4.5 ein servicer, viele lösungen: die kreditfabrik der zukunft

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4.5 ein servicer, viele lösungen: die kreditfabrik der zukunft
KAPITEL 4.5 Ein Servicer, viele Lösungen: Die Kreditfabrik der Zukunft
4.5EINSERVICER,VIELELÖSUNGEN:
DIEKREDITFABRIKDERZUKUNFT
vonManfredLundundMarkusB.Müller
1 Einleitung .............................................................................................................................................................. 208
2 Aktuelle Herausforderungen in der privaten Immobilienfinanzierung – und wie Genossenschaftsbanken ihnen begegnen ............................................................................................ 209
3 Erfolgshebel im Processing ........................................................................................................................... 210
3.1 IT matters: Technische Erfolgsfaktoren für die Industrialisierung des Kreditgeschäfts ...................................................................................................................................................... 210
3.2 Personaleinsatzsteuerung: Reduzierung der Leerkosten ...................................................... 212
3.3 Qualität messbar machen – Service Level Management ..................................................... 214
4 Ein Kreditservicer, viele Lösungen: Was kann ein Dienstleister leisten? ................................ 215
4.1 Vielfalt als Herausforderung – die Kreditwerk-Gruppe als strategischer Partner für den genossenschaftlichen FinanzVerbund ......................................................... 215
4.2 Interne Optimierung und ihre Grenzen ....................................................................................... 216
4.3 Flexibilisierung der Marktfolge: Vom Spitzenausgleich bis zum Outsourcing .......... 217
4.4 Regionale Kooperationen ..................................................................................................................... 218
5 Praxisbeispiele aus der Kreditwerk-Gruppe ......................................................................................... 218
5.1 Beratungsprojekt zur Optimierung der Prozesse in der privaten Baufinanzierung: Volksbank Göppingen eG ........................................................................................................ 218
5.2 Zusammenarbeit mit der VR Kreditservice im Spitzenausgleich: Stuttgarter Volksbank AG ............................................................................................................................................ 220
6 Literatur .................................................................................................................................................................. 221
1
Einleitung
Die Herausforderungen im Geschäft mit der privaten Baufinanzierung wachsen – und mit ihnen die Anforderungen der Volksbanken und Raiffeisenbanken an ihre Dienstleister. Die Primärinstitute haben in den vergangenen Jahren unterschiedliche strategische Ansätze und Maßnahmen entwickelt, um sich dem zunehmenden Wettbewerb im Privatkundengeschäft zu stellen und die eigene Kostensituation zu verbessern. Als Kredit-Kompetenzcenter und strategischer Partner für den gesamten genossenschaftlichen FinanzVerbund stellt sich die Kreditwerk-Gruppe der Aufgabe, ihr Leistungsprofil kontinuierlich den sich wandelnden 209 | 209
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Anforderungen anzupassen und die Volksbanken und Raiffeisenbanken in ihrem jeweiligen Wettbewerbsumfeld mit individuellen Lösungen zu unterstützen.
