Cristina kandidiert - Argentinisches Tageblatt

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Cristina kandidiert - Argentinisches Tageblatt
Sonnabend, 25. Juni 2011
122. Jahrgang Nr. 31.829
Cristina kandidiert
Präsidentin verkündete am Dienstag ihre Entscheidung
Buenos Aires (mc/dpa)
Cristina erklärte: „Mei– Lange, lange hatte sie es
ne Verpflichtung ist unwispannend gemacht. Erst
derrufbar - nicht nur wegen
am Dienstag, vier Tage vor
seines (Néstor Kirchners,
Ablauf der Meldefrist, gab
Anm. d. Red.) VermächtCristina Fernández de
nisses, sondern vor allem
Kirchner das bekannt, woauch wegen der Jugend,
rauf ihre Anhänger seit
die so sehr auf dieses neu
Monaten warteten und
gestaltete Land hofft.“ In
hofften: Sie will erneut für
diesem Zusammenhang
das Amt des Staatsoberdefinierte die 58-jährige
hauptes kandidieren. „Wir
Präsidentin ihre Rolle als
werden uns erneut der
„Brücke“ zwischen den
Stimme des Volkes steljungen und den älteren Gelen“, sagte sie in einer
nerationen.
emotionalen TV-AnspraOffen ließ Kirchner
che bei einer Veranstaltung
noch, wen sie als Vizekanin der Casa Rosada, bei der
didat aufbieten will. Wie
Foto: Presidencia
es vordergründig um die
eingangs erwähnt läuft
Vorstellung des Programheute die Frist ab. Für
Cristina verkündet ihre Kandidatur.
mes „Fernsehen für alle“
18.30 Uhr hat die Staatsging.
chefin die Spitzen ihrer Partei in die Präsidentenresidenz Olivos geIhrer Hinhaltetaktik zum Trotz habe sie bereits am 28. Oktober laden...
vorigen Jahres, also jener Tag, an dem ihr verstorbener Gatte Néstor
Kirchner öffentlich aufgebahrt wurde, beschlossen, noch einmal in
die Wahlen zu ziehen. Die anfeuernden Sprechchöre Tausender, die
Buenos Aires (dpa) - Die Vulkanasche aus Chile hat auch in
Cristina seinerzeit zum Weitermachen aufforderten („Fuerza Cristider vorigen Woche weiter für Ärger gesorgt. In der Wintersportna“), hätten sie bewegt, eine entsprechende Entscheidung zu treffen,
region im Südwesten Argentiniens versuchten die Menschen alerläuterte Kirchner: „Ich wusste immer, was ich zu tun hatte.“
les, um trotz der Asche den Start in die Tourismussaison zu siDie rund 500 Gäste, die im Präsidentenpalast anwesend waren,
chern. Im Ferienort Villa La Angostura verbesserte sich zwar die
quittierten die Ankündigung Cristinas mit stehenden Ovationen. Die
Strom- und Wasserversorgung. Dennoch galt in dem Ort in PataSpannung, die sich während der letzten Wochen und Monate aufgegonien weiter die „höchste Alarmstufe“. Besonders die Provinbaut hatte, löste sich. Endlich herrschte Klarheit, mit wem die Perozen Neuquén, Río Negro und Chubut sind vom Ascheregen benisten bei den „offenen Internwahlen“ am 14. August und anschlietroffen. Im Urlaubsort Bariloche bleibt der Flughafen nach einer
ßend bei den allgemeinen Wahlen am 23. Oktober antreten werden.
Entscheidung der Behörden geschlossen, vermutlich sogar bis Juli.
Ascheregen bereitet weiter Ärger
Inhalt
Zum Tag der Fahne
Argentinien ...................................................................... 2
Gerüstet für Copa
Sport ................................................................................ 6
Wrack der Karnak
Ausflüge & Reisen ........................................................... 7
Ohne Kapitalmarkt
Wirtschaftsübersicht ...................................................... 15
Die Straßen sind aschebedeckt, aber befahrbar. Der LKW-Verkehr wurde allerdings eingeschränkt. Das Touristenstädchen Villa La Angostura haben nach lokalen Medienberichten tausende
Bewohner verlassen. Diejenigen, die bleiben, gehen oft nur mit
Schutzmasken vor die Tür. Die Asche kann nach Einschätzung
von Biologen krebserregende Substanzen enthalten. „Die Asche
ist nicht unschädlich, deshalb muss man die Inhalierung auf ein
Minimum reduzieren“, sagte der Biologe und Direktor der Umweltschutzstiftung FUNAM, Raúl Montenegro, der dpa. Zunächst
hatte es noch geheißen, es bestehe keine Gefahr für die Gesundheit. Auch der wirtschaftliche Schaden dürfte beträchtlich sein.
Allein die beiden Orte Bariloche und Villa La Angostura rechnen
mit 600 Millionen Pesos Ausfall.
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Sonnabend, 25. Juni 2011
“Politik, die Belgrano wollte”
Präsidentin hält Wahlkampfrede zum Tag der Nationalfahne
Buenos Aires (AT/mc) – Militärparade und markige Worte. Doch
das, worauf die rund 30.000 Anwesenden bei der Kundgebung zum
Tag der Nationalfahne in Rosario gewartet hatten, blieb (noch) aus:
Eine klare Aussage von Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner,
ob sie erneut für das höchste Amt kandidieren wird. Dies tat die Staatschefin dann erst am Folgetag in der Casa Rosada (siehe Text oben).
Nichtsdestotrotz hielt Cristina nahe dem monumentalen Fahnendenkmal eine engagierte Rede, als ob sie sich bereits mitten im Wahlkampf befände. Dabei pries sie vor allem das “Regierungsmodell”,
das sie und ihr verstorbener Gatte, der Ex-Präsident Néstor Kirchner, seit 2003 auf den Weg gebracht haben: “Wir haben unvorstellbare Fortschritte erreicht und eine Schuldenlast neu gestaltet, die als
unabtragbar und ewig galt.” Dies sei nicht auf “Magie” zurückzuführen, sondern sei vielmehr Frucht politischer Entscheidungen, meinte Cristina. Ihren Anhängern rief sie zu, man müsse über den “Beleidigungen” der politischen Gegner stehen. “Auf dass niemand uns
davonabbringe, die Umgestaltung des Landes voranzutreiben”, so
die Präsidentin. Dabei sieht sie sich ganz in der Nachfolge und im
Geiste Manuel Belgranos, des Schöpfers der argentinischen Nationalfahne: “Wir erfüllen den Traum von Belgrano. Wir machen die
Politik, die er wollte“, wähnt sich Cristina im Einklang mit dem Nationalhelden des frühen 19. Jahrhunderts. Seinerzeit sei der Kampf
um nationale Freiheit das große Ziel gewesen. Heute sei die Gleichheit das Ideal, für das es zu kämpfen gelte.
Foto: Presidencia
Cristina vor dem monumentalen Fahnendenkmal in Rosario.
Bei der traditionellen Veranstaltung in Rosario waren die peronistischen Anhänger der Präsidentin in der Überzahl. Einige Pfiffe
gab es hingegen für den sozialistischen Santa Fe-Gouverneur Hermes Binner, der kürzlich seine Präsidentschaftskandidatur bekannt
gegeben hatte. Auf der Ehrentribüne neben Cristina stehend, verzichtete er auf eine eigene Rede. Die Präsidentin hatte freies Feld.
WOCHENÜBERSICHT
Cristina klar vorne
Geht es nach einer Umfrage, die in der als regierungsnah geltenden
Tageszeitung „Página 12“ veröffentlicht wurde, dürften die Wahlen
am 23. Oktober einigermaßen langweilig werden. Zu groß ist der
Vorsprung, den die amtierende Präsidentin Cristina Fernández de
Kirchner vor ihren Herausforderern hat. Gemäß der Erhebung, die
der Meinungsforscher OPSM in der für den Wahlausgang wichtigen
Provinz Buenos Aires gemacht hat, kommt die Amtsinhaberin auf
48,6 Prozent der Stimmen. Weit abgeschlagen der Zweitplatzierte:
Ricardo Alfonsín (UCR) kommt in dem Gliedstaat, in dem vier Zehntel aller argentinischer Wähler leben, auf gerade einmal 11,8 Prozent. Noch weniger Chancen haben die untereinander zerstrittenen
peronistischen Abtrünnigen Eduardo Duhalde (7,7 %) und Alberto
Rodríguez Saá (5,5 %), der Sozialist Hermes Binner (6,8 %), Elisa
Carrió von der Bürgerlichen Koalition (4,7 %) und der Linksaußen
Jorge Altamira (0,9 %). Folgt man der Umfrage, dürfte auch der
Kampf um das Gouverneursamt in der Provinz Buenos Aires eine
einseitige Angelegenheit werden. Hier führt Amtsinhaber Daniel Scioli, wie Cristina Peronist, klar mit 45,6 Prozent vor seinem ärgsten
Rivalen, dem abtrünnigen Peronisten Francisco De Narváez (15,5%).
Ausschreitungen
Gummigeschosse knallten, Steine flogen, Knüppel gingen auf Demonstranten nieder. Dies war das gewalttätige Szenario, das sich am
Sonntag anlässig der Einweihung einer Entlastungsstraße im Buenos
Aires-Vorort Vicente López abspielte. Bilanz des Polizeieinsatzes
gegen rund 40 protestierende Anwohner: Sieben Leichtverletzte und
drei (vorübergehende) Festnahmen. Streitobjekt war die zweieinhalb
Kilometer lange neue Küstenallee (Vial Costero), durch die der Verkehr auf der „Avenida Libertador“ - der wichtigen Ein- und Ausfahrtsstrecke in die Hauptstadt - entlastet werden soll. Der Abschnitt
der neuen Straße, zu dessen Einweihung Provinzgouverneur Daniel
Scioli kurz vor Ort war, beginnt nahe der Grenze zwischen Vicente
López und der Hauptstadt und führt bis nach Olivos. Die Allee verläuft parallel zur „Libertador“ entlang der Küste. Es ist lediglich eine
Höchstgeschwindigkeit von 40 Stundenkilometern vorgesehen, an
Wochenenden und Feiertagen soll der Verkehr für Fahrzeuge gesperrt
sein. Trotz dieser belastungsmindernden Maßnahmen ist der Widerstand der Anwohner groß, da die Asphalttrasse durch ein Grüngebiet
führt.
Demo der „Empörten“
War dies der Auftakt für eine größere Protestbewegung nach spanischem Vorbild? Am Sonntag versammelten sich in Buenos Aires
erstmals rund 50 „Empörte“ („Indignados“), um mit einem Demonstrationszug von der spanischen Botschaft zur Plaza de Mayo eine
gerechtere Weltordnung einzufordern. Zu hören waren Slogans wie
„Sie nennen es Demokratie, aber es ist keine“ oder „Wir sind keine
Verfügungsmasse in den Händen der Banker“. Die hiesige Gruppe,
die sich aus Argentiniern und Spaniern zusammensetzt, hat die spanische Protestbewegungs zum Vorbild, die vor dem Hintergrund von
Finanz- und Wirtschaftskrise Hunderttausende auf der Iberischen
Halbinsel mobilisiert. Der Anspruch ist aber global: „Es geht nicht
nur um Spanien, sondern um die ganze Welt. Wie wollen Lösungen
finden“, war von den jugendlichen Demonstranten in Buenos Aires
zu hören.
Schmuck von Evita?
Schmuck im Wert von sechs Millionen Euro, der angeblich Evita
Perón gehörte, ist in einem Mailänder Hotel entdeckt worden. Wie
(Fortsetzung auf Seite 3)
Seite 3
Sonnabend, 25. Juni 2011
WOCHENÜBERSICHT
(Fortsetzung von Seite 2)
italienische Medien am Mittwoch berichteten, fanden Carabinieri den
Schatz in enger Zusammenarbeit mit der spanischen Polizei. Die Juwelen seien 2009 aus einem Schmuckgeschäft in Valencia geraubt
worden. Eine Bande habe damals bei einem Überfall Schmuckstücke im Wert von 10 Millionen Euro in ihren Besitz gebracht. Einer
aus der Bande sei am Mittwoch in Mailand festgenommen worden,
hieß es. Evita Perón (1919-1952), Gattin des argentinischen Präsidenten Juan Domingo Perón (1895-1974), ist bis heute eine der schillerndsten Figuren der Geschichte Argentiniens.
Umstrukturierung
In den südlichen Zonen der Hauptstadt steht offenbar eine einschnei-
D
dende Änderung der Polizeistruktur bevor. Wie die Tageszeitung
„Clarín“ berichtet, planet Sicherheitsministerin Nilda Garré, acht
besonders problematische Polizeireviere in die Hände von Küstenwache (Prefectura) und kasernierter Polizei (Gendarmería) zu geben. Erwähnte Sicherheitsbehörden sollen angeblich mit rund 1000
Mann in den ärmeren Bezirken entlang des Riachuelo für Ordnung
sorgen. Das Vorhaben wäre ein weiterer herber Schlag gegen die
bislang federführende Bundespolizei, der kürzlich auch schon die
Kompetenz für die Ausstellung von Pässen entzogen wurde. Auch
berichtet der „Clarín“ über die Absicht, eine „zivile“ Person an die
Spitze der Bundespolizei zu setzen. Als Favorit für diesen Posten
wird der Rechtsanwalt Gustavo Palmieri gehandelt. Er ist derzeit als
Staatssekretär für Mitarbeiterbelange in der Bundespolizei tätig.
