ENCOA 2007 Ausgabe 11

Transcription

ENCOA 2007 Ausgabe 11
Schriftenreihe der Heeresunteroffiziersakademie
Ausgabe 11
ENCOA 2007
Dieser Band enthält die besten Arbeiten aus dem Weiterbildungslehrgang für
Stabsunteroffiziere 2006, die über das Projekt ENCOA („European Non
Commissioned Officer Academy“) von deutschen und österreichischen
Unteroffizieren erstellt wurden sowie aktuelle Informationen zu ENCOA.
Besonderer Dank ergeht an Mag. Petra BOHNSTEIGER und
Frau Susan GEIBLINGER für die umfangreichen Unterstützungen bei der
redaktionellen Bearbeitung dieser Publikation!
Oktober 2007
3
Schriftenreihe der Heeresunteroffiziersakademie
Ausgabe 11
Impressum:
Schriftenreihe der Heeresunteroffiziersakademie
Ausgabe 11
Erscheinungsdatum: Oktober 2007
Medieninhaber/Herausgeber:
Bundesministerium für Landesverteidigung
Roßauer Lände 1
1090 Wien
Redaktion:
Oberstleutnant dhmfD Mag. Andreas KASTBERGER
(Chefredakteur)
[email protected]
Layout Titelseite:
Vizeleutnant Gernot HALLA
Administration:
Heeresunteroffiziersakademie
Lehrabteilung 3
Tel. (0043)-(0)50201-41 28312
Druck: Heeresdruckerei WIEN
Die in den Artikeln zum Ausdruck gebrachten
Aussagen oder Meinungen müssen nicht mit jener der
Redaktion oder des Herausgebers übereinstimmen.
4
Inhaltsverzeichnis
Oberst Johann HEHENBERGER
Vorwort des stellvertretenden Akademiekommandanten ................. 7
Oberst Rolf KIRLEIS
Grußworte des Kommandeurs der
Unteroffizierschule der Luftwaffe .................................................... 9
Oberstleutnant Gerhard KRENN
Gedanken des österreichischen Projektleiters für ENCOA ....... ... 11
Autorenübersicht ...........................................................................................13
Oberstabsfeldwebel Ralph BETZGEN
„Military Ethics and Ethical Dilemmas”:
More than Dealing with Value Conflicts ........................................ 15
Hauptfeldwebel Holger FELS
Der Wandel des Berufsbildes der Unteroffiziere –
ein Vergleich zwischen der United States Air Force
und der Deutschen Luftwaffe.......................................................... 33
Vizeleutnant Kurt GROBNER
Grundlagen zur Dienstaufsicht in der Deutschen
Luftwaffe und im Österreichischen Bundesheer
im Vergleich................................................................................... 47
Oberfeldwebel Torsten PREIN
Berufsethische Bildung für Unteroffiziere im angehenden
21. Jahrhundert: Kritische Betrachtungen des Ansatzes
im Österreichischen Bundesheer .................................................... 59
5
Offiziersstellvertreter Martin WEBER
Internationale Kooperation in der einsatzorientierten
Ausbildung – Erfahrungen eines langjährigen
Hauptlehrunteroffiziers im Bereich Fliegerabwehr .......................... 71
6
HEHENBERGER: Vorwort des stellvertretenden Akademiekommandanten
Heeresunteroffiziersakademie
Der stellvertretende Kommandant
Sehr geehrte Leserinnen und Leser!
Das mittlerweile zu Ende gehende Jahr 2007 war für die Heeresunteroffiziersakademie wieder ein sehr produktives und spannendes zugleich. Mit dem
Start des ersten Vorbereitungslehrganges für angehende Berufsunteroffiziere,
der als Novum konkrete Fördermaßnahmen zur Vorbereitung auf die Zulassungsprüfung zum Unteroffizierslehrgang (künftig „Militärische Führung 2“)
und zusätzlich ein Förderassessment beinhaltet, wurde im ersten Quartal 2007
die neue Unteroffiziersausbildung nach Vorgaben der Reformideen gemäß
„Management ÖBH 2010“ de facto eingeläutet. Bis zu deren endgültiger Implementierung werden nun vermehrt notwendige Abstimmungen der Aus-,
Fort- und Weiterbildung für Unteroffiziere mit Ausbildungsgängen für Offiziere erfolgen. Diese verbleibende Zeitspanne gibt uns die Möglichkeit eines
soliden Übergangs in das neue Ausbildungssystem.
Auch unsere internationalen Kontakte konnten im heurigen Jahr wieder
vertieft und verdichtet werden. Das Projekt ENCOA („European Non
Commissioned Officer Academy“) gilt dabei nach wie vor als unser
„Flaggschiff“, wenn es darum geht, sowohl die Internationalisierung als auch
die Nutzung moderner Medien für die Weiterbildung der österreichischen
Unteroffiziere zu erschließen. Die Qualität der Arbeiten, die während des
Weiterbildungslehrganges für Stabsunteroffiziere im Jahr 2006 auf der Basis
des Teletutorings über ENCOA geleistet wurden, spricht für sich und
natürlich insgesamt für das Potential, das in diesem Projekt steckt. Aber
überzeugen Sie sich bitte selbst, indem Sie sich die nun folgenden
Ausarbeitungen etwas näher ansehen.
Die Heeresunteroffiziersakademie bemüht sich trotz knapper Ressourcen ein
möglichst umfassendes und zukunftsorientiertes Bildungsangebot zu bieten.
Ich appelliere daher an all jene, die mit Fragen der Weiterbildung von Unteroffizieren des Bundesheeres zu tun haben, sei es etwa als direkt betroffener
Angehöriger des Unteroffizierskorps oder als Kommandant bzw. Leiter einer
Dienststelle. Eine Initiative wie ENCOA darf und wird kein Selbstzweck
7
HEHENBERGER: Vorwort des stellvertretenden Akademiekommandanten
sein! Der Erfolg von Einrichtungen dieser Art hängt ganz wesentlich davon
ab, wer sich in welcher Form dafür einsetzt oder als direkter Nutznießer sich
einer konkreten Weiterbildung unterzieht. Dies gilt auch dann, wenn wie im
vorliegenden Fall, der offensichtliche Bedarf, die Zweckmäßigkeit und die
Wirtschaftlichkeit in einem bestechend günstigen Verhältnis zueinander stehen. Ich lade daher ein, von diesem Bildungsangebot Gebrauch zu machen
und bedanke mich ausdrücklich bei den vorgesetzten Stellen für ihre Unterstützung. Für die wirkungsvolle Zusammenarbeit im gesamten Projekt gilt
den deutschen Kameraden von der Unteroffiziersschule der Luftwaffe besonderer Dank und Anerkennung.
Johann HEHENBERGER
Oberst
8
Kirleis: Grußworte des Kommandeurs der USLw (Deutsche Bundeswehr)
Unteroffizierschule der
Luftwaffe
Der Kommandeur
Sehr geehrte Leserinnen und Leser!