2
AktuelleHerausforderungeninderprivatenImmobilienfinanzierung
–undwieGenossenschaftsbankenihnenbegegnen
Volksbanken und Raiffeisenbanken haben im Zuge der Finanzkrise ihre Bedeutung als eine stabile Säule des deutschen Finanzmarkts behauptet. Mit der Zahl von 16,4 Millionen haben die Genossenschaftsbanken inzwischen mehr Mitglieder als die Schweiz und Österreich gemeinsam Einwohner haben. Dennoch ist es auch für die genossenschaftlichen Institute in den vergangenen Jahren schwieriger geworden, im Geschäft mit privaten Kunden zufriedenstellende Erträge zu erzielen. Dies trifft insbesondere für das Geschäft mit der privaten Immobilienfinanzierung zu. Neue Marktteilnehmer wie beispielsweise Finanzierungsplattformen oder auch ausländische Anbieter verstärken bereits seit einigen Jahren den Druck auf die Kreditkonditionen. Laut der Baugeldstudie 2010 beklagen 82 % der Immobilienfinanzierer, „dass sie durch den scharfen Wettbewerb Einbußen in der Marge hinnehmen müssen“ (PLANETHOME 2010). Zusätzlich müssen Banken aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Situation in Deutschland mit einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit, einer zunehmenden Zahl von Insolvenzen und somit einem wachsenden Kreditausfallrisiko rechnen. Angesichts der zunehmend schwierigen Ertragssituation hat im genossenschaftlichen FinanzVerbund die Diskussion rund um die Absenkung der Produktionskosten im Retailgeschäft in den vergangenen Jahren deutlich an Dynamik gewonnen. So hat die Studie „Doppelarbeiten im Verbund“ des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken für die Primärinstitute ein jährliches Kostensenkungspotenzial von 600 bis 700 Mio. € durch „bündelbare Funktionen, die nicht zu einer Kernkompetenz der Volksbanken Raiffeisenbanken gehören“, ermittelt (zitiert nach BVR 2009). Je nach regionaler Ausrichtung und Kundenschwerpunkt entscheiden sich die Genossenschaftsbanken dabei für unterschiedliche Wege, um ihre Produktionskosten zu senken. Diese Vielfalt wird durch die BVR-Veröffentlichung „Leitfaden zur Produktivitätssteigerung – Praxisorientierte Modelle und Beispiele für Prozesse, Strukturen und Personal“ widergespiegelt. Der Leitfaden beschreibt Vorteile und Vorgehensweisen verschiedener Kostensenkungsmaßnahmen, angefangen bei internen Optimierungsprojekten über regionale Bankenkooperationen bis hin zur Auslagerung von Backoffice-Dienstleistungen an überregionale Dienstleister (vgl. BVR 2009). Skaleneffekte/Optimierungspotenzial
KAPITEL 4.5 Ein Servicer, viele Lösungen: Die Kreditfabrik der Zukunft
zentrales
Outsourcing
regionales
ServiceCenter
interne
Optimierung
Zentralisierung
Abbildung 1: Kosten senken, Kreditprozesse optimieren: Strategische Ansätze im genossenschaftlichen FinanzVerbund
Diesen Herausforderungen muss sich eine Kreditfabrik stellen und sie muss Lösungen bereitstellen, die der tatsächlichen Outsourcing-Neigung der Bank entsprechen. Um zielgerechte Lösungen zu entwickeln, ist die Kenntnis über die Erfolgshebel für das effiziente Processing notwendig. Denn bei einer erfolgreichen Industrialisierung und Optimierung von Kreditprozessen wirken unterschiedliche Stellhebel.
3
ErfolgshebelimProcessing
3.1
ITmatters:TechnischeErfolgsfaktorenfürdie
IndustrialisierungdesKreditgeschäfts
Die IT spielt für die Industrialisierung des Kreditgeschäfts eine zentrale Rolle: „Die Unterstützung der Prozesse durch eine leistungsfähige IT-Infrastruktur ist zu einem der entscheidenden Effizienzparameter im Kreditgeschäft der Banken geworden“, heißt es in der Studie zur „Effizienz der Kreditprozesse in deutschen Kreditinstituten“ (PricewaterhouseCoopers 2008).
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Wer sich für ein Application Service Providing (ASP)-Modell oder eine Outsourcing-Partnerschaft entscheidet, kann einen Bestandteil seiner IT-Investitionen nachhaltig flexibilisieren und gewinnt Investitionssicherheit. Klienten eines Kreditservicers profitieren von der spezialisierten IT-Kompetenz des Dienstleisters.
