Führungskräfte

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Führungskräfte
Führungskräfte
für eine neue
Welt
Was die Zukunft von
Führungskräften verlangt
Die Leadership 2030-Studie von Hay Group zeigt: Um
erfolgreich zu sein, brauchen zukünftige Führungskräfte
eine Fülle von neuen Fähigkeiten und Kompetenzen >>
Inhalt
Einleitung
2
1 Die globalen Machtverhältnisse verschieben sich
5
2 Klimawandel und Rohstoffverknappung verschärfen sich
6
3 Der Kampf um die Talente geht weiter
7
4 Anpassung an die zunehmende Individualisierung
8
5 Digital Natives integrieren
9
6 Technologie für Innovation nutzbar machen
10
Fazit
12
2 Führungskräfte für eine neue Welt | Leadership 2030
Einleitung
Die Führungskräfte der Zukunft werden versierte
konzeptionelle und strategische Denker sein, über absolute
Integrität und intellektuelle Offenheit verfügen, neue Wege
finden, um Loyalität zu schaffen, zunehmend heterogene
und unabhängige Teams führen, die ihnen nicht immer
direkt unterstellt sind, und zugunsten der Zusammenarbeit
innerhalb und außerhalb der Organisation auf eigene
Macht(-ansprüche) verzichten müssen.
Megatrends sind langfristige, umfassende
Prozesse des Wandels im
globalen Maßstab mit
beträchtlichen Folgen.
Genau diese Kombination von Fähigkeiten
und Qualitäten werden Führungskräfte
entwickeln – und damit einen ‘postheroischen’ Führungsstil annehmen
müssen. Einen Großteil jenen Denkens
und Verhaltens, der sie einst an die Spitze
ihrer Organisation gebracht hat, werden sie
schlicht und einfach aufgeben müssen.
Das ist die einzige Chance, um Unternehmen das Überleben und den Erfolg für die
nächsten zwei Jahrzehnte zu sichern. Wenn
Spitzenmanager ihren Führungsstil nicht
ab sofort radikal umstellen, werden ihre
Organisationen das Rennen um Innovation
und den Kampf um Talente verlieren sowie
bei der Globalisierung auf der Strecke
bleiben. Sie werden als Führungskräfte nicht
mehr tragbar sein.
Das ist das Fazit von Hay Group – in einer
gemeinsamen Studie mit dem deutschen
Zukunftsforschungs-Unternehmen Z-Punkt
haben wir Megatrends identifiziert, die
sich unserer Überzeugung nach in den
kommenden Jahrzehnten erheblich auf
Organisationen und ihre Führungskräfte
auswirken werden. Dabei wurden die
einzelnen Auswirkungen jeweils auf
organisatorischer, individueller und
Team-Ebene analysiert.
©2011 Hay Group. All rights reserved
Megatrends sind langfristige, umfassende
Prozesse des Wandels im globalen Maßstab
mit beträchtlichen Folgen. Sie können über
Jahrzehnte beobachtet und mit einem hohen
Wahrscheinlichkeitsgrad auf mindestens 15
Jahre in die Zukunft projiziert werden. Sie
betreffen alle Regionen und Stakeholder,
inklusive Regierungen, Unternehmen und
Einzelpersonen und sie verändern Wirtschaft,
Gesellschaften und Politik fundamental.
Die sechs Megatrends, die Hay Group
identifiziert hat, sind:
1Globalisierung 2.0
2Klimawandel und Auswirkungen auf die Umwelt
3Demografischer Wandel
4Individualisierung und Wertepluralismus
5Digitaler Lebensstil und digitale Arbeitsweise
6Technologiekonvergenz
Einige dieser Trends wurden bereits intensiv
erforscht. Aber sie wurden bisher weder
im Kontext der Unternehmensführung
betrachtet noch wurden diese sechs
Megatrends je gemeinsam in einer Studie
untersucht.