(AT/mc/dpa)
Kandidatin Cristina
ie Öffentlichkeit hatte die Kandidatur der Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner für eine zweite Amtsperiode in
Folge längst vorweg genommen, unbeschadet zahlreicher Gerüchte über ihren Gesundheitszustand, laut denen sie verzichten würde. Schließlich wählte sie eine Zeremonie im Regierungspalast, die
sich auf die landesweite Erweiterung der Ausstrahlung von Fernsehstationen bezog, um ihre Kandidatur formell anzukündigen. Eigentlich war das Teatro Argentino in La Plata hierfür geplant, wo sie vor
vier Jahren ihre damalige Kandidatur angekündigt hatte, aber in Erinnerung an ihren verstorbenen Gatten Néstor Kirchner wählte sie
dieses Mal ein Saal des Regierungsgebäudes, wo der Leichnam ihres Gatten am 28. Oktober 2010 verabschiedet worden war. Die Ankündigung nur fünf knappe Tage vor dem Schlusstermin für die Anmeldung von Kandidaturen beim nationalen Wahlgericht war gespickt
mit Emotionen, Trauer und Erinnerungen. Sie habe immer gewusst,
was zu tun sei, behauptete die Präsidentin, um sich abermals dem
Willen des Wahlvolkes zu unterwerfen, wie sie es seit einem Vierteljahrhundert jedes Mal getan habe, zuerst als Deputierte in Santa Cruz,
dann als nationale Deputierte und Senatorin und zuletzt als Präsidentin, am 14. August und 23. Oktober zum zweiten Mal.
Eine Erklärung, weshalb die Präsidentin so lange mit der Ankündigung gewartet hat, wurde nicht mitgeteilt. Jedenfalls gelang es Cristina Kirchner mit der Verzögerung, die Spannung in der Öffentlichkeit zu fördern und allerlei Gerüchten Nahrung zu geben.
Formell geht es jetzt darum, dass die Justizialistische Partei mit
ihren Alliierten die Kandidatur der Präsidentin beim Wahlgericht anmeldet. Mit dieser Prozedur werden sich insgesamt acht Kandidaten
von Parteien und Wahlallianzen den Wählern stellen. Außer Cristina
Kirchner melden sich Ricardo Alfonsín für die UCR und Alliierte,
Eduardo Duhalde für Unión Popular und Dutzende kleiner Parteien,
Hermes Binner für die Sozialistische Partei und Alliierte, Elisa Carrió für die Bürgerliche Koalition ohne Alliierte, Alberto Rodríguez
Saá für seine Hauspartei und Alliierte und als „ferner liefen“ Alicia
Argumeda des sogenannten Projektes Süden von Fernando „Pino“
Solanas sowie Jorge Altamira (mit bürgerlichen Namen Hugo Wermus) für mehrere extrem links angesiedelte Parteien.
Die obligatorischen, allgemeinen und offenen Vorwahlen,
hierzulande genannt „primarias“, vom 14. August, sollten in jeder
Partei einen Kandidaten küren. Die Parteien haben diese Auswahl
vorher erledigt. Keine Partei tritt mit mehr als einem Kandidaten an.
Insofern werden sich diese Vorwahlen als eine Art erste Wahlrunde
herausstellen, die die Stimmen der acht Kandidaten zählen werden.
In den nachfolgenden Wochen bis zum 23. Oktober werden sicherlich
viele Wähler der Opposition die Entscheidung treffen, für den Oppositionskandidaten zu stimmen, der in den Vorwahlen die meisten
Stimmen erhalten hat, möglicherweise Alfonsín oder Duhalde. Ob
die Präsidentin in der Vorwahl die Mindestgrenze von 40 Prozent
und zehn Prozentpunkte Vorsprung vor dem nächstgewählten Kandidaten erreicht, bleibt derweil abzuwarten. Bisherige Umfragen
schwanken gewaltig von 33 bis fast 50 Prozent. Sie erscheinen
keinesfalls aussagekräftig. Die allgemeinen Vorwahlen werden die
Umfragen über die Absichten der Wähler ersetzen, die sich bestenfalls
auf wenige tausend Antworten auf die Frage nach der Kandidatenwahl beschränken und auf 27 Millionen wahlberechtigte Bürger/innen
hochgerechnet werden. Die Vorwahlen umfassen hingegen die echten Stimmen. Danach folgt formell der Wahlkampf, der die Ergebisse der Vorwahlen gegebenenfalls ändert, sollte es zur erwarteten Polarisierung zwischen der Präsidentin als sicherlich erste Minderheit
und dem nachfolgenden Gegner kommen.
Die Regierung wird jetzt bis zum 14. August alle möglichen Propagandamittel einsetzen, die ihr zur Verfügung stehen, um unschlüssige Wähler zu beeinflussen. Das Wahlergebnis wird
erfahrungsgemäß von den unabhängigen Wähler/innen entscheidend
bestimmt werden, die keiner Partei angehören. Das sind mehr als 20
Millionen wahlberechtigte Bürger/innen von insgesamt über 27 Millionen, die zum ersten Mal nicht getrennt wie bisher ihre Stimmen
abgeben werden. Die Wahlbeteiligung dürfte relativ hoch ausfallen,
möglicherweise nahe bei 80 Prozent, nachdem die Nation mehrere
Monate Wahlpropaganda über sich ergehen lassen wird. Präsidentenwahlen pflegen unschlüssige Menschen eher zu motivieren, zu
den Urnen zu schreiten, als Parlaments- oder Gemeindewahlen, zumal
gleichzeitig auch Gouverneure und Bürgermeister gewählt werden.
Präsidentin Cristina wirbt stets für ihr Modell, das sie als Wirtschaftswachstum mit sozialer Eingliederung umschreibt, wobei die
obwaltende Inflation, weltweit eine der höchsten, peinlich von der
Regierung verschwiegen wird, ebenso wie die Eingriffe in die Privatsphäre, die Verfolgrung nicht genehmer Unternehmen und Medien und die Gängelung der Presse, die sich glücklicherweise erfolgreich wehrt und behauptet. Das letzte Wort über diese politischen
Gegensätze bleibt der Wählerschaft in den bevorstehenden zwei
Wahlgängen vom 14. August und 23. Oktober, gegebenenfalls auch
der Stichwahl am 30. November, vorbehalten.
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Sonnabend, 25. Juni 2011
Schuld und Schulden
S
Von Stefan Kuhn
pezifisch griechisch ist das Problem nicht. Da verschuldet sich
ein Land heillos, gelangt an die Grenze der Zahlungsunfähigkeit, und Schuld haben die Anderen. In Argentinien waren das
vor zehn Jahren der Internationale Währungsfonds und die Weltbank,
in Griechenland die „Euro-Nazis“ Deutschland und Frankreich. Vor
allem Bundeskanzlerin Angela Merkel ist ein beliebtes Feindbild. 80
Prozent der Griechen finden die Deutsche unsympathisch. Das ist schon
erstaunlich, denn Deutschland steuert den Löwenanteil zum Euro-Rettungsfonds bei, aus dem die Milliarden für das klamme Land im Südwesten der EU kommen. 110 Milliarden Euro hat die Europäische
Union bereits überwiesen. In den nächsten Tagen wird es noch einmal
soviel sein, wenn das griechische Parlament dem geforderten Sparund Privatisierungsprogramm zustimmt. Deutschland trägt den Hauptteil der Bürgschaften.
Natürlich ist nie sonderlich populär, wenn eine Regierung eisern
sparen muss, schon gar nicht, wenn dieser Druck von außen kommt.
Auf der anderen Seite können die Regierungen der Geberländer ihren
Wählern schlecht vermitteln, dass diese für die Misswirtschaft von
anderen Staaten bezahlen sollen. Dennoch hätte Merkel nach Meinung
vieler deutscher Altpolitiker, darunter Helmut Schmidt und Joschka
Fischer, genau das tun müssen: Den Deutschen sagen, dass es keine
Alternative zu den Griechenland-Hilfen gibt. Ein Staatsbankrott des
Landes könnte Deutschland demnach wesentlich mehr kosten, weil
dadurch deutsche Banken in Mitleidenschaft gezogen würden.
Dies dürfte auch bei einem Ausstieg Griechenlands aus der Währungs-union geschehen. Eine Wiedereinführung der Drachme würde
zu deren Abwertung und dem Staatsbankrott führen, weil sich die Auslandsschulden dadurch vervielfachen und nicht mehr bedient werden
können. Nicht nur das, die Zinsen im Inland würden in die Höhe schnellen und die Wirtschaft lähmen.
Merkel war sicher klar, dass es zu der erneuten Hilfe keine Alternativen gibt. Dass sie diese Hilfe innenpolitisch und innerparteilich laut
mit harten Bedingungen verknüpft, muss man ihr nachsehen. Für die
Kanzlerin wäre es prekärer, wenn ihre Beliebtheitswerte in Deutschland sinken würden als in Griechenland. In anderen, wirtschaftlich
gesünderen EU-Ländern wie etwa Finnland kann man mit GriechenBashing Wahlen gewinnen.
Wesentlich schlimmer ist die Haltung der griechischen Opposition.
Die sozialistische Regierung unter Giorgos Andrea Papandreou weiß,
dass das Spar- und Privatisierungsprogramm unumgänglich ist. Die
konservative Opposition unter Antonis Samaras sperrt sich. Samaras
heizt die Proteste an, verspricht Steuersenkungen, mit denen er die
Wirtschaft ankurbeln will. Das bringt ihm gute Umfragewerte, seinem
Land dagegen droht der Ruin. Dabei war seine Partei für das finanzielle Desaster mitverantwortlich. Die Nea Demokratia regierte von 2004
bis 2009 und wurde wegen der Wirtschaftskrise abgewählt. Papandreou übernahm die Regierung bei einem Haushaltsdefizit von 12,5 Prozent des BIP.
Vermutlich spekuliert Samaras darauf, dass die Banken Griechenland aus eigenem Interesse nicht hängen lassen, ganz sicher aber
spekuliert er auf einen Sieg bei Neuwahlen. Die würden unvermeidlich kommen, sollte Papandreous Sparprogramm nächste Woche im
Parlament scheitern. Dann scheitert allerdings auch das Hilfsprogramm von EU und IWF. Was bleibt, sind rund 350 Milliarden Euro
Schulden, das entspricht etwa 160 Prozent der griechischen Wirtschaftsleistung.
Randglossen
Z
D
D
W
ur Feier des Tages der Fahne in Rosario bekannte sich Prä
sidentin Cristina Kirchner zu Manuel Belgrano, dem Begründer der traditionellen himmelblau-weißen Fahne, als ihren
beliebtesten Vaterlandsheld (frei vom spanischen „prócer“ übersetzt), womit sie General José de San Martín als Befreier vom
spanischen Joch unterschwellig auf den zweiten Platz degradierte. Belgrano hat nicht nur die Fahne geschaffen, er war auch,
obwohl von Beruf Jurist und Wirtschaftler, General in entscheidenden Schlachten. Über seine Zeit vor zweihundert Jahren hinaus, vertrat Belgrano deutlich liberales Gedankengut im Gegensatz zum obwaltenden staatlichen Dirigismus der Monarchie, ganz im Gegensatz zum Kirchner-Modell, wie es die Präsidentin laufend vertritt.
er Spaltpilz politischer Parteien hat abermals gesiegt. Die po
litische Allianz der Sozialisten unter dem Präsidentschaftskandidaten Hermes Binner und dem sogenannten Projekt Süden des
Filmemachers Fernando „Pino“ Solanas ist schließlich geplatzt, wie
es in der Szene linkslastiger Parteien in Argentinien seit Jahrzehnten üblich ist. Projekt Süden wird die weitgehend unbekannte Alicia
Argumeda als Präsidentschaftskandidatin einschreiben, anstatt mit
Binner gemeinsame Sache zu machen. Was sich Solanas und Genossen davon versprechen, ist nur ihnen bekannt. Binner muss auf
Stimmen verzichten, die ohnehin nur Kandidaten unterstützen, die
nicht die geringsten Chancen eines Wahlsieges verheißen. Argumeda ist somit die achte Kandidatin, die im Rennen für den 14. August
und den 23. Oktober steht.
ie Kritiker tun ihr da Unrecht. Natürlich ist Silvana KochMehrin der Doktortitel aberkannt worden, weil sie bei ihrer Dissertation mangelhaft wissenschaftlich gearbeitet hat. Dass
sie jetzt in den Forschungsausschuss des EU-Parlaments wechselt, muss deswegen aber noch lange keine politische Instinktlosigkeit sein. Man kann es mit gutem Willen auch als Fortbildungsmaßnahme betrachten. Die FDP-Politikerin sollte den neuen Job allerdings ernster nehmen als ihre Tätigkeit im Haushaltsausschuss. Dort glänzte sie vor allem durch ihre hohe Abwesenheitsrate. Wer zuviele Seminare verpasst, verliert bald den
Anschluss. Zumindest das sollte aus ihrer Unizeit noch haften
geblieben sein.
enn Ilan Grapel ein Spion ist, dann einer der größten überhaupt
oder der größte Trottel. Der in Ägypten verhaftete israelischUS-amerikanische Student hat sich nämlich so tölpelhaft verhalten,
dass man von einer nahezu perfekten Tarnung ausgehen könnte. Er
gab sich als Moslem aus, las im Café auf seinem Laptop israelische
Webseiten, stellte Fotos von sich auf seine Facebookseite, die ihn
auf einem Krankenhausbett nach seiner Verwundung im Libanonkrieg zeigen. Er plauderte mit regimekritischen Demonstranten und
ging in Moscheen. Inzwischen hat die ägyptische Facebook-Gemeinde ihm eine eigene Webseite gewidmet: „Der dumme israelische
Spion“. Die sozialen Netzwerker liegen wohl näher an der Wahrheit
als die ägyptische Polizei. Israel sollte Grapels Auslieferung beantragen, um ihn vor Gericht zu stellen. Wegen Rufschädigung des
Mossad.