Ein Thema mit großem Aufholpotenzial bleibt weiterhin die elektronische Kreditakte. Laut dem „Branchenkompass Kreditinstitute“ planen bis zum Jahr 2012 47 %der Banken Investitionen in diesem Bereich, genauso viele wie in die automatische Kreditabwicklung investieren möchten (vgl. STERIA MUMMERT CONSULTING 2009). Mit der Einführung der elektronischen Kreditakte verbindet sich für viele Mitarbeiter in den Volksbanken und Raiffeisenbanken ein Kulturwandel, dem sie zunächst kritisch gegenüberstehen. Doch die elektronische Akte macht die Bearbeitung weitgehend unabhängig von physikalischen Unterlagen, damit fallen Rüstzeiten, Postlaufzeiten und Botenaufträge weg. Dies wird von den Mitarbeitern in der Regel nach kurzer Umgewöhnungszeit als Befreiung empfunden. Die Einführung der elektronischen Kreditakte bildet die Grundlage für nachhaltige Effizienzvorteile. Weitere Effizienzvorteile verschaffen sich Banken zudem durch eine konsequente WorkflowSteuerung innerhalb ihrer Marktfolgeprozesse. Einen entsprechend optimierten Kreditprozess unter Einbindung einer elektronischen Kreditakte ermöglicht beispielsweise die durch die Kreditwerk-Gruppe entwickelte Softwarelösung Baufi FastLane, die in das Banksystem agree der Rechenzentrale FIDUCIA IT AG integriert ist. Baufi FastLane unterstützt den gesamten Neugeschäftsprozess bis zur Vollvalutierung – und leistet dabei einen aktiven Beitrag zur Kundenbindung: Bei einer vollautomatisierten Kreditentscheidung liegt der vollständige Kreditvertrag spätestens zehn Minuten nach Antragseingabe noch während des Beratungsgesprächs zur Unterschrift vor – inklusive Anschreiben und aller erforderlichen Anlagen. Die Einbindung eines elektronischen Archivs ermöglicht die papierlose Bearbeitung sowie eine revisionssichere Entscheidungs- und Vorgangsdokumentation sowie Historienführung. Die Lösung ist durch die Deutsche Genossenschafts-Revision Wirtschaftsprüfungsgesellschaft GmbH (DGR Wirtschaftsprüfung) zertifiziert.
KAPITEL 4.5 Ein Servicer, viele Lösungen: Die Kreditfabrik der Zukunft
Projekterfahrung VR-Banken
max.
Durchschnitt
Bearbeitungszeit mit Baufi FastLane
mind.
850
Antragseingang bis Auszahlung
in Baufi FastLane
550
400
175
20–40
verbleibende
Bearbeitungszeit in agree®
Bearbeitungszeit Marktfolge in Minuten
Abbildung 2: Verkürzte Bearbeitungszeiten in der privaten Baufinanzierung mit der
Softwarelösung Baufi FastLane
3.2 Personaleinsatzsteuerung:ReduzierungderLeerkosten
Die Vorteile einer leistungsfähigen IT kann eine Bank erst dann voll ausspielen, wenn sie in ein professionelles Kapazitätsmanagement eingebettet sind. Mit der Einführung der elektronischen Kreditakte schaffen Banken eine wichtige Grundlage für eine hochprofessionelle, anforderungsgemäße Produktionssteuerung. Nutzt das elektronische Dokumentenmanagement-System automatische Schrifterkennung (ORC = Optical Character Recognition), dann kann es in einem großen Teil der Fälle eigenständig identifizieren, um welche Art von Dokument es sich bei einem eingegangenen Poststück handelt und welche nächsten Handlungsschritte erforderlich sind. Der Arbeitsschritt kann dann automatisch erfolgen bzw. einem entsprechend qualifizierten Mitarbeiter zugewiesen werden. 212 | 213
213 | 213
Auftragseingang
Post
E-Mail
Druck
Prozess
Erkennung
über 85 %
automatische
Vorgangssteuerung
Eingang
Fax
automatische
Erkennung
Dokumenttyp
Erkennung
über 80 %
Telefonnotiz
Antrag
Auszahlung
Bestandsprozesse
elektronische Akte
Ablage der
Dokumente
Register
Dokumenttyp
Abbildung 3: Vorgangssteuerung auf Basis automatischer Schrifterkennung
