jouRnAl - TÜV Süd

Transcription

jouRnAl - TÜV Süd
TÜV SÜD
journal
ROBE
#16 AUF DIE P
ogisch sind
Grüne Kost: Wie ökol
osiegel?
Produk te mit dem Bi
WEG
#22 AUF DEM
achsen«: Bestimmen nachw
ie
em
Ch
e
ün
Gr
»
seren Alltag?
de Rohstoffe bald un
PUNKT
#28 AUF DEN tionier t
Grünes Licht: Wie funk
?
eigentlich eine OLED
# 04
2013
kunft
Auf in die Zu
e
c
n
a
s
s
i
a
n
e
Die R
?
e
n
e
i
h
c
S
r
de
Sch
Es kommt ein
iff geladen
ff
O
r
e
d
t
f
n
u
k
u
Die Z
a
d
t
s
i
k
i
t
s
i
g
o
L
e
shor
Editorial
Liebe Leserinnen
und Leser,
»Die Bahn kommt« war vor einigen Jahren nicht nur ein Werbespruch der Deutschen Bahn,
sondern auch ein Versprechen: Die Schiene garantiert Zuverlässigkeit und Planbarkeit. Auch
wenn sich der ein oder andere manchmal über Verspätungen ärgert: Kaum ein Verkehrsmittel
kann es mit der Bahn aufnehmen.
Eisenbahnen waren dabei auch immer mehr als nur ein Transportmittel. Die Schiene erschloss
neue Welten – das war ab Mitte des 19. Jahrhunderts im Westen der USA nicht anders als
heute in den Hochgeschwindigkeitszeiten des 21. Jahrhunderts im Osten der Volksrepublik
China. Derzeit macht die Bahn mit ehrgeizigen Projekten auf allen Kontinenten mobil, von der
Untertunnelung des Bosporus bis zu High-Speed-Strecken in Südamerika und Indien. Manch einer spricht von einer Renaissance der Schiene. Nach dem Motto: »Die Bahn kommt – wieder!«.
Dabei braucht die Schiene den ein oder anderen Geburtshelfer, denn Zeit und Geschwindigkeit ist zwar Geld, aber beileibe nicht alles. Sicherheit, Effizienz, Umweltverträglichkeit muss
die Mobilitätsvisionen des
Schienenverkehrs prägen:
Hochgeschwindigkeitsnetze
zu bauen und zu betreiben ist
das eine, sie zu warten und
auf dem neuesten techniTÜV SÜD besitzt umfangreiche Expertise rund um Mobilitätsschen Stand zu halten
fragen. Stellen Sie uns auf die Probe!
das andere.
Ob Schiene
oder Straße –
Investitionen in die Bahn sind immer auch Investitionen in die Zukunft. Sie folgen dabei, wie
unsere Titelgeschichte ab Seite 6 zeigt, der Globalisierung ebenso wie der Urbanisierung. Und
sind immer auch ein Beitrag zu effizienter und umweltschonender Mobilität: Einen ökologischeren Verkehrsträger gibt es bis dato nicht. Auch unser Unternehmen trägt dafür Sorge, dass
möglichst viele Menschen ihn auch sicher und zuverlässig nutzen können.
Mit freundlichen Grüßen
Dr.-Ing. Axel Stepken
Vorsitzender des Vorstands der TÜV SÜD AG
2 TÜV SÜD Journal
Inhalt
#06
TITELSTORY
Volle Zugkraft voraus: Megaprojekte von San
Francisco bis Schanghai setzen verstärkt auf die
Schiene. Der Beginn eines neuen Bahnzeitalters?
Auf die
Auf dem
Auf den
Was treibt Menschen weltweit um? Wir
nehmen technische und gesellschaftliche
Entwicklungen unter die Lupe.
Die Welt von morgen im Blick: Diese Innovationen könnten schon bald unser Leben
prägen.
Nachgefragt! Unsere »Mehrwert«-Seiten
machen komplexe Zusammenhänge leicht
verständlich.
#16 Ist bio wirklich öko?
Der Einkauf im Biosupermarkt schont die
Umwelt und ist gut fürs Klima? Nicht in jedem
Fall, sagt Professor Dr. Elmar Schlich von der
Universität Gießen.
#22 Natürlich chemisch
Statt Erdöl dienen schon heute nachwachsende
Rohstoffe als Ausgangsstoff für die chemische
Industrie. Sie könnten künftig Prozesse und
Materialien weiter revolutionieren.
#28 Licht und Platten
Wände, die von selbst leuchten, Monitore, die
sich biegen lassen wie eine Folie. Organische
Leuchtdioden könnten schon bald unsere Beleuchtung revolutionieren.
#18 Ver(b)rauchen
Die Zeiten, als Rauch und Abgase einfach
durch den Schornstein gingen, sind längst
vorbei. Neue Technologien nutzen auch die
darin enthaltene Energie.
#26 Mensch, Mahlzeit
Mehr als Vorspeise, Hauptgericht und Dessert:
Bei TÜV SÜD in Garching ist die Arbeit im Betriebsrestaurant eine zweite Chance für Menschen mit psychischer Behinderung.
#30 Ratgeber: Kälteschutz
Die kalte Jahreszeit steht vor der Tür. Höchste
Zeit, das Auto winterfest zu machen. Fünf
Tipps, wie Sie mit Ihrem fahrbaren Untersatz
garantiert mobil bleiben.
#4 TÜV SÜD im Bild
#14 5 Minuten mit TÜV SÜD
#21 Vor Ort
#31 Termine/Impressum
#32 5 Minuten mit TÜV SÜD
#34 Zu guter Letzt
PROBE
WEG
PUNKT
TÜV SÜD Journal 3
TÜV SÜD im Bild
4 TÜV SÜD Journal
TÜV
TÜV SÜD
SÜD im
im Bild
Bild
Mit Sicherheit
einer von uns
Die Begeisterung war damals schon da, als wir noch Kinder waren. Stundenlang haben wir experimentiert, um unsere Papierflieger zu optimieren: Jeder Knick wurde mit dem Lineal nachgezogen, mit dem Klebestift montierten wir zusätzliche Tragflächen, mit Heckklappen wollten wir noch
etwas Höhe gewinnen. Das hat – fast – immer geklappt und war doch viel mehr als ein Stück Papier,
das fliegt: Es war die Begeisterung für ein Projekt, sei es auch noch so klein. Es waren die Erfahrungen,
die auf dem Weg zum Ziel gesammelt wurden. Und der Wunsch, es beim nächsten Mal noch besser
zu machen. Begeisterung, Erfahrung und der Wunsch und Wille, Bestehendes immer weiterzuentwickeln, zeichnen auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von TÜV SÜD aus. Das Unternehmen sucht
seit jeher genau jene Menschen, die mit Neugier, Weitblick und Entscheidungsstärke mehr Sicherheit
und mehr Wert schaffen. In seinen neuen Personalanzeigen bringt TÜV SÜD diese Überzeugung jetzt
weltweit zum Ausdruck und fragt: Warst du schon immer eine/r von uns? Die Kernaussage: Wer über
Sicherheit entscheidet, spürt Tragweite, die viel verlangt, und leistet dabei einen entscheidenden Beitrag zum Wohl der Gesellschaft. Eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter von TÜV SÜD zu sein, das heißt
eben auch, seiner Arbeit mit Sicherheit einen tieferen Sinn zu geben.
Mehr Infos und Anzeigenmotive: www.tuev-sued.de/jobs
Mehr zum Thema
in Unserer Magazin-App
TÜV SÜD Journal 5
Titelstory
In geregelten
Bahnen
Text: Timour Chafik
Bye, bye Bimmelbahn! Die Liste an weltweit prestigeträchtigen Schienenprojekten wird immer länger.
Vor allem China prescht mit immer neuen Rekorden voran. Doch bei aller Hochgeschwindigkeit zwischen
Seattle, Saudi-Arabien und Shenzhen: Eine Renaissance der Schiene gelingt erst dann, wenn das Netz
auch wieder in die Fläche wächst.
London
Seattle
Chicago
San
Diego
New York
Washington D.C.
Dallas
USA
Lange war die Schiene auf dem Rückzug: Seit
1930 schrumpfte das Streckennetz, mit dem
die Weiten der USA einst erschlossen wurden, um rund ein Drittel. Jetzt soll es erstmals wieder wachsen – mit neuen Strecken
in Kalifornien und an der Ostküste.
Orlando
Madrid
Brasilien
Gerade einmal 30.000 Kilometer
Schiene, so viel wie in Deutschland,
durchziehen das gröSSte Land Südamerikas. Bis 2030 sollen weitere
22.000 Kilometer hinzukommen.
Marabá
Recife
Brasilia
Rio de Janeiro
São Paulo
Porto Alegre
6 TÜV SÜD Journal
Titelstory
Titelstory
Europa
Mehr zum Thema
Nirgendwo auf der Welt ist das Schienennetz
so dicht wie in Europa. Die EU-Kommission setzt
vor allem auf Tempo statt auf die Fläche: Bis
2030 soll das Hochgeschwindigkeitsnetz um den
Faktor 3 auf mehr als 18.000 Kilometer Länge
wachsen.
Oslo
in Unserer Magazin-App
Zugverbindungen
(geplant und bestehend)
Umsteigebahnhöfe
Wie ein Spinnennetz, das die Kontinente umgarnt: Eisenbahngroßprojekte haben Konjunktur, sie gehen von den
großen wirtschaftlichen Entwicklungsregionen aus und
folgen dem Weg der Globalisierung.
Stockholm
Moskau
Istanbul
Peking
Lhasa
Chongquing
Wuhan
Schanghai
or
us
Guangzhou
sp
Rom
Warschau
Bo
Berlin
e
Ayrilikcesm
Kazlicesme
Hongkong
China
Die Volksrepublik ist Spitzenreiter im
Bahnausbau. Bis 2020 soll das Gesamtnetz des Landes von derzeit 110.000
Kilometern auf mehr als 170.000 Kilometer wachsen. Davon werden mehr
als 16.000 Kilometer als Hochgeschwindigkeitsstrecken gebaut.
Marmaray-Projekt
Interkontinentale Verkehrsader unter
dem Bosporus: ein 13,6 Kilometer langer Tunnel verbindet den europäischen
mit dem asiatischen Teil Istanbuls.
Neu ist die Idee aber nicht: Schon 1860
wurde eine »schwebende Röhre« auf
dem Meeresgrund diskutiert.
TÜV SÜD Journal 7
F
rüher verlief die Erfolgsgeschichte
der Eisenbahn von Ost nach West
und fing ganz klein und kurz an.
Zumindest was den Schienenverkehr in den Vereinigten Staaten angeht. Früher, das war 1826, das Jahr, in dem in Quincy,
Massachusetts, eine der ersten kommerziellen Strecken in Betrieb genommen wurde.
Allerdings: Der »Granite Railway« war nur
4,8 Kilometer kurz, auf Holzschienen gebaut
und statt einer dampfenden und fauchenden
Lokomotive schnauften tatsächliche Pferde
vor den Waggons. Ein verschwommenes
Schwarz-Weiß-Bild zeigt drei müde Ponys,
die darauf warten, mit schwerem Granit beladene Karren in Bewegung zu setzen.
Dann kamen weitere Bilder. Die, auf denen erschöpfte, glückliche Menschen zu sehen sind, Pioniere, die den Weg nach Westen
ebneten. Shakehands bei der Vollendung der
ersten transkontinentalen Eisenbahnlinie
zwischen Atlantik und Pazifik, Dampflokomotiven, die durch unberührte Canyons
rauchen. Dann kamen Karten, die zeigen,
wie sich das Eisenbahnnetz ab 1870 immer
unaufhaltsamer Richtung Westen schlängelt. Die Schiene in den noch jungen USA,
das war ein politisch getriebenes, enormes
Entwicklungsprogramm. Das »Gilded Age«,
die Blütezeit der Wirtschaft in den Vereinigten Staaten zwischen 1877 und 1900, war
auch eine Blütezeit der Bahn.
