würzburg, wo sie im Wintersemester
1911/1912 die Zwischenprüfung ablegte. Im Februar 1912 heiratete sie in der Schweiz
den Juristen Dr. Wilhelm Ringwald, ein Jahr später kam ihr Sohn Leonard zur Welt.
Während des Ersten Weltkrieges lebte Edith Ringwald, die häufig den Namen Meyer
anfügte, zusammen mit ihrem Sohn bei ihrer kranken Mutter in Mainz. Hier schrieb sie
auch ihre Dissertation Können Österreicher vor deutschem Gericht auf Trennung von
‚Tisch und Bett’ klagen?, die 1917 von der Universität Würzburg angenommen wurde.
Dr. iur. rer. pol. Edith Sabine Ringwald-Meyer blieb auch nach dem Tode ihrer Mutter
1916 noch in Mainz. Sie leitete unter anderem eine Rechtsauskunftsstelle für uneheliche
Mütter in Wiesbaden - und sie kandidierte am 9. November 1919 bei der ersten Mainzer
Kommunalwahl nach Einführung des Frauenwahlrechts auf Platz 23 der SPD-Liste. 1919
wurde sie auch Mitglied im Deutschen Juristinnen-Verein.
Ihr Lebens- und Arbeitsmittelpunkt lag aber in der Schweiz, vor allem in Basel. Wilhelm
Ringwald starb 1939, und nach einem längeren Aufenthalt in den USA war Edith
Ringwald-Meyer als Lehrbeauftragte tätig, hielt Vorträge über juristische Fragen im Radio
und engagierte sich im Schweizer Frauenhilfsdienst. Nach dem Krieg eröffnete sie in
Basel eine eigene auf Wirtschaftsrecht spezialisierte Kanzlei.
Mainz blieb sie auch durch ihre Zugehörigkeit zur wieder gegründeten Jüdischen
Gemeinde verbunden. Am 2. September 1970 wurde sie zu ihrem 80. Geburtstag von der
Stadt Mainz mit der Verleihung der Nachbildung des Mainzer Stadtwappens geehrt.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2010 (ew)
Emy Roeder
Bildhauerin
geboren am 30. Januar 1890 in Würzburg
gestorben am 7. Februar 1971 in Mainz
1908 begann Emy Roeder mit ihrer künstlerischen Ausbildung in Würzburg, die sie
in München und Darmstadt und ab 1920 in Berlin fortsetzte. Dort lebte sie bis 1933,
danach in Bayern, und unternahm Reisen nach Paris und Rom. 1937 wurde sie von
79
den Nationalsozialisten mit einem Ausstellungsverbot belegt und verließ Deutschland.
Bis 1949 lebte sie in Italien, wo sie 1944 von den Alliierten als Deutsche in einem
Internierungslager festgehalten wurde. Während ihrer Arbeit dort als Badeaufseherin
skizzierte sie duschende Frauen. Von 1950 an lebte und arbeitete Emy Roeder in Mainz.
Sie erhielt viele Preise und Auszeichnungen für ihre Arbeit und unternahm weiterhin
zahlreiche Reisen.
[Nachtrag: 1989 wurde eine Straße in Hechtsheim nach ihr benannt.]
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1991 (mc)
Francesca Scanagatta
Die Frau in Uniform
geboren am 1. August 1776 in Mailand
gestorben im Januar 1865 in Mailand
Als am 16. Februar 1797 ein neuer Trupp österreichischer Soldaten des Warasdiner
St. Georger-Grenzregiments in die Festung Mainz einzog, haben die Mainzerinnen und
Mainzer diesem Ereignis sicherlich kaum Beachtung geschenkt. In der Stadt war man
seit langem den Anblick von Soldaten gewohnt. Ob französische, preußische oder gar
österreichische Truppen – sie alle waren seit 1792 in Mainz eingezogen und hatten die
strategisch wichtige Stadt eingenommen und besetzt.
Doch an diesem Tag im Februar 1797 hätten sie besser genau hingeschaut, denn der
Fähnrich, der die Rekruten zur Verstärkung des in Mainz stationierten Bataillons der
Warasdiner anführte, war niemand anderes als die nach ihrer »Enttarnung« als Frau in
Uniform berühmt gewordene Francesca Scanagatta, der es gelang, jahrelang als Mann
verkleidet in der kaiserlich königlichen Armee zu dienen. Wie lang Fähnrich Francesca
Scanagatta genau in Mainz blieb, ist unbekannt. Eine Quelle spricht davon, dass ihr
Regiment nach dem Frieden von Campo Formio, in dessen Folge Mainz wieder französisch
wurde, noch bis Mitte Dezember 1797 in der Stadt war. Als am 31. Dezember 1797 erneut
französische Truppen in Mainz einzogen, war die Frau in Uniform längst auf dem Weg zu
anderen militärischen Missionen. So unerkannt wie sie gekommen war, hatte sie die Stadt
auch wieder verlassen.
Francesca Scanagatta wuchs als Tochter wohlhabender Eltern in Mailand auf und zeigte,
wie eine Quelle zu berichten wusste, »von frühester Kindheit an wenig weiblichen
Sinn«. 1794 sollte Francesca nach dem Willen ihrer Eltern zur weiteren Ausbildung
zu den Salesianerinnen nach Wien gehen; ihr fast gleichaltriger Bruder Giacomo
aber zur Militärakademie in Wiener Neustadt. Giacomo erkrankte – und so reiste
Francesca, zu ihrem eigenen Schutz in Männerkleidung, ohne familiäre Begleitung nach
Österreich. Doch anstatt nach Wien zu gehen, beschloss sie, anstelle ihres Bruders die
Militärakademie in Wiener Neustadt zu besuchen. Günstig für ihren Plan war, dass ihr
Bruder nicht direkt in der Militärakademie, sondern privat bei einer Familie Haller Quartier
nehmen sollte. So wurde Francesca am 1. Juli 1794 in der Akademie aufgenommen.
Während der dreijährigen Ausbildung, die sie mit Bravour durchlief, fiel weder ihrer
Gastfamilie noch der Akademie auf, dass Giacomo in Wahrheit Francesca war.
Nach ihrer Zeit in Mainz, ihrer ersten militärischen Station, diente Francesca Scanagatta
noch in verschiedenen österreichischen Regimentern und nahm aktiv an Gefechten teil.
Im Jahr 1800 wurde sie noch zum Leutnant befördert, quittierte aber bereits ein Jahr
später nach einer weiteren Verwundung den Dienst. Dass Leutnant Scanagatta eine Frau
war, war wohl zu diesem Zeitpunkt schon in der Armee bekannt. Ihre Offizierskameraden
gaben ihr zu Ehren ein Abschiedsessen und nach einer entsprechenden Initiative wurde
sie als Francesca Scanagatta vom Kaiser in Ehren (und damit auch mit Leutnantsbezügen)
pensioniert.
1804 heiratete Francesca den ebenfalls in der österreichischen Armee dienenden
Leutnant Spini und bekam vier Kinder. An ihre kurze militärische Laufbahn hat sie nie
wieder angeknüpft.
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1931 verfilmte Géza von Bolváry unter dem Titel »Liebeskommando« die Geschichte der
Frau in Uniform.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2007 (ew)
Dr. Ulla Schild
Ethnologin
Uta Schmailzl
geboren am 17. November 1938 in Berlin
gestorben am 22. Februar 1998 in Mainz
Weit über die Grenzen der Mainzer Universität hinaus war Dr. Ulla Schild bekannt für ihre
Beiträge zur Erforschung und Sammlung der Literaturen Schwarzafrikas. Mit über 350
Publikationen, dazu zählen auch viele Standardwerke zur afrikanischen Literatur, prägte
sie nachhaltig die wissenschaftliche Auseinandersetzung in ihrer Disziplin.
Ulla Schild, aufgewachsen im Elsaß, studierte nach dem Abitur zunächst Germanistik und
Anglistik in Heidelberg, später dort auch Ethnologie und Soziologie. 1980 promovierte
sie an der Mainzer Universität über die Literaturen in Papua-Neuguinea. Zur afrikanischen
Literatur fand sie durch den Schriftsteller, Übersetzer und Literaturwissenschaftler
Janheinz Jahn, der sich als erster Deutscher systematisch mit der neuen Literatur Afrikas
beschäftigte.
Dr. Ulla Schild arbeitete zunächst als freie Journalistin, 1975 kam sie nach Mainz an das
Institut für Ethnologie und Afrikastudien. Das Institut hatte die umfangreiche Bibliothek
des 1973 verstorbenen Janheinz Jahns erworben und Ulla Schild die Leitung übertragen.
Sie führte die Sammlung und Forschung systematisch weiter. Heute verfügt die Bibliothek
über etwa 14.000 Werke in vielen afrikanischen Sprachen und ist damit weltweit eine der
größten Sammlungen ihrer Art.
Ihr Engagement als Wissenschaftlerin galt auch den Studierenden des Faches; darüber
hinaus war sie lange Jahre Ausländerbeauftragte der Universität. Aktiv war sie auch im
Mainzer Club der Soroptimist, einer internationalen Vereinigung von Frauen.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1991 (ew)
Dr. Uta Schmailzl
Politikerin
geboren am 2. Juli 1949 in München
gestorben am 26. Januar 1997 in Partenheim
Uta Schmaizl gehörte der ersten Stadtratsfraktion der GRÜNEN von 1984 bis 1989 an
und war damit eine der Frauen, die die parlamentarische Arbeit ihrer Partei in Mainz
vorantrieben.
Arbeitsschwerpunkte der promovierten Chemikerin waren zwar die Umwelt-,
Gesundheits- und Energiepolitik, ihr Engagement galt aber auch der Frauenpolitik. Über
Jahre hinweg setzte sie sich zum Beispiel für die Einrichtung eines Frauennachttaxis ein.
Für mehr Sicherheit im öffentlichen Raum für Frauen fand sie während ihrer aktiven Zeit
im Stadtrat keine Mehrheit - auch nicht für ihr Eintreten gegen frauendiskriminierende
Werbung auf Plakatflächen. Sie hatte 1986 in einem Stadtratsantrag gefordert, dass in
Mainz keine Werbung plakatiert werden solle, die die Würde und das Ansehen von Frauen
verletzen oder sie aufgrund ihres Geschlechtes diskriminieren.
In ihren letzten Lebensjahren widmete sie sich dem Aufbau der Selbsthilfegruppe für
Krebskranke »Lichtblick«.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2000 (ew)
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Eva Schmalenbach
geboren 1921 in Mainz
gestorben 1992 in München
Die Eltern von Eva Schmalenbach betrieben das Optik- und Radiofachgeschäft Urmetzer
Nachf. in der Ludwigstraße. Eva Schmalenbach selbst besuchte von 1927 bis 1930 das
private Institut Goertz, von 1930 bis zum Abitur 1939 dann die Höhere Mädchenschule
(ab 1938: Frauenlobschule). Da die Mutter aus einer jüdischen Familie stammte, erlebte
die Familie am 1. April 1933 unmittelbar den reichsweiten NS-Boykott »jüdischer« Ge­
schäfte. Mitte der dreißiger Jahre musste das Geschäft weit unter Wert verkauft wer­den.
Die Mutter konnte noch bis 1936 als Angestellte im Geschäft arbeiten, dann tat die
Rassengesetzgebung auch dort ihre Wirkung. Der »Mainzer Anzeiger« weigerte sich,
Anzeigen des Geschäftes zu veröffentlichen, solange eine Jüdin dort beschäftigt war. Eva
Schmalenbachs Mutter verlor ihre Stelle.
Eva Schmalenbach bekam die Ausgrenzung in ihrem eigenen Werdegang zu spüren: Als
»Halbjüdin« kategorisiert durfte sie z. B. nicht Mitglied eines Sportvereins werden. Ihre
Studienbewerbung an der Frankfurter Universität wurde ebenso abgelehnt. Nach dem
(verkürzten) »Pflichtjahr« für Mädchen übte sie Büroarbeit aus, später konnte sie eine
private Dolmetscherschule in Berlin besuchen.
Die Großmutter, Therese Ehrenstein, geb. Weill, wurde 1943 ins KZ Theresienstadt
deportiert und kam dort um. Ein Fluchtversuch in die Schweiz, den Eva Schmalenbach
mit ihrer Mutter unternahm, schlug fehl. Die nächsten Stationen sind Polizeigefängnisse.
Aus dem Mainzer Gefängnis gelang Eva Schmalenberg zunächst die Flucht, sie wurde
aber erneut verhaftet und schließlich in das Frauen-KZ Ravensbrück eingeliefert. Eva
Schmalenbach überlebte das KZ als Bürokraft im »Siemenslager«.
Nach dem Krieg arbeitete sie als Dolmetscherin, Sekretärin und als Mitarbeiterin im
Pressereferat des bayrischen Innenministeriums.
Eva Schmalenbachs Mutter wurde in Auschwitz ermordet. Ihre Geschwister hatten
Deutschland noch verlassen können.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1995 (rf)
Marie Schmidt von Ekensteen
Schriftstellerin
geboren am 25. November 1847 in Mainz
gestorben am 14. August 1920 in München
Kosmopolitin zu sein, wurde Maria Rosalia Ulrika Amalia von Ekensteen, genannt Marie,
bereits in die Wiege gelegt. Sie war die in Mainz geborene Tochter von Eleonore Géhin,
einer Französin, und dem aus Schweden stammenden preußischen Offizier Carl A. von
Ekensteen. Marie von Ekensteen verbrachte aber nur wenige Kinderjahre in der Stadt,
bevor sie Pensionate in Saarlouis, Metz und Trier besuchte oder auch teilweise bei
Verwandten in Frankreich aufwuchs. Und auch später lebte sie viel im Ausland, bevor sie
1889 nach München zog.
Schon als Schülerin schrieb sie Märchen, die viele Jahre später tatsächlich gedruckt
wurden. Doch erst in den späten achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurde sie zur
eigentlichen Schriftstellerin. 1874 heiratete Marie von Ekensteen den bayerischen Offizier
Ludwig Schmidt. Nach dessen Tod 1888 und etlichen Reisen zog sie nach München
und wurde Leiterin des »Damen-Journals«, einer Beilage zur Wochenzeitung »Illustrierte
Münchener Stadtzeitung«. Nach 1992 widmete sie sich ausschließlich ihrer Arbeit als
Schriftstellerin. In rascher Folge veröffentlichte sie meist unter dem Namen Marie Schmidt
von Ekensteen oder auch unter den Pseudonymen Knut von Juliat und Elinor von Brenner
zahlreiche Novellen, Erzählungen, Gedichte oder moderne Gesellschaftsromane. Als
Marietta schrieb sie einmal für den Simplicissimus.
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Ihr bekanntestes Buch war der 1903 erschienene sozialkritische Roman »Friede den
Hütten«. Für diesen Roman erhielt Marie Schmidt von Ekensteen einen Buchpreis.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2009 (ew)
Maria Barbara Schultheis
Lehrerin und Gründerin von Mädchenschulen in Mainz, Oppenheim und Hochheim
getauft am 30. November 1690 in Mainz
gestorben am 3. April 1773 in Mainz
Barbara Schultheis gründete 1721 eine Mädchenschule in Mainz. Sie unterrichtete dann
31 Jahre lang selbst. 1752 suchte sie Unterstützung für den Unterricht bei den Englischen
Fräulein. Dies war eine von Maria Ward gegründete Frauenordensgemeinschaft, die
sich ein Leben nach christlichen Ordensregeln und die Bildung von Mädchen zur
Aufgabe gemacht hatte. Zunächst kamen Aloyisia Hauck, ein Englisches Fräulein, und
Magdalena Schwarz, eine Laienschwester, aus Fulda nach Mainz. Barbara Schultheis
und drei vermögende BürgerInnen, Anna Elisabeth Schick, Peter Schick und Caspar
Altenauer setzen ihre Vermögen für eine dauerhafte Einrichtung der Schule ein. Die
heutige Maria Ward-Schule, ein Gymnasium, eine Berufsfachschule für Hauswirtschaft
und eine Berufsfachschule für Hauswirtschaft und Sozialwesen, ist aus dieser Initiative
entstanden.
Maria Barbara Schultheiß
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1992 (mc)
Edith Schultze-Westrum
Schauspielerin
geboren am 30. Dezember 1904 in Mainz-Kastel
gestorben am 20. März 1981 in München
Geburtsort Mainz-Kastel: diesen Umstand verdankt Edith Schultze-Westrum dem
Beruf ihres Vaters. Der Berufsoffizier Karl August Schultze lebte dort kurze Zeit mit
seiner Ehefrau Else Westrum. Aus den Nachnamen ihrer Eltern bildete die spätere
Schauspielerin ihren Künstlerinnennamen.
An Mainz-Kastel aber besaß Edith Schultze-Westrum wahrscheinlich nur wenige
Erinnerungen; ihre Kindheit verbrachte sie vor allem in Ulm, Berlin und Greifswald - an
den Orten, an denen ihr Vater, bis er im Ersten Weltkrieg fiel, stationiert war.
Erste Bühnenerfahrungen sammelte Edith Schultze-Westrum 1926 als Studentin
in München. Sie studierte, nahm Schauspielunterricht und verdiente sich ihren
Lebensunterhalt als medizinische Laborantin in der Anatomie.
1927 folgte bereits ein Engagement an den Münchener Kammerspielen. Von 1935
bis 1945 spielte sie am Bayerischen Staatstheater unter Otto Falckenberg. Für
regimekritische Äußerungen erhielt Edith Schultze-Westrum 1935 ein mehrmonatiges
Spielverbot.
Nach dem Krieg hielt sich die Schauspielerin vor allem mit Engagements in
Tourneetheatern und als Synchronsprecherin über Wasser. Bekannt wurde sie später
durch zahlreiche Film- und Fernsehrollen. Kaum ein Film der 50er, 60er und 70er Jahre
kam ohne Edith Schultze-Westrum als Nebendarstellerin aus. 1959 erhielt sie das
Bundesfilmband in Gold für die beste Nebenrolle. Edith Schultze-Westrum spielte Rollen
quer durchs Unterhaltungsgenre: von Rollen in Freddy-Quinn-Filmen über SherlockHolmes-Verfilmungen bis hin zu Melodramen. Im Fernsehen sah man sie in Nebenrollen
in Fernsehspielen und in den Serien »Der Kommissar«, »Der Alte« und »Derrick«.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2002 (ew)
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Karoline Schulze-Kummerfeld
Schauspielerin
geboren am 30. September 1745 in Wien
gestorben am 20. April 1815 in Weimar
Karoline Schulze-Kummerfeld
Sophie Schwarz
Etwa um die Mitte des 17. Jahrhunderts traten in den deutschen Wanderbühnen
erstmals Schauspielerinnen auf und stellten damit das bis dahin geltende Lebensprinzip
für Frauen auf den Kopf: Sie eroberten die Frauenrollen für ihr Geschlecht, traten als
Personen öffentlich in Erscheinung und waren als »fahrende Frauenzimmer« eindeutig
nicht mehr an die häusliche Sphäre gebunden. So war es nicht verwunderlich, dass
Schauspielerinnen als moralisch zweifelhaft, wenn nicht gar verkommen galten. Dies
änderte sich erst langsam mit der Errichtung fester Theaterhäuser und der Bindung von
Ensembles an ein Haus.
Karoline Schulze-Kummerfeld begann ihre Theaterlaufbahn mit drei Jahren in der
Wanderbühne ihres Vaters. Wie viele ihre Kolleginnen und Kollegen wechselte
auch sie häufig ihre Engagements bei den diversen durch Deutschland reisenden
Schauspielertruppen. Mehrmals gastierte sie auch in Mainz. Positiv vermerkt sie über ihre
Zeit in Mainz in ihren Lebenserinnerungen: »Und was noch über alles ging, in Mainz war
sehr wohlfeil zu leben, so dass wir uns etwas anschaffen und zur Not so alle Woche noch
etwas Weniges an die Seite legen konnten.«
Die Schulze-Kummerfeld gehörte zu dieser Zeit, um 1762, der Ackermannschen
Schauspieltruppe an. Konrad Ackermann, einer der berühmtesten Theaterdirektoren
seiner Zeit, verbrachte insgesamt drei Jahre in Mainz. Gespielt wurde in einem von der
Wandehrbühne errichteten hölzernen Theaterbau auf dem Ballplatz. Als Ackermanns
Bühne weiterzog, schlug Karoline aus Verbundenheit zu ihm ein Angebot aus, zusammen
mit ihrer Mutter und ihrem Bruder in Mainz zu bleiben. »Wir sollten in Mainz bleiben. Karl
sollte die Herren und Knaben und ich Mädchen im Tanzen informieren und mein Bruder
sollte dem dortigen Hoftanzmeister, der ein alter Mann war, adjungtiert werden. Auch
dieses schlugen wir aus - zweiter dummer Streich! Nun verließen wir Mainz, und da ließ
ich Freunde und Gönner die Menge zurück.«
Wäre Karoline in Mainz geblieben, hätte sie nur vier Jahre später die Errichtung eines
festen Komödienhauses (ab 1788 Mainzer Nationaltheater) auf der Großen Bleiche erlebt.
Das 1793 zerstörte Theater bot 3000 Menschen Platz. Das von Georg Moller entworfene
Schauspielhaus am Gutenbergplatz wurde 1833 fertiggestellt.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1997 (ew)
Sophie Schwarz
geborene Sophie Becker
Tagestouristin im 18. Jahrhundert
geboren am 17. Juni 1754 in Neu-Autz (Kurland)
gestorben am 26. Oktober 1789 in Halberstadt
Tagestourismus gehört heute in Mainz und in vielen anderen Städten zum Alltag.
Im 18. Jahrhundert aber war es mehr als ungewöhnlich, wenn sich Reisende nur für
wenige Stunden in einer Stadt aufhielten. Noch ungewöhnlicher war es zu dieser Zeit,
wenn Frauen solche Reisen unternahmen und darüber schrieben.
1784 brach Sophie Schwarz an der Seite ihrer berühmteren Freundin Elisa von der Recke
von Kurland aus zu einer ausgedehnten Reise durch Deutschland auf.
Elisa von der Recke, selbst Autorin diverser Reisetagebücher, schrieb nichts über die
Reise, die sie auch nach Mainz führen sollte.
Ihre Reisebegleitung Sophie aber führte ein Tagebuch, das sie später zu einem »Lesebuch
zur Bildung des Herzens für junge Frauen« ausarbeitete. Das in Briefform verfasste Buch
erschien aber erst zwei Jahre nach ihrem Tod unter dem Titel »Briefe einer Curländerinn
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auf einer Reise durch Deutschland«, herausgegeben von ihrem Mann, Johann Ludwig
Schwarz aus Halberstadt.
Im 21. Brief schilderte Sophie Schwarz den Ausflug, den Elisa von der Recke und sie
am 27. Juli 1785 von Frankfurt aus nach Mainz (mit kurzem Abstecher nach Wiesbaden)
unternahmen.
»Von Wiesbaden führt eine gute Chaussee bis Maynz. Der Anblick dieser alten
churfürstlichen Residenz ist sehr ergötzend, und das Herz klopfte mir, als ich den
Vater der deutschen Flüsse, den Rhein erblickte. Man kommt über eine ziemlich lange,
schwimmende Zugbrücke in die Stadt hinein.«
Gastgeber und Stadtführer der beiden Frauen in Mainz war Domdechant Georg Karl
Freiherr von Fechenbach, der ihnen zunächst das Kurfürstliche Schloss und die
Sommerresidenz Favorite zeigte. Die weitere Kutschfahrt durch Mainz führte die
Reisegesellschaft dann auch zu einem wohl gern präsentierten Mainzer Exzentriker, der
von Sophie Schwarz als Baron Düneval bezeichnet wird. (Ein anderer Mainz-Reisender,
Jakob Jonas Björnstähl, beschrieb 1774 einen Besuch bei Baron Unneval.) Sehr
ausführlich schilderte Sophie Schwarz den Aufenthalt im Hause des Barons, den sie
als Konstrukteur mechanischer Musikinstrumente, Naturaliensammler und Erbauer und
Arrangeur lebensgroßer menschlicher Puppen bezeichnete.
Viel mehr aber scheint Freiherr von Fechenbach den beiden Frauen nicht von Mainz
geboten zu haben; außer von einem opulenten Mittagessen und einem heftigen Gewitter
wusste Sophie Schwarz von keinen weiteren Eindrücken zu berichten.
Bei Einbruch der Dunkelheit waren die Frauen bereits auf dem Weg zurück nach Frankfurt,
wo sie gegen Mitternacht wieder eintrafen. Auf Elisa von der Recke hat der Ausflug nach
Mainz wohl keinen nachhaltigen Eindruck gemacht, sonst wäre der Kurzaufenthalt sicher
in ihren Schriften nicht unerwähnt geblieben.
Rosel Schwarzmann
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2011 (ew)
Rosel Schwarzmann
Lichtbildnerin
geboren 1896 in Mainz
gestorben 1990 in Mainz
Bis zu ihrem 90. Geburtstag betrieb Rosel Schwarzmann ihr eigenes Fotoatelier in
der Schusterstraße. Die Frau, die von sich sagen konnte: »Niemals hatte ich einen
Vorgesetzten«, begann 1927 ihre Laufbahn als selbstständige Fotografin in der eigenen
Wohnung in der Hindenburgstraße. Als Schülerin der Höheren Töchterschule und später
dann der Kunst- und Gewerbeschule hatte Rosel Schwarzmann bereits Erfahrungen mit
dem Medium Fotografie sammeln können. Das Handwerk lernte sie in einem Mainzer
Fotostudio.
Neben ihrem eigentlichen Metier, der Portraitaufnahme, beschäftigte sie sich ab
1933 zunehmend mit der Bühnenfotografie und war für alle Fotoarbeiten des Mainzer
Stadttheaters zuständig. Nach dem Krieg, ihre Ateliers in der Hindenburgstraße und
am Feldbergplatz waren zerstört, richtete sie zunächst in der Uferstraße 57 ein neues
Studio ein. 1959 zog Rosel Schwarzmann in die Schusterstraße um. In den folgenden
Jahren arbeitete sie auch wieder für das Theater und fotografierte für Ausstellungen und
Kataloge.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1995 (ew)
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Anna Seghers
Netty Reiling, Netty Radvanyi
Schriftstellerin
geboren am 19. November 1900 in Mainz
gestorben am 1. Juni 1983 in Berlin
Anna Seghers
Als Netty Reiling wurde sie in der Parcusstraße in Mainz geboren - und in Mainz verlebte
sie ihre Kindheit und Jugend. Als Schriftstellerin Anna Seghers wurde sie weltberühmt.
Netty Reiling war die einzige Tochter von Hedwig Reiling und Isidor Reiling, einem Mainzer
Kunsthändler.
Nach dem Besuch der Privatschule Goertz in der Raimundistraße ging sie ab 1910 auf die
Höhere Mädchenschule. 1920 machte sie ihr Abitur und studierte vor allem in Heidelberg
Philologie, Geschichte, Kunstgeschichte und Sinologie. 1924 schloss sie ihr Studium mit
der Promotion zum Thema »Jude und Judentum im Werke Rembrandts« ab. Für kurze Zeit
zog Netty Reiling dann noch einmal zu ihren Eltern nach Mainz. 1925 folgte die Hochzeit
mit Laszlo Radvanyi und der Umzug nach Berlin, 1926 wurde Sohn Peter geboren, 1928
die Tochter Ruth.
Die erste literarische Anerkennung fand die junge Schriftstellerin mit ihrer Erzählung
»Aufstand der Fischer von St. Barbara«, für die sie 1928 mit dem Kleist-Preis
ausgezeichnet wurde. Im gleichen Jahr trat sie auch der Kommunistischen Partei bei.
Als die Familie 1933 flüchten musste, da flüchtete Anna Seghers gleichsam als Jüdin
und als politisch Verfolgte. Erste Station des Exils war Frankreich, 1940 folgte dann unter
großen Mühen die Emigration nach Mexiko. Anna Seghers gelang es nicht mehr, auch ihre
Mutter Hedwig Reiling aus Deutschland herauszuholen.
Die Schriftstellerin setzte auch in der Zeit des Exils ihre literarische Arbeit fort, widmete
sich ebenso der antifaschistischen Arbeit. Weltberühmt wurde sie mit dem 1942
erschienenen Roman »Das siebte Kreuz«.
1947 kehrte Anna Seghers aus dem Exil zurück und entschied sich bewusst für ein
Leben in Ost-Berlin und damit für ein Leben in der späteren DDR. Jahrzehntelang war
sie unter anderem Vorsitzende des SchriftstellerInnenverbandes der DDR, danach dann
Ehrenvorsitzende.
Es dauerte lang, bis sich auch ihre Heimatstadt Mainz wieder an Anna Seghers erinnern
wollte. Nach langen Diskussionen wurde ihr 1981 die Ehrenbürgerinnenwürde verliehen.
Bis heute ist sie die erste und einzige Frau, die mit diesem Titel ausgezeichnet wurde.
Heute tragen zudem die Öffentliche Bücherei und die Integrierte Gesamtschule an der
Berliner Straße ihren Namen. Der Platz vor der Öffentlichen Bücherei wurde 2002 nach ihr
benannt.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1994 (mc/ew)
Hilde Seligmann
geborene Hilde Minkel
geboren 1918 in Mainz-Weisenau
gestorben 1996 in Bonn
Hilde Minkel wurde als Tochter des Metzgermeisters Emmanuel Minkel und seiner Frau
Frieda, geborene Metzger, in der Bleichstraße 33 in Weisenau geboren. Die Familie war
im Ort seit vielen Generationen ansässig. Auf den Besuch der Handelsschule in Mainz die Abschlussprüfung wurde Hilde Minkel auf Grund ihrer Herkunft aus jüdischer Familie
versagt - folgten eine kaufmännische Lehre im Westerwald und berufliche Tätigkeiten bei
Notar Dr. Lichten und in der Weinhandlung Heinrich Hertz in Mainz.
Am 3. Juli 1938 heiratete sie Alfred Seligmann aus Rosbach/Sieg. Die Trauung durch
Rabbiner Dr. Sali Levi fand in der Weisenauer Synagoge an der Wormser Straße statt - nur
wenige Monate vor der Pogromnacht im November. Noch im Oktober 1938 gelang es
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den Seligmanns, Deutschland zu verlassen und nach Argentinien zu emigrieren. Dort
lebte die Familie - dort wurden auch ihre drei Kinder geboren - bis zu ihrer Rückkehr nach
Deutschland im Jahr 1958.
Von 1961 an wohnten die Seligmanns in Bonn. Hilde Seligmann war 17 Jahre lang
Sekretärin der Bonner Synagogengemeinde, danach deren ehrenamtliche zweite
Vorsitzende, Vorsitzende der Gemeindevertretung und Vorsitzende des Jüdischen
Frauenvereins. Gleichzeitig engagierte sie sich in der Gesellschaft für Christlich-Jüdische
Zusammenarbeit. Das Anwesen ihrer Schwiegereltern in Rosbach wurde zum Kern einer
Gedenkstätte »Landjuden an der Sieg«.
1995 erhielt Hilde Seligmann für ihre Versöhnungsarbeit das Bundesverdienstkreuz am
Band. Am 27. Mai 1996 erlebte sie als Ehrengast noch die Einweihung »ihrer« Synagoge
in Weisenau durch Rabbiner Dr. Leo Trepp.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1998 (rf)
Dorothea Settegast
Dorothea Settegast
geboren 1822 in Rom
gestorben am 5. Dezember 1897 in Mainz
Sie entstammte einem Künstlerhaushalt und führte dann selbst ein Leben an der Seite
eines Künstlers.
Als Maria Dorothea Aloisia Veit, älteste Tochter von Caroline Pulini und Philipp Veit,
Urenkelin von Moses Mendelssohn, kam sie noch am Geburtsort ihrer Mutter, Rom,
zur Welt. Dorthin war ihr Vater, der Maler Philipp Veit, 1815 gegangen, um seine schon
beachtliche künstlerische Laufbahn fortzusetzen.
Im Alter von acht Jahren ging Philipp Veit mit der Familie nach Deutschland. Zunächst
wohnten sie in Frankfurt, wo Philipp Veit zum Direktor und Lehrer am Städelschen Institut
berufen worden war. 1853 ging er dann als Direktor der Städtischen Gemäldegalerie
nach Mainz.
1844 heiratete Dorothea noch in Frankfurt einen Schüler ihres Vaters, den Historienmaler
Joseph Settegast. Wenige Jahre später zog das Ehepaar nach Koblenz, in den Geburtsort
von Joseph Settegast. 1858 übersiedelten sie dann zu Dorotheas Eltern nach Mainz.
Während Joseph Settegast, wie schon sein berühmter Schwiegervater, auch international
Erfolge als Historien- und Kirchenmaler feierte, so blieb Dorothea Settegast in Mainz die
Rolle der Ehefrau und Mutter vorbehalten. Insgesamt neun Kinder brachte sie zur Welt,
wovon vier noch im Kindesalter starben. 1874 verunglückte Joseph Settegast schwer bei
der Arbeit an einem großen Fresko in einer Kirche in Münster. Er blieb gesundheitlich
stark beeinträchtigt, dauerhaft angewiesen auf die Pflege und Unterstützung seiner Frau.
Dorothea Settegast überlebte ihren Mann um sieben Jahre. Trotz all der Kunst, von der
sie täglich umgeben war, hatte sie zeitlebens keine Ambitionen, selbst als Malerin zu
arbeiten.
Sophie Friederike Seyler
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2012 (ew)
Sophie Friederike Seyler
Schauspielerin
geboren am 23. Mai 1738 in Dresden
gestorben am 22. November 1790 in Schleswig
Für die damalige Zeit war Sophie Friederike Seyler, genannt die Seylerin, ein Bühnenstar.
Sie feierte große Erfolge als Darstellerin in Charakterrollen, aber auch in komischen
Rollen. Lessing fand an ihr eigentlich nur einen Makel: ihre stattliche Körpergröße.
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Johanna Sichel in einer Schulklasse
Dank der Finanzkraft ihres Mannes, des Hamburger Großkaufmanns Abel Seyler, konnte
sie sich ihre Rollen aussuchen, ein Luxus, den andere Schauspielerinnen nicht kannten.
Die Seylerin wollte große Rollen - Abel Seyler kaufte ihr zusammen mit anderen Kaufleuten
ein Theater.
Am 17. Juni 1777 übernahm Abel Seyler die Leitung des kurfürstlichen Komödienhauses
auf der Großen Bleiche in Mainz. Das Ensemble bestand aus rund 200 Mitgliedern und
kostete jährlich rund 90.000 Gulden.
Das Seylersche Ensemble spielte in Mainz Shakespaere, Goethe, Lessing, aber auch
Lustspiele und nicht zu vergessen Opern und Operetten. Die besten Rollen konnte dabei
Sophie Friederike Seyler für sich reservieren.
Das Mainzer Publikum eroberte sie nach der ersten Aufführung 1777 durch eine
Antrittsrede:
»... Jetzt bau’n Germaniens Städte Bühnen, von Steinen hier, von Brettern dort; Nachdem
zur vaterländ’schen Kunst bei ihnen Die Liebe heiß ist oder lau. - Kein Ort - So zeuge
künftig die Geschichte! - thut mehr für Kunst Als du, o Mainz! Wie huldreich schützest Du
deutsche Schauspielkunst! Du unterstützest Durch Freundessinn und klingendreiche Gunst
Den frohen Fleiß, den Muth der jungen Kunst, Du wirbst ihr alle Großen zu Mezänen, Und
selbst die Liebe der Kamönen. Empfange, holde Stadt! Von mir Des Herzens reichsten
Dank dafür! Ihr Gönner! Hocherhabne! Schenkt uns Allen Beständig Eure Huld; Bisweilen
Nachsicht und Geduld, Doch ewig Euer Wohlgefallen!«
Zwei Jahre später, im September 1779, war es jedoch mit dem Wohlgefallen vorbei. Das
Seylersche Ensemble war finanziell nicht mehr zu halten und zerfiel. Sophie Friederike
und Abel Seyler gingen zur Bühne nach Mannheim. Später waren beide an der Gründung
des Hamburger Nationaltheaters beteiligt. Sophie Friederike wurde das erste weibliche
Mitglied dieser Theatergeschichte schreibenden Einrichtung.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2002 (ew)
Johanna Sichel
Lehrerin
geboren am 5. April 1879 in Mainz
Todesdatum unbekannt, im März 1942 Deportation von Mainz aus
»Sie setzte sich dicht neben mich, die hurtige Nora schenkte ihr, der Lieblingslehrerin,
Kaffee ein: In ihrer Gefälligkeit und Bereitschaft hatte sie Fräulein Sichels Platz sogar
geschwind mit ein paar Jasminzweigen umwunden…
Alle übrigen Mädchen an unserem Tisch freuten sich mit Nora über die Nähe der jungen
Lehrerin, ohne zu ahnen, daß sie später das Fräulein Sichel bespucken und Judensau
verhöhnen würden…«
Das Fräulein Sichel aus Anna Seghers’ Erzählung »Der Ausflug der toten Mädchen« war
die Mainzer Lehrerin Johanna Sichel. Mit der 1946 erschienenen Erzählung erinnerte die
Schriftstellerin auf besondere Weise an das Schicksal ihrer ehemaligen Lehrerin.
31 Jahre lang, von 1902 bis 1933, war Johanna Sichel Lehrerin für Englisch, Deutsch,
Französisch und - bis zu ihrem Übertritt zum katholischen Glauben im Jahr 1919 - auch
Israelitische Religion an der städtischen Höheren Mädchenschule.
Mitte 1933 wurde auch sie von den Nazis aus dem Schuldienst entfernt und musste
zusammen mit Sophie Cahn und Dr. Max Lorge die Höhere Mädchenschule verlassen. Ihr
Bemühen, ab 1938 nochmals an ihrer alten Schule angestellt zu werden, scheiterte. Die
Stellungnahme des Schulleiters: »Sie kommt für unsere Schule als Jüdin zur Einstellung
nicht in Frage« - erhielt am 18. September 1939 die amtliche Bestätigung.