Das Kapazitätsmanagement eines professionellen Kreditservicers arbeitet auf drei zeitlichen Ebenen, in denen jeweils unterschiedliche Instrumente zum Einsatz kommen: tagesaktuell, mittelfristig und langfristig. Durch die optimale Verzahnung der Maßnahmen auf diesen drei Ebenen werden die Voraussetzungen geschaffen, die Mitarbeiter quantitativ und qualitativ optimal einzusetzen. Beim tagesaktuellen Kapazitätsmanagement spielt das elektronische Dokumentenmanagement-System eine wichtige Rolle, das eine anforderungsgemäße Zuteilung der Aufgaben per Postkorb ermöglicht. Auf mittelfristiger Ebene sollten insbesondere auch flexible Arbeitszeit-Regelungen zum Tragen kommen. Das Abfedern von Volumenschwankungen wird beispielsweise durch einen Anteil an Mitarbeitern erleichtert, die in Teilzeit arbeiten, aber die Möglichkeit nutzen, ihre Arbeitszeit bei Auftragsspitzen über Monate hinweg zu erhöhen. Ein weiteres mögliches Instrument ist eine Springergruppe. Hierbei handelt es sich um Mitarbeiter, die entsprechend qualifiziert sein sollten, um bedarfsgerecht abteilungs- und standortübergreifend in unterschiedlichen Processing-Bereichen eingesetzt zu werden. Ergeben sich in der langfristigen Gegenüberstellung von Mengenvolumen und verfügbarem Personal eine nachhaltige Unter- oder Überkapazität, können klassische personalplanerische Maßnahmen KAPITEL 4.5 Ein Servicer, viele Lösungen: Die Kreditfabrik der Zukunft
ergriffen werden, beispielsweise die Rekrutierung zusätzlichen Personals oder auch Weiterbildungsmaßnahmen.
Die Möglichkeiten der Personaleinsatzsteuerung, die einer einzelnen Bank zur Verfügung stehen, reichen in der Regel nicht an die Palette der Maßnahmen heran, die ein großer Processingspezialist nutzen kann. Doch Genossenschaftsbanken haben die Chance, im Rahmen einer Spitzenausgleichs-Vereinbarung mit einem Servicer davon zu profitieren. Auf diese Weise erhöhen Banken die eigene Reaktionsfähigkeit und flexibilisieren gleichzeitig einen Teil ihrer Personalkosten. 3.3 Qualitätmessbarmachen–ServiceLevelManagement
Finanzdienstleister, die bei der Kreditbearbeitung auf das Angebot eines Servicers setzen, versprechen sich hiervon eine Flexibilisierung und Senkung der Produktionskosten sowie eine Verbesserung der Reaktionsgeschwindigkeit ihrer Marktfolge – und das Ganze bei verlässlich hoher Bearbeitungsqualität. Damit diese Kosten-, Qualitäts- und Servicevorteile für den Mandanten zur planbaren Größe werden, gehört ein professionelles Service Level Management zu den wichtigsten Kernkompetenzen eines Kreditservicers. Zentraler Bestandteil dieses Aufgabenkomplexes ist ein umfassendes Reporting, dessen Umfang und Frequenz zu Beginn der Zusammenarbeit gemeinsam mit dem Klienten festgelegt wird. Auch Primärbanken können von einem professionellen Service Level Management profitieren, indem sie hausintern verbindliche Servicevereinbarungen zwischen Markt und Marktfolge vereinbaren. Die Marktfolge wird beispielsweise auf feste Durchlaufzeiten verpflichtet und im Gegenzug werden von der Marktseite eine verlässliche Einreicherqualität und eine anforderungsgemäße Vertriebsplanung eingefordert. Dies verbessert das gegenseitige Verständnis zwischen den Bereichen und vertieft die professionelle Zusammenarbeit.
Werden Prozesse ausgelagert, ist es wichtig, zu Beginn einer Zusammenarbeit alle Prozesse und Kompetenzvereinbarungen in sämtlichen Arbeitsschritten und möglichen Abweichungen in einem Prozesshandbuch detailliert festzuhalten. Die beauftragende Bank muss zudem während der gesamten Zusammenarbeit die volle Daten- und Weisungshoheit über ihre ausgelagerten Prozesse behalten. Auf diese Weise kann Outsourcing zur Maßnahme der aktiven Qualitätssicherung werden. 214 | 215
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4
EinKreditservicer,vieleLösungen:WaskanneinDienstleisterleisten?