Individualisierung
Digitaler Lebensstil
Demografischer Wandel
Technologiekonvergenz
Globalisierung 2.0
Veränderte
Arbeitsmodelle
Klimawandel
Unternehmensumfeld
Organisation
Individual- und
Teamebene
Führung
Um in der neuen Weltordnung zu
überleben, werden Organisationen
gezwungen sein, ihre Kulturen,
Strukturen, Systeme und Prozesse
radikal umzubauen – sie werden in
Matrixstrukturen führen müssen, in
denen Informationsflüsse innerhalb
von Unternehmen, auf globaler Ebene
in einer Form fließen, die traditionelle
Hierarchien und Berichtslinien obsolet
werden lässt. Führungskräfte werden mehr
durch Einfluss als durch Autorität führen
müssen, was für viele Führungskräfte
alles andere als einfach ist. Doch die
Anforderungen, die das veränderte
Geschäftsklima an die kognitiven,
emotionalen und Verhaltenskompetenzen
der Führungskräfte stellt, sind so
beispiellos wie unvermeidlich. Auf den
folgenden Seiten fassen wir die Megatrends
und ihre Folgen für Organisation und
Führung zusammen.
4 Führungskräfte für eine neue Welt | Leadership 2030
Führungskräfte werden mehrsprachig, flexibel,
international mobil und anpassungsfähig sein
müssen. Doch am wichtigsten überhaupt ist:
Sie werden herausragende Fähigkeiten zur
Zusammenarbeit und zu konzeptionellem
und strategischem Denken aufweisen müssen
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1 Die globalen Machtverhältnisse
verschieben sich
Die Globalisierung geht weiter. Der weltweite Wettbewerb wird
noch härter und die Märkte werden noch diversifizierter werden.
Dennoch verändert sich das Wesen der
Globalisierung – deshalb der Begriff
‘Globalisierung 2.0’ – vor allem durch die
Verschiebung der globalen Machtverhältnisse
zugunsten Asiens und durch den Aufstieg
einer globalen Mittelklasse. Asiatische
Managementpraktiken und -modelle werden
an Einfluss gewinnen; Schwellenländer
handeln zunehmend untereinander, und
obwohl es den Aufstieg einer globalen
Mittelklasse gibt, verhalten sich regionale
Märkte zunehmend idiosynkratisch: d.h. die
lokale ‘Re-Regionalisierung’ wird zu einem
wichtigen Merkmal dieser neuen Weltordnung.
Zudem wird das globale Geschäft riskanter:
je stärker die Vernetzung desto größer die
Gefahr von Finanzkrisen, Pandemien und
Cyberterrorismus.
Die Globalisierung ist unaufhaltsam, und ihr
Fortschreiten wird alles andere als reibungslos
sein. Organisationen müssen äußerst
sensibel sein für sich verändernde politische
und wirtschaftliche Befindlichkeiten in
unterschiedlichen Ländern. Das gilt
insbesondere für Schwellen- und Entwicklungsländer. Denn diese können den globalen
Zugang und die globale Vernetzung zumindest
kurzfristig außer Kraft setzen. Während sich die
Konsumgewohnheiten der neuen Mittelklassen
annähern, unterscheiden sich die Werte in
den Schwellenländern zum Teil erheblich von
denen des Westens.
In der Praxis heißt das, dass weltweite
Unternehmen ihre globalen Strategien an lokale
Märkte anpassen müssen – ein Prozess, bei dem
es hilfreich sein wird, lokale Partizipation bei
Entscheidungen sowie länder- und
funktionsübergreifende Zusammenarbeit
zu fördern und kulturell heterogene
Führungsteams zu bilden. Die Unternehmen
werden außerdem flexibler sein müssen und
wie die Best Global Companies operieren,
die eine abgeflachte Matrix aufweisen und
es ermöglichen, dass Informationen und
Weisungen in alle Richtungen fließen können.
Um (ihre Organisation durch) diese
neue Weltordnung zu steuern, werden
Führungskräfte kognitive Fähigkeiten
und strategisches Denken in einem Maß
benötigen, das bisher ohne Beispiel ist. Gute
Implementierung und Umsetzung reichen
nicht mehr aus – falls sie das je getan haben.
Auch ist diese Aufgabe so groß, dass sie die
Kraft eines einzelnen Menschen übersteigt. Die
Zusammenarbeit einer Reihe unterschiedlicher
Menschen wird essenziell sein, und zwar bereits
in der Phase der Aufgabenstellung. Mit der
Globalisierung 2.0 sind die Zeiten endgültig
vorbei, in denen ein oder zwei ‘Helden’ an
der Spitze einer Organisation die Strategie
diktierten.