Mobiles Konjunkturprogramm
Das riesige Land unter Kontrolle zu bringen,
staatliche Gewalten zu etablieren und eine
Ökonomie nach europäischem Muster aufzubauen – dazu bedurfte es vor allem eines
neuen Transportmittels. Erst ein Eisenbahnanschluss ließ Städte abseits großer, schiffbarer Flussläufe wachsen. Es gibt wohl kaum
eine amerikanische Stadt, deren Entwicklung
nicht in unmittelbarem Bezug zur Geschichte
der Eisenbahn steht.
Die Bahn als »Entwicklungshelfer«, das
gilt auch heute noch. Sie macht nicht nur
Menschen und Massengüter mobil, sondern
8 TÜV SÜD Journal
funktioniert auch als Konjunkturprogramm
auf Schienen. Und kann dabei im Verkehrsträgermix noch einen entscheidenden Beitrag
zur Mobilität der Zukunft leisten. Also: alles
auf die Schiene?
Kommt darauf an, in welcher Welt man
fährt: Da gibt es die der zugigen Bahnhöfe,
der verwaisten Strecken, der Unpünktlichkeiten. Eine Welt, in der indische Pendler,
wenn überhaupt, nur auf dem Zugdach einen Platz bekommen oder Bahnangestellte
in der Tokioter U-Bahn mit vereinten Kräften Passagiere in die Waggons drücken.
Und es gibt die Welt der Hochgeschwindigkeit: die des 534 Kilometer langen Mumbai-Ahmedabad-High-Speed-Link. Die der
mehr als drei Mal so langen Hochgeschwindigkeitsstrecke, die Lanzhou mit Ürümqi im
Nordwesten Chinas verbinden soll. Es gibt
die Welt, in der ein 13,6 Kilometer langer
Tunnel unter dem Bosporus die beiden Teile
der Millionenmetropole Istanbul im Zwei-
Weltweit sicher auf
der Schiene
Eine zuverlässige und sichere Infrastruktur ist
die Basis jedes Bahnsystems. Mit den Angeboten zur Prüfung und Zertifizierung von Bahnsystemen sorgt TÜV SÜD Rail dafür, dass die
Sicherheit und Zuverlässigkeit der verschiedenen Elemente der modernen Bahninfrastruktur wie beispielsweise Gleisnetze, Bauwerke,
Erdbauarbeiten und Tunnel gewährleistet ist.
In hochmodernen Prüflaboren, die über spezielle Systeme verfügen, können die verschiedensten Gleiskomponenten gemäß der
entsprechenden Normen geprüft werden.
Daneben bietet TÜV SÜD Rail die EG-Zertifizierung gemäß technischer Spezifikationen für
die Interoperabilität von Infrastruktureinrichtungen, Personen mit Mobilitätseinschränkungen und die Sicherheit von Bahntunneln.
Minuten-S-Bahn-Takt miteinander verbindet. Dank des im Oktober 2013 eröffneten
Verkehrsprojekts sollen im Jahr 2015 rund
75.000 Menschen pro Stunde von Asien nach
Europa und zurück gebracht werden können. Dabei schwingt die Hoffnung mit, dass
der Tunnel als Teil des »Marmaray-Projekts«
auch dazu beitragen kann, das überirdische
Verkehrschaos in Istanbul zu verringern.
Plus der Bahn: Verkehre bündeln
Istanbul ist ein gutes Beispiel für das, was
viele als »Renaissance der Schiene« bezeichnen: Denn im Marmaray-Projekt mit seinem
Tunnel, seinem mehrgleisigen Ausbau von 63
Kilometern bestehender Bahnstrecke und der
Errichtung von 36 Stadtbahnhöfen kommt
zusammen, was auch andernorts Treiber
großer, zukunftsweisender Schienenprojekte
ist: Umweltschutz, Bevölkerungsdruck und
Globalisierung. »Das sind die drei großen,
weltweiten Megatrends, die eine sogenannte
Wiedergeburt der Bahn ermöglichen«, sagt
Maria Leenen, Geschäftsführerin des unabhängigen Beratungsunternehmens SCI Verkehr mit Schwerpunkt Bahn- und Logistikindustrie. »Die globale Arbeitsteilung mit ihren
Produktionsschwerpunkten in Asien und der
Weiterverarbeitung, der Veredelung und dem
Vertrieb in anderen Teilen der Welt fördert
zunächst einmal ein enormes Wachstum in
den Häfen.« Dies wiederum schaffe dann die
Möglichkeit, Verkehre auch im Hinterland zu
bündeln: »Und die Bahn ist immer dann gut,
wenn sie bündeln kann.«
Ob sie Menschen oder Material befördert,
ist zunächst zweitrangig. Die Masse macht's.
Die großen Metropolen wie Istanbul, erklärt
Leenen, funktionierten daher im Personenverkehr ähnlich wie Häfen im Warentransport. »Dabei geht es weniger um die internationale Verteilung, sondern vor allem um die
anhaltende Urbanisierung: Städte wachsen,
vergrößern ihre Einzugsgebiete, ihre Bewohner müssen immer längere Wege zurücklegen.« Die Gleichung scheint ganz einfach:
Mehr Urbanisierung führt zu mehr Bevölke-
Titelstory
Titelstory
Sacramento
»Umweltschutz, Bevölkerungsdruck und Globalisierung –
das sind die drei
großen Megatrends,
San
Francisco
San
José
die eine Wiedergeburt der Bahn ermöglichen« – Maria Leenen,
Geschäftsführerin des Beratungsunternehmens SCI Verkehr
California high
Speed Rail
Let's go west, fast wie in alten Zeiten:
die Hochgeschwindigkeitsstrecke von
Sacramento nach San Diego soll auch
San Francisco mit L.A. – also die wichtigsten Städte Kaliforniens – verbinden. Das
Projekt ist auch eine Art »Lückenfüller«:
Viele der Städte liegen zu weit voneinander entfernt, um mit dem PKW zu fahren,
gleichzeitig aber zu nah, um sie per Flugzeug zu bereisen.
rungsdruck in den Zentren,
führt zu mehr Flächenbedarf,
führt zu mehr Verkehr.
Wenn man so will, wiederholt
sich damit in Teilen die Wild-West-Erfolgsgeschichte der Bahn – sie verläuft
nur umgekehrt: War in den jungen USA
die Bahn der Entwicklungsimpuls für die
Stadt, ist heute die Stadt ein entscheidender Treiber für die Bahn. Demnach müssten
sich Muster ergeben, ein idealtypischer Geburtsverlauf für die Renaissance der Bahn:
Überall dort, wo viel produziert wird und wo
viele Menschen zusammenkommen, erstrahlen die Schienen in neuem Glanz.
Ganz falsch ist das nicht: Die SCI Verkehr
listet zum Beispiel in ihrer 2012er-Studie »The
Chinese Railway Market« allein 13 chinesische Großstädte mit Metrostrecken in Betrieb
auf, in weiteren 17 Metropolen befinden sich
Projekte im Bau. In vier zusätzlichen Städten
ist mittelfristig der Bau eines Metrosystems
avisiert, langfristig planen sieben andere Zentren ein städtisches Schienenverkehrssystem.
Hochgeschwindigkeit verbindet
Allen Projekten gemein ist: Sie stützen die
Bevölkerungs- und Produktionszentren des
Los
Angeles
Irvine
San Diego
TÜV SÜD Journal 9
Titelstory
»Die Renaissance der Schiene geht von einem Kernnetz aus, das
Hochgeschwindigkeit zwischen urbanen Zentren anbietet, und
breitet sich aus.«
– Joachim Winter, Projektleiter »Next Generation Train« am
Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt
Peking
Shijiazhuang
Jinggang PDL
Die Hochgeschwindigkeitsstrecke führt
von der Hauptstadt Peking nach Hongkong und verbindet auf ihren 2.360
Kilometern wirtschaftlich wichtige
Provinzen und städte wie Guangzhou,
Wuhan und Zhengzhou.
Zhengzhou
Wuhan
Changsha
Guangzhou
10 TÜV SÜD Journal
Shenzhen
Hongkong
Titelstory
Zukunftsperspektiven
Zugverkehr von morgen? Ideen, die der Schiene Auftrieb geben könnten.
Auf Schienen fliegen Geringerer
Ab durch die Röhre Elektrisch getriebene
Luftwiderstand, dafür mehr Tempo und eine höhere
Kapazität an Passagieren: 1.600 Fahrgäste sollen im
»Next Generation Train« des Deutschen Zentrums für
Luft- und Raumfahrt Platz nehmen können.
Transportkapseln auf Luftkissen, die eine Geschwindigkeit von 1.200 km/h erreichen – der Unternehmer
Elon Musk hat auch schon in der Raumfahrt für Furore
gesorgt. Warum dann nicht auch unter der Erde?
Mehr Sturzgeburt als Renaissance: China verfügt über
10.000 Kilometer
Hochgeschwindigkeitsstrecken, die gleiche Länge ist derzeit in Bau.
– International Union of Railways UIC
industriellen Kernlands der Volksrepublik.
Die mit 2.360 Kilometern derzeit längste
Hochgeschwindigkeitsstrecke der Welt zwischen Peking und Hongkong wirkt als übergeordnete, verbindende Klammer. Die aber
klammert auch einen Gutteil des Landes aus,
politisch gewollt und schwarz auf weiß nachzulesen. Im 12. Fünfjahresplan für 2011 bis
2015 liest sich das in Abschnitt 3, Artikel 12
so: »Ausbau des Hochgeschwindigkeitsnetzes
auf 16.000 Kilometer.« Dass sich dieser lediglich auf die Verbindungen zwischen den großen Metropolen konzentrieren wird, steht für
Experten wie Analysten außer Frage.
Heute, so teilt der Internationale Eisenbahnverband UIC mit, verfügt das Land über
knapp 10.000 Kilometer Hochgeschwindigkeitsstrecken, die gleiche Länge ist in Bau.
Zum Vergleich: Durch Europa ziehen sich
knapp 7.400 Kilometer (im Bau: 2.500 km),
durch Japan 2.670 Kilometer (im Bau: 780),
die USA kommen gerade einmal auf 362 Ki-
lometer (im Bau: 0), noch hinter der Türkei
(444 Kilometer; im Bau: 603).
Trotzdem ächzt und stöhnt das Eisenbahnnetz in der Volksrepublik. »In China
lässt sich ohnehin nicht von einer Renaissance
der Bahn sprechen«, sagt Maria Leenen von
SCI Verkehr, »das war vielmehr eine Sturzgeburt.« Es komme eben doch nicht immer
auf Schnelligkeit zwischen Städten, sondern
auch auf Beständigkeit und Zuverlässigkeit
in der Fläche an: Noch sind rund 50 Prozent
des Eisenbahnnetzes der Volksrepublik nicht
elektrifiziert, der Güterverkehr ist überlastet.
Kohletransporte zum Beispiel haben absolute
Priorität, weniger wichtige Güter stehen dann
im wahrsten Sinne des Wortes erst einmal auf
dem Abstellgleis. Da sind sie wieder, die zwei
Welten: in acht Stunden von Peking nach
Hongkong rasen, der Container von Hongkong nach Schanghai braucht aber mehrere
Tage. Von einer »Volksrepublik Schiene«
kann also kaum die Rede sein.
Metro für morgen Die Ingenieure von Siemens
haben in ihrer »Inspiro« auch an den Fahrgast gedacht:
Eine Türlichtgrafik in Form einer Sanduhr zeigt die
verbleibende Haltedauer an. »Die Zeit rennt« soll das wohl
signalisieren und flüssiges Ein- und Aussteigen bewirken.