Die viele Jahre geschätzte und beliebte Lehrerin Johanna Sichel wurde im März 1942
zusammen mit rund 1000 Menschen von Darmstadt aus in das Lager Piaski, östlich von
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Lublin gelegen, deportiert. Unter den 468 Deportierten aus Mainz war auch Anna
Seghers’ Mutter, Hedwig Reiling. Das letzte Lebenszeichen von Johanna Sichel stammt
aus dem Oktober 1942.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1994 (rf)
Ruth Sichel
geboren 1920 in Mainz
gestorben 1978 in den USA
Ruth Sichel erblickte als Tochter des Weinhändlers Eugen Sichel und seiner Frau
Franziska, geborene Loeb, das Licht der Welt. Die angesehene bürgerliche Familie war in
der Kaiserstraße ansässig. Die Weinhandlung selbst war bereits 1857 von drei Brüdern
Sichel, darunter auch Ruth Sichels Großvater, gegründet worden.
Ruth Sichel war nach dem Besuch der Goertzschen Privatschule von 1930 bis 1935
Schülerin der Höheren Mädchenschule, dem heutigen Frauenlob-Gymnasium. Unter
dem wachsenden Druck der Verfolgung jüdischer Menschen im nationalsozialistischen
Deutschland schickten die Eltern Ruth und ihren jüngeren Bruder nach England.
»Ausgetreten 6.4.1935« verzeichnete die Klassenliste der Schule lapidar. Bei
Kriegsausbruch 1939 befand sich Ruth mit ihrer Familie in Bordeaux. Es folgte eine
kurzfristige Internierung als feindliche Ausländer. Bis April 1941 lebte die Familie in den
Pyrenäen, im unbesetzten Frankreich. Von dort gelang ihnen die »Auswanderung« in die
USA. Über Ruth Sichels weiteren Lebensweg ist wenig bekannt. Nach College-Besuch
und Berufstätigkeit heiratete sie. Sie starb schwer erkrankt mit 58 Jahren. Die frühen
einschneidenden Veränderungen in ihrem Leben hatten bei Ruth Sichel tiefe Spuren
hinterlassen und sie seelisch sehr belastet.
»Ich möchte nicht sagen, dass die Emigration allein an diesem Schicksal Schuld hat, aber
es wäre wohl anders gekommen, wenn man sie nicht aus ihrer gewohnten Umgebung
und aus dem Kreis lieber Menschen gerissen hätte«, berichtete 1989 ihr Bruder Peter
Sichel.
Ruth Sichel
Loni Simon
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1999 (rf)
Loni (Apollonia) Simon
geborene Heim
Geschäftsfrau und Stifterin
geboren am 12. September 1898 in (Mainz-) Mombach
gestorben am 12. Mai 1989 in Budenheim
Die Parfümerie Simon in der Bahnhofstraße 2A war in Mainz für viele Jahrzehnte ein
Begriff. Gegründet wurde das Geschäft bereits im Februar 1918; damals übernahm Albert
Simon das Friseurgeschäft seiner Eltern und erwarb gleichzeitig das Gebäude in der
Bahnhofstraße. Rund ein halbes Jahr später, im September 1918, heirateten Loni und
Albert Simon und bauten gemeinsam das Geschäft zur Groß-Parfümerie aus.
Wie viele Gebäude der Stadt wurde auch das Wohn- und Geschäftshaus der Simons
im Krieg zerstört. Erst in den fünfziger Jahren, nach Wiederaufbau des Hauses und
zeitweiliger Nutzung der Geschäftsräume als öffentliche französische Bibliothek, konnte
der normale Geschäftsbetrieb weitergehen. Erst 1975 - ihr Mann war bereits 1969
gestorben - zog sie sich aus dem aktiven Geschäftsleben zurück.
Als Loni Simon 1989 starb, hatte sie testamentarisch festgelegt, dass das beträchtliche
Immobilien- und Wertpapiervermögen in eine Stiftung fließen solle. So entstand die
»Albert und Loni Simon Stiftung Mainz«.
Unterstützt werden mit den Erträgen der Stiftung ältere Menschen, die nicht in
Altersheimen leben; gefördert werden mobile Dienste und Tagesstätten zur Versorgung
89
bedürftiger Seniorinnen und Senioren; gefördert werden aber auch wissenschaftliche
Arbeiten, die sich mit der Situation älterer Menschen befassen.
Die Idee zu einer solchen Stiftung lag für Loni Simon nahe. Nach einem komplizierten
Oberschenkelhalsbruch 1983 war sie bis zu ihrem Tod bettlägerig und damit rund um
die Uhr auf Betreuung und Hilfe angewiesen. Sie selbst konnte sich diese intensive
Pflege finanziell leisten, mit ihrer Stiftung wollte sie es auch anderen älteren Menschen
ermöglichen, genau so selbst bestimmt und in Würde zu Hause betreut zu werden.
An Loni Simon erinnert heute nicht nur ihre Stiftung: am 5. Mai 2004 beschloss der
Stadtrat, den Verbindungsweg zwischen Kreuzstraße und Am Hipperich nach der
gebürtigen Mombacherin zu benennen.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2005 (ew)
Franziska Sontag
Schauspielerin und Sängerin
geboren am 12. Januar 1788 in Heddernheim
gestorben am 10. April 1865 in Dresden
»Franziska Sontag konnte mit Fug und Recht eine der ersten Schauspielerinnen in
Deutschland genannt werden, denn eine Künstlerin, die zu gleicher Zeit mit den Sternen
erster Größe wetteifert, hat doch wohl hohe Rechte, in den Annalen deutscher Kunst
einen Kranz zu tragen«, schrieb ein Bühnenkollege über die Sängerin und Schauspielerin
Franziska Sontag, geborene Markloff (oder auch Martloff). Bekannt wurde die aus
Heddernheim stammende Künstlerin aber vor allem als Mutter einer der berühmtesten
Sängerinnen des 19. Jahrhunderts, Henriette Sontag.
Franziska Sontag selbst stand, ungewöhnlich für die Tochter eines kurmainzischen
Beamten, bereits mit zwölf Jahren auf der Bühne - in Mainz. Am Mainzer Liebhabertheater
hatte sie ihre ersten Erfolge, in Mainz lernte sie auch den gebürtigen Mainzer und
Schauspieler Franz Sontag kennen.
Franziska war kaum 15 Jahre alt, als sie heirateten und die ersten Jahre wanderte
das Ehepaar gemeinsam von Bühne zu Bühne. Zu Mainz hatten beide weiterhin enge
verwandtschaftliche Beziehungen und hielten sich immer wieder in der Stadt auf.
1806, als die älteste Tochter Henriette geboren wurde, waren die Sontags in Koblenz
engagiert. 1810 erhielt Franziska Sontag ein Engagement am Hoftheater in Darmstadt und
wurde »als erste Liebhaberin« und »junge Frau« eingesetzt. Schon bald bot sich ihr die
Gelegenheit, nach Prag zu gehen. Franz Sontag, selbst in Mannheim engagiert, war nicht
damit einverstanden. Es kam zur Trennung und Franziska Sontag ging mit ihren Töchtern
Henriette und Nina an das Ständetheater in Prag. Hier widmete sie sich intensiv ihrer
eigenen Bühnenlaufbahn, aber vor allem auch der musikalischen und schauspielerischen
Ausbildung ihrer Töchter. Es folgten noch zahlreiche Bühnen, an denen sie anfangs
gemeinsam mit Henriette engagiert wurde.
Franziska Sontag war wohl stets geschickt darin, gute Gagen auszuhandeln, doch Tochter
Henriette führte gelegentlich Klage über den sehr lässigen Umgang der Mutter mit
Geld - und auch über deren Lebenswandel. So soll Franziska nach Mutmaßungen einer
Zeitgenossin zwölf Kinder von verschiedenen Männern gehabt haben, sieben Kinder seien
aber bereits bei oder kurz nach der Geburt gestorben. Verbrieft sind die Töchter Henriette
und Nina und die Söhne August, Fritz und Carl.
In den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts zog sich Franziska Sontag von der Bühne zurück,
wohl auch deshalb, weil es sich für die Schwiegermutter eines Diplomaten, des Grafen
Rossi, nicht ziemte, weiter auf der Bühne zu stehen. Sie ließ sich, finanziell unterstützt
von Henriette, in Dresden nieder, wo sie auch starb und auf dem Inneren Katholischen
Friedhof begraben wurde. Unterschiedliche biografische Lexika bieten zu Franziska
Sontag auch unterschiedliche Geburtsdaten. Einige Quellen nennen als Geburtsdatum
den 12., beziehungsweise den 17. Januar 1789.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2009 (ew)
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Henriette Gertrude Walpurgis Sontag
Sängerin
geboren am 3. Januar 1806 in Koblenz
gestorben am 17. Juni 1854 in Mexico City
Die jüngste Primadonna ihrer Epoche entstammte einer Mainzer Schauspiel- und
SängerInnen-Familie.
Ihre Mutter, Franziska Markloff, trat bereits als Zwölfjährige in Mainz auf und auch ihr
Vater Franz Anton Sonntag debütierte mit 17 Jahren am Mainzer Theater. (Er war es auch,
der den eigentlichen Familiennamen von Sonntag zu Sontag abänderte.)
Ein Engagement an der dortigen Bühne führte das Ehepaar nach Koblenz – und so wollte
es der Zufall, dass Henriette Sontag in Koblenz und nicht in Mainz zur Welt kam. Nach
einem weiteren Gastspiel in Darmstadt kehrte die Familie aber nach Mainz zurück.
Bereits mit 16 Jahren bekam Henriette Engagements in Wien, übernahm bald auch
Titelrollen. Zu ihrem Durchbruch wurde die Uraufführung von Beethovens Neunter
Sinfonie am 7. Mai 1824 in Wien: die Sontag sang das Sopransolo.
Es folgten umjubelte Auftritte in Paris und Berlin – und immer wieder auch
Familienbesuche in Mainz und Gastrollen am Mainzer Theater. 1826 etwa sang sie zur
Spielzeiteröffnung die Partie der Rosina in »Barbier von Sevilla«. Auch später kehrte sie
regelmäßig nach Mainz zurück. Ihr letztes Gastspiel gab sie in Mainz im Dezember 1851.
Doch dazwischen lagen für Henriette Sontag viele Jahre ganz ohne Opernbühne. Mit
24 Jahren heiratete sie den Diplomaten Graf Rossi, wurde Mutter von sieben Kindern
und hätte sicherlich nie wieder eine Bühne betreten, wenn nicht finanzielle Umstände
sie dazu gezwungen hätten. Die Revolutionsjahre 1848/1849 bescherten der Familie
beträchtliche Vermögensverluste und so feierte Henriette Sontag mit 43 Jahren
ein unfreiwilliges, aber triumphales Comeback. Sie konnte nicht nur an ihre alten
Bühnenerfolge anknüpfen, sondern sie sogar noch steigern.
Konzertreisen führten sie an alle bedeutenden Opernhäuser Europas und Amerikas.
Im Frühjahr 1854 brach Henriette Sontag zu einem Gastspiel nach Mexico auf. Dort
erkrankte sie in rascher Folge an Cholera und Typhus. Mit nur 48 Jahren starb die mit
Mainz zeit ihres Lebens verbundene Sängerin in Mexico City. Begraben wurde sie im
Kloster Marienthal bei Ostritz in der Niederlausitz.
Das Mittelrhein-Museum Koblenz widmete 2006 der Sängerin zum zweihundertsten
Geburtstag eine eigene Ausstellung.
Henriette Sontag
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2006 (ew)
Dr. Elisabeth Steil-Beuerle
Journalistin
geboren am 24. Juni 1908 in Berlin
gestorben am 22. April 1985 in Mainz
Es war 1966 auf dem Höhepunkt der Kulturrevolution in China als Dr. Elisabeth SteilBeuerle als erste westliche Journalistin die Genehmigung erhielt, sieben Wochen lang
das Land zu bereisen und über das neue Leben unter Mao Tse-tung zu berichten. Auch
nach dieser Reise blieb die Journalistin eng verbunden mit China. Ihre Kontakte waren
es denn auch, die zur Reise einer Delegation aus Mainz im Juli 1973 führten, und an
der Elisabeth Steil-Beuerle selbst teilnahm. 1979, da war sie selbst schon 71 Jahre alt,
nahm sie die Einladung der chinesischen Botschaft an, gleich für drei Jahre ins Land zu
kommen und am Aufbau deutscher Redaktionen verschiedener chinesischer Medien
mitzuwirken und über das Land selbst zu berichten.
In Berlin als Elisabeth Waldmann geboren und aufgewachsen, studierte sie in Innsbruck,
Berlin und Heidelberg Germanistik, Romanistik, Philosophie und Geschichte. 1933 wurde
sie in Heidelberg mit einer Arbeit über Hugo von Hofmannsthal promoviert
91
Elisabeth Steiner
und lebte ab 1934 mit ihrem ersten Mann in Berlin. Nach dem Krieg und dem
Entnazifizierungsverfahren erhielt sie 1947 zunächst in Baden-Baden und zwei Jahre
später dann in Mainz eine Stelle in der Abteilung Öffentliche Bildung der französischen
Militärverwaltung.
In Mainz war Elisabeth Steil-Beuerle dann vor allem freiberuflich für die Mainzer
Allgemeine Zeitung und auch den Südwestfunk tätig. Nach der Gründung des ZDF 1962
übernahm die Journalistin die Leitung der Abend- und Zuschauerredaktion, arbeitete aber
immer wieder als Korrespondentin aus aller Welt. So war sie auch dabei, als Christian
Barnard 1967 in Kapstadt die erste Herztransplantation durchführte.
Neben China galt ihr Interesse vor allem der deutsch-französischen Freundschaft. In den
fünfziger Jahren war Elisabeth Steil-Beuerle Mitbegründerin des Freundschaftskreises
Rheinland-Pfalz/Burgund und setzte sich nachdrücklich für die Städtepartnerschaft
zwischen Mainz und Dijon ein, die 1958 dann auch geschlossen wurde.
Für ihre journalistische Arbeit, besonders aber für ihre Verdienste um die internationale
Verständigung, erhielt Dr. Elisabeth Steil-Beuerle mehrfach hohe Auszeichnungen und
Würdigungen.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2009 (ew)
Dr. Elisabeth Steiner
geboren am 22. Juni 1894 in Memmingen
gestorben am 28. Dezember 1980 in Karlsruhe
Elisabeth (Liesel) Steiner war das älteste der drei Kinder des jüdischen Getreidehändlers
Moritz Hirsch Steiner aus dessen zweiter Ehe mit Anna Dreyfus, einer Kusine Albert
Einsteins.
Nach dem Besuch der Höheren Mädchenschule in Memmingen siedelte Elisabeth Steiner
1910 zu ihrer Großmutter Jette Steiner, geb. Einstein, in die Mainzer Rheinallee 12 über.
Sie trat in die Höhere Mädchenschule Mainz (heute: Frauenlob-Gymnasium) ein und
war 1916 unter den ersten Abiturientinnen der Schule. Das Studium der modernen
Fremdsprachen in München schloss sie 1921 mit der Promotion ab. Schon 1918 hatte sie
sich in München evangelisch taufen lassen.
Nach weiteren Semestern an anderen Universitäten folgten 1929 an der Universität
in Marburg das Staatsexamen für das höhere Lehramt und 1931 in Frankfurt die
Pädagogische Prüfung. Ihre erste Lehrtätigkeit übte Elisabeth Steiner an höheren Schulen
in Frankfurt und Schlüchtern aus. Diese fand ein jähes Ende, denn 1933 wurde Steiner
Opfer der rassistischen Politik des NS-Staates und als Jüdin aus dem Staatsdienst
entlassen. Eine Weile hielt sie sich über Wasser, indem sie Privatunterricht erteilte.
Dann bot sich ihr die Gelegenheit, an der privaten, vom NS-Staat geduldeten Jüdischen
Bezirksschule Mainz an der Synagoge in der Hindenburgstraße Englisch und Französisch
zu unterrichten.
Die 1934 ins Leben gerufene Einrichtung nahm aus den staatlichen Schulen ausgegrenzte
jüdische LehrerInnen und SchülerInnen auf. Nach der Pogromnacht vom 9. November
1938 und der Zerstörung des Synagogenkomplexes musste die Schule sich mit wenigen
Räumen in der Forsterstraße (damals: Horst-Wessel-Straße!) begnügen.
Steiners Versuch, 1935/36 in England die Möglichkeit einer Emigration zu erkunden, war
kein Erfolg beschieden. Das Affidavit Albert Einsteins, das 1939 in ihre Hände gelangte
und ihr die Einreise in die USA ermöglichen sollte, konnte sie nicht mehr verwenden.
Elisabeth Steiner unterrichtete an der Jüdischen Bezirksschule Mainz nachweislich in
den Schuljahren 1936 bis 1938. Aus Angaben, die sie gegenüber der amerikanischen
Militärregierung nach dem Krieg machte, ist abzuleiten, dass sie entweder dieser Schule
bis 1941, dem Jahr vor deren Schließung, verbunden blieb, oder aber einer anderen
dieser Art. Die ersten Deportationen jüdischer Menschen waren da schon geschehen oder
in vollem Gang.
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Am 19. August 1942 wurde Elisabeth Steiner von ihrem Wohnort Frankfurt aus in das KZ
und Durchgangslager Theresienstadt deportiert: »weil ich Jüdin bin«, gab sie später zu
Protokoll.
Zuvor war ihr gesamter Besitz von der Gestapo eingezogen worden.
Elisabeth Steiner überlebte. 1945 wurde das Lager – und damit auch sie – von der Roten
Armee befreit. Die Freiheit erlangte dort auch ihr jüngster Bruder, Albert Steiner, wieder.
Er kehrte zu seiner Familie nach Karlsruhe zurück. Grund genug für seine Schwester,
sich ebenfalls in Karlsruhe niederzulassen. Dort konnte sie dann auch den Schuldienst
wiederaufnehmen. Als Oberstudienrätin wurde sie schließlich 1962 pensioniert. Sie
starb im Jahre 1980.
Elisabeth und Albert Steiners Bruder Gabriel wurde von Theresienstadt aus
weiterdeportiert in das Vernichtungslager Auschwitz und dort ermordet.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2012 (rf)
Karoline Stern
Hofopernsängerin
geboren am 10. April 1800 in Mainz
gestorben im Mai 1885 in Berlin
Um 1817 verfasste der junge Heinrich Heine das Gedicht »An eine Sängerin«. Gemeint
war damit nicht eine namenlose Interpretin, sondern die als Kind jüdischer Eltern in
Mainz geborene Karoline Stern.
Ihren ersten Gesangs- und Musikunterricht erhielt Karoline Stern von ihrem Vater, einem
begabten Violinisten. Später übernahm der über Mainz hinaus bekannte Musiklehrer
Anton Joseph Heideloff ihre Ausbildung.
Am 20. Oktober 1816 debütierte Karoline Stern am Nationaltheater in Trier und
avancierte nicht nur dort schnell zur gefragten Sängerin. So ging sie schon bald nach
Düsseldorf, lernte dort unter anderem die Familie Heine kennen - und inspirierte Heinrich
Heine zu seinem ersten veröffentlichten Gedicht.
Nach einem kurzen Engagement in Aachen wurde Karoline Stern im Jahr 1819
Primadonna am Hoftheater in Stuttgart. 1825 kam sie zurück in ihre Geburtsstadt Mainz,
wechselte aber schon bald nach München und machte Station an Bühnen in Augburg
und Würzburg. In vielen Opern von Mozart, Rossini, Weber oder Meyerbeer sang Karoline
Stern stets die erste Partie.
1841 beendete sie ihre Laufbahn als Opernsängerin, feierte aber weiterhin Erfolge als
Konzertsängerin.
Der Rabbiner und Historiker Meyer Kayserling bezeichnete in seinem 1879 erschienenen
Buch »Die jüdischen Frauen in der Geschichte, Literatur und Kunst« Karoline Stern als die
erste Jüdin, die als Sängerin die Bühne betrat und zu ihrer Zeit gefeiert wurde. So schrieb
er über sie: »Karoline Stern […] rechtfertigte mit ihrer seltenen Coloratur und ihrem
hinreißenden Vortrag, unterstützt von einer imposanten Gestalt, wie als Opern- so auch
als Concertsängerin ihren Künstlerruhm.«
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2009 (ew)
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Margot Stern
geboren am 17. März 1921 in Mainz
gestorben am 7. Mai 2006 in Frankfurt am Main
Margot Stern
Adelheid von Stolterfoth
Sie war in Mainz geboren, stammte eigentlich aber aus einer jüdischen Familie in
Essenheim. Dort betrieb der Vater mit seinen Brüdern eine kleine Gummifabrik. Man
handelte auch mit Schweineborsten und Rosshaar, vertrieb Getreide, Futter- und
Düngemittel.
Nach dem Besuch der Grundschule in Essenheim ging Margot von 1931 bis 1934 auf die
Höhere Töchterschule in Mainz (heute: Frauenlob-Gymnasium). Ihre Eltern, Willi Stern
(geboren 1893 in Friedberg) und Ella, geborene Goldmann (geboren 1898 in Essenheim),
sorgten dafür, dass die sprachbegabte Tochter eine Zeit in einem Pensionat in Lausanne
verbrachte und mit 16 nach England gehen konnte. Ihre Familie - mit Schwester Inge
(geboren 1926) und den Großeltern - ist da längst vor der Nazi-Barbarei in die Niederlande
geflüchtet. Hier wird Margot in Amsterdam eine Ausbildung zur Kindergärtnerin beginnen.
Das vermeintlich rettende Exil im Nachbarland wird nach 1940 langsam zur tödlichen Falle
für Familie Stern und viele andere Emigranten.
Margot wohnt mit den Großeltern in der Nähe von Hilversum, überlebt selbst 1940
den deutschen Luftangriff auf Rotterdam. 1941 werden alle Juden von der deutschen
Besatzungsmacht gezwungen, vom Land nach Amsterdam zu ziehen - Vorbereitung
der geplanten Deportationen. Im Juni 1943 werden Margot und ihre Eltern abgeholt.
Ihre Schwester war rechtzeitig untergetaucht, der Vater hatte dies seiner Eltern wegen
abgelehnt. Letztere, sowie ein Bruder von Willi Stern - mit Familie, wurden schon eher
deportiert. Ein Arzt reißt Margot aus der Tram, die Juden zum Sammelplatz bringt.
Margot überlebt in verschiedenen Verstecken bei nichtjüdischen Niederländern, zum
Teil auch in Krankenhäusern - und beteiligt sich am Widerstand. Ihre Eltern werden im
Vernichtungslager Sobibor ermordet.
Nach dem Krieg arbeitet Margot als Fremdsprachensekretärin bei einem medizinischen
Verlag und für verschiedene Ärzte. 1965 lässt sie sich in Israel nieder, wo ihre Schwester
seit 1948 lebt. 30 Jahre Niederlande liegen da hinter ihr.
Trotz Widerstrebens zieht es sie dann aber auch nach Deutschland, wo sie in Wiesbaden
und (zuletzt) in Frankfurt leben wird. Lange behält sie ihre Wohnung in Jerusalem bei.
Immer wieder besucht sie Freunde und Bekannte in den Niederlanden, dem Land, dem sie
in der Zeit der deutschen Verfolgung ihre Rettung verdankt und das für sie gleichzeitig mit
schlimmen Erinnerungen verbunden ist.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2009 (rf)
Adelheid von Stolterfoth
Stiftsdame, Schriftstellerin, Dichterin
geboren am 11. September 1800 in Eisenach
gestorben am 17. Dezember 1875 oder 1876 in Wiesbaden
Adelheid von Stolterfoth ist die Autorin eines illustrierten Stadtführers von Mainz aus
dem Jahr 1840. Neben kriegerischen und geschichtlichen Ereignissen, die sie beschreibt,
gibt sie interessante Hinweise auf Frauenkultur, zum Beispiel auf das Sirona Bad, die
Prinzessin Berthoara als Stifterin der Johanniskirche, auf ein Bild der Malerin Rosa
Achenbach in der städtischen Kunstsammlung um 1840, das die Sängerin Sabine
Heinefetter als Semiramis zeigt. Themen ihrer Dichtung waren historische Gestalten und
die Liebe.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1994 (mc)
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Selma Stubenrauch
Arbeitsberaterin
geboren am 19. März 1853 in Leipzig
gestorben am 3. September 1923 in Wiesbaden
Selma Stubenrauch, die Frau des ersten Leiters des städtischen Arbeitsamtes, Johann
Stubenrauch, leistete Ende des 19. Jahrhunderts Pionierinnenarbeit beim Aufbau einer
weiblichen Abteilung des Arbeitsamtes.
Am 6. Mai 1897 eröffnete das städtische Arbeitsamt seine Pforten in der
Flachsmarktstraße. Schon zu diesem Zeitpunkt wurde auch eine Abteilung für die
Vermittlung weiblicher Arbeitskräfte geschaffen, doch entgegen der ursprünglichen
Beschlusslage des Stadtrates erhielt sie einen männlichen Leiter. Im Laufe der Zeit wurde
jedoch den Verantwortlichen in der Stadt deutlich, dass das neue Arbeitsamt zu wenig
Augenmerk auf die arbeitssuchenden Frauen legte.
Am 1. April 1899 übernahm Selma Stubenrauch die Leitung der weiblichen Abteilung.
Zwölf Jahre führte sie diese Abteilung. Sie erhielt für ihre Funktion ein jährliches Gehalt
in Höhe von 1260 Mark, hatte aber keinen Pensionsanspruch. Damit erfüllte Selma
Stubenrauch sozusagen ehrenamtliche Arbeit mit Aufwandsentschädigung.
Dank ihres Engagements stieg die Zahl der Stellenangebote und der Stellenvermittlungen
rasch an. Frauen fanden nun in der weiblichen Abteilung eine Ansprechpartnerin.
Mit der wachsenden Zahl der im städtischen Arbeitsamt durchgeführten
Stellenvermittlungen sank die Bedeutung der privaten Vermittlungen, die häufig genug
die Notlage und Unerfahrenheit Arbeit suchender Frauen ausgenutzt hatten. So widmete
sich Selma Stubenrauch besonders der Vermittlung von weiblichem Dienstpersonal, die
durch das Angebot des Arbeitsamtes keine hohen Vermittlungsgebühren mehr zahlen
mussten.
Im Jahr 1911 ging Selma Stubenrauch gezwungenermaßen gleichzeitig mit ihrem Mann in
den Ruhestand.
Erika Sulzmann
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2001 (ew)
Erika Sulzmann
Ethnologin
geboren am 7. Januar 1911 in Mainz
gestorben am 17. Juni 1989 in Mainz
Über mehr als 30 Jahre prägte Erika Sulzmann die Arbeit des ethnologischen Instituts der
Universität Mainz. Schon 1948, nach ihrem Studium und Promotion in Wien und einer
langjährigen Tätigkeit am Institut für Kulturmorphologie, dem heutigen Frobenius-Institut
in Frankfurt, kam sie als wissenschaftliche Assistentin an das neu geschaffene Institut für
Völkerkunde der Universität.
Mit ihrem Namen sind vor allem Forschungen in der heutigen Demokratischen Republik
Kongo (bis 1997 Zaire) verbunden. 1951 bis 1954 leitete sie die erste große deutsche
Forschungsreise der Nachkriegszeit in das damals noch Belgisch-Kongo genannte Gebiet,
die »Mainzer Kongo-Expedition«. Auch wenn Frauen bereits im 19. und zu Beginn des 20.
Jahrhunderts ausgedehnte Forschungsreisen unternommen hatten,
erschien es der Deutschen Forschungsgemeinschaft zu gewagt, eine Frau allein reisen
zu lassen und riet zu einer männlichen Begleitung. Dieser ersten Reise folgten noch acht
weitere, die sie vor allem ins Stammesgebiet der Bolia unternahm.
Ihre akademische Laufbahn beendete sie 1976 als Akademische Direktorin. Erika
Sulzmann blieb aber dem Institut weiter aktiv verbunden und rief 1984 eine Stiftung ins
Leben, um Forschung in und über Zaire und deren Publikation zu ermöglichen. Im Land
selbst förderte sie aus privaten Mitteln die Arbeit des auf linguistische, ethnologische
und historische Forschung ausgerichtete Centre Aequatoria in Bamanya.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1996 (ew)
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Berta von Susa
Königin und Kaiserin
geboren am 21. September 1051
gestorben am 27. Dezember 1087 in Mainz
Berta von Susa
Berta, die Tochter der Markgräfin Adelheid von Turin und des Grafen Otto von Savoyen,
war noch ein Kind, als sie mit dem späteren Salierkönig Heinrich IV. verlobt wurde. Eine
Liebesehe war es nicht, die im Jahre 1066 zwischen Berta und Heinrich geschlossen
wurde. Verschiedenen Quellen zufolge beantragte Heinrich IV. drei Jahre später sogar
die Auflösung der Ehe, nahm sein Gesuch jedoch aufgrund päpstlichen Drucks zurück.
Berta, die Mutter von fünf seiner Kinder, kultivierte indes die Tugend der Duldsamkeit
und blieb dem umstrittenen König trotz aller Zurückweisung treu ergeben. 1076/1077
begleitete sie Heinrich auf seinem Bußgang nach Canossa und unterstützte ihn in seinen
Auseinandersetzungen mit dem Papst. Am 31. März 1084 wurde sie neben Heinrich durch
den Gegenpapst Klemens III. zur Kaiserin gekrönt.
Zu Mainz unterhielt Heinrich IV. zeitlebens eine enge politische Beziehung. Kein anderer
deutscher Herrscher des Mittelalters war so häufig in Mainz wie er. Berta von Susa
begleitete ihn häufig auf seinen Reisen nach Mainz. Hier starb sie auch im Dezember
1087 (manche Quellen sprechen von 1088). Begraben wurde sie aber später neben
Heinrich IV. in der Grabstätte der Salier in der Krypta des Speyerer Doms. Berta von Susa
war die erste deutsche Herrscherin, deren Bildnis auf eine Münze geprägt wurde.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1998 (ew)
Lys Symonette
geborene Bertlies Weinschenk
Musikerin
geboren am 21. Dezember 1914 in Mainz
gestorben am 27. November 2005 bei New York
»Woman with a mission« überschrieb Kim H. Kowalke, Präsident der Kurt-Weill-Stiftung
in New York, seinen Nachruf auf die Frau, die von 1945 bis zu seinem Tod 1950 in
enger musikalischer Zusammenarbeit mit Kurt Weill und später dann mit dessen
Lebensgefährtin, der Schauspielerin und Sängerin Lotte Lenya stand. Nach Lenyas Tod
1981 war Lys Symonette lange Jahre Vizepräsidentin der Stiftung und förderte damit das
Werk des Komponisten, der, wie sie selbst, aus Deutschland vertrieben worden war.
Schon 1954 war sie in ihre einstige Heimatstadt Mainz zurückgekehrt, als ihr Mann,
Randolph Symonette, ein international bekannter Wagner-Sänger, am damaligen
Stadttheater engagiert war. Später sollten zahlreiche Reisen nach Deutschland folgen
- im Dienste der Musik Kurt Weills, nicht zuletzt immer wieder anlässlich des Kurt-WeillFestivals in Dessau. Ihrem Sohn Victor C. Symonette, einem Dirigenten von bedeutendem
Ruf, war die musikalische Laufbahn gleichsam in die Wiege gelegt.
Bertlies Weinschenk war eine der Töchter des jüdischen Mainzer Weinhändlers Max
Weinschenk (1881 - 1926) und seiner Frau Gertrud, geborene Metzger (1889 - 1975 /
USA). Die spätere Lys Symonette besuchte zunächst die Privatschule Linkenbach und
dann, von 1924 bis zu ihrem Abitur 1934, die Höhere Mädchenschule (heute FrauenlobGymnasium). Ihr in Berlin begonnenes Gesangs- und Klavierstudium vollendete sie nach
ihrer Flucht (im Jahr 1938) am renommierten Curtis Institute of Music in Philadelphia. Ein
Stipendium ermöglichte ihr dies und deckte gleichzeitig ihren Lebensunterhalt.
Ihre Schwester Marianne Lee (1918 - 1998) konnte Deutschland ebenfalls rechtzeitig
verlassen und in die USA emigrieren.
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1998 war Lys Symonette Gast ihrer ehemaligen Schule zu einer Lesung aus der
deutschen Fassung des von ihr selbst und K. H. Kowalke herausgebenen und übersetzten
Briefwechsels zwischen Kurt Weill und Lotte Lenya: »Sprich leise, wenn du Liebe sagst«.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2008 (rf)
Anna Maria Torlonia
Die Mainzerin in Rom
geboren am 23. August 1760 in Mainz
gestorben am 4. November 1840 in Rom
»Ja, das ist sie, Madame Anna-Maria Chiaveri, née Schultheiß; eine glühende
Schwärmerin für die Grundsätze der Revolution – genau wie ihre Mainzer Landsleute, die
im Jahr darauf den großen Reisenden und Schriftsteller Georg Forster nach Paris senden
werden, um beim Konvent die Vereinigung der Stadt mit Frankreich nachzusuchen… Denn
die née Schultheiß stammt aus Mainz – Verzeihung!, aus Mayence! - , sie ist die Tochter
eines Sattlermeisters, der gleich vielen deutschen Handwerkern, nach Rom ausgewandert
und zu Wohlstand gelangt ist, so dass sein Kind bereits einen Bankier heiraten konnte;
und da der Signore Chiaveri das Zeitliche gesegnet hat, umwirbt die lustige Witwe
wiederum einen Bankier…«
Der Schriftsteller Hans von Hülsen ist sich in seinem Buch »Torlonia. Krösus von Rom«
der Mainzer Abstammung der Anna Maria Torlonia, verwitwete Chiaveri und geborene
Schultheiß, sicher. Anna Maria selbst hatte wenig Anlass, über ihr früheres Leben Buch
zu führen und Auskunft zu geben, denn ihr gelang an der Seite des Bankiers Giovanni
Raimondo Torlonia, den sie 1793 heiratete, ein beispielloser gesellschaftlicher Aufstieg,
der sie weit weg von der bereits erfolgreichen Firma ihres Vaters und der kleinen Bank
ihres ersten Mannes führte.
Am Ende ihres langen Lebens konnte sich die »Republikanerin« Herzogin von Bracciano,
Herzogin von Poli und Ceri, Fürstin von Civitella-Cesi, Marchesa di Roma Vecchia, Gräfin
von Guadagnolo, Eccellenze Donna Anna-Maria di Torlonia nennen – und war dabei die
reichste Frau Roms, wenn nicht gar Italiens. Allem anfänglichen Spott der Aristokratie
über ihr Aussehen, ihre Eitelkeit und Ehrsucht zum Trotz, wurde sie im Laufe der Jahre
zum gesellschaftlichen und damit auch politischen Mittelpunkt Roms.
Eine sehr gute Partie war die 33jährige Witwe mit drei Kindern bei der Eheschließung
eigentlich nicht; doch das war auch Giovanni Torlonia nicht. Seine aus Frankreich
stammende Familie hatte nur den Reichen Roms gedient, ihnen aber noch nicht
angehört. Den Reichtum häuften Giovanni und Anna-Maria Torlonia selbst an. Beide
verstanden es, aus allen politischen Ereignissen und Wirrnissen der Zeit echtes Kapital
zu schlagen und sich so eine überragende Stellung in der römischen Gesellschaft zu
verschaffen. Am Finanzimperium der Torlonias kam niemand mehr vorbei, weder der
Papst noch der italienische Uradel oder gar Napoléon Bonaparte.
Gemeinsam hatte das Ehepaar Torlonia noch fünf Kinder, von denen es der Sohn
Allessandro verstand, den Reichtum der Familie noch zu mehren. Durch geschickte
Heiratspolitik wurden die Kinder endgültig zu Angehörigen der vornehmsten italienischen
Gesellschaft.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2007 (ew)
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Agnes Traut
Sängerin
geboren am 2. August 1811 in Mainz
gestorben am 17. Mai 1861 in Darmstadt
Gefördert durch ihren Adoptivvater, einen Musiker des Mainzer Theaters, erhielt Agnes
Traut schon als kleines Mädchen Gesangsunterricht. Erste Bühnenerfahrungen sammelte
sie als Mitglied des Theaterchores, und später dann auch in kleinen Solopartien. Doch sie
sollte nicht lange in Mainz bleiben. Mit 18 Jahren debütierte Agnes Traut am Hoftheater
in Kassel. 1832 heiratete sie den Schauspieler und Regisseur Ferdinand Pirscher. Als
Madame Pirscher ging sie nach Leipzig, Berlin, London und Mannheim. Von 1838 bis zu
ihrem Tod war sie am Hoftheater Darmstadt tätig. Seit 1854 aber hatte sie sich bereits
weitgehend von der Bühne zurückgezogen.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2008 (ew)
Vala Vollrath Lamberger
Architekturzeichnerin und Malerin
geboren am 21. August 1877 in Mainz
gestorben am 19. September 1953 in Heppenheim
Vala Vollrath Lamberger besuchte seit 1891 die Kunstgewerbeschule in Mainz. Später
wechselte sie an die Kunstakademie in Leipzig und nahm Privatunterricht in München
und Berlin. Sie beteiligte sich an Ausstellungen; so zum Beispiel 1927 in Darmstadt.
Werke von Vala Vollrath Lamberger sind in Museen in Mainz, Frankfurt, Darmstadt und
Mannheim vorhanden.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1992 (mc)
Mina Wallau
Repräsentantin der Abstinenzbewegung
geboren am 21. März 1853 in Mainz
gestorben am 21. November 1919 in Mainz
Wilhelmine Katharina Wallau, geborene Deninger, verwitwete Dubois de Luchet, gehörte
an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zu den Mainzerinnen und Mainzern, die sich
dem Kampf gegen Alkohol verschrieben hatten.
Mina Wallau war wie ihr zweiter Ehemann, der Druckereibesitzer Heinrich Wallau (Sohn
von Oberbürgermeister Carl Wallau), eine tragende Säule der Mainzer Ortsgruppe des
katholischen Kreuzbundes.
Engagiert war sie darüber hinaus auch für den »Schutzengelbund«, der den Gedanken
der Alkoholabstinenz unter Kindern verbreitete, und für den »Quickborn«, einem 1909
gegründeten Zusammenschluss katholischer abstinenter Schüler der höheren Schulen.