So werden Führungskräfte mehrsprachig,
flexibel, international mobil und
anpassungsfähig, kulturell sensibel, gute
Teamworker und hervorragende konzeptionelle
und kontextuelle Denker sein müssen. Zudem
müssen sie heterogene Teams führen können,
die ihnen nicht immer direkt unterstellt sind,
und sie müssen neue Wege finden, persönliche
Loyalität aufzubauen – denn die traditionelle
Loyalität zwischen Arbeitgeber und
Arbeitnehmer löst sich mit der wachsenden
Distanz zwischen beiden Parteien auf.
Denkanstoß
Im Westen schrumpft
die Zahl der Arbeitsplätze; im Osten
müssen Führungskräfte
lernen, in neuen
Märkten zu managen,
weil ihre Unternehmen
Richtung Westen
expandieren. Wie wirkt
sich die zunehmende
Geschwindigkeit der
Globalisierung auf
Ihren heimischen
Markt aus? Wie
reagieren der Staat, Ihr
Unternehmen und Sie
persönlich darauf?
6 Führungskräfte für eine neue Welt | Leadership 2030
2 Klimawandel und Rohstoffverknappung
verschärfen sich
Die Müllberge, die die Industrien und Haushalte der
Schwellen- und Entwicklungsländer produzieren, wachsen –
und damit die Problematik steigender CO2-Emissionen und
Temperaturen.
Gleichzeitig werden die strategischen
Ressourcen wie Wasser, Mineralien,
Metalle und fossile Brennstoffe
immer knapper, die Preise werden
steigen und können schnell regionale
und globale Konflikte auslösen.
Größere Umweltverantwortung und
-verantwortlichkeit werden unvermeidlich
sein, und die Investitionen in saubere
Technologien werden steigen.
Organisationen, die ihren ökologischen
Fußabdruck verringern, werden durch
direkte Vorteile in ihrer Leistung,
ihrem Unternehmensergebnis und
ihrer Wettbewerbsfähigkeit belohnt.
Restrukturierung zugunsten von
Nachhaltigkeit ist zu einem strategischen
Imperativ geworden. Organisationen
werden stärker zusammenarbeiten
müssen, um gemeinsam Lösungen für
Umweltprobleme zu erarbeiten.
Die Unternehmen werden nicht
umhin kommen, zur Ausübung ihrer
Tätigkeit, steigende Kosten in Kauf zu
nehmen – sowohl bei Rohstoffpreisen
als auch bei den Kosten nachhaltigerer,
umweltschonenderer Prozesse.
Führungskräfte werden herausragende
kognitive Fähigkeiten aufweisen müssen,
um den konkurrierenden Anforderungen
an wirtschaftlichen Erfolg, soziale
Verantwortlichkeit und Umweltschutz
gleichgewichtig gerecht zu werden.
Sie müssen zudem als Fürsprecher des
Wandels agieren: d.h. sich für eine
umweltverantwortliche Geschäftspraxis
innerhalb und außerhalb der Organisation
einsetzen, neue Dimensionen der
inner- wie zwischenbetrieblichen
Zusammenarbeit einführen, und in einem
sehr viel stärkeren Maße Teamarbeit
anstelle von Einzelleistungen fördern.
Denkanstoß
Wie wird der Klimawandel Ihre Organisation hinsichtlich der notwendigen
Leistungen für Ihre Mitarbeiter wie Gesundheit, Sicherheit, etc. betreffen?
Wie stark werden reduzierte Margen die Fähigkeit Ihrer Führungskräfte
beeinträchtigen, ihre Ziele zu erreichen?
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3 Der Kampf um die Talente geht weiter
Allgemein gilt: Die Weltbevölkerung wächst und altert.
Doch die demografischen Ungleichgewichte sind groß: In den
Industrienationen des Westens und in China etwa steigt die
Lebenserwartung, aber die Bevölkerungszahl stagniert oder
schrumpft. In den Entwicklungsländern hingegen wächst die
Zahl der Menschen rasant an.
