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DNotI
Deutsches Notarinstitut
Dokumentnummer:
letzte Aktualisierung:
14123
22.11.2002
EGBGB Art. 25
USA/Florida; Nachlassabwicklung bei Grundbesitz in Florida
I.
Zum Sachverhalt
Ein deutscher Staatsangehöriger war Eigentümer von zwei Grundstücken in Florida. Erbin
des Erblassers ist seine Ehefrau. Die Erbenstellung ist durch einen Erbschein nachgewiesen.
Die Erbin ist in der Zwischenzeit verstorben. Sie hinterlässt eigene Kinder. Der in Florida
belegene Grundbesitz soll nunmehr auf die Kinder umgeschrieben werden.
II. Fragestellung
1.
Kann aufgrund eines deutschen Erbscheins der Grundbesitz in den USA umgeschrieben
werden?
2.
Auf welche Art und Weise erfolgt die Nachlassabwicklung in den USA?
III. Zur Rechtslage
1.
Ermittlung des anwendbaren Erbrechts
a) aus der Sicht des deutschen Rechts
Für die Rechtsnachfolge von Todes wegen nach einem deutschen Staatsangehörigen verweist Art. 25 Abs. 1 EGBGB auf das deutsche Recht. Dieses Gesamtstatut
wird gem. Art. 3 Abs. 3 EGBGB durchbrochen, wenn sich Vermögensgegenstände
in einem anderen Staat befinden und nach dem Recht des ausländischen Lagerotes
„besonderen Vorschriften“ unterliegen. Als solche besondere Vorschriften sind
nach ganz h. M. nicht nur materiell-rechtliche Sondervorschriften für die Erbfolge
anzusehen, sondern auch die besondere kollisionsrechtliche Anknüpfung für die
Rechtsnachfolge von Todes wegen an das Recht des Lageortes (Nachlassspaltung
vgl. BGH, IPRax 1994, 375; BayObLG, Rpfleger 1997, 68; OLG Zweibrücken,
FamRZ 1998, 263; Haas, ZNotP 2002, 206, 209 f.; Palandt/Heldrich, Art. 25
EGBGB Rn. 3), wie dies typischerweise im anglo-amerikanischen Rechtskreis,
teilweise im romanischen Rechtskreis und im ehemals sozialistischen Rechtskreis
für unbewegliches Vermögen gilt (vgl. zu der kollisionsrechtlichen Anknüpfung
nach dem Recht des US-Staates Florida unten Buchstabe b).
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mr pool Gutachten/14123.doc
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Hat also ein deutscher Staatsangehöriger Grundbesitz in den USA hinterlassen, so
gilt abweichend von der Anknüpfung nach Art. 25 Abs. 1 EGBGB für den betreffenden Grundbesitz das ausländische Belegenheitsrecht (hier: das Recht des USStaates Florida).
b) aus der Sicht des Rechts des US-Staates Florida
Das internationale Erbrecht ist in den US-Staaten nicht einheitlich geregelt.
Gleichwohl gelten für das auf die Erbfolge anwendbare Recht im Wesentlichen die
gleichen aus dem englischen common law stammenden Grundsätze. Hiernach wird
die Erbfolge des beweglichen Vermögens (movables) und des unbeweglichen Vermögens (immovables) getrennt angeknüpft. Dies gilt sowohl für die testamentarische als auch für die gesetzliche Erbfolge (Hay, US-amerikanisches Recht, 2.
Aufl. 2002, Rn. 273 – 275; Staudinger/Hausmann, Anh. zu Art. 4 EGBGB, Rn. 72,
92; Staudinger/Dörner, Anh. zu Art. 25 f. EGBGB Rn. 659).
Aus der Sicht des US-Staates Florida gilt für die Rechtsnachfolge von Todes wegen
in die in Florida belegenen Grundstücke somit das Recht von Florida.
2.
Erbscheinserteilung nach deutschem Recht
Nach der herrschenden Auffassung in der Rechtsprechung (die in der Literatur heftig
bestritten wird) folgt die internationale Zuständigkeit deutscher Nachlassgerichte dem
anwendbaren Recht (sog. Gleichlaufgrundsatz; BayObLG ZEV 1999, 487; KG NJW
1970, 391; OLG Hamm OLGZ 1973, 289; OLG Zweibrücken FamRZ 1998, 264; OLG
Brandenburg FamRZ 1998, 1986). Grundsätzlich sind damit deutsche Nachlassgerichte
nur interna tional zuständig, wenn deutsches Erbrecht anzuwenden ist. Nach den verstorbenen Eltern gilt gem. Art. 25 Abs. 1 EGBGB das deutsche Erbrecht (vgl. dazu
oben Ziff. 1. a). Allerdings gilt dies nicht für das in Florida belegene Immobiliarvermögen, da für die Rechtsnachfolge von Todes wegen hinsicht lich dieser Gegenstände
gem. Art. 3 Abs. 3 EGBGB das Erbrecht des US-Staates Florida anwendbar ist (vgl.
dazu oben Ziff. 1. a).