Ihnen stellte sie regelmäßig ihre Wohnung für Versammlungen zur Verfügung.
Neben dem Kreuzbund gab es zu der Zeit in Mainz noch weitere Mäßigkeitsvereine.
Dazu zählten der »Deutsche Verein gegen den Mißbrauch geistiger Getränke«, das
»Blaue Kreuz« und der »Guttemplerorden«. Gemeinsam riefen die Organisationen die
»Auskunftsstelle für Trinkerrettung« ins Leben, die am 18. Mai 1909 offiziell in der
Betzelsstraße 18 eröffnet wurde. In diesem städtischen Gebäude waren noch weitere
soziale Einrichtungen und Vereine untergebracht. Im Erdgeschoss des Hauses fanden ab
dann jeden Dienstag von 17 bis 19 Uhr Sprechstunden statt; wobei Rat suchende Männer
von Männern beraten wurden und Frauen von Frauen. Später kam auch ein ärztlicher
Beirat hinzu.
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Die eigentliche Trägerin der Auskunftsstelle aber war Mina Wallau. Unter ihrer Ägide
entstand auch 1911 eine Dauerausstellung über die Gefahren des Alkoholkonsums; sie
hielt Vorträge, schrieb Artikel für Zeitungen und Zeitschriften und vieles mehr. In Mainz
sah sie für ihre Aufgabe ein breites Betätigungsfeld, kam doch rein rechnerisch zu dieser
Zeit eine Gastwirtschaft auf 143 Einwohnerinnen und Einwohner, während statistisch
gesehen das Verhältnis in Deutschland bei 1:227 lag.
Wichtig war ihr, wie allen in der Mäßigungsbewegung aktiven Frauen zu dieser Zeit,
besonders die Frauen für den Kampf gegen Alkohol zu gewinnen. In ihren letzten
Lebensjahren setzte sie sich auch für das Frauenwahlrecht und die stärkere Mitsprache
von Frauen in allen sozialen Belangen ein. Sie starb im Alter von 66 Jahren an den Folgen
einer schweren Lungenentzündung.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2012 (ew)
Louise Wandel
Pianistin, Sängerin und Musikpädagogin
geboren am 9. Juli 1892 in Wien
gestorben am 30. Juli 1981 in Mainz
Louise Wandel
Louise Wandel begann schon im Alter von acht Jahren mit der Musikausbildung in Wien.
Seit 1930 unterrichtete sie am Peter-Cornelius-Konservatorium in Mainz und seit 1948
auch am Mainzer Hochschulinstitut für Musik.
Sie war im Rundfunk mit Kammermusik und als Liedbegleitung zu hören. Zu ihrem 60.
Geburtstag wurde Louise Wandel mit der Peter-Cornelius-Plakette des Landes RheinlandPfalz ausgezeichnet.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1992 (mc)
Grabstein Familie Wasserburg mit Inschrift zu
Franziska Wasserburg
Franziska Wasserburg
Schriftstellerin und Redakteurin
geboren am 15. Mai 1860 in Mainz
gestorben am 6. März 1919 in Mainz
Zeit ihres Lebens stand sie im Schatten ihres weit über die Stadtgrenzen hinaus
bekannten Vaters, des Schriftstellers und Redakteurs Philipp Wasserburg. Franziska galt
als seine wichtigste Mitarbeiterin, stand ihm, wie es die katholische Zeitung Mainzer
Journal in ihrem Nachruf schrieb, »stets getreulich zur Seite«. Dabei war sie selbst
als Autorin, Übersetzerin und Redakteurin tätig. Doch ihre Veröffentlichungen stehen
in keiner Mainzer Bibliothek, und nur ein Eintrag im 1898 erschienenen »Lexikon
deutscher Frauen der Feder« gibt einen Hinweis auf ihre literarische und journalistische
Produktivität. An ihren Vater aber, den Schriftsteller und Zeitungsredakteur, der vom
1848er-Revolutionär zum strengen Katholiken wurde, an den Mainzer Stadtverordneten
und hessischen Landtagsabgeordneten für die Zentrumspartei, erinnert heute eine
Straße in Mainz-Gonsenheim.
Franziska Wasserburg war die zweite Tochter von Johanna Elisabeth, geborene Steiger,
und Philipp Wasserburg. Insgesamt hatte die Familie vier Töchter und einen Sohn.
Franziskas Mutter starb 1877 kurz nach der Geburt des Sohnes Robert.
Bis zum Tod Philipp Wasserburgs 1897 arbeitete Franziska vornehmlich als seine
Assistentin, trat dann aber seine direkte Nachfolge an. So war sie gut beschäftigte
Redakteurin der katholischen illustrierten Zeitungsbeilage »Sterne und Blumen«, schrieb
für das »Mainzer Journal« und etliche andere katholische Tageszeitungen, verfasste
Gedichte, Novellen, übersetzte aus dem Französischen und Englischen - und vieles mehr.
Ihr gesamtes Werk war eng verwoben mit der katholischen Publizistik ihrer Zeit.
99
In ihren letzten Lebensjahren wohnte sie in der Lauterenstraße 8, nicht weit entfernt von
der Rheinstraße 3/10, wo sie ebenfalls viele Jahre verbracht hatte.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2012 (ew)
Marianne Sophie Weikard
Marianne Sophie von Reitzenstein
Komödiendichterin
geboren am 28. Februar 1769 (oder 1770) in Römershag, Bad Brückenau
gestorben am 13. Januar 1823 in Nemmersdorf, Oberfranken
Titelblatt zu Marianne Sophie Weikard
»Die Alleen wimmelten von Menschen. Georg Forster […] kam in Begleitung der Dichterin
Weikard, die sehr hübsche Theaterstücke schrieb…«, so schilderte Kathinka Zitz in ihrem
Roman Magdalena Horix eine Szene aus dem vorrevolutionären Mainz. Und tatsächlich
hätten sich Georg Forster und Marianne Sophie Weikard am Mainzer Rheinufer begegnen
können. Zwischen 1787/1788 und 1792 lebte sie zusammen mit ihrer Mutter Margarete
Sophie Weikard in der Stadt, während ihr Vater, der zu seiner Zeit berühmte Arzt und
Philosoph Melchior Adam Weikard, in Diensten der Zarin Katharina II. in Russland stand.
Die über viele Jahre hinweg allein erziehende Mutter Margarete hatte sich nach kurzem
Aufenthalt in Erfurt in Mainz ein kleines Haus gekauft und lebte dort mit ihrer Tochter
Marianne.
Während ihrer wenigen Jahre in Mainz verfasste Marianne Sophie Weikard ihre ersten
Theaterstücke, allesamt Komödien nach französischem Vorbild. 1791 erschienen in
Frankfurt das Schauspiel Der Vergleich und drei Kleine Lustspiele. Ebenfalls 1791 kam der
Zweiakter Die seltene Beständigkeit heraus.
Dass sie sich auf männlich besetztes Terrain begab, wusste Marianne Sophie Weikard
sehr gut und schrieb in der Vorrede zur Sammlung der Kleinen Lustspiele: »Ich habe schon
oft gehört, daß es sich für ein Mädchen weit besser schicke mit der Nähenadel, als mit
der Feder zu agiren, und daß Schriftstellerei nur ein Vorrecht des Mannes sey.« Gespielt
wurden ihre Stücke auf etlichen Bühnen, unter anderem um 1792/1793 in Wien und
später auch in Stuttgart.
Im Oktober 1792 flüchtete Marianne zusammen mit ihrem inzwischen wieder bei ihnen
lebenden Vater vor den herannahenden französischen Truppen aus Mainz. Unter großen
Schwierigkeiten gelang es ihnen, einen Großteil des Hausstandes nach Mannheim zu
bringen. Nur Mariannes Mutter blieb noch in Mainz, wenn auch in ihrem Haus kaum noch
Möbel standen.
In seiner Autobiografie aus dem Jahr 1784 schrieb Melchior Adam Weikard über seine
Tochter: »Ausserdem habe ich eine schöne, gesunde, gutgeartete Tochter von vielen
Fähigkeiten und Lebhaftigkeiten. Sie hat sich nun zur Ehe versprochen, weil sie schon
nahe an funfzehn Jahren ist.«
Doch die offensichtlich schon lange geplante Hochzeit mit dem ebenfalls dichtenden Carl
Philipp Freiherr von Reitzenstein fand erst 1801 statt, da war Marianne Sophie bereits
über 30. Nach dieser Eheschließung und nach der Geburt ihres Sohnes Ernst Philipp im
Jahr 1805 war sie auf jeden Fall nicht mehr als Theaterdichterin tätig und auch ihre Stücke
wurden wohl längst nicht mehr aufgeführt. Gestorben ist sie am Stammsitz der Familie
ihres Mannes.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2010 (ew)
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Cornelia Weyrauch
Theologin und Religionslehrerin
geboren am 23. April 1912 in Wuppertal-Elberfeld
gestorben am 11. März 1968 in Mainz
Pfarrerin mit allen Rechten und Pflichten wollte Cornelia Weyrauch werden, dafür
riskierte sie viel und geriet mitten hinein in den Streit um die Frauenordination in der
evangelischen Kirche.
1931 begann Cornelia Weyrauch ihr Theologie-Studium an der von Friedrich v.
Bodelschwingh gegründeten »Theologischen Schule« in Bethel, wechselte dann
nach Bonn und schloss sich der Bekennenden Kirche an. 1935 gehörte sie zu den
28 Studierenden, die sich an der Hochschule der Bekennenden Kirche in WuppertalElberfeld einschrieben. Die neu gegründete Hochschule überstand nicht einmal den
Eröffnungstag, sondern wurde umgehend von den NS-Behörden wieder geschlossen.
Wie andere auch, legte Cornelia Weyrauch 1937 und 1939 dann illegale Examina vor der
Prüfungskommission der Bekennenden Kirche ab.
Eingesetzt als Vikarin in verschiedenen Gemeinden und Einrichtungen, musste sie
zu Beginn der 1940er Jahre ihre Arbeit unterbrechen, um ihre erkrankte Mutter in
Wiesbaden zu pflegen.
1943 wurde Cornelia Weyrauch von der Bekennenden Kirche in die Gemeinde Sien
an die Nahe geschickt, um dort den zum Kriegsdienst herangezogenen Pfarrer zu
vertreten. Ärger gab es rasch mit dem Pfarrer einer Nachbargemeinde, einem Gegner der
Frauenordination, der ihre Aufgaben auf die übliche Arbeit der Vikarinnen, die Frauenund Jugendarbeit, beschränkt sehen wollte.
Nach dem Willen der Gemeinde sollte Cornelia Weyrauch auch konfirmieren und stellte
sich damit gegen die Beschlüsse der rheinischen Bekennenden Kirche. Die Folge: die
Gemeinde verließ die Bekennende Kirche und die wiederum stellte die Zahlung von
Cornelia Weyrauchs Gehalt ein.
So entschloss sich die Pfarrerin im Einvernehmen mit der Gemeinde, ihre illegal
erworbenen Examina beim offiziellen Evangelischen Konsistorium der Rheinprovinz
legalisieren zu lassen. Tatsächlich gelang dies, im September 1944 hatte Sien erneut
Cornelia Weyrauch zur Pfarrerin. Mehr noch: sie besaß de facto alle Rechte zur Leitung
einer Gemeinde.
Aenne Willius-Senzer
Nach der Rückkehr des ursprünglichen Gemeindepfarrers aus dem Krieg, zog Cornelia
Weyrauch zu ihren pflegebedürftigen Eltern nach Wiesbaden und suchte sich eine
Anstellung als Religionslehrerin in Mainz und Wiesbaden. 1954 trat Cornelia Weyrauch
in den rheinland-pfälzischen Schuldienst ein, unterrichtete als Studienrätin ab Oktober
1954 zunächst am Mainzer Schloss-Gymnasium und wechselte dann im April 1956 an
das Gutenberg-Gymnasium. 1965 folgte noch ihre Ernennung zur Oberstudienrätin. Nicht
nur wegen ihres angegriffenen Gesundheitszustandes hatte Cornelia Weyrauch ihren
ursprünglichen Berufswunsch Pfarrerin zu dieser Zeit längst aufgegeben.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2012 (ew)
Aenne Willius-Senzer
Tänzerin, Ballettmeisterin, Tanzlehrerin
geboren am 10. September 1896 in Mainz
gestorben am 31. Januar 1991 in Mainz
Mit fünfzehn Jahren tanzte Aenne Senzer bereits in der Ballettgruppe des Mainzer
Stadttheaters. Einige Jahre später wurde sie stellvertretende Ballettmeisterin des
Ensembles. Mit achtundzwanzig Jahren verließ Aenne Senzer das Stadttheater, um sich
mit einer eigenen Schule für Ballett und moderne Gesellschaftstänze selbstständig zu
101
machen. 1926 heiratete sie Franz Willius. Inspiriert vom Engagement seiner Frau für
den Tanz, ließ sich Franz Willius selbst zum Tanzlehrer ausbilden. Seither führt auch die
Tanzschule, die nach vielen Stationen ihren Hauptsitz am Karmeliterplatz gefunden hat,
den Doppelnamen Willius-Senzer. Nicht nur Generationen von TanzschülerInnen, sondern
auch viele Mainzer Vereine profitierten von Aenne Senzers Unterricht. Große Popularität
erlangte Aenne Senzer als Leiterin der Tanzgruppe des MCV. Jahrzehntelang erarbeitete
sie die Choreographie für das bekannte Tanzensemble.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1995 (ew)
Elisabeth Wirth
Wanda Winterberg
Stiftungsgründerin
geboren am 1. Februar 1909 in Creisfeld
gestorben am 28. August 2000 in Mainz
Am 4. November 1994 setzte Wanda Winterberg ihre Unterschrift unter die Satzung der
Walter und Wanda Winterberg Stiftung und übertrug damit einen erheblichen Teil ihres
Vermögens, um in Mainz Menschen in Not zu unterstützen. In aller Bescheidenheit wollte
Wanda Winterberg aber nicht, dass sie noch zu ihren Lebzeiten als Stifterin bekannt
wurde. Erst mit ihrem Tode wurde aus der Mainzer Sozialstiftung »Menschen in Not«
die Walter und Wanda Winterberg Stiftung. Als Stiftungszweck legte Wanda Winterberg
die Unterstützung und Lebensbegleitung für Alte, Kranke, Behinderte, Sterbende und
Menschen in besonderen Lebenslagen fest.
Ermöglicht wurde die Gründung der Stiftung durch die Wiedervereinigung.
Das Ehepaar Walter und Wanda Winterberg war 1959 aus der DDR nach Mainz geflohen.
Zurück blieb in Ostberlin das gesamte Vermögen, der inzwischen enteignete umfangreiche
Immobilienbesitz der Familie Winterberg.
In Mainz musste das Ehepaar mit 50, beziehungsweise 55 Jahren völlig neu anfangen
und beide fanden in der Stadt Menschen, die ihnen in ihrer Notlage beistanden. Walter
Winterberg starb 1978 im Alter von 74 Jahren.
Als im Jahr 1993 die Rückübertragung des Besitzes an die Erben erfolgte, war für Wanda
Winterberg klar, dass sie den größten Teil dieses Erbe im Gedenken an ihren Mann
einsetzen wollte, um Menschen in Notsituationen zu helfen. Ausgestattet mit einem
Stiftungskapital von einer Million Mark war es schon sehr bald möglich, mit den Erträgen
Kinder und Jugendliche, psychisch Kranke, HIV-Infizierte, AIDS-Kranke und auch soziale
Projekte zu unterstützen.
Wanda Winterberg selbst lebte von 1978 bis zu ihrem Tod im Städtischen Altenwohnheim
Haus am Römerberg in Weisenau. Alle, die sie kannten, erinnern sich an sie als eine sehr
bescheidene und zurückhaltende Frau.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2002 (ew)
Elisabeth Wirth
Unternehmerin
geboren am 16. Juli 1889 in Mainz
gestorben am 6. August 1952 in Mainz
Elisabeth Hill, genannt Elise, geboren in ihrem Elternhaus Heidelbergerfaßgasse/
Ecke Balthasar-Maler-Gasse, war das Jüngste von vier Kindern. Der Vater war einer der
drei großen Bäckermeister in Mainz. Sie besuchte wie ihre Schwestern die Höhere
Töchterschule, das heutige Frauenlobgymnasium; der große Bruder studierte und wurde
Rechtsanwalt. Kurse im Josef-Stift, Klavierunterricht und Gesangsstunden an der Mainzer
Liedertafel rundeten Elises Bildung ab. Auf einem Silvesterball der Mainzer Liedertafel
lernte Elisabeth auch ihren künftigen Mann, Andreas Wirth, kennen. Die Familie Hill und
die junge Familie Wirth zogen zusammen in das Haus Boppstraße 8 3/10.
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Durch ihre Mutter wurde sie sehr früh mit dem Leben einer Geschäftsfrau vertraut
gemacht. Diese frühe Erfahrung kam Elisabeth Wirth während des Ersten Weltkrieges
zugute. Ihr Mann Andreas wurde einberufen, ebenso der Mieter des Ladengeschäftes
in ihrem Haus in der Boppstraße. Elisabeth Wirth übernahm das Geschäft für Zigarren
und Zigaretten. Sie lernte selbst Zigarre rauchen, um die Qualität beurteilen zu können
und baute das Geschäft zum Großhandel aus. Sicherlich ebenso ungewöhnlich für die
damalige Zeit: Elisabeth Wirth erhielt die Lizenz für ein Steuerbanderolen-Lager.
Nach der Heimkehr aus dem Krieg und Genesungszeit ihres Mannes gründetenn
beide zusammen eine neue Existenz: die Fabrikation hochwertiger Kinderkleidung.
Andreas Wirth übernahm die Verwaltung des Unternehmens, Elisabeth Wirth leitete
den technischen Betrieb mit etwa vierzig Mitarbeiterinnen und ebenso vielen in
Heimarbeit. Neben dem Betrieb - die zwei Töchter wurden von einer Kinderschwester
betreut - besuchte Elisabeth Wirth auch noch die Kunst- und Gewerbeschule, um
die Meisterprüfung abzulegen. Durch den persönlichen Einsatz der Leiterin der
Frauenarbeitsschule, Lina Bucksath, wurde Elisabeth Wirth trotz fehlendem Gesellenbrief
zur Prüfung als Meisterin des Weißzeugnäherinnenhandwerks zugelassen.
1929 gründete das Ehepaar Wirth ein weiteres Unternehmen, den weit über Mainz
hinaus bekannten Kinderladen Wirth.
Bis zu ihrem Tod 1952 galt Elisabeth Wirth als die Seele des Geschäftes. Als kreative
Unternehmerin war sie ihrer Zeit immer einen Schritt voraus.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2002 (ew)
Prof. Dr. Margarete Woltner
Universitätsprofessorin
geboren am 4. Dezember 1897 in Riga
gestorben am 22. September 1985 in Bonn
Die schlichte Bezeichnung Lehrbeauftragte, die die Slawistin Prof. Dr. habil Margarete
Woltner 1950 an der Mainzer Universität führte, wurde ihrer außergewöhnlichen
wissenschaftlichen Karriere noch nicht gerecht, doch schon bald bot sich ihr in Mainz
die Chance, als Professorin und als Direktorin am Institut für Osteuropakunde, das 1950
gegründet worden war, die weitere Entwicklung des Faches zu beeinflussen. Lange blieb
die Slawistik-Professorin allerdings nicht in Mainz, bereits 1953 wechselte sie an die
Universität Bonn, wo sie bis zu ihrer Emeritierung 1966 lehrte.
Margarete Woltner gehörte zur ersten Generation von Frauen, der es möglich war, eine
vollständige wissenschaftliche Laufbahn zu absolvieren. Nach ihrem Slawistik-Studium in
Petrograd, Jena und Leipzig wurde sie 1923 in Leipzig zur Dr. phil. promoviert. 1925 ging
sie nach Berlin als Assistentin an das Slawische Institut der Berliner Friedrich-WilhelmUniversität (FWU).
Gefördert durch den Slawistik-Professor Max Vasmer, gelang es Margarete Woltner, sich
1937 zu habilitieren. Damit war sie die erste Frau, die während der Nazi-Herrschaft diese
akademische Hürde an der Berliner Universität nehmen konnte. Doch die Lehrbefähigung
bedeutete noch keine Lehrbefugnis. Die war nach der Reichshabilitationsordnung der
Nationalsozialisten an Bedingungen geknüpft, von denen Frauen ausgeschlossen waren.
Dass es Frauen aber nicht gänzlich untersagt wurde, als Dozentin tätig zu werden,
zeigte das Beispiel der Medizinhistorikerin Edith Heischkel, die sich ebenfalls in Berlin
habilitieren und dann auch als Dozentin arbeiten konnte. Unter Berufung auf den bei
Edith Heischkel geschaffenen Präzendenzfall, gelang es dann auch Margarete Woltner,
ab 1943 den Status einer Dozentin zu erlangen. (Dass dann nach dem Krieg sowohl Edith
Heischkel als auch Margarete Woltner an der Universität Mainz lehrten, ist aber Zufall.)
Zusammen mit ihrem (ebenfalls nicht durch eine Nazi-Vergangenheit belasteten) Mentor
Max Vasmer baute Margarete Woltner 1946 das slawistische Institut neu auf, übernahm
dann nach seinem Wechsel an die neugegründete Freie Universität selbst die Leitung des
Instituts.
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Nach politischen Differenzen und Auseinandersetzungen um Lehrinhalte verließ
Margarete Woltner Berlin und zog zu ihrer Schwester nach Frankfurt. Ab 1950 gab sie
dann regelmäßig in Mainz Lehrveranstaltungen zur slawischen Philologie und Literatur,
aber auch zur osteuropäischen Geschichte.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2012 (ew)
Ingeborg Wurster
Journalistin
geboren am 12. August 1931 in Heidelberg
gestorben am 6. Januar 1999
Einer großen Öffentlichkeit wurde die Journalistin Ingeborg Marianne Wurster
1979 bekannt, als sie als erste Frau das »ZDF heute journal« moderierte. Die
Nachrichtenmoderation war sicherlich der Höhepunkt ihrer journalistischen Karriere.
Ihren Weg in die Medienwelt begann Ingeborg Wurster aber mit einer Ausbildung zur
Tontechnikerin. Von 1953 bis 1957 arbeitete sie bei Radio Bremen in ihrem erlernten
Beruf. 1957 wechselte sie dann zum Journalismus, arbeitete zunächst als Freie, später
dann fest beim Westdeutschen Rundfunk, bei Radio Bremen und beim Sender Freies
Berlin. 1962 kam Ingeborg Wurster zum frischgegründeten ZDF. Zusammen mit Günter
Gaus war sie verantwortlich für die Sendereihe »Zur Person«.
1966 ging sie für ihren Sender als Korrespondentin nach Washington, vier Jahre später
berichtete sie aus New York. Ab 1975 leitete Ingeborg Wurster das ZDF-Auslandsstudio in
Brüssel. Damit war sie zu dieser Zeit die einzige Frau in der Leitungsfunktion eines der 16
ZDF-Auslandsstudios.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2000 (ew)
Maria Ziegler
Malerin
geboren am 28. Januar 1876 in Mainz
gestorben am 19. Februar 1970 in Mainz
Nach dem Schulbesuch in Mainz nahm Maria Ziegler Musik- und Malunterricht. Mit
30 Jahren begann sie mit der Ausbildung an der Damen-Akademie des Münchner
Künstlerinnen-Vereins (1906 - 1911) und arbeitete von 1912 - 1913 in Paris. Während des
Ersten Weltkrieges engagierte sie sich beim Roten Kreuz.
Ihre Graphiken, Aquarelle, Tuschzeichnungen, Holzschnitte und Malereien in Öl wurden
in vielen Städten ausgestellt. In Mainz hatte Maria Ziegler ihr Atelier. Sie unternahm
Reisen nach Frankreich und Italien und unterrichtete in den dreißiger Jahren an der
Volkshochschule.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1992 (mc)
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Martha Zifferer
Schauspielerin
geboren am 31. Juli 1905
gestorben am 18. Juli 1983
Über 15 Jahre gehörte Martha Zifferer dem Ensemble des Mainzer Stadttheaters an. Ihre
aktive Theaterlaufbahn begann schon in den 20er Jahren in Leipzig, wo sie mit vielen
großen Schauspielerinnen und Schauspielern dieser Zeit auf der Bühne stand.
Die gebürtige Klagenfurterin entdeckte für sich aber auch sehr früh das Medium
Fernsehen. Bereits 1938 wirkte sie mit bei den ersten Fernsehübertragungen in Berlin.
Über die Bühnen in Lübeck, Frankfurt und Dortmund kam die Zifferer schließlich Ende der
fünfziger Jahre nach Mainz.
Hier machte sie sich besonders einen Namen als Interpretin der Mutter Courage. Sie
spielte aber auch viele andere große Rollen, darunter die der Elisabeth in Schillers »Maria
Stuart«.
Im Theater engagierte sie sich für die sozialen Belange ihrer Kolleginnen und Kollegen.
Bekannt wurde Martha Zifferer auch durch ihre sozialkritische und pazifistische Haltung.
Eine unbekannte Größe war für ihr Publikum und das Ensemble aber ihr Alter. Martha
Zifferer machte aus ihrem Geburtsdatum gern ein Geheimnis.
Lea Zitronenbaum
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2000 (ew)
Lea Zitronenbaum
geboren am 29. November 1920 Mainz
ermordet 1941 oder 1942
Leas Eltern, Oskar Zitronenbaum und Amalie, geb. Krischer, stammen aus dem
österreichischen, später wieder polnischen Jaslo. Er zieht 1912 nach Mainz, die
Mutter erst 1919 nach der Hochzeit. In der Augustinerstraße 51 betreiben sie ein
Wäschegeschäft.
Tochter Lea kommt 1920 zur Welt, Sohn Leo im Jahre 1925. Nach der Grundschule ist Lea
von 1930 bis 1933 Schülerin der Höheren Mädchenschule (Frauenlob-Gymnasium).
Die rassistische Politik des NS-Regimes ab 1933 engt den Lebenskreis auch dieser
jüdischen Familie immer mehr ein. Lea absolviert daher ihre letzten Schuljahre auf der
jüdischen Bondi-Schule.
Wie tausende andere Einwanderer, die, weil jüdisch, ab 1934 wieder als polnische
Staatsbürger galten, wurden auch Zitronenbaums im Oktober 1938 nach Polen
abgeschoben. Das Geschäft der Familie wurde im Novemberpogrom demoliert.
Amalie Zitronenbaum kehrte kurz nach Mainz zurück und setzt den Sohn auf einen der
Kindertransporte nach England. Lea, eine hoffnungsvolle junge Frau, wurde mit den
Eltern Opfer des nazistischen Mordprogramms
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2004 (rf)
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Mainz von A bis Z für Frauen
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Das Accouchement
Die erste Mainzer Entbindungsanstalt
Hochschulreform ist nicht nur ein Begriff aus unseren Tagen. Bereits Ende des 18.
Jahrhunderts wurde die Mainzer Universität umfassend reformiert. Ein praktisches
Ergebnis der Reform im Fach Medizin war die Gründung der ersten Entbindungsanstalt,
Accouchement genannt. Die Initiative dazu ging vom ersten Leiter der Einrichtung, dem
Mediziner Johann Peter Weidmann aus. Am 7. Juni 1784 wurde das Accouchement im
Altmünsterkloster eingerichtet - als Entbindungsanstalt für ledige und arme Schwangere
und als Schule für Hebammen. Ein Jahr zuvor hatte Kurfürst Friedrich Karl Joseph v.
Erthal die Verordnung erlassen, wonach alle »unehelich geschwächten Personen« ihre
Schwangerschaft beim Leiter des Accouchements anzuzeigen hätten. Diejenige, die die
Schwangerschaft verheimlichte, sollte schwer bestraft werden. Angedroht wurden sechs
Wochen Zuchthaus bei Wasser und Brot; fand dann die Entbindung ohne Hebamme
statt, drohte Züchtigung. Nur die ledigen Mütter, die ihre Schwangerschaft rechtzeitig
meldeten, blieben straffrei und auch von der Zahlung der sogenannten Bastardgebühr
verschont.
Im ersten Jahr des Bestehens kamen 25 Jungen und 14 Mädchen im Accouchement zur
Welt und es wurden 97 Land- und fünf Stadthebammen ausgebildet.
Die Organisation der Anstalt geriet bereits während der Mainzer Republik 1792/93
durcheinander; nach deren Niederschlagung aber musste das Accouchement aus dem
Altmünsterkloster ausziehen. Erst 1806 konnte Weidmann wieder Hebammen ausbilden
und Entbindungen durchführen - diesmal im provisorisch dafür hergerichteten Erbacher
Hof. Die Miete zahlte er sogar aus eigener Tasche. 1808 konnte das
Accouchement in das Armklarakloster umziehen, dort befand es sich bis 1903.
Accouchement im Altmünsterkloster
Alice-Krankenhaus
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1999 (ew)
Der Alice-Frauenverein in Mainz
Am 8. März 1870 traf sich im Stadttheater eine Reihe bekannter Mainzerinnen zur
Gründungsversammlung des Mainzer Alice-Frauenvereins für Krankenpflege. Zwei Jahre
zuvor hatte die spätere Großherzogin Alice den Verein für das Großherzogtum Hessen
ins Leben gerufen. In der Folge bildeten sich in vielen Orten des Großherzogtums
Zweigvereine.
Ziel des Mainzer Vereins war »...die Ausbildung tüchtiger Krankenpflegerinnen und deren
Verwendung, sowohl zur Besorgung der gewöhnlichen Pflege, als auch besonders für
Zeiten der Not, bei Seuchen oder in Kriegszeiten.«
Die erste Bewährungsprobe kam bereits wenige Monate später im Deutsch-Französischen
Krieg 1870/71. Zusammen mit dem Mainzer Hilfsverein organisierte der Alice-Verein die
Versorgung Verwundeter.
Interessant war die Struktur des Vereins. Neben dem aus neun Frauen bestehenden
und auf drei Jahre gewählten Vorstand gab es noch einen fünfköpfigen Beirat, dem
ausschließlich Männer angehörten. Drei davon mussten Ärzte sein, einer Jurist und einer
Kaufmann. Die Beiratsmitglieder besaßen volles Stimmrecht.
Zur ersten Präsidentin des Vereins wurde die bekannte Kunstmäzenin Betty v.
Braunrasch-Schott gewählt. Viele Frauen aus der Mainzer Gesellschaft übernahmen
in den 68 Jahren des Bestehens Funktionen im Alice-Frauenverein und sammelten
erhebliche Geldbeträge zur Organisation des professionellen Pflegedienstes. Die vom
Vorstand ausgewählten Lernschwestern wurden zunächst im Rochusspital, später
im eigenen Alice-Krankenhaus ausgebildet. Ein ausreichendes Gehalt und eine
Alterversorgung für die Schwestern sollten den Pflegestandard dauerhaft sichern.
Nach vielen Schwierigkeiten gelang es dem Alice-Frauenverein zusammen mit dem
Kreisverein vom Roten Kreuz 1906 das Alice-Krankenhaus und ein neues Alice-Heim für
die Pflegerinnen zu eröffnen. Den größten Teil der Bausumme steuerte der Frauenverein
bei.
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1938 wurde der Alice-Frauenverein als selbstständige Rotkreuz-Organisation
zwangsweise aufgelöst. Das Eigentumsrecht am Alice-Krankenhaus ging an das Rote
Kreuz über. Noch heute gibt es auf dem Gelände Auf der Steig unterhalb des Stadtparks
das DRK-Krankenhaus. Die Alice-Schwesternschaft vom Roten Kreuz wurde nach dem
Zweiten Weltkrieg neu gegründet und besteht bis heute in Mainz.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2004 (ew)
Altmünsterkloster - ein Frauenkloster
gegründet um 700 - aufgelöst 1781
Amazone mit Trophäe
Das Frauenkloster Altmünsterkloster gehörte zu den frühen großen geistlichen
Einrichtungen in Mainz. Eine Urkunde aus dem Jahre 820 weist das Kloster bereits
als altes Kloster aus. Dieses Kloster der mittelrheinischen Lokalheiligen Bilhildis
verfügte über eine Besonderheit: eine in Fachkreisen als Fälschung angesehene
Gründungsurkunde.
Die ursprüngliche Urkunde wurde offensichtlich in einem späteren Jahrhundert neu
gefasst und um wichtige Privilegien ergänzt. Die Nonnen des Altmünsterklosters erhoben
darin im Namen der Bilhildis umfassende Rechtsansprüche.
So etwa auf die freie Wahl der Äbtissin, auf die Unantastbarkeit ihres Grundbesitzes und
auf weitgehende Immunität gegenüber weltlicher Gewalt.
Sollte ein Bischof gegen die Rechte des ihm zur Fürsorge und zum Schutz unterstellten
Klosters verstoßen, so sollte er den Zorn Gottes und aller Heiligen zu spüren bekommen.
Auf diese elegante Weise sicherte sich die religiöse Frauengemeinschaft einen Anspruch
auf Unabhängigkeit und Selbstbestimmung.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1995 (ew)
Amazone mit Fahne
Virtus genannt
Relief von der Mainzer Jupitersäule, die zwischen 58 und 67 v. u. Z. entstanden ist. 1904
wurde die Säule in tausend Stücken in der Sömmeringstraße gefunden.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1993 (mc)
Amazone mit Trophäe
Roma genannt
Relief von der Mainzer Jupitersäule, die zwischen 58 und 67 v. u. Z. entstanden ist. 1904
wurde die Säule in tausend Stücken in der Sömmeringstraße gefunde.
Die Forschung sieht in der Amazonensage einen Nachhall historischer Kämpfe zwischen
matriarchalischen und patriarchalischen Stämmen - vermischt mit sagenhaften Motiven.
Amazonen sind häufig künstlerisches Motiv auf antiken Vasen, Wandmalereien, Friesen,
Reliefs oder Statuen, so auch auf der Jupitersäule in Mainz.
Lampheto, Marpesia, Synope, Tamaris, Oreithyia, Penthesilea, Antiope, Manalipe,
Hippolyte: die wichtigsten Elemente der Amazonensage sind folgende: die Amazonen
gründeten einen Frauenstaat im Nordosten Kleinasiens am Thermodon mit der Hauptstadt
Themiskyra. Im Frühling lebten sie zwei Monate zwecks Fortpflanzung mit einem
Nachbarstamm zusammen. Die Mädchen wurden kämpferisch erzogen, die Jungen aber
zum Nachbarstamm zurückgeschickt.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1993 (mc)
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Arbeiterinnen im Ersten Weltkrieg
Als Millionen Männer an die Front zogen, fielen zahlreiche Arbeitsschutzbestimmungen,
die Frauen bisher von der Erwerbsarbeit ausgeschlossen hatten. Frauen wurden als
Ungelernte vor allem in Rüstungsbetrieben beschäftigt, bekamen aber ein Drittel bis
die Hälfte weniger Lohn als ihre männlichen Kollegen. Und das, obwohl ihre Leistungen
denen der Männer entsprachen. 1917 arbeiteten bei der Firma Metallwaren Fabrik Louis
Busch circa 3000 Frauen. Sie bildeten Dreiviertel der Belegschaft. Ihr Verdienst lag im
Durchschnitt bei 48 Mark in der Woche, der der Männer bei 65 Mark. Die Arbeit mit
Explosionsstoffen war gefährlich. Am 12. Juni1918 gab es eine schwere Explosion mit
vielen Todesopfern. Nach Kriegsende sorgte die »Demobilmachungsverordnung« dafür,
dass die Frauen die Arbeitsplätze wieder räumten.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1994 (mc)
Die ersten Ärztinnen in Mainz
Heilkundige Frauen gab es zu allen Zeiten, auch in Mainz. Doch bis Frauen zu Beginn des
20. Jahrhunderts endlich der Zugang zu deutschen Universitäten und damit auch zum
Studium der Medizin gelang, war es ein weiter Weg. Zwischen 1901 und 1918 legten
rund 750 Ärztinnen in Deutschland ihr medizinisches Staatsexamen ab – darunter
waren auch einige Ärztinnen, die später ihren Beruf in Mainz ausübten oder aus Mainz
stammten.
Unter ihnen war die gebürtige Mainzerin Sidonie Weinmann (geboren 7. Juni 1884,
gestorben 5. April 1915 in Mannheim). Nach dem Besuch der Höheren Mädchenschule
wurde sie zunächst Lehrerin. Ab 1905 studierte sie in Heidelberg Medizin und legte 1910
ihre Staatsprüfung ab. 1911 folgte die Promotion und 1912 die Approbation. Ihre schon
bezugsfertige Praxis in Mainz konnte sie 1914 nicht mehr eröffnen, da sie nach Ausbruch
des Ersten Weltkrieges ihre Tätigkeit als Ärztin im Krankenhaus Mannheim fortsetzen
musste. Sie starb an einer Typhusinfektion, die sie sich im Krankenhaus zugezogen hatte.
Bertha Erlanger (geboren 22. April 1884 in Augsburg, gestorben 9. Juli 1933 in
Mainz) war wohl die erste in Mainz niedergelassene Kinderärztin. Sie studierte ab
1900 in Heidelberg und München, legte 1908 ihr Staatsexamen ab, Promotion und
Approbation datieren auf das Jahr 1910. 1917 war Bertha Erlanger am Städtischen
Krankenhaus in Mainz tätig und eröffnete 1919 in der Großen Bleiche 12 ihre eigene
Praxis als Kinderärztin. Für kurze Zeit lehrte sie auch an der Frauenarbeitsschule
Gesundheitspflege. Die Umstände ihres Todes sind unbekannt. Bertha Erlanger war Jüdin
und sicherlich schon sehr früh den Repressalien der Nazis ausgesetzt.
Die wahrscheinlich erste Mainzer Frauenärztin mit eigener Praxis war Gabriele
Broer-Lindemann (geboren 2. Mai 1886 in Osnabrück, gestorben 3. August 1941 in
Mainz). Sie kam 1912 nach ihrem Medizinstudium in Leipzig und anderen Orten als
Medizinalpraktikantin an die Hebammenlehranstalt in Mainz. Später wurde sie dort
Assistenzärztin und Oberärztin. Ihre Approbation erhielt sie 1913 und wurde 1914
promoviert. Von 1919 bis 1939 führte Gabriele Broer-Lindemann ihre eigene Praxis
in der Christofsstraße 2. Daneben war die Ärztin auch als Dozentin für den Bereich
Frauengesundheit an der Mainzer Volkshochschule tätig.