Die Bremse an der Bahnsteigkante
Dass die Infrastruktur dem Wunsch nach
schneller, moderner Mobilität hinterherhinkt,
ist aber nicht allein ein chinesisches Phänomen. »Die vorhandene Bahninfrastruktur in
Deutschland mit den aus Kaiserzeiten übernommenen Bahnhöfen ist nicht mehr zeitgemäß«, sagt Joachim Winter vom Deutschen
Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Der Projektleiter des »Next Generation Train« arbeitet an einem Zug der Zukunft, der in seinen
Doppelstockwaggons bis zu 1.600 Passagiere
transportieren kann. Eindrucksvoll in der
Theorie, nur: »Die heutigen Bahnsteigbreiten
verkraften beim Umsteigeverkehr überhaupt
nicht die Passagierzahlen, die wir im Sinn haben«, so Winter.
Dennoch, sagt Winter, die Renaissance
der Schiene findet statt. Sie geht von einem
Kernnetz aus, das Hochgeschwindigkeit auf
langen Strecken zwischen urbanen Zentren
anbietet, und breitet sich dann aus. »Mit Zubringern, die die Menschen aus den Regionen
abholen.« Höher, schneller, breiter. Die Wiedergeburt der Bahn wird wohl auch eine Wiederentdeckung der Fläche sein: wie früher, in
den Weiten des Wilden Westens, bald in den
chinesischen Provinzen und irgendwann
auch an breiteren, deutschen Bahnsteigen.
Mehr Infos zum Thema:
www.tuev-sued.de/rail
TÜV SÜD Journal 11
Standpunkte
Stand-
Wirtschaft
fördern
D
Ernest Godward und Torben Holvad,
Europäische Eisenbahnagentur
ie Planung von Bahninfrastrukturprojekten muss auf die
Bedürfnisse der Wirtschaft ausgerichtet sein. Durch Verkehrsengpässe
entstehen Kosten, die sich nur durch ein
engeres Streckennetz vor allem in Ballungsgebieten beseitigen lassen.
»Hauptaufgabe großer
Bahnprojekte ist es,
die Wirtschaft
nachhaltig zu entlasten.«
Der Bahn geht es nicht
anders als anderen Verkehrsträgern: Wo es eng
wird, wird es langsam,
kommt es oft sogar zum
Stillstand. Und das kostet:
Schätzungen für Großbritannien besagen zum Beispiel, dass der Wirtschaft durch Staus und Verzögerungen jährlich 20 Milliarden Pfund verloren gehen, in anderen Ländern wird dies sicherlich ähnlich sein. Die bestehenden Bahnnetze stoßen schon
heute an ihre Grenzen, für die Wirtschaft ist das
fatal. Denn Wachstum braucht Platz und Investitionen in die Infrastruktur. Vor allem in den Ballungsgebieten muss das Netz enger werden, um steigende
Fahrgastzahlen und höhere Güterströme überhaupt
erst ermöglichen und bewältigen zu können. Das
europäische Hochgeschwindigkeitsschienennetz
soll bis 2050 vollendet, die Länge des bestehenden
Netzes bis 2030 verdreifacht sein, heißt es dazu im
Weißbuch »Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum« der EU-Kommission.
Aber die Öffentlichkeit steht Großprojekten zunehmend kritisch gegenüber – weil sie Zeit brauchen
und sich ihr Nutzen oftmals erst Jahrzehnte später
abzeichnet. In diesem Zusammenhang ist es sehr
wichtig, dass große Infrastrukturprojekte durch
wirtschaftliche und finanzielle Bewertungen gerechtfertigt werden können (zum Beispiel KostenNutzen-Analysen).
Europäische Eisenbahnagentur
Die Organisation, die 2004 von der Europäischen Union gegründet wurde, hat die Aufgabe, die nationalen bahntechnischen Vorschriften aller 27 Mitgliedsstaaten schrittweise
zu vereinheitlichen.
schienen netz
Fahrgastwohl oder Wirtschaftswachstum?
12 TÜV SÜD Journal
Menschen in
den Fokus
B
ei Infrastrukturprojekten der
Bahn muss vom Angebot her
und in einem größeren Zusammenhang gedacht werden. Dass dies
oftmals schon zu Beginn der Planungen
versäumt wurde, wird bei vielen bisherigen Projekten deutlich.
Wenn man im Zug sitzt und mit 300
km/h über das Land fegt, dann sind
Hochgeschwindigkeitsstrecken ein
Traum. Wenn man auf einem zugigen Bahnsteig steht und seinen ICEAnschluss verpasst hat, sind sie ein
Albtraum. Was nützt eine Ersparnis bei der Fahrzeit
von 15 Minuten, wenn am nächsten Knotenbahnhof
der Anschlusszug nicht erreicht wird? Neue Strecken brauchen neue Anschlüsse, Verzweigungen,
Überholmöglichkeiten. Sie brauchen eine neue Planung der Fahrtzeiten, die derzeit oft ausschließlich
durch das Ziel der kürzesten Verbindung dominiert
wird. Ich als Fahrgast komme erst an zweiter Stelle.
Anders in der Schweiz: Mit »Fahrplan 2000« wurden hier die Fahrtzeiten neu kalkuliert, ausgehend
von Knotenpunkten wie der Stadt Zürich. Erst dann
wurde darauf aufbauend die Infrastruktur ausgebaut. Da hat jemand das Bahnprojekt vom Angebot
her gedacht und eine durchgängige Reisekette geschaffen. Mein ideales Bahnnetz? Ein europäisches
Bahnsystem, bei dem ich in meinem Heimatort in
den Zug steigen und ohne viel nachzudenken bis
zum Mittelmeer durchfahren kann. Dazu bräuchte es eine transparente und zuverlässige Vorabinformation, ein funktionierendes, internationales
Tarifsystem und natürlich realistische Anschlussmöglichkeiten. Und wenn dann mal was dazwischenkommt, möchte ich zuverlässig über Alternativrouten informiert werden.
Standpunkte
Punkte
Josef Schneider,
Vorstandsmitglied des Europäischen Fahrgastverbands
»Bei der Planung von
Bahnprojekten muss der
Fahrgast im Vordergrund
stehen.«
Europäischer Fahrgastverband
Der Zusammenschluss mehrerer europäischer Verbände und Organisationen, der seinen
Hauptsitz im belgischen Gent hat, setzt sich für die Rechte von Fahrgästen in öffentlichen
Verkehrsmitteln und für europaweite Standards ein.
Die Bahn hat Zukunft, keine Frage. Aber an wem soll sich der Ausbau orientieren:
am Individualverkehr oder am Gütertransport?
Im besten Falle an beiden. Denn die Anforderungen von Fahrgästen und Wirtschaft lassen sich
miteinander vereinbaren.
TÜV SÜD Journal 13
5 Minuten
Doppelspitze für die
TÜV SÜD Akademie
Internationale Zertifikate für
Biomasse und -energie
TÜV SÜD bietet unabhängiges
Lift-Betriebsmanagement
Seit September 2013 hat die TÜV SÜD Akademie einen neuen
Geschäftsführer: Jürgen Merz verantwortet mit Jörg Schemat
die Geschäfte. Daneben wird der 53-Jährige wie bisher als
Geschäftsführer der TÜV SÜD Pluspunkt GmbH tätig sein. Die
TÜV SÜD Akademie ist einer der führenden europäischen Ausund Weiterbildungspartner für Industrie, Handwerk, Handel,
öffentliche Dienste und Privatpersonen.
Als bisher einziges Unternehmen in Mittel-Ost-Europa bietet
TÜV SÜD in Tschechien Zertifikate für Biomasse und -energie
gemäß dem internationalen Standard ISCC an. Ende Juni 2013
erhielt das Unternehmen die entsprechende Akkreditierung.
Angeboten werden die Standards ISCC EU und ISCC PLUS.
Daneben kann TÜV SÜD auch Biokraftstoffe entsprechend
nationalen tschechischen Vorgaben zertifizieren.
Aufzüge sind meist die größte Einzelposition in den technischen
Betriebskosten einer Immobilie. Mit »Lift-Betriebsmanagement3« bietet TÜV SÜD jetzt ein unabhängiges, kontinuierliches und umfassendes Controlling der Anlagen, bei dem unter
anderem alle Vorgänge an den Aufzügen erfasst und überprüft
werden. Das Ziel: minimierte Risiken bei möglichst geringen
Kosten und einem langfristigen Werterhalt.
[email protected]
[email protected]
[email protected]
Sicherheit beim Kernfusionsexperiment des Max-Planck-Instituts
Wendelstein 7-X – so lautet der Name eines innovativen Fusionsexperiments, das
derzeit vom Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Greifswald errichtet wird. In
der Anlage, die seit 1997 geplant und errichtet wird, will das Max-Planck-Institut
Erkenntnisse für die Entwicklung der Kernfusion als Energiequelle gewinnen. Anfang
2014 möchte der Betreiber dazu die Betriebsgenehmigung beantragen. TÜV SÜD ist bei
dem Projekt seit Anfang an dabei: Im Auftrag
der Strahlenschutzbehörde wird geprüft, ob
alle Anforderungen in puncto Strahlenschutz
und die Auflagen der Errichtungsgenehmigung eingehalten werden. Unter anderem
wurde die sogenannte Torushalle, also die
rund 1,8 Meter starke Beton-Schutzhülle um
die Fusionsanlage, begutachtet. Das Team
um Projektleiter Dr. Michael Bittner (im
Bild links) berechnete dazu die Abschirmwirkung der Hallenwände auf Basis der Betonparameter und stellte die Ergebnisse auf
öffentlichen Veranstaltungen des Arbeitsministeriums in Schwerin vor.
[email protected]
14 TÜV SÜD Journal
5
Wachstum auf dem südamerikanischen Bausektor
Mit seiner Division Real Estate Service & Infrastructure ist TÜV SÜD weltweit im Bau- und Infrastrukturbereich aktiv – beispielsweise mit Aufzugprüfungen oder zu den Themen Gebäudeeffizienz und Bauqualität. Im Sommer 2013 hat
das Unternehmen seine Präsenz in Südamerika verstärkt: TÜV SÜD hat dazu die
Firma Bureau de Projetos e Consultoria in Brasilien übernommen. Das Unternehmen mit Sitz in São Paulo ist eines der
führenden Beratungsunternehmen für
den brasilianischen Infrastruktur- und
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreuen Bausektor. Die wichtigsten Tätigkeiten
konzentrieren sich auf das Projektwichtige Großprojekte in ganz
management in der Bauwirtschaft und
Brasilien und in den südamerika- der Infrastrukturentwicklung sowie die
geotechnische und konstruktive Baunischen Nachbarstaaten.
werksüberwachung bei der Realisierung von Dämmen, Tunneln, U-Bahnen und vergleichbaren Projekten. Außerdem
bietet das neue TÜV SÜD-Tochterunternehmen Consulting-Leistungen im Umfeld
von Verkehrsbauwerken, Wasserleitungssystemen und ähnlichen Vorhaben sowie
das Umweltmanagement bei der Sanierung von Industriebrachen oder Minen an.
Rund 300
[email protected]
5 Minuten
Deutsche Post AG
kooperiert mit TÜV SÜD
Bis zu 10.000
TÜV SÜD übernimmt für die Deutsche
Post AG umfangreiche Dienstleistungen Autos pro Jahr sollen für die
rund um die Begutachtung des posteigeDeutsche Post bundesweit
nen Fuhrparks für den Verkauf. Dazu gehören unter anderem Schadenermittlungen bewertet werden.
und qualifizierte Minderwertgutachten an
Standorten in Bayern, Hessen und Niedersachsen. Durch die Kooperation mit TÜV SÜD kann die Deutsche Post AG ihre gebrauchten
Fahrzeuge künftig besser vermarkten. Zur Optimierung tragen in erster Linie standardisierte
Abläufe bei der Vorbereitung der Fahrzeuge für den Verkauf bei – beispielsweise durch die
elektronische Schadenaufnahme per Handheld-Computer, bei der alle Daten drahtlos direkt
an die Online-Verkaufsplattform der Deutschen Post übermittelt werden.
[email protected]
Minuten
mit TÜV SÜD
Gratis-Werkstatt-Check:
Jetzt anmelden und mitmachen!