In einem deutschen Erbschein wird nach h. M. in der Rechtsprechung ein einschränkender Vermerk angebracht, der bestimmt, dass der Erbschein nicht für das in Florida
belegene Immobiliarvermögen gilt (vgl. BayObLGZ 1982, 238; KG OLGZ 1984, 431;
Staudinger/Dörner, Art. 25 EGBGB Rn. 827). Ein solcher Geltungsvermerk hat lediglich deklaratorischen Charakter, weil ein Eigenrechtserbschein nach § 2353 BGB lediglich die (nach deut schem Recht eingetretene) Erbenstellung einer Person bezeugt und
die Zugehörigkeit bestimmter Gegenstände zum Nachlass nicht ausweist (Staudinger/Dörner, a. a. O.). Dass in bestimmte Nachlassgegenstände eine Sondererbfolge nach
fremdem Recht eingetreten ist, verlautbart der Eigenrechtserbschein dagegen von vornherein nicht (Staudinger/Dörner, a. a. O.).
3.
Nachlassabwicklung in Florida
a) Probate and Administration
Die Nachlassabwicklung nach US-amerikanischem Recht unterscheidet sich deutlich von derjenigen nach deutschem Recht. Das US-amerikanische Recht kennt
keinen Von-Selbst-Erwerb der Erben; vielmehr hat eine treuhänderisch tätige Per-
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son (personal representative) den Nachlass abzuwickeln. Das Verfahren umfasst
bei der testamentarischen Erbfolge die Prüfung der Wirksamkeit des Testamentes
(probate) sowie das Verfahren der Nachlassabwicklung (administration). Der personal representative kann vom Erblasser im Testament bestimmt werden; man bezeichnet ihn dann als „executor“. Ist kein executor vom Erblasser im Testament bestimmt, so ernennt das Nachlassgericht einen administrator, der die Aufgaben der
Nachlassabwicklung (administration) übernimmt.
b) Ernennung des administrator
Das Erbrecht von Florida, das in den Florida Statutes, Title XLII, Estates and
Trusts, chapter 731 ff., geregelt ist, enthält einige Bestimmungen über die Frage,
wann eine administration angeordnet wird und wer zum personal representative
(executor oder administrator) bestellt werden kann (Nachweis gemäß der Internetseite des Senats von Florida: http://www.flsenate.gov/statutes/index.cfm?Mode=
ViewStatutes&Submenu=1)
733.202 Petition.—
Any interested person may petition for administration.
733.302 Who may be appointed personal representative.—
Subject to the limitations in this part, any person who is sui juris and is a resident
of Florida at the time of the death of the person whose estate is to be administered is qualified to act as personal representative in Florida.
733.303 Persons not qualified. -(1) A person is not qualified to act as a personal representative if the person:
(a) Has been convicted of a felony.
(b) Is mentally or physically unable to perform the duties.
(c) Is under the age of 18 years.
(2) If the person named as personal representative in the will is not qualified,
letters shall be granted as provided in s. 733.301.
733.304 Nonresidents.--A person who is not domiciled in the state cannot qualify as personal representative unless the person is:
(1) A legally adopted child or adoptive parent of the decedent;
(2) Related by lineal consanguinity to the decedent;
(3) A spouse or a brother, sister, uncle, aunt, nephew, or niece of the decedent, or
someone related by lineal consanguinity to any such person; or
(4) The spouse of a person otherwise qualified under this section.
Auch wenn die Kinder der verstorbenen Eltern keinen Wohnsitz in Florida haben,
können sie nach § 733.304 der Florida Statutes zum administrator bestellt werden.