Als Kommandeur der Unteroffizierschule der Luftwaffe ist es mir eine Ehre,
nun schon zum zweiten Mal ein paar persönliche Worte in der hier vorliegenden Ausgabe 11 der Schriftenreihe der Heeresunteroffiziersakademie an Sie
zu richten. Es zeigt mir deutlich die gute und partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Heeresunteroffiziersakademie des Österreichischen Bundesheeres und der Unteroffizierschule der Luftwaffe, die sich seit dem Bestehen des gemeinsamen Projektes ENCOA gebildet hat. Mit den in dieser
Schriftenreihe veröffentlichten Arbeiten können Sie sich von unserer Zusammenarbeit selbst überzeugen.
ENCOA ist inzwischen ein fester Bestandteil der Ausbildung an der Unteroffizierschule der Luftwaffe und erfährt einen stetig wachsenden Bekanntheitsgrad. Unser gemeinsames Ziel, österreichischen und deutschen Berufsunteroffizieren ein qualitativ hochwertiges Weiterbildungsangebot unter Nutzung der
modernen Medien zu bieten, ist uns mit ENCOA gelungen und setzt ein Zeichen für die zeitgemäße und moderne Form der Erwachsenenbildung in unseren Streitkräften.
Von den Möglichkeiten des Projektes und dem Potential ENCOA konnten
auch die schweizerischen Streitkräfte in den letzten Monaten überzeugt werden. Gespräche zwischen Vertretern aller drei Nationen haben ergeben, dass
wir in Zukunft auch mit schweizerischen Lehrgangsteilnehmern und Tutoren
bei den bestehenden und geplanten ENCOA Vorhaben rechnen können.
In dieser Ausgabe der Schriftenreihe werden die besten Lehrgangsarbeiten
aus dem ENCOA Lehrgang I/2006 veröffentlicht. Für die erbrachten Leistungen möchte ich den Verfassern der Arbeiten sowie den beteiligten Teletutoren
gratulieren und auch danken.
9
Kirleis: Grußworte des Kommandeurs der USLw (Deutsche Bundeswehr)
Dem Leser wünsche ich viel Vergnügen!
Rolf Kirleis
Oberst
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KRENN: Gedanken des österreichischen Projektleiters für ENCOA
Heeresunteroffiziersakademie
Der Projektleiter für ENCOA
Sehr geehrte Leserinnen und Leser!
Ich möchte mich als neuer Projektleiter für ENCOA an der HUAk vorstellen.
Als Offizier der mechanisierten Truppe durfte ich in meiner Waffengattung
verschiedenste Funktionen bis hin zur vertretungsweisen Einteilung als Bataillonskommandant wahrnehmen. Nach einer zuletzt zweijährigen Verwendung als Leiter des Prüfzentrums beim Heerespersonalamt wechselte ich im
September 2006 an meinen derzeitigen Arbeitsplatz. Durch eine Vielzahl an
Übungen und zwei Einsätze im Ausland konnte ich schon bisher die nunmehr
stark zunehmende Internationalisierung des Bundesheeres ein wenig mitgestalten. ENCOA ist in dieser Hinsicht eine logische, weitere Station in meinem
Berufsleben.
Zu meiner großen Freude konnte ich von Beginn weg auf Bestehendem aufbauen. Bis zum Herbst 2006 waren immerhin schon ein Testlehrgang durchgeführt und ein Durchgang des Weiterbildungslehrganges vorbereitet worden.
Einige weitere, in die Zukunft weisende Ideen lagen zusätzlich auf meinem
Schreibtisch. Ich danke all jenen, die mir den Einstieg derart erleichterten.
Wie könnte es mit ENCOA nun aus meiner Sicht weitergehen? Im März dieses Jahres wurden bei einer Arbeitstagung, die wir in Enns durchführten, wieder wichtige Meilensteine initiert. Die internationale Fort- und Weiterbildung
für Unteroffiziere sollte durch neue ENCOA-Lehrgänge laufend ergänzt werden. Auch dürfen wir uns seit diesem Jahr über die Projektbeteiligung der
Schweizer Armee freuen.
Konkret wird von Oktober bis Dezember 2007 zum zweiten Mal der bereits
bewährte ENCOA-Lehrgang im Rahmen des Weiterbildungslehrganges an
der HUAk geführt. Ab dem Jahr 2008 werden die Teilnehmer der „Ausbildung der Lehrer“ von Teletutoren der Bundeswehr während der Erstellung
der Fachbereichsarbeiten begleitet. Ein Pilotversuch dazu konnte 2007 erfolgreich abgeschlossen werden. Weiters starten wir noch heuer ein hoffentlich
11
KRENN: Gedanken des österreichischen Projektleiters für ENCOA
rasch anwachsendes Seminarprogramm, das unsere Bildungslandschaft für
Unteroffiziere sinnvoll und modern ergänzen sollte.
Den Leserinnen und Lesern wünsche ich zunächst viel Vergnügen!
Gerhard KRENN
Oberstleutnant
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Autorenübersicht in alphabetischer Reihenfolge
Autorenübersicht
in alphabetischer Reihenfolge
Oberstabsfeldwebel Ralph BETZGEN
Jahrgang 1957, Angehöriger der Deutschen Bundeswehr seit 1976, 1979 bis
1980 Ausbildung zum Mechanikermeister und Kampfführungsfeldwebel am
Waffensystem Hawk, 1992 bis 2001 Hörsaalleiter an der Unteroffizierschule
der Luftwaffe, 2001 bis 2005 als Hörsaalleiter und Operation Superintendent
an der United States Air Force Senior Noncommissioned Officer Academy,
College for Enlisted Professional Military Education Maxwell Air Force
Base, Gunter Annex in Alabama eingesetzt, dort mit der Führung und dem
Training von ca. 9.700 Studenten in der kombinierten Offizier /
Unteroffizierausbildung
betraut,
im
Moment
Fachlehrer
und
Ausbildungsfeldwebel bei der 2. Inspektion der Unteroffizierschule der
Luftwaffe in Appen.
Hauptfeldwebel Holger FELS
Jahrgang 1972, Abitur und Eintritt in die Bundeswehr 1992, ab 1998 Verwendung als Berufssoldat, Ausbildung zum Zugführer der Luftwaffensicherungstruppe (FwLwSichTr), eingesetzt als Gruppen- und Zugführer einer
Grundausbildungseinheit, 1999-2007 Versetzung zur Unteroffizierschule der
Luftwaffe (USLw) nach Appen, Einsatz als Fachlehrer für Führung und Einsatz sowie im Moment als Hörsaalleiter in der Vorgesetztenausbildung der
Luftwaffe (VorgAusbLw), Verwendungen und Ausbildungsgänge:
FwLwSichTr, ABC/SeFw, LehrFw, Moderator für Einsatznachbereitungsseminare, AGSHP-Fw, Übltr Bw, MKF ( B / C / E ), Spezialausbildung EOR,
Einweisung AGDUS.