Positive Bilanz beim
Euro-Lkw-Test
Neun Trucks mit einer Laufleistung von insgesamt mehr als drei Millionen Kilometern
während eines Zeitraums von drei Jahren:
Das sind die Eckdaten von bestof9.eu, einem
Langzeittest für Lkws in Europa. Seit April
2012 begleitet TÜV SÜD den Praxistest für
Trucks im Einsatz, der vom Huss-Verlag organisiert wird, als Sicherheitspartner. Das
Ziel: herausfinden, welcher Lkw der beste in
puncto Gesamtwirtschaftlichkeit, Verbrauch,
Zuverlässigkeit und Fahrersympathie ist. Nun
waren die Laster das erste Mal bei der Hauptuntersuchung (siehe Foto). Die Bilanz: bis auf
Mängel an der Beleuchtung und teilweise auffällig unterschiedlichen Luftdrücken keinerlei
sicherheitsrelevante Mängel. Durchschnittlich
war jeder Truck seit Beginn der Untersuchung
150.000 Kilometer auf der Straße. Die Fahrzeuge verbrauchten dabei zwischen 27,8 und 29,6
Liter Diesel auf 100 Kilometer. Welcher Lkw
am Ende die Nase vorn hat, steht 2015 fest.
[email protected]
Schulungen zur Energieeffizienz in Indonesien
Bringen Sie Ihr Auto zum Werkstatt-Check
und verdienen Sie dabei Geld: TÜV SÜD sucht
laufend Testkunden in ganz Deutschland, die
ihr Fahrzeug für einen Werkstatt-Test im Rahmen einer fälligen Inspektion zur Verfügung
stellen. Die Belohnung: eine Aufwandsentschädigung bis zur Höhe der Inspektionskosten. Die Testfahrzeuge werden benötigt, weil
TÜV SÜD im Auftrag von Fahrzeugherstellern
und Händlern jährlich Tausende von Werkstätten auf Reparatur- und Servicequalität überprüft. Alle Informationen über den Ablauf und
derzeit benötigte Fahrzeuge im Internet unter
www.tuev-sued.de/inspektion-gratis.
Die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) unterstützt
seit mehr als 50 Jahren Entwicklungs- und Schwellenländer beim Aufbau einer
Privatwirtschaft. Das aktuelle Programm »develoPPP.de« zielt darauf ab, durch eine
enge Kooperation von Unternehmen und öffentlicher Hand den Lebensstandard
der Menschen zu heben. Eines der aktuellsten Projekte: Zusammen mit TÜV SÜD
wird in Indonesien derzeit die Energieeffizienz von kleinen und mittelständischen
Unternehmen gefördert. Rund einhundert Unternehmen in den Städten Jakarta und
Surabaya erhalten dazu entsprechend dem internationalen Standard ISO 50001 in
den kommenden 18 Monaten intensive Schulungen. Am Ende des Trainings sollen
die Teilnehmer in der Lage sein, für ihr Unternehmen eine Benchmark in Bezug
auf den Energieverbrauch aufzustellen, Vorschläge für Einsparungen zu machen
und diese zu überprüfen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf dem Thema Wirtschaftlichkeit.
[email protected]
[email protected]
TÜV SÜD Journal 15
Auf die Probe
AUF DIE
PR O B E
ÖKO
#16 WIE
?
IST BIO
GIE
#18 ENER
ASEN
AUS ABG
ist bio
wirklich
öko?
Gemüse vom Öko-Acker und Fleisch aus artgerechter Tierhaltung – Einkaufen im
Biomarkt liegt im Trend. Aber schützt man damit auch die Umwelt? Nur, wenn das
gesamte Einkaufsverhalten stimmt, sagt der Gießener Professor Elmar Schlich.
Interview: Sylke Dersch
Herr Professor Schlich, wie wirkt
sich unser Einkaufsverhalten auf das
Klima aus?
Vor allem durch den Transport des Einkaufs nach Hause, der zu circa 80 Prozent
mit dem privaten Pkw erledigt wird, werden
CO2-Emissionen verursacht. Zudem spielt
die Entfernung und die Menge des Einkaufs
eine Rolle: Fährt man für ein Kilo Tomaten und zwei Liter Milch acht Kilometer
zum nächsten Hofladen, ist die CO2-Belastung viel höher, als wenn man eine kurze
Strecke zum nächstgelegenen Supermarkt
fährt und das Fahrzeug mit zwei Kisten
16 TÜV SÜD Journal
Mineralwasser, drei Kilogramm Waschmittel und Lebensmitteln richtig volllädt.
Der Einkauf im Biomarkt ist also nicht
in jedem Fall umweltfreundlich?
Nein. Bei unserer Studie, für die wir 275
Kunden von Biomärkten in mittelhessischen
Städten und rund 400 Kunden von Supermärkten in Gießen befragt haben, schnitten
die Biomarkteinkäufer in Bezug auf die Abgabe von CO2 deutlich schlechter ab. Für ihre
Einkaufswege kamen sie im Durchschnitt
auf rund 1.000 Gramm Kohlendioxid pro
Kilogramm Bioprodukt – das ist mehr als
das Dreifache des deutschen Durchschnitts
und mehr als das Achtfache als bei den befragten Gießener Supermarktkunden.
Wie erklären Sie sich das?
Zum einen kauften die Biomarktkäufer weniger ein und legten weitere Wege zurück als
die Supermarktkunden. Während der Biomarkteinkäufer durchschnittlich fünf Kilogramm Waren im Auto hat, fährt der Supermarktkäufer mit acht bis elf Kilogramm
nach Hause. Das könnte daran liegen, dass
das Angebot im Biomarkt kleiner ist als
im Supermarkt. Außerdem sind Biomärk-
Auf die Probe
Mehr zum Thema
in Unserer Magazin-App
»Effiziente Logistik
spart Energie und schont das Klima.« – Prof. Dr. Elmar Schlich
te nicht so flächendeckend vorhanden wie
herkömmliche Supermärkte.
und zwar immer dann, wenn
Produktionsbetriebe zu klein sind.
Verursacht die Lebensmittelindustrie
nicht viel größere CO2-Emissionen?
Nein. Es gibt Untersuchungen zur »Ecology
of Scale«, also der Ökologie der Betriebsgröße, die zeigen, dass die Transportentfernung
als solche keine so große Rolle spielt, wie
man in der Öffentlichkeit vermutet. Größere Betriebe können aufgrund ihrer besseren
Logistik ökologisch besser wirtschaften,
auch wenn sie weiter entfernt sind. Das bedeutet beispielsweise, dass ein Lkw, der aus
Spanien Tomaten nach Deutschland bringt
und mit 33 Paletten gut ausgelastet ist, weniger klimaschädliches Kohlendioxid pro Kilogramm Tomaten abgibt als ein Kleinlaster,
der nur zwanzig Kilometer zurücklegt.
Welche Rolle spielt die Lagerung von
Lebensmitteln, bezogen auf die Energiebilanz?
Deutsche Äpfel, die monatelang in Kühlhäusern lagern, haben die gleiche Energiebilanz
wie Äpfel aus Südafrika, die per Schiff zu uns
kommen. Sie werden gepflückt und sind drei
Wochen später da.
Je kürzer der Weg, desto besser:
Diese Regel stimmt also nicht?
Es besteht jedenfalls kein Anlass, globale
Prozessketten wegen der angeblich so
hohen Energieumsätze der Transporte
anzuprangern. Im Gegenteil: Lokale oder
regionale Produkte haben häufig einen
viel größeren ökologischen Fußabdruck,
die
Brauchen wir eine bessere Infrastruktur?
Bezogen auf unsere Studie könnte man
den Schluss ziehen, dass wir eine größere
Dichte an Biomärkten benötigen. Auch
die Distribution von Bioprodukten bis
zur Haustür der Verbraucher könnte eine
Lösung vor allem für Bewohner ländlicher
Gebiete sein.
Was sollten die Verbraucher Ihrer
Meinung nach tun?
Sie können selbstverständlich weiter im
Biomarkt einkaufen. Allerdings sollte
ihnen bewusst sein, dass sie der Umwelt
keinen Gefallen tun, wenn sie mit dem Auto
etliche Kilometer zum nächsten Biomarkt
zurücklegen, um dort Eier und Kartoffeln
einzukaufen. Zudem ist es sinnvoll, eine Liste
zu schreiben und nur einmal pro Woche
einen größeren Einkauf zu unternehmen.
Prof. Dr.
Elmar Schlich
Der Maschinenbau-Ingenieur
lehrt seit 1993 als Professor für Prozesstechnik in
Lebensmittel- und Dienstleistungsbetrieben an der
Justus-Liebig-Universität
Gießen. In seiner Forschung
beschäftigt sich Schlich mit Energiebilanzen
im Lebensmittel- und Dienstleistungsbereich,
mit der Beurteilung von Lager- und Garverfahren, mit Thermodynamik und der Energiebilanz
des Menschen. Er ist Mitglied der Deutschen
Gesellschaft für Ernährung.
Mehr Infos zum Thema:
www.tuev-sued.de/lebensmittel
TÜV SÜD Journal 17
Auf die Probe
Verbrauchen
Text: Timour Chafik & Sylke Dersch
Von wegen nur Schall und Rauch – in unseren Abgasen
schlummert viel ungenutzte Energie. Wissenschaftler und
Forscher wollen dieses Potenzial nutzen. Auf direktem
Weg oder über den Aufbau von Biomasse: Verbrauchen
statt verrauchen lassen ist die Devise.
18 TÜV SÜD Journal
Auf die Probe
Energiereservoir Abgas: Die
Abfallprodukte aus der Verbrennung von fossilen Brennstoffen quellen aus Millionen
von Schornsteinen und Auspuffen. In Zeiten knapper werdender Ressourcen entdeckt
man die Energie, die in ihnen
steckt, und will sie »ernten«.
E
lektro- und Hybridfahrzeuge
oder Sprit vom Acker – Ideen,
woher Autos, Nutzfahrzeuge und
Motorräder künftig ihre Energie zum Antrieb bekommen, gibt es viele.
Gleichzeitig sind die Motoren in den vergangenen Jahrzehnten deutlich sparsamer
geworden: Durchschnittsverbrauch und
CO2-Ausstoß sinken seit Jahren. Trotzdem
ist Autofahren alles andere als effizient: Der
Wirkungsgrad liegt zwischen 30 und 45
Prozent. Das heißt: Bei vielen Fahrzeugen
wird nur ein Drittel der in Treibstoffen enthaltenen Energie tatsächlich auf die Straße
gebracht. Der Rest wird zu einem großen
Teil in Wärme umgesetzt – oder verraucht
unverbraucht durch den Auspuff.
Dabei steckt in Abgasen weit mehr als
Schall und Rauch. Das, was da aus dem
Auspuffrohr eines Pkw oder aus dem
Schlot eines Kohlekraftwerks steigt, sind
Rohstoffe. Genauer: Ihre Energie in Form
von Wärme, aber auch ihr CO2-Anteil lässt
sich im kleinen wie auch im großen Maßstab wiederverwerten. Eine Idee, die ganze
Entwicklungsabteilungen in der Autoindustrie ebenso wie Biotech-Unternehmen und
Wissenschaftler an Forschungsinstituten
beschäftigt.
Mehr noch: Sie hat es mittlerweile schon
auf die Straße geschafft und treibt unter
dem Namen »Turbocompound« beispielsweise Scania-Lkws an. Das Prinzip: Statt die
rund 600 Grad heiße Verlustwärme durch
den Auspuff ins Freie zu lassen, wird eine
zweite Abgasturbine dem normalen Turbolader nachgeordnet. Die erreicht dadurch
bis zu 55.000 Umdrehungen in der Minute
und kühlt das Gas auf unter 500 Grad – die
Turbinenbewegung wird über ein Getriebe
an die Kurbelwelle weitergegeben und erhöht in Summe so die Antriebskraft.