Industrieländer werden an Kompetenzen
verlieren, und ihr Wohlfahrtssystem
wird unter Druck geraten. Die Migration wird zunehmen – nicht nur
aus den bevölkerungsstarken in die
bevölkerungsschwächeren Länder, sondern
auch als Folge von bewaffneten Konflikten,
Katastrophen und Umweltproblemen.
Der ‘Brain Drain’, die Abwanderung
hochqualifizierter Arbeitskräfte, entwickelt
sich immer mehr zu einem ‘Brain Cycle’,
denn eine wachsende Zahl von Migranten
kehrt in ihre Heimatländer zurück, um ihre
neu erworbenen Fähigkeiten in die dortige
lokale Entwicklung einzubringen. Vor
diesem Hintergrund werden qualifizierte
Arbeitskräfte ein Schlüsselfaktor bleiben –
und sie zu halten eine Herausforderung.
Für Organisationen heißt das, dass der
Kampf um die Talente weitergehen wird,
mit erheblichen Auswirkungen auf ihre
Innovationsfähigkeit. Die andere Seite
der Medaille ist ein nie da gewesener
Pool an potenziellen Mitarbeitern,
aus dem Organisationen schöpfen
können. Sie müssen nur hart daran
arbeiten, Migranten aus der ganzen
Welt, Ältere, Frauen, usw. anzuziehen,
zu integrieren und zu entwickeln.
Dazu müssen familienfreundliche und
altersgerechte Arbeitsplatzmodelle eingeführt werden: inklusive Schulungs- und
Entwicklungsprogrammen, z.B. solchen, die
spezifisch auf den Wissenstransfer zwischen
den Generationen ausgerichtet sind.
Führungskräfte werden Teams aus
zunehmend heterogenen Mitarbeitern
verstehen, führen, integrieren und
motivieren müssen. Sie werden das
Teamwork zwischen unterschiedlichen
Generationen und Kulturen fördern
und neue Wege finden müssen, wie sie
Commitment und Loyalität zwischen
Menschen unterschiedlichen Alters,
unterschiedlicher Kulturen und
unterschiedlicher Werte schaffen. Und sie
werden ihre Organisationen so verändern
müssen, dass mehr Frauen und andere
Unterrepräsentierte Führungspositionen
anstreben und übernehmen.
Denkanstoß
Werden Arbeitsplätze so, wie wir sie heute kennen, in Zukunft noch existieren?
Oder werden wir alle unabhängige Vertragspartner sein? Und weder junge noch
ältere Mitarbeiter werden noch lange bereit sein, 12 Stunden am Tag zu arbeiten.
8 Führungskräfte für eine neue Welt | Leadership 2030
4 Anpassung an die zunehmende
Individualisierung
Individualisierung ist die wachsende Wahlfreiheit, die
Menschen von Gesellschaften und Gemeinschaften
erwarten und erhalten.
Beim Bedürfnis nach Selbstverwirklichung
und Selbstentfaltung spielt die Karriere eine
wachsende Rolle; eine Verschiebung, die
eine bessere Vereinbarkeit von Privat- und
Berufsleben fordert sowie den Wunsch
der Menschen, persönliche und berufliche
Ziele miteinander zu verbinden, verstärkt.
Individualisierung wirkt sich stark auf
Loyalität und Leistungsbereitschaft der
Mitarbeiter aus, welche den ‘weichen Faktoren’
wie Anerkennung, Selbstentwicklung,
Eigenverantwortung, wertegesteuertes
Engagement und Work-Life-Balance oft
höhere Bedeutung zumessen als traditionellen
Faktoren wie Bezahlung und Beförderung.
Arbeitsprozesse müssen heute im Sinne des
Menschen und nicht mehr vorrangig im
Sinne des Unternehmens gestaltet werden. Es
müssen Bedingungen geschaffen werden, die
unabhängiges Arbeits- und Zeitmanagement
ermöglichen und so den Mitarbeitern Zeit
für ihre persönlichen Projekte lassen. Mit
der Erkenntnis, dass der kreative Output ein
Haupttreiber wirtschaftlichen Erfolgs ist, steigt
eine neue kreative Klasse auf – die mit ihrer
längeren Ausbildung, mit Karrierebrüchen,
häufigen Arbeitsplatzwechseln und auch
Perioden der Arbeitslosigkeit nicht unbedingt
in die Gussform der konventionellen
Führungsfigur passt. Individualisierung führt
zu dezentralisierten Arbeitsplätzen, die durch
flachere, flexiblere Strukturen, funktionsübergreifende Projektteams und höhere
Fluktuation gekennzeichnet sind.