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Sonnabend, 25. Juni 2011
Straßenschlachten nach
erstem River-Plate-Abstieg
Buenos Aires (dpa) - Steine aufs Spielfeld, abgefackelte Autos
und geplünderte Geschäfte: Nach dem ersten Abstieg des argentinischen Fußball-Rekordmeisters River Plate in seiner 110-jährigen Geschichte brachen in Buenos Aires alle Dämme. Bei stundenlangen Straßenschlachten zwischen Randalierern und der Polizei gab es am Sonntag (Ortszeit) mehr als 70 Verletzte - darunter
33 Ordnungshüter - und 50 Festnahmen. Zwei Polizisten erlitten
Schädelbrüche, ein Schwerverletzter musste mit dem Hubschrauber vom Trainingsplatz des Stadions abgeholt werden.Im Stadion
selbst waren zuvor bereits Steine geflogen. Das 1:1 im Relegations-Rückspiel gegen den Zweitligisten Belgrano reichte für River
Plate nicht zum Klassenerhalt. Das Hinspiel in Córdoba hatte der
Traditionsclub 0:2 verloren. Damit spielt der 33-malige Champion in der kommenden Saison nicht mehr im FußballOberhaus.Nach dem Abpfiff verweigerte Clubpräsident Daniel
Passarella den von Fans geforderten Rücktritt. „Mich bekommen
sie nur tot hier weg“, sagte der Kapitän der argentinischen Weltmeister-Mannschaft von 1978 in dramatischem Tonfall. Im RiverPlate-Stadion hatte er einst den WM-Triumph bejubelt, nun erlebte Passarella dort den bitteren Gang in die Zweitklassigkeit. Im
Volksmund werden die Clubchefs von River Plate abwertend „Millionäre“ genannt, ihnen wird Dekadenz, Realitätsferne und Misswirtschaft vorgeworfen. Die Strukturen in dem Verein gelten als
verkrustet.In der Liga war River Plate zwar Neunter geworden,
allerdings wird in Argentinien der Abstieg über die Gesamt-Punktzahl der vergangenen drei Spielzeiten entschieden. Da das Team
in den zwei Jahren zuvor ganz schlecht abgeschnitten hatte, musste es in die Relegation.Die entscheidende Partie fing zwar gut an
für River Plate: Mariano Pavone erzielte vor 60 000 Zuschauern
bereits in der fünften Minute die Führung für die Hausherren. Doch
Guillermo Farré sorgte in der 61. Minute für den Ausgleich. Als
dann auch noch Pavone einen Elfmeter verschoss, war das Schicksal von River Plate besiegelt.Die Hoffnung einiger Anhänger verwandelte sich in Wut: Es flogen erste Steine auf das Spielfeld, der
Schiedsrichter pfiff das Spiel schon in der 89. Minute ab. Rund
um das Stadion versuchten 2000 Polizisten vergeblich, das Chaos
zu verhindern. Autos gingen in Flammen auf, und noch zehn Blocks
vom Stadion entfernt wurden Geschäfte geplündert.In und um die
Arena zerstörten Hooligans unter anderem den Wagen eines Fernsehsenders. Die rund 3500 Fans des Aufsteigers Belgrano konnten
aus Sicherheitsgründen erst drei Stunden nach Spielende aus dem
Stadion gelassen werden, um sich auf die 700 Kilometer lange
Rückfahrt nach Córdoba zu machen.Häme und Spott gab es von
Fans des Lokalrivalen Boca Juniors - sie planten nach dem RiverAbstieg in Buenos Aires eine feierliche „Abstiegs-Prozession“.
Aber auch ihr Team gibt ihnen derzeit wenig Grund zur Freude:
Der einstige Club von Idol Diego Maradona wurde in der abgelaufenen Saison nur Siebter.
Sport in Kürze
Fußball
Santos triumpiert
São Paulo - Der FC Santos hat den alten Ruhm aus Pelés Tagen
neu belebt. Der Fußball-Club siegte erstmals seit 1962 und 1963
wieder bei der Copa Libertadores. Die Mannschaft um Brasiliens
Jungstar Neymar besiegte Peñarol Montevideo (Uruguay) am Mittwochabend im Pacaembu-Stadion in São Paulo verdient mit 2:1
(0:0). Das Hinspiel war 0:0 ausgegangen. Der Santos-Triumph
wurde nach dem Abpfiff getrübt, als es auf dem Spielfeld zu hässlichen Szenen kam. Spieler aus beiden Lagern gingen brutal
aufeinander los.
Hockey
Turniersieg für Leonas
Berlin - Die deutsche Hockey-Na-tionalmannschaft der Damen
hat den Gesamtsieg beim Vier-Länder-Turnier in Berlin verpasst.
Im dritten und letzten Spiel verlor die Auswahl des Deutschen
Hockey-Bundes (DHB) am Sonntag mit 0:2 (0:0) gegen Welt-
meister Argentinien. Die Tore für die „Leonas“ erzielten Carla
Rebecchi (53. Minute) und Delfina Merino (61.). Die Argentinierinnen sicherten sich durch den Erfolg den Turniersieg. Deutschland beendete das Turnier als Zweiter.
Fußball vor 25 Jahren
Diego schrieb Geschichte
Buenos Aires - Am vorigen Mittwoch (22. Juni) jährte sich das
legendäre WM-Viertelfinale zwischen England und Argentinien
zum 25. Mal. Es war das Spiel, bei dem Die-go Maradona zwei
Tore für die Geschichte machte. Sie hätten unterschiedlicher kaum
sein können: Das erste durch ein klares Handspiel, was später als
die “Hand Gottes” bekannt wurde. Hätte Schiri Kacem Bennaceur
aus Tunesien die Situation richtig erkannt, hätte Maradona deswegen eigentlich mit Roter Karte vom Platz müssen. Stattdessen
kam es anders: Nur vier Minuten später sorgte die Nummer zehn
der Argentinier mit einem Alleingang fast über das gesamte Spielfeld zum 2:0 für die Vorentscheidung der Partie und machte sich
selbst unsterblich. (dpa/mc)
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Sonnabend, 25. Juni 2011
Gerüstet für Copa
Buenos Aires (dpa) - Elf Tage vor Beginn der Copa América im
eigenen Land hat Argentiniens Fußball-Nationalmannschaft eine
gelungene Generalprobe gefeiert. Das Team um den überragenden
Weltstar Lionel Messi bezwang am Montagabend in Buenos Aires
Albanien ungefährdet mit 4:0 (2:0). Ezequiel Lavezzi (6.), Messi
(43.) sowie die eingewechselten Sergio Agüero (75.) und Carlos
Tevez (90.) trafen für die Gastgeber, die neben Brasilien als Topfavorit in die Südamerika-Meisterschaft gehen. Argentiniens Coach
Sergio Batista scheint sich vor dem Eröffnungsspiel am kommenden Freitag in La Plata gegen Bolivien (21.45 Uhr) vor allem im
Angriff noch nicht auf eine personelle Lösung festgelegt zu haben.
Die Stürmerstars Tevez, Agüero und Real Madrids Gonzalo Higuain saßen gegen Albanien zunächst nur auf der Bank. „Ich habe
mich noch nicht entschieden. Jeder weiß, dass sie hart arbeiten und
sich zeigen müssen“, erklärte Batista, der offen lässt, ob er beim
Turnier mit Tevez oder Angel di Maria im Sturm spielen will.
Argentiniens Hoffnungen ruhen einmal mehr auf Messi. Mit einem Tor und drei Vorlagen war der Feingeist des FC Barcelona
einmal mehr der Mann des Abends. „Messi war sehr stark. Das gibt
mir ein gutes Gefühl. Er hat das Spiel kontrolliert und scheint sich
auf dem Platz sehr wohlgefühlt zu haben. Das freut mich für ihn“,
so Batista.
Fußball - Torneo Clausura 2011
Relegationsspiele
Mittwoch 22.6.: Belgrano (Córdoba) - River: 2-0 und
Huracán - Gimnasia (La Plata): 0-2.
Sonntag 26.6.: River - Belgrano (Córdoba): 1-1 und San
Martin (San Juan) - Gimnasia (La Plata): 1-0.
Donnerstag 30.6.: Gimnasia (La Plata) - San Martín (San
Juan).
Abstieg
Olimpo: direkter Abstieg.
Huracán: direkter Abstieg.
River: spielte und verlor Relegationsspiel gegen Belgrano (Córdoba).
Gimnasia: spielt Relegation gegen San Martín (San
Juan).
Aufstieg
Atlético de Rafaela (Santa Fé): direkter Aufstieg.
Unión de Santa Fé: direkter Aufstieg.
Belgrano (Córdoba): spielte und gewann Relegationsspiel gegen River.
San Martín (San Juan): spielt Relegation gegen Gimnasia (La Plata).
Torschützen
T. Gutierrez (Racing) ............................................ 11
z J. Cámpora (Huracán) .......................................... 11
z D. Stracqualursi (Tigre) ........................................ 10
z M. Óbolo (Arsenal) ................................................ 9
z E. Fuertes (Colón) .................................................. 9
z D. Valeri (Lanús) .................................................... 8
z D. Ramirez (Vélez) ................................................ 8
z S. Romero (Lanús) ................................................. 8
z S. Silva (Vélez) ...................................................... 7
z F. Parra (Independiente) ......................................... 7
z N. Barreriro (Olimpo) ............................................ 6
z M. Palermo (Boca) ................................................. 6
z F. Ferreyra (Banfield) ............................................. 6
z L. López (Arsenal) ................................................. 5
z M. Rolle (Olimpo) .................................................. 6
z J. Achucarro (Banfield) .......................................... 6
z A. Navarro (Godoy Cruz) ....................................... 6
z
Tabelle
Pl.
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
Verein
Pkte. Sp. G.
U. V.
Tore
Diff.
Vélez (Meister) .......... 39 ..... 19 .. 12 ..... 3 ..... 4 ...... 36:17 ..... +19
Lanús ......................... 35 ..... 19 .. 10 ..... 5 ..... 4 ...... 29:16 ..... +13
Godoy Cruz (Mdza.) . 34 ..... 19 .. 10 ..... 4 ..... 5 ...... 33:28 ....... +5
Olimpo (BB) .............. 30 ..... 19 .... 8 ..... 6 ..... 5 ...... 28:23 ....... +5
Argentinos ................. 30 ..... 19 .... 7 ..... 9 ..... 3 ...... 16:11 ....... +5
Independiente ............ 29 ..... 19 .... 7 ..... 8 ..... 4 ...... 30:20 ..... +10
Boca .......................... 28 ..... 19 .... 7 ..... 7 ..... 5 ...... 24:22 ....... +2
Banfield .................... 27 ..... 19 .... 7 ..... 6 ..... 6 ...... 24:24 ..........0
River .......................... 26 ..... 19 .... 6 ..... 8 ..... 5 ...... 15:15 ..........0
Arsenal ...................... 25 ..... 19 .... 6 ..... 7 ..... 6 ...... 25:22 ....... +3
Tigre .......................... 25 ..... 19 .... 6 ..... 7 ..... 6 ...... 25:26 ........ -1
All Boys .................... 25 ..... 19 .... 7 ..... 4 ..... 8 ...... 14:19 ........ -5
Estudiantes ................ 24 ..... 19 .... 6 ..... 6 ..... 7 ...... 18:19 ........ -1
San Lorenzo .............. 23 ..... 19 .... 5 ..... 8 ..... 6 ...... 19:17 ....... +2
Racing ....................... 23 ..... 19 .... 7 ..... 2 ... 10 ...... 25:26 ........ -1
Colón de Santa Fe ..... 21 ..... 19 .... 6 ..... 3 ... 10 ...... 20:27 ........ -7
Quilmes ..................... 20 ..... 19 .... 5 ..... 5 ..... 9 ...... 24:27 ........ -3
Gimnasia ................... 18 ..... 19 .... 3 ..... 9 ..... 7 ...... 19:25 ........ -6
Newell`s .................... 16 ..... 19 .... 4 ..... 4 ... 11 ...... 16:32 ...... -16
Huracán ..................... 14 ..... 19 .... 3 ..... 5 ... 11 ...... 18:42 ...... -24
Copa Sudamericana 2011
Verein
Pkte.
Spiele.
Tor Diff.
Vélez ...................................................... 82 ................ 38 ............. +43
Estudiantes ............................................. 69 ................ 38 ............. +23
Godoy Cruz ............................................ 63 ................ 38 ............. +11
Lanús ..................................................... 63 ................ 38 ............... +8
Arsenal ................................................... 57 ................ 38 ............... +6
River Plate* ........................................................................... 57 ................ 38 ............... +5
Argentinos ............................................. 54 ................ 38 ............... +6
Boca ....................................................... 53 ................ 37 ............... +2
Racing .................................................... 52 ................ 38 ............... +6
All Boys ................................................. 51 ................ 38 ................ -4
z
Qualifiziert * Abstieg
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Sonnabend, 25. Juni 2011
Ausflüge und Reisen
Das vergessene deutsche
Schiffswrack von Mar de Ajó
Es sollte der Auftakt der regulären deutschen Paketschifffahrt in
die Südsee werden. Zwar noch nicht durch den Panamakanal, der
noch mehr als drei Jahrzehnte entfernt war, sondern rund um Kap
Hoorn, aber immerhin mit Dampfschiffen, die einen regelmäßigeren
Betrieb versprachen als die bis dahin gängigen Windjammer.