Hinten Dampf, vorne Strom
Das ist zwar innovativ – aber auch sehr aufwendig und birgt nur ein überschaubares
Einsparpotenzial: Rund zwei Prozent Kraftstoff spart die Turbocompound-Technik. Für
den Schwerlastverkehr mit Verbräuchen um
die 30 Liter Diesel pro hundert Kilometer
oder den Antrieb von Schiffsturbinen mag
die Technologie interessant sein. Für Pkws
arbeiten die großen Automobilhersteller
aber an einem etwas anderen Weg, um aus
Verlustwärme neue Energie zu gewinnen.
Bisher wird die Bordelektronik mit
Strom aus dem Generator »Lichtmaschine«
gespeist, die meist über einen Keilriemen
vom Motor angetrieben wird, was den Treibstoffverbrauch erhöht. Warum also nicht die
Abgaswärme nutzen, um Wasser oder eine
andere Flüssigkeit zu verdampfen und damit
einen zusätzlichen Generator anzutreiben?
Zurück zur Dampfmaschine – das wäre so
simpel wie genial, hat nur einen Haken: Die
Abwärme aus modernen Pkws ist schlichtweg nicht heiß genug, um die Dampfmaschine auf effiziente Touren zu bringen. Die Abgastemperatur und damit die Effizienz des
Zusatzgenerators ließe sich zwar durch eine
erhöhte Gasmenge steigern. Dies allerdings
erhöht wieder den Treibstoffverbrauch – ein
Dilemma.
Trotzdem kann die »Dampfmaschine im
Auto« schon bald einen Beitrag zu mehr Motoreneffizienz leisten. Vielleicht noch eine
weitere Quelle speisen, die das Fahrzeug mit
zusätzlichem Strom versorgt – das ist nicht
TÜV SÜD Journal 19
Auf die Probe
Grüne Energie: Ethanol ist der Hauptbestandteil von Biosprit. Mikroorganismen
können es aus dem Treibhausgas Kohlenmonoxid gewinnen – ganz ohne Nahrungsmittelpflanzen.
»Ohne fossile Energieträger bleibt uns nur die pflanzliche
Biomasse
als Kohlenstoffspeicher.« – Prof. Dr. Olaf Kruse, Universität Bielefeld
uninteressant bei immer größer werdenden
Elektronikanteilen im Auto.
Vom Langweiler zum Algenfutter
Abgase sind aber nicht nur heiß, sondern sie
transportieren auch jede Menge wertvolle
Stoffe: Als »Kraftstoff der Chemieindustrie« priesen einst die beiden Nobelpreisträger George Olah und Joseph Stiglitz das
eigentlich als »Klimakiller« verpönte Kohlendioxid. Das nämlich hält ganze Stoffwechselkreisläufe seit Urzeiten am Laufen:
Bäume und Sträucher verwandeln das Gas
jeden Tag in lebendiges Grün, ohne CO 2
fände keine Fotosynthese statt. Der Klimakiller ist eigentlich ein Lebensspender.
An sich ist CO 2 allerdings ein ziemlicher Langweiler, reaktionsarm und träge.
Man muss es zu einer Reaktion zwingen,
was entweder große Mengen Energie oder
einen reaktionsfreudigen Partner erfordert. Beides ist schlecht für die Energiewie Klimabilanz. Man könnte aber auch
Algen damit züchten: Kohlendioxid ist
perfektes Futter für die Algen, die das
CO 2 etwa zu Biodiesel für Automotoren
umwandeln. Die Energiekonzerne RWE,
e.on Hanse und Vattenfall erproben seit
einigen Jahren die Algentechnologie im
Großmaßstab, Versuchsanlagen neben
Kohlekraftwerken nutzen dazu deren Abgase. Und ermöglichen dem CO 2 somit ein
zweites Leben.
20 TÜV SÜD Journal
»Zurzeit haben wir nur die Möglichkeit,
die kohlenstoff basierten Treibstoffe, die
eine ausreichend hohe Energiedichte haben, aus den natürlichen Kohlenstoffreserven wie Kohle, Öl und Gas herauszuholen.
Wenn wir das nicht mehr tun wollen oder
können, bleibt uns nur die pflanzliche Biomasse als Kohlenstoffspeicher«, sagt Prof.
Dr. Olaf Kruse von der Universität Bielefeld. Der Biologe erforscht seit acht Jahren
Mikroalgen als potenzielle Biospritlieferanten. Das Problem: Die Einzeller verdoppeln zwar innerhalb weniger Stunden
ihre Biomasse und werden so zu idealen
Energielieferanten, die Zellwände der Algen sind allerdings relativ fest. Man muss
die Einzeller kochen oder ausquetschen,
um sie »zu melken«, wie die Biotechnologen sagen. Dies jedoch verschlechtert die
Energiebilanz des Algendiesels.
Zusammen mit dem »Karlsruher Institut für Technologie« betreiben die Bielefelder Wissenschaftler eine Versuchsanlage
in Australien. In dem intensiven Sonnenlicht des Kontinents kommt die Fotosynthese ganz ohne künstliche Lichtquellen in
Gang. »Das Charmante an den Algen ist,
dass sie überall dort relativ leicht gezogen
werden können, wo die Sonne scheint und
es gemäßigte Temperaturen und Wasser
gibt«, sagt Kruse. Die sonnigen Regionen
der Erde könnten also zum natürlichen
Treibstofflager der Zukunft werden.
Drei Worte für die Effizienz
Eine Entwicklung, die das »Melken« unnötig
macht, kommt aus Neuseeland. Die Firma
LanzaTech arbeitet ebenfalls an der Zukunft
der Biospritproduktion. Die Entwickler
züchten ein Bakterium aus der Familie der
Clostridien, das durch Gärung Ethanol produziert, den Hauptbestandteil von Biosprit.
Einzige Voraussetzung: eine ausreichende
Versorgung mit Kohlenmonoxid. Dann setzt
er den Vorgang der Fermentation in Gang.
Zusammen mit Siemens Metalltechnologie
baut das Unternehmen derzeit zwei kommerzielle Anlagen an Stahlwerken in China
auf, die 2014 ihre Arbeit aufnehmen sollen.
LanzaTech schätzt das weltweite Potenzial
der Ethanol-Brauerei aus Abgasen von Stahlwerken auf 100 Milliarden Liter jährlich.
Ein Auto, betankt mit Bakterien-Bioethanol, das die Abwärme seiner CO2-neutralen Abgase mit einem thermoelektrischen
Generator zur Stromerzeugung nutzt – das
wäre eine Ausgeburt an Energieeffizienz. Die
allerdings lässt sich – was den Pkw-Bereich
angeht – durch eine ganz besondere Technik
der Abgasnutzung noch weiter steigern und
in drei Worte fassen: runter vom Gas.
Was ist drin im Auto-Abgas? Mehr Infos:
www.tuev-sued.de/automotive/abgas
Vor Ort
Menschen:
Mehr zum Thema
in Unserer Magazin-App
Hohe
Sicherheit
H
öhenangst darf Braam Botha nicht
haben. Der Spezialist für zerstörungsfreie Prüfungen von Anlagenteilen von
TÜV SÜD South Africa Pro-Tec muss
bei seiner Arbeit hoch hinaus. An bis zu 80 Meter
hohen Kesseln von Kohlekraftwerken steht er mitunter auf frei hängenden Plattformen und setzt sein
Ultraschallgerät an die Stahlwand – immer auf der
Suche nach möglichen Schäden im Material. Schon
kleinste Haarrisse und Beulen im Stahl könnten
fatale Folgen haben, denn die Kesselbereiche von
Kohlekraftwerken stehen unter hohem Druck.
Rund um die Stadt Middelburg, dem Sitz von
TÜV SÜD South Africa Pro-Tec, stehen 13 Kohlekraftwerke. Die Stadt liegt etwa 150 Kilometer östlich von Johannesburg, mitten im Kohlerevier von
Südafrika. »Von hier stammt der weitaus größte
Teil des Stromes für das ganze Land«, sagt Braam
Botha.
Im Sommer, wenn der Energiehunger des Staates geringer ist, werden nach einem festgelegten Plan
einzelne Einheiten der Kraftwerke für Inspektionen
stillgelegt. Dann klettern Botha und seine Kollegen,
ausgerüstet mit Ultraschall-, Sonar- und Röntgengerät, auf Gerüste und Podeste, um sie auf Herz
und Nieren zu testen. Das tun sie derzeit auch auf
den Baustellen von zwei neuen Kraftwerken in der
Energieregion.
Bis zu 400 Komponenten umfasst die Prüfliste,
die Braam Botha beachten muss. »Jedes Kraftwerk
ist anders, das macht meine Arbeit so interessant«,
sagt der 33-Jährige, der seit 14 Jahren im Dienst der
Sicherheit der südafrikanischen Energieversorgung
arbeitet. Auf ihm und seinen Kollegen lastet viel
Verantwortung. Botha: »Man muss sehr genau arbeiten und immer aufs Höchste konzentriert sein.«
Eine Konzentration, die er gerne auf dem Golf- und
Cricketplatz trainiert – was ihm schon einige Pokale
und Preise eingebracht hat.
Ultraschall für die Sicherheit: Braam Botha
von TÜV SÜD South
Africa Pro-Tec ist Spezialist für zerstörungsfreie
Prüfungen von Anlagenteilen.
Mehr Infos zu TÜV SÜD in Südafrika:
www.tuv-sud.co.za/
TÜV
TÜV SÜD
SÜD Journal
Journal 21
21
Auf dem Weg
AUF DEM
W EG
MIE
#22 CHE
RBAR
E
U
ERNE
#26 Küche
Mehr
sozial:
en
als Ess
Natürlich
chemisch
Text: Andreas Schleinkofer
Ohne Erdöl geht fast nichts: Ob Kunststoffe, Lacke, Farben oder Düngemittel – der Rohstoff ist unentbehrliche Ausgangsbasis für eine Vielzahl von
Produkten. Neue Forschungsansätze sollen dies ändern.
Das Stichwort: »erneuerbare Chemie«
Biomasse
Mais, Kartoffeln
und Kuhdung werden
in Biogasanlagen
vergoren.
22 TÜV SÜD Journal
Biogasanlagen
Das produzierte
Biogas kann zu Biomethan
umgewandelt und von der
Industrie als Energieträger verwendet
werden.
Auf dem Weg
D
ie Natur einer Revolution ist es,
Dinge auf den Kopf zu stellen,
Altes über den Haufen zu werfen, Neues aus der Taufe zu heben. Die Dampfmaschine, die Elektrizität,
der Computer waren und sind die »Revolutionäre« solchen Wandels. Jetzt steht uns
eine neue, eine weitere industrielle Revolution bevor, zumindest, wenn es nach Dr. Hermann Fischer geht. Der 60-jährige Chemiker und Unternehmer gilt in der Branche als
»Chemie-Revoluzzer«: Seit den 1970er-Jahren forscht und entwickelt er Produkte und
Verfahren, bei denen ausschließlich biogene
– also nachwachsende – Grundstoffe zum
Einsatz kommen. »Chemisch-technische
Alltagsprodukte aus solaren Grundstoffen«
nennt Fischer seine Erzeugnisse, die er in
seiner 1983 gegründeten Firma, der AURO
AG, herstellt.
Sicher noch vor 2020, sagt Fischer, werde
in der Chemieindustrie eine massive Veränderung stattfinden.
Stofflich und energetisch nutzen
Fossile Rohstoffe sind die »Grundnahrungsmittel« der chemischen Industrie: Vor allem
Erdöl, in deutlich geringerem Maß auch Erdgas und Kohle, bildet die Basis für viele der
wichtigsten Ausgangsstoffe. Das »schwarze
Gold« wird zur Herstellung von Farben, Lacken und Kunststoffen, von Düngemitteln
und Medikamenten benötigt. Die chemische Industrie nutzt rund 15 Prozent des in
Deutschland verbrauchten Erdöls für diese
Zwecke – etwa 16 Millionen Tonnen jährlich. Diese »Lebensgrundlage« zu substituieren ist die Herausforderung, die Revolution.