Die ‘post-heroische’ Führungskraft wird
ihre Rollen als Chef, Mediator und Coach
ausbalancieren und Teams mehr Freiheit und
Autonomie zugestehen müssen – und sie dabei
gleichzeitig auf die Ziele fokussiert halten.
Sie wird auch ihre Kriterien für Führung neu
kalibrieren und ihre Auffassung von Loyalität
und Mitarbeiterbindung überdenken müssen.
Gute menschliche Beziehungen mit aktuellen
und ehemaligen Teammitgliedern müssen
gepflegt werden, um zu verhindern, dass das
Team zerfällt, wenn eines seiner Mitglieder
geht.
Führungskräfte werden härter an der
Herstellung persönlicher Loyalität arbeiten
müssen, indem sie den Ansprüchen der
Mitarbeiter entgegenkommen und ihnen
eine selbstbestimmte Arbeitsweise und
individualisierte Führung ermöglichen. Mit
(ehemaligen) Mitarbeitern, die ihr reguläres
Beschäftigungsverhältnis aufgegeben haben,
müssen Beziehungen jenseits des direkten
Arbeitsumfelds entwickelt und gepflegt
werden, um den Menschen zu zeigen, dass sie
auch weiterhin Wert für das Unternehmen
besitzen. Das Unternehmen zu verlassen
bedeutet nicht länger, ‘abtrünnig’ zu sein.
Denkanstoß
Wie können wir Führungskräfte beibringen, den Menschen näher ins Blickfeld zu nehmen, um
spezifische Bedürfnisse zu verstehen, und gleichzeitig aber die angemessene soziale Distanz zu
halten? Werden wir die Rolle der Führungskraft (als Teamworker, Talente-Entdecker, Coach) von
der des Managers (als Aufgaben-Vorantreiber, Leistungs-Manager, Geld-Geber) trennen müssen?
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5 Digital Natives integrieren
Mit den Neuen Medien verschwinden die Grenzen zwischen
Privat- und Berufsleben.
Die Menschen sind 24 Stunden am Tag ‘on’.
Mehr und mehr Dinge werden virtuell erledigt,
und die Macht verschiebt sich in Richtung
der Mitarbeiter. Insbesondere zugunsten der
aufsteigenden Klasse derjenigen, die im Besitz
des digitalen Know-hows sind, die an jedem
Ort der Welt arbeiten können und fähig sind,
Unmengen von losen digitalen Verbindungen
zu persönlichen und geschäftlichen Kontakten
zu verknüpfen.
Digitales Wissen wird zum Motor der
globalen Wirtschaft, das Internet ermöglicht
unmittelbaren Austausch in Echtzeit. Digitale
Tools bieten billige, einfache und schnelle
Kommunikation, Kooperation, Organisation
und Produktion, und Arbeitsplätze sind nicht
mehr an stationäre, reale Standorte gebunden.
Führungskräfte müssen die Kreativität, die
Neugier und die Offenheit der Digital Natives
aufnehmen und nutzen und ihnen gleichzeitig
Strukturen und – wo nötig – auch Anleitung
bieten. Sie müssen auch die Zusammenarbeit
und den Wissensaustausch zwischen ihnen und
den älteren Mitarbeitern fördern und damit die
Informationslücke, die zwischen ihnen besteht,
schließen. Auf den ersten Blick scheint ihre
Technologiekompetenz die Digital Natives
besser als ihre senioren Kollegen für zukünftige
Führungsaufgaben zu qualifizieren. Dennoch
muss Technologiekompetenz auch mit sozialer
Kompetenz einhergehen.
Führungskräfte werden lernen müssen, aus
der Ferne zu führen, dürfen sich aber nicht
allein auf virtuelle Kommunikation verlassen.
Erst die Kombination von virtuellen und
persönlichen Kontakten ermöglicht beides:
effektives Entscheiden und Aufbau von
Motivation und Loyalität.