Vizeleutnant Kurt GROBNER
Jahrgang 1959, eingerückt 1980 zu einer Aufklärungskompanie, bis 1985
Verwendung zunächst als Kommandant einer Aufklärungsgruppe, danach als
Gruppen- und Zugskommandant bei einer Jägerkompanie, insgesamt zehn
sicherheitspolizeiliche Assistenzeinsätze als Zugskommandant an der Staats13
Autorenübersicht in alphabetischer Reihenfolge
grenze und fünf Einsätze im Katastrophenschutz (Aufräumarbeiten nach
Sturmschäden), 1997 Versetzung an die Heeresunteroffiziersakademie, seither als Hauptlehrunteroffizier und Klassenleiter in der Lehrabteilung 1 (Unteroffizierslehrgang), Schulungsleiter für Ausbildungsmethodik, parallel als
Trainer Führungsverhalten tätig, von Oktober bis Dezember 2006 im Rahmen
des 6. Weiterbildungslehrganges für Stabsunteroffiziere an der HUAk Teilnehmer am Lehrgang ENCOA.
Oberfeldwebel Torsten PREIN
Jahrgang 1970, Grundausbildung im Luftwaffenausbildungsregiment 3 Germersheim 1992, Anschlussverwendung als 1. Luftfahrzeug-Radar-WarnAnlagen-Mechaniker Tornado im Jagdbombergeschwader 31 „Boelcke“ bis
1997, danach bis 2002 Luftfahrzeug Eloka System Feldwebel Tornado, seit
Herbst 2002 tätig als IT-Admin-Fw Groupware im JaboG 31 „B“, militärischer Werdegang: Unteroffizierslehrgang 1993 an der Unteroffizierschule der
Luftwaffe in Appen, Feldwebellehrgang 1996, Teilnahme an zahlreichen
Auslandskommandos in unterschiedlichen Verwendungen.
Offiziersstellvertreter Martin WEBER
Jahrgang 1969, eingerückt 1986 in Großenzersdorf beim ehemaligen Fliegerabwehrbataillon 1, bis 1989 Geschützführer 35mm Z/FlAK 85, 1989 Versetzung zur Fliegerabwehrschule nach Langenlebarn, bis 1993 tätig als Lehrunteroffizier 35mm Z/FlAK 85, danach Lehrunteroffizier am Feuerleitgerät
SKYGUARD 75/79; ab 1997 auch Lehrunteroffizier am Zielzuweisungsradar
FLAMINGO, seit 2002 Hauptlehrunteroffizier am Feuerleitgerät SKYGUARD 98, Teilnehmer an diversen internationalen Übungen im In- und Ausland, Qualifikation als „Staatlich geprüfter Lehrwart“ allgemeine Kondition
und Schulungsleiter für Ausbildungsmethodik, Absolvent der Ausbildung der
Lehrer 2004 (AdL) und des 6. Weiterbildungslehrgang für Stabsunteroffiziere
2006 inklusive des dazugehörigen ENCOA-Lehrganges.
14
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas
Oberstabsfeldwebel Ralph BETZGEN
“Military Ethics and Ethical
Dilemmas”: More than Dealing with
Value Conflicts
Without entering into the specifics of individual cases, I
doubt the reader will argue that noteworthy ethical failures
have occurred in all military forces over the past several decades, and appear likely to continue to do so. Incidences of
ethical failure have involved military of all age groups, all
elements and without regard of religion, gender, or other criteria.
"[To] do this to the right person, to the right extent, at the right time,
with the right motive, and in the right way, that is not for every one nor is it easy;
wherefore goodness is both rare and laudable and noble." -- Aristotle
Introduction
Why do we need ethical education for soldiers? The reasons are obvious. We
need to take steps to improve the quality of training in ethical dilemmas in the
military as an organization. Since the end of the Cold War, military
deployments for military operations other than war have increased
significantly. These deployments lead to new ethical challenges. While it is
impossible to discuss all possible ethical dilemmas beforehand, it is essential
to guarantee that military personnel involved have the skills and moral
competence that prepare them for the ethical dilemmas they may encounter.
The German Armed Forces are deeply involved in military operations of all
kinds. Military Operations other than War, in particular, lead to new practices
and new moral experiences for German soldiers. These new practices and
experiences in the context of peace operations all have ethical implications.
Awareness of these ethical implications has been triggered by critical
incidents like the Srebrenica Massacre in 1995, September 11th 2001 and the
Abu Ghraib torture and prisoner abuse from 2003.
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BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas
“Among men there are but few who behave according to principles -- which is
extremely good, as it can so easily happen that one errs in these principles, and
then the resulting disadvantage extends all the further, the more universal the
principle and the more resolute the person who has set it before.”
Immanuel Kant, Observations of the Feeling of the Beautiful and Sublime
[translated by John T. Goldthwait, University of California Press, 1960, p.74]
Awareness of the relevance of ethics for military practice has certainly been
greatly enhanced. There is a need for a deeper exploration of these ethical
issues. In fact there is a need to prepare soldiers to take responsibility.
Battlefield behaviour is regulated by international law; but time and critical
incidents have proven that it is very difficult to adhere to these myriad laws
when military men and women in lethal combat situations are forced to make
decisions of an ethical nature.
Military ethics is the theory of how to practice the good in an imperfect
world, under circumstances that have the power to pervert the perception of
good and evil.
“The question has been asked whether ‘ordinary people’ who have no previous
record of violence and criminality and who have been brought up in a democratic
tradition, can commit war crimes. The disturbing answer, which experts have
given to that question, is: yes.” [1], translated by Ralph Betzgen
This paper addresses some of the main related issues to improve the
understanding of values, ethics, military ethics and dilemma training in the
armed forces. The first section distinguishes the differences between ethics,
morals and military ethics and their connection to human values. The second
part will cover professional integrity and leadership to develop military
ethics, followed by the part that discovers possible sources of ethical failure.
Later on in part four we will discuss possible solutions for approaching
ethical dilemma training, and finally we will summarize with a résumé on the
topics covered.
The definition of ethics, moral, military ethics and values
First a brief definition of what ethics and morals are in order to prevent
confusion about ethics and morals. While ethics and morals are synonyms in
most dictionaries, they differ in their practical application. As used in this
paper, the word ethics refers to the principles, rules, and standards of proper
conduct defined by an organization for its own members. In contrast, morals
are personal rules and standards of conduct based on authorities recognized
by the individual, which may include family, religious, organizational, or
philosophical values.
16
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas
Most people act on the basis of certain morals, in other words using particular
standards and values. Values are core beliefs such as duty, honour, and
integrity that motivate attitudes and actions.
The terms "ethics" and "values" are not interchangeable. Ethics is concerned
with how a moral person should behave, whereas values are the inner
judgments that determine how a person actually behaves. Most of an
individual's ethical development occurs before entering an organization. The
influence of family, church, community, and school will determine individual
values. Values concern ethics when they pertain to beliefs about what is right
and wrong.
Moral values can be divided into two different categories: “universal” moral
values and “non-universal” moral values. Universal moral values are those
values that are shared by all peoples regardless of the cultural and moral
position occupied by them. Examples of universal moral values include those
enshrined in the “Universal Declaration of Human Rights”, such as liberty
and equality. As decent and responsible members of the international
community, we have a responsibility to adhere to these values and to
commend them to others. Non-universal moral values are not as binding as
the values referred to above. These are either inherent in, or peculiar to, a
particular culture or nationality.
Non-moral values may constitute an important component of a particular
professional ethic without necessarily implying a universal moral obligation.