Die chemische Industrie arbeitet aktiv an
der Verbreiterung ihrer Rohstoffbasis und
setzt dort vermehrt nachwachsende Rohstoffe ein, wo es technisch machbar, wirtschaftlich, ökologisch und unter sozialen Aspekten
sinnvoll ist. Das spart Ressourcen, schützt
die Umwelt und gibt den Verbrauchern im
besten Fall auch noch ein gutes Gefühl beim
Griff ins Supermarktregal.
Biomasse statt Erdöl: Nicht nur zur
Gewinnung von Energie eignen sich
nachwachsende Materialien. Auch
bestimmte Kunststoffe und Haushaltsprodukte basieren auf ihnen.
Der Feststoff
aus Biogasanlagen
kann unter anderem
für die Produktion von
Kunststoffen verwendet werden.
TÜV SÜD Journal 23
Auf dem Weg
»Öl aus Mitteleuropa, Wachs aus Brasilien, Harz aus Indonesien.
Für chemische Prozesse benutzen wir die gesamte
Produktpalette
der Erde.« – Dr. Hermann Fischer, Chemiker und Unternehmer
Kaskadennutzung beschreibt die Mehrfach­nutzung
eines Rohstoffs und funktioniert im Grunde wie ein
Recycling aus dem laufenden Produktionsprozess
heraus. Ein Beispiel: Material aus nachwachsenden
Ressourcen – vielleicht Mais oder Kartoffeln – wird
zunächst zur Produktion von Kunststofffasern genutzt. Diese können dann immer wieder recycelt
und in neue Produktionsprozesse integriert werden.
Plus: Ist das Material in seiner Struktur beschädigt,
»erschöpft«, kann es immer noch energetisch genutzt
werden – beispielsweise in Verbrennungsanlagen.
Der Chemiekonzern BASF setzt seit vielen Jahren nachwachsende Rohstoffe ein. Sie machen heute
konzernweit rund vier Prozent der benötigten Rohstoffe aus und bestehen überwiegend aus pflanzlichen Ölen, Nebenprodukten der Holzverarbeitung,
Zucker, Stärke und Bioethanol. Diese werden durch
chemische und biotechnologische Umwandlung
zum Beispiel zu Kunststoffen verarbeitet und heißen
dann »Ultramid Balance«, ein Polyamid, oder »Lupranol Balance«, ein Polyol, basierend auf Rizinusöl.
Die Bandbreite der Einsatzmöglichkeiten nachwachsender Rohstoffe ist enorm, sie reicht von
Kunststoffen, Fasern und Waschmitteln über Kleb-
24 TÜV SÜD Journal
stoffe, Baustoffe und Hydrauliköle bis zu Arzneimitteln, so der VCI, der Verband der Chemischen
Industrie. Im Jahr 2011 entfielen darauf rund 2,7
Millionen Tonnen oder 13 Prozent der gesamten
organischen Chemieproduktion in Deutschland. Sie
haben sich überall dort erhalten oder durchgesetzt,
wo technische und ökonomische Vorteile gegenüber
fossilen Einsatzstoffen bestehen, so der VCI.
Schaumfrei dank biogener Rohstoffe
Die BASF verfügt über ein Produktportfolio für die
Kosmetik-, Wasch- und Reinigungsmittelindustrie,
das zu einem signifikanten Anteil auf Basis nachwachsender Rohstoffe hergestellt wird. Weiterhin
nutzt die BASF pflanzliche Öle für die Herstellung
von Entschäumern, die in wasserbasierten Lacken,
Anstrichmitteln, Druckfarben sowie Klebstoffen zum
Einsatz kommen und dort die Bildung von Schaum
während der Herstellung und der Applikation verhindern. Oder für sogenannte Koaleszenzmittel, die
die Filmbildung von umweltfreundlichen wässrigen
Dispersionen fördern und für bessere Scheuerbeständigkeit und Festigkeit von Farben und Lacken sorgen.
Es geht aber noch weiter: Die Futtermittelenzyme
Mehr zum Thema
in Unserer Magazin-App
Auf dem Weg
der BASF, die mithilfe von biotechnologischen Verfahren gewonnen werden, helfen bei der Aufzucht
von Nutztieren, indem sie unverdauliche Bestandteile der Futtermittel verdaulich machen. Das heißt:
eine bessere und damit ressourcenschonendere Futterverwertung.
Die natürlich-chemische Revolution, sie geht damit fast bis ins Mark, was auch die Zahlen belegen:
Während der VCI anführt, dass weltweit 10 bis 15
Prozent der in chemischen Prozessen eingesetzten
Materialien aus erneuerbaren Rohstoffen gewonnen werden, hat die Fachagentur Nachwachsende
Rohstoffe auch deren Verwendung erfasst: Rund 40
Prozent entfallen dabei auf pflanzliche Öle und tierische Fette, weitere 40 Prozent auf Kohlenhydrate.
Die restlichen 20 Prozent verteilen sich auf Naturkautschuk, Glycerin, Proteine, Arzneipflanzen, Kork
und Pflanzenwachse. Was die Gesamtmenge betrifft,
ist die Tendenz deutlich steigend – und zeigt, dass
die neue, die nächste industrielle Revolution in vollem Gange ist.
Erneuerbare Rohstoffe
im Produktionsverbund
Wie kann die chemische Industrie mehr biobasierter Rohstoffe in der Produktion einsetzen
– und gleichzeitig flexibel bleiben und bestehende Anlagen weiter nutzen? Eine Lösung auf
diese Frage bildet ein Massenbilanz-Ansatz,
den TÜV SÜD gemeinsam mit BASF entwickelt
hat. Die Idee: Organische Grundstoffe, zum
Beispiel Biomethan, die für die Herstellung
von chemischen Grundprodukten verwendet
werden, werden über ein standardisiertes
Verfahren den fertigen Endprodukten, beispielsweise Farben oder Klebstoffen, zugeordnet. Hersteller und Kunden können über
diese Massenbilanzierung nachweisen, wie
viel Prozent des fossilen Rohstoffbedarfes eines Produktes in der Produktionskette durch
erneuerbare Rohstoffe substituiert wurden.
Das zertifizierte Verfahren schafft Transparenz – und hilft dadurch, nicht-erneuerbare
Ressourcen zu schonen.
Kunststofffasern
für Outdoorkleidung
und -rucksäcke
Verarbeitung
Schon heute
basieren die unterschiedlichsten Produkte
auf nachwachsenden
Rohstoffen
Wasch- und
Reinigungsmittel
TÜV SÜD Journal 25
Auf dem Weg
Mensch,
MAHLZEIT!
Im Restaurant des TÜV SÜD-Laborzentrums in Garching erhalten Menschen mit psychischen
Behinderungen eine zweite Perspektive. In Küche und Service können sie zeigen, was in ihnen
steckt – und wie man richtig gutes Essen zubereitet.
Mehr zum Thema
in Unserer Magazin-App
Text: Sandra Lehmann
K
arotten putzen, Kartoffeln
waschen, Mousse au Chocolat zubereiten – Klaus Müller* und seine Kollegen vom
iwentcasino haben alle Hände voll zu
tun. Immerhin versorgt das Team des Betriebsrestaurants im Produktlabor von
TÜV SÜD in Garching täglich rund 200 Gäste mit Frühstück, frisch zubereitetem Mittagessen und kleinen Snacks. Die Arbeit in der
Küche fordert den 50-Jährigen voll. Dass ihm
die Hektik und der Umgang mit so vielen anderen Menschen einmal Spaß machen würde, hätte sich der gelernte Kfz-Mechaniker
nicht träumen lassen. Zu viele schlechte Berufserfahrungen begleiten Müller, der etliche
private Schicksalsschläge verkraften musste.
»Früher hatte ich viele Aushilfsjobs, teilweise
in betreuten Einrichtungen. Trotzdem habe
ich mich dort nie anerkannt gefühlt, sondern
meistens eher fehl am Platz.«
Das änderte sich, als Müller vor sechs
Jahren Mitarbeiter des Kantinenteams wurde. Hier ist er mit seinen Ängsten und seiner
26 TÜV SÜD Journal
psychischen Behinderung nicht auf sich allein
gestellt. Viele der hier beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben eine langjährige Erfahrung mit psychischen Erkrankungen und Behinderungen hinter sich. Das
Projekt soll die Betroffenen wieder für den
Arbeitsmarkt fit machen und ihnen helfen,
soziale Kontakte aufzubauen.
Verantwortung in Echtzeit
Täglich mit Hunderten Menschen zu agieren
ist deshalb für die meisten hier Chance und
Herausforderung zugleich. »Unsere Einrichtung bietet Menschen mit psychischer
Behinderung nicht nur die Möglichkeit,
sich fachlich zu qualifizieren, sondern auch
den Kontakt mit anderen zu üben – auch in
Stresssituationen«, sagt Renate Baur-Richter,
die das Restaurant für iwentcasino, die Gastrosparte der ISAR-WÜRM-LECH Werkstätten (IWL) leitet – im Auftrag von TÜV SÜD.
Der Prüfdienstleister hatte das Pilotprojekt
2007 gemeinsam mit der gemeinnützigen
Einrichtung ins Leben gerufen. Die IWL
hat auch die Einrichtung der Kantine geliefert. Vorurteile gegen die Idee und deren
Erfolg gab es dabei anfangs jede Menge. »Die
meisten Außenstehenden trauen Menschen
mit Behinderung keine ernsthafte Vollzeitbeschäftigung zu«, sagt Baur-Richter. Dabei
ist sie sich sicher: »Die Teilhabe am Arbeitsmarkt ist nicht nur identitätsstiftend, sie gibt
den Betroffenen auch das Gefühl, ernst genommen zu werden.«
Auch deshalb ist die Kantine in Garching
ein Pilotprojekt, für das die IWL 2013 mit
dem Zukunftspreis des sozialen Dienstleisters »PariServe« ausgezeichnet worden ist.
Mit Erfolg – denn dass es hier gut schmeckt,
zeigt die lange Warteschlange, die sich täglich vor der Essensausgabe bildet. »Genau
das möchten wir erreichen: dass die Leistung
der Menschen im Vordergrund steht.«
Mehr zum Thema:
www.wfb-iwl.de/node/17
* Name von der Redaktion geändert
Auf dem Weg
Kreativ, vielseitig und anspruchsvoll: In der iwentcasino-Kantine in Garching werden alle Haupt- und
Nachspeisen täglich frisch zubereitet.
TÜV SÜD Journal 27
Auf den Punkt
AUF DEN
PU N K T
EUEN
#28 DIE N
IODEN
LEUCHTD
EBER
#30 RATG
AUTO
Licht und
Platten
Text: Amanda Haupt
Wie dünn darf Licht sein? Sehr dünn. Organische Leuchtdioden, sogenannte OLEDs, verteilen ihre Strahlkraft über große Leuchtflächen und nicht mehr punktuell. Dank der neuen Technologie eröffnen sich
spannende Möglichkeiten für Beleuchtungsexperten, Lichtdesigner und Anwender – die damit auch noch
Energie und Geld sparen können.
28 TÜV SÜD Journal
Auf den Punkt
F
ernseher, so flach wie ein Blatt Papier. Bewegte Bilder, so groß wie eine komplette
Wand. Tragbare Computer, die zusammengerollt werden können wie eine Zeitung. Was auf viele Menschen wie ein Blick in die
Zukunft wirkt, ist schon heute Realität. Möglich macht
das eine Technik, die auf organischen Leuchtdioden,
sogenannten OLEDs, basiert. Während herkömmliche Leuchtdioden in Lampen oder in Computerund TV-Monitoren immer mehr Verbreitung finden, kennt die quecksilberfreien und recycelbaren
Flächendisplays kaum jemand.
Ein organischer Kunststoff spielt die Hauptrolle
bei der Beleuchtung der Zukunft. Zwischen hauchdünnen, flexiblen Glasscheiben werden organische
Schichten aus Polymeren oder anderen Molekülen
aufgetragen, die als Halbleiter dienen. Eingebettet zwischen einer negativ geladenen Aluminiumschicht, der Kathode, und einer positiv geladenen
Schicht Indiumzinnoxid, der Anode, erstrahlt die
frei werdende Energie bei Stromzufuhr als Licht.