4.1 VielfaltalsHerausforderung–dieKreditwerk-Gruppealsstrategischer
PartnerfürdengenossenschaftlichenFinanzVerbund
Die Kreditwerk-Gruppe versteht sich als Kredit-Kompetenzcenter für den gesamten genossenschaftlichen FinanzVerbund. Sie ist strategischer Partner und leistungsstarker Dienstleister im Kreditgeschäft. Seit der Gründung im Jahr 2000 haben sich die Anforderungen an das Kreditwerk deutlich verändert. Das Modell einer Kreditfabrik, die auf einem Fließband zentral und standardisiert die Darlehen einer Vielzahl von Banken bearbeitet, wurde durch das Bild eines flexiblen Servicers ersetzt, der aus einer modularen Leistungspalette für jede Bank das passende Angebot zusammenstellt. Die Anforderungen an die Volksbanken und Raiffeisenbanken im Geschäft mit der privaten Immobilienfinanzierung sind in den vergangenen Jahren gewachsen, und das Kreditwerk hat sich dem Wandel kontinuierlich angepasst. Seit 2007 steht den Volksbanken und Raiffeisenbanken daher mit der VR Kreditservice GmbH exklusiv ein eigenständiger und flexibler Dienstleister innerhalb der Kreditwerk-Gruppe zur Verfügung. Volksbanken und Raiffeisenbanken profitieren insbesondere von der gebündelten IT- und Lösungskompetenz der Kreditwerk-Gruppe. Für die industrialisierte und automatisierte Bearbeitung der Baudarlehen hat das Kreditwerk die Softwarelösung Baufi FastLane entwickelt, die eine zusätzliche signifikante Reduktion der Produktionszeiten und -kosten ermöglicht. Im Rahmen eines ASP-Modells stellt die Kreditwerk-Gruppe diese Anwendungslösung Genossenschaftsbanken auch unabhängig von einer Zusammenarbeit im Processing zur Verfügung. Die Kreditwerk-Gruppe hat sich zudem auch frühzeitig an der Diskussion rund um die regionale Bündelung von Kreditprozessen beteiligt und bietet Genossenschaftsbanken ein umfangreiches Leistungspaket rund um die Konzeption, Gründung und den Betrieb Regionaler Service-Center an.
KAPITEL 4.5 Ein Servicer, viele Lösungen: Die Kreditfabrik der Zukunft
Kreditbearbeitung
vom Teilprozess bis zur vollständigen
Kreditbearbeitung
Regionale
ServiceCenter
von der Konzeption bis zur Unterstützung
im laufenden Betrieb
Baufi FastLane
Softwarelösung für die automatisierte
Kreditbearbeitung in der Bank
Beratung
Optimierung der Prozesse in der
privaten Baufinanzierung
Abbildung 4: Das Leistungsangebot der VR Kreditservice GmbH für Volksbanken und
Raiffeisenbanken
4.2 InterneOptimierungundihreGrenzen
Die interne Optimierung der Prozesse in der privaten Baufinanzierung beginnt mit der Prozess- und Kostenermittlung sowie der darauf aufbauenden Entwicklung von Optimierungsmaßnahmen. Der zweite Schritt beinhaltet die Realisierung der ermittelten Optimierungsmaßnahmen. Die Ergebnissicherung und Erfolgskontrolle ist im dritten Schritt beinhaltet. Hierzu gehört beispielsweise die Aufnahme der gelebten optimierten Prozesse und die Ermittlung der optimierten Prozesszeiten – in der Regel etwa sechs Monate nach Ende des Umsetzungsprojekts. Mit einer profunden Analyse und Optimierung der hauseigenen Abläufe können bereits signifikante Kostenvorteile in Höhe von bis zu 20 % erzielt und die Reaktionsgeschwindigkeit der Marktfolge erhöht werden. Die Erfahrung zeigt, dass sich viele Ineffizienzen nach einiger Zeit wieder einschleichen. Um die Nachhaltigkeit der Ergebnisse zu überprüfen, sind daher ein fortlaufendes Controlling sowie regelmäßige Reviews der gelebten Prozesse sind erforderlich. An ihre Grenzen stößt die Eigenoptimierung spätestens dann, wenn es sich die Bank zum Ziel setzt, auf saisonale Mengenschwankungen mit der Flexibilisierung der Personalressourcen und der Kostenstrukturen reagieren zu können.