Within the military environment such values would include health, work
satisfaction, readiness to suffer pain on behalf of comrades (“Service before
Self”) and loyalty to the profession. Others may be peculiar to the
institutional culture of the armed force in question, for instance the emphasis
on saluting and compliments.
Not all values are ethical values. Ethical values relate to what is right and
wrong and thus take precedence over non-ethical values when making ethical
decisions. We translate values into principles so they can guide and motivate
ethical conduct. Ethical principles are the rules of conduct that derive from
ethical values. For example, honesty is a value that governs behaviour in the
form of principles such as, “tell the truth, don’t deceive, be candid, don’t
cheat”. In this way, values give rise to principles in the form of specific "dos"
and "don’ts."
The ethics of most military forces generally mirror the ethics of the society
that they are a part of. The aspects that distinguish the military systems from
their civilian counterparts are based on those forces being the defense for
their respective countries. As the defenders of the country, additional ethics
are necessary. In the Lesson 8B04, “Values”, taught at the USAF SNCOA
they stated that …
17
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas
“... military ethical values are divided in several subcategories like honesty,
integrity, loyalty, accountability, fairness, caring, respect and promise keeping.”
[2]
Let’s take a closer look at the definition of those values, or the eight pillars of
character [3]:
Honesty
Being truthful, straightforward, and candid are aspects of honesty.
Truthfulness is required. Deceptions are usually easily uncovered. Lies erode
credibility and undermine public confidence. Untruths told for seemingly
altruistic reasons (to prevent hurt feelings, to promote good will, etc.) are
nonetheless resented by the recipients.
Integrity
Being faithful to one’s convictions is part of integrity. Following principles,
acting with honour, maintaining independent judgment, and performing
duties with impartiality help to maintain integrity and avoid conflicts of
interest and hypocrisy.
Loyalty
Fidelity, faithfulness, allegiance, and devotion are all synonyms for loyalty.
Loyalty is the bond that holds the armed forces together and the balm against
dissension and conflict. It is not blind obedience or unquestioning acceptance
of the status quo. Loyalty requires careful balancing of various interests,
values, and institutions in the interest of harmony and cohesion.
Accountability
Soldiers are required to accept responsibility for their decisions and the
resulting consequences. This includes avoiding even the appearance of
impropriety. Accountability promotes careful, well-thought-out decisionmaking and limits thoughtless action.
Fairness
Open-mindedness and impartiality are important aspects of fairness. Soldiers
must be committed to justice in the performance of their official duties.
Decisions must not be arbitrary, capricious, or biased. Individuals must be
treated equally and with tolerance.
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BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas
Caring
Compassion is an essential element of the military. Courtesy and kindness,
both to those we serve and to those we work with, help to ensure individuals
are not treated solely as a means to an end. Caring for others is the
counterbalance against the temptation to pursue the mission at any cost.
Respect
To treat people with dignity, to honour privacy, and to allow selfdetermination are critical in a military of diverse people. Lack of respect leads
to a breakdown of loyalty and honesty within the military and brings chaos to
the force.
Promise keeping
No military can function for long if its commitments are not kept. Soldiers are
obligated to keep their promises in order to promote trust and cooperation,
because of the importance of promise keeping.
The profession of soldiering puts unique moral demands on military
personnel. No other group in society is given as much latitude to define its
own standards of conduct and talks so frequently and openly about the core
values that define it. In the context of a code adopted by a profession in order
to regulate that profession, an ethical code may be styled as a code of
professional responsibility, which may dispense with difficult issues of what
behavior is "ethical".
In their book “Engineering Ethics and the Environment”, P.A. Vesilind and
A. Gunn use a quote from Albert Flores about the code of ethics, and Flores
stated:
“A code of ethics is often a formal statement of the organization's values on
certain ethical and social issues. Some set out general principles about an
organization's beliefs on matters such as quality, employees or the environment.
The effectiveness of such codes of ethics depends on the extent to which
leadership supports them with sanctions and rewards. Ethical codes are distinct
from moral codes that may apply to the culture, education, and religion of a
whole society. Violations of these codes may be subject to administrative, civil or
penal remedies.” [4]
Military ethics is about knowing what is true and then doing what is right.
Military ethics, therefore, is not about them; it is about you and about your
knowing what is true, and doing what is right, and being the man or woman
who leads in combat, or peacekeeping missions.
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BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas
Professional integrity and leadership in developing military ethics
There are clearly many styles of leadership that relate to the legitimacy of
authority and informed consent by followers. Two distinct but interrelated
ideal types are transformational and transactional leadership. Rather than
leading to the affirmation of ethical relativism, such global diversity of values
underscores the need for transformational leaders at all levels of the military.
Any implementation of values either through education or through leadership,
should take the operational situation of the military as its starting point and its
objective. It should also take the reduction of ethical risks in this type of
situation as its practical objective. This would mean that ethical education and
training in the military should be as realistic as possible. Perhaps the greatest
challenge of leadership is precisely to bridge ethical relativism by forging a
platform of common values and stimulating alignment and congruence of
interests.
In philosophy, moral relativism takes the position that moral or ethical
propositions do not reflect absolute and universal moral truths, but instead make
claims relative to social, cultural, historical or personal circumstances. Moral
relativists hold that no universal standard exists by which to assess an ethical
proposition's truth. [5]
Let’s see what an ethical leader, according to the USAF SNCOA lessons,
should look like,
ƒ
A good leader has an exemplary character. It is of utmost importance that
a leader is trustworthy to lead others.
ƒ
A good leader is enthusiastic about his or her work or cause and also
about his or her role as leader. People will respond more openly to a
person of passion and dedication.
ƒ
A good leader is confident. In order to lead and set direction a leader
needs to appear confident as a person and in the leadership role.
ƒ
A leader also needs to function in an orderly and purposeful manner in
situations of uncertainty. People look to the leader during times of
uncertainty and unfamiliarity and find reassurance and security when the
leader portrays confidence and a positive demeanor.
ƒ
Good leaders are tolerant of ambiguity and remain calm, composed and
steadfast in pursuit of the main objective.
ƒ
Along with keeping the main goal in focus, a good leader is able to think
analytically. Not only does a good leader view a situation as a whole, but
he/she is able to break it down into its components for closer inspection.
20
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas
ƒ
A good leader is committed to excellence. The good leader not only
maintains high standards, but is also proactive in raising the bar in order
to achieve excellence in all areas. [6,7]
Leaders are the most important and powerful influence on the culture of an
organization and are responsible for creating credibility and trust. There is
rich opportunity here for leaders to appeal to more than just the material
rewards. Creating and promoting institutional integrity becomes one of the
most important functions of leadership. Moral and ethical stances need to be
consistently reiterated and clarified. Everyday leaders create symbolic
messages to the subordinates about the organization's values of justice,
fairness, and equity. An analysis of the relationship between ethical behavior
and effective leadership reveals that it is a matter of choosing both the ends
and the means. Leaders have a responsibility for creating trust and cultivating
cultural values. A professional can promise he or she will not knowingly do
harm. On the surface it may be easy making it to a golden rule that leaders
need their ethics to be based on responsibility.
Never doubt that a small group of committed people can change the world;
indeed, it is the only thing that ever has. -- Margaret Mead
Given that ethical and moral dilemmas present themselves on a daily basis,
what do the experts say – are the steps for solving an ethical dilemma? Life
isn’t simple, between right and wrong there is a lot of gray area. How does
one make an ethical decision?