Die Fläche leuchtet quasi von selbst, es ist keine
Hintergrundbeleuchtung mehr notwendig. Im
Unterschied zu LEDs ist die Strom- und die Leuchtdichte geringer, die Fläche erwärmt sich also nicht so
stark, wirkt aber gleichzeitig heller. Das heißt auch:
Verbraucher sparen Geld und nehmen ein angenehmeres, »wärmeres« Licht wahr.
Grenzenloses Lichtdesign
Während herkömmliche LED-Spots, wie auch schon
Glühbirnen, Halogen- und Stromsparlampen, nur
punktuell aufleuchten, bieten OLEDs erstmals eine
flächige Beleuchtung. Das führt zu einer besseren
Bildqualität bei Monitoren und macht Licht zum
Gestaltungselement bei der Innenausstattung.
Neu ist die Elektrolumineszenz organischer
Materialien, also deren Fähigkeit zu leuchten, wenn
sie unter Strom gesetzt werden, nicht. Schon in den
1950er-Jahren haben Wissenschaftler diesen Effekt
entdeckt. In den 70ern erhielt die OLED-Technologie
einen weiteren Schub: Erstmals wurden Kunststoffe als Halbleiter eingesetzt, also zur Weiterleitung
elektrischer Energie unter Temperatureinfluss.
In welcher Farbe OLEDs leuchten, hängt von der
Beschaffenheit des organischen Materials ab. Es
können auch mehrere Displays hintereinander geschaltet werden, sodass sich gigantische Darstellungsflächen ergeben. Aber auch Lampen und andere
Leuchtelemente können jede erdenkliche Form und
Farbe annehmen.
Noch ist die Technologie nicht ganz ausgereift,
der Einstiegspreis ist recht hoch. Noch. Denn werden sie in Serie hergestellt, können sie künftig kostengünstiger und in größeren Mengen als die LEDs
produziert werden.
1. Kathode: Eine dünne
Schicht aus Metall, meist
Aluminium, wird negativ
aufgeladen.
1
2. Sender: Eine Schicht aus
organischen Molekülen
oder Polymeren nimmt
die negative Ladung der
Kathode auf.
2
3. Leiter: Eine Schicht,die
3
ebenfalls aus organischem
Material besteht, nimmt
die positive Ladung von
der Anode auf.
4
4. Anode: Indiumzinnoxid
gibt die positive Ladung
ab und bringt dadurch
die OLED-Fläche zum
Leuchten.
5
5. Substrat: Die aus Glas bestehende Ober-
fläche der OLEDs leitet das entstehende
Licht nach außen.
Mehr zum Thema Lampen und Leuchtmittel:
www.tuev-sued.de/elektrik-elektronik
TÜV SÜD Journal 29
Auf den Punkt
Ratgeber:
Kälteschutz
Nur noch kurze Zeit, dann machen Eis und Schnee den Autofahrern wieder zu schaffen. Am besten,
Sie bereiten sich schon jetzt darauf vor. Fünf Tipps, wie Sie Ihr Fahrzeug winterfest machen.
1
3
2 Leuchte gut, alles gut
Rechtzeitig wechseln
Bei Temperaturen knapp über null Grad können
die Gummimischungen von Sommerreifen verhärten. Winterreifen dagegen sind aus weicherem Gummimaterial, das sich besser
der Fahrbahnoberfläche anpasst – bei
Schnee und Schneematsch ist das
von Vorteil.
Vor dem Start in die kalte und dunkle Jahreszeit
besonderes Augenmerk auf die Scheinwerfer
legen: Die Gläser müssen trocken und die Reflektoren klar sein. Auch die Nebelschlussleuchte sollte kontrolliert werden.
Auf die Spannung
kommt’s an
Mütze aufs Dach und los-
Vergewissern Sie sich, ob Ihre
Autobatterie noch in Schuss ist.
Auch bei modernen Blei-Akkus
sollte einmal im Jahr der Flüssigkeitsstand gecheckt werden.
Ist er zu niedrig, hilft destilliertes Wasser. Flüssigkeitsverlust
kann aber auch auf ein defektes
Gehäuse hindeuten, dann muss
eine neue Batterie her.
4
FLÜSSIG BLEIBEN
Achten Sie auf den Stand der Kühlflüssigkeit, und sorgen Sie für Frostschutz möglichst bis minus 25 Grad Celsius. Gleiches
gilt für die Flüssigkeit in der Scheibenwischanlage: Der Schutz sollte möglichst bis
minus 20 Grad Celsius reichen.
Mehr Infos rund um Kraftfahrzeuge:
www.tuev-sued.de/auto
30 TÜV SÜD Journal
fahren? Geht leider nicht. Es
gibt trotzdem die ein oder andere Möglichkeit, sich und sein
Auto sicher durch den Winter zu
bringen.
5
Eintritt frei
Damit man nicht beim ersten Frost vor verschlossenen Autotüren steht, sollte man sie rechtzeitig mit
Grafit behandeln, um das Zufrieren zu verhindern.
Dichtungen und Gummileisten mit einem Fettstift
oder Silikonspray pflegen.
Akademie | Termine
Training-Tipps
TÜV SÜD Akademie
In jeder Ausgabe des TÜV SÜD Journals stellen wir Ihnen
eine ausgewählte Seminarreihe vor.
Schulung zum Fachplaner Licht und LED
Die richtige Beleuchtung steigert Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit. Lichtplaner stehen vor der Herausforderung, kosten- und energieeffiziente Lösungen zu entwickeln, eine hohe Lichtqualität zu gewährleisten. Die
TÜV SÜD Akademie vermittelt in diesem fünftägigen Seminar
Know-how, mit dem Architekten, Gutachter und Ingenieure bei
Bauherren punkten können.
Grundlagen Licht: Einführung in die Thematik sowie photometrische
Größen, Lichtpsychologie und Kunstlichtspektren
Leuchten und Leuchtmittel: Erläuterung der technischen Methoden mit Fokus auf LED
Lichtkörper nach Norm: EN 12464 und DIN V 18599
Konzeption und Dimensionierung von Lichtanlagen:
Beleuchtungsstrategien und Lichtplanprogramme
Wirtschaftlichkeitsanalyse verschiedener Beleuchtungs­
anlagen: Amortisation, Betriebskosten und Wirtschaftlichkeit
Übungen und Praxisbeispiele in Projektarbeit
Termine mit Startmöglichkeit während des ganzen Jahres finden an
Standorten im gesamten Bundesgebiet statt.
Weitere Informationen zu den Seminaren und freie Termine im Internet unter: www.tuev-sued.de/akademie-de/seminare-­technik/
energie/licht
11/12/01
KALENDER
Auf folgenden Messen, Kongressen und Veranstaltungen können Sie TÜV SÜD live
erleben. Unsere Expertenteams freuen sich auf Ihren Besuch.
Mehr Infos zu den Terminen: www.tuev-sued.de/konzernevents
November
EWEA Offshore, Frankfurt am Main, 19.–21.11.2013
Rund 450 Aussteller präsentieren ihre Produkte und Dienstleistungen rund um die Liefer- und
Wertschöpfungskette der Offshore-Windenergie auf der weltweit größten Themenkonferenz
und -ausstellung.
MEDICA, Düsseldorf, 20.–23.11.2013
Labortechnik, Diagnostica und Elektromedizin sind einige Angebotsschwerpunkte bei der
Leitmesse zum Themenspektrum Medizin, bei der Unternehmen aus 64 Nationen ihr Portfolio
aufzeigen.
Januar
[email protected]
2014 AHR Expo New York, New York, 21. – 23.01.2014
Impressum
Herausgeber: TÜV SÜD AG, Westendstraße 199, 80686 München
Inhaber: TÜV SÜD e.V. (74,9 %), TÜV SÜD Stiftung (25,1 %), Westendstraße 199, 80686 München
Leiter Unternehmenskommunikation: Matthias Andreesen Viegas
Projektleitung & Chefredakteur: Jörg Riedle
Kontakt: +49 (0)89 5791-0, [email protected]
Realisation: Medienfabrik Gütersloh GmbH, Neumarkter Straße 63, 81673 München
Druck: Eberl Print GmbH, Kirchplatz 6, 87509 Immenstadt
Fotonachweis: Corbis (6, 7, 8, 9, 10, 12,13, 15, 16, 17, 30), Shutterstock (1), Bombardier (3, 7),
Siemens (11), Fotolia (18, 19, 20), Roger Riedel (26, 27), TÜV SÜD (2, 4, 5, 14, 15, 21), Christoph
Weiser (32), Daimler AG (33), Mierswa-Kluska (28); Illustration (22, 23, 24, 25, 34, 35): LULU*
Das TÜV SÜD Journal erscheint vierteljährlich. Die im Magazin enthaltenen Beiträge sind
urheberrechtlich geschützt. Das TÜV SÜD Journal wird klimaneutral auf einem Papier aus
nachhaltiger Holzwirtschaft gedruckt.
Die größte Veranstaltung zum Themenfeld Heizen, Ventilation und Klimatechnik kehrt nach
New York zurück. Mehr als 1.900 Aussteller zeigen ihre Produkte. Zu den rund 120 Seminaren und Vorträgen erwarten die Veranstalter an drei Tagen über 55.000 Teilnehmer.
TÜV SÜD Neujahrsempfänge, München, Stuttgart, Leipzig, 23.01. – 05.02.2014
Der Umweltwissenschaftler Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker und die Energieökonomin
Prof. Dr. Claudia Kempfert widmen sich der Energiewende. Bei den Neujahrsempfängen von
TÜV SÜD informieren die Experten geladene Gäste über die aktuelle Situation sowie ihre
Prognosen für die nächsten Jahre.
klimaneutral
natureOffice.com | DE-141-277719
gedruckt
TÜV SÜD Journal 31
5 Minuten
Tests für Messgeräte unter
extremem Druck
Mitarbeiter nach langer
Krankheit wieder integrieren
Unabhängige Prüfung von
Halal-Produkten
TÜV SÜD NEL mit Hauptsitz in Schottland ist eines der weltweit führenden Unternehmen für Tests von Messgeräten, die
im Energiebereich – beispielsweise in Pipelines – eingesetzt
werden. Die Prüfpalette wurde jetzt erweitert: mit Hochdruck-Testeinrichtungen, in denen Messgeräte unter dem
extremen Druck von 60 Bar geprüft werden können. Dies
entspricht dem Druck in einer Meerestiefe von 600 Metern.
Was tun, wenn ein Mitarbeiter durch eine Krankheit für einen
längeren Zeitraum ausfällt und seine Arbeit wieder aufnimmt?
Die Lösung: ein betriebliches Eingliederungsmanagement,
bei dem Unternehmensführung, Betriebsarzt und Betriebsrat
Hand in Hand zusammenarbeiten. TÜV SÜD ist hier kompetenter Partner und unterstützt Firmen im Rahmen seines Gesundheitsmanagements bei Wiedereingliederungsmaßnahmen.
Das deutsche Unternehmen TSPlus zertifiziert für seine Kunden
Lebensmittel nach dem Halal-Standard – künftig mit Unterstützung von TÜV SÜD. Der Prüfdienstleister wird diese Lebensmittel im Rahmen einer strategischen Partnerschaft auf die nicht
zulässige Verwendung von Schweinefleisch und Alkohol überprüfen. Beides ist nach dem Halal-Standard, der die islamischen
Regelungen für Lebensmittel definiert, unzulässig.