Für kurze Zeit war auch Elise Troschel, die erste Medizinstudentin an einer deutschen
Universität überhaupt, in Mainz tätig. Die am 15. Juni 1869 in Köslin geborene und am 6.
November 1952 in Oldenburg verstorbene Ärztin war von 1911 bis 1912 in einem Institut
für Lichtbehandlung in Mainz tätig. Ein Ärzteverzeichnis führt Elise Troschel auch noch
1913 unter Mainz.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2007 (ew)
109
Die Armen Schwestern vom heiligen Franziskus
Aufanische Matronen
Im Jahr 1854 trafen sechs Mitglieder des Ordens der Armen Schwestern in Mainz ein. Sie
sollten, entsprechend ihrem Ordensauftrag, die Krankenpflege in der Stadt verbessern
helfen. Der Orden selbst war erst 1845 von der Aachener Fabrikantentochter Franziska
Schervier gestiftet worden, doch die Armen Schwestern hatten sich schon bald einen
guten Ruf als Betreuerinnen der Armen erworben.
In Mainz fehlte es vor allem an häuslicher Krankenpflege und Altenpflege. Es fehlte aber
auch an anderen sozialen Diensten. So richteten die Armen Schwestern bereits ein Jahr
nach ihrer Ankunft in Mainz ein Haus für dienstlose Mägde ein. Der Aufenthalt im Kloster,
für den ein kleiner Betrag gezahlt werden musste, war auf sechs Tage begrenzt, in der
Zeit konnten sich die Mädchen und Frauen eine neue Stellung suchen. Das Reglement
besagte: »Die Armen Schwestern werden den im Kloster sich aufhaltenden Mädchen 1)
ein reinliches Obdach und Lager geben; 2) eine einfache und billige Kost verabreichen; 3)
dieselben, solange sie im Hause sind, mit Arbeit beschäftigen und 4) sie durch Beispiele
und Belehrungen zu treuen und eifrigen Erfüllung ihrer Standespflichten ermuntern...«
Ihre eigenen Pflichten nahmen die Schwestern sehr ernst.
In den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts spendete der Mainzer Kaufmann Johannes
Falk III. dem Orden einen hohen Geldbetrag. So entstand in der Josefsstraße in der
Neustadt das Kloster St. Bildhildis. 1922 erhielten die Schwestern auch ein angrenzendes
Grundstück zur Errichtung eines Heimes für mittellose alte Menschen. Die Gebäude
wurden beim Bombenangriff auf Mainz am 27. Februar 1945 zerstört, die Schwestern aber
setzten ihre Arbeit fort und führten das ordenseigene Altenheim in der Josefsstraße.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1999 (ew)
Titelblatt der Broschüre zur Ausstellung
Aufanische Matronen
Aufanische Matronen wurden in Mainz und unter dem Bonner Münster gefunden.
Die meisten stammen aus dem 2. Jahrhundert unserer Zeit. Matronen, auch Matres
genannt, sind gütige Schutzgöttinnen, die Segen, Wohlstand und Fruchtbarkeit spenden.
Dargestellt sind sie zu dritt in langen faltenreichen Gewändern, nebeneinander sitzend,
mit flachen Körben voller Früchte auf den Knien. Im 5. Jahrhundert verschwinden die
Matronen und gehen in manchen Gegenden in die »drei Marien« über. Sie haben zahllose
Beinamen, die sich auf die Örtlichkeit, die Familie oder Dorfgemeinschaft beziehen. In
Mainz gibt es zwei überlieferte Weihungen an die Matronen, die Matronae Aufaniae und
die Matronae Ollogabiae.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1994 (mc)
Ausstellung »Die Welt der Frau« 1950
Vom 26. August bis zum 3. September 1950 veranstaltete der Verkehrsverein Mainz
im Belli-Bau die Ausstellung und Konsumgütermesse »Die Welt der Frau«. Ähnliche
Präsentationen gab es zu dieser Zeit auch in anderen Städten und so sollten auch die
Mainzerinnen mit allen (technischen) Neuheiten für die Haushaltsführung vertraut
gemacht werden.
Der Belli-Bau war ein 1948 am Schirrhof/Schießgartenstraße errichteter (Zirkus-)Bau.
Ungefähr dort, wo später das Kultusministerium errichtet wurde, bot dieser Zweckbau
Platz für Veranstaltungen aller Art.
An der Ausstellung beteiligten sich neben Mainzer Verbänden wie dem Deutschen Roten
Kreuz, der Alice-Schwesternschaft, dem Katholischen Frauenbund, der städtischen
Frauenarbeitsschule, dem Caritasverband und der Arbeiter-Wohlfahrt rund 60 Aussteller
mit ihren Produkten für »die vielgeplagte Hausfrau«, wie es Oberbürgermeister Stein
110
in seinem Grußwort zur Ausstellung formulierte. Die Produktpalette reichte dabei von
Waschmaschinen über Kühlschränke, Kaffeemaschinen, Dampfkochtöpfen, Bügeleisen,
Staubsaugern bis hin zu Kosmetikartikeln, Putzmitteln, Textilien, Möbeln, Lederwaren
und Lebensmitteln. Beteiligt waren an der Produktschau auch einige Mainzer Firmen wie
etwa die Blendax-Werke und Möbel-Hedderich.
»Die Welt der Frau« war aber nicht auf die Präsentation von (zumeist unerschwinglichen)
Konsumgütern beschränkt, sondern sie bot den Verbänden die Möglichkeit zur
Öffentlichkeitsarbeit. Die Wohlfahrtsverbände warben um ehrenamtliche Helferinnen, so
sollten »alle diejenigen Frauen und Mädchen, die der Arbeit der sozial und fürsorgerisch
tätigen Frauen-Organisationen noch fern stehen, zur Mithilfe aufgerufen werden.«
War die eigentliche Adressatin der Leistungsschau auch »die Hausfrau« und »die Frau
als Treuhänderin ihrer Familie«, so bot die zur Ausstellung erschienene Broschüre
neben Selbstdarstellungen der Mainzer Verbände sogar einen kurzen Text zu Frauen
in der Mainzer Geschichte und eine aktuelle Arbeitsmarktstatistik. Danach war die
Zahl der abhängig beschäftigten Frauen im Arbeitsamtsbezirk Mainz von 21.089 im
Juni 1948 auf 23.372 im Juni 1950 gewachsen. Die meisten offenen Stellen gab es
für Haushaltsgehilfinnen (131) und Landarbeiterinnen (95). Die meisten arbeitslos
gemeldeten Frauen hatten zuvor im Lebensmittel produzierenden Gewerbe gearbeitet,
waren Hilfsarbeiterinnen oder kamen aus Verwaltungs- und Büroberufen.
Wie die Allgemeine Zeitung am 29. August 1950 zu berichten wusste, war die stets
umlagerte Hauptattraktion für Männer auf der Ausstellung die Präsentation des
Dampfkochtopfes »Cito« und die Aussicht auf ein komplettes Menü in 14 Minuten.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2007 (ew)
Ingeborg Bachmann in Mainz
Heiß und staubig war es im Mainzer Kurfürstlichen Schloss, als sich Pfingsten 1953
dort im blauen Saal die Avantgarde der damaligen deutschsprachigen Literaturwelt, die
Gruppe 47, zu ihrem zwölften Arbeitstreffen versammelte. Das Schloss präsentierte sich
als Baustelle. Einer der Teilnehmer, Walter Mehring, schrieb später darüber: »Dauernd
irrte man umher, traf andere Tagungsteilnehmer und suchte gemeinsam nach dem
blauen Saal.«
Unter den rund 50 Teilnehmenden, die es schafften, vom 22. bis 24. Mai 1953 im
Schloss mehr als nur den blauen Saal zu finden, war die 27jährige aus Klagenfurt
stammende Autorin Ingeborg Bachmann. Ihr gelang auf dem Arbeitstreffen in Mainz der
eigentliche Durchbruch als Literatin.
Ingeborg Bachmann verließ Mainz mit dem Preis der Gruppe 47, der immerhin mit
2.000 Mark dotiert und zu gleichen Teilen vom Südwestfunk und dem Rowohlt Verlag
gestiftet worden war. Die junge Autorin aus Österreich war die vierte Preisträgerin dieses
insgesamt nur zehn Mal vergebenen Preises.
Die Allgemeine Zeitung Mainz vermerkte am 26. Mai 1953 über die Wahl von Ingeborg
Bachmann: »Der diesjährige Preis der „Gruppe 47“ fiel während des literarischen
Pfingsttreffens an eine 27jährige Wienerin, Dr. Ingeborg Bachmann, die beim Wiener
Rundfunk als Dramaturgin beschäftigt ist. Er wurde nach einer interessanten Stichwahl
zwischen dem 1923 geborenen, begabten Walter Jens […] doch der jungen Kollegin aus
Wien zugesprochen. Ihre lyrische Aussage hob sich unter den übrigen Proben durch den
spürbaren neuen Ton ab. Sie las als einzige Lyrik. Am Vorabend waren die Gedichte von
Ingeborg Bachmann, die in ihrer künstlerischen Linie an Guillaume Appolinaire erinnern,
mehrmals vorgetragen worden. Ferner konnten sie im Manuskript eingesehen werden.
So waren diese literarischen Zeugnisse der jungen sensiblen Wienerin, die in ihren
freien Rhythmen und teils auch in klar gebauten Versen allerdings eine männliche Kraft
verraten, allen zu einem Begriff und zu einem echten Erlebnis geworden, bevor ihr am
nächsten Tag in der Stichwahl der Preis zuerkannt wurde.«
111
Gewonnen hatte Ingeborg Bachmann mit den Gedichten »Die große Fracht«, »Holz und
Späne«, »Nachtflug« und »Große Landschaft bei Wien«.
Ingeborg Bachmann wurde am 25. Juni 1926 in Klagenfurt geboren und starb am 17.
Oktober 1973 in Rom. Ob sie gute oder schlechte Erinnerungen an das Schloss, das
Arbeitstreffen und das Pfingstwochenende 1953 in Mainz hatte, ist leider nicht bekannt.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2007 (ew)
Beginen in Mainz
Beginen. Flämische Miniatur,
Mitte 15. Jahrhundert
Schülerinnen der Bondi-Schule vor Eintritt in
die Höhere Mädchenschule
Frauenorganisationen sind keine Erfindung unserer Zeit. Schon das Mittelalter kannte
eine große soziale und religiös motivierte Frauenbewegung: das Beginenwesen. In vielen
europäischen Ländern bildete sich im Mittelalter diese Bewegung heraus. Welche Gründe
auch immer zur wachsenden Popularität des Beginenwesens geführt hatten, bleibt
unklar. Ein immer wieder genannter Grund aber ist falsch: es gab im Mittelalter keinen
erwähnenswerten Frauenüberschuss.
Die Geschichte der Beginen ist für Mainz nur spärlich dokumentiert. Die Anfänge
datieren wohl zwischen 1220 und 1230. Ab diesem Zeitpunkt bildeten sich immer mehr
Gemeinschaften von Frauen, die ohne strenge Ordensregeln zusammen leben, zusammen
arbeiten und sozial tätig sein wollten. Das Gemeinschaftsleben war aber keine Pflicht. So
lebten viele Frauen, die sich den Beginen anschlossen, auch allein und widmeten sich
wie alle Beginen der Krankenpflege, dem Bestattungswesen oder auch dem Unterricht
von Kindern. Aufnahme in die Beginengemeinschaften fanden Frauen aus allen sozialen
Schichten. In Mainz überwogen wohl Frauen aus dem Bürgertum und dem Patriziat. Die
Frauen, ob ledig oder verwitwet, sollten, wenn sie das Weiheversprechen ablegten, nicht
jünger als 40 Jahre alt sein.
Fest steht, dass auch die Beginen in Mainz zahlreiche Schenkungen erhielten und die
Konvente über Häuser verfügten, in denen die Frauen gemeinsam leben konnten.
Um das Jahr 1300 gab es höchstwahrscheinlich 22 Beginengemeinschaften. Wie viele
Frauen aber tatsächlich in den Konventen oder allein lebten, ist unbekannt. Nachweisbar
sind nur die Namen von knapp 120 Beginen. Doch diese Zahl sagt wenig aus über eine
Bewegung, die immerhin auch in Mainz über drei Jahrhunderte existierte.
Bereits zu Beginn des 14. Jahrhunderts unternahm Erzbischof Peter von Aspelt
den Versuch, das Beginenwesen zu unterbinden. Doch ohne Erfolg. Auch wenn die
Frauengemeinschaften der Kirche suspekt waren, konnten sie sich behaupten. Erst in der
Zeit der Reformation erlosch das Beginenwesen - auch in Mainz.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1991 (mc/ew)
Schülerinnen der Bondi-Schule
vor Eintritt in die Höhere Mädchenschule
Die private Schule - offiziell: Unterrichtsanstalt der Israelitischen Religionsgesellschaft wurde 1859 gegründet. Die Kurzfassung des Namens seit 1890 geht auf den orthodoxen
Rabbiner und Schulleiter Dr. Jonas Bondi (1860 - 1929) zurück. Besucht wurde die Anstalt
von Mitgliedern der orthodoxen Gemeinde. Im Normalfall wechselten die Schüler und
Schülerinnen nach dem 4. Grundschuljahr an allgemeinbildende und weiterführende
Schulen. Zum Lehrplan gehörten Hebräisch und Unterricht in jüdischer Religion und
Lebensweise.
1935/36 wurden ein 9. und ein 10. Schuljahr eingeführt, um unter den immer schwereren
Bedingungen der NS-Herrschaft eine umfassende Bildung zu ermöglichen. Während der
Pogromnacht 1938 wurde die Schule, die sich in einem Nebengebäude der orthodoxen
Synagoge (Flachsmarktstraße / Ecke Margaretengasse) befand, zusammen mit letzterer
zerstört.
112
Von Meta Abt, die die Höhere Mädchenschule von 1917 bis 1921 besuchte, ist bekannt,
dass sie (wohl) 1942 deportiert wurde. »Verschollen in Polen« vermerkt das Gedenkbuch.
Opfer der Verfolgung der Juden von 1986.
Nach gegenwärtigem Kenntnisstand fanden Lili Flehinger und Ina Goldstein in Palästina /
Israel eine neue Heimat, Erna Lippmann in New York und Klara (Claire) Lebrecht in Paris.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2002 (rf)
Damenmaskenball
Ein Frauenfest zur Fastnacht
Truimphzug der Moguntia.
Zeichnung von August Beck
So wie die Prinzessin Moguntia , so wurden auch alle anderen »Damenrollen« in
der offiziellen Mainzer Fastnacht lange Zeit ganz selbstverständlich von Männern in
Frauenkleidern verkörpert. Doch als Ende Januar 1899 einige Mainzerinnen »in Hosen«
auf dem Damenmaskenball des Damen-Turn- und Spiel-Clubs in der Liedertafel auf der
Großen Bleiche erschienen, schlugen die Wellen der Empörung hoch. Mainz hatte einen
handfesten Frauenfestskandal!
Die katholische Zeitung Mainzer Journal widmete dem Ereignis ausführliche Berichte.
»Schon dass eine Frau Herren-Kostüme trägt, widerstrebt dem christlichen Gefühl und
der weiblichen Sittsamkeit« urteilte der Kommentator und beklagte, dass besondere
viele Lehrerinnen an dem Fest teilgenommen hatten. »Was müssen doch aber diese
Lehrerinnen, protestantische wie katholische, für eine Auffassung von ihrem Berufe
haben? Am Samstag Abend als Prinz Carneval, als Herr im Frack und mit Cylinder, als
Clown, als hagerer Schutzmann auf dem Damenball und dann am Montag Morgen
als Muster weiblicher Züchtigkeit den in der Schule, vielleicht Religionsunterricht
erteilend!?!«
Einige Tage später wurde der Ton der Zeitung noch schärfer: »Der Damenmaskenball ist
ein zu bedauerndes Vorkommnis und ein Zeichen des Niederganges der weibliche Sitten
[...] Nun so sagen wir: für eine katholische Dame ist das Tragen von Herrenkleidern auf
einem Ball unerlaubt.«
Besonders angegriffen wurde in den Artikeln Eugenie Kratt, Lehrerin an der höheren
Töchterschule und Organisatorin des Frauen- und Mädchenturnen in Mainz. Die
Veranstalterinnen aber wehrten sich mit öffentlichen Gegendarstellungen und wurden
nicht müde, die Harmlosigkeit ihrer Absichten zu betonen - und sie feierten auch im
darauf folgenden Jahr ihren Damenmaskenball.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1998 (ew)
1. Bundesfrauenkonferenz des DGB vom 27. bis 29. Mai 1952 in Mainz
Über eine Millionen weibliche Mitglieder zählten die im Deutschen Gewerkschaftsbund
zusammengeschlossenen Einzelgewerkschaften, als im Mai 1952 in Mainz die erste
Bundeskonferenz ausgerichtet wurde. Das Motto der Konferenz lautete »Frauen helfen
- Frauen bauen auf«. Die 264 Delegierten und Gastdelegierten berieten drei Tage lang
im Kurfürstliche Schloss über Fragen der Frauenarbeit im DGB, der Frauenerwerbsarbeit
und der Stellung der Frauen in der Nachkriegsgesellschaft. Zwei Jahre zuvor war die
Abteilung Frauen beim Bundesvorstand des DGB eingerichtet worden. In Mainz legte
die Leiterin dieser Abteilung, Theresa Harmuth, erstmals vor einem großen Kreis von
Gewerkschafterinnen und Vertreterinnen wichtiger gesellschaftlicher Institutionen
einen umfassenden Bericht vor. Beschlossen wurden unter anderem auf der Konferenz
die Forderungen nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit, nach der 40-Stunden-Woche
und sozialer Leistungsgerechtigkeit für Frauen. Delegierte aus Mainz, bzw. RheinlandPfalz waren Käthe Conrad von der HBV und Clara Sahlberg von der ÖTV. Für die Stadt
Mainz begrüßte Bürgermeister Schwan in Vertretung des Oberbürgermeisters Stein die
Konferenzteilnehmerinnen.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1998 (ew)
113
Die erste Damensegelfluggruppe der Welt
Die erste Segelfluggruppe
Im Oktober 1930 schrieben 16 Lehrerinnen und Schülerinnen der Mainzer
Frauenarbeitsschule Luftfahrtgeschichte. Unter Leitung der Turnlehrerin Martha Mendel
gründeten sie die »Damen-Segelfluggruppe-Mainz-Wiesbaden« als eigene Abteilung des
Mittelrheinischen Vereins für Luftfahrt.
Ihr erstes Übungsflugzeug erforderte viel Handarbeit. Die Frauen bauten in einer
Baracke auf dem Hartenberg einen Schulgleiter wieder auf, der zuvor von männlichen
Vereinsmitgliedern zu Bruch geflogen worden war. Ihre ersten Flugübungen absolvierten
die Frauen im Winter 1930/1931 noch auf dem Großen Sand in Gonsenheim. Bessere
Flugmöglichkeiten boten sich dem Gesamtverein und der Damensegelfluggruppe ab Mai
1931 dann auf der Platte bei Wiesbaden. Mit der Fertigstellung eines Hangars und der
Einrichtung von Clubräumen hatte der Verein ein neues Domizil geschaffen.
1931, mit dem Ende der Ausbildung an der Frauenarbeitsschule und noch vor dem
ersten großen öffentlichen Auftritt, erlebte die Damensegelfluggruppe bereits personelle
Veränderungen. Viele der frischgebackenen Turnlehrerinnen bekamen Anstellungen
außerhalb von Mainz. Martha Mendel aber fand ab Ostern 1932 unter ihren neuen
Schülerinnen wieder zahlreiche Flugbegeisterte.
Schon bald genügte den Frauen der einfache Schulgleiter nicht mehr. Für 40 Reichsmark
erwarben sie die Konstruktionspläne eines Segelfliegers vom Typ Kassel 20.
44 Tage (und 1080 Arbeitsstunden) benötigte die Gruppe 1932 zum Bau ihres ersten
richtigen Flugzeugs.
Der staunenden Öffentlichkeit präsentierten die Frauen das noch unbespannte Flugzeug
am 10. Juli 1932 auf dem Liebfrauenplatz. Nur drei Tage später machten sich 15 junge
Segelfliegerinnen mitsamt ihrem neuen Flugzeug von Mainz auf in die Rhön zum 13.
Rhön-Wettbewerb auf der Wasserkuppe. Die Frauengruppe aus Mainz sorgte beim
Wettbewerb, aber vor allem auch in der Presse für Furore. Nicht wenige männliche
Flugpioniere ließen sich stolz mit den Frauen fotografieren. Den Jungfernflug der
mittlerweile auf den Namen »Boy« getauften Kassel 20 absolvierte Martha Mendel selbst.
Nach Martha Mendels Versetzung nach Gießen wurde Hanna Hamann ihre Nachfolgerin.
Ab 1936 bis zum Kriegsende leitete Lotte Schell die Damensegelfluggruppe. Wie allen
anderen Luftsportvereinen blieb es auch der Damensegelfluggruppe nicht erspart, in das
NS-Fliegerkorps integriert zu werden.
Lebendig wurde die Geschichte der fliegenden Mainzerinnen noch einmal in der
Jubiläumsausstellung »Luftfahrt in Mainz«, die der Luftfahrtverein Mainz im März 2001
präsentierte.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2006 (ew)
Dienen - ein Frauenberuf
Dienstmädchen zu sein, gehörte zu den wenigen ehrbaren Berufen für Frauen nicht
privilegierter Schichten. Im Haushalt der Herrschaft hatten sie nicht nur ihre zugewiesenen
Aufgaben zu erfüllen, sondern unterlagen noch einem ausgeprägten Reglement. Ein
Aufruf an den Frauenverein zu Mainz aus dem Jahre 1823 beschreibt drastisch, wie die
Dame des Hauses über Sitte und Moral des Gesindes wachen sollte: ... Hierzu gehört,
dass Ihr es nicht zugebt, dass sich Eure Mägde, über das Schickliche und Geziemende
ihres Standes hinaus, putzen, weil dieser Luxus zu Veruntreuungen, zu Buhlereien, zur
Liederlichkeit verführt. - Hierzu gehört ferner, dass Ihr es nicht zugebt, dass Eure Mägde
öfter als im Monat einmal am Sonntage zum Vergnügen gehen, aber nicht durch zu spätes
Nachhausekommen Störung und Unordnung machen. - Hierzu gehört endlich, dass Ihr
es nicht duldet, dass Eure Mägde ein leeres Geliebel und Getrödel mit Burschen haben,
die zwar zu den Winkelandachten von Bacchus und Venus, zu Kranz und Tanz, aber nie
zu Hymens Altar führen. Steht fest auf diesen Anforderungen, und wenn wiederholt
dagegen gesündigt wird, dann setzt den Pflicht- und Ehrvergessenen ohne weiteres die
Wanderkiste vor die Türe, und versagt ihnen das Zeugnis der Dienstfähigkeit...
114
Brave und arbeitssame Dienstmädchen, so zeigt ein Dokument des Vereins zum Zwecke
der Belohnung und Unterstützung weiblicher Dienstboten in Mainz aus dem Jahre 1865,
konnten mit ein wenig Unterstützung im Alter oder im Falle einer Krankheit rechnen.
Der Bedarf an weiblichem Personal war auch noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts groß.
Dies beweisen auch die vom städtischen Arbeitsamt annoncierten freien Stellen für
Frauen. Hier ein Beispiel aus dem Jahre 1912:
Arbeitsmarkt des Städt. Arbeitsamtes Mainz, November 1912
Gesucht werden in der Frauenabteilung: Alleinmädchen für feinen und bürgerl. Haushalt,
Köchinnen für Privat, Küchenmädchen für Restauration, Hausmädchen für Privat,
Dienstmägde aufs Land, Monatfrauen, tüchtige Kassiererin für Restaurationsbetrieb,
Mädchen au pair.
Einschulung 1903 in der Schmittschule
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1995 (ew)
Driller, Triller, Drehlade
So genannte Babyklappen sind keine Erfindung des ausgehenden 20. Jahrhunderts.
Bereits im Mittelalter gab es in vielen italienischen Findelhäusern und Klöstern ähnliche,
meist Drehlade genannte, Vorrichtungen. Ähnlich wie heute hatten diese Einrichtungen
den Zweck, das Leben der ungewollten Kinder zu schützen. Auch in deutschen Städten
gab es im 18. Jahrhundert und später solche Stellen, an denen Neugeborene anonym
abgegeben werden konnten.
Driller, Triller und auch Drehlade hieß in Mainz die Einrichtung, die im Jahr 1811 am
neuen Findelhaus geschaffen wurde.
Mainz war zu dieser Zeit Hauptstadt des Départements Mont Tonnerre (Donnersberg).
Kaiser Napoléon hatte 1811 verfügt, dass in allen französischen Départments
Findelhäuser eingerichtet und mit einer Drehlade versehen werden sollten. So kam
es, dass an der 1808 in das Armklarakloster verlegten Entbindungsanstalt, dem
Accouchement, ein Findelhaus und eine Drehlade entstanden. Bis dahin fanden
Findelkinder meist Aufnahme im Waisenhaus am Rochushospital.
Wie viele Kinder, ob ehelich oder unehelich, tatsächlich an der Drehlade des
Findelhauses anonym abgegeben wurden, darüber besteht Unklarheit. Einige Quellen
sprechen von über 500. Darin scheinen aber die Kinder eingerechnet zu sein, die von
ledigen Müttern im Accouchement zur Welt gebracht wurde und nicht von ihnen versorgt
werden konnten.
Von Anfang an stand die Drehlade auch in Mainz in der Kritik. Vielen schien die
»französische« Einrichtung verdächtig, den Anreiz für einen unsittlichen Lebenswandel
zu schaffen. Viel war da auch von »fühllosen Müttern« die Rede.
Die Mainzer Drehlade selbst wurde dann auch 1815 wieder abgeschafft - als Mainz nicht
mehr französisch war.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2009 (ew)
Einschulung 1903 in Weisenau
Das Bild entstand im Hof des 1885 errichteten Schulhauses in Weisenau, der späteren
Schmittschule. Sechs Jahre, von 1903 bis 1909, sollten diese Mädchen nun in die
Weisenauer Schule gehen. Wer diese Mädchen waren, ist nicht mehr recherchierbar. Auch
die Geschichte der Schule ist weitgehend unbekannt.
Den Namen Schmittschule erhielt die Schule 1912, in Anerkennung der Verdienste des
1908 verstorbenen Oberlehrers Schmitt.
Die große Zahl der Erstklässlerinnen auf dem Foto entsprach durchaus den damaligen
Klassengrößen.
Ab 1899 gab es in Weisenau sieben Mädchenklassen und ein Jahr später acht
Knabenklassen. Dieser Bestand galt auch für 1903, dem Einschulungsjahr der Mädchen.
Um 1907 besuchten rund 618 Mädchen (und 661 Jungen) die Schule.
115
Das Schulgebäude, zwischen August-Herber-Straße, Unterdorfstraße und Karl-Trau-Straße
gelegen, wurde trotz Umbau und Aufstockung bald zu klein. 1905 wurde zudem die heute
noch bestehende Schillerschule errichtet.
Beim Fliegerangriff auf Mainz am 27. Februar 1945 wurde die Schmittschule völlig
zerstört. Die Trümmer dienten den Einwohnerinnen und Einwohnern von Weisenau als
Baumaterial für ihre eigenen beschädigten Häuser.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2003 (ew)
Epona
Relief, Fundort Mainz-Kastel
Frau im Netzmuster
Die reitende Göttin der Keltinnen wurde von den Römerinnen Epona genannt. Das
bedeutet Pferdegöttin.
Das Epona-Relief aus Mainz-Kastel hat keine keltischen Stilelemente. Epona sitzt als
vornehme Dame, uralt, auf ihrem feurigen Pferd. Ihre alte Bedeutung ist die einer
Reiterin zwischen Leben und Tod. Sie ist die Mondkönigin, die galoppierend das Jenseits
durchmisst und den Menschen als Überwinderin des Todes Hoffnung auf Wiederkehr
vermittelt.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1993 (mc)
Frau im Netzmuster
Steinbild, 1. Jahrhundert, Fundort Mainz, Kästrich
Ein uraltes steinzeitliches Symbol - vom Neolithikum bis ins Bronzezeitalter nachweisbar
- ist das Netz, mit dem der Körper der Frau bedeckt ist. Die Deutungen der Prähistorikerin
und Anthropologin Marija Gimbutas lassen erkennen: das Netz ist ein Wassersymbol,
Quelle, Flüssigkeit, Lebenswasser, die Göttin in ihrer Leben gebenden Funktion. Es
existiert eine lange Symbolgeschichte zum Netz als Motiv, die sich bis heute fortsetzt:
Frauennetzwerke, Versorgungsnetze...
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1994 (mc)
Frauenarbeit 1901
Im Jahr 1901 erschien in der Mainzer Volkszeitung ein Artikel zur Frauenarbeit in der
Mainzer Industrie. Immer mehr Frauen fanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine
Anstellung in den Industriebetrieben und verrichteten für einen geringeren Lohn entweder
die gleichen Tätigkeiten wie Industriearbeiter oder ersetzten, weil sie geringer entlohnt
wurden, männliche Arbeitskräfte.
»In den Schuhfabriken sind gegen 100 Arbeiterinnen beschäftigt. Die Stepperinnen
erhielten früher 15 Mk. Wochenlohn, infolge der mehr und mehr eingeführten Theilarbeit
sank der Verdienst jedoch auf 8 bis 9 Mk., und nur ganz geübte Arbeiterinnen erzielen
eine höhere Wocheneinnahme. Mit Vorliebe werden ganz junge Arbeiterinnen neu
eingestellt, deren Wochenverdienst 4 bis 5 Mk. beträgt! Etwa 50 Frauen und Mädchen
arbeiten in den Lederfabriken... In der Bandagefabrikation werden mehr Arbeiterinnen
als Arbeiter beschäftigt. In dem größten Betrieb der Branche sind etwa 75 weibliche und
nur 25 männliche Arbeitskräfte thätig. Die Kleinmeister schaffen in der Regel mit 1 bis 2
Arbeiterinnen...
... Neben 200 Buchdruckereihilfsarbeiterinnen sind nur noch 20 Hilfsarbeiter beschäftigt.
In den Buchbindereien schaffen ca. 100 weibliche und 50 männliche Arbeiter... Eine
größere Zahl von Arbeiterinnen, nämlich 200, finden in der Zuckerindustrie Verwendung.
Die meisten Frauen und Mädchen werden jedoch in den Militär-Konservenfabriken
beschäftigt. Ihre Zahl schwankt mit der Saison, sie ist am größten in der Zeit, in der die
Gemüse verarbeitet werden müssen...«
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Die Mainzer Volkszeitung listet noch eine ganze Reihe von Branchen auf, in denen in
zunehmendem Maße Frauen als billige Arbeitskräfte Beschäftigung finden.
»Keine einzige der vorstehenden Arbeiterinnenkategorien erhält einen Lohn, welcher den
Leistungen entspricht«, stellt die Zeitung weiterhin fest und dokumentiert damit, dass
Lohndiskriminierung bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein Thema war.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2001 (ew)
Frauenarbeit im Weinbau (Mainz-Laubenheim)
Frauenarbeit im Weinbau
Die Arbeit im Weinberg war in Kriegszeiten oft reine Frauensache. Dies zeigt auch das Bild
der Weinleserinnen, aufgenommen mitten im Zweiten Weltkrieg in einem Jamin’schen
Weinberg in Laubenheim. Mädchen und Frauen übernahmen auch hier alle Arbeiten, die
zu anderen Zeiten eher von Männern erledigt wurde.
Sowohl in der Geschichte des Mainzer Weinbaus als auch in der Geschichte des
Weinbaus überhaupt fehlt weitgehend das Kapitel über die Arbeit der Frauen. Verbrieft
ist nur, dass 1443 keine Mainzerin eine Chance hatte, in die »Ehrbare Weinzunft«
aufgenommen zu werden.
Quellen aus anderen Weinbaugebieten deuten darauf hin, dass Frauen nicht nur in
der Weinlese tätig waren, sondern auch andere Arbeiten wie den Rebschnitt oder
Laubarbeiten erledigten.
Über die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Frauen im Weinbau in Laubenheim wissen
wir so gut wie nichts. Als mithelfende Familienangehörige oder als Tagelöhnerinnen
haben sie kaum Eingang in die Geschichte des Weinbaus gefunden. Die Arbeit der Frauen
im arbeitsintensiven Weinbau war mit Sicherheit auch in Laubenheim unverzichtbar.
Ein indirekter Beweis dafür: Zur Entlastung der Mütter wurde bereits 1882 von den
Schwestern der Göttlichen Vorsehung eine vorschulische Kinderbetreuung angeboten.
Die erste urkundliche Erwähnung von Laubenheim datiert übrigens auf das Jahr 773.
Damals wurde dem Kloster Fulda ein Laubenheimer Weinberg geschenkt. Ob in ihm
bereits Frauen gearbeitet haben, ist leider nicht überliefert.
Mainzer Frauen-Arbeitsschule um 1960
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2004 (ew)
Mainzer Frauen-Arbeitsschule
In der Emmeransstraße 41, im Seitentrakt des Dalberger Hofes, befand sich nach zwei
Umzügen ab Ostern 1899 im 1. und 2. Stock das Schullokal des Vereins Mainzer FrauenArbeitsschule, gegründet 1896.
Aus dem sehr umfangreichen und ständig wachsenden Kursangebot hier nur eine kleine
Auswahl von 1897: Handnähen, Maschinennähen, Schneidern, Bügeln, Kunstarbeiten,
Kochen, Buchführung, Stenographie, englisch und französische Handelskorrespondenz
und Kurse für angehende Lehrerinnen.
Die aktiven Frauen initiierten viel. Beispielsweise gab es seit 1900 die Rechtsschutzstelle
für Frauen. Es entstanden der Verein für weibliche kaufmännische Angestellte und der
Verband Mainzer Frauenvereine mit Kontakt zum Bund deutscher Frauenvereine. 1904
auch ein Lesezimmer für Damen und, und, und ...
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1993 (mc)
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Frauen bewegen Mainz
Frauendemonstrationen in den siebziger Jahren
Frauendemo 1979
Kurs an der Volkshochschule in den 1950er
Jahren
Mainz war in den 1970er und 1980er Jahren immer wieder Schauplatz bundesweiter und
lokaler Frauendemonstrationen.
Ein beherrschendes Thema der Frauenbewegung im gesamten 20. Jahrhundert war der
Paragraph 218. Wie kein anderes Thema einte und trennte die Auseinandersetzung um
das Recht auf Abtreibung die Frauenbewegung.
Der Paragraph 218 war denn auch in Mainz Anlass für viele Frauendemonstrationen und
Aktionen.
Am 10. November 1979 fand in Mainz eine große bundesweite Demonstration statt.
Die autonome Frauenbewegung und zahlreiche Frauenorganisationen hatten zu
dieser Kundgebung aufgerufen. Der Demonstrationszug ging vom damaligen Sitz des
Frauenzentrums in der Goethestraße durch die Innenstadt zum Domplatz. Begleitet wurde
die Frauendemonstration von einer Gegenkundgebung kirchlicher Gruppen.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2000 (ew)
Frauenbildung an der Mainzer Volkshochschule
Zur Gründung der Mainzer Volkshochschule im Jahr 1919 forderte der »Hessische
Landesverein für Frauenstimmrecht« nachdrücklich eine Berücksichtigung von Frauen
auf allen Ebenen der Volkshochschularbeit. Als dann am 11. Juli 1919 nach Monaten
der Diskussion um die Arbeit einer Volkshochschule der Mainzer Volkshochschulverein
gegründet und am 20. Oktober 1919 Vorlesungsbeginn an der neuen Einrichtung war,
hatten jedoch nur wenige Frauen Sitz und Stimme in den Gremien. Dem neu gebildeten
Kuratorium gehörte mit der Lehrerin Sophie Walter nur eine Frau an und im 28-köpfigen
Mitgliedsausschuss waren nur drei Frauen vertreten. Nicht viel anders sah es bei den
DozentInnen aus. Bis zum Ende der demokratischen Institution Volkshochschule 1933
gab es in manchen Semestern nur eine Dozentin, in anderen Semestern wiederum bis zu
vier. Nur Julchen Deininger, die Mitarbeiterin in der Geschäftsstelle der Volkshochschule,
sorgte für weibliche Kontinuität.
Ausschließlich Frauen vorbehaltene Kurse gab es zur Frauengesundheit. Hier war unter
anderem einige Semester lang die Frauenärztin Gabriele Broer-Lindemann tätig. Das
Arbeitsprogramm der Volkshochschule bot in den Anfangsjahren Vorlesungen zu Themen
wie »Die Frauenfrage bei Hebbel, Ibsen und Strindberg«, die »Stellung der Frau in der
Dichtung« oder »Kulturgeschichte der deutschen Frau«.
Die neue Volkshochschule wurde von den Mainzerinnen angenommen. Die Statistik
zum ersten Vorlesungsjahr weist die Teilnahme von 721 Hausfrauen und Mädchen ohne
Beruf, 284 Angestellten, 93 Lehrerinnen, 56 Schülerinnen, neun Fachschülerinnen, fünf
Studentinnen, fünf freiberuflich Tätigen und vier Akademikerinnen aus. 1919 lag die Zahl
der Hörerinnen bei 48 Prozent.
Bis zur heutigen Quote von rund 75 Prozent Kursteilnehmerinnen war es ein weiter Weg.
Bei der Neugründung der Mainzer Volkshochschule unter städtischer Regie im Jahr 1946
lag die Zahl der Hörerinnen bei knapp 38 Prozent.