In leadership, character matters. This is not to deny that evil people can bring
about good things or that good people can lead the way to moral ruin. Rather,
leadership provides a moral compass and, over the long term, both personal
development and the common good are best served by a moral compass that
reads true. Any attempt to control decisions which are based on free will is
self defeating. But the military organization should also create a normative
environment which supports the maintenance of values; there lies the
responsibility of a leader. According to the One Minute Manager,
“… leaders must analyze mechanisms of psychological regression that lead to a
decrease of value maintenance; furthermore they should be alert to group
mechanisms that lead to a decrease of value maintenance.” [8]
The Values and Standards of the Army are not just a list of qualities required
of each individual soldier. They are also the collective responsibilities of the
whole Army, and each of its constituent units. They are the foundations of
teamwork, which multiply the Fighting Power of each individual. They are
interdependent: if any of them are lacking, the others - and hence the team are threatened. They are fostered and enhanced by good leadership, training,
motivation and management, throughout the chain of command. [9]
21
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas
Possible sources of ethical failure
There are many sources of military ethical failures. These sources can be
traced to pre-induction social conditioning, the socialization process imposed
by military forces themselves, and conscious individual action. Each of these
factors can have a negative influence on the ethical conditioning of a soldier.
Some ethicists have argued that solving an ethical dilemma involves
hierarchically arranging the resolutions to the conflict of values, however
many there might be. In this scheme, the highest-ordered resolution always
prevails; the second prevails unless it conflicts with the first, and so on. This
scheme is problematic, however, and on at least two counts.
ƒ
First: it is not credible to assert that values and the conduct required by
them can be so neatly ordered. Keeping one's promises and not harming
others can clearly conflict but it is not at all clear that one of these
resolutions should always prevail over the other.
ƒ
Second: were it is possible to arrange values and the conduct required by
them hierarchically, it is entirely possible that the same value and
resolution can give rise to conflicting obligations (what ethicists call
"symmetrical cases"). [10]
To further understand moral conflict and deal with it effectively, it is helpful
to be aware of its common features:
The first common feature is the tendency for each side to misunderstand the
words and actions of the other. People from incommensurate traditions may
have trouble communicating because they rely on different systems of
meaning, norms of communication, and behavioral expectations.
The second common feature of moral conflict is that group members tend to
develop feelings of mistrust and suspicion toward the other group, even a
sense that the other group poses a danger to their very survival. Given the
groups' different values and systems of meaning, actions taken by one side to
defuse or resolve the conflict may often be perceived as threatening by the
other party. This second party is likely to be stunned and offended by the
other's action and to respond in a negative way. This serves to perpetuate
and/or intensify the conflict. Thus, the groups' different conceptions of
morality lead to misunderstanding, which in turn contributes to conflict
escalation.
Another common feature of moral conflicts is the hostility characteristic of
the relationship and the communication between the parties. While
sophisticated rhetoric consists of exchanging reasons in a quest to form
shared beliefs, the patterns of communication in moral conflicts consist
primarily in personal attacks, denunciations, and curses. Slogans and chants
replace arguments intended to persuade and inform, and the discourse
22
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas
between the two groups consists primarily of statements about what is wrong
with the other group. Thus, opportunities for opposing groups to converse
intelligibly and reason with one another are diminished. When one group is
denounced, its members are likely to become defensive, which can contribute
to more negative emotions and behavior.
Discourse often involves sweeping generalizations about members of the
other group. People in moral conflicts tend to invidiously categorize and
denounce the personalities, intelligence, and social manners of those with
whom they disagree. They may form negative stereotypes and attribute moral
depravity or other negative characteristics to those who violate their cultural
expectations, while they ignore their own vices and foibles, perceiving their
own group to be entirely virtuous. This is what social psychologists call the
attribution error. [11]
These belief systems pull together fundamental assumptions and global
viewpoints that are in general not up for compromise. Strict adherence to
ideology can make it particularly difficult for individuals to approach those
with differing world views with an open mind. They come to see the conflict
entirely in win-lose terms. They may even get to the point that the goal of
harming the other becomes more important than helping themselves.
Likewise, it is important to distinguish between interests and fundamental
values. There are instances in which conflict results from a clash between
differing world views. If individuals or groups have radically different ideas
about the best way to live, they are likely to stress the importance of very
different things and to have vastly different or incompatible goals. In 1988,
Walter Sinnott-Armstrong, stated in his book Moral Dilemmas:
“Like needs, values tend to be quite stable and non-negotiable. If the basic
substantive issues of the conflict are deeply embedded in the participants' moral
views, these issues are likely to be intractable. Any attempts to resolve such
conflicts solely by addressing interests are likely to prove ineffective. Thus, human
needs theorists argue, interest-based bargaining is excellent for interest-based
disputes, but it should not be applied to disputes involving human needs or deeprooted value differences.” [12]
Not surprisingly, moral conflict often has harmful effects. Participants in
moral conflict often behave immorally, even according to their own standards
of behavior, because they believe the actions of their enemies force them to
do so. If a group is regarded as morally depraved, its members may come to
be regarded as less than human and undeserving of humane treatment. The
demonization or dehumanization of one's opponent that often occurs in moral
conflict paves the way for hateful action and violence. It often leads to human
rights violations or even attempts at genocide, as parties may come to believe
23
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas
that the capitulation or elimination of the other group is the only way to
resolve the conflict.
How we should act will also depend, to some degree, on our personalities. As
I noted earlier, ethicists acknowledge that moral principles are “situation
sensitive”. Relevant shifts in external circumstances justify acting differently.
However, many ethicists steadfastly deny that personality differences make a
moral difference.
Possible solutions for approaching ethical dilemma training
The discussion of the ethics of war goes back to the Greeks and Romans,
although neither civilization behaved particularly well in war. In the Christian
tradition war ethics were developed by St. Augustine, and later by St.Thomas
Aquinas and others. Hugo Grotius (1583-1645), a Dutch philosopher and
author of “De Jure Belli Ac Pacis” (The Rights of War and Peace), wrote
down the conditions for a just war that are accepted today.
In Chapter 15 “Values and Ethics” the National Defense University stated,
"Values are what we, as a profession, judge to be right." Individually or
organizationally, values determine what is right and what is wrong, and doing
what is right or wrong is what we mean by ethics. To behave ethically is to
behave in a manner consistent with what is right or moral. What does
"generally considered to be right" mean? That is a critical question, and part
of the difficulty in deciding whether or not behavior is ethical is in
determining what is right or wrong. [13]
Under any circumstance, the ethical dilemmas, which may confront the
soldier in the field, may affect the very foundation of the military discipline
and obedience, which is so very necessary in any force in action. There is no
easy way out of this dilemma.
One aspect of ethical training is to influence soldiers to respect the law. This
is extremely important for the preservation of personal integrity. Another, and
more advanced, aspect is to develop mental distance to the law; in this case
the objective is to understand when the written law is insufficient, because of
unforeseen situations or circumstances.