Günstig war auch der Zeitpunkt für die Inbetriebnahme der Linie,
nämlich Oktober 1872, also anderthalb Jahre nach Beendigung des
preußisch-französischen Krieges und zum Beginn des anschließenden wirtschaftlichen Industrie-Aufschwungs in Deutschland.
Der von Bug zum Steven 78 Meter messende, Karnak getaufte, in
England vom Stapel gelaufene Dampfer wurde von der Hamburger
Kosmos-Reederei betrieben und sollte den monatlichen Verkehr zu
den südamerikanischen Pazifikhäfen aufnehmen.
Es wurde eine Geschichte mit einem geradezu vorhersehbaren
Ende, denn gar zu viele Vorkommnisse bildeten das Menetekel an
der Wand.
Schon kurze Zeit nach Aufnahme der Aktivität, Januar 1873, lief
die Karnak bei Punta Arenas auf Grund. Zum Glück gestatteten es
die hohen Tiden, das Schiff rasch wieder flott zu machen, obwohl es
schwer beladen war, nämlich mit chilenischem Kupfer für Deutschland. Kurze Zeit später lief die Karnak erneut auf ein Kliff in der
Magellanstraße, wurde gerettet und zur Reparatur nach Montevideo
gebracht.
Kaum war sie wieder in Dienst gestellt, ereignete sich ein neues
Missgeschick mit diesmal unabänderlichem Ausgang. Südlich des
Cabo San Antonio wurde der Dampfer wahrscheinlich von einer Sudestada ans Ufer getrieben und lief weitgehend unbeschädigt auf dem
flachen, sandigen Strand auf. Neben Fracht beförderte die Karnak
auch Passagiere, unter denen sich Namen wie Hauschild, Wunderlich, Tenesis und Trautmann befanden, auf der Brücke stand Kapitän
C. A. E. Carlssen.
Mit einem Geländewagen gelangt man bis ans Wrack.
Es war der 23. Januar 1877. Das Schiff hatte gewissermaßen mit
seinem Bug den Kontinent auf die Hörner genommen und war kaum
beschädigt, lag aber fast zur Gänze auf dem Trockenen. Durch ein
verhältnismäßig kleines Leck waren acht Fuß Wasser in die Laderäume gedrungen, doch man rechnete damit, den Havaristen bei großer Flut wieder klar bekommen zu können.
Nur leider gibt es an dieser Küste keine hohen Fluten. Die Karnak
lag - und liegt- auf einem damals der Familie Cobo gehörenden Gelände, Banco Médano genannt. Das Unglück ereignete sich wie in
jener Zeit nicht unüblich durch einen groben Navigationsfehler und
mangelhafte Seekarten: Käpt’n Carlssen rechnete, sich mehr südlich
und weiter draußen auf offener See zu befinden, und auch die halbbis viertelstündigen Tiefenmessungen mit dem Handlot ergaben noch
genügend Tiefe, bis in der Dunkelheit plötzlich die Brandung vor
dem Bug auftauchte.
Eine Bergung erwies sich trotz wiederholter Bemühungen als unmöglich. Ein Teil der Ladung wurde gelöscht, Aufbauten usw. geborgen, als Rest blieben die Maschinen und der Schiffskörper bis
heute vor Ort liegen. Dieser befindet sich haargenau 40 Linearkilometer nordöstlich von Mar del Plata und ebensoviele südwestlich
von Villa Gesell auf der Höhe der Nordspitze der Laguna Mar Chiquita. Die Playa Querandí und der Faro Querandí liegen 14.000 Meter
nordöstlich des Wracks. Der Leuchtturm ist zwar 54 Meter hoch und
von weitem zu sehen, wurde jedoch erst 1922 errichtet, nachdem es
an dem Küstenstreifen viele weitere Schiffbrüche gegeben hatte.
Straßen, selbst Wege, führen keine hin, man muss schon einen
tüchtigen Geländewagen haben, um bis zur Karnak zu gelangen. Ein
heutzutage nicht alltägliches Abenteuer.
Marlú
Überreste der Maschine, hier der genietete Dampfkessel.
Sonnabend, 25. Juni 2011
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“Wie traurig, wenn ein Freund von uns geht”
Deutsche Gemeinschaft verabschiedet Kulturreferentin Finckenstein
Buenos Aires (AT/SF) Es gab Blumen, eine AnAm vergangenen Samstagstecknadel und sogar ein
nachmittag nahm die deutGedichtchen, mit dem Rusche Gemeinschaft von
dolf Hepe zum Ausdruck
Gräfin Donata Finckenbrachte, wie traurig es sei,
stein, der Kulturreferentin
von guten Freunden Abder Deutschen Botschaft in
schied zu nehmen. Und
Buenos Aires, Abschied.
dann noch ein Geschenk,
Um zu dem lockeren Tref“das eine Umarmung von
fen mit Kaffee und Kuchen
uns allen symbolisieren
im Kulturzentrum Olivos
soll”. Gräfin Finckenstein
des Neuen Deutschen Turnbedankte sich und sagte, sie
vereins (NDT) zu kommen,
sei wirklich gerührt. “Es
scheuten zahlreiche Vertrewar schön, mit Ihnen allen
ter der Gemeinschaften,
zusammenzuarbeiten”, sagSchulen, Kirchen, Sportverte sie, sie habe das sehr
eine, Heime etc. weder
gerne getan. Dann spendeWind noch Wetter, noch
te sie großes Lob an die Anhielt sie der Beginn des lanwesenden, sie fände es
“Ich bin dankbar, wenn ich einen kleinen Teil beitragen konnte”,
gen Wochenendes davon
großartig, wie alle durchsagte die Kulturreferentin bescheiden.
ab, mit ihrer Anwesenheit
hielten und zusammenhielihrer Dankbarkeit Ausdruck zu verleihen für alles, was die Kulturre- ten, “wie Sie es schaffen, Traditionen zu bewahren und wie Sie trotzferentin für die deutsche Gemeinschaft in Argentinien getan hat.
dem zu modernen Argentiniern geworden sind”. “Ich bin dankbar,
Nach drei Jahren in Buenos Aires geht Frau Finckenstein nach wenn ich einen kleinen Teil dazu beitragen konnte”, sagte sie beMadrid, um in der dortigen Deutschen Botschaft ihren neuen Posten scheiden und packte ihr Geschenk - ein schönes Schultertuch aus,
anzutreten.
das tatsächlich eine symbolische Umarmung der Anwesenden war.
Nachdem sich alle eingefunden hatten, wurde zunächst ein GrupAnschließend wurde Kaffee und Tee serviert und jeder konnte
penfoto gemacht, dann nahm die Gesellschaft auf Aufforderung Ru- sich an einem reichhaltigen, ausgezeichneten Kuchenbuffet bediedolf Hepes, des Vize-Vorsitzenden des Dachverbands der deutschen nen. Die Anwesenden blieben noch lange bei angeregter UnterhalGemeinschaften FAAG, an mehreren Tischen Platz. “Der sportliche tung zusammen.
Teil ist jetzt vorüber”, scherzte Hepe, “jetzt kann - nach dem offiziUm einige der zahlreichen Anwesenden zu nennen: Für den Dachellen - der gemütliche Teil des Nachmittags beginnen.”
verband (Rudolf Hepe, Siegfried Wolfsteller); Kultur (Richard KarHepe und Willy Saervold vom DAKSV/NDT sprachen ihren Dank mann); Geselligkeit (Roberto Bauer, Claudio Gaebler); Kontakt zur
im Namen der Gemeinschaften aus, Hermann Lehrke, Vorsitzender argentinischen Gemeinschaft (Paula Chiozza); Schulen und Kultur
des Deutschen Schulvereins Quilmes und Vize-Vorstand der Arbeits- (Silvia Dittler, Alfred Kemmling, Hermann Lehrke, Hermann Mülgemeinschaft Deutscher Schulen, betonte den besonderen Einsatz ler, Ernesto Rehmann, Joachim Reinke); Glaubensgemeinschaften
Donata Finckensteins für die deutschen Schulen in Argentinien. “Un- (Pater Paul Denninger, Elena Hihn); Tradition und Brauchtum (Masere Pflicht ist es, die deutsche Kultur an die Jugend weiterzutra- ria Weiner, Juan Carlos Scheigel Huck); Sport (Adela Spaeth, Cargen”, die Botschaft und als ihre Vertreterin Donata Finckenstein, sei los Hoecht); Turnen (Carlos Koll, Carlos Krapf, Willy Saervold);
immer “mit Rat und Tat” dabeigewesen, so Lehrke.
soziale Einrichtungen (Joachim Hildebrand, Herbert Schulz).
Eine Sache ist klar; nicht nur wegen der großen Unterstützung, die sie allen Institutionen zukommen ließ,
wird man Kulturreferentin Donata Finck von Finckenstein vermissen. Auch wegen ihrer sympathischen Art.
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Sonnabend, 25. Juni 2011
Unterschiedliche Theatererlebnisse
Sorins “22h13” und Robines “La ferme des concombres”
Von Charlotte Dötig
Buenos Aires (AT) - Zwei Franzosen im Auftrag der Komik haben sich in der letzten Woche für unterhaltsame Abende eingesetzt.
Die Idee war dieselbe und der Erfolg der gleiche, und doch hätten
zwei Alleinunterhalter verschiedener nicht sein können. Der Eine
groß, der Andere klein, der Eine jünger, der Andere älter, der Eine
auf einer mit Krempel überfüllten Bühne und der Andere auf einem
leeren Schauplatz, der nur durch einen kleinen Sandhügel markiert
war. Doch sieht man über diese Trivialitäten hinweg, ist es der Inhalt
und die intellektuelle, aber auch emotionale Interpretation von Theater, die die beiden unterscheidet.
Während der Eine es auf die künstlerische Spitze treibt, in dem er
das gewollt provozierte Lachen im Hals ersticken lässt, reißt der
Andere das Publikum in eine andere Welt und zieht es auf diese Weise
in seinen Bann.
“22h13” war das erste der beiden Stücke, das im Rahmen der
internationalen Spielzeit im San Martín-Theater gezeigt wurde. Es
ist ein Werk von Pierrick Sorin, gespielt von Nicolás Sansier. Darge- Technische Perfektion: “22h13” des Videokünstlers Pierrick Sorin.
stellt wird der Alltag eines Künstlers, der versucht, in seinem chaotischen Atelier Ordnung zu schaffen. Immer wieder wird er jedoch fen soll und der sich zwischen unaushaltbarem Tatendrang und absolutem Stillstand im Kreis dreht, scheint dem Wahnsinn in die Arme
unterbrochen.
So beginnt er Ideen für ein neues Werk zu entwickeln, trifft Leu- zu laufen.
Patrick Robine hingegen nahm die Zuschauer in seinem Stück
te, träumt, grübelt, spricht mit sich selbst und redet mit anderen, immer
“La
ferme des concombres (La granja de los pepinos)” auf eine Reiauf der Suche nach einer neuen Form, sich auszudrücken, etwas zu
schaffen, das nicht nur die bloße Hülle eines Kunstwerks ist. Ein se mit durch die Wüste. Ein Abenteuer, das man erlebt haben sollte,
Balanceakt zwischen zwei Abgründen, zwischen Genialität und mit Menschen, die man persönlich kennengelernt haben muss. Mit
Wahnsinn. Das technisch wirklich aufwendige Stück mit drei Lein- einem Feuer im Koffer und in seinem beigen Anzug, führt er die
wänden, Kameras noch auf der Bühne, Nahaufnahmen, die riesig Zuschauer ins Unbekannte, macht sie vertraut mit Menschen, die auf
auf die Leinwände übertragen werden, Videoaufzeichnungen, die es einmal gar nicht mehr fremd erscheinen. Tiere werden einem vorgemöglich machen, dass sich der Künstler auf der Leiwnand mit ande- führt, die so echt wirken, dass man sie anfassen möchte. Er baut
nicht nur Luftschlösser, sondern ganze Landschaften ins Nichts.
ren Menschen trifft, ist überwältigend.
Er kreiert eine ganz fremde, surreale Welt, und jeder, der sich ein
Die anderen Persönlichkeiten, denen er begegnet, sind ebenfalls
von Sansier gespielt, was zur Folge hat, dass der Zuschauer ab und bisschen darauf einlässt, darf eintreten, durch die Wüste sich schlepan den Eindruck bekommt, dass der Künstler paranoid sei. Der immer pen und übers Wasser fahren. Robine erfindet und verwandelt sich
verzweifelter Suchende, der nicht weiß, welche Entscheidung er tref- selbst in jedem Augenblick von neuem, ohne dabei Verwirrung zu
stiften. Ist er in einem Moment noch ein schnaubendes Kamel, so ist
er im nächsten schon der mit tiefer Stimme sich Gehör verschaffende Vater.
So ist letzteres ein abenteuerlicher Ritt durch die Wüste, der auf
keiner Ebene mit dem wüsten Ritt durchs Abenteuer des Künstlers,
der sich im Chaos zu verlieren scheint, vergleichbar ist. Es sind zwei
sehr unterschiedliche Sensationen, herausragend in ihrer Einzigartigkeit, deren Schnittpunkt allein die Sprache ist.
Körperarbeit: Allroundgenie Patrick Robine.