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4.3 FlexibilisierungderMarktfolge:VomSpitzenausgleichbiszumOutsourcing
Das Baufinanzierungsgeschäft ist starken saisonalen und konjunkturellen Schwankungen unterworfen. Die Zusammenarbeit mit einem Kreditservicer flexibilisiert die Marktfolge und versetzt sie in die Lage, Nachfrageschwankungen ohne Qualitätseinbußen oder Beeinträchtigungen der Servicequalität abzuarbeiten. Gleichzeitig können die Klienten ihre Vertriebskampagnen im Bereich der Immobilienfinanzierung unabhängig von der personellen Auslastung der Marktfolge planen und in einer hohen Servicequalität zum Erfolg führen. Kreditinstitute, die ein Angebot zum Spitzenausgleich nutzen, können auf diese Weise auf Wunsch auch einen sukzessiven Einstieg in das weitgehende Outsourcing ihrer Marktfolge in der privaten Baufinanzierung vorbereiten. In diesem Fall entscheidet die Bank, Planstellen, die durch die natürliche Fluktuation frei werden, nicht neu zu besetzen, sondern die Aufgaben an den Kreditservicer weiterzuleiten. Eigenproduktion
Service-/
Qualitätsverlust
Kreditanträge
100
50
Antragseingang
Leerkapazitäten
0
2
4
6
Monat
8
10
Ressourcen/fix
12
Spitzenausgleich: Kapazitätsengpässe abfedern
Kreditanträge
100
50
Antragseingang
Ressourcen/fix
0
Leerkapazitäten
2
4
6
Monat
8
10
Ressourcen/flexibel
12
Abbildung 5: Die Zusammenarbeit mit einem Kreditservicer ermöglicht eine auslastungsorientierte Produktionssteuerung
KAPITEL 4.5 Ein Servicer, viele Lösungen: Die Kreditfabrik der Zukunft
4.4 RegionaleKooperationen
„Die Klage über die Schärfe des Wettbewerbes ist in Wirklichkeit meist nur eine Klage über den Mangel an Einfällen“, wird der Industrielle und Politiker Walther Rathenau zitiert. Auch wenn der zunehmende Wettbewerb um den privaten Baufinanzierungskunden im genossenschaftlichen FinanzVerbund intensiv diskutiert wird, ist den Volksbanken und Raiffeisenbanken keine Ideenlosigkeit vorzuwerfen. Zu den vielfältigen Maßnahmen, die in den vergangenen Jahren entwickelt wurden, um die Kosten in der Marktfolge zu senken und gleichzeitig die Bearbeitungseffizienz zu steigern, gehört die regionale Bündelung von Kreditprozessen. Sogenannte Regionale ServiceCenter sind eine Alternative zur Auslagerung von Prozessen an einen überregionalen Dienstleister. Interessant ist diese Option insbesondere für Primärinstitute, die ihre Kosten senken wollen und gleichzeitig die Kreditbearbeitungskompetenz in der Region erhalten möchten. Das Regionale ServiceCenter VR-Banken Rhein-Main eG war das erste Regionale ServiceCenter, das mit intensiver fachlicher Unterstützung des Kreditwerks und der VR Kreditservice GmbH entstand. Der Auftragsumfang an die Kreditwerk-Gruppe bei der Konzeption erstreckte sich von der Erarbeitung der technischen, fachlichen und rechtlichen Basis und der Prüfung möglicher Geschäftsmodelle über die Unterstützung bei der Personalrekrutierung und Kapazitätsplanung bis hin zur Einrichtung der technischen Infrastruktur. Im laufenden Betrieb nutzt die Genossenschaft die Softwarelösung Baufi FastLane und erreicht so die Automatisierung ihrer Kreditbearbeitung. Eine zusätzliche Flexibilisierung ihrer Produktionskosten erreicht das Regionale ServiceCenter, indem es im Rahmen des Spitzenausgleichs auf die Bearbeitungskapazitäten der VR Kreditservice GmbH zurückgreift.