[email protected]
[email protected]
[email protected]
GreenFleet Award für Mobilitätsmix und alternative Antriebe
Jedes Jahr verleiht das TÜV SÜD-Tochterunternehmen FleetCompany den GreenFleet Award. Mit der Auszeichnung ehrt
der Dienstleister für das Management von
Firmenflotten Unternehmen, Behörden und
Institutionen, die ihre Fahrzeuge besonders
innovativ und nachhaltig organisieren. Die
Erfolgsrezepte der Gewinner des aktuellen
Preises: VAUDE, HAMBURG WASSER und
AIDA Cruises setzen auf einen Mobilitätsmix vom Fahrrad über Fahrgemeinschaften und Carsharing bis hin zu alternativen Antriebstechnologien. Nachhaltiges
Flottenmanagement zahlt sich dabei aus:
»Der Spritverbrauch ist einer der größten
Kostenfaktoren im Flottenmanagement.
Energieeffizienz und CO 2 -Einsparung sind
also schon aus wirtschaftlichen Gründen
Top-Themen für jeden Fuhrpark-Manager«,
so Roland Vogt, Strategische Organisation
der TÜV SÜD Auto Service GmbH. »Das unterstützen wir mit dem GreenFleet Award.«
[email protected]
32 TÜV SÜD Journal
5
Risk-Rating für Industrieprojekte erleichtert
Investitionsentscheidungen
Das Unternehmen Munich Re ist weltweit führend im Bereich Rückversicherung.
Bei der Versicherung neuer – oft milliardenschwerer – Bau- oder Industrieprojekte
sind komplexe Risikobewertungen notwendig. Solche Due-Diligence-Prüfungen sind
oft nur bedingt möglich oder sehr zeit- und
­kostenintensiv. Gemeinsam mit TÜV SÜD
In nur
hat Munich Re daher ein neues RatingSystem als Ergänzung zur Due Diligence
entwickelt, das eine Beurteilung komplexer
liefert das neue Rating PRR ErInvestitionsprojekte ermöglicht. Basis des
kenntnisse zu möglichen Risiken. Projekt-Risk-Ratings PRR ist ein modulares
System aus einzelnen Risikobausteinen, die
die wesentlichen Risiken eines Investitionsprojekts abbilden. Auch wirtschaftliche, technische, politische und ökologische Aspekte werden berücksichtigt. Der Vorteil: Projektbeteiligte profitieren von der neuen Kombination aus technischem Know-how von TÜV
SÜD und dem breit gefächerten Schaden- und Naturgefahren-Wissen von Munich Re.
Eine Bewertung kann dabei in jeder Projektphase erfolgen und auch mehrfach während
eines Projektlebenszyklus durchgeführt werden.
4 bis 8 Wochen
[email protected]
5 Minuten
Erweitertes Testportfolio für Elektrofahrzeuge
Mit der Übernahme eines Crashtestzentrums in Oberpfaffenhofen bei München erweitert TÜV SÜD sein Port- Die Sicherheit
folio im Bereich der Elektromobilität. In der 1.000 Quadratder Auto-Insassen zu erhöhen
meter großen Halle bietet das Unternehmen künftig alle
Arten von dynamischen Tests an. Zum Leistungsportfolio – dieses Ziel hat sich TÜV SÜD
gehören beispielsweise Schlittentests bis 80 Stunden- in seinem neuen Crashzentrum
kilometer, Systemcrashs oder Dummy-Tests. Außerdem gesetzt.
stehen Klimakammern und Schockprüfer zur Verfügung.
Mit einer Bremsanlage können zudem zulassungsrelevante Tests an verschiedenen Fahrzeugbauteilen wie zum Beispiel elektrischen Energiespeichern oder
Rückhaltesystemen durchgeführt werden. Das Crashzentrum kommt genau zur rechten Zeit: Aktuell
verzeichnet die Branche einen zunehmenden Einsatz leichterer Materialien im Fahrzeugbau, außerdem
steigt die Zahl der zugelassenen E-Fahrzeuge. Die neuen Leistungen ergänzen dabei die bestehenden
umfangreichen Tests in den Batterieprüfzentren von TÜV SÜD.
[email protected]
Minuten
mit TÜV SÜD
Mängel bei leichten ­­
Lkws in Deutschland
Das Sicherheitsniveau von Nutzfahrzeugen
in Deutschland ist insgesamt hoch. Das zeigen
die Ergebnisse des zweiten TÜV-Lkw-Reports,
den der Verband der TÜV e.V. (VdTÜV) Ende
September vorgestellt hat. Allerdings traten
bei Transportern und leichten Lkws bis 7,5
Tonnen teils größere Mängel auf. Bereits
nach zwei Jahren fällt hier jeder Zehnte
bei der Hauptuntersuchung durch. Positiver
­dagegen das Bild bei den schweren Lkws.
Für den TÜV-Lkw-Report wurden mehr als 1,2
Millionen Hauptuntersuchungen ausgewertet,
die die Mitgliedsunternehmen des VdTÜV im
vergangenen Jahr durchgeführt haben.
[email protected]
TÜV SÜD übernimmt 100 Prozent der
Anteile an Railcert
TÜV SÜD hat seine Beteiligung an dem 1999 gemeinsam mit der
Movares Gruppe gegründeten Prüf- und Zertifizierungsdienstleister
für den Bahnverkehr Railcert B. V. von 50 auf 100 Prozent aufgestockt.
Mit der Akquisition stärkt das Unternehmen seine Führungsposition
als Partner bei internationalen Bahnprojekten. »Vor allem in den Bereichen EG-Konformitätsprüfung und EG-Zertifizierung wird die Übernahme unsere Position weiter festigen«, so Klaus Bosch, Leiter der
TÜV SÜD Rail GmbH. Mit der Übernahme der Anteile tritt gleichzeitig
eine Kooperationsvereinbarung zwischen Railcert B. V. und Movares
in Kraft. Diese gewährleistet den Kunden die volle Kontinuität. Alle
bereits erstellten Zertifikate sowie alle laufenden Zertifizierungs- und
Begutachtungsprojekte werden reibungslos weitergeführt. Railcert
ist durch das Niederländische Ministerium für Infrastruktur und Umwelt als Notified Body gemäß EU-Richtlinie 2008/57/EG über die
Interoperabilität des Eisenbahnsystems in der Gemeinschaft benannt
– außerdem sowohl in den Niederlanden als auch in Luxemburg als
Designated Body nach jeweils geltendem nationalen Recht.
[email protected]
Nachholbedarf beim
Bildungsmanagement
Bildungssysteme in Unternehmen werden immer professioneller.
Allerdings haben vor allem kleine
und mittlere Firmen noch viel Nachholbedarf in Bezug auf ein systemades Bildungs- und Talent- tisches Talentmanagement. Zu diemanagements: der Dialog sen Ergebnissen kommt die Studie
»Bildungs- und Talentmanagement
zwischen Führungskraft
2013«, die TÜV SÜD gemeinsam
und Mitarbeiter.
mit EuPD Research Sustainable
Management veröffentlicht hat.
Insgesamt gilt: Obgleich auch kleine Unternehmen exzellente Ansätze aufweisen, steigt mit der Größe des Unternehmens auch die Systematik des
Bildungsmanagements. Die Studie basiert auf den eingegangenen Qualifizierungsbögen für den Deutschen Bildungspreis 2013, den TÜV SÜD und
EuPD Research Sustainable Management ins Leben gerufen und in diesem
Jahr bereits zum zweiten Mal durchgeführt haben.
Wichtigstes
Instrument
[email protected]
TÜV SÜD Journal 33
Zu guter Letzt
Galaktischer
Würfel
34 TÜV SÜD Journal
Zu guter Letzt
Jeder kleine Junge will Astronaut werden.
Ein Start-up-Unternehmen aus den USA
lässt auch diejenigen den Weltraum erforschen, die doch einen anderen Beruf
ergreifen.
W
ir schreiben das Jahr 2013. Mit seinen Instrumenten erkundet
ArduSat das Universum: seine Phänomene, seine Kuriositäten – und das Wetter. ArduSat ist ein kleiner Satellit. Genau
genommen ist ArduSat nicht nur klein, er ist geradezu winzig, verglichen mit seinen Kollegen. Zehn Zentimeter ist der Minisatellit hoch,
breit und tief, den ein amerikanisches Start-up-Unternehmen seit August an
ambitionierte Hobbyforscher vermietet. Vollgestopft ist der handtellergroße
Computer mit einem Lichtsensor, einem Geigerzähler, einem Spektrometer,
einem Magnetometer und unzähligen Kameras. Vom heimischen Computer
aus lassen sich so Sternenstaub analysieren, Wetterphänomene beobachten
oder Geocaching betreiben, eine Art moderne Schnitzeljagd. Alles, was Sie
dafür brauchen, ist die vom Vermieter angebotene Software und ein Betrag
von 250 US-Dollar pro Woche. Weil ein herkömmlicher Satellit zwischen einer halben und zwei Milliarden US-Dollar kostet, ist das Interesse von Jugendlichen und Normalverdienern an dem neuen Mietservice schon jetzt sehr
groß. So hatten sich bereits vor dem Start des Pilotprojektes zehn amerikanische Schulen angemeldet. Sie wollen mit ArduSat Daten für ihren Astronomieunterricht sammeln, schulische Experimente durchführen und dazu
eine Kooperationsmöglichkeit mit der NASA nutzen. Die amerikanische
Raumfahrtbehörde wird den Sensorwürfel kostenlos, quasi als Zusatzgepäck
mit großen Satelliten, ins All befördern. Ob die Wissenschaftler von den
Hobbyexperimenten profitieren können, wird sich zeigen.
Weil die Kosten von 250 US-Dollar pro Woche für die Finanzierung des
Projektes aber nicht ausreichen, denken die ArduSat-Eigner schon jetzt über
eine Vermarktung der gewonnenen Daten nach. Bei Unternehmensgründung
hatte sich auch der russische Milliardär Dmitry Grishin Anteile gesichert. Er
zumindest scheint also an den Geschäftserfolg zu glauben.
Mehr zum Thema
in Unserer Magazin-App
TÜV SÜD Journal 35
Der Zugang zu Bildung ist weltweit
ungleich verteilt. Vor allem
Mädchen haben es vielerorts
schwer – doch sie holen auf!
Lücke schlieSSen
D
ie Vereinten Nationen haben acht MilleniumsEntwicklungsziele definiert, eines davon:
Frauen und Mädchen müssen die gleichen
Bildungschancen wie Männer haben. Der aktuelle Millennium Development Goals Report belegt eine
Entwicklung, die in die richtige Richtung geht: Demnach
nahm beispielsweise die Alphabetisierungsrate von Mädchen und Frauen im Alter von 15 bis 24 Jahren in Nordafrika zwischen 1990 und 2011 um 28 Prozent zu. Die der
Männer stieg im gleichen Zeitraum um 16 Prozent. Schließt
sich damit das weltweite »Bildungsungleichgewicht« zwischen Männern und Frauen? Nein.
Mehr zum Thema
Der Global Gender Gap Report 2012 des Weltwirtschaftsforums zeigt, dass lediglich 20 Länder dieses Ziel der
Vereinten Nationen schon erreicht haben. Der Bericht
vergleicht unter anderem die Alphabetisierungs- und
Grundschulbesuchsrate von Frauen und Männern in 135
Ländern. Das Fazit: Frauen holen auf, vor allem in Entwicklungsländern.
Der Report vergleicht dabei nicht die Qualität der jeweiligen Bildungssysteme, sondern nur deren gerechte
Zugangsmöglichkeiten. Deswegen finden sich auch Länder
unter den Top 20, deren Bildungsqualität einem internationalen Vergleich kaum standhalten würde.
in Unserer Magazin-App
Wie gerecht ist das Bildungssystem?
In nur 20 Ländern der Welt haben Mädchen die gleichen Bildungschancen wie Jungen
Rang 1 bis 20
(höchste Indexnote 1)
135 untersuchte Länder
In den Index fließen folgende Daten ein:
• Alphabetisierungsrate­• G
­ rundschulbesuche
• ­Mittelschulbesuche • Weiterführende Schulausbildung
Jeweils das Verhältnis der Frauen zu den Männern
Quelle: The Global Gender Gap Report 2012
36 TÜV SÜD Journal