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Sonnabend, 25. Juni 2011
Genreübergreifende Kunst
Kirsten Mosels “Nuevos Cutouts” in der Deutschen Botschaft
Kirsten Mosel beschäftigt sich seit über einem Jahrzehnt mit Cut- den sie schon seit Jahren gegen den Pinsel eingetauscht hat. Beim
outs. Sie schneidet Formen und Linien aus und klebt sie direkt auf genauen Ansehen der Bilder wird klar, dass die Künstlerin - die sich
Wände oder auf Bildträger. Zu ihrer Kunst gehören die plane Fläche zuvor viele Jahre mit Malerei beschäftigte - alle Formen und Linien
und die Linie, genaue Grenzen und ein erzähleriaus der Hand schneidet. Dadurch entstehen kleine
scher Kick: ihre Formensprache changiert zwischen
Unregelmäßigkeiten, die den großen einfachen ForAbstraktion und Narration.
men über die handgemachte Kontur Leben gibt. Die
Für die Deutsche Botschaft Buenos Aires entwiSchneide-Bilder von Kirsten Mosel sind eine Reckelte die Künstlerin einen Bilderzyklus, der sich
flexion über Grenzen und genreübergreifend Zeichum das Thema “Zwei” dreht. Zwei Augen, zwei
nung, Malerei oder Interventionen im Raum.
Klammern, zwei Bäume. Zwei Linien, zwei KreiKirsten Mosel wurde 1962 in Braunschweig gesel, zwei Lineamente. Die Bilder kreisen um das Phäboren und lebt und arbeitet seit 2010 in Buenos Ainomen des Doppels: in der Symmetrie eines Körres. Ihr Kunststudium absolvierte sie an der Hochpers, in der Funktion von Geräten, im Zusammenschule für Bildende Künste Braunschweig. Ihre
stoß von abstrakten Farb-Formen. Es gibt Bezüge
Werke waren u.a. 1998 auf der Art Cologne, 2004
zur Natur, zum Menschen, zu Farbräumen. Die Bilauf der Biennale Dakar, 2005 auf der Arco Madrid
der sind einfach, einfache Formen, wenige Eingrifund der Art Fair Shanghai zu sehen. Für ihre künstfe, etwas hinzufügen, etwas aussparen.
lerische und Kunstvermittlungs-Arbeit erhielt KirsWas bedeutet das Schneiden für diese Bilder? Der
ten Mosel zahlreiche Stipendien und Preise.
Schnitt vollzieht klare Trennungen bzw. Grenzen
Die Ausstellung “Nuevos Cutouts” ist bis zum 4.
zwischen Figur und Grund, die Formen sind eindeuAugust im Konsulat der Deutschen Botschaft, Viltig in ihrer Mehrdeutigkeit.
lanueva 1055, von Montag bis Donnerstag von 9
Aus der Serie “Nuevos CutDer Cut in der Kunst ist spätestens seit den Schebis 17.30 Uhr und freitags von 9 bis 12 Uhr öffent2011. 90 x 60 cm, Folie
renschnitten von Philipp Otto Runge bekannt und outs”,
lich zugänglich.
auf Aludibond (Detail).
hat seit zwei Jahrhunderten immer wieder Künstler
Parallel zur Ausstellung in der Deutschen Botzur Beschäftigung mit dem Schnitt als künstlerischer Untersuchungs- schaft zeigt Kirsten Mosel eine Linien-Intervention in der USAL
methode angeregt.
(Universidad del Salvador), Marcelo T. de Alvear 1337.
Was für Runge die Schere war, ist für Kirsten Mosel der Cutter,
(Informationen auf der Webseite www.kirstenmosel.de)
“Carmina Burana” im San Martín-Theater
Am Donnerstag, dem 30. Juni, um 14 Uhr,
wird im Martín Coronado-Saal des San
Martín-Theaters (Av. Corrientes 1530) Carl
Orffs “Camina Burana” wieder aufgenommen. Das von Mauricio Wainrot geleitete
Tanzensemble “Ballet Contemporáneo”
zeigt acht Aufführungen des beliebten
Werks, dessen Choreografie vom BallettChef persönlich stammt. Die Beleuchtung
schuf Eli Sirlin, für die Kostümierung zeichnete Carlos Gallardo verantwortlich.
Ebenfalls auf dem Programm steht das
Tanzstück “Alina”, auch eine Kreation von
Wainrot, nach Musik von Arvo Pärt, mit
Licht von Sirlin und Kostümen von Gallardo. Die Matinee-Vorstellungen am Donnerstag (30.6. und 7.7.) kosten ermäßigt
jeweils 13 Pesos, für die Aufführungen am
1., 2., 5., 6. und 8. Juli um 20.30 Uhr und 3.
Juli um 17 Uhr erhält man Eintrittskarten
zu 45 bzw. 30 Pesos. Die Gesamtdauer der
Vorstellung beträgt 70 Minuten.
4. Festival “Ciudad Emergente” im Centro Cultural Recoleta
Von Charlotte Dötig
Buenos Aires (AT) - Die Leute schoben sich durch die Gänge, in ten bewunderten jedoch nur
den Ausstellungsräumen tummelten sie sich vor den Bildern und be- staunend die Sprühkunst und
wunderten mit großen Augen die Mode. Das Festival “Ciudad Emer- verzichteten darauf, auch nur zu
gente” im Centro Cultural Recoleta war eine kleine kulturelle Explo- versuchen, ein konkurrenzfähision, angefeuert von der Musik argentinischer Rockbands und spani- ges oder nur annähernd so guscher Bekanntheiten, wie “Love of Lesbians”. Bis zur letzten Minuten tes Abstrakt an die Wand zu
am Montagabend pilgerten hauptsächlich Jugendliche zu dem Spekta- bringen, mit dem man sich nekel, und nicht mal die Kälte konnte sie davon abhalten, bis zum Ein- ben den anderen hätte sehen lasbruch der Nacht auf der Terrasse zu stehen und zum Beat der Taktstö- sen können.
cke und zur Melodie geträllerter Liebeserklärungen zu tanzen.
Es war ein Ausflug in die
Nur vereinzelt zogen sich Einige in die Leseecken zurück, eher abwechslungsreiche Welt der
schaute man sich Filme an oder ließ sich von der visuellen Darstellung Künste, bei dem man sehen
Elektronischer Musik in eine andere fantastische Welt tragen. Stun- konnte, auf welch unterschiedAuftritt der Tourettes.
denlang konnte man so da sitzen, sich träumerisch von den Bildern, liche und doch gekonnte Weise
die rhythmisch voneinander abgehoben waren, der Realität entziehen. sich vor allem junge Menschen versuchen auszudrücken. Mit BegeisWer sich lieber aktiv am Geschehen beteiligen wollte, konnte sich auf terung und Spaß wurden die Menschenmengen angelockt und mit auseiner der riesigen Außenwände mit Sprühfarbe verewigen. Die meis- drucksstarker Kunst belohnt.
Seite 11
Sonnabend, 25. Juni 2011
LATEINAMERIKANISCHE WIRTSCHAFT
Chile und Vietnam werden ein Freihandelsvertrag im Rahmen des wirtschaftlichen Asien-Pazifik Kooperationsforums unterschreiben, berichtet die Regierung von Vietnam. Das Gipfeltreffen findet im nächsten November in Hawaii statt.
***
Die Ratingagentur Moody’s erhöhte die Kreditwürdigkeit Brasiliens von „Baa3“ auf „Baa2“, und unterstrich die Vorsicht seiner Wirtschaftspolitik sowie dessen Glaubwürdigkeit im Kampf
gegen die Verschuldung.
***
Der weltweit führende Versandhändler Otto hat noch für dieses Jahr den Markteintritt in Brasilien geplant, teilte Otto-Chef
Hans-Otto Schrader am Mittwoch in Hamburg mit. Zunächst sei
ein Gemeinschaftsunternehmen in den Bereichen Mode und Lifestyle
mit einem bereits in Brasilien etablierten Unternehmen vorgesehen.
In fünf Jahren wolle Otto in der siebtgrößten Volkswirtschaft der Welt
einen Umsatz von rund 500 Mio. u$s erreichen. (dpa)
***
Die Arbeitslosigkeitsrate blieb im Mai in Brasilien stabil bei
6,4%, berichtet das Statistische Amt IBGE. Das liegt in Braslien
nahe an der Vollbeschäftigung, wobei dabei schon ein gewisser Inflationsdruck auftritt.
***
Das britische Unternehmen Rolls Royce investiert u$s 60 Mio.
in Rio de Janeiro, um eine Turbinenfabrik für Erdölplattformen
zu bauen. Die Turbinen werden in Zukunft für die Erschliessung der
riesigen Vorkommen gebraucht, die zum Teil 3.000 Meter und mehr
unter dem Atlantik von Petrobras entdeckt worden sind.
***
Der drittgrößte Flugzeughersteller der Welt, der brasilianische
Embraer, hat bisher insgesamt mehr als 1000 Bestellungen und
750 Kaufabsichtserklärungen für seine Jets der E-Klasse erhalten, betonte in Paris der Embraer-Chef Paolo Cesar de Souza e
Silva. Diese Maschinen bieten zwischen 70 und 120 Passagieren Platz.
(dpa)
***
ARGENTINISCHE WIRTSCHAFT
Der Dollarkurs schloss am Donnerstag ohne Änderung gegenüber der Vorwoche bei $ 4,13, und lag somit um 2,99% über Ende
Dezember 2010. Die ZB-Reserven erreichten u$s 52,24 Mrd., gegen
u$s 52,15 Mrd. in der Vorwoche. Der schwarze Kurs lag bei $ 4,34. Der
Rofex-Terminkurs lag zum 30.9.11 bei $ 4,198, zum 30.12.11 bei $
4,321, zum 31.3.12 bei $ 4,4520, und zum 30.6.12 bei $ 4,590. Der
Terminkurs per Ende Juni 2012 lag um 11,70% über dem Tageskurs.
***
Der Merval-Aktienindex der Börse von Buenos Aires schloss am
Donnerstag um 2,44% über der Vorwoche, lag dabei um 5,95%
unter Ende 2010.
***
Die Staatspapiere standen in einer Woche zum Donnerstag vorwiegend unter Baissedruck. Par-Bonds in Pesos gingen gegenüber
der Vorwoche um 2,25% zurück (-21,23% gegen Ende 2010), Discount-Bonds in Pesos fielen um 1,70% (bzw.-15,87%), Boden 2014 fielen um 0,31% (+2,67%), Boden 2012 blieben unverändert (bzw. +2,08%)
und Boden 2013 stiegen um 0,21% (bzw. +2,42%).
***
Der Notenumlauf betrug zum 10.6.11 $ 136,87 Mrd., 1,91% über
der Vorwoche und 9,90% über Ende 2010. Girodepositen betrugen $
129,92 Mrd., 2,82% über der Vorwoche und 10,25% über Ende 2010,
und Spardepositen machten $ 65,12 Mrd. aus, 6,06% unter der Vorwoche und 5,46% über Ende 2010.
***
Die gesamten Pesodepositen des Bankensystems lagen zum
10.6.11 mit $ 380,16 Mrd. um 0,18% über der Vorwoche und um
18,99% über Ende Dezember. Fristdepositen lagen mit $ 168,75 Mrd.
um 6,06% unter der Vorwoche und um 5,46% über Ende Dezember.
***
Gold wurde in Buenos Aires (Banco Ciudad) letzte Woche bei 18
Karat zu $ 132,20 pro Gramm gehandelt (Vorwoche: $ 132,42) und
bei 24 Karat zu $ 200,12 ($ 200,60).
***
Die Finanzen des Nationalstaates weisen im Mai einen echten
(„finanziellen“) Überschuss von $ 1,90 Mrd. aus, 26% unter dem
Vorjahr. Der primäre Überschuss (ohne Zinsen zu berücksichtigen) lag
bei $ 3,14 Mrd., 4% über dem Vorjahr. In 5 Monaten lag der echte Überschuss bei $ 1,14 Mrd., der primäre bei $ 9,96 Mrd. Die laufenden Einnahmen (Steuereinnahmen plus Abhebung des ZB-Gewinnes und Zu-
wendungen der ANSeS) lagen im Mai mit $ 37,08 Mrd. um 31,3% über
dem Vorjahr. Die Gesamtausgaben stiegen um 34,5% auf $ 35,19 Mrd.,
aber die primären Ausgaben (ohne Zinsen) lagen um 40% über dem
Vorjahr.
***
Die Exporte lagen im Mai um 24% über dem gleichen Vorjahresmonat, wobei Industrieprodukte auf landwirtschaftlicher Basis
(vornehmlich
Sojaöl
und
–mehl) eine Zunahme von 44% verzeichnen, primäre Produkte eine
von nur 12% und reine Industrieprodukte eine von 31%. Die Importe lagen um 39% über dem Vorjahr, und der positive Saldo sank um
13%. Der Import von Brenn- und Schmierstoffen lag um 61% über dem
Vorjahr, und die Exporte gingen bei diesen Produkten um 33% zurück.
***
Die Nachfrage nach Zeitarbeitern ist 2010 um 16,4% gestiegen,
teilte der Verband argentinischer Zeitarbeitsunternehmen FAETT
mit. Danach sind monatlich 89.102 Personen über diese Firmen eingestellt worden. Mit 55,4 % der Anstellungen seien die Handwerker am
häufigsten gesucht. Nur 19% der Stellen fielen auf Verwaltungsmitarbeiter.