The rule-oriented approach to ethical theory establishes in given standards the
criteria for determining right and wrong. Dilemmas exist when two or more
obligations conflict. One must sometimes choose between what one believes
God commands and what the state requires, between what a superior officer
orders and what regulations prescribe, or between what law demands and
what personal conscience dictates. Many moral dilemmas are dilemmas
because of a certain kind of conflict between the rightness or wrongness of
the actions and the goodness or badness of the consequences of the actions.
24
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas
The moral core of an individual is the extent to which that person will apply his or
her notions of morality. It is centered on the individual and can be extended to
include other people or groups. The individual sees these others within the moral
core as deserving to be treated in the same way the individual personally wants to
be treated. -- Christopher Boehm
There are very few things we are called upon to do in a military operation for
which we cannot anticipate and train. For the answers that do not fall into
neat categories, though, we should ensure that our forces are capable of
independent thoughts and actions based on sound ethical principles. Combat
is a very harsh, unforgiving environment and we really do need to create a
climate where correct ethical decisions are made almost instinctively at all
levels of military leadership.
In situation ethics the particular circumstances of a situation provide the
criteria for determining right and wrong. Here, each situation is unique,
without precedent. Judgments must be relative to the circumstances; the
circumstances determine what actions should be taken. Without the binding
and unexceptionable absolute of love, situation ethics would have mirrored
the permissive society in which it emerged. In his book, Situational Ethics:
The new Morality, Joseph Fletcher said about rule-oriented judgments,
"Situation ethics keep principles sternly in their place, in their role of advisers
without veto power."[14]
There are two major approaches that philosophers use in handling ethical
dilemmas. One is to focus on the practical consequences of what we do, and
the other focuses on the actions themselves and weighs the rightness of the
action.
Military leaders are the role models for their peers and their subordinates, like
it or not and, for most of us, this is a deeply ingrained factor, influencing our
daily lives. Stephen R. Covey points out the important distinction between
managers and effective leaders:
"Management is doing things right; leadership is doing the right things." [15]
This addresses not only the clear distinction between a manager and a leader,
but also emphasizes the added ethical responsibility inherent in the leadership
role. Just as important as ethical individual actions is the ethical climate
established by the military leader in any military organization.
There are three qualities individuals must possess to make ethical decisions.
The first is the ability to recognize ethical issues and to reason through the
ethical consequences of decisions. The second is the ability to look at
alternative points of view, deciding what is right in a particular set of
circumstances. This is similar to the ability to reframe. And the third is the
25
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas
ability to deal with ambiguity and uncertainty; making a decision on the best
information available.
Resolving ethical dilemmas, therefore, requires interpersonal and negotiation
skills as well as the new application of employability skills – honesty, ability
to work cooperatively, respect for others, pride in one's work, willingness to
learn, dependability, responsibility for one's actions, integrity, and loyalty.
Today, armed forces are training their soldiers in critical thinking and conflict
resolution skills required for ethical decision making. Military schools are
also focusing on developing students' critical thinking skills. All levels of
military leaders need to recognize the factors that guide ethical behavior and
develop strategies for assessing their personal and organizational ethics. The
best leaders comply with laws and policies not because they worry about
getting caught, but because their conscience, their moral fiber, forbids them
doing what is wrong. The exemplary leaders we want to produce honor
promises as a matter of principle, not prudence. They play by the rules;
respect the rights, claims and possessions of others; and work diligently, even
when the boss is not looking, not simply out of self-interest but as a matter of
honor.
This leads us to transformational leadership versus transactional leadership.
In their book, Beyond Machiavelli: Tools for Coping with Conflict, R.
Fischer, E. Kopelmann and A. Kupfer-Schneider put it this way:
“Essentially, they contend that transformational leadership is more ethical than
transactional leadership because follower ship is freely given in transformational
leadership and extorted in transactional leadership. [16]
Because transformational leadership is not coercive in any way, it respects the
dignity of followers, avoids inflicting any pain or suffering on them, and
therefore can be seen as more ethical, within the transformational leadership
construct.
Later on, R. Fischer, E. Kopelmann and A. Kupfer-Schneider identified four
factors, or types of leadership behaviors that are classified as
transformational. First, there is idealized influence, which sometimes makes
the leader act as a role model, cultivating faith, trust, and respect in the
followers. Examples include doing what is right rather than what is most
convenient or cost-effective and making decisions more transparent by
explaining the rationale behind the decisions. [16]
Another step to increase the salience of ethics is to expand the information
system to focus on areas where ethics may come into play. Knowing what
actually is going on in the organization is essential to understanding the
ethical principles which govern behavior. The information system should also
support ethical behavior, and allow the military leader to know when or
26
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas
where there are potential ethical breaches so that corrective action can be
taken. The real danger is that when unethical behavior is unnoticed, or not
punished, members will assume it is condoned by the organization's
leadership. Given that ethical and moral dilemmas present themselves on a
daily basis, what do the experts say are the steps for solving an ethical
dilemma?
To solve an ethical problem, R. N. Kanungo and M. Mendonca use a threestep process [17]:
ƒ
Step One: Analyze the consequences
ƒ Who will be helped by what you do?
ƒ Who will be harmed?
ƒ What kind of benefits and disadvantages are we talking about?
(Some are more valuable or more harmful than others; for
example good health, someone’s trust and a clean environment are
very valuable benefits)
ƒ How does all of this look over the long run as well as the short
run?
ƒ
Step Two: Analyze the actions
ƒ Consider all of the options from a different perspective, without
thinking about the consequences. How do the actions measure up
against moral principles like honesty, fairness, equality, respecting
the dignity of others, or people’s rights?
ƒ Do any of the actions “cross the line”?
ƒ If there’s a conflict between principles or between the rights of
different people involved, is there a way to see one principle as
more important than the others?
ƒ Which option offers actions that are least problematic?
ƒ
Step Three: Make your decision
ƒ Take both parts of your analysis into account and make a decision.
An ethical decision consists of a series of choices, not simply one decision.
Making bad primary ethical decisions increases not only the number of
choices but also the future impact of those choices. More important, a bad
primary ethical decision spring-loads the ethical trap, resulting in an increased
potential for legal or administrative action or unresolved intrapersonal
conflict. According to K. Kelloway and J. Barling,
“Ethical dilemmas challenge the intellect because of the conflicting answers to
the questions, “What should I do?” and “What will I do?” If a person must
27
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas
choose between two options that do not oppose one another, selecting an option
becomes a matter of choice and not a decision between right and wrong.” [18]
In most cases, choosing right over wrong takes courage because people who
make ethical choices often subject themselves to social and professional
ridicule. Ethical decisions build personal character, but not without pain.
Résumé
Every society has its ethics. If good ethics are those that emphasize on
treating other people well, helping them when they need it, and only hurting
them when such an action is needed (defense), then most military forces have
'good' ethics. It simply isn't obvious to people who have gotten used to having
peace, and don't understand how fragile that peace can be.
The Webster's New World Dictionary defines ethics as "the system of morals
of a particular person, religion, group, etc." The definition does not attempt to
rate the relative 'goodness' or 'badness' of any given system, because such a
rating is irrelevant. A 'bad' system is just as much a 'system' as is a 'good'
system.