Hatte der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes kein domicile in Florida, so greifen
die besonderen Vorschriften über die „ancillary administration“ ein. Sofern der
Erblasser in seinem Testament einen personal representative benannt hat, soll diesem das Nachweisdokument über seine Rechtsstellung als personal representative
(ancillary letters) erteilt werden. Voraussetzung für die Anerkennung des personal
representative ist allerdings, dass dieser die persönlichen Voraussetzungen erfüllt
(vgl. dazu sec. 733.302 – 733.304 der Florida Statutes; s.o.). Die maßge benden
Vorschriften über die ancillary administration haben folgenden Wortlaut:
Seite 4
734.102 Ancillary administration.-(1) If a nonresident of this state dies leaving assets in this state, credits due from
residents in this state, or liens on property in this state, a personal representative
specifically designated in the decedent's will to administer the Florida property
shall be entitled to have ancillary letters issued, if qualified to act in Florida.
Otherwise, the foreign personal representative of the decedent's estate shall be
entitled to have letters issued, if qualified to act in Florida. If the foreign personal
representative is not qualified to act in Florida and the will names an alternate or
successor who is qualified to act in Florida, the alternate or successor shall be
entitled to have letters issued. Otherwise, those entitled to a majority interest of
the Florida property may have letters issued to a personal representative selected
by them who is qualified to act in Florida. If the decedent dies intestate and the
foreign personal representative is not qualified to act in Florida, the order of preference for appointment of a personal representative as prescribed in this code
shall apply. If ancillary letters are applied for by other than the domiciliary personal representative, prior notice shall be given to any domiciliary personal representative.
(2) Ancillary administration shall be commenced as provided by the Florida Probate Rules.
(3) If the will and any codicils are executed as required by the code, they shall be
admitted to probate.
(4) The ancillary personal representative shall give bond as do personal representatives generally. All proceedings for appointment and administration of the
estate shall be as similar to those in original administrations as possible.
(5) Unless creditors' claims are otherwise barred by s. 733.710, the ancillary personal representative shall cause a notice to creditors to be served and published
according to the requirements of chapter 733. Claims not filed in accordance
with chapter 733 shall be barred as provided in s. 733.702.
(6) After the payment of all expenses of administration and claims against the
estate, the court may order the remaining property held by the ancillary personal
representative transferred to the foreign personal representative or distributed to
the beneficiaries.
(7) Ancillary personal representatives shall have the same rights, powers, and
authority as other personal representatives in Florida to manage and settle estates; to sell, lease, or mortgage local property; and to raise funds for the payment
of debts, claims, and devises in the domiciliary jurisdiction. No property shall be
sold, leased, or mortgaged to pay a debt or claim that is barred by any statute of
limitation or of nonclaim of this state.
734.1025 Nonresident decedent's testate estate with property not exceeding
$50,000 in this state; determination of claims.-(1) When a nonresident decedent dies testate and leaves property subject to administration in this state the gross value of which does not exceed $50,000 at the
date of death, the foreign personal representative of the estate before the expiration of 2 years after the decedent's death may file in the circuit court of the
county where any property is located an authenticated transcript of so much of
the foreign proceedings as will show the will and beneficiaries of the estate, as
provided in the Florida Probate Rules. The court shall admit the will and any codicils to probate if they comply with s. 732.502(1) or (2).
(2) The foreign personal representative may cause a notice to creditors to be served and published according to the relevant requirements of chapter 733. Claims
not filed in accordance with chapter 733 shall be barred as provided in s.
733.702. If any claim is filed, a personal representative shall be appointed as
provided in the Florida Probate Rules.
c) Decree of Distribution
Das probate-Verfahren endet mit einer Aufteilungsverfügung (decree of distribution), die als Nachweis hinsichtlich des Eigentumsrechts des Empfängers (Erben)
gilt (Heiss, in: Schönhofer/Böhner, Haus- und Grundbesitz im Ausland, USA, S.
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55). Aufgrund einer solchen Aufteilungsverfügung kann das Eigentum im Immobiliarregister umge schrieben werden.
4.
Zusammenfassung
Nach unserem Kenntnisstand wird ein deutscher Erbschein (der ohnehin nach deutschem
Recht für den in Florida belegenen Grundbesitz keine Geltung hat; dazu oben Ziffer 2) nicht
ausreic hend sein, um das Eigentum in dem zuständigen Immobiliarregister in Florida umschreiben zu lassen. Vielmehr bedarf es der Durchführung des probate-Verfahrens nach dem
US-amerikanischen Nachlassabwicklungsrecht. Zur näheren Information dürfen wir auf
Erläuterungen zu diesem Verfahren verweisen, die sich im Internet finden(Statewide Probate
Florida (www.statewideprobate.com/faq/faq.htm; Florida Probate & Estate Information
(www.flprobate.com/probate_questions.htm).