***
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs im 1. Quartal 2011 gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum um 9,9% und um 2,8%
verglichen mit den letzten drei Monaten von 2010, gab das Statistische Amt (INDEC) bekannt. Die Bruttoinvestitionen lagen im 1.
Quartal um 19,5% über dem Vorjahr, und erreichten 21,9% des BIP.
Während die Erzeugung von Sachgütern im interanuellen Vergleich
einen Anstieg um 10,6% verzeichnete, wuchsen die Dienstleistungen
um 8,7%. Der private Konsum stieg im gleichen Zeitraum um 11,3%
während der öffentliche Konsum sich um 9,9% erhöhte. Die Einfuhr
von Gütern und Dienstleistungen wuchs im ersten Quartal 2011 um
20,4%, während der Export ein Plus von lediglich 7,1% verzeichnete.
Die Industrieproduktion erreichte einen innerjährlichen Plus im 1. Quartal von 9,1%.
***
Der Index der Industrieproduktion des INDEC, benannt EMI
(„Estimador Mensual Industrial“) lag im Mai um 9,1% über dem
gleichen Vorjahresmonat und um 0,9% über April. Die ersten 5
Monate 2011 liegen somit um 9% über dem Vorjahr.
***
Sonnabend, 25. Juni 2011
Das brasilianische Unternehmen Vale bestätigte die Absicht, in
Bezirk Malargue in der Provinz Mendoza, Kali zu fördern, obwohl die Provinzregierung ein Förderungsstopp angeordnet hat.
Die Firma sei bereit ein provinzielles Gesetz stärker als bislang zu respektieren und eine grössere Anzahl an Lieferanten aus Mendoza zu
verpflichten. Das Gesetz hat keine legale Grundlage, und könnte somit
vor Gericht beanstandet werden. Aber Vale will keinen Konflikt schaffen.
***
Die Produktion von Luftkühlanlagen, Mikrowellengeräten, Handys und Monitoren hat sich in Feuerland in den ersten vier Monaten des laufenden Jahres im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2010
um 7 Mal erhöht, teilt das Industrieministerium mit. Darü-ber hinaus seien 17 Projekte für die Herstellung von Notebooks und Netbooks
angekündigt worden.
***
Der Hektarpreis für Agrarland um den Sojagürtel in den Provinzen Buenos Aires, Santa Fe und Córdoba ist im letzten Jahr um
20% in Dollar gestiegen, berichtet das Immobilienbüro L.J. Ramos. Im Kernbereich des Maisanbaus liegt der Hektarpreis zwischen
u$s 13.000 und 17.000. Im Osten der Provinz Buenos Aires kostet ein
Hektar zwischen u$s 6.000 und u$s 10.000. In der besten Viehzuchtregion in der Provinz Buenos Aires sei mit einem Hektarpreis zwischen
u$s 2.500 und u$s 4.000 zu rechnen. An der Küste sowie um die Gebirge von Buenos Aires liegt der Preis zwischen u$s 6.000 und u$s 9.500
pro ha, rund um das reichste Weizengebiet um zwischen u$s 3.500 bis
u$s 7.000.
***
Um 16,9% ist im Jahr 2010 der Weizenexport wertmässig gestiegen, während der Betrag der von den Exporteuren gezahlten
Gewinnsteuer um 99,6% höher als 2009 lag, berichtet die AFIP.
Wenn man auch jene Firmen berücksichtigt, deren Bilanzen im Dezember 2010 abschliessen, dann hätte die Erhöhung bei der Gewinnsteuer um 286% gelegen. AFIP-Direktor Ricardo Echegaray sagte, dass
im vergangenen Jahr vier dieser Exportfirmen keinen einzigen Cent an
Gewinnsteuer gezaht hätten.
***
Das Staatsunternehmen ADIF (Administración de Infraestructuras Ferroviarias) wird unmittelbar 200 Ausschreibungen durchführen, besonders um die Belgrano-Bahn zu modernisieren, die sich
mit Frachtenbeförderung befasst, und den Norden und Nordwesten mit Buenos Aires verbindet. Bei der Schienenverlegung wurden
in den letzten Jahren grosse Fortschritte erzielt, sagte der Leiter von
ADIF Jose Villafañe. So sei man von täglich 30 Meter in 2009 auf aktuell täglich 300 Meter neue Gleisen übergegangen. Auch bei der Bahnlinie Buenos Aires-Mar del Plata (hauptsächlich Personenverkehr) soll
investiert werden, damit Züge vom Typ Talgo eingesetzt werden können. Diese Bahnlinie wird, ebenfalls wie die Belgrano Linie, vom neu
gegründeten Staatsunternehmens SOFSE betrieben.
***
Der Gouverneur der Provinz Neuquen, Jorge Sapag, versicherte, dass die Verträge zum Bau des Wasserkraftwerks von Chihuido
I in wenigen Tagen unterschriftsreif sein werde. Dabei handelt es
sich um eine Kooperation zwischen der Nationalregierung und der Provinz. Die Bauten werden vorübergehend federführend in den Händen
von Electroingenieria liegen, einer Firma aus Cordoba, die den Kirchners nahe liegt. Die Gesamtkosten wurden mit ungefähr u$s 1.500 Mrd.
berechnet. Davon trägt die nationale Regierung u$s 500 Mio. Das Wasserkraftwerk wird eine Leistung von 640 Mw haben. Für den Bau werden bis zu 5000 Arbeitsplätze geschaffen. Der vorübergehende Unternehmensverband (UTE) wird den Bau durchführen und das Werk während 15 Jahren betreiben. Danach soll der Betrieb auf die Provinz Neuquén übertragen werden.
***
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Die peruanische Gruppe Alicorp hat 100% der Aktien von Italo
Manera sowie Pastas Especiales übernommen. Die Firmen hatten
2010 einen Umsatz von u$s 35 Mio. und verfügen über zwei Prodduktionsstätten. Es handelt sich nach dem Kauf des Keksfabrikanten Okebon im Vorjahr um den zweiten Erwerb dieser Gruppe im Bereich der
Lebensmittelindustrie.
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Die Getreidemühlen, die Geflügelzüchter sowie die Betreiber von
feed-lots sollen schliesslich die längst fälligen Ausgleichszahlungen
vom Staat erhalten. Diese Zahlungen wurden 2007 von der Regierung
angeordnet und im Februar dieses Jahres unterbrochen, nachdem das
dafür zuständige Amt, ONCCA, aufgelöst wurde. Die geschuldeten
Ausgleichszahlungen erreichten insgesamt $10,58 Mrd. Auf Anweisung
von Binnenhandelssekretär Moreno reichten die Getreidemühlen als
erste die Anträge ein, doch wurde ihnen mitgeteilt, dass auf die geschuldete Summe ein Erlass von ca $ 2 Mrd. erfolgen werde. Die Geflügelzüchter sowie die Besitzer von feed-lots hoffen, die Ausgleichszahlungen in voller Höhe ausbezahlt zu bekommen. Der Staat schuldet
den Geflügelzüchtern ca. $ 800 Mio und den feedlot-Besitzer ungefähr
$ 300 Mio., teilte die argentinische Feedlotkammer mit.
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Der Verband argentinischer Traktorenhersteller (AFAT) weist
darauf hin, dass der Verkauf dieser Landmaschinen im März stark,
um 36,9%, im Vergleich zum Vormonat, zurückgegangen ist.
Insgesamt verkauften Agco, John Deere und CNH im März 178 Traktoren, gegen 282 im Februar. Bei Mähdrescher ging der Verkauf innerhalb eines Monats um 25,9% zurück. Der Rückgang betrifft insbesondere
die importierten Einheiten, da diese unter den Importbeschränkungen
leiden. Die in Argentinien gefertigen Traktoren und Erntemaschinen
hatten keine Einbussen zu verzeichnen. Doch 70% bis 75% der in Argentinien verkauften Traktoren und bis 80% der Mähdrescher werden
importiert.
***
Die Zentralbank (ZB) arbeitet an einem System, durch das den
Banken eine Versicherung für Zinsschwankungen bereitgestellt
werden kann. Damit soll es den Geldhäusern möglich sein, der Kundschaft festverzinsliche Kredite auf bis zu 5 Jahre Laufzeit für Investitionsfinanzierung zu gewähren. Das System soll angeblich folgendermassen funktionieren: die ZB setzt einen Zinssatz fest, der sich an den
Badlar-Satz hält, der für Einlagen von über einer Million Pesos von den
Geschäftsbanken in der Bundeshauptstadt und Umgebung im Durchschnitt bezahlt wird. Sollte dieser Zinssatz über dem vereinbarten Satz
liegen, übernimmt die Zentralbank die Differenz. Im Gegensatz, wenn
der Zinssatz zurückgeht, zahlen die Geschäftsbanken die Differenz an
die ZB. Bisher lag der Badlar-Satz unter der internen Inflationsrate,
gemessen an privaten Indices der Konsumentenpreise. Doch gelegentlich könnte dieser Zinssatz davonspringen, so dass die ZB dann einen
Verlust auf sich nehmen müsste, angenommen, der festgesetzte Zinssatz für den Kreditnehmer liegt beim gegenwärtigen Badlar-Satz.
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Wie die ZB berichtet, stiegen im April die gesamten Bankkredite an Privatunternehmen um 4% gegenüber März, womit der interanuelle Zuwachs 45,1% erreichte. Zum ersten Mal steigen die
Kredite für Unternehmen (Arbeitskapital und Investitionen) schneller
als die Kredite für Konsumfinanzierung, und liegen jetzt um 7% höher.
Gleichzeitig ging die Zahlungsverzugsrate auf 1,8% zurück.
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Die Regierung hat der Banco Nación angeordnet, den Rentnern
Kredite für den Kauf von Computern bereit zu stellen. Diese Kredite haben eine maximale Laufzeit von 40 Monaten. Die Vereinbarung
wurde zwischen Banco Nacion, Anses und Microsoft unterzeichnet. 2007
wurde die erste Vereinbarung dieser Art unterschrieben. Seitdem haben
Rentner 150.000 Computer unter diesen Bedingungen erworben, erinnerte Anses.
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Sonnabend, 25. Juni 2011
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Argentinien wird bis Jahresende wegen der Unterbrechung der
Erdölförderung in der Provinz Santa Cruz, die einen Ausfall von
1,3 Mio. cbm Erdöl verursacht hat, landesweit 3,5% weniger Erdöl
als 2010 gefördert haben. Der wirtschaftliche Schaden, den der Streik
der Erdölarbeiter, sowie der Lehrerstreik, der auch mit einer Verhinderung der Erdölförderung begleitet wurde, herbeiführt, wird auf ca. u$s
720 Mio. geschätzt. Die Regierung hat den Konflikt einfach geschehen
lassen, statt sofort einzugreifen. Die von der Lehrergewerkschaft verursachte Förderungsverhinderung stellt ohnehin ein Verbrechen dar, und
die Erdölarbeiter haben die obligatorische Schlichtungspause, die viel
zu spat verhängt wurde, nicht eingehalten. Sowohl die Erdölarbeiter
wie die Lehrer der Provinz Santa Cruz sind die bestbezahlten im ganzen Land.
***
Die Handelsangestellten erhalten eine Gehaltserhöhung von 30%,
zu der noch Zulagen hinzukommen. Das Mindestgehalt geht von $
3.001 auf $ 3.900. Die Erhöhung erfolgt in drei Stufen: 15% rückwirkend zum Mai, eine weitere Erhöhung um 8% im September und 7%
im Dezember, so dass die Erhöhung im Durchschnitt der 12 Monate
Laufzeit des Abkommens prozentual bei etwa 25% liegt. Die Kassierer
von grösseren Einzelhandelsgeschäften erhalten einen festen Zusatz
von $ 500.
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Am Mittwoch wurde in der Provinz Rio Negro, am Rio Colorado, das Wasserkraftwerk Salto Andersen mit einer Leistung von
52,5 MW in Betrieb genommen. Die Bauarbeiten wurden von der spanischen Gruppe Isolux Corsan durchgeführt.
Geschäftsnachrichten
Palmer
Das Werk für Keramikblöcke Palmer investiert u$s 7 Mio. in die
Erweiterung ihrer Fabrik in Córdoba um 40%. Mit der Hälfte dieses
Betrages werden automatisierte Anlagen italienischer Herkunft für
denTransport der Keramikteile gekauft. Weitere technische Massnahmen werden ergriffen, um die Produktion auf 56.000 t pro Monat
zu steigern.
Vossloh
Dieser deutsche Hersteller von Schienenbefestigungs und Weichensystemen wurde von der Nationalverwaltung staatlicher Bahnen (ADIF) für die Instandhaltung von über 4000 Weichensystemen
in den Bahnwerkstätten von La Plata verpflichtet. Dort sollen nach
Beendigung der Modernisierungsarbeiten um die 150 Bahngeräte
jährlich gebaut werden. Ausserdem soll Vosloh bei Schienprolifierungsarbeiten mitwirken, durch die alte Schienen erneuert werden,
so dass die Züge schneller und ruhiger fahren können.
J-tekt Automotive
Der japanische Autoteilehersteller J-tekt Automotive investiert $ 108
Mio., um ein neues Werk in Escobar zu bauen. Diese Firma mit einer
dreizehnjährigen Präsenz auf dem argentinischen Markt wird in Zukunft auf ihre Importe aus Brasilien und Europa verzichten können.
Das neue Werk von 8.000 qm Fläche soll im Februar 2012 in Betrieb
genommen werden und das dritte seiner Art in Lateinamerika werden.