5
PraxisbeispieleausderKreditwerk-Gruppe
5.1 BeratungsprojektzurOptimierungderProzesseinder
privatenBaufinanzierung:VolksbankGöppingeneG
Autor des Statements: Holger Fiedler, Leiter Kreditmanagement (Marktfolge) bei der Volksbank Göppingen eG
Die Volksbank Göppingen eG hat das Kreditwerk erstmals im Jahr 2006 mit der Ermittlung von Optimierungspotenzialen in der privaten Baufinanzierung und mit der Durchführung des anschließenden Umsetzungsprojekts beauftragt. Ausgangslage war der dramatisch steigende Konkurrenzdruck durch Direktbanken und Internetplattformen. Uns war klar: Wenn 219 | 219
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wir die private Baufinanzierung künftig weiterhin als eines unserer Kerngeschäftsfelder betreiben wollen, müssen wir ähnlich schlank und kostengünstig produzieren wie unsere Konkurrenten. Abgesehen von den zu hohen Prozesskosten waren wir auch mit unseren Bearbeitungszeiten unzufrieden: Die Durchlaufzeiten waren für die Kunden teilweise unzumutbar. Durch die Neugestaltung unserer Marktfolgeprozesse und die initiierten Optimierungen in der Kundenberatung sind wir seit Abschluss des Beratungsprojekts wieder in der Lage, in der Baufinanzierung so günstig zu produzieren, dass auch knappe Margen die Kosten decken. Den Verlust von Marktanteilen an die Direktbanken haben wir erfolgreich gestoppt – ohne dabei Kompromisse bei der Service- und Beratungsqualität zu machen. In den Auftakt-Workshops wurden Schwachpunkte der Prozesskette benannt und erste Maßnahmen festgelegt, welche im Laufe des Projekts präzisiert und umgesetzt wurden. Besonders wichtig war die Anwesenheit externer Berater. Mit ihrer Funktion als Moderatoren wurde dafür gesorgt, dass die erkannten Optimierungspotenziale nicht durch Bereichsegoismen in der Umsetzung behindert wurden. Auch hat die Sicht der Berater über „den Tellerrand hinaus“ geholfen, eine erhöhte Konsensbereitschaft aller Beteiligten zu erzielen. Durch die aktive Einbindung der Mitarbeiter, einen professionell moderierten Kommunikationsprozess und umfangreiche Schulungen ist es den Beratern dabei gelungen, Spannungsfelder zwischen Markt und Marktfolge aufzuheben und die Grundlage für ein kollegiales Miteinander herzustellen. Zu den wichtigsten Maßnahmenpaketen gehörten die Optimierung der Schnittstellen zwischen Markt und Marktfolge und die Einführung eindeutiger gegenseitiger Service- und Qualitätsvereinbarungen sowie die Strukturierung des Vertriebsprozesses. Gemeinsam mit dem Kreditwerk haben wir die Instrumente entwickelt, mit denen wir die Einhaltung dieser Standards seitdem fortlaufend kontrollieren. Basis dafür war die Ermittlung der sogenannten Arbeitswerte – Prozesszeiten, die den verschiedenen standardisierten Geschäftsvorfällen zugrunde liegen. Hiermit haben wir gleichzeitig auch die Basis für eine professionelle, anforderungsgemäße Auslastungssteuerung in unserer Marktfolge gelegt. Um die Nachhaltigkeit der Erfolge aus dem Optimierungsprojekt zu sichern, ist ein kontinuierliches Prozesscontrolling genauso unverzichtbar wie die Reviews, zu denen wir seit Beendigung des ersten gemeinsamen Projekts regelmäßig die Kollegen aus dem Kreditwerk bzw. der VR Kreditservice als Moderatoren und Impulsgeber hinzuziehen. Neben der Ergebnissicherung spielt dabei auch die kontinuierliche Weiterentwicklung der Prozesse und die Anpassung an sich wandelnde Rahmenbedingungen eine Rolle, beispielsweise in der IT. Vor KAPITEL 4.5 Ein Servicer, viele Lösungen: Die Kreditfabrik der Zukunft