The armed forces have an integrity problem that is often overlooked. Yet
when it surfaces, it has unwanted strategic implications. Various examples of
integrity issues that have been dealt with by military leaders prove the
implications of the problem. Other examples that appear to be acceptable, and
thus have few or no consequences, give latitude for future unacceptable and
more severe inappropriate behavior. Strategically, the implications of
immoral and unethical behavior affect Germany’s legitimacy, credibility, and
public/world opinion, and lend themselves to escalation. Minor integrity
issues can give way to larger and larger issues that military leaders must
confront. Knowing the factors that cause integrity problems and developing
ways to remedy these problems will ultimately avoid unwanted,
embarrassing, and sometimes criminal acts. Lack of integrity within the
armed forces is a leadership issue.
We judge ourselves by our best intentions, our noblest acts and our most
virtuous habits. So in making tough decisions, effective leaders do not allow
themselves to be distracted by defense mechanisms such as rationalization.
People are especially vulnerable to rationalizations when they seek to
advance a noble aim. "It’s all for a good cause" is a seductive rationale that
loosens interpretations of deception, concealment, conflicts of interest,
favouritism and violations of established rules and procedures.
One aspect of ethical training is to influence soldiers to respect the law. This
is extremely important for the preservation of personal integrity. Although
using case studies and resorting to people’s workplace experiences are good
28
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas
educational strategies, soldiers also need to receive training in critical
thinking, conflict resolution, reasoning, communication (speaking and
listening), and group process to prepare for the ethical deliberations they will
encounter as they progress in their careers. Case studies would be used in the
training to provide important exposure to the complexity of the decision
environment and the power of potential biases. Reflection on cases from
recent history would be particularly useful, especially if accompanied by
feedback on the actual outcomes.
Such training could help in the period prior to actual military operations, but
once the targeting cycle is in full swing for planning and execution, no
decision maker will have the time to spend in a classroom or even individual
training sessions.
Miller and Coady point out that:
“Today's ethical dilemmas require students to be equipped with higher order
decision-making and problem-solving skills necessary to cope with increased
individual responsibility for shaping their work environments and managing their
career development.” [19]
It is not feasible to undertake a formal, philosophically-rich values education
program in units at the soldier level. Rather than schedule content-empty
classes that regurgitate several words, soldiers need to gain practical
knowledge that will help them fulfill their wartime/peacekeeping missions
within an ethical framework. Soldiers need to know the rules of war and what
they can and cannot do on the battlefield. We, as leaders, can provide this
through realistic training that challenges our force. When we go to the
military training site, incorporate civilian role players into the exercise
forcing soldiers to discriminate while acquiring targets. Make them confront
the problems associated with prisoners, civilians, noncombatants head on
during training. In this way, they learn the rules by discovering what they can
do and what is prohibited. If soldiers realize that their leaders are the men and
women that they aspire to become, they have little need to continually
question and challenge authority. Instead, they will emulate their superiors,
unconsciously internalizing the core values that are now nothing more than a
few more items to remember for the guard. Leaders of character must instill
the forces values in our soldiers through action instead of meaningless
rhetoric.
Professional military ethics cannot be created overnight. Creating a
sustainable moral military identity will require time, experience, consensus
and operational validation. The urgency of such a process in the current
transition, however, cannot be ignored.
This means that any ethical training must be integrated into every aspect of
military life and that soldiers, in accordance with rank and command
29
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas
responsibility, must be given the opportunity to practise, make and ultimately
justify ethical decisions in an atmosphere that takes moral success seriously
enough to allow soldiers to learn and grow from moral failure. A serious
commitment to ethics up and down the chain of command requires nothing
less; if ethics is to be a priority, then it is worth doing with excellence.
The German Military continues to stress the importance of values for all who
serve in the military services. However values training and education has
taken a back seat to the demands and operational tempo of current military
operations. Values education must be reinforced to combat this probable
dilemma using creative diverse and innovative program designs and delivery
strategies. The military should actively study, and teach, ethics, in an attempt
to improve the moral climate within the force, and to avoid needless tragedy.
The military vocation is too dangerous to leave any grey areas in
performance.
“The character ethic, which I believe to be the foundation of success, teaches that
there are basic principles of effective living, and that people can only experience
true success and enduring happiness as they learn and integrate these principles
into their basic character” -- Stephen R. Covey
30
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas
Bibliography
[1] Hubert Michael Mader, “‘Aber das machen meine Leute doch nicht!’
Können auch ‘ganz normale’ Menschen Kriegsverbrechen begehen?” In:
Truppendienst, 2000, no. 5, pp. 368-369
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[3] http://usmilitary.about.com/cs/generalinfo/a/stanconduct.htm
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In Vesilind P.A. and A. Gunn (eds.), Engineering Ethics and the
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[10]Adopted from Lesson 8O4, Managing Organisational Conflict,
USAFSNCOA ,Montgomery/Alabama 01.March 2004
[11] Adopted from Lesson 8B05, Diversity in the Work Place,
USAFSNCOA, Montgomery/Alabama 01.July 2001
[12] Sinnott-Armstrong, W. (1988). Moral dilemmas, Oxford, UK: Basil
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[13] http://www.ndu.edu
[14] Joseph Fletcher, Situation Ethics: The New Morality (Philadelphia:
Westminster Press, 1966), p. 55
[15] Dr. Stephen R. Covey, The 8th Habit: From Effectiveness to Greatness.
Free Press; Bk & DVD edition (November 9, 2004)
[16] Roger Fisher, Elizabeth Kopelman and Andrea Kupfer Schneider.
Beyond Machiavelli: Tools for Coping With Conflict. Cambridge: Harvard
University Press, 1994, 151 pp
31
BETZGEN: Military Ethics and Ethical Dilemmas
[17] R. N. Kanungo and M. Mendonca, “Ethical leadership in three
dimensions”, Journal of Human Values, 4, 1998, p. 141
[18] K. Kelloway and J. Barling, “What we have learned about developing
transformational leaders”, Leadership and Organization Development
Journal, Vol. 21, 2000, pp. 355-362
[19] Miller, P. F., and Coady, W. T. Vocational Ethics: Toward the
Development of an Enabling Work Ethic. Springfield: Illinois Department of
Adult, Vocational, and Technical Education, 1986
Special thanks to CMSgt (Ret.) Christopher L. Bryans Melbourne/Florida
32
FELS: Das Berufsbild des Unteroffiziers im Wandel
Hauptfeldwebel Holger FELS
Der Wandel des Berufsbildes der
Unteroffiziere – ein Vergleich zwischen
der United States Air Force und der
Deutschen Luftwaffe
Die Beschäftigung mit dem Berufsbild der Unteroffiziere ist
eine sehr umfangreiche, aber auch lohnende Aufgabe, zumal
sich die verfügbare Literatur zu diesem Thema zumindest im
deutschsprachigen Raum in Grenzen hält. Die European Non
Commissioned Officer Academy (ENCOA) hat es sich zum
Ziel gesetzt, diese Lücke nach Möglichkeit aufzufüllen. Der
Verfasser des vorliegenden Artikels leistet seinen Beitrag zu
einem besseren Gesamtbild durch eine direkte
Gegenüberstellung der Karrierebilder von Unteroffizieren
der Luftwaffe in den Vereinigten Staaten von Amerika und
in Deutschland.