Hatte es 1919 keine so genannten »Sonderkurse für die Frau« (später in »Kurse für die
Frau« umbenannt) gegeben, so änderte sich dies ab der Neugründung. Koch-, Back-,
Näh- und Gymnastikkurse bildeten zusammen mit der Kursreihe »Die gepflegte Frau«
die Angebote speziell für Frauen. Ergänzt wurden diese (in ihrer Zahl stetig wachsenden)
Kurse immer wieder durch Gesprächskreise für Frauen wie einem »Frauen-Forum«, einer
Reihe »Frauen schildern ihren Berufsalltag«, einem »Frauenaussprachekreis«, der unter
Gesamtleitung der Mainzer Bildhauerin Irmgard Biernath stand, oder einem »Rendezvous
der Hausfrau«, einem Gesprächskreis für Hausfrauen, der mit Kinderbetreuung angeboten
wurde.
Wöchentlich stattfindende Diskussionsrunden von Frauen für Frauen gibt es bis heute an
der Mainzer Volkshochschule.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2007 (ew)
118
Frauendemonstration 1978
»Stop Lohndiskriminierung und Frauenarbeitslosigkeit«
Lohnunterschiede 1978: Arbeiterinnen verdienen im Durchschnitt rund 30 Prozent
weniger als Arbeiter. Selbst ungelernte Arbeiter erhalten höhere Stundenlöhne als
Facharbeiterinnen. Ebenfalls bei rund 30 Prozent liegt der Lohnunterschied zwischen
weiblichen und männlichen Angestellten.
Arbeitslosigkeit 1978: Von den knapp 27 Millionen Erwerbspersonen sind nur etwa zehn
Millionen weiblich, der Frauenanteil unter den Arbeitslosen beträgt aber 54 Prozent und
unter den Ausbildungsplatzsuchenden sind sogar 63 Prozent weiblich.
DGB-Demonstration 1978
»Wir geben keine Ruhe mehr, Frauenarbeitsplätze her!«
Am Samstag, den 9. September 1978 versammelten sich um 11 Uhr rund 2000 Frauen
(und Männer) vor dem Mainzer Hauptbahnhof zu einer zentralen Demonstration gegen
Lohndiskriminierung und Frauenarbeitslosigkeit. Viele der Teilnehmerinnen waren per
Zug oder Bus aus dem gesamten Bundesgebiet angereist.
Hauptforderungen der Demonstrantinnen waren: Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit,
qualifizierte Ausbildungs- und Arbeitsplätze für Frauen auch in technischen Berufen,
Arbeitszeitverkürzung und eine bessere regionale Strukturpolitik.
Aufgerufen hatte der Deutsche Gewerkschaftsbund Rheinland-Pfalz; Hauptinitiatorin war
die damalige DGB-Frauensekretärin und heutige SPD-Bundestagsabgeordnete Karin Roth.
Vom Bahnhof führte der Demonstrationszug durch die Innenstadt zum Kurfürstlichen
Schloss, wo die Abschlusskundgebung stattfand.
Dort sprachen Gisela Kessler vom Hauptvorstand der IG Druck und Papier und der
rheinland-pfälzische DGB-Landesbezirksvorsitzende Julius Lehlbach.
Die Demonstration und Kundgebung in Mainz gehörten zu den vielen Aktionen, die
Ende der 1970er Jahre von Frauen aus Initiativen, Gewerkschaften und Parteien gegen
Missstände auf dem Arbeitsmarkt durchgeführt wurden.
Den bis heute bekanntesten Kampf um Lohngleichheit führten dann zwischen 1978
und 1981 die 29 Fotolaborhelferinnen der Firma Heinze in Gelsenkirchen. Die »HeinzeFrauen« klagten um gleichen Lohn bis zum Bundesarbeitsgericht, das am 9. September
1981 zu ihren Gunsten entschied – und damit auf den Tag genau drei Jahre nach der
Großveranstaltung in Mainz.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2012 (ew)
Frauenfeuerwehr in Ebersheim
1943 bis 1945
Zwei Jahre in der weit über hundertjährigen Geschichte der Freiwilligen Feuerwehr
Ebersheim gehören den Ebersheimerinnen, die als Feuerwehrhelferinnen in den letzten
beiden Kriegsjahren aktiv waren.
Sie ersetzten - wie überall in Kriegszeiten üblich - die fehlenden Männer. »Der Not
gehorchend entstand im Jahr 1943 die Frauenfeuerwehr«, schreibt dazu die Festschrift
der Feuerwehr zum hundertjährigen Bestehen.
Der Not gehorchten für zwei Jahre viele Ebersheimerinnen. Leiterin der Feuerwehr war
Margret Ginz. Ihre Stellvertreterin war Else Wohn. Zur Feuerwehr gehörten: Anna Becker,
Helena Becker, Eva Blankenberger, Emma Eckert, Katharina Friedrich, Anneliese Gilsdorf,
Margret Glaser, Gertrud Karl, Maria Karl, Anneliese Nauth, Anneliese Schäfer, Katharina
Sieben, Helena Stuppert, Barbara Schuster, Irmgard Vollmer, Anna Wohn, Anni Worf und
Kunigunde Worf.
1945 aber übernahmen wieder die Männer das Kommando - auch in der Freiwilligen
Feuerwehr Ebersheim.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2000 (ew)
119
Das erste Frauenhaus
Signet des Vereins Frauen helfen Frauen e.V.
Plakat zur Ausstellung des Frauenkunst
verbandes »Dreistädtebund«
Am 1. Juni 1979 wurde in Mainz das autonome Frauenhaus eröffnet.
Drei Jahre zuvor, am 7. Juli 1976, war in Berlin die erste Zuflucht für körperlich und
seelisch misshandelte Frauen und ihre Kinder eingerichtet worden. Schon bald bildeten
sich in anderen Städten Frauenhausinitiativen – wie eben auch in Mainz. Im Januar
1978 gründete sich im Frauenzentrum die Initiativgruppe »Gewalt gegen Frauen«. Sie
machte durch öffentlichkeitswirksame Aktionen auf unhaltbare Zustände aufmerksam:
misshandelte Frauen mussten entweder ins Eglihaus (ein Heim für Nichtsesshafte)
oder gar in die Psychiatrie. Ihre Kinder wurden in Heimen oder bei Pflegefamilien
untergebracht.
Nach schwierigen Verhandlungen mit der Stadt konnte der Trägerverein »Frauen helfen
Frauen e.V.« Zuschüsse zur Erstausstattung einer angemieteten Wohnung und zu den
Personalkosten durchsetzen. Von Anfang an litt das Projekt unter Geldknappheit. Ein
1984 gegründeter Förderverein sollte zusätzlich zur finanziellen Absicherung beitragen.
Die Finanzierung des Frauenhauses hielt jedoch nie Schritt mit der Zahl der Zuflucht
suchenden Frauen. Zum zehnjährigen Bestehen 1989 bilanzierte der Verein, dass bereits
über 4000 Frauen und Kinder Schutz im Frauenhaus gefunden hatten. Ein Jahr zuvor hatte
»Frauen helfen Frauen e.V.« eine Beratungsstelle außerhalb des Frauenhauses eröffnet.
Direkte Hilfe für misshandelte Frauen, aber vor allem Öffentlichkeitsarbeit über das
Ausmaß von Gewalt an Frauen gehörte von Anfang an zum Programm des autonomen
Frauenhauses.
Nach 17 Jahren, zum 30. April 1996, stellte der autonome Verein die Arbeit im Frauenhaus
und der Beratungsstelle wegen unüberbrückbarer Differenzen über die Art der öffentlichen
Finanzierung ein.
Seither ist das Mainzer Frauenhaus in Trägerschaft des Sozialdienstes Katholischer
Frauen.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2004 (ew)
Frauenkunstverband »Dreistädtebund«
Am 19. November 1916 wurde der Zusammenschluss der in der Kunst beruflich tätigen
Frauen der Städte Mainz, Darmstadt und Frankfurt in Mainz gegründet. Gleichzeitig
war er die Ortsgruppe des Frauenkunstverbandes (FKV). Für die ersten drei Jahre wurde
Mainz als Sitz des Bundes bestimmt. Die Ziele waren: die Förderung der Interessen der
Künstlerinnen, die Verständigung und Zusammenarbeit mit Künstlervereinigungen, die
Förderung günstiger Ausstellungsbedingungen und die Werbung für die Mitarbeit der
Frau im öffentlichen Kunstleben. Tätige Malerinnen, Bildhauerinnen und Graphikerinnen
konnten Mitglied werden, aber auch fördernde Gönnerinnen und Gönner. Die Mainzer
Frauen traten dann auch gleich mit einer graphischen Ausstellung im Gutenbergmuseum
im April/Mai 1917 an die Öffentlichkeit. 270 Werke von 61 Künstlerinnen waren dort zu
sehen und zu kaufen.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1994 (mc)
Frauenwahlrechtskampagne in Mainz 1912
Der Vortrag einer englischen Suffragette in Mainz im Dezember 1912 gehört zu den
wenigen dokumentierten Ereignissen in der Bewegung um das Frauenwahlrecht in Mainz.
Die katholische Tageszeitung Mainzer Journal berichtete erwartungsgemäß negativ über
die Veranstaltung im Bankettsaal der Liedertafel in der Großen Bleiche.
Scharfe Auseinandersetzungen, wie sie die englischen Suffragetten in jahrelangen
Kämpfen gelernt hatten, wurden in Mainz nicht geführt. Sechs Jahre später, im Zuge
der Novemberrevolution 1918, erhielten Frauen in Deutschland das aktive und passive
Wahlrecht. 1919 konnten sie dieses Recht erstmals in Anspruch nehmen. Wählen wurde
120
auch Frauensache. Gewählt werden weniger: noch immer sind Frauen in Parlamenten
unterrepräsentiert.
Bericht im Mainzer Journal vom 7. Dezember 1912:
»Mainz 7. Dez. Es wäre zu erwägen, ob man der Frau, die im Kampf des Lebens allein
dasteht, die vielleicht gar die Sorge für eine Familie zu tragen hat, das politische
Stimmrecht gäbe. Es fragt sich nur, ob unsere Frauen in ihrer Mehrzahl politisch so
geschult sind, dass sie dergleichen erstreben. Die Römer gaben der alleinstehenden
Frau propter animi levitatem, - wegen ihres leichten Sinnes - einen Vormund. Von
dieser Fessel hat sich die heutige Frauenwelt längst befreit und vielerorts - so auch in
Mainz - bestehen Frauenstimmrechts-Vereine, die gleich den Engländerinnen das vote
for women erkämpfen wollen. Diese Mainzer Damen hatten für gestern Abend eine
englische Suffragette, Miss Tyson, hierher geladen, um im Bankettsaal der Liedertafel
einen Vortrag zu halten. Das Interesse in Mainz scheint nun erfreulicherweise für die
englischen Frauenrechtlerinnen nicht sonderlich groß zu sein, denn es hatten sich
vielleicht 100 Personen, zu neun Zehntel Damen, dazu eingefunden. Miss Tyson ist
etwa 35 Jahre alt und stellt so ungefähr den Typ dessen dar, was man sich unter einer
Suffragette denkt; ziemlich groß, hager und beweglich ist sie. Nur das Hellblau ihres
Kleides stand etwas im Gegensatz zu ihrer Rede. Sie entschuldigte sich, dass sie einen
im März angekündigten Vortrag habe absagen müssen: aber damals seien die Wogen
des Kampfes in London hochgegangen und nachher habe sie zwei Monate im Gefängnis
gesessen. Dann schalt die Dame wacker auf die Zeitungen, die im Ausland ebenso wie in
England die betreffenden Vorgänge so unrichtig darstellten. Der Engländer lasse sich im
politischen Leben nicht so vieles bieten wie der Deutsche, und lasse sich auch leichter zu
Gewalttätigkeiten hinreißen. Wie einst in England die Männer den Kampf um die magna
charta libertatum ausgefochten hätten, so kämpften jetzt die Frauen um das Stimmrecht.
Dass die englischen Frauen politisch geschult seien, beweise der Umstand, dass sie bei
den Wahlen einen großen Teil der Kleinarbeit leisteten. Sie hätten jedes Mittel versucht,
auf friedlichem Wege zum Ziele zu kommen, aber alles sei gescheitert an dem Widerstand
und der Wortbrüchigkeit der Regierung. Die Minister Asquith und Edward Grey schienen
der Rednerin besonders verhasst zu sein. Das Einwerfen von Fensterscheiben sei nicht
so streng zu beurteilen: das sei in England ein althergebrachtes politisches Mittel, mit
dem man seine Ungeduld (!) an den Tag lege. (Kürzlich hat eine Stimmrechtsdame einem
Minister einen Regenwurm ins Gesicht geworfen; ob da auch ein »Zeichen der Ungeduld«
ist?) Vor der Polizei habe man in Deutschland viel mehr Achtung als in England. Man sehe
dort im Polizisten nur den Schützer des Volkes und deshalb hätten die Suffragetten in
England sich auch durch die Polizei niemals zurückhalten lassen. Es sei nicht erwiesen,
dass eine Stimmrechtlerin jemals einen Schutzmann gebissen oder gekratzt habe, denn
sonst wäre sie doch auch dieserhalb vor Gericht angeklagt worden, und nicht wie es
seither der Fall war wegen Gehorsamsverweigerung. Es sei keine Weisheit der Regierung,
die »Ungeduld« des Volkes (die sich im Einschmeißen von Fensterscheiben äußert), zu
unterdrücken, aber die englische Regierung stehe auf gleicher Tiefe mit den Tyrannen
oder noch tiefer. Deshalb ließen sich die Kämpfenden auch die Art der Waffen nicht
vorschreiben. Die Suffragetten schrieen die Minister in Versammlungen auch nieder;
man möge sagen, das sei nicht schön und frauenhaft; „das ist uns gleich, wenn es uns
nur nützt“. Das wüssten die Stimmrechtsdamen, dass ein Politiker nie ein Ehrenmann
sei. Deshalb ließen sie sich von Asquith ein Versprechen dreimal geben, und trotzdem
habe er es gebrochen und die Bill, die den Frauen das Stimmrecht verschaffen sollte,
nicht eingebracht. Doch man habe sich in den Frauen verrechnet. Miss Tyson verteidigte
es auch, dass die Suffragetten in London Säure in die Briefkästen gegossen und zahllose
Briefe dadurch vernichtetet haben, und sie erklärte es als verständlich. Sie hat eigentlich
die denkbar ungünstigste Auffassung von der Taktik der englischen Stimmrechtlerinnen
begründet und auch Frau Bucksath konnte in ihrem Nachwort die schlimmen Eindrücke
mit Redensarten, weil »Idealismus der Tat« nicht verwischen. Gott behüte Deutschland
vor Frauenrechtlerinnen vom Schlage der englischen Suffragetten. Es wird in den
bekannten englischen Skandalen wieder offenbar, was man so beobachten kann, dass,
wenn die Frau aus ihrer eigentlichen Berufssphäre herausgerissen wird, sie leicht zu
121
den radikalsten Anschauungen gelangt und vor den verwerflichsten Handlungen nicht
zurückschreckt. Das hat Schiller schon im Liede von der Glocke sehr drastisch, wenn auch
mit einer logischen Entgleisung, ausgedrückt: Da werden Weiber zu Hyänen und treiben
mit Entsetzen Scherz, noch zuckend, mit des Panters Zähnen zerreißen sie des Feindes
Herz. An der Aussprache beteiligten sich die Herren Adelung, Munk, Christ und Frau Dr.
Nägeli. Eine unbedingte Zustimmung fand die Rednerin nicht.«
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1995 (ew)
Erstes Mainzer Frauenzentrum in der Badergasse
Erstes Frauenzentrum in der Badergasse
Das Fräulein vom Amt in Mainz
Am 6. Dezember 1975 war es endlich soweit: die noch junge Mainzer Frauenszene bezog
in der Badergasse 2 ihr erstes eigenes Zentrum und schuf sich so einen eigenen Ort für
Aktivitäten von Frauen für Frauen. Genau genommen war die Badergasse in der Altstadt
schon die zweite Adresse des Frauenzentrums. Für einen Monat hatten die Gründerinnen
des Zentrums im Oktober 1974 Räume in der Rheinallee 74 bezogen, aber dort wegen
anderweitiger Nutzung der Räume sofort wieder ausziehen müssen.
Drei Gruppen, ein 218-Komitee, eine Frauengruppe und eine Lesben-AG waren damals
die aktiven Trägerinnen der Mainzer Frauenszene und des neugegründeten Zentrums. Vier
Jahre später, als die Badergasse schon längst nicht mehr den Anforderungen genügte,
fand der Umzug in die Goethestraße 38 statt. Seit 1992 befindet sich das Frauenzentrum
in der Walpodenstraße 10.
Das Foto von der Eingangstür zum ersten Frauenzentrum ist in doppelter Hinsicht ein
Erinnerungsstück: es zeigt gleichermaßen Frauengeschichte und Sanierungsgeschichte,
denn dieses Haus Badergasse 2 gibt es heute nicht mehr.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1997 (ew)
Das Fräulein vom Amt - Ein Frauenberuf
Am 15. Oktober 1883 klingelten in Mainz die ersten Telefone. Gerade einmal 40
Anschlüsse wurden von der Vermittlungsstelle Am Brand bedient. Noch war das
Vermitteln von Telefongesprächen in Mainz reine Männersache. Mit der Erfindung des so
genannten Vielfachumschalters veränderte sich die Tätigkeit; statt wie bisher im Stehen
wurde sie nun im Sitzen verrichtet und in vielen Städten wurden nun auch Frauen im
Fernsprechdienst beschäftigt. In Mainz war es Anfang 1897 endlich soweit - die ersten
15 Frauen nahmen ihren Dienst in der Vermittlungsstelle auf. Ab 1905 wurde in Mainz
der 24-Stunden-Vermittlungsdienst eingeführt, bis dahin waren Telefonate nur von acht
Uhr morgens bis neun Uhr abends möglich. Die Einstellungskriterien waren streng: Die
Frauen mussten zwischen 18 und 30 Jahren alt, schuldenfrei, nicht vorbestraft, ledig oder
kinderlos verwitwet und mindestens 1,56 m groß sein. Später wurden die körperlichen
Voraussetzungen einer noch strengeren Prüfung unterzogen. Die Sitzhöhe, gemessen
von der Stuhlfläche bis zum Scheitel, und die Spannweite der Arme mussten zusammen
mindestens 233 Zentimeter betragen.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1998 (ew)
Von »gemeinen frauwen« und »dochtern«
Prostitution im mittelalterlichen Mainz
Das Mittelalter kannte bereits viele Bezeichnungen für Prostituierte. In Mainz waren
vor allem die Begriffe gemeine Frauen und Töchter geläufig. Die Prostituierten galten in
der städtischen mittelalterlichen Gesellschaft zwar als ehrlose und sündhafte Frauen,
gleichzeitig aber wurden sie als notwendig betrachtet. So notwendig, dass das Mainzer
Erzstift bis weit ins 15. Jahrhundert hinein selbst Eigentümerin eines gemeinen
122
Stockhauses, wie Bordelle in Mainz genannt wurden, war – und dabei nicht schlecht an
der städtischen Prostitution verdiente.
Allwöchentlich hatten die Töchter und die Pächter oder Pächterinnen des Stockhauses
eine feste Abgabe zu entrichten. Auch die wohl erst später hinzugekommenen privaten
Häuser waren zu Zahlungen verpflichtet.
Vermutlich lag das im Besitz des Erzstiftes befindliche Stockhaus in der gleichnamigen
Stockergasse (auch Strickergasse genannt), im Bereich des heutigen Hopfengartens.
Die sittenpolizeiliche Aufsicht und Gerichtsbarkeit über die Töchter und Stockhäuser
übte der Walpode aus. An diesen weltlichen Aufseher und Richter des Erzstiftes, in
verschiedenen Quellen auch als amptmann bezeichnet, wurden die wöchentlichen
Zahlungen entrichtet. Bei Nichteinhaltung der Zahlungsverpflichtungen konnte der
Walpode Geld- oder Gefängnisstrafen verhängen. Der Walpode war auch für viele andere
Rechtsangelegenheiten der Töchter zuständig. Belege dafür liefert das so genannte
Weistum, eine mittelalterliche Aufzeichnung von gewohnheitsrechtlichen Rechtssätzen,
des Walpoden Heinrich Schreiber aus den Jahren 1402.
Diß ist daz recht von frauwen…Diß ist von dochtern…Diß ist von dem gemeinen Stockhuse
lauten die Überschriften zu den einzelnen Rechtsfestlegungen.
In vielen anderen mittelalterlichen Städten regelten so genannte Frauenhaus-Ordnungen
die Rechte und Pflichten der Prostituierten und der PächterInnen der Häuser. Für Mainz
ist eine solche Ordnung, die auch eine strenge Kleiderordnung umfassen konnte, nicht
belegt.
Städtische Handelslehranstalt
Wie groß die Zahl der Prostituierten in Mainz gewesen ist, ist unbekannt. Doch allzu klein
mag sie nicht gewesen sein, denn schon das Mittelalter kannte einen ausgedehnten
Prostitutionstourismus. Besonders die Frankfurter Messen hatten es den Mainzer
»Frauenwirtinnen« angetan. So führte der Rat der Stadt Frankfurt zur Herbstmesse im
Jahr 1489 beredte Klage darüber, dass »frauenwirthynnen von Mentze« wieder einmal
unkonzessioniert ihr Gewerbe nach Frankfurt verlegt hatten und sie der Stadt verwiesen
werden mussten.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2005 (ew)
Die städtische Handelslehranstalt
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es in Mainz eine ganze Reihe von
Bildungseinrichtungen für angehende Kaufleute. Die Industrie- und Handelskammer
für Rheinhessen ergriff 1906 erneut die Initiative, wenigstens einige von ihnen
unter der Bezeichnung Handelslehranstalt zusammenzufassen. Mit der einjährigen
Handelsabteilung der Frauenarbeitsschule sollte auch eine spezielle Einrichtung für
Frauen in die neue Schule integriert werden. Am 1. April 1907 war es dann soweit.
Genau zehn Jahre später ging die öffentliche Handelslehranstalt in die Verwaltung
der Stadt über. Parallel zur Höheren Handelsschule führte die Handelslehranstalt
über viele Jahrzehnte eine Mädchen- und eine Knabenabteilung. Ab 1921 wurde die
Mädchenabteilung neu strukturiert und auf einen zweijährigen Schulbesuch ausgedehnt.
Die Schule bestand auch während der Nazizeit. Sie wurde nur - wie alle Schulen - in den
letzten Kriegsmonaten geschlossen.
Im April 1947 konnte der Schulbetrieb wieder aufgenommen werden, zunächst in der
Eisgrubschule und auf der Zitadelle, später dann in der Fürstenbergerhofschule.
»Aufgabe der Schule ist es, junge Menschen beiderlei Geschlechts für das Leben und
insbesondere für den Dienst in Wirtschaft und Verwaltung vorzubereiten«, weist die
Festschrift zum 50jährigen Bestehen der Schule aus.
Beiderlei Geschlechts - das bedeutete fünfzig Jahre nach Gründung der Schule ein
Verhältnis von 259 jungen Frauen zu 161 jungen Männern.
Dies spiegelt sich auch in der 1957 herausgegebenen Festschrift wider, die fast
durchgängig die grammatikalisch weibliche und die männliche Form verwendet - oder
sogar von »Schüler(innen)« schreibt.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2000 (ew)
123
Hebammen der Hebammenlehranstalt
Hafenstraße 8
Hebammen der Hebammenlehranstalt
Die Hebammenlehranstalt wurde um 1484 als Teil der Mainzer Universität vom Kurfürsten
Diether von Isenburg ins Leben gerufen. Sie gehörte zu den ältesten Hebammenanstalten
Deutschlands. 1806 wurde eine Entbindungsanstalt und 1912 eine gynäkologische
Abteilung angegliedert. Die Hebammenschule bildete Frauen in neunmonatigen Kursen
aus. Die Hebammen konnten mit einer Gemeinde oder einem Stadtbezirk einen Vertrag
abschießen für ihre zukünftige Tätigkeit, die dann die Ausbildungskosten trugen.
Daneben gab es seit 1912 eine fünfmonatige Ausbildung für Frauen zur staatlich
geprüften Wochenpflegerin. Wirtschaftlich waren die Hebammen fast immer in einer
Notlage. In der Regel erhielten sie keine existenzsichernde Entlohnung, waren bei
Krankheit und Dienstunfähigkeit nicht versichert und hatten keine Altersversorgung.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1992 (mc)
Heiraten im 18. Jahrhundert
1723 erließ Kurfürst Lothar Franz von Schönborn neue Heiratsbestimmungen und
setzte damit die Bemühungen seiner Vorgänger fort, die Eheschließungen in Kurmainz
in geordnete Bahnen zu lenken. Das Kurfürstentum folgte damit dem Vorbild anderer
Territorialstaaten, die Ehe stärker rechtlich zu regeln. Paare, die ohne Zustimmung der
Eltern eine Ehe eingingen, sollten künftig bestraft werden. Auch den Pfarrern, die ein
Paar ohne Elternkonsens und ohne »ehrliche Zeugen« trauten, drohte eine empfindliche
Geldstrafe oder gar der Verlust des Pfarramtes. Zudem mussten die Ehewilligen in Mainz
einen so genannten Ausheisschein des Vizedomamtes, das für die weltlichen städtischen
Angelegenheiten zuständig war, vorlegen. Ab 1758 mussten die Mainzer Stadtpfarrer
von sich aus das Vizedomamt schriftlich von jeder beabsichtigten Eheschließung in ihrer
Pfarrei informieren.
Doch auch so war es den Bewohnerinnen und Bewohnern der Stadt nicht gestattet,
aus freien Stücken zu heiraten. Ohne den Nachweis eines ausreichenden Einkommens
oder Vermögens (und bei Männern über den abgeleisteten Militärdienst) war an eine
Genehmigung zur Eheschließung kaum zu denken. Weibliche und männliche Dienstboten
hatten geringe Chancen, eine Genehmigung ihrer Herrschaft zu bekommen, wobei
die wohlhabenden Kreise der Stadt durchaus ein Interesse an ehelich geborenem
Dienstbotennachwuchs hatten. Auch anderen sozialen Gruppen wie Handwerksgesellen,
Studenten, Militärangehörigen oder den Armen der Stadt, war es nicht erlaubt, einfach so
eine Ehe einzugehen.
Das durchschnittliche Heiratsalter einer Mainzerin lag, wie der Historiker Walter G. Rödel
errechnet hat, bei 23 Jahren, das der Männer bei 28. Im Durchschnitt war ein Ehepaar
wegen der geringeren Lebenserwartung der Menschen in dieser Zeit rund 15 Jahre
verheiratet. Nicht ungewöhnlich waren Zweit- oder sogar Drittehen. Sie machten zum Teil
ein Drittel aller Eheschließungen aus.
Eine kurfürstliche Ordnung von 1699 schrieb vor, die Hochzeitsfeiern auf einen Tag zu
begrenzen. Doch nicht selten wurde weiterhin wie gewohnt ausgiebig drei Tage gefeiert.
Geheiratet wurde am liebsten an Sonntagen oder Montagen. Geheiratet wurde vor allem
in den Monaten Januar, Februar und November, um nicht mit der Fastenzeit, den hohen
kirchlichen Feiertagen oder den Erntemonaten in Konflikt zu geraten.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2009 (ew)
124
Hexenverfolgung im Kurfürstentum Mainz
Am 11. Dezember 1593 fand die einzige für Mainz nachweisbare Hinrichtung einer der
Hexerei beschuldigten Frau statt. Catharina Heinlein, die Schmidtbeckin genannt, hatte
sich aus dem Dorf Neudenau im südlichen Odenwald nach Mainz geflüchtet, um ihren
Verfolgern zu entkommen. Anfang Oktober wurde sie jedoch in Mainz aufgegriffen und in
Haft gesetzt.
Nachweisbar für Mainz sind darüber hinaus Klagen von Frauen gegen ihre Verleumder. So
klagte eine Veronika aus Usingen im Jahr 1511 gegen den Sackträger Hans Behaltnust,
weil er sie der Hexerei bezichtigt hatte. Fast zeitgleich klagte auch die Mucken Els’ vor
dem Mainzer Rat gegen einen Hans Hengen aus Zahlbach. Auch sie bekam Recht. Es
folgten noch weitere Klagen von betroffenen Frauen oder deren Ehemännern.
Doch bereits vor den Toren der Stadt und erst recht in den ländlichen Gebieten des
großen Kurfürstentums Mainz tobte die Inquisition. Das Maß der Verfolgung erreichte
unter der Herrschaft des Kurfürsten Johann Schweikard von Kronberg ab 1611 seinen
Höhepunkt.
1613 und 1614 wurden in Mombach 10 Frauen und 24 Männer der Hexerei angeklagt
und hingerichtet. Auch für Hechtsheim sind Prozesse und Hinrichtungen nachweisbar.
Besonders eifrig waren die Verfolger in Bodenheim. Die ersten Verfahren fanden wohl
1612 statt. Die Gemeinde verpflichtete sich sogar, die Kosten für die Prozesse aus der
Gemeindekasse zu bestreiten. In Bodenheim fanden mindestens 23 Frauen und ein
Mann den Tod durch Hinrichtung. Zwei Frauen starben noch in der Haft.
Hexerei galt als Offizialdelikt. Auslöser für die meisten Ermittlungen gegen vermeintliche
Hexen aber war Denunziation durch die Bevölkerung.
1612 erließ Kurfürst Johann Schweikard die kurmainzische Verordnung zur Führung der
Ermittlungen und Prozesse. Ein knapp 100 Fragen umfassender Katalog galt als Anleitung
zum Verhör. Geregelt wurden die Einziehung des Vermögens der Beschuldigten und die
Entlohnung der Ermittler; en detail geregelt wurden auch die Kosten für die Verpflegung
der Inhaftierten.
Erst in der Amtszeit von Johann Philipp von Schönborn fand die Hexenverfolgung Mitte
des 17. Jahrhunderts ihr Ende. Das Ende der Grausamkeiten war wohl weniger dem
aufgeklärten Geist des Kurfürsten zu verdanken. Finanzielle Erwägungen mögen im
Vordergrund gestanden haben, denn der Staat hatte am Ende des Dreißigjährigen Krieges
kaum Geld, um kostspielige Hexenprozesse zu führen.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2001 (ew)
Der Frauenverein Humania 1849
Der offizielle Name des größten und einflussreichsten Frauenvereins jener Zeit
lautete »Humania. Mainzer Frauenverein für vaterländische Interessen« und war der
Zusammenschluss zweier fast zeitgleich im Mai 1849 gegründeten Frauenvereine zur
Unterstützung der Aufständischen von 1848/1849 und ihrer Familien. Innerhalb von
zwei Wochen nach dem Zusammenschluss hatte die neue Organisation bereits 1500
Mitglieder, die Zahl wuchs noch auf insgesamt 1647. Statistisch gesehen, hatte sich fast
jede neunte zu dieser Zeit in Mainz lebende Frau dem Verein angeschlossen. Allein von
Mai 1849 bis Juni 1850 sammelte der Verein durch Mitgliedsbeiträge, Spenden, Lotterien
und Benefizveranstaltungen fast 6000 Gulden zur Unterstützung der notleidenden
Familien und der Aufständischen selbst. Neben Geld wurden Kleidungsstücke,
Verbandsmaterialien und anderes gesammelt und weitergeleitet.
An der Spitze der Humania standen als Präsidentin Kathinka Zitz und als
Vizepräsidentin Amalia Bamberger, deren Sohn Ludwig eine bedeutende Rolle in
der Mainzer demokratischen Bewegung spielte. Auch die meisten der insgesamt 21
Vorstandsmitglieder hatten verwandtschaftliche Beziehungen zu Mitgliedern des 1848
gegründeten Demokratischen Vereins. Zu den Versammlungen des Demokratischen
Vereins, der zu seinen besten Zeiten 2000 Mitglieder zählte, hatten Frauen nachweislich
125
Zutritt, an eine Mitgliedschaft aber war nicht zu denken. So entstand der Gedanke, nach
dem Vorbild anderer Städte eine eigenständige Frauenorganisation zu bilden. (Nur wenige
Tage nach Humania selbst entstand in Kastel der Zweigverein Rhenania.)
Titelblatt Statuten des Israelitischen Krankenpflegevereins
Bedürftige Frauen, deren Männer in den Aufständen kämpften, gefallen, inhaftiert oder
geflüchtet waren, erhielten wöchentlich Geld vom Verein. Es gab Hilfen für Schwangere,
die Bezahlung von Ärzten wurde übernommen oder auch Kinderbetreuung organisiert,
damit sich die Frauen Arbeit suchen konnten. Auch die Kämpfer, die Gefangenen und
Geflüchteten wurden direkt materiell unterstützt. So reiste Kathinka Zitz selbst mit
Hilfslieferungen für Gefangene und Geflüchtete bis in die Schweiz.
Die anfängliche Begeisterung der Mitglieder hielt nicht lange an. So gab es schon bald
Streit um die Höhe des Mitgliedsbeitrages, aber auch um die inhaltliche Ausrichtung
des Vereins. Die einen wollten allgemein wohltätig wirken, andere wiederum sahen ihr
Engagement stärker politisch motiviert.
Am 16. Juni 1850 traten Kathinka Zitz und sechs weitere Mitglieder des Vorstandes,
darunter Amalia Bamberger, zurück. Die Mitgliederzahl sank in der Folge beträchtlich
auf nur wenige hundert. Auf dem Papier bestand der Frauenverein Humania als
Wohltätigkeitsverein noch bis September 1851.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2009 (ew)
Israelitischer Krankenpflegeverein der Frauen und Mädchen
Am 12. April 1853 verabschiedete der Israelitische Krankenpflegeverein der Frauen
neue Statuten und legte fest: »Der israelitische Kranken=Verein der Frauen hat den
Zweck, für Pflege, Unterhaltung und mögliche Genesung seiner erkrankten Mitglieder
zu sorgen…« So hatte durch diese frühe Form einer Krankenversicherung jedes Mitglied
des Vereins Anspruch auf unentgeltliche ärztliche und wundärztliche Behandlung, sowie
auf unentgeltliche Verabreichung der vom Vereinsarzt angeordneten Medikamente, auf
Geldunterstützung und auf Geldunterstützung bei einem Kuraufenthalt.
Beitreten konnten dem Frauenverein - es gab auch Krankenvereine der Männer
- alle Frauen, deren Männer der israelitischen Gemeinde in Mainz angehörten,
beziehungsweise Ehefrauen von verstorbenen und Töchter von Mitgliedern. 1853
betrug der wöchentliche Mitgliedsbeitrag vier Kreuzer. Später waren es neben einer
Aufnahmegebühr, dem so genannten Einkaufsgeld, in Höhe von 3,50 Mark (und einer
Mark für den Vereinsdiener) wöchentlich 15 Pfennig für Frauen und monatlich 40
Pfennig für Mädchen. Die Aufnahmegebühr mussten Mädchen nachentrichten, wenn sie
heirateten.
Vertreten wurde der Verein durch einen gewählten Vorstand. Wie groß der Verein in
den ersten Jahrzehnten war, lässt sich nicht genau feststellen. In einem erstmals 1916
veröffentlichten Rechenschaftsbericht sind für diesen Zeitraum 300 Frauen und 52
Mädchen als Mitglieder genannt, die zusammen 2600 Mark an Mitgliedsbeiträgen
erbrachten. Hinzu kamen Vermächtnisse, Spenden, Zinseinnahmen und Vermögen aus
Geldanlagen. So konnte der Verein wohl tatsächlich alle Mitglieder im Krankheitsfall
angemessen unterstützen. Ab 1907 sah die Satzung zudem ein Krankengeld für
Berufstätige vor: »Trägt die Frau zum geschäftlichen Erwerbe bei und tritt durch
die Krankheit Erwerbsunfähigkeit ein, so wird der Kranken vom dritten Tage nach
dem Tage der Erkrankung an gerechnet - auch bei langwierigen Krankheiten - eine
Geldunterstützung von weiteren Mk. 3.60 wöchentlich, auch wenn dieselbe in einem
Krankenhause ist, aber nur für die Dauer von höchstens 13 Wochen gewährt.«
Ein eigenes israelitisches Krankenhaus und Altersheim konnte 1904 eröffnet werden.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2008 (ew)
126
1975 - Das Jahr der Frau in Mainz
Die Vereinten Nationen hatten das Jahr 1975 zum Internationalen Jahr der Frau erklärt.
Weltweit fanden Aktionen, Demonstrationen und Veranstaltungen statt, die auf die
Diskriminierung von Frauen in der Gesellschaft aufmerksam machten.
In Mainz fand unter anderem vom 16. bis 18. Januar 1975 eine große Arbeitskonferenz
des Deutschen Frauenrings zum Thema Massenmedien und Frauenfragen statt. Rund
200 Teilnehmerinnen diskutierten im Goldsaal des Hilton-Hotels mit Vertreterinnen
internationaler Frauenorganisationen und Medienmachern über den Einfluss der Medien
auf die Gesellschaft. Zu den Diskutantinnen zählten auch die stellvertretende UNGeneralsekretärin Helvi Sipilä aus Finnland, Bundestagsvizepräsidentin Liselotte Funke
und die damalige Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit, Dr. Katharina
Focke. Auch andere prominente Politikerinnen nahmen an der Konferenz teil.
Die Mainzerinnen selbst reagierten, wie eine Artikelserie der Allgemeinen Zeitung
vom Januar 1975 zeigte, eher verhalten auf das Internationale Jahr der Frau. Viele der
befragten Frauen wünschten sich zwar berufliche und rechtliche Gleichberechtigung,
glaubten aber nicht, dass das Jahr der Frau einen entscheidenden Durchbruch bringen
würde. Die damalige Lohnstatistik belegte: nur rund 13 Prozent der Frauen, die
überwiegend von ihrem Erwerbseinkommen lebten, hatten netto mehr als 1200 Mark.
Jedoch verdienten 47 Prozent der Männer soviel.
Der geringe Anteil von Frauen in Führungspositionen war auch 1975 Thema in Mainz. So
gab es zum Beispiel bei der Stadt Mainz in den 39 Ämtern nur eine Amtsleiterin. Von 103
Abteilungsleitungsposten waren nur fünf mit Frauen besetzt und 28 der 79 Sachgebiete
wurden von Frauen geleitet.