In einer zunehmend digitalisierten Welt
verschiebt sich die Macht hin zu den Digital
Natives, die das Internet nutzen können,
um Informationen – positive wie negative
– jederzeit und ohne Verzögerung einem
weltweiten Publikum weiterzuleiten. Integrität
und Aufrichtigkeit in Organisationen werden
damit immens wichtig. Führungskräfte
müssen für digitale Intelligenz sorgen – klare,
transparente und praktische Anleitung für den
Gebrauch der neuen digitalen Technologien
geben – und gleichzeitig als Vorbilder für und
Förderer von maximaler Offenheit, Integrität
und Aufrichtigkeit wirken. Nur so können
sie die Reputation der Organisation in einer
immer transparenteren Welt schützen.
Denkanstoß
Wenn Sie Digital Natives für sich gewinnen, und diese von zu Hause aus
arbeiten, bedeutet dies, dass Sie Ihre Reise- und Verwaltungskosten und
somit Ihren ökologischen Fußabdruck auf Null reduzieren können?
10 Führungskräfte für eine neue Welt | Leadership 2030
6 Technologie für Innovation nutzbar
machen
Mit der Miniaturisierung und Virtualisierung werden Nano-,
Bio-, Informationstechnologien und Geisteswissenschaften
zusammenwachsen, die Innovation beflügeln, und Forschung
und Entwicklung auf vielen Feldern beschleunigen.
‘NBIC’-Technologien fungieren schon heute
als Motor rasanter Fortschritte in Medizin,
Energiewirtschaft, Umweltschutz und
Produktionsprozessen. Ihr Potenzial, auch
andere Bereiche zu verändern, ist gewaltig.
Verwertbares Wissen über komplexe
Technologien wird zu einer unternehmerischen
Schlüsselkompetenz werden, auch auf nichttechnologischen Feldern. Die Komplexität
von NBIC macht den Wissensaustausch
zwischen Unternehmen lebenswichtig.
Unternehmens-Mash-ups (Kooperationen
und branchenübergreifende Partnerschaften)
werden an Normalität gewinnen. Anpassung
wird überlebensnotwendig werden, und die
Bereitschaft, andere Akteure in gemeinsame
Unternehmungen einzubinden, wird zu
offeneren Strukturen und entschablonisierten
Organisationen führen.
Auch wenn sie nicht über jedes Detailwissen
verfügen, müssen Führungskräfte offen sein
für visionäre Ideen – und für sie kämpfen.
Sie müssen zu Innovation und Teamwork
ermutigen und Expertisen innerhalb und
außerhalb der Organisation zusammenführen,
um das Potenzial der konvergierenden
Technologien auszuschöpfen.
Sie werden aufkommende Zweifel bezüglich
der neuen Technologien zerstreuen müssen,
denn gerade diese werden über den Erfolg oder
das Scheitern von Innovationen und neuen
Produkten entscheiden.
Führungskräfte müssen keine Experten
sein, aber sie müssen genug wissen, um
Projekte fokussiert zu halten und um
Meinungsverschiedenheiten zwischen
Teammitgliedern moderieren zu können.
Dabei werden sie mit informellen Mitteln über
funktionale und organisatorische Grenzen
hinweg arbeiten müssen.
Denkanstoß
Sind Sie und Ihre Organisation offen für neue Ideen oder lehnen Sie diese
eher ab, weil Sie tendenziell vorherrschenden Meinungen folgen? Sind Sie
ein Anhänger von ‘Best Practices’ oder denken Sie bereits in ‘Next Practices?
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Verwertbares Wissen über komplexe
Technologien wird zu einer unternehmerischen Schlüsselkompetenz werden
12 Führungskräfte für eine neue Welt | Leadership 2030
Fazit
Organisationen und ihre Führungskräfte stehen vor einer
harten, aber nicht unlösbaren Herausforderung. Das
zeigen uns die Unternehmen, die sich bereits an die neue
Weltordnung anpassen oder gerade darauf vorbereiten. Wie
in allen Bereichen sind die ‘Best Companies for Leadership’
auch die Vorreiter der ‘post-heroischen’ Führungsansätze.