Das Unternehmen gab ebenfalls bekannt dass es die Herstellung von
Getrieben vorantreiben werde, die Importe von bis auf $ 750 Mio. ersetzen. J-tekt ist Lieferant von Renault, Peugeot-Citroen und in Zukunft auch von Toyota sowie vier weitere PKW Hersteller.
Jumbo
Diese Supermarktkette des Cencosud-Konzerns eröffnete in Puerto Madero ihren achtzehnten Markt in Argentinien. Bei Jumbo
Madero Harbour beträgt die Gesamtfläche 1336 qm. Der Supermarkt
befindet sich im künftigen Einkaufszentrum Madero Harbour und
beschäftigt insgesamt 85 Mitarbeiter.
Hewlett Packard
Der lokale Geschäftsführer von HP teilte der Industrieministerin
Debora Giorgi mit, dass das Unternehmen in Tierra del Fuego eine
Fabrik für Notebooks (tragbare Computer) errichten werde. Es ist
das zweite Projekt dieser Art, nach dem Gemeinschaftsunternehmen
der brasilianischen Positivo mit der lokalen BGH. Gemäss offiziellen Angaben haben jedoch schon 17 Unternehmen Projekte eingereicht, um insgesamt um die 7 Mio. Notebooks zu produzieren (bzw.
zu montieren), von denen bisher 9 genehmigt wurden. Die Entschei-
dung, in Tierra del Fuego zu produzieren, beruht einmal auf den steuerlichen Vorteilen, die die Regierung gewährt hat, und dann auf den
Importhemmungen bei normalen Importen. HP beschäftigt in Argentinien schon 3.700 Personen und exportiert Dienstleistungen („Software“) für u$s 70 Mio. pro Jahr.
Banco Patagonia
Diese Bank beendete die Platzierung des Treuhandfonds Banco
Piano XXI in Höhe von $ 69.387.415. Für den Koupon VDF A, mit
einer Laufzeit von 4,82 Monaten, wurden $ 52,04 Mio. emittiert bei
einem Satz von 13,15%. Der Koupon VDF B erreichte $ 10,41 Mio.
bei einem Satz von 14,98% und einer Laufzeit von 11,21 Monaten.
Ebenfalls wurden Anteilscheine für $ 6.94 Mio. untergebracht.
Noble
Die chinesische Firma Noble investiert u$s 50 Mio. im Bau eines
Biodieselwerks in Timbúes, in der Nähe von Rosario, teilte am Mittwoch die Präsidentin Cristina Kirchner mit. Dort betreibt Noble
bereits seit 2006 eine Fabrik für die Verarbeitung von Ölsaaten,
vornehmlich Sojabohne.
Sherwin Williams
Diese Firma entwickelte nach einer Gesamtinvestition von u$s
6,5 Mio unter dem Namen Loxon Larga Duración, eine neue Produktlinie, die auch exportiert werden soll. Die Produkte heissen
Loxon Larga Duración Anti-Manchas, Hidro-Repelente y Súper Elástico. Alle verfügen über die neu entwickelte Technologie der sogenannten „intelligente Partikeln“. Das Verfahren wurde
im firmeneigenen Labor in Ciu-dadela, Provinz Buenos Aires, entwickelt. Der Präsident von Sherwin Williams für Argentinien und
Uruguay, Alberto Benavídez, versicherte, dass seine Firma jetzt ganz
oben im Markt von Hochleistungsfarben mitspielt.
Saint Gobain Sekurit
Dieses französische Unternehmen hat die Errichtung einer Fabrik
für Windscheiben für Fahrzeuge nördlich der Bundeshauptstadt angekündigt, die eine Investition von E 25 Mio. darstellt und etwa eine
Million Windscheiben pro Jahr erzeugen soll, von denen etwa
200.000 für den Export bestimmt sind. Die Firma ist auf diesem Markt
weltweit führend, mit 40 Fabriken und einem Umsatz von E 1,6 Mrd.
Grimoldi
Dieses traditionelle Schuhunternehmen, mit Fabriken und zahlreichen Verkaufsstellen, hat 16,67% von Outdoors gekauft, womit sie das
ganze Kapital besitzt. Dieses Unternehmen widmet sich der Fabrikation, dem Verkauf, dem Import und Export von Schuhen und Bekleidung.
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Sonnabend, 25. Juni 2011
Eckpunkte der Zahlungsbilanz im 1. Quartal 2011
z Die Leistungsbilanz wies ein Defizit von
u$s 673 Mio. aus, gegen u$s 486 Mio. in
der gleichen Vorjahresperiode. Dieses Defizit ergibt sich aus einem Überschuss der
Handelsbilanz von u$s 2,46 Mrd. und einem negativen Saldo bei Frachten, Tourismus, Versicherungen, Zinsen, Gewinnen
und Gebühren von netto u$s 3,13 Mrd., von
denen u$s 510 auf Dienstleistungen
(Frachten, Tourismus, Versicherungen
u.a.) und der Rest auf Zahlung von Zinsen, Dividenden und Gewinne entfallen.
z Die Überweisung von Gewinnen und Dividenden (hauptsächlich von lokalen Fili-
alen an ihre Muttergesellschaften im Ausland) plus Zinsen betrugen u$s 2,5 Mrd.,
was hochgerechnet auf das ganze Jahr u$s
10 Mrd. ausmachen würde, gegen u$s 7,18
Mrd. im Jahr 2010. Diese finanziellen Überweisungen haben eine steigende Tendenz:
2007 waren es u$s 5,24 Mrd., 2008 u$s 6,09
Mrd und 2009 u$s 6,63 Mrd.
z Die Kapitalbilanz (Kapitalüberweisungen
in beiden Richtungen plus Kredite) ergab
ein Saldo von u$s 153 Mio., das die Auslandsverschuldung (des Staates und der Privatwirtschaft) auf u$s 130,8 Mrd. angehoben hat.
Der Saldo des nicht finanziellen Privatsektors ergab einen Überschuss von u$s 37
Mio., gegen ein Minus von u$s 1,04 Mrd.
in der gleichen Vorjahresperiode. Dieser
Saldo ergibt sich aus der Kapitalflucht plus
Krediten an ausländische Unternehmen,
auf der einen Seite, und direkten Auslandsinvestitionen und Krediten aus dem Ausland, auf der anderen. Doch dabei spielen
auch Zahlungen eine Rolle, die sich bei
unterfakturierten Importen ergeben, die
statistisch nicht erfasst werden und in der
Zahlungsbilanz als Kapitalflucht erscheinen.
z
36 neue Hotels in Buenos Aires
Das Tourismusamt der Stadt Buenos Aires hat mitgeteilt, dass bis
Anfang 2013 36 neue Hotels in der Stadt Buenos Ares eingeweiht
werden, 20 davon noch in diesem Jahr. Es handelt sich um Investitionen von insgesamt u$s 490 Mio. Es sind zum grössten Tel 4 und 5Sterne-Hotels, mit einem von 6 Sternen (das Mayan Resort), eine
Kategorie, die es formell nicht gibt, die noch mehr Luxus bieten
soll. Diese Hotels werden insgesamt 2.500 Zimmer haben, in denen
bis zu 5.000 Gäste aufgenommen werden können. Die neuen Hotels
konzentrieren sich in den Stadtvierteln Puerto Madero, Recoleta und
Palermo, wobei eines, benannt „Boca Juniors“ auf der Tacuarí Höhe
200 errichtet wird, also im Stadtzentrum.
Die Stadt zählt gegenwärtig 460 Hotels, die insgesamt 25.939
Zimmer haben. Die vorgesehene Zunahme beträgt 10%, was sehr
viel ist, nachdem schon seit Jahren ein Hotelboom eingesetzt hat.
Vor 40 Jahren hatte die Stadt Buenos Aires nur zwei 5-Sterne-Hotels, nämlich das Plaza und das Alvear. Als erstes kam das Sheraton
in Retiro hinzu, und dann folgten andere, wie das Elevage und viele
Jahre später das Hyatt (das später in Four Seasons umgetauft wurde,
wobei die Marke Hyatt auf ein anderes neues Hotel überging), und
dann Cesar Park, Intercontinental, Hilton, Sofitel u.a. Insgesamt sind
es über ein Dutzend. Abgesehen von den Luxushotels entstanden
auch viele 2 und 3-Sterne-Hotels, und auch Apart-Hotels. Der Hotelboom, der in den 90er Jahren mit grosser Wucht auftrat, und auch
ab 2000 weiterging (ab 2008 wurden in der Stadt u$s 1,12 Mrd. in
neuen Hotels investiert) erstreckt sich auf das ganze Land. Man frägt
sich gelegentlich, woher so viele wohlhabende Touristen kommen,
die u$s 200 bis u$s 400 (und gelegentlich noch mehr) für eine Übernachtung bezahlen können. Dieses weltweite Phänomen zeugt von
einer neuen Weltkonstellation, in der es viel mehr sehr reiche Menschen gibt, die viel reisen. Viele suchen dabei neue Reiseziele, zu
denen Buenos Aires gehört, nachdem sie schon sehr oft in den traditionellen waren.
Die Zahl der einreisenden Touristen hat in den letzten Jahren stark
zugenommen. Hernan Lombardi, Kulturminister der Stadt und Vorsitzender des städtischen Tourismusamtes, der selber ein Hotel besitzt, wies darauf hin, dass die Zahl der Touristen, die die Bundeshauptstadt 2010 besuchten, davon 3 Mio. Ausländer, gegenüber 2009
um 17,2% auf 4,68 Mio. stieg. Zum Vergleich: in Madrid waren es
7,19 Mio. und in Barcelona 6,48 Mio. Ob die Touristen hinzugezählt wurden, die in Kreuzern kommen, für die am Hafen von Buenos Aires eine besondere Landestelle gebaut wurde, und für etwa
zwei Tage die Stadt besuchen, wurde nicht geklärt. Diese schwimmenden Hotels haben in der Regel eine Kapazität von etwa 2.000
Passagieren, und jedes Jahr nimmt die Zahl der Kreuzer weiter zu.
Die Touristen haben gemäss offiziellen Schätzungen 2010
insgesamt u$s 3,5 Mrd. in der Stadt ausgegeben, 38,20% mehr als
2009. Davon entfielen u$s 2,5 Mrd. auf ausländische Touristen. Diese
Ausgaben stellen bei der Zahlungsbilanz Einnahmen dar, die im Wesen Exporten entsprechen.
Von den Auslandstouristen entfielen 2010 874.747 auf Brasilien,
248.250 auf die USA, 220.477 auf Chile, 134.566 auf Spanien, 99.096
auf Italien, 79.600 auf Uruguay, 84.548 auf Peru, 83.271 auf Kolumbien, 74.357 auf Frankreich und 62.858 auf Deutschland. Es fällt
auf, dass so viele Touristen aus südamerikanischen Ländern kamen.
Doch die grossen Hotels wurden vorwiegend von Nordamerikanern
und Europäern beansprucht.
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Sonnabend, 25. Juni 2011
WIRTSCHAFTSÜBERSICHT
Der Staat braucht den freien Kapitalmarkt nicht
Seit einiger Zeit kommt die Lesart auf, der argentinische Staat
müsse bald wieder Wertpapiere auf dem internationalen Kapitalmarkt
unterbringen, da Mittel für die Zahlung der Amortisation der Staatsschuld in Dollar fehlen. Es hiess zunächst, noch in diesem Jahr müssten Bonds oder andere Wertpapiere für u$s 6 Mrd. ausgegeben werden. Danach wurde dies auf 2012 verschoben, wobei von einem Fehlbetrag von u$s 7 Mrd. die Rede war.
Halten wir zunächst fest, dass der Zugang zum internationalen
Kapitalmarkt für Argentinien weiter gesperrt ist. Die Default-Überwindung, mit einem Schnitt von etwa zwei Dritteln der Staatsschuld
und einem fortdauernden Betrug an den Gläubigern (durch gefälschte
Indexierung bei den Pesobonds, die mit dem CER-Index berichtigt
werden, der dem Index der Konsumentenpreise entspricht) und auch
das Verhalten des Staates bei Prozessen, die vor dem Weltbankschiedsgericht und gewöhnlichen Gerichten in den USA u.a. Staaten
ausgetragen werden, schliessen den Zugang zum Kapitalmarkt aus.
Und auch wenn es gelingen würde, Ausnahmebedingungen für eine
Bondsemission zu schaffen, so müsste Argentinien wohl 15% und
mehr zahlen, was einen schwarzen Schatten auf das Land wirft und
das angeschlagene Vertrauen noch mehr schwächt.
Die argentinische Staatsschuld wird gegenwärtig offiziell mit 35%
des BIP angegeben. Wenn man noch Schulden hinzufügt, die hier
nicht berücksichtigt werden, so gelangt man bestenfalls auf 40%.
Das ist für Argentinien durchaus tragbar, umso mehr als fast die Hälfte
der Schuld innerstaatlich ist (Schatzamt gegenüber ZB, ANSeS, Banco Nación u.a. Staatsämtern). Aber die Möglichkeit, Geld auf dem
freien Kapitalmarkt aufzunehmen, ist gegenwärtig ausgeschlossen,
und das ist im Grunde gut so. Die Tatsache, dass sich viele Staaten,
gewiss nicht nur der argentinische, leichtfertig gegenüber Banken
und auch über den Kapitalmarkt gegenüber allerlei Anlegern verschulden konnten, hat ein böses Ende gehabt, oder wird es in einigen
Fällen noch haben. Es war für viele eine teure Lehre. Das Ergebnis
ist, dass die Staaten jetzt die Staatsfinanzen ernst nehmen müssen.