Plakat zum Jahr der Frau 1975
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2000 (ew)
Jakobinerinnen in Mainz
Unten im Saal des Kurfürstlichen Schlosses hatten sie keinen Platz, als Zuschauerinnen
bei den Sitzungen der am 23. Oktober 1792 gegründeten »Gesellschaft der Freunde
der Freiheit und Gleichheit«, dem Mainzer Jakobinerclub, waren Frauen aber durchaus
willkommen. Die Statuten des Clubs sahen die Mitgliedschaft von Frauen nicht vor, so
revolutionär waren die Mainzer Revolutionäre im Gegensatz zu den Landauer Klubisten
nicht. Demokratisch gesinnte Unterstützerinnen wurden aber dringend gebraucht. So
richtete auch der Student Dreyer, ein führendes Mitglied des Clubs, am 19. Januar 1793
einen Anruf an die »Mitbürgerinnen«.
Die nach der Eroberung von Mainz durch die preußischen Truppen einsetzende
Verfolgung der Mainzer Demokraten machte auch vor den Demokratinnen nicht halt.
Viele Frauen wurden denunziert und verhaftet. Eine von ihnen war Ursula Zech, die für
die Verbreitung von Schriften und Ideen 19 Monate im Kerker saß und anschließend
mit ihrem Mann nach Frankreich ausgewiesen wurde. Zu nennen sind auch Sophie
Westhofen, Maria Riese, Maria von Haupt, Margaretha Bricken und viele andere. Sie alle
wurden systematisch ihrer materiellen Existenz beraubt und geächtet. Einige bezahlten
die Verfolgung und Haft sogar mit ihrem Leben, wie Anna Maria Doll und die beiden
Schwestern Barbara und Maria Anna Seltsam.
Das fehlende Recht zur politischen Mitgestaltung der Mainzer Republik schützte Frauen
durchaus nicht vor Strafe.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1996 (ew)
127
Frauen an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz 1946
Studentinnen Anfang der 1950er Jahre
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde um die Zulassung von Frauen zu den
Universitäten heftig gestritten. Zwischen 1900 und 1908 gaben aber immer mehr
deutsche Universitäten dem wachsenden Druck von Frauen nach und ließen sie zum
ordentlichen Studium zu. Nicht so in Mainz: denn die alte Universität bestand zu dieser
Zeit längst nicht mehr. 1798 hatten die Franzosen die Mainzer Universität aufgelöst.
Bis zu ihrer Neuzulassung durch die französische Militärregierung am 1. März 1946 war
Frauenstudium in Mainz kein Thema. Als am 22. Mai 1946 der Studienbetrieb an der
»Johannes Gutenberg-Universität« aufgenommen wurde, nahmen erstmals Frauen in den
Hörsälen Platz. Heute sind mehr als die Hälfte der Studierenden Frauen.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1995 (ew)
Frauentag des Katholischen Frauenbundes
Kinderbewahranstalt in Bretzenheim
1911 begingen die in der sozialistischen Frauenbewegung organisierten Frauen erstmals
einen Internationalen Frauentag; einige Jahre später rief auch der Katholische Frauenbund
zu einem eigenen katholischen Frauentag auf.
Am 5. November 1922 feierte der Mainzer Zweigverein des Katholischen Frauenbundes
den ersten Frauentag, die Idee wurde auch in den Folgejahren beibehalten.
Der erste Frauentag begann morgens um acht Uhr mit einem Gottesdienst im Dom, am
Vormittag und Nachmittag fanden Vorträge und Ansprachen statt. Das Programm am
Vormittag war der Rolle der weiblichen Jugend in der katholischen Kirche gewidmet, am
späten Nachmittag schloss sich eine große Frauenversammlung an.
Hauptrednerin des ersten Frauentags war die Bundesvorsitzende des Katholischen
Frauenbundes, die Reichstagsabgeordnete Hedwig Dransfeld. In einer langen Rede
entwarf sie ein Bild der Zeit und mahnte die Teilnehmerinnen, sich auf ihre Pflichten als
Frauen zu besinnen. »Frauenrechte sind uns in erster Linie Frauenpflichten«. Dransfeld
betonte auch die Notwendigkeit der Schulungsarbeit im Katholischen Frauenbund, damit
jedes Mitglied gewissenhaft den neuen gesellschaftlichen Aufgaben, zu denen auch die
Teilnahme an Wahlen gehöre, nachkommen könne.
Die Rede von Hedwig Dransfeld wurde in Fortsetzung auch in der katholischen
Tageszeitung »Mainzer Journal« veröffentlicht.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1999 (ew)
Die Kinderbewahranstalt in Bretzenheim
Ende des 19. Jahrhunderts lebten im heutigen Stadtteil Bretzenheim bereits um die
3000 Menschen, und die Zahl wuchs. Viele von auswärts stammende Arbeiterinnen und
Arbeiter hatten sich, weil sie in Mainz selbst keine Wohnungen fanden, im nahegelegenen
und mit der Dampfbahn erreichbaren Dorf niedergelassen und brauchten eine Einrichtung
zur Betreuung ihrer Kinder.
Diese Aufgabe übernahmen ab 1893 die Schwestern von der Göttlichen Vorsehung. Mit
Hilfe der Testamente der 1885, beziehungsweise 1891 verstorbenen Geschwister Peter
und Katharina Müller aus Bretzenheim und einer weiteren Spende war es der Kirche
möglich, ein Haus in der damaligen Grabenstraße anzukaufen und dort unter anderem die
»Kinderbewahranstalt« unterzubringen.
Wie schon an vielen anderen Orten widmete sich die 1851 gegründete Kongregation der
Schwestern von der Göttlichen Vorsehung auch in Bretzenheim der Krankenpflege und
unterhielt eine Näh- und Strickschule.
Zwei Schwestern des Ordens lebten in dem Haus, eine von ihnen war für die
Kinderbetreuung zuständig. Aufgenommen werden konnten bis zu 80 Mädchen und
Jungen aller Konfessionen. Der Besuch der auch Kinderschule genannten Einrichtung
kostete pro Kind im Monat 40 Pfennige. Fest geregelt war der Tagesablauf. Außer an
Sonntagen fand die Betreuung an allen Vormittagen von acht Uhr bis elf Uhr statt und
128
an den Nachmittagen von ein Uhr bis vier Uhr. Ob die Öffnungszeiten den Bedürfnissen
der arbeitenden Mütter, für die die Einrichtung gedacht war, entsprachen, ist nicht
überliefert.
Bis 1941 hatten die Schwestern der Göttlichen Vorsehung die Leitung der Einrichtung,
dann aber wurden sie von den Nazis verdrängt. Nach dem Krieg nahmen die
Ordensfrauen ihre Tätigkeit wieder auf - und aus der ehemaligen Bretzenheimer
Kinderbewahranstalt wurde der Kindergarten St. Georg.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2009 (ew)
Reiche und Arme Klarissen
Im Jahre 1272 wurde in Mainz ein Klarissenkloster gegründet. Der Orden der 1253
verstorbenen Heiligen Klara, der weibliche Zweig des Franziskanerordens, siedelte sich
im Gebiet zwischen Flachsmarktstraße, Petersstraße, Mitternacht und Reichklarastraße
an. Die Kirche des Reichklaraklosters erinnert noch heute an den Orden, sie beherbergt
seit 1908 das Naturhistorische Museum.
Von Anfang an wurde im Orden eine Auseinandersetzung um die Auslegung der
Ordensregeln geführt: Für die einen galt in der Nachfolge Klaras die vollkommene
Besitzlosigkeit als oberstes Prinzip, für die anderen war Besitz erlaubt, wenn er nur
dem Orden zugute kam. Die unterschiedliche Betrachtungsweise manifestierte sich
in Mainz im 17. Jahrhundert in der Gründung eines zweiten Klarissenklosters. Die
neuen Klosterfrauen befolgten streng das Armutsgelübde, die Ordensfrauen im älteren
Klarissenkloster blieben bis zur Auflösung des Konvents 1781 bei ihrer gemäßigten
Haltung.
Die Reichen Klarissen waren lange Zeit die exklusivste und vornehmste klösterliche
Frauengemeinschaft in Mainz. Viele führende Vertreterinnen des Ordens kamen aus
dem Mainzer Kloster. Die Armen Klarissen in der heutigen Klarastraße erreichten diesen
elitären Status nie. Ihr Armutsgebot ging sogar soweit, die eigene Ernährung auf ein
absolutes Minimum zu beschränken. Sie blieben nach 1798 noch eine Weile von den
Auswirkungen der französischen Kirchengesetzgebung verschont. Dies verdankten sie
ihrer sprichwörtlichen Armut, aber auch der Tatsache dass die Armen Klarissen wichtige
und unverzichtbare Pflegedienste leisteten. Am 9. Juni 1802 wurde jedoch auch ihr
Kloster aufgelöst.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1997 (ew)
Kloster Maria Dalheim
Heute erinnert noch ein Straßenschild an das Kloster Dalheim in Zahlbach, die
Klostergebäude selbst existieren schon seit 1810 nicht mehr.
Doch über Jahrhunderte hinweg hatte der Orden der Zisterzienserinnen das Leben der
kleinen Ortschaften Zahlbach und Bretzenheim beherrscht. Von 1270 bis zu ihrer Flucht
vor den kämpfenden französischen und preußischen Truppen 1793 übten die Nonnen
des Klosters Maria Dalheim auch die weltliche Herrschaft über die dort lebenden
Untertanen aus. Die Äbtissinnen waren eine Art feudale Ortsvorsteherinnen, ausgestattet
mit weitgehenden Rechten zur Verwaltung. Damit nahm Kloster Dalheim unter den
Nonnenklöstern in Kurmainz eine Sonderstellung ein - nicht immer zum Wohlgefallen der
erzbischöflichen Kurfürsten.
Den Zisterzienserinnen oblag die sogenannte niedere Gerichtsbarkeit. Dies umfasste
leichte Strafsachen und die Zivilgerichtsbarkeit. Sie übten die Zehntherrschaft aus, waren
Grundherrinnen und hatten die Verfügungsgewalt über Leibeigene. Was dazu diente, die
Stellung des Klosters im Feudalsystem zu sichern, bedeutete für die Untertanen hohe
Belastungen. Die bäuerliche Bevölkerung entrichtete - je nach Status und Abhängigkeit
vom Kloster - den Zehnten und leistete umfangreiche Frondienste. Die Nonnen
profitierten auch vom Tod ihrer Leibeigenen. Starb ein männlicher Leibeigener, so wurde
das so genannte Besthaupt eingefordert, meist war es das beste Stück Vieh. Starb eine
leibeigene Frau, so erhielt das Kloster ihr bestes Kleid.
129
17 Jahre lang wehrten sich die Untertanen gegen Frondienste, die über die üblichen drei
halben Tagen der Woche hinaus geleistet werden sollten. Erst 1790 lenkten die Nonnen
ein. Doch da waren die Tage ihrer Herrschaft über Zahlbach ohnehin gezählt.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1999 (ew)
Die Kochschule
Die ersten koreanischen Krankenschwestern
Die Kochschule
Die Kochschule war eine Abteilung der im Jahr 1896 gegründeten Mainzer
Frauenarbeitsschule. Diese Frauenarbeitsschule, eine Art Volkshochschule für Frauen
und Mädchen, hatte ihren Sitz im Haus Emmeransstraße 41 und am Karmeliterplatz.
Geboten wurde ein breites Spektrum an Kursen, aber auch die Möglichkeit zu einer
Berufsausbildung - sei es eine Ausbildung zur Schneiderin, Handarbeitslehrerin oder
Kindergärtnerin.
Auch die Schülerinnen der Kochschule konnten für den »Hausgebrauch« kochen lernen
oder eben eine Ausbildung zur Köchin durchlaufen.
»Zum Besten der Einrichtung« dieser Kochschule trug auch eine Wohltätigkeitsvorstellung
bei, die im Jahr 1898 im Mainzer Stadttheater gegeben wurde.
Die Ausbildung zur Köchin dauerte in der Regel drei Monate und kostete 50 Mark.
Unterrichtet wurde ganztags. Ein dreimonatiger Kochkurs kostete etwa 60 Mark. Dafür
lernten die Schülerinnen an drei Vormittagen der Woche alles, was zur Führung eines
Haushaltes notwendig war.
Im Jahr 1912, aus diesem Jahr stammt das Gruppenfoto, unterrichteten an der Kochschule
die Lehrerinnen Heitzig und Schulz.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1999 (ew)
Die ersten Krankenschwestern aus Korea
»Zarte Hand und Mandelaugen«, so überschrieb die Mainzer Allgemeine Zeitung
am 29. April 1966 einen Artikel über den Arbeitsbeginn von zwanzig koreanischen
Krankenschwestern an den Mainzer Universitätskliniken. Die so bezeichneten jungen
Frauen gehörten zu den ersten Koreanerinnen, die angeworben wurden, um den akuten
Mangel an examinierten Pflegekräften an den Universitätskliniken und vielen weiteren
deutschen Krankenhäusern auszugleichen. Zu den Initiatoren der Anwerbung gehörten
der damalige Verwaltungschef der Universitätskliniken, Prof. Reinhold Rörig, und der aus
Korea stammende Arzt Dr. Sukil Lee, der zur damaligen Zeit seine Facharztausbildung in
Mainz absolvierte.
Die erste Gruppe, die im Januar 1966 auf dem Frankfurter Flughafen landete, bestand
aus 128 Frauen, die im Koreakrieg zu Krankenschwestern ausgebildet worden waren,
aber später kaum Stellen im eigenen Land fanden. Zunächst ausgestattet mit einem
Dreijahresvertrag, wurden sie in Krankenhäusern im Rhein-Main-Gebiet und in
Rheinhessen eingesetzt.
Leicht hatten sie es nicht mit der fremden Sprache, dem fremden Land und den
fremden Arbeitsbedingungen. Gerade einmal drei Monate hatten sie Gelegenheit, einen
Deutschkurs zu besuchen. So waren zunächst nicht wenige der Frauen weit unter ihrem
Qualifikationsniveau eingesetzt.
Die Anwerbung und Vermittlung koreanischer Pflegekräfte wuchs schnell über Mainz
hinaus. Auf diesem Gebiet mischten plötzlich viele mit: Privatagenturen, Reisebüros und
sogar Fluggesellschaften versuchten sich am Geschäft zu beteiligen. Erst ein Abkommen
zwischen der südkoreanischen und der deutschen Regierung im Jahr 1970 gab der
Anwerbepraxis feste Regeln.
Bis 1977 kamen rund 10.000 koreanische Krankenschwestern und Pflegehelferinnen
nach Deutschland, von denen rund die Hälfte dauerhaft blieb.
130
Kaum Probleme mit der Verlängerung der Arbeitsverträge gab es in RheinlandPfalz und Hessen. Dass dies auch in anderen Bundesländern möglich wurde,
verdankten die Koreanerinnen ihrer eigenen Initiative und Organisationskraft. Mit
Unterschriftensammlungen und Aktionen kämpften sie Mitte der siebziger Jahre
erfolgreich für ihr Bleibe- und Arbeitsrecht.
Die Koreanerinnen blieben nicht die einzigen Pflegekräfte aus Asien an den Mainzer
Unikliniken. Schon wenige Jahre später, am 1. Oktober 1971, nahmen auch 20
philippinische Krankenschwestern ihre Arbeit auf.
Kunstausstellung »Die Mainzerin«
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2012 (ew)
Kunstausstellung »Die Mainzerin«
vom 24. Oktober bis 22. November 1926
Im Jahre 1926 wurde die Städtische Kunsthalle am Liebfrauenplatz eröffnet. Die erste
Ausstellung, die dort einem großen und interessierten Publikum präsentiert wurde, trug
den Titel: Die Mainzerin. Damenbildnis der letzten hundert Jahre aus Privatbesitz.
Organisiert und arrangiert wurde diese Ausstellung durch die Vereinigung Mainzer
bildender Künstler. Gezeigt wurden rund 240 Gemälde und Zeichnungen. Ihr
gemeinsames Sujet: Mainzerinnen. Unter den 80 vertretenen Künstlern war die Zahl
der Mainzerinnen gering. Nur sieben Künstlerinnen fanden Eingang in die Ausstellung;
darunter waren die vier Mainzerinnen Rosa Achenbach, Frida Best, Henny Mannheimer
und Elisabeth Weihrich. Die Ausstellung hatte vor allem eine lokalhistorische Bedeutung,
zeigte sie doch in einmaliger Kombination Porträts von Bürgerinnen der Stadt.
Kunstgewerbeschule
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1996 (ew)
Frauen an der Kunstgewerbeschule
Als die 1841 ins Leben gerufene Kunstgewerbeschule und Handwerkerschule des
Lokalgewerbevereins Mainz im Jahr 1879 das neu errichtete Gebäude in der Schulstraße
3, der heutigen Adam-Karrillon-Straße, bezog, wurden erstmals nicht nur Handwerker
fortgebildet, sondern auch so genannte »Damenkurse« abgehalten. In Halbjahreskursen
mit wöchentlich etwa sechs Unterrichtsstunden »…wird Damen die Gelegenheit geboten,
sich im Zeichnen von Ornamenten und Figuren, sowie im Zeichnen und Aquarelliren von
Blumen und Landschaften zu üben und leichtere kunstgewerbliche Entwürfe zu fertigen.«
Gehalten wurden die Kurse gegen einen Betrag von 20 Mark pro Halbjahr vom damaligen
Direktor der Fortbildungseinrichtung, Eugen Crecelius. Die Zahl der Kursteilnehmerinnen
aus zumeist gutsituierten Kreisen variierte im Laufe der Jahre stark. In manchen
Halbjahren lag sie bei über 30, in anderen hingegen unter zehn. Auch wenn sie keine
regulären Schülerinnen waren, so war es ihnen möglich, ihre Arbeiten für regelmäßig
stattfindende Ausstellungen zur Verfügung zu stellen.
Um 1900 trat eine entscheidende Wandlung für Frauen ein. In der »III. Abteilung Frauenund Mädchenschule« ging es nun vor allem um berufliche Bildung für Frauen. »Der
Unterricht ist vornehmlich für solche Frauen und Mädchen bestimmt, die beruflich sich
dem Studium des Zeichnens widmen wollen, sei es zur Ausbildung als Zeichnerinnen,
Zeichenlehrerinnen oder sei es um das Zeichnen als Beihilfe bei einer Berufsthätigkeit
zu erlernen…« Den Frauen und Mädchen standen nun alle Unterrichtsfächer offen, die
bis dahin nur für die männlichen Teilnehmer gehalten wurden. Nur das Aktzeichnen und
-modellieren wurde nach Geschlechtern getrennt unterrichtet. Wenige Jahre später wurde
der Ausbildungsgang in »Fachschule für Zeichenlehrer und -lehrerinnen« umbenannt.
Daneben aber war es noch »Dilettantinnen gerne gestattet den Unterricht zu besuchen,
und ist derselbe so eingerichtet, daß den Wünschen der einzelnen Besucherinnen
möglichst Rechnung getragen wird.«
131
Aus der ehemaligen privaten Unterrichts- und Fortbildungseinrichtung des
Gewerbevereins wurde später eine staatliche Schule. In ihrer Nachfolge steht seit 1971
die Fachhochschule Mainz in der Holzstraße.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2008 (ew)
Mainzer Lehrerinnen im 18. Jahrhundert
Auch wenn ab 1780 eine kurfürstliche Verordnung eine Schulpflicht für Mädchen vorsah,
stand es um das Mädchenschulwesen in der Stadt nicht zum Besten. Neben den Schulen
der Welschnonnen und der Englischen Fräulein gab es eine Reihe von privat geführten
Schulen. In den wenigen so genannten öffentlichen deutschen Trivialschulen an den
Pfarreien herrschte großer Andrang. So wurde, anders als für Jungen, für Mädchen
weiterhin der Unterricht an Privatschulen geduldet, »…da es immer besser ist, die
Mädchen bekommen einigen Unterricht als gar keinen…«.
Allein die zwei Mädchenklassen an der Pfarrei St. Ignaz hatten 1792 wohl zusammen 300
Schülerinnen. Mangel herrschte auch an (qualifizierten) Lehrerinnen. Eine Quelle nennt
für das ausgehende 18. Jahrhundert acht Lehrerinnen, die vor allem in St. Ignaz und St.
Stefan biblische Geschichte und Hauswirtschaft unterrichteten. Für die anderen Fächer,
wie Buchstabieren, Lesen, Schreiben, Rechnen oder Naturgeschichte, war männliches
Lehrpersonal zuständig.
Zur Auswahl der Lehrerinnen zitiert Heinrich Kempf in seiner Arbeit über das
Mainzer Schulwesen von 1792 bis 1796 einen Bericht des Hofrat Hof von der
‚Generalschulcommission’: »Der Geistliche Rat Turin und ich haben die Aspirantinnen
zu dieser Stelle - (es handelte sich um die Neubesetzung der durch die Entlassung einer
auf Abwege geratenen Lehrerin 1793 verwaisten Mädchenschulklasse) - geprüft. Die
Georgin hatte nach meiner Meinung vortrefflich bestanden, auch hat sie dieses noch für
sich, dass sie schon mehrere Jahre ohne einige Unterstützung vom Staate eine öffentliche
Schule hält und sich dadurch schon um das hiesige Publikum verdient macht, dass sie
ferner eine Bürgerin ist und einen kranken Mann nebst Kindern ernähren muss. Allein sie
ist noch eine junge Frau, die noch Kinder bekommt. Den Umstand der Schwangerschaft
und des Wochenbettes nicht in Anschlag gebracht, muss doch das Kind gestillt werden:
es kann das Ende der Schule nicht abwarten, bis die Mutter wieder zu ihm kommt. Es
entstehen also gewisse Störungen im Unterricht, und dieses bewegt mich auch, für eine
ledige Person zu stimmen und dahin anzutragen, dass in dem derselben auszufertigenden
Dekret ausdrücklich enthalten sei, dass die Schule ihr nur so lang, als sie nicht heiratet,
verliehen sei. Die zweite Aspirantin bestand die Prüfung nicht zum Besten, obschon sie
das Schulhalten schon lange betreibt. Sie war erschrocken; doch hatte sie die schönste
Handschrift. Die dritte Aspirantin hält der ersten das Gleichgewicht, auch ist sie eine
altenauerische Anverwandte, hat also ein näheres Recht zu dem Vorteil des von ihrem
Vater gestifteten Instituts. Ihre Schwester ist schon bei der nämlichen Schule angestellt,
und von zwei Schwestern lässt sich mehr Verträglichkeit erwarten, als von Personen, die
einander nichts angehen. Das einzige, was ihr im Wege stehen könnte, ist ihre Jugend
(sie scheint nicht viel über 16 Jahre alt zu sein). Allein wenn man betrachtet, dass sie nur
Mädchen zu unterrichten bekommt und zwar nach meinem unmassgeblichen Vorschlag
die kleinsten Mädchen, und da diese sich leichter lenken lassen als Buben, so bringe ich
sie in Vorschlag.«
Als Gehalt wurden der neuen Lehrerin 150 fl. im Jahr gezahlt, zudem erhielt sie »ein freies
Wohnzimmer und fünf Stecken Holz«.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2008 (ew)
132
Mädchenhorte in Mainz
Der 1893 gegründete Mainzer Verein für Volkswohlfahrt eröffnete am 18. November 1885
im Schulgebäude in der Schulstraße 9, der späteren Adam-Karrillon-Straße, den ersten
Hort für Mädchen. »Daselbst finden nämlich an jedem Werktage von 4-7, an schulfreien
Nachmittagen von 3-6 Uhr ca. 70 schulpflichtige Mädchen, die sonst zu Hause oder auf
der Straße sich selbst überlassen wären, im Alter von 7-12 Jahren freundliche Unterkunft,
zweckmäßige Unterstützung bei Fertigung ihrer Schulaufgaben, erzieherische Förderung
und anregende Unterhaltung durch wohlgeleitete Spiele im Schulhofe, abwechselnd mit
leichten Handarbeiten oder auch - bei günstigem Wetter - gemeinsamen Spaziergängen.«
Unter Aufsicht eines eigenen mit Frauen besetzten ehrenamtlichen Vorstandes und einer
angestellten Lehrerin wurden in dieser »Mädchenhort I« genannten Einrichtung rund 80
Mädchen betreut. Die meisten von ihnen waren im Alter zwischen sechs und zehn Jahren.
Mädchenhort
Die Nachfrage überstieg - wie heute - bei weitem das Angebot an Hortplätzen. Im
Januar 1899 eröffnete der Verein den Mädchenhort II im Schulhaus am Holztor mit
einer Kapazität von 71 Plätzen; es folgte im November 1902 der Mädchenhort III im
Feldbergschulhaus für 76 Mädchen und der Mädchenhort IV im Fürstenbergerhof für 80
Mädchen. Bei den Mädchen »kommen darum vor allem diejenigen Fälle in Betracht, in
welchen bedürftige Witwen oder beide Eltern, weil sie den täglichen Erwerb des nötigen
Lebensunterhaltes für sich und die Ihrigen außerhalb des Hauses nachgehen müssen,
außer stande sind, die Obhut über ihre Kinder zu Hause selbst zu üben.«
Finanziert wurden die Mädchenhorte und alle anderen Einrichtungen des Vereins aus
Mitgliedsbeiträgen, aus Mitteln anderer Stiftungen und Spenden und aus kleinen
Eigenbeiträgen der Mädchen selbst. So kostete ein Hortplatz wöchentlich 20 Pfennig
oder 10 Pfennig, wenn schon eine Schwester im Hort betreut wurde. Dafür erhielten die
Mädchen neben der Betreuung täglich als Verpflegung »1/2 Schoppen warme Milch und
ein Brötchen«.
Der Verein, der nach eigenen Angaben 1897 bereits über 500 Mitglieder hatte, betrieb
neben den Horten das bereits 1893 eingerichtete Mädchenheim für Dienstmädchen,
anfangs auch eine Volksküche, mehrere Wärme- und Unterstandshallen und in
der Bauerngasse eine Lesehalle. Erst 1913 wurde in der Karmeliterschule auch ein
Knabenhort eingerichtet.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2008 (ew)
Einrichtungen zum Mädchenschutz in Mainz
An der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert entwickelte sich auch in Mainz eine relativ
breite Bewegung zum Schutz von Mädchen und Frauen, die in der Stadt nach Arbeit
suchten oder auf der Durchreise waren. Den Anfang machte auch hier der internationale
»Verein der Freundinnen junger Mädchen«. Aus diesem ursprünglich 1877 in Genf
gegründeten Verein ging später die Bahnhofsmission hervor. Die Mainzer Mitglieder
des Vereins beschlossen im Jahr 1902, mit der Arbeit am Mainzer Bahnhof zu beginnen.
Regelmäßig gingen sie zum Bahnhof und nahmen sich dort der anreisenden Mädchen
und Frauen an, halfen bei der Suche nach einer Stellung und Unterkunft. Denn, so der
Verein, die Unerfahrenheit und Vertrauensseligkeit bringe die Mädchen »hier leicht in
schlimme Lagen, wenn nicht geradezu in die Gewalt der immer frecher auftretenden
Mädchenhändler«. Um diese Bahnhofsarbeit zu intensivieren, suchte der Verein neue
Mitglieder und wollte auch eine Mitarbeiterin einstellen.
1905 gründete sich mit ähnlichem Vereinszweck in Mainz der Katholische
Mädchenschutzverein. Kurz nach der Gründung schrieb die katholische Zeitung Mainzer
Journal »Die veränderten wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse der Gegenwart
treiben viele junge Mädchen aus dem schützenden Elternhause hinaus in die Fremde,
einen Erwerb zu suchen. Die unerfahrene weibliche Jugend ist dabei allen Gefahren des
Lebens in der Großstadt preisgegeben…«. Auch der Katholische Mädchenschutzverein
engagierte sich wie der Verein der Freundinnen junger Mädchen in der Bahnhofsarbeit.
133
Titelvignette »Was Frauen interessiert«
Sechs Jahre später, im November 1911, fand dann die Einweihung eines eigenen Heimes
des Katholischen Mädchenschutzvereins statt. Dieses in der Rosengasse Nr. 15 (der
heutigen Adolf-Kolping-Straße) gelegene Marienheim für katholische Dienstmädchen
sollte den in Mainz in Diensten stehenden Mädchen unter Aufsicht von Ordensfrauen
ein sauberes und sicheres Dach über dem Kopf bieten. Das dreistöckige Gebäude war
aber auch als Übernachtungsstätte für durchreisende oder vorübergehend stellungslose
junge Frauen gedacht. Der vornehmlich auf Spenden angewiesene Verein rettete sich und
das Heim zu Beginn der 20er Jahren, in dem in der Rosengasse Nr. 15 eine städtische
Suppenküche betrieben wurde; in den Folgejahren wurde daraus als Einnahmenquelle ein
»bürgerlicher Mittagstisch für im Erwerbsleben stehende Damen«.
Die Stadt Mainz selbst richtete 1921 ebenfalls in der Rosengasse einen
Übernachtungsraum für durchreisende stellungsuchende Frauen, so genannte weibliche
Wanderer, ein.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2007 (ew)
Mädchenverein zur Unterstützung der polnischen Emigranten 1831
Nach der Niederschlagung des großen Warschauer Aufstandes gegen die zaristische
Fremdherrschaft vom November 1830 waren viele der Aufständischen zur Flucht
gezwungen. Überall in Westeuropa entstanden Hilfsvereine zur Unterstützung der
EmigrantInnen. Sie knüpften nahtlos an die Hilfe an, die bereits für die Aufständischen
organisiert worden war.
In Mainz bildete sich 1831 ein Mädchenverein zur Unterstützung der Emigranten. Die
Mädchen spendeten ihren gesamten Schmuck und veranstalteten eine große Lotterie
zugunsten der Polen. Ihre Aktionen waren so erfolgreich, dass sie mehrere glühende
Dankesschreiben des Polnischen Nationalkomitees erhielten. Auffällig ist, dass die
Vertreterinnen des Mädchenvereins sehr politisch argumentierten und ihre Arbeit nicht als
rein mildtätiges Werk betrachteten. »Kein gemeines Mitleid hauchte Euch den Gedanken
ein!« stellte auch einer der Danksagenden der Warschauer Patriotischen Gesellschaft fest.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1996 (ew)
Was Mainzerinnen lesen (sollten)
Dass Frauen mehr lesen als Männer, wissen wir heute aus der Marktforschung. Vielleicht
wusste dies bereits 1956 die damalige Städtische Volksbücherei und veröffentlichte unter
dem Namen »Was Frauen interessiert!« ein eigenes Bücherverzeichnis. Vielleicht aber
wollte man damit besonders Frauen zur Benutzung der städtischen Bücherei ermutigen.
Auf insgesamt 18 Seiten wurde zusammengetragen, was Mitte der fünfziger Jahre
als lesenswert und interessant für Frauen galt. Neben zahlreichen und spannenden
Empfehlungen unter »Die Frau in der Gesellschaft« und »Lebensbilder bedeutender
Frauen«, überwiegen aber Lesetipps zur Erfüllung der traditionellen weiblichen Rolle,
aufgeführt unter den Rubriken Ehe und Familie, Mutter und Kind, Mode und Handarbeiten,
Gesundheits- und Körperpflege, Wohnung und Haushalt, Bewirtung von Gästen, Kochen.
Genau 195 Titel umfasst das Bücherverzeichnis. Ob die Ausleihzahlen und die Zahl der
Büchereinutzerinnen nach Veröffentlichung der kleinen Broschüre in die Höhe geschnellt
sind, ist leider nicht bekannt.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2003 (ew)
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Mainzer Damen-Turn- und Spiel-Club
Die Anfänge des Frauensports in Mainz
Der erste Mainzer Turnverein für Männer wurde 1817 gegründet; auf die Gründung eines
Turnvereins für Frauen mussten die Mainzerinnen noch lange warten. Erst im Mai 1895
wurde der Mainzer Damen-Turn- und Spiel-Club ins Leben gerufen. Einhellig begrüßt
wurde diese Gründung keineswegs. Turnende Frauen und Mädchen waren in den Augen
vieler Zeitgenossen unweiblich. So berief sich die katholische Tageszeitung Mainzer
Journal auf das untadelige sittliche Empfinden früherer Generationen, die Frauenturnen
keineswegs gebilligt hätten, sondern höchstens mäßige Zimmergymnastik erlaubt,
und alles übrige wohl für Sparta, nicht aber für Mainz passend gehalten hätten. Für die
erwachsenen Töchter und Frauen hätten stets fleißige Arbeit im Haus und Spaziergänge
als körperliche Betätigungen gereicht. Der Vorstand des Damen-Turn- und Spiel-Clubs
musste viel Mühe auf Überzeugungsarbeit verwenden und den Beweis führen, dass Sport
keineswegs einen schädlichen Einfluss auf den weiblichen Körper und den weiblichen
Geist habe. In der Satzung von 1903 wurde als Zweck des Clubs festgelegt: »durch
Turnübungen und Bewegungsspiele, gemeinsame Fusstouren, gesellige Vereinigungen,
Vorträge u.s.w. Körper und Geist seiner Mitglieder zu erfrischen und zu kräftigen, das
Wohl der Frauen in jeder Hinsicht möglichst zu fördern und die Volks- und Jugendspiele in
weiteren Kreisen zu verbreiten«.
Titelvignette der Satzung
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1998 (ew)
Damengesangverein Mainzer Liedertafel
Mit über 50 weiblichen Gründungsmitgliedern begann am 29. Februar 1836 die über
hundertjährige Geschichte des Damengesangvereins in der Mainzer Liedertafel. Die
Mainzer Liedertafel selbst war fünf Jahre zuvor als reiner Männergesangverein gegründet
worden. Doch schon bald zeigte sich, dass sich die Liedertafel für Frauen öffnen
musste, um überhaupt die damaligen großen Chorwerke aufführen zu können. Ohne
Frauenstimmen war an Bach, Händel, Beethoven, Haydn, Mozart oder Mendelssohn nicht
zu denken.
So fasste die Generalversammlung am 22. Februar 1836 den Beschluss, einen
Damengesangverein als Nebenverein zu bilden. Damit begann in Mainz die Blütezeit
bürgerlichen Musiklebens.
Erst 1885 folgte der offizielle Zusammenschluss beider Vereine unter dem Namen
»Mainzer Liedertafel und Damengesangverein«. Zentrum des Vereins war das große
Konzerthaus auf der Großen Bleiche.
Zu den Gründungsmitgliedern zählten Frauen aus der besseren Mainzer Gesellschaft.
Sie stammten häufig aus Familien, deren männliche Mitglieder schon im Männerchor
sangen. Allein vier Frauen trugen den Namen Schott. Auch Betty von Braunrasch-Schott,
die sich später einen großen Namen als Mäzenin des Mainzer Musiklebens machen
sollte, gehörte zu den Gründungsmitgliedern.
Juristisch bestand die Mainzer Liedertafel noch bis in die sechziger Jahre des 20.
Jahrhunderts.
Die Gründungsmitglieder des Damengesangvereins:
Altfudisch, Basse, Berdelle, Bollermann, Blancjour, B. von Braunrasch, von Bulle, Emele,
von Faber, C. Fehr, Fritsch, Gastell, Geier, B. Graff, M. Gredy, M. Grosch, F. Großmann,
A. Haacke, C. Haacke, L. Kaufmann, E. Kaufmann, A. Kramer, M. Kramer, Kunkel, von
Lichtenberg, von Liebler, von Meex, M. Meyer, Meyrad, C. Müller, von Nau, Nell, C. Neuss,
F. Pitschaft, Th. Pitschaft, A. Rill, Schaab, Schenzer, C. Schmitt, von Schmitt, Scholtz, H.
Schott, J. Schott, L. Schott, M. Schott, Seyler, H. Simonin, M. Strümpf, Thuquet, von Vigny,
von Vogt, C. Weiß und H. Weiß.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2002 (ew)
135
Mainzer Lehrerinnenseminar
Lehrerinnenseminar
Der Markt - ein Arbeitsplatz für Frauen
Ende des 19. Jahrhunderts entstand mit der Gründung der städtischen Höheren
Mädchenschule auch die Idee zur Einrichtung eines Lehrerinnenseminars. Dazu wurde im
Jahr 1901 die elfte Klasse der Mädchenschule zur Seminarabteilung aufgewertet.
Der Jahresbericht der Höheren Mädchenschule 1900/1901 beschreibt die Gründungsidee:
»Bislang musste, wer sich später einmal dem Lehrerinnenberuf widmen wollte, das
Elternhaus verlassen, um auswärts sich die erforderliche Vorbildung anzueignen. Dank
der hervorragenden Opferwilligkeit der maßgebenden städtischen Verwaltungsorgane
und ihrer einsichtsvollen Fürsorge für das Wohl der heranreifenden Jugend bietet sich
nunmehr zunächst allen dem genannten Ziele zustrebenden jungen Damen unserer Stadt
die Gelegenheit, dieses mit verhältnismäßig geringem Kostenaufwande zu erreichen,
ohne dass sie dem gerade in ihrem Lebensalter durch nichts zu ersetzenden Einfluss des
Elternhauses entbehren müssen... Möge sich also die Sitte des Seminarbesuchs nebst
Erwerbung eines Abgangszeugnisses auch in den gebildeten Kreisen unserer Bevölkerung
mehr und mehr einbürgern!«
Die ersten sechs jungen Frauen, die nach zweijähriger Ausbildung im Frühjahr 1903
die Berechtigung zum Unterricht im Höheren Mädchenschuldienst in Hessen (und in
Preußen!) erwarben, waren: Karoline Arens, Barbara Bausemer, Marie Hartleb, Gerda
Mayrhof, Emma Müller und Margarete Regendanz.
Ein Jahr später waren es schon sieben Absolventinnen des Seminars - und ihre Zahl
wuchs von Schuljahr zu Schuljahr stetig an.
Unterrichtsgegenstände der frischgebackenen Lehrerinnen waren zunächst neben
Handarbeit und Turnen die Fächer Deutsch und Religion. Mit ihrer Qualifikation konnten
sie zu Beamtinnen ernannt werden, wenn auch ihre Besoldung weit unter der der
männlichen Kollegen lag. Den Lehrerinnenberuf konnten sie aber nur als Ledige ausüben.