Zum Beispiel suchen die Top 20Unternehmen spezifische Führung,
Innovation und Ideen überall – und
nicht nur in den oberen Etagen. Sie
erhöhen ihre Effektivität dadurch, dass sie
Führungskräfte und Mitarbeiterschaften
heterogenisieren und sie so auf die
wachsende Diversifizierung in ihren
Märkten vorbereiten. Entsprechend
verbessern sie damit kulturübergreifende
Führung und Zusammenarbeit. Sie zeigen
mehr soziale und Umwelt-Verantwortung
als ihre Mitbewerber und sorgen für eine
bessere Balance zwischen dem Arbeitsund dem Privatleben ihrer Mitarbeiter.
Aber trotzdem hat ihre Reise gerade
erst begonnen. Sich an eine Welt
anzupassen, die sich durch diese sechs
Megatrends radikal verändert, bedeutet,
absolutes Neuland zu betreten. Doch die
Organisationen müssen sich beeilen: Es
gibt keine Alternative. Alte Strukturen
und Führungsstile können in dieser neuen
Welt einfach nicht mehr Schritt halten.
Ihr Schlüssel zur Zukunft der Führung
– weitere Inhalte finden Sie auf
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Neue Führungskompetenzen
Die neue ‘Wirtschafts-Weltordnung’ wird Führungskräfte mit deutlich erhöhten
Anforderungen auf drei Ebenen konfrontieren: der kognitiven Ebene, der emotionalen
Ebene und der Verhaltensebene.
Kognitiv
Führungskräfte müssen sich der Zusammenhänge stärker bewusst sein. Dazu brauchen sie
starke konzeptionelle und strategische Denkfähigkeiten.
Sie müssen auf nie da gewesene Weise fähig sein, den Wandel zu gestalten, auch hier vor
allem auf Basis konzeptionellen und strategischen Denkens.
Führungskräfte werden gedanklich sehr viel offener und neugieriger sein müssen.
Emotional
Allgemein werden Führungskräfte deutlich sensibler für unterschiedliche Kulturen,
Generationen und Geschlechter sein müssen.
Sie werden ein höheres Maß an Integrität und Aufrichtigkeit demonstrieren und bei ihrer
Geschäftstätigkeit einen ethischeren Ansatz annehmen müssen.
Sie müssen auch in einem viel höheren Maß Ambiguitäten tolerieren.
Verhalten
Führungskräfte müssen eine Kultur des Vertrauens und der Offenheit schaffen.
Als ‘post-heroische’ Führungskräfte müssen sie alte Konzepte wie Loyalität und
Betriebszugehörigkeit neu denken und persönlich Loyalität schaffen.
Zusammenarbeit – generations-, funktions- und unternehmensübergreifend – wird ihr
Motto sein.
Sie müssen zunehmend heterogene Teams führen.
Afrika
Kapstadt
Johannesburg
Praetoria
Asien
Bangkok
Peking
Hong Kong
Ho Chi Minh Stadt (Saigon)
Jakarta
Kuala Lumpur
Mumbai
Neu Delhi
Seoul
Shanghai
Shenzhen
Singapur
Tokio
Europa
Amsterdam
Athen
Barcelona
Berlin
Bilbao
Birmingham
Bratislava
Bristol
Brüssel
Bukarest
Budapest
Dublin
Frankfurt
Glasgow
Helsinki
Istanbul
Kiew
Lille
Lissabon
London
Madrid
Manchester
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Moskau
Oslo
Paris
Prag
Rom
Stockholm
Straßburg
Vilnius
Warschau
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Zeist
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Südamerika
Bogota
Buenos Aires
Lima
Mexiko City
San José
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Sao Paulo
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New York City
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Regina
San Francisco
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Australien
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Wellington
Hay Group ist eine global operierende Unternehmensberatung, die ihre
Kunden dabei unterstützt, die Ergebnisse nachhaltig zu verbessern. Wir
entwickeln mit unseren Kunden individuelle und umsetzbare Lösungen
in den Feldern Organisation, Führung, Performance Management,
Mitarbeitermotivation und Vergütung. Als einzige Unternehmensberatung
erarbeiten wir hierzu integrierte Lösungen.
Weltweit beschäftigt Hay Group 2.600 Mitarbeiter in 84 Büros in 48 Ländern.
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