Abgesehen davon braucht Argentinien dieses Geld nicht. Gewiss
ist es möglich, dass zeitweilig Reserven eingesetzt werden müssen,
so dass diese sinken. Aber dafür sind sie schliesslich da. Bei einem
Reservenstand von über u$s 50 Mrd. ist es keine Tragödie, wenn sie
um u$s 5 Mrd. oder sogar etwas mehr sinken.
Der strukturelle Handelsbilanzüberschuss
Argentinien weist gegenwärtig einen strukturellen Überschuss bei
der Handelsbilanz auf, der sich aus einer starken Zunahme der Produktion von Getreide, Ölsaaten und auch Bergbauprodukten
(besonders Kupferkonzentrat und Gold) ergibt, die zu sehr hohen
Preisen exportiert werden, die in vielen Fällen mehr als doppelt so
hoch wie vor einigen Jahren liegen. Die internationale Konstellation, mit einem weiter andauernden Wachstum von China, Indien u.a
Ländern, deutet auch für die kommenden Jahre auf eine hohe Nachfrage hin. Allein die Sojabohnenproduktion hat sich in 15 Jahren
vervierfacht, und der Preis ist mehr als doppelt so hoch.
Was die landwirtschaftliche Produktion betrifft, so sind die klimatischen Bedingungen weiter günstig, mit guter Bodenfeuchtigkeit
während der bevorstehenden Saatperiode. Es müsste schon eine
schlimme Dürre kommen, damit die Ernten stark zurückgehen. Ausserdem dehnt sich der technologische Fortschritt, der die argentinische Landwirtschaft grundsätzlich verändert hat, immer weiter aus,
weil Landwirte, die dabei zurückgeblieben sind, ihre erfolgreichen
Kollegen nachahmen. Die zahlreichen CREA-Gruppen, die sich um
Erfahrungsaustausch kümmern, fördern diese Entwicklung ganz
besonders. Ausserdem gibt es ununterbrochen neue technologische
Fortschritte, die sich auf Samen und Chemikalien für die Landwirtschaft beziehen. Die diesjährige Gesamternte von Getreide und Ölsaat schliesst leicht unter den 100 Mio. t ab, und die kommenden
dürften darüber liegen, sofern die Regierung bei ihren Bemühungen,
dies zu verhindern, nicht erfolgreich ist. Experten meinen, Argentinien sei nicht so weit von 150 Mio. t entfernt.
Auch der Bergbau schreitet ständig voran, angespornt durch die
gegenwärtig anormal hohen Metallpreise. Der Goldpreis hat sich in
wenigen Jahren verfünffacht und liegt nahe den u$s 1.500 pro Unze
Feingold. Die Kosten der Goldförderung liegen in Argentinien um
die u$s 300 pro Unze, eventuell u$s 400 bis u$s 500 bei Vorkommen
mit geringem Goldgehalt, so dass ein hoher Gewinn für die Unternehmen entsteht, die das Gold fördern, wie auch für die Provinzstaaten (die 3% auf den Wert des geförderten Goldes erhalten, berechnet
auf der Grundlage des Weltmarktpreises minus Transport u.a. Kosten, die ab Förderung entstehen) und für den Nationalstaat (der mit
35% am Gewinn beteiligt ist). Auch der Kupferpreis ist stark gestiegen und liegt etwa doppelt so hoch wie vor einigen Jahren. Schliesslich sind die Preise vom Lithium, Molibdän u.a. Metallen, die Argentinien auch zunehmend produziert, besonders stark gestiegen.
Diese Marktkonstellation hat zu einem erhöhten Interesse für Bergbauinvestitionen geführt.
Die Regierung handelt jedoch, wie wenn der Export nicht ausreichen würde, um den Importbedarf u.a. grenzüberschreitende Zahlungen zu decken, und führt konsequent eine Politik der Importsubstitution durch, deren Wirkung eine geringere Importzunahme ist,
als sie normalerweise eintreten würde. Das erhöht die Wirkung der
hohen Exporterlöse auf die Handelsbilanz. Bei der bestenden Handelsbilanzlage kann man am Sinn dieser Politik zweifeln.
Zahlungsbilanz und Kapitalflucht
Der Handelsbilanzüberschuss, der auch dieses und nächstes Jahr
u$s 10 Mrd. übersteigen sollte, überträgt sich auf die Zahlungsbilanz. Die Leistungsbilanz weist ein negatives Saldo auf, wegen Frachten, Zinszahlungen, Gewinnüberweisungen, Gebühren für Technologie und Marken und auch Tourismus. Doch auf diesem Gebiet findet in den letzten Jahren ein Ausgleich durch den Einreisetourismus
statt, der stark in Schwung gekommen ist und vom Bau einer Unmenge neuer Hotels begleitet wurde. Der Hotelbau dauert weiter an,
so dass offfensichtlich mit noch mehr Touristen gerechnet wird.
Das Problem der Zahlungsbilanz besteht schliesslich nur in der
hohen Kapitalflucht, die gegenwärtig auf leicht über u$s 1 Mrd. pro
Monat angegeben wird. Dabei handelt es sich zum Teil um echte
Übertragung von Sparguthaben ins Ausland (oder in ausländische
Geldscheine), zum Teil um Nichterneuerung von Auslandskrediten
durch lokale Unternehmen und zum Teil um Zahlung von Differenzen, die wegen Unterfakturierung beim Import eintreten, aber von
der ZB nicht als solche gebucht werden. Die ZB, die AFIP und jetzt
auch das Amt für Verhinderung der Geldwäsche (UIF, Unidad de
Información Financiera), bemühen sich, die Überweisungen, die eine
echte Kapitalflucht darstellen, zu verhindern, sind dabei jedoch nicht
besonders erfolgreich.
Ein kapitalhungriges Land wie Argentinien sollte eine positive
Kapitalbilanz haben, mit mehr Kapitalzufluss (direkte Investitionen
und Kredite) als Kapitalflucht. Es sollte nicht so schwierig sein, dies
herbeizuführen, umso mehr als in einer stark wachsenden Wirtschaft
Sonnabend, 25. Juni 2011
wie die argentinische viele interessante Investitionsmöglichkeiten
bestehen und ständig neue auftauchen. Dies hängt besonders mit der
Rechtssicherheit zusammen, um die es unter den Kirchners schlecht
bestellt ist. Mit einer anderen Regierung (Duhalde oder Alfonsín)
könnte dies leicht behoben werden. Cristina Kirchner kann in dieser
Beziehung hingegen nicht über ihren Schatten springen.
Die bestehenden
Finanzierungsmöglichkeiten
Die lokalen Unternehmen sollten die Möglichkeit haben, Kredite
(in Dollar) zu günstigeren Bedingungen aufnehmen können, als sie
den Sparern bei normalen Anlagen im Ausland geboten werden, auch
bei Berücksichtigung der Bank- oder Maklermarge. Die international Finanzwelt ist flüssig, umso mehr als die Banken jetzt vorsichtiger bei der Kreditgewährung geworden sind und Sicherheit vor Rentabilität stellen, so dass die Zinsen, die die Banken im Ausland für
Depositen zahlen, niedrig sind, und auch die Investmentfonds, die
früher viele Anleger anzogen, weil sie eine höhere Rentabilität in
Aussicht stellten, jetzt ein gewisses Misstrauen verursachen.
In diesem Sinn würde eine Ausweitung der Möglichkeiten der
Banken, lokale Kredite in Dollar zu vergeben (z.B. für Finanzierung
lokal erzeugter Kapitalgüter oder von Arbeitskapital von Exportbranchen) auch dazu führen, dass die Dollardepositen bei lokalen Banken zunehmen, weil die Banken dann höhere Zinsen zahlen könnten,
und diese Mittel in Argentinien eingesetzt werden. Eventuell könnte
somit Dollardepositen von Personen, die in Argentinien wohnhaft
sind, in den USA und der EU auf solche bei argentinischen Banken
übertragen werden. Gewiss wirkt hier noch das tiefe Misstrauen, das
auf die Erinnerung an die Umwandlung von Dollardepositen in Pesos zum Kurs von eins zu eins, mit gleichzeitiger Depositeneinfrierung, zurückzuführen ist. Deshalb ist nicht an eine Dollarisierung
der Depositen wie die der 90er Jahre zu denken, wohl aber an wesentlich höhere Dollardepositen, als der bescheidene Gesamtbetrag,
der jetzt besteht. Immerhin sollte die Gefahr der Wiederholung jenes Wahnsinns bei der gegenwärtigen Zahlungsbilanzlage gebannt
sein. Allerdings müsste auch die Möglichkeit gegeben werden, diese
Depositen steuerlich zu schützen, sei es über eine Weisswaschung
oder sonstwie. Der jüngste Impuls der Bekämpfung der Geldwäsche
wirkt hier gegen die Interessen der argentinischen Wirtschaft. Es
müsste eine Kompromisslösung gesucht werden; doch gerade das ist
bei dieser Regierung nicht zu erwarten.
Wenn es schliesslich zu einer Einigung mit dem Pariser Klub
kommt, wie sie Wirtschaftsminister Boudou noch für dieses Jahr in
Aussicht stellt, dann sollte Argentinien wieder weiche Kredite (auf 5
bis 12 Jahre, zu Zinsen zwischen 5% und 8%) für den Import von
Kapitalgütern erhalten. Das wirkt sich dann auf die Kapitalbilanz
aus. Auch der Staat kann Kredite dieser Art erhalten, für die Finanzierung von Kraftwerken und allerlei Kapitalgütern. Nach einem
Jahrzehnt, während dem diese Kredite unterbrochen waren, kann man
annehmen, dass der Nachholbedarf sich auswirkt.
Abgesehen von diesen Krediten kann auch daran gedacht werden, schwarze Auslandsguthaben für die Finanzierung von Kapitalgüterimporten einzusetzen. Das gab es schon unter der peronistischen Regierung (1946-55) in Form von sogenanten „Importen ohne
Deviseneinsatz“, was ein Euphemismus für die Verwendung schwarzer Auslandsdepositen war. Dabei wurden die finanziellen Mittel,
die verwendet wurden, weiss-gewaschen. Es ist von einem pragma-
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tischen Standpunkt gewiss besser, Maschinen im Land zu haben, als Dollardepositen im Ausland.
Argentinien hat auch die
Möglichkeit, einen höheren Kreditbetrag von der Weltbank und
der Interamerikanischen Entwicklungsbank (BID) zu erhalten. Man muss sich nur in diesem Sinn bemühen, mit vielen
guten Projektstudien (für die private Consulting-Firmen verpflichtet werden müssen, da der Staat nicht in der Lage ist, sie durchzuführen), die diesen Banken dann erlauben, die Kreditanträge zu
prüfen und kurzfristig zu erledigen. Auch dies würde gleichzeitig
zur Zahlungbilanz beitragen.
Die argentinische Regierung kann somit ohne Schwierigkeiten ihre
Politik fortführen, die Amortisation der staatlichen Auslandsschulden mit ZB-Reserven zu zahlen und sie intern durch eine Verschuldung des Schatzamtes gegenüber der ZB zu ersetzen. In letzter Zeit
entsprachen diese Amortisationen der Staatsschuld etwa dem Zahlungsbilanzüberschuss, so dass die Währungsreserven praktisch unverändert blieben. Und das dürfte auch in Zukunft, und auf längere
Zeit hinaus, so sein.
Die Gefahr der „holländischen Krankheit“
Die effektive Gefahr besteht eher in einem zu hohen Zahlungsbilanzüberschuss, der dann monetär nicht mehr mit Amortisation von
staatlichen Dollarschulden und der Ausgaben von ZB-Wechseln ausgeglichen werden kann, da letzteres auch Grenzen hat. Denn dabei
werden die Finanzierungsmöglichkeiten der Banken für die Privatwirtschaft eingeschränkt, und das wirkt gelegentlich rezessiv.
Das Gespenst der „holländischen Krankheit“ ist in Argentinien
stets präsent. Diese besteht in einem strukturellen Zahlungsbilanzüberschuss, der in anderen Ländern durch die Erdölhausse ausgelöst
wurde und in Argentinien durch den stark erhöhten Erlös des Exportes von Getreide, Ölsaaten und Bergbauprodukten. Dieser Überschuss
drückt auf den Wechselkurs und schafft Probleme für den Export im
Allgemeinen und besonders für die Industrie, die dabei auch ihre
Konkurrenzfähigkeit gegenüber importierten Produkten einbüsst. Das
versucht die Regierung durch verschiedene Importhemmungen und
Bindung bestimmter Importe an Exporte zu verhindern. Dies führt
jedoch zu einem noch höheren Handelsbilanzüberschuss und einem
grösseren Druck auf den Wechselkurs, verschärft also schliesslich
die holländische Krankheit.
Sollte trotz allem doch ein Zahlungsbilanzdefizit eintreten, so verbleibt schliesslich immer noch die Möglichkeit stärker abzuwerten
und auf diese Weise den Import zu beschränken und den Export (und
den Einreisetourismus) zu fördern. Wirtschaftsminister Boudou hat
erklärt, dass weiter und auf längere Zeit nur wenig abgewertet werden soll. Die Wirtschaftswelt denkt offensichtlich auch so, was im
anormal niedrigen Dollarterminkurs zum Ausdruck kommt, der eine
jährliche Abwertung von etwa 11% vorwegnimmt, etwa halb so viel
wie die interne Inflation. Dies widerspricht offen den Voraussagen
über die Notwendigkweit des Zuganges des Staates zur Finanzierung über den freien Kapitalmarkt.