Heiratete eine Lehrerin, musste sie den Schuldienst verlassen.
Das Mainzer Lehrerinnenseminar bestand bis zur Neuorganisation der Höheren
Mädchenschule im Schuljahr 1925/1926.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2000 (ew)
Der Markt - ein Arbeitsplatz für Frauen
Der Markt rund um den Dom ist in Mainz eine wichtige Institution. Undenkbar wäre auch
ein Markttag ohne Marktfrauen. Der Marktplatz ist seit jeher ein Arbeitsplatz für Frauen.
Nur das Erscheinungsbild und die Verwaltung des Handels auf den Domplätzen haben
sich im Laufe der Zeit erheblich verändert. Die Marktordnung aus dem Jahre 1837 regelte
erstmals sehr ausführlich, wie der Handel vonstattengehen und welche Standgebühren
erhoben werden sollten. Damals war noch jeden Tag Markt, bis auf Sonn- und Feiertage.
Auch die Marktfläche war größer als heute.
Die Marktordnung aus dem Jahre 1899 schrieb noch einmal deutlicher vor, an welcher
Stelle welche Waren angeboten werden durften.
»Höfchen, Nordseite: Gemüse, Wildpret und Gefügel
Südseite: Blumen, Gemüse, Butter, Käse, Eier
Marktplatz, Südseite: Butter, Käse, Eier
Nordseite: Gemüse
Liebfrauenplatz, Südseite: Obst, Kartoffeln, Pflanzen, Gemüse
Nordseite: Fische«
Die Hauptmarkttage waren der Dienstag und der Freitag, gestattet war der Verkauf aber
auch an anderen Werktagen. Von Tagesanbruch bis drei Uhr nachmittags durfte verkauft
werden. Kindern unter 14 Jahren war die Arbeit auf dem Markt verboten. Streng untersagt
war auch das Aushandeln von Preisen. Über die Einhaltung der Vorschriften wachte auch
damals die Marktaufsicht.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1999 (ew)
136
Die Mikwe in Weisenau
Ein vergessenes Denkmal jüdischen Frauenlebens
Die Synagoge und die Badeanlage der Jüdischen Gemeinde in Weisenau stammen aus
dem 18. Jahrhundert. Bei den Restaurierungsarbeiten an der alten Synagoge in Weisenau
wurde auch das Frauenbad wiederentdeckt. Reste der alten Mikwe befinden sich unter
einem Haus in unmittelbarer Nähe der Synagoge.
Das Frauenbad (es gibt auch ein Männerbad) spielte und spielt im Leben orthodoxer
jüdischer Frauen eine große Rolle. Das Ritual basiert auf dem sehr alten Gebot der
taharat hamischpacha. Dieses Reinigungsritual, das Untertauchen in Wasser natürlichen
Ursprungs, dient dabei nicht hygienischen sondern vielmehr religiösen, spirituellen
Zwecken. Dieses Ritual spielt zum Beispiel für verheiratete orthodoxe Jüdinnen eine
große Rolle, um nach der Menstruation wieder rein zu werden.
Die wiederentdeckte Mikwe in Weisenau ist ein bedeutsames Zeugnis des Lebens und
der Kultur jüdischer Frauen.
Zeitungsanzeige 1924
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1999 (ew)
Mode für Mainzer Mädchen – 1924
1924 kreierte Coco Chanel in Paris das Kleine Schwarze, in Mainz aber ging es in der
Modeberichterstattung der Zeitungen zu dieser Zeit weniger um Haute Couture, sondern
um praktische, wenn auch modische Alltagskleidung zum Selbermachen. Halb als
Anzeigen, halb als Modeberichte gestaltet, wurde für Ullstein-Schnittmuster geworben,
erhältlich zum Beispiel bei der Christian Mendel A.G. und der Leonhard Tietz A.G.
»Die heranwachsende Tochter hübsch anzuziehen ist immer eine besondere Freude
für die Mutter. In diesem Frühjahr wird ihr das nicht schwer fallen. Wie ein Blick in die
Ullstein-Alben, diese vorzügliche ‚Modenschau im Kleinen’, lehrt, ist die Mode im ganzen
sehr jugendlich - für alle Semester. Backfischchen profitiert natürlich davon…«, lautete
im Mai 1924 eine Aufforderung an die Mainzer Mütter, die Nähmaschinen in Bewegung
zu setzen. Die Mädchen selbst sollten sich an den modischen Kreuzstich-Verzierungen
versuchen. Vorgestellt wurde so die gesamte Frühjahrskollektion der UllsteinSchnittmuster.
Stich Wenzel Hollar
Die 1905 erstmals im Berliner Ullstein-Verlag herausgegebenen Schnittmusterbögen
machten auch in Mainz schnell Furore. Wer sich Mode nicht kaufen konnte, und das war
die Mehrzahl der Frauen und Mädchen, sollte sie sich selber schneidern.
Ullstein warb in der 20er Jahren auch mit einem regelrechten »Schnittmustergeist«.
Dieser »Geist« erhob Sparsamkeit in Sachen Mode fast zur Kulthandlung.
So wird der Werbeslogan »Sei sparsam, Brigitte, nimm Ullstein-Schnitte« auch an den
Mainzerinnen nicht spurlos vorübergegangen sein. Diese Brigitte aus der UllsteinWerbung wurde übrigens 1954 zur Namensgeberin der bekannten Frauenzeitschrift.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2005 (ew)
Mulier Moguntiana
Die »typische« Mainzerin
Für den aus Prag stammenden Kupferstecher Wenceslaus (Wenzel) Hollar war 1643 die
typische Mainzerin eine gestandene junge Frau, gekleidet in der Mode ihrer Zeit, zu der
auch der imposante Mühlsteinkragen gehörte.
Der Schüler von Mathäus Merian d. Älteren hielt sich einige Zeit in Mainz auf. Neben
zahlreichen Stadtansichten schuf er auch dieses Porträt einer unbekannten Mainzerin.
Sie gehörte damit zusammen mit rund 30 anderen Rheinländerinnen zu einer Serie von
Kupferstichen, die Hollar »Theatrum Mulierum«, Theater der Frauen, nannte.
137
Nixenbrunnen
So wie Wenzel Hollar sich ein Bild von der typischen Mainzerin machte, so versuchten sich
auch andere an Charakterisierungen und Idealisierungen.
Einer von ihnen war Dr. Eduard Reis, der fast 200 Jahre später, nämlich 1841, das Buch
»Mainzer Silhouetten und Genrebilder. Ein Panorama des heutigen Mainz« veröffentlichte
und darin einen Lobgesang auf die Mainzerinnen anstimmte:
»Die Mainzerin mit ihren niedlichen Füßchen und ihrer schlanken Taille, die Mainzerin
mit ihrer liebenswürdigen Koketterie und ihrem Affectationsmangel, die Mainzerin mit
ihrer Lebhaftigkeit, ihrem Feuer, ihrer Anmut, ihrer Offenheit, ihrer Natürlichkeit, die
Mainzerin mit ihrem Geschmack in Kleidung, Tracht und Haltung, ich sage euch, das ist ein
liebenswürdiges Wesen, und ihr findet es ebenso häufig in den Sphären der haute volée,
wie beim Mittelbürger, die Bildung thut hier wenig, die Natur thut alles, das Geld aber
ist fast ohnmächtig, denn die Eleganz ist angeboren, und wo die Mittel für den äußeren
Glitter der Reichen fehlen, da tritt eine geniale Koketterie der Anzüge hervor, ein Talent,
durch verständig angepaßte Form die Armuth des Stoffes zu decken, aus nichts etwas, und
aus wenigem viel zu machen…«
An anderer Stelle heißt es: »Die Poesie in den Mainzerinnen fußt eben auf ihre Wahrheit
und ihren natürlichen Reiz; eine zimperliche Mainzerin, oder einen weiblichen Philister
gibt es in Mainz nicht.«
Ob sich die Mainzerinnen von solchen Überhöhungen beeindrucken ließen oder
überhaupt darin wieder erkannten, ist leider nicht überliefert.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2005 (ew)
Erster Muttertag in Mainz
Der erste offiziell in Deutschland begangene Muttertag im Jahre 1923 ging an Mainz noch
ziemlich spurlos vorüber. Aus der Zeitung erfuhren die Mainzer Mütter im Mai 1923 nichts
über den bereits 1908 in den USA ausgelobten Gedenk- und Geschenktag.
Erst ein Jahr später, kurz vor dem 11. Mai 1924, fand der Muttertag in der öffentlichen
Darstellung Berücksichtigung.
Ein Artikel im Mainzer Anzeiger vom 8. Mai 1924 rief dazu auf: »Alles, was in unseren
Herzen an Dank, Liebe und Verehrung für unsere Mutter lebendig ist, soll an diesem Tage
sichtbar in die Erscheinung treten...In diesem Sinne bildet der Muttertag eine gemeinsame
Grundlage für die Angehörigen aller Konfessionen und Parteien.« Weiter heißt es in dem
Artikel: »Der politische Haß und Streit schweige an diesem Tage an der Schwelle des
Hauses.«
Für die Mehrzahl der Mainzer Gewerbetreibenden war der 11. Mai 1924 jedoch noch
ein Sonntag wie jeder andere. Nur zwei Einzelhändler bezogen sich in ihren Inseraten
speziell auf den Muttertag. Umso größer erschien mit Laßt Blumen sprechen die
Muttertagsbotschaft des Deutschen Blumenhandels.
Für alle, die dem Muttertag am 11. Mai 1923 noch keine Beachtung geschenkt hatten,
brachte der Mainzer Anzeiger am nächsten Tag die Mahnung: »Wenn es noch Leute geben
sollte, die sich über den Zweck nicht im klaren sind, so mag ihnen dieses gesagt sein:
Ablenkung des erblichen Sinnes von der Materie auf das Lyrische, auf das Erhabene...
wenigstens für einen Tag zum Besten der Mutterseele…«
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2002 (ew)
Nixenbrunnen in der Gaustraße
1942 von der Bildhauerin Elsa Montag gestaltet
Die Stadt Mainz erwarb den Brunnen 1943 in München und stellte ihn 1950 in der
Gaugasse auf. Die damals 30jährige Künstlerin gestaltete den Brunnen »aus innerem
Antrieb und wie unter Zwang: Krieg, Hunger und Bombennächte sollten beim Anblick der
lebenssprühenden Nixe vergessen sein.« Die Geschichte dieses Brunnens war vergessen,
138
bis Christa Lipfert 1989 auf Spurensuche ging. Elsa Montag freute sich sehr, als sie
erfuhr, dass es ihre Nixe noch gibt. Im Originalzustand hatte der Brunnen einen anderen
Fuß und eine andere Schale gehabt. Von circa 80 Mainzer Brunnen sind nur zwei von
Künstlerinnen geschaffen. Der Nixenbrunnen ist einer davon.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1994 (mc)
Mainzer Reformschule
Die Polizeiassistentin - ein neuer Frauenberuf
Die Wiederherstellung der durch »liederliche Frauenspersonen« gefährdeten sittlichen
Ordnung war seit jeher ein Aufgabengebiet der Polizei. Polizisten kontrollierten
und reglementierten die offene und verdeckte Prostitution. Im ersten Jahrzehnt
des 20. Jahrhunderts wurden erstmalig in einigen deutschen Städten so genannte
Polizeiassistentinnen zur Überwachung und Betreuung der »sittlich-gefährdeten und
verwahrlosten Frauen und Mädchen« eingestellt. Vorbilder dieses neuen Frauenberufs
waren die »police matrons«, die bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts in vielen
amerikanischen Städten ihren Dienst versahen.
1909 wurde auch in Mainz die Stelle einer Polizeiassistentin mit einem Jahresgehalt von
2000 Mark ausgeschrieben.
1910 trat Klara Schapiro (1873 - 1956) in Mainz ihren Dienst an. Ihr oblagen nach
dem Willen der Stadtverordneten: Die Tätigkeit auf dem Gebiet der städtischen Polizei;
die Tätigkeit auf dem Gebiet der öffentlichen Gemeindefürsorge und der öffentlichen
Wohlfahrtspflege; die Tätigkeit auf dem Gebiet der Gefangenenfürsorge.
Klara Schapiro, städtische Polizistin, Sozialfürsorgerin und Streetworkerin in einem,
sorgte rasch für Furore. Sie leitete unter anderem Maßnahmen gegen die permanente
Ausbeutung der Prostituierten durch Wirtinnen und Hausbesitzer ein und gründete ein
Heim für wohnungslose Frauen. Besonders eine Mainzer Zeitung betrachtete ihre Arbeit
mit Argwohn und sparte nicht mit Verleumdungen.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1995 (ew)
Die Gründung der Reformvorschule 1910
Im Juni 1910 eröffnete die Mainzer Frauenarbeitsschule in der Rosengasse 12,
der heutigen Adolf-Kolping-Straße, eine für die Stadt völlig neue Einrichtung: die
Reformvorschule.
Ausgerichtet an den Grundsätzen von Fröbel und Pestalozzi, sollte diese Schule eine
Alternative zur herkömmlichen Grundschule für Mädchen und Jungen nach vollendetem
sechstem Lebensjahr werden.
Bereits 1903 hatte der Verein Mainzer Frauenarbeitsschule mit dem Aufbau eines
Kindergartens begonnen, der zugleich eine Ausbildungsstätte für angehende
Erzieherinnen war. Schon bald entstanden Pläne, auch eine Reformvorschule
einzurichten. Im Frühjahr 1910 intensivierte der Vereinsvorstand die Bemühungen und
bot ein Vortragsprogramm zu aktuellen Strömungen in der Reformpädagogik.
Mit nur drei Kindern begann im Juni 1910 der Unterricht; 1911 waren es dann sieben
Mädchen und vier Jungen. Der Lehrplan sah im ersten Semester zwölf Unterrichtsstunden
in der Woche vor, danach dann jeweils 18 Wochenstunden. Davon sollten mindestens
vier Stunden auf Spaziergänge entfallen. Das Lernziel war das gleiche wie an den
regulären Schulen und sollte die Mädchen und Jungen auch auf den Besuch der höheren
Mädchen-, beziehungsweise Knabenschule vorbereiten.
Die erste Leiterin war Marie Noack, eine in Darmstadt ausgebildete Lehrerin und
Kindergärtnerin.
Aus dem Gebäudekomplex des ehemaligen Armklaraklosters in der Rosengasse zog die
Reformschule laut einem Zeitungsbericht Ostern 1916 zum Michelsberg am Stadtpark.
Unterrichtet wurde auch dort in Klassen von maximal 20 Schülerinnen und Schülern.
Insgesamt waren zu dieser Zeit acht weibliche Lehrkräfte tätig.
139
Im Vordergrund stand die individuelle Förderung, das Lernen durch Anschauung,
Beobachtung und Erfahrung. Am Michelsberg verfügte die Schule erstmals auch über
einen eigenen Garten und auch die Grünflächen in der Umgebung wurden genutzt.
In biografischen Notizen zu den Reformpädagogen Ernst Michel und Heinrich
Scharrelmann finden sich Hinweise auf eine Lehrtätigkeit an der Mainzer Schule, Mainzer
Quellen hierzu aber fehlen. Belege fehlen auch zur weiteren Geschichte der Einrichtung
und zur Zahl der Schülerinnen und Schüler. (Die bekannteste unter ihnen ist wohl die in
Mainz geborene Architektin Lucy Hillebrand.)
Stiftszeichen des Reichadelichen Fräuleinstifts
Die 1896 von einem Verein gegründete Frauenarbeitsschule wurde 1920 zu einer
städtischen Einrichtung. Das Interesse für Reformpädagogik beschränkte sich in der
Stadt keineswegs auf die Frauenarbeitsschule und die Reformvorschule. Von 1920
bis 1933 bestand auch in Mainz eine aktive Ortsgruppe des Bundes entschiedener
Schulreformer. Zu den herausragenden Vertreterinnen dieser Organisation gehörte auch
die Leiterin der nunmehr städtischen Frauenarbeitsschule, Dr. Olga Essig. Essig leitete die
Schule zwischen 1921 und 1922 und machte sich später in Hamburg einen Namen als
Reformpädagogin.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2010 (ew)
Das »Reichsadeliche Fräuleinstift«
Am 21. August 1786 versammelten sich im Adeligen Gesellschaftshaus auf der
Großen Bleiche die führenden Vertreter der oberrheinischen Reichsritterschaft, des
oberrheinischen Hochadels, um endgültig eine Stiftung zur »besseren Versorgung ihrer
Töchter« zu etablieren. Die Reichsritter anderer Kantone hatten bereits ein solches
gemeinschaftliches Versorgungswerk für ihre Töchter ins Leben gerufen – und nach
diesem Vorbild sollten auch die Töchter des oberrheinischen Hochadels eine jährliche
Summe zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes erhalten können. Die vollgültigen
Mitglieder der Reichsritterschaft waren aufgefordert, ihre Töchter zur Stiftung anzumelden
und für jede eine Summe von 200 fl. einzuzahlen. Darüber hinaus waren Spenden und
direkte Stiftungen zu Gunsten Einzelner sehr erbeten.
Der Stiftungsfonds selbst bestand eigentlich aus zwei Teilen, denn die katholischen
Mitglieder zahlten in ihren Fonds ein und die protestantischen Mitglieder in ihren
eigenen. In den Genuss einer jährlichen Apanage von 200 fl. sollten aber nur die Töchter
gelangen können, die mindestens 15 Jahre alt waren und sowohl in der väterlichen als
auch in der mütterlichen Linie je vier adelige Ahnen vorweisen konnten. Heiratete eine der
Begünstigten, so rückte die nächste auf der Liste der Stiftungsempfängerinnen nach. So
sollten nach und nach diejenigen adeligen Frauen versorgt werden, die nicht verheiratet
(oder ins Kloster geschickt) werden konnten.
Die jährliche Zahlung von 200 fl. sicherte nicht unbedingt einen standesgemäßen
Lebensunterhalt, entlastete aber die Familien weitgehend von der Verpflichtung, ihren
Töchtern, Schwestern oder Tanten mehr als nur Logis zu bieten.
Ermittelt wurden die ersten Stiftungsempfängerinnen und ihre Nachfolgerinnen, getrennt
nach den Konfessionen, auf der Versammlung am 21. August 1786 per Los. Zu den zwei
katholischen »Fräulein«, auf die das Los gefallen war, kamen noch drei weitere hinzu,
die direkte Stiftungen einzelner Mitglieder erhalten hatten. Da der protestantische
Fondsanteil geringer war, konnte zunächst nur eine protestantische Adelige begünstigt
werden. Insgesamt enthielten die Lostrommeln die Namen von 52 katholischen und sechs
protestantischen Mädchen.
Gemeinsames Zeichen der »Fräulein« war das Stiftskreuz, das jede Begünstigte von der
Stiftung erhielt und in der Öffentlichkeit tragen musste. Der in gold und blau gestickte
Stern war auf eigene Kosten anzuschaffen und ebenfalls zu tragen.
Neben vielen anderen Bestimmungen enthielten die Statuten der Stiftung auch etliche
Festlegungen zur Auszahlung der Stiftungsgelder.
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»Das präbendirte Fräulein kann und darf ihre Stiftseinkünfte verzehren, wo es ihr gefällig
ist, doch muß sie solche von Quartal zu Quartal auf ihre Kosten und Gefahr bei dem
Kaßierer erheben und abholen lassen.« Alle Vierteljahre musste so das Geld in Mainz
abgeholt werden.
Das »reichsadeliche Fräuleinstift« bestand wohl bis 1796. Danach verlieren sich die
Spuren der Stiftung.
Titelvignette der Beilage
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2007 (ew)
Rheinische Post
Die Beilage »Für unsere Frauen«
Rheinschifferfamilie Orschler
Die erste Ausgabe der Rheinischen Post, der Zeitung der Unabhängigen
Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) für die Gebiete Mainz und
Rheinhessen, Wiesbaden, den Rheingau und die Mainspitze erschien am 1. September
1921. Gleich zu Beginn angekündigt wurde eine wöchentliche Beilage »Für unsere
Frauen«. Die erste Zeitungsseite dieser Art erschien am 7. September 1921 und erhielt
wie alle späteren Beilagen vor allem praktische Tipps für den Proletarierhaushalt,
Kochrezepte, Handarbeitsanleitungen, kleine Gedichte oder Geschichten und als Abdruck
aus der in Dresden von Aimée Köster herausgegebenen Zeitschrift »Die schaffende Frau«
einen Modeteil.
Nur sehr selten erschienen in der Beilage »Für unsere Frauen« politische Artikel oder gar
Berichte von den Frauenkonferenzen der USPD, der nach der Abspaltung von der SPD im
Jahr 1917 so bekannte Frauen wie Toni Sender oder Mathilde Wurm (oder für kurze Zeit
auch Clara Zetkin und Rosa Luxemburg) angehörten.
»Für unsere Frauen« setzte im Laufe des kurzen Erscheinens kaum auf frauenpolitische
oder parteipolitische Diskussionen, sondern mehr auf Alltagsfragen.
Eine Ausnahme bildete der am 11. März 1922 unter der Überschrift »Die Rückständigkeit
der Frauen« erschienene Artikel. »Man spricht gern von der Rückständigkeit der Frauen,
weil sie schwer für einen Veranstaltungsbesuch zu gewinnen sind. In einer Versammlung
im Süden hat aber die Genossin Christmann einmal den Nagel auf den Kopf getroffen,
als sie die anwesenden Parteigenossen fragte: „Wo habt ihr denn eure Frauen?“ Das
ist die Frage, die wir in allen Versammlungen stellen sollten! Wenn die Genossen die
Gleichberechtigung ihrer Frauen wirklich anerkennen würden, dann würden sie sie mit
in die Versammlungen nehmen und nicht teilnahmslos daheim sitzen lassen. Jede Frau,
die die Volkszeitung liest, sollte auch die Versammlungen der Partei besuchen, ob es
ihrem Mann passt oder nicht, und in allen Versammlungen sollten wir die anwesenden
Genossen fragen: „Wo sind denn eure Frauen?“«
Im Oktober 1922, als die USPD wieder mit der SPD verschmolz, wurde die Herausgabe
der Rheinischen Post und damit auch der Beilage »Für unsere Frauen« eingestellt.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2009 (ew)
Rheinschiffer-Familie
Ein Alltag auf dem Rhein
Matrosinnen oder gar Schiffsführerinnen waren sie zu Beginn unseres Jahrhunderts noch
nicht, aber die Frauen aus den Rheinschiffer-Familien gehörten selbstverständlich mit
aufs Schiff. Noch bis in die 60er und 70er Jahre hinein lebten viele Mainzer Familien
als selbstständige Schiffseigentümerinnen vom und auf dem Rhein. Für die Frauen
in diesen Familien hieß das in aller Regel: die Organisation eines schwimmenden
Haushalts. Alle anderen Arbeiten, die mit der unmittelbaren Führung des Schleppkahns
und des Warentransports zusammenhingen, waren Männersache. Heute sind Frauen
in der Partikulierschifffahrt keine Seltenheit mehr, vielfach ersetzen sie in den noch
existierenden Familienbetrieben das teure Personal.
Die Rheinschifffahrt funktionierte lange als generationsübergreifender Familienbetrieb.
Da gab es den Alltag auf dem Rhein zwischen Holland und Frankreich und meist die
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Großeltern an Land, die für die Erziehung der schulpflichtigen Kinder zuständig waren.
Die Frauen der Mainzer Rheinschiffer-Familien leisteten einen nicht unerheblichen Beitrag
zur Aufrechterhaltung der Unternehmen, im Haushalt auf dem Wasser und im Haushalt an
Land.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1996 (ew)
Das Rosenbrautbesteck
Rosmerta
Die Rosenbraut
Armut war für Frauen lange Zeit keine Schande, wenn sie mit Tugend, Ehrbarkeit und
Sittsamkeit einherging. Viele wohltätige Initiativen der letzten Jahrhunderte zielten denn
auch darauf ab, arme Frauen zur Sittsamkeit anzuhalten und lohnende Anreize für ein
ehrbares Leben zu schaffen. Ende des 18. Jahrhunderts schuf der Mainzer Armendirektor
August Friedrich Rulffs einen solchen finanziellen Anreiz für heiratswillige arme Frauen:
die Kür der Rosenbraut. Alljährlich sollte das fleißigste und sittsamste Mädchen durch
einen Barzuschuss und eine Beihilfe zur Hochzeit öffentlich ausgezeichnet werden. Das
Geld stammte aus Spendensammlungen. Am 10. Juni 1787 fand das erste Rosenbrautfest
statt. Rosenbraut war Barbara Bohnin aus der Löhrgasse, von Beruf Spinnerin. Die
gesammelten Spenden kamen jedoch nicht nur der Rosenbraut und der über 400 Köpfe
zählenden Hochzeitsgesellschaft zugute, sondern wurden am Tag der Wahl auch unter
Bedürftigen verteilt.
In Jahre 1835 wurde dann eine eigene Rosenbraut-Stiftung ins Leben gerufen. Die Freifrau
von Eberstein hatte der Stadt testamentarisch 12000 fl. vermacht. Aus den Zinserträgen
des Stiftungskapitals sollte alljährlich am 1. Mai ein armes Bürgermädchen unterstützt
werden: »Rosenbraut wird diejenige sein, welche als die tugendhafteste, weiseste und
besonders als solche anerkannt wird, welche gegen ihre Eltern die größte Aufopferung
bewahrt hat.«
Die Tugendhaftigkeit wurde mit 500 fl. in bar und 100 fl. Zuschuss zur Hochzeit belohnt.
Die letzte Wahl einer Rosenbraut fand am 26. Mai 1920 statt. Die dreiunddreißigjährige
Anna Bellroth aus der Heiliggrabgasse wurde wegen vorbildlicher Pflege ihrer gelähmten
Mutter ausgezeichnet. Sie kam aber nicht mehr in den Genuss, das eigens für die Feier
zu Ehren der Rosenbräute bestimmte Rosenbraut-Besteck zu benutzen, da das Festessen
wegen der Lebensmittelrationierung ausfiel.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1997 (ew)
Rosmerta
Keltische Göttin, Bronzekopf, ca. 200 v. Chr.
1844 wurde in einer Tempelanlage/Heiligtum in Finthen der lebensgroße Bronzekopf der
keltischen Göttin Rosmerta gefunden.
Rosmerta wurde als Segensgöttin verehrt. Sie wurde mit einem Füllhorn, einem
Geldbeutel, einem bauchigen Gefäß oder einem Schlangenstab dargestellt.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1992 (mc)
Schaffnerinnen bei den Mainzer Verkehrsbetrieben
1915 wurden bei den Mainzer Verkehrsbetrieben erstmals Frauen eingestellt,
da männliche Arbeitskräfte fehlten. Bevorzugt wurden Frauen, deren Männer im
Kriegseinsatz waren. Bis zum Kriegsende 1918 waren etwa 60 Frauen bei der
»Städtischen Straßenbahn Mainz« beschäftigt. Alle wurden von den heimkehrenden
Männern zunächst wieder verdrängt. Die Erfahrungen der einzelnen Frauen jedoch und die
damit zusammenhängende Bewusstseinsveränderung darf nicht unterschätzt werden.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1992 (mc)
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Arbeiterinnen der Schott Glaswerke
Bis Ende der 50er Jahre war bei Schott Glaswerke (gegründet 1884 in Jena, seit 1952
in Mainz ansässig) die Herstellung von Linsenrohlingen für Brillen und optische Geräte
ein aufwendiger, weitgehend manueller Prozess. In mehreren Arbeitsschritten wurden
größere Rohglasblöcke in Formen gegossen, gekühlt, zerteilt, geschliffen, poliert und
in kleine Würfel zerschnitten. Dann prüften angelernte Arbeiterinnen jedes einzelne
Stück auf Glasfehler wie Schlieren, Blasen oder Fremdkörper. Glasfehler wurden mit
Bleistift markiert, die Glaswürfel nach bestimmten Kategorien sortiert. Diese Tätigkeit
erforderte ein geübtes und sorgfältiges Auge. Nach der sich anschließenden exakten
Gewichtskontrolle erhielten die wiedererwärmten Rohlinge in einer halbautomatischen
Presse die gewünschte Linsenform. Ab Anfang der 60er Jahre führte Schott bei der
Linsenanfertigung vollautomatische Verfahren ein. Schott ist der größte gewerbliche
Arbeitgeber in Mainz und der führende Spezialglashersteller Europas.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1993 (mc)
Erste Konferenz der sozialdemokratischen Frauen in Deutschland
Die erste Konferenz der sozialdemokratischen Frauen fand am 15. und 16. September
1900 in Mainz statt, unmittelbar vor dem Mainzer Parteitag der SPD am 17. September
1900. Ein Thema der Versammlung war die Agitation der Arbeiterinnen zum Beispiel für
die Lohnfrage, die Arbeitszeit, die Überstundenarbeit, die sanitären Bedingungen, die
Gewerkschaftsorganisation, die Gewerbegerichte, die Krankenversicherung und das
Mindestmaß an gesetzlichem Schutz für die proletarische Frau als Mutter. Diskutiert
wurde weiterhin die Gründung von Frauenbildungsvereinen, die Teilnahme von Frauen
an politischen Vereinen und die Organisation eines Systems von Vertrauenspersonen.
Dies ist auch auf dem Hintergrund der damaligen politischen Situation zu sehen: das
Preußische Vereinsgesetz verbot Frauen bis 1908 politische Versammlungen und die
Mitgliedschaft in Parteien.
Im »Vorwärts«, dem »Centralorgan der socialdemokratischen Partei Deutschlands«, war
am 18. September 1900 zu lesen:
»Im Saale von Rothermund trat heute früh die erste Konferenz socialdemokratischer
Frauen zusammen. Anwesend sind etwa 40 Personen, 25 weibliche und etwa 15
männliche Delegierte, die von Frauenorganisationen hergesandt sind. Auch aus dem
Ausland sind Gäste anwesend, so Fanny Imle aus Zürich und Mstr. Askev aus London.
Im Auftrag der hessischen Regierung nimmt die Assistentin der Gewerbeinspektion
Mainz, Frl. Schumann, an der Konferenz teil. Von der Polizeibehörde sind Stenographen
mit der Aufnahme der Verhandlungen beauftragt. Frl. Baader=Berlin begrüßte
die Anwesenden. Sie weist darauf hin, dass die Konferenz zum erstenmal die
socialdemokratischen Frauen Deutschlands vereinige. Die Konferenz ist notwendig
geworden, um die deutsche Frauenbewegung fördern zu helfen, denn wir verhehlen
nicht, dass in unserer Bewegung noch mehr als bisher geschehen muss. Die Konferenz
soll natürlich keineswegs Sonderbestrebungen verfolgen, sondern im Gegenteil
bewirken, dass der Zusammenschluss der Frauenorganisationen mit den allgemeinen
Partei-Organisationen immer enger wird. Die Konferenz wird die auf ihr gefassten
Beschlüsse dem allgemeinen Parteitag unterbreiten und auch dort zur Verhandlung
zu bringen suchen. Die geeinigte socialdemokratische Partei besteht jetzt gerade 25
Jahre. Hoffen wir, dass wir es in den nächsten 25 Jahren, vielleicht noch früher, zu einer
starken, achtungsgebietenden Frauenbewegung bringen werden. In das Bureau werden
hierauf gewählt Frau Zetkin=Stuttgart als erste Vorsitzende, Frl. Baader=Berlin als zweite
Vorsitzende, Frau Zietz=Hamburg und Frau Ledebour=Dresden als Schriftführerinnen.
Zum ersten Punkt der Tagesordnung ‘Ausbau des Systems der Vertrauenspersonen’
spricht Frau Zetkin: Im Interesse weiterer Agitation ist der Ausbau des Systems der
Vertrauenspersonen notwendig. Wir müssen auf unsren Sonderorganisationen bestehen,
denn die allgemeinen Parteiorganisationen dienen unsren spezifischen Interessen nicht
genug. In der Theorie sind wir Frauen völlig gleichberechtigt, in der Praxis aber hängt
143
gar vielen unsrer männlichen Genossen der Philisterzopf grade so im Nacken wie dem
ersten Spießbürger. Gerade die Frauen sind aber für den Befreiungskampf des Proletariats
notwendig...«
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1992 (mc)
Sport als Freizeitvergnügen im 19. Jahrhundert
Schlittschuhlaufen im Festungsgraben
Zeichnung von Gottfried Franz, 1883
Mütterberatungsstelle Bauerngasse
Organisierte sportliche Aktivitäten waren auch in Mainz lange Zeit reine Männersache.
Der 1817 gegründete Mainzer Turnverein brauchte 77 Jahre, um sportlich interessierten
Frauen eine eigene »Damen-Riege« anzubieten. Die erste reine Frauensportorganisation,
der »Mainzer Damen-,Turn- und Spielclub« wurde 1895 ins Leben gerufen.
Blieb auch der organisierte Sport lange Zeit den Frauen verschlossen, so gab es durchaus
sportliche Freizeitvergnügen, denen auch die Mainzer Bürgerinnen im 19. Jahrhundert
nachgehen konnten - auch wenn das »Mainzer Journal« fand, das stets fleißige Arbeit
im Haus und Spaziergänge als körperliche Betätigungen für Frauen und Mädchen
auszureichen haben.
Beliebt war auch bei Mainzerinnen, wie die Zeichnung von Gottfried Franz aus dem Jahr
1883 zeigt, Schlittschuhlaufen in den Festungsgräben.
Dazu heißt es in einem Text von Hans Wachenhusen: »Im Winter zieht die Eisdecke in
den Festungsgräben das ganze jugendliche, leichtfüßige Mainz zum Vergnügen des
Schlittschuhlaufens heraus.«
Mit dem ganzen jugendlichen, leichtfüßigen Mainz waren Angehörige des Bürgertums
gemeint. Die Zeichnung von Franz deutet auch auf Standesunterschiede hin: während sich
im Vordergrund gutgekleidete Damen der Gesellschaft die Schlittschuhe anziehen, steht
links am Rande eine alte, in Lumpen gehüllte Frau, um mit ihrem Besen die Eisfläche zu
präparieren.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2004 (ew)
Frauen im Mainzer Stadtrat
Die parlamentarische Arbeit von Frauen begann in Mainz im November 1919. Drei Frauen,
Lina Bucksath (DDP), Elise Schiffmacher (Zentrum) und Martha Seering (SPD) zogen in den
neugewählten Stadtrat ein.
Drei weibliche Abgeordnete von insgesamt 60 - dieses Zahlenverhältnis blieb in der
Zeit der Weimarer Republik konstant. Bei der letzten freien Kommunalwahl vor der
Machtergreifung schafften es mit Martha Seering und Babette Roth für die SPD und mit
Anna Ucharim für das Zentrum wieder drei Frauen in den Stadtrat.
Die Zahl der Stadträtinnen wuchs erst sehr langsam bei den ersten Kommunalwahlen
nach dem Krieg. So waren etwa 1949 vier von 37 Stadtratmitgliedern weiblich; 1952 und
1957 waren es sechs von 47, beziehungsweise 51 Abgeordneten.
1965 waren es dann sieben von 51 Stadtratsmitgliedern.
Erst die Kommunalwahlen 1994 und 1999 brachten dem Mainzer Stadtrat einen
Frauenanteil von rund 40 Prozent.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2000 (ew)
Städtische Sozialpolitik für Frauen um die Jahrhundertwende
Im Jahre 1895 begann in Mainz die Reform des öffentlichen Armenwesens. Die
Stadtverwaltung baute im Zuge dieser Neuordnung eine komplett neue Sozialverwaltung
auf und schuf neue Strukturen zur Unterstützung der Armen. Der Bereich, der arme Frauen
besonders betraf, war die unentgeltliche Geburtshilfe und Fürsorge für Wöchnerinnen.
Vor der Reform mussten schwangere Frauen eine Bescheinung des Armenpflegers
und eine Anweisung durch das Sekretariat der Armenverwaltung vorweisen. Erst dann
144
konnte sie kostenlose Hilfe in Anspruch nehmen. Nach der Reorganisation wandten
sich die Frauen direkt an eine Hebamme. Diese reichte anschließend ihre Rechnung
der Armendeputation ein. Eine Hebamme erhielt ab 1906 für Geburtshilfe und 20
Hausbesuche nach der Entbindung 8,50 Mark pro Frau. Zuvor hatte ihr Salär fünf
Mark beantragen. Die Hebammen waren auch für andere Unterstützungsleistungen
zuständig. So konnten sie bei der Armenverwaltung für die Wöchnerinnen Anträge auf
Lebensmittel, Bettwäsche und Kinderkleidung stellen. Das Unterstützungssystem wurde
in der Folgezeit noch durch städtische Beratungsstellen ergänzt, zum Beispiel durch eine
Mütterberatungsstelle in der Bauerngasse 8.
Theater in Mainz um das Jahr 1835
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1997 (ew)
Theaterdirektorinnen in Mainz
Bereits im 19. Jahrhundert gab es in Mainz drei Theaterdirektorinnen, die die Geschicke
auf und hinter der Bühne bestimmten. Ein Theater zu leiten, das war in der damaligen
Zeit ein Job auf eigenes Risiko. Subventionen waren noch nicht »erfunden« und so
wechselte die Spitze eines Theaters mitsamt Ensemble sehr häufig.
1807 übernahm Madame Deloi die Leitung des damals noch so benannten
Nationaltheaters. Sie war die Witwe des Theaterdirektors Deloi, der von 1800 bis 1805
das Theater leitete. Madame Deloi war in ihrer nur zweijährigen Amtszeit sehr erfolgreich
mit einem Repertoire aus Lustspielen und Opern. Gespielt wurde in der ehemaligen
Reithalle in der Mittleren Bleiche, der heutigen Steinhalle des Landesmuseums. 1809
aber musste Madame Deloi die Direktion wieder aufgeben.
Am 8. Juni 1816 übernahm Karoline Müller die Leitung des nun so genannten Neuen
Mainzer Nationaltheaters. Sie hatte bereits die Bühne in Augsburg geleitet - und von
dort die Abonnentenkasse mit 728 Gulden mitgenommen. Doch auch das half ihr nicht,
die Kosten in Mainz einzuspielen. Trotz zahlreicher lukrativer Opernuraufführungen,
Shakespeare- und Schiller-Inszenierungen wuchsen ihr die finanziellen Verpflichtungen
über den Kopf. Nur ein Jahr später, im August 1817, ging Karoline Müller nach Straßburg.