dem Hintergrund, dass Mitarbeiter im Laufe der Zeit häufig wieder in alte individualisierte Verhaltensmuster zurückfallen, ist ein nachgeschalteter Review-Prozess notwendig. 5.2 ZusammenarbeitmitderVRKreditserviceim
Spitzenausgleich:StuttgarterVolksbankAG
Autor des Statements: Frank Horchelhahn, Bereichsleiter Kredit Marktfolge bei der Stuttgarter Volksbank AG
Wir sind mit dem Kreditwerk erstmals in Berührung kommen, als die Stuttgarter Volksbank im Jahr 2006 mit der VR-Bank Stuttgart fusionierte. Bei unserem Fusionspartner sahen wir die Ergebnisse des Optimierungsprojekts im Bereich der privaten Baufinanzierung, für das die VR-Bank Stuttgart das Beratungsangebot des Kreditwerks in Anspruch genommen hatte. Die Prozesse der VR-Bank überzeugten uns so sehr, dass wir sie für die Neuorganisation der gemeinsamen Marktfolge als Grundlage nahmen. Als es im Jahr 2007 zu Kapazitätsengpässen im Bereich der Marktfolge kam, lag der Schritt nahe, das Gespräch mit dem Kreditwerk wieder aufzunehmen. Seither nutzen wir das Angebot der Kreditwerk-Tochter VR Kreditservice zum Spitzenausgleich und leiten bei Auftragsspitzen das standardisierbare, risikoarme Geschäft an den Servicer weiter. Auf diese Weise können wir auf Marktschwankungen flexibel reagieren und auch in Spitzenzeiten auf jeden Finanzierungswunsch in verlässlich kurzen Zeiten und in hoher Bearbeitungsqualität reagieren. Aufgrund des massiven Wettbewerbs im Privatkundengeschäft, dem unser Institut im Ballungsraum Stuttgart ausgesetzt ist, sind die sichergestellten kurzen Bearbeitungszeiten für uns ein wichtiger Faktor zur Kundenbindung. Durch das Überlaufprinzip, das wir mit der VR Kreditservice etabliert haben, konnten wir einen Teil unserer Produktionskosten flexibilisieren – und das bei hoher Bearbeitungsqualität und gleichzeitig niedrigeren Stückkosten als in der Eigenproduktion. Ein positiver Nebeneffekt ist, dass die Anpassung unserer Prozesse, die zu Beginn der Zusammenarbeit mit der VR Kreditservice erforderlich war, uns bei der weiteren Optimierung unserer Prozesse geholfen und die Akzeptanz der Mitarbeiter für die Standardisierung erhöht hat. Die Kolleginnen und Kollegen in Markt und Marktfolge haben darüber hinaus zudem ziemlich schnell identifiziert, welche Vorteile das Spitzenausgleichs-Angebot für ihre Arbeit hat. Die Mitarbeiter im Vertrieb profitieren nicht zuletzt von den kurzen Durchlaufzeiten und der unkomplizierten Zusammenarbeit und der guten Kommunikation mit dem Servicer; die Marktfolge weiß den Spitzenausgleich zur besseren Kapazitätsplanung zu schätzen, genauso wie die Tatsache, dass sie durch die erforderliche Standardisierung der Prozesse aus dem Markt eine einheit-
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liche Antragsqualität erhält. Zu unserer hohen Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit trägt nicht zuletzt auch die Tatsache bei, dass wir gemeinsam mit der VR Kreditservice unsere Prozesse kontinuierlich weiterentwickeln und beispielsweise in gemeinsamen jährlichen Reviews in unserem Haus die erfolgskritischen Faktoren unserer Zusammenarbeit gemeinsam auf den Prüfstand stellen.
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Literatur
BVR – Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken: Leitfaden zur Produktivitätssteigerung – Praxisorientierte Modelle und Beispiele für Prozesse, Strukturen und Personal, Berlin 2009
PlanetHome: Baugeldstudie 2010, München 2010
PricewaterhouseCoopers: Effizienz der Kreditprozesse in deutschen Kreditinstituten, Frankfurt am Main 2008
Steria Mummert Consulting: Branchenkompass Kreditinstitute, Hamburg/Frankfurt am Main 2009