Mehr als fünfzig Jahre später stand wieder eine Frau an der Spitze des Theaters. Karoline
Ernst, selbst Schauspielerin, übernahm im Februar 1872 die Leitung des Stadttheaters im
Theaterbau von Georg Moller. Die am 14. Februar 1821 in Eisenach geborene Künstlerin
sorgte für zahlreiche Uraufführungen, stärkte das Schauspiel und bot dem Publikum
unter anderem mit Wagners »Meistersingern« oder der »Fledermaus« von Johann
Strauss viel Musiktheater. Unter der Leitung von Karoline Ernst etablierten sich auch
Sinfoniekonzerte als ständige Einrichtung. 1876 gab sie die Theaterdirektion wieder auf.
Sie hatte inzwischen auch die Leitung der Koblenzer Bühne übernommen.
Damenriege Turngesellschaft Kastel
Das Mainzer Stadttheater besaß im 19. Jahrhundert noch eine weibliche Besonderheit:
eine Beleuchterin. Über fünfzig Jahre sorgte Nanette Zündel, später verheiratete Weber,
als Illuminatrice dafür, dass alle Szenen ins rechte Licht gerückt wurden.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2002 (ew)
Die erste Damenriege bei der Turngesellschaft Kastel
1886, im Gründungsjahr der Turngesellschaft Kastel (TG Kastel), waren die Männer noch
unter sich. Das änderte sich im Jahr 1904, als zwölf junge Frauen aus Kastel die erste
Damenriege ins Leben riefen. Weibliche Mitglieder in einem Sportverein waren zu Beginn
des 20. Jahrhunderts noch keineswegs selbstverständlich. In Mainz selbst hatte sich
neun Jahre zuvor mit dem Damen-Turn-und-Spiel-Club ein eigenständiger Verein von und
für Frauen gebildet, weil andere Vereine den Frauen nicht offen standen.
Die sportbegeisterten Kastelerinnen von 1904 betraten Neuland – und mit ihnen die
beiden männlichen Leiter der Damenriege Adam Lerch und Peter Zuckmayer. Peter
145
Zuckmayer leitete die Damenriege genau 50 Jahre von 1904 bis 1954. Dann erst
übernahm mit Liesel Brötel eine Frau die Geschicke.
1905 hatten die Frauen ihren ersten offiziellen Auftritt auf dem vom eigenen Verein
ausgerichteten Gauturnfest in Kastel.
Einladungen zu anderen Turnfesten (und damit Wettbewerben) waren in den
Anfangsjahren für die Frauen kaum zu erwarten. Viele Vereine dachten nicht daran, ihre
Feste auch für Frauen zu öffnen. Aber auch in den eigenen Reihen in der TG Kastel wurden
die Frauen anfänglich mit Skepsis aufgenommen.
Die vorgeschriebene Kleidung für Frauen, meist lange Röcke und weite Blusen, behinderte
und verhinderte die Ausübung vieler Sportarten. Bis die braven Matrosenkleider der
ersten Sportlerinnen durch lange Hosen oder andere sportgerechte Bekleidung abgelöst
wurden, war es ein langer Weg.
2004, zum 100-jährigen Jubiläum des Frauensports in der TG Kastel, zählte der Verein
sogar mehr weibliche als männliche Mitglieder und auch der Vorstand bestand zur
Hälfte aus Frauen. In einer Festschrift und mit einer Feier erinnerte sich der Verein an die
Anfänge und Entwicklung des Frauensports in der TG Kastel.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2006 (ew)
Vaterländischer Frauenverein vom Roten Kreuz
Frauenverein für soziale Fürsorge
Venus vom Linsenberg
Der Vaterländische Frauenverein als Zweigverein des Vereins in Berlin entstanden, hatte
folgende Ziele: »In Kriegszeiten Fürsorge für die im Felde Verwundeten und Erkrankten«
und die »Linderung außerordentlicher Notstände im Reich sowie wirtschaftlicher und
sittlicher Not im Mainzer Raum«. Durch Wohltätigkeitsbasare und Vereinsfeste wurden
die erforderlichen Mittel dazu beschafft. Jede Frau konnte Mitglied des Vereins werden.
Ab 1886 widmete sich der Verein der Betreuung von Veteranen aus dem DeutschFranzösischen Krieg 1870/71, der Unterstützung von 30 Familien sowie der Einrichtung
von Handarbeitsschulen mit kostenlosem Unterricht für Mädchen und Jungen. 1900
richtete der Verein eine kostenlose Krankenstation für Männer ein und unterstützte seit
1913 die Ausbildung freiwilliger Krankenpflegerinnen sowie seit 1914 Krankenpflege in
den Lazaretten durch Helferinnen. 1918 stellte der Verein wegen der Besatzung seiner
Tätigkeit ein.
1912 wurde als Nachfolgeverein des Vaterländischen Frauenvereins der Frauenverein für
soziale Fürsorge gegründet und dem Alice-Frauenverein als Zweigverein angeschlossen.
Die Ziele waren nun: die Versorgung Notleidender, speziell der Damen des bedürftigen
Mittelstandes durch Zuweisung bezahlter Heimarbeit. Ende 1937 wurde der Verein im
Rahmen der Gleichschaltung in das Deutsche Rote Kreuz eingegliedert.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1991 (mc)
Venus vom Linsenberg
Fragment einer weiblichen Figur, ca. 22 000 Jahre alt
Fundort: Mainz, Linsenberg
In der Steinzeit - von 40 000 bis 3 000 v. u. Z. - kommen in hohem Maße weibliche
Darstellungen in Plastiken, Zeichnungen, Ritzungen und Malereien vor. Fundorte sind:
Gräber, Siedlungen, Wohnhäuser, Höhlen und Felsüberhänge. Es gibt keine schriftlichen
Überlieferungen; die Figuren sind nur zu deuten. Sie können Bilder von Göttinnen sein.
Die weltweiten Fundorte und Fundzusammenhänge ähnlicher Frauenfiguren lassen
Schlüsse auf Dorfkulturen mit dezentraler Organisation zu.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1991 (mc)
146
Verein für Fraueninteressen
Der Verein für Fraueninteressen schloss sich um 1904/05 dem Verband Mainzer
Frauenvereine an. Dieser war im Dezember 1900 zum Zwecke gemeinsamen Wirkens
gegründet worden. Außerdem sollte er eine Zersplitterung von Kraft, Zeit und Geldmitteln
vorbeugen. Im Laufe der Zeit wurden verschiedene Vereine Mitglied im Verband; so der
Kaufmännische Verein für weibliche Angestellte, der Ortsverein Alkoholgegnerbund, der
Verein zur Hauspflege, der Verein Mainzer Frauen-Arbeitsschule, der Mainzer DamenTurn- und Spielklub, der Verein Mainzer Lehrerinnen, der Verein für die Verbesserung der
Frauenkleidung und der Verein der Musiklehrerinnen. Der Verband Mainzer Frauenvereine
lud zu Vorträgen ein und machte Politik durch Eingaben. So kam am 2. Dezember 1901
Marie Loeper-Housselle zu einem Vortrag über Mädchenerziehung und am 6. April 1903
Alice Salomon zu einem Vortrag über Soziale Hilfsarbeiten nach Mainz. Am 6. Dezember
1910 wurde ein Fest zum zehnjährigen Bestehen gefeiert.
Das Wäschbrickelche
Auszug aus der Satzung des Vereins für Fraueninteressen:
»Zweck des Vereins.
§. 1.
Der Verein für Fraueninteressen will in seinen Versammlungen Gelegenheit bieten, die
Ideen der heutigen Frauenbewegung vor grösserem Publikum zu besprechen. Hierdurch
soll das Interesse immer weiterer Kreise hingelenkt werden auf das allenthalben
hervortretende ernstliche Streben der Frauen, das geistige Niveau ihres Geschlechts
zu heben und sich zur Erfüllung sowohl ihrer individuellen Lebensaufgaben, als ihrer
sozialen Pflichten gründlicher vorzubereiten, als es seither üblich und möglich war.
§. 2.
Der Verein ist in erster Linie ein Propaganda-Verein und erachtet es als seine Hauptpflicht,
der Frauensache nicht nur in Mainz, sondern auch in andern benachbarten Orten immer
mehr Boden zu gewinnen. Ausserdem unterstützt er aber auch praktisch die Bildungsund Erwerbs-Bestrebungen der Frauen und tritt für die Erweiterung der Frauenrechte ein,
die der angestrebten Erweiterung der Pflichten entsprechen muss.
Endlich übernimmt der Verein nach Massgabe seiner Mittel solche gemeinnützige
Arbeiten, welche geeignet sind, die Frauen zum Verständnis volkswirtschaftlicher
Interessen und zur Mitwirkung an der allgemeinen bürgerlichen Wohlfahrtspflege zu
erziehen...«
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1994 (mc)
Das Wäschbrickelche
Die »Wäschbrück«, eine städtische Einrichtung, war ein am Rheinufer festverankertes
Schiff, durch das in der Mitte das Rheinwasser floss. Mit Waschbrettern ausgestattet,
später auch mit einem Dach versehen, war sie seit 1898 bis in die sechziger Jahre ein
Platz zum Wäsche-Waschen. Ein Ort, an dem sich überwiegend Frauen trafen, wo die
Kinder während der Wäsche gleich mit betreut wurden, wo immer ein Gespräch möglich
war.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1991 (mc)
Weißfrauen in Mainz
Dort wo heute am Schillerplatz das Gebäude der Industrie- und Handelskammer
zu finden ist, stand im Mittelalter das Kloster des Maria-Magdalenen-Ordens, auch
Reuerinnen-Orden genannt. Bekannt wurden die Frauen des Ordens aber unter
einem ganz anderen Namen. Sie waren die Weißfrauen, benannt nach ihrer weißen
Leinentracht. Der Name Weißfrauenkloster hat sich als einziger bis heute erhalten,
obwohl der ursprüngliche Orden nur rund 50 Jahre bestand.
147
Welschnonne
Die Geschichte der Weißfrauen begann auf der Mainzer Synode im Jahr 1225. Dort erhielt
der Hildesheimer Propst Rudolf den Auftrag, sich besonders der Prostituierten und
unziemlich lebenden Frauen anzunehmen. Der Auftrag führte zur Gründung des MariaMagdalenen-Ordens, der auch 1227 offiziell vom Papst anerkannt wurde.
Für Mainz wird der Orden erstmals 1247 erwähnt, es ist jedoch wahrscheinlich,
dass er bereits viel früher gegründet wurde. Die Reuerinnen waren zunächst auf die
Benedictusregeln und die Riten der Zisterzienserinnen verpflichtet.
Die Weißfrauen fanden in Mainz ihren Platz am Dietmarkt, dem heutigen Schillerplatz.
Durch Schenkungen wuchsen dem Orden im Laufe der Zeit größere Besitztümer zu.
Die ursprüngliche soziale Struktur der Ordensgemeinschaft änderte sich rasch. Immer
mehr »unbescholtene« Frauen traten dem Orden bei und es war nicht ungewöhnlich, dass
unversorgte Töchter in das Kloster gebracht wurden. Dadurch setzte eine Entwicklung ein,
die 1291 in die Umwidmung des Klosters zum Zisterzienserinnenkloster mündete. Damit
war das Weißfrauenkloster nur noch eines von vier Zisterzienserinnenklöstern in Mainz bis es im Jahr 1801 endgültig aufgehoben wurde.
Ein zweiter Büßerinnenorden entstand im 15. Jahrhundert in Weisenau. Die Gründung
ging hier auf die Schenkung eines angesehenen Bürgers zurück. Doch auch dieser
Konvent bekehrter Prostituierter bestand nur wenige Jahrzehnte.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2001 (ew)
Die Welschnonnen in Mainz
Der offizielle Name lautete »Regulierte Chorfrauen des Hl. Augustinus in der Congregation
Unsrer Lieben Frau«, im kirchlichen Sprachgebrauch wurde die Kurzform »Congregation
B.M.V. (Beatae Mariae Virginis) verwendet, im Volksmund aber hießen sie die
Welschnonnen, weil die ersten Ordensfrauen aus dem französischsprachigen Raum
kamen. Ihr besonderer Auftrag war die Schulbildung von Mädchen aus allen Ständen.
Rund 50 Jahre nach Gründung des Ordens in Lothringen machten sich am 4. Oktober
1679 vier Ordensschwestern auf den Weg vom Kloster in Luxemburg nach Mainz.
Ausgestattet mit nichts als einem vagen Versprechen des Kurfürsten Karl-Heinrich von
Metternich-Winneburg, in Mainz ein neues Kloster begründen zu können, und 200 Talern
trafen die Oberin Ursula Coen, die Geschwister Maria Karla und Anna Klara Reichling
und Scholastika Macher am 12. Oktober in Mainz ein. Bereits unterwegs hatten sie vom
plötzlichen Tod des Kurfürsten erfahren, sich aber dennoch zur Weiterreise entschlossen.
Der neue Kurfürst Anselm Franz v. Ingelheim erteilte erst im Januar 1680 die Erlaubnis
zur Niederlassung. Die Ordensfrauen hatten aber bereits im Dezember, trotz widriger
Umstände, mit der Errichtung einer Mädchenschule begonnen. Das erste Schul- und
Wohngebäude war das völlig heruntergekommene Weihbischofhaus an der Ecke
Schusterstraße/Stadthausstraße. Hier unterrichteten die Welschnonnen unentgeltlich
Mädchen aus armen Familien und zahlende Pensionärinnen, vornehmlich aus dem Adel.
Im Juni 1683 erwarb der Orden zum Kaufpreis von 6000 fl. Häuser in der Kirchgasse - in
der späteren Welschnonnengasse. Zwei Jahre später zählte die Schule rund 24 zahlende
Pensionärinnen und 150 externe Schülerinnen. In der kostenlosen »Volksschule« war
das Bildungsziel, die Mädchen in die Lage zu versetzen, ihr eigenes Brot verdienen zu
können. Neben Religion, Rechnen, Schreiben, Lesen und Handarbeiten wurde auch
Französisch unterrichtet. Jahrzehntelang waren die Welschnonnen die Trägerinnen der
Mädchenbildung in Mainz. Erst mit der Niederlassung der Englischen Fräulein im Jahr
1752 bekamen die Welschnonnen Konkurrenz.
Als Mainz 1797 französisch wurde, halfen den Welschnonnen für kurze Zeit noch der
französische Ursprung ihres Ordens und das Ordensziel Mädchenbildung. Doch am 17.
August 1802 erfolgte auf Beschluss der französischen Präfektur die endgültige Aufhebung
des Klosters. Der öffentliche Unterricht aber sollte bestehen bleiben und von geeigneten
Ordensschwestern abgehalten werden. Das Klostergebäude wurde 1886 abgerissen, nur
die Welschnonnengasse erinnert noch an die Frauen, die den Mädchenunterricht in Mainz
prägten.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2004 (ew)
148
Frauen in der Mainzer Wissenschaft Ende der vierziger Jahre
Nach 148 Jahren Unterbrechung begann am 22. Mai 1946 wieder der Lehr- und
Studienbetrieb an der Mainzer Universität, und erstmals waren auch Frauen unter den
Lehrenden und Lernenden.
Die Statistik zum Sommersemester 1947 weist 1.646 Studentinnen und 4.561
Studenten aus. Die Frauenquote beim Lehrpersonal sah ungleich schlechter aus: vier
Wissenschaftlerinnen standen 129 Wissenschaftlern gegenüber. 1948 hatte sich die Zahl
auf sechs Frauen und 171 Männer erhöht.
Zu den ersten Wissenschaftlerinnen an der Johannes Gutenberg-Universität gehörte
die Medizinhistorikerin Dr. Edith Heischkel-Artelt, die 1948 zur außerplanmäßigen
Professorin und 1962 zur ordentlichen Professorin ernannt wurde.
Von 1946 bis 1951 trug die Kunsthistorikerin Dr. Elisabeth Rosenbaum (später AlföldiRosenbaum) als Assistentin von Prof. Friedrich Gerke maßgeblich zum Aufbau des
Kunsthistorischen Instituts bei. Nach ihrer Zeit in Mainz lehrte sie in England, der Türkei,
in Kanada und den USA. Zu ihren bekanntesten Veröffentlichungen zählt »Das Kochbuch
der Römer«.
Am Kunsthistorischen Institut war auch die Sinologin Dr. Victoria v. Winterfeldt-Contag
tätig. Anfangs nur als Lehrbeauftragte beschäftigt, wurde sie 1957 zur außerordentlichen
Professorin ernannt.
Die Romanistin Dr. Erna Stübel war Lektorin für Französisch. Neben Sprach- und
Übersetzungskursen gab sie Veranstaltungen zur französischen Landeskunde und
arbeitete als Übersetzerin und Autorin.
Die Psychologin Dr. Elisabeth Schliebe-Lippert war im Hauptberuf Ministerialbeamtin in
Hessen und als Schulrätin tätig; an der neuen Universität übernahm sie ab 1948 einen
Lehrauftrag. Schliebe-Lippert hatte sich 1932 (als dritte Frau) an der Universität Gießen
habilitiert und leitete dann von 1932 bis 1936 die Mainzer Frauenarbeitsschule.
Als Egon von Eickstedt, in der Nazizeit einer der führenden Rassenanthropologen, 1946
die Leitung des neu gegründeten Instituts für Anthropologie übernahm, kam in seinem
Gefolge auch (die ebenfalls nicht unbelastete) Dr. Ilse Schwidetzky-Roesing als Dozentin
für Bevölkerungsbiologie nach Mainz. 1961 übernahm sie von Eickstedts Lehrstuhl und
die Leitung des Instituts.
Studentinnen am Institut für Experimentalphysik 1947
Erste Zentralwaschküche
Die eigentliche Begründerin des Mainzer Hochschulsports, Barbara Müller, hatte 1946
selbst die Initiative ergriffen und der Universitätsleitung angeboten, Gymnastikkurse
für Studentinnen zu geben. Aus zwei bis drei Wochenstunden Sport für ein Dutzend
Studentinnen wurden schnell mehr. Zusammen mit Berno Wischmann, dem späteren
langjährigen Dekan des Fachbereichs Sport, sorgte Barbara Müller ab 1949 für den
systematischen Aufbau des Hochschulsports.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 2011 (ew)
Die erste Zentralwaschküche
Im Sommer 1927 richtete die Stadt im Innenhof des neugebauten Wohnblocks
Goethestraße/Ecke Kreyßigstraße eine zentrale Waschküche für alle Mietparteien
ein. Diese Gemeinschaftseinrichtung sollte die bislang üblichen Waschküchen in
den Häusern ersetzen. Per Mietvertrag verpflichteten sich die Mietparteien, die
Zentralwaschküche zu nutzen. Wäsche waschen war auch noch in den zwanziger Jahren
körperliche Schwerstarbeit; die bereits mit einer Art Waschmaschinen ausgestattete
Zentralwaschküche sollte der »Großen Wäsche« den Schrecken nehmen und dabei
helfen, Zeit zu sparen.
In der Zentralwaschküche gab es sechs Waschkabinen, eine Trockenanlage und eine
große elektrische Wäschemangel. Alle Räume waren beheizt. Über den Waschvorgang
berichtete die Mainzer Volkszeitung: »Man bringt die Wäsche einen Tag zuvor in die
zugewiesene Waschkabine, um sie dort in einem geräumigen Bottich einzuweichen.
149
Am nächsten Tag kann man die Wäsche ohne vorheriges Auswinden in die Maschine
tun, wo sie mit frischem Wasser, das dann abläuft, durchschwenkt wird... in 3/4 Stunden
sind 15-20 Kilo Trockenwäsche fertig gewaschen und kommen nun in die Zentrifuge zum
Auswringen. Nach 10 Minuten an die Wäschemangel.«
Die Benutzung der Zentralwaschküche kostete 4,50 Mark; dafür konnten bis zu 20 Kilo
Trockenwäsche gewaschen werden. Die Öffentlichkeit begrüßte die Einrichtung der
Waschküche und forderte solche Anlagen auch für andere Stadtteile. Besonders bei
Planungen von Neubauten sollten sie nicht vergessen werden.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1999 (ew)
Frauen im Mainzer Zuchthaus
Frauen im Mainzer Zuchthaus
Am 10. Oktober 1888 beschoss die Stadtverwaltung die Umbenennung der
Zuchthausgasse in Weintorstraße. Mit dem Namen verschwand aber nicht die dort
befindliche Strafanstalt für Frauen und Männer. Der Gebäudekomplex zwischen
Kappelhofgasse und Zuchthausgasse, das ehemalige Bürgerhospital, diente
seit Mitte des 17. Jahrhunderts als harte Strafanstalt. Einzusitzen hatten laut der
Zuchthausordnung von 1742: »... sonderlich aber lüderliche, Aerger erregende
prostituierliche, skandalöse, herabgesunkene Frauenzimmer.«
Die weiblichen Gefangenen waren in einem speziellen Trakt, dem so genannten
Weiberbau, untergebracht. Alle Gefangenen mussten sehr hart arbeiten, im Sommer von
halb fünf Uhr morgens bis halb neun abends, im Winter von früh um fünf Uhr bis neun
Uhr abends.
Im Jahre 1902 wurden die ersten Überlegungen angestellt, das Zuchthaus in ein reines
Frauengefängnis zu verwandeln. Zu dieser Zeit saßen dort 85 weibliche Gefangene ein.
1907 war die Umwandlung in ein Frauengefängnis abgeschlossen. In den Folgejahren
sank jedoch die Zahl der Inhaftierten beträchtlich, so dass Mitte Juli 1910 die Auflösung
der Haftanstalt beschlossen wurde. Von nun an wurden auch weibliche Gefangene im
neuerrichteten Provinzial-Arresthaus am Justizgebäude untergebracht. Hier gab es für
Frauen 30 Einzel- und 45 Gemeinschaftszellen.
Blick auf Mainzer Frauengeschichte 1997 (ew)
150
Namensregister
Name
Arendt, Henriette
Arndt-Hanser, Anni
Bachmann, Ingeborg
Bamberger, Amalia
Baron, Ruth
Behr, Therese
Bellroth, Anna
Berthoara
Biernath, Irmgard
Bilhildis
Bläsius, Julie
Brandenburg, Albrecht von Braunrasch-Schott, Barbara (Betty) v.
Brochard, Maria Johanna
Broer-Lindemann, Gabriele
Bruna
Bucksath, Lina
Bund, Maria
Cahn, Sophie
Christ, Sophie
Clausnitzer-Hennes, Marie
Cornelius, Auguste Cornelius, Bertha
Cormelius, Peter
Coudenhoven, Sophie von
Darapsky, Elisabeth
Dido, Paul (s. Cornelius, Auguste)
Diemer, Hildegard
Dietz, Maria
Dietze, Ursula von
Distelhut, Ursula
Dorsch, Käthe
Eberstein, Freifrau von Freifrau Eckert, Karin
Eichbaum Bell, Gerda
Einsmann, Maria
Eisler-Lehmann, Anni
Eißner, Dagmar
Eleonore von Aquitanien
Erthal, Karl-Friedrich von Epstein, Esther
Erlanger, Bertha
Essig, Olga
Fastrada
Faulstich, Marga
Fehr-Fuld, Gertrude
Forkel, Meta
Forster, Therese Fraenkel, Chlotilde Amalie
Fritz-Schillo, Renate
Geisler, Johanna
Giron, Irène
Göttelmann, Karl Emil
Goldschmidt, Naomi
Gombert, Alice
Greiffenclau, Magdalena von
Grohs, Elisabeth
Grosch, Sophie
Gutmann, Amalie (Schwarz, Amalie)
Gutmann, Anna
Haas, Elise
Haccius, Barbara
Seite
10
10
111
125
11
12
25, 142
12
13
14
14
77
14, 135
15
109
15
16
17
17
18
18
19
20
19, 20
21
21
22
23
23
24
24
25
25
26
27
27
28
28
21
29
109
30, 140
31
31
32
33
33
34
34
35
36
78
36
37
37
38
39
39
39
40
40
Haccius, Irmgard
41
Hahn-Hahn, Ida Gräfin
18, 41, 50
Haibel, Sophie
41
Halein, Fina (Josephine)
42
Halein-Zitz, Kathinka
38, 43, 46, 100, 125
Hamel Schick, Margarethe Louise
43
Haus, Doris
43
Heinefetter, Kathinka
44
Heinefetter-Marquet, Sabine
44
Heinefetter-Stöckl, Clara
45
Heinrich IV.
76, 96
Heischkel-Artelt, Edith
45, 103, 149
Hennig, Dora
45
Henrich , Albertine
46
Henrich-Wilhelmi, Hedwig
47
Herrmann, Magdalene
47
Heygster, Anna-Luise
48
Hillebrand, Lucy
48
Hofheinz-Döring, Margret
49
Horch, Martha
50
Horix, Magdalena (s. Greiffenclau)
Jacoby, Alinda
50
Jakoby, Elisabeth (Kübel, Elisabeth)
51
Jakoby, Cornelia (Jäger, Cornelia)
51
Jean Paul
63
Johannes, Elisabeth (Schublädchen)
52
Jonas, Regina
15
Julia Mamaea
52
Kaipert, Erika Maria
53
Karl der Große
31
Kessel, Franziska
53
Kiel, Gertrud
53
Klein-Listmann, Erna
54
Knewitz, Hedwig
55
Knoche, Emmi
55
Koch, Emma
56
Kramer Stein, Erna
56
Kramer, Justine
56
Krug, Maria (siehe Jacoby, Alinda)
57
Kupferberg, Clarissa
57
La Roche, Maria (Fanny) de
La Roche, Sophie
58, 59
La Roche Brentano, Maximiliane
59
Lazar, Selma
59
Lee, Marianne
60, 96
Lennig, Franziska
60
Leue, Margrit
61
Ley, Aenne
61
Liutgard von Sachsen
62
Loeb, Martha
62
Lux, Maria Anna
63
Maharil
15
Mahler, Sophie
63
Maier, Mathilde
64
Mainka, Gudrun
64
Marxsohn, Ellen Berta
65
Materna, Hedwig
66
Mayer, Emmy
66
Mendel, Martha
67, 114
Menimane
67
Mensdorff-Pouilly, Sophie von
68
Michaelis, Caroline
33, 69
151
Mildner, Poldi 69
Montag, Elsa
138
Mozart, Constanze
41
Mozart, Wolfgang Amadeus
41
Müller, Barbara
149
Müller, Helene
27
Müller, Marianne
70
Nahm, Emilie
71
Ohms, Elisabeth
71
Oppenheimer, Rosemarie
72
Ott, Luise
72
Päpstin Johanna
73
Pfahler, Katharina
74
Pfeifer, Agnes
74
Poelzig-Ockel, Ruth
75
Poitou, Agnes von
76
Rathenau, Sabine Mathilde
76
Recke, Elisa von der
85
Redinger, Ursula
77
Reiling, Hedwig
77
Reitzenstein, Marianne Sophie von (s. Weikard)
Reinach, Adolf
78
Reinach, Pauline 78
Richard III. (Löwenherz)
29
Ringwald-Meyer, Edith Sabine
79
Roeder, Emy
79
Rosenbaum, Elisabeth
149
Roth, Karin
119
Scanagatta, Francesca
80
Schapiro, Klara
139
Schild, Ulla
81
Schinderhannes (Johannes Bückler)
14
Schliebe-Lippert, Elisabeth
149
Schmailzl, Uta
81
Schmalenbach, Eva
82
Schmidt von Ekensteen, Marie
82
Schönborn, Johann Philipp von
125
Schultheiß, Maria Barbara
83
Schulze-Westrum, Edith
83
Schulze-Kummerfeld, Karoline
84
Schwarz, Sophie
84
Schwarzmann, Rosel
85
Schweikard von Kronberg, Johann
125
Schwester Augustina (s. Reinach, Pauline)
Seghers, Anna
47, 77, 86, 88 Seligmann, Hilde
86
Settegast, Dorothea
87
Severus Alexander
52
Seyler, Sophie Friederike
87
Sichel, Johanna
88
Sichel, Ruth
89
Sidonius (Bischof)
13
Simon, Loni (Appolonia)
89
Sontag, Franziska
90, 91
Sontag, Henriette
90, 91
Steil-Beuerle, Elisabeth
91
Steiner, Elisabeth
92
Stein, Edith
78
Stern, Karoline
93
Stern, Margot
94
Stolterfoth, Adelheid von
94
Stubenrauch, Selma
95
152
Stübel, Erna
Sulzmann, Erika
Susa, Bertha von
Symonette, Lys
Torlonia, Anna Maria
Traut, Agnes
Troschel, Elise
Venantius Fortunatus
Vollrath Lamberger, Vala
Wagner, Richard
Wallau, Mina
Wandel, Louise
Wasserburg, Franziska
Weidmann, Johann Peter
Weikard, Marianne Sophie
Weinmann, Sidonie
Weinschenk, Bertlies (s. Symonette)
Weyrauch, Cornelia
Willius-Senzer, Aenne
Winterberg, Wanda
Winterfeldt-Contag, Viktoria v.
Wirth, Elisabeth
Woltner, Margarete
Wurster, Ingeborg
Zetkin, Clara
Ziegler, Maria
Zifferer, Martha
Zitronenbaum, Lea
149
95
96
60, 96
97
98
109
13
98
64
98
99
99
107
100
109
101
101
102
149
102
103
104
143
104
105
105
Sach- und Ortsregister
Name
Seite
Accouchement
107
Albert-und-Loni-Simon-Stiftung
89
Alice-Frauenverein
107
Allgemeine Zeitung
26, 61
Altmünsterkloster
14, 108
Amazone mit Fahne
108
Amazone mit Trophäe
108
Arbeiterinnen, Erster Weltkrieg
109
Arme Schwestern vom heiligen Franziskus
110
Arbeitsamt
95
Ärztinnen
109
Aufanische Matronen
110
Ausstellung Die Welt der Frau
110
Beginen 112
Beigeordnete
61
Bischöfliches Ordinariat
11
Bondi-Schule
17, 92, 112
Bretzenheim
74, 128
Bund entschiedener Schulreformer
30
Bundesfrauenkonferenz DGB
113
Bundestag
23
CDU
23
Damenmaskenball 113
Damensegelfluggruppe
114
DGB
113, 119
Dienen - ein Frauenberuf
114
Dreistädtebund
120
Driller, Triller, Drehlade
115
Ebersheim
119
Einschulung 1903
115
Eisler-Lehmann-Stiftung
27
Englische Fräulein
83
Epona
116
Fachhochschule
49
FDP
61
Finthen
57, 74, 142
Frau im Netzmuster
116
Frauendemonstration
118, 119
Frauenarbeit 1901
116
Frauenarbeit Weinbau
117
Frauenarbeitsschule
16, 30, 67, 117, 130, 139
Frauenbildung
60, 118, 134
Frauenfeuerwehr Ebersheim
119
Frauenförderung
28, 53
Frauenhaus
120
Frauenkunstverband
120
Frauenwahlrechtskampagne 120
Frauenzentrum Badergasse
122
Fräulein vom Amt 122
Gemeine frauwen und dochtern
122
Gonsenheim
39
Gruppe 47
111
Hafenstraße
27, 124
Handelslehranstalt
123
Hebamme
74, 124
Hebammenlehranstalt
124
Heiraten, 18. Jahrhundert
124
Höhere Mädchenschule
47, 88, 136
Holzturm
14
Hexenverfolgung Kurfürstentum Mainz
125
Humania, Frauenverein
125
Israelitischer Krankenpflegeverein 126
Jahr der Frau 1975
127
Jakobinerinnen
127
Jüdische Gemeinde
29, 40, 78, 126
Kastel
145
Katholischer Frauenbund, Frauentag 128
Kinderbewahranstalt Bretzenheim
128
Kirschgarten
43
Klarissen, Reiche und Arme
129
Kloster Maria Dalheim
129
Kloster zum guten Hirten
41
Kochschule
130
KPD
42, 53
Krankenschwestern Korea
130
Kunstausstellung »Die Mainzerin«
131
Kunstgewerbeschule
131
Landtag
24, 42, 45
Laubenheim
117
Lehrerinnen 18. Jahrhundert
132
Lehrerinnenseminar
136
Liedertafel Damengesangverein
135
Mädchenhorte 133
Mädchenschulen
83, 132, 148
Mädchenschutz
133
Mädchenverein, polnische Emigranten
134
Mäßigkeitsbewegung
98
Mainzer Damen-Turn-und Spiel-Club
135
Mainzer Republik
21, 33, 69, 127
Markt 136
Martin-Luther-King-Park
18
Mikwe, Weisenau
137
Mode für Mainzer Mädchen
137
Mombach
24, 89
Motorsport
22
Mulier Moguntiana
137
Muttertag 138
Nixenbrunnen
138
Polizeiassistentin
10, 139
Prostitution
10, 122, 139, 148
Reformschule
49, 139
Reichsadeliches Fräuleinstift
140
Reichstag
53
Rheinische Post, Beilage
141
Rheinschifferfamilie 141
Rosenbraut
25, 142
Rosenbrautstiftung
25, 142
Rosengasse
133, 139
Rosmerta
142
Rotes Kreuz
107, 146
Schaffnerin
142
Schmittschule
115
Schott Glas
31, 143
Schott-Braunrasch’sche Stiftung
14
Schottenhof
14
Schwestern v. d. göttlichen Vorsehung
57, 117, 128
Segelflug
67, 114
Sport
135, 144, 145
SPD
17, 24, 45, 143
Sozialpolitik 19./20. Jahrhundert
144
St. Alban
31, 62
Stadionerhof
58
21
Stadtarchiv
Stadtbibliothek
23
153
Stadtrat
Stadttheater
Stadtvorstand
SWR (SWF)
Theaterdirektorinnen Transfusionszentrale
Turngesellschaft Kastel
Universität Mainz
16, 17, 42, 45, 61, 81, 144
24, 35, 66, 71, 105
61
64
145
10
145
28, 36, 38, 40, 53, 69, 79, 81,
95, 103, 128, 149
Universitätsmedizin
10, 28, 45
Unterhaus
34
Vaterländischer Frauenverein
146
Venus vom Linsenberg
146
Verband Mainzer Frauenvereine
147
Verein für Fraueninteressen
147
Verein für Volkswohlfahrt
133
Verein Mainzer Frauenarbeitsschule
117
Volksbücherei
134
Volkshochschule
118
Wäschbrickelche
147
Walter-und-Wanda-Winterberg-Stiftung
102
Weintorstraße
13, 150
Weisenau
67, 115
Weißfrauenkloster 147
Welschnonnen
148
Widerstand
21, 53, 72
Wissenschaft
149
ZDF
48, 91, 104
Zahlbach
129
Zentralwaschküche
149
Zuchthaus
150
154
Bildnachweis
Stadtarchiv Mainz, Bild- und Plansammlung: Titelbild, 14 (1, 2), 16, 17 (1), 21, 23 (2), 24 (2),
27 (1, 2), 31 (1), 34 (2), 41, 42, 43 (1, 2), 44 (1,2), 45 (1, 2), 47 (2), 48 (2), 52 (1, 2), 53 (1),
55 (2), 56 (1), 61 (1, 2), 67 (2), 74 (2), 79, 83, 85, 86, 87, 94 (2), 99 (1), 101, 107 (1, 2), 108,
115, 117 (1, 2), 118 (2), 122, 123, 124, 125, 128, 131 (1, 2), 133, 136 (1), 139, 141, 142,
144 (1, 2), 145 (1), 146, 147, 149 (2), 150; Wissenschaftliche Stadtbibliothek: 19, 20; Ulrich
Baumgarten/Herta Kröhling: 12; Theresia Bongarth: 11; Michael Brumby: 113; Dr. Hedwig
Brüchert: 40; Jean Charpié, Musée suisse de l’apparail photographique, Vevey: 32; Mechthild
Czarnowski: 13 (1), 110 (1), 116, 138; Margot Demmler: 102; Frauenzentrum Mainz: 118 (2),
122; Elke Gensler: 47 (1); Große Frauen der Weltgeschichte: 59 (1), 69, 76 (1), 96; Rosemarie
Hoffmann: 23 (1); Marlene Hübel: 33, 64; Lotte Klemperer: 35; Landesmuseum Mainz: 137 (2),
142 (2); Dr. Sukil Lee: 130 (2); Dr. Rainer Metzendorf: 55 (1); Mittelrheinisches Landesmuseum: 91; Museen der Stadt Aschaffenburg: 77 (1); Privat: 17 (1), 22, 34 (1), 36 (2), 37 (1, 2), 39,
50, 51 (1, 2), 56 (2, 3), 57 (1), 59 (2), 62, 63 (2), 65, 74, 76 (2), 77 (2), 81, 88, 89 (1, 2), 92, 94
(1), 105, 112 (1), 130; Manfred Pennig: 67 (1), 114; Karin Roth, MdB: 119; SPD-Stadtratsfraktion: 24 (1); Stephanie Schmidt-Veit: 128 (2); Schott Glas: 31; Schwestern von der göttlichen
Vorsehung: 57 (2); Marianne Sparrer: 130 (1), 136 (2); Turngesellschaft Kastel: 145 (2); Universität Mainz: 28 (1), 36 1), 53 (2), 95, 149 (1); Universitätsmedizin, Transfusionszentrale: 10
(2); Eva Weickart: 25, 99, 142 (1); Helga Wittkopf: 74 (1); ZDF: 48 (1); Klaus Zinniel: 29.
155
Für Ihre Notizen
156
Für Ihre Notizen
157
Für Ihre Notizen
158
www.mainz.de/frauenbuero
25 Jahre Frauenbüro
Landeshauptstadt Mainz
Hauptamt
Frauenbüro und Öffentlichkeitsarbeit
Rathaus I Jockel-Fuchs-Platz 1
55116 Mainz
Tel 06131 - 12 21 75
Fax 06131 - 12 27 07
[email protected]
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Blick auf Mainzer
Frauengeschichte
Mainzer Frauenkalender
1991 bis 2012
Ein Lesebuch