Einleitung
Die mit diesem Beitrag vorliegende Thematik soll sich mit dem UnteroffizierSein beschäftigen und punktuell einen Vergleich zwischen den
Unteroffizieren der deutschen und US-amerikanischen Luftwaffe von heute
bieten. Nach einem kurzen Ausflug in die Geschichte des Unteroffiziers in
Deutschland und dessen Wandel in den vergangenen Jahrzehnten wird der
angesprochene Vergleich hinsichtlich allgemeiner Aussagen, Einstellungsvoraussetzungen und Beförderungssystemen gezogen.
33
FELS: Das Berufsbild des Unteroffiziers im Wandel
Historische Betrachtungen zum Berufsstand des Unteroffiziers in
Deutschland
Schon in der Zeit der Landsknechte und Söldner kannte man im heutigen
Deutschland die sogenannten „Feldweibel“ und „Korporale“ als militärische
Vorkämpfer und Drillmeister. Daneben gab es noch eine große Zahl von
Spezialisten wie Proviantmeister, Feldschreiber, Büchsenmeister und Furiere.
Im gegenwärtigen Sinne könnte man die oben Genannten durchaus als
Unteroffiziere bezeichnen. Es bildete sich jedoch dieser Begriff parallel zur
Abgrenzung zu den Offizieren nur ganz allmählich heraus:
„Bereits im kurbrandenburgischen Heere wurde das außerhalb der in Reih´ und
Glied stehenden Soldaten erforderliche Führungs-, Ausbildungs- und
Hilfspersonal nach den Befehls- und Aufgabenbereichen in zwei Klassen geteilt.
Die für dieses Personal noch seit der Landsknechtzeit gebräuchliche Bezeichnung
Prima Plana war in eine Obere und Untere Prima Plana getrennt und die
Unterscheidung von „Ober-Officiren“ und „Unter-Officiren“ üblich. In den
preußischen Kriegsartikeln von 1713 heißt es z.B.: „So sollen auch alle und jede
Unter-Officir und Soldaten den Ober-Officirern ... gehorsam begegnen.“ Kapitän,
Leutnant und Fähnrich waren die Oberoffiziere; Feldwebel, Sergeanten,
Korporale und Gefreitenkorporale die Unteroffiziere einer Kompanie. Später
wurden dann die Oberoffiziere einfach Offiziere genannt, und die Bezeichnung
Unteroffiziere wurde beibehalten.“ (Transfeld u.a. 1976, 28)
In den stehenden Heeren zur Zeit des Absolutismus rekrutierten sich die
Soldaten fast ausschließlich aus Angeworbenen, die nicht selten unfreiwillig
ihren Waffendienst leisteten. Dies führte in Bezug auf den Unteroffizier dazu,
dass seine Hauptaufgabe darin bestand, mit Hilfe von Drill und Prügel
automatischen Gehorsam zu erzwingen und Fahnenflucht zu vermeiden. Im
Gegensatz zu den Unteroffizieren der Artillerie und der Pioniertruppe, die
aufgrund ihrer handwerklich-technischen Vorbildung relativ hohes Ansehen
genossen, wurde der Unteroffizier der Infanterie oder Kavallerie zum
Drillmeister degradiert und dementsprechend negativ eingeschätzt. Die
Hürden zum adeligen Offizierkorps waren hoch und für den bürgerlichen
Unteroffizier selbst im Krieg kaum zu durchbrechen. Lediglich die
„technischen“ Truppen bildeten eine Ausnahme.
Erst im Gefolge der Napoleonischen Kriege und der allmählichen Einführung
der allgemeinen Wehrpflicht wandelte sich auch das Bild des Unteroffiziers.
Die Prügelstrafe wurde abgeschafft, die Ausbildung der Unteroffiziere und
ihre materielle Lage wurden verbessert. Die Entwicklung der Waffentechnik
und die damit verbundene, neue Kampfweise in aufgelöster Ordnung
brachten vermehrte Verantwortung und Selbstständigkeit.
Der I. Weltkrieg brachte eine große Bewährungsprobe für den Unteroffizier
als Gruppen- und Zugführer mit sich. Vielen, die militärisch in eigenständiger
34
FELS: Das Berufsbild des Unteroffiziers im Wandel
Weise hervorragende Leistungen zeigten, blieb der Weg nach oben dennoch
versperrt. Aus den hunderttausenden Unteroffizieren gingen nur wenige
„Tapferkeitsoffiziere“ hervor.
Die Ereignisse im II. Weltkrieg brachten in diesem Fall einen grundlegenden
Paradigmenwechsel hervor, zumal die Durchlässigkeit der Karriere von
Unteroffizieren bis in höchste Offiziersränge eingeführt wurde. Seither gilt
das Standesdenken mit Bezug auf eine von vornherein eingeschränkte
Laufbahn
als
abgeschafft.
Die
Bedeutung
des
individuellen
Leistungsvermögens gewann damit – verbunden mit vielen Vorteilen für das
deutsche Unteroffizierskorps – im Gegenzug an Bedeutung.
Der deutsche Unteroffizier im Wandel
Besonders im Bereich des „kämpfenden“ Unteroffiziers gibt es heute ganz
offensichtlich einen Nachwuchsmangel. In der zeitgeschichtlichen
Retrospektive erscheint dies dem Verfasser mit nun folgender Begründung
nicht überraschend zu sein.
Bis mindestens in die Siebzigerjahre des 20. Jahrhunderts hinein kann man in
der Zeitspanne ab 1945 von einem im Grunde fehlenden Sozialprestige des
Unteroffiziers in Deutschland sprechen. In den Jahrzehnten nach dem II.
Weltkrieg wurde das Bild des Soldaten generell im Kern sehr negativ
transportiert, etwa über die Darstellung des „Platzek“ in Kirsts „08/15“Filmtrilogie. Dies in Kombination zum Beispiel mit unzulänglicher
Besoldung führte zu Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von
Unteroffizieranwärtern. Auch die Bezeichnung der Personengruppe als
„Unteroffizier“ war für die Imagebildung nicht gerade förderlich, wenn
„unter“ fälschlicherweise mit „minderwertig“ gleichgesetzt wurde. Bis heute
aber wandelte sich das Bild des Unteroffiziers als Drillmeister und Schleifer
oder Kämpfer in jenes eines pädagogisch geschulten, fürsorglichen,
selbstbewussten und politisch interessierten Menschen (vgl. dazu
Gareis/Klein 2004, 432ff).
Der Unteroffizier der Luftwaffe: ein deutsch-amerikanischer Vergleich
Deutsche Luftwaffe
Unteroffiziere der Bundeswehr sind heute entweder als Führer, Erzieher und
Ausbilder tätig, oder sie sind Spezialisten in Technik und Verwaltung. Die
enorm große Verwendungsbreite eines Unteroffiziers, besonders im
technischen Bereich der Luftwaffe, macht eine systematische Bestenauslese
35
FELS: Das Berufsbild des Unteroffiziers im Wandel
notwendig. Zivile Vorkenntnisse sind in Teilbereichen der Luftwaffe
unabdingbar. Der hohe technische Stand von Waffen und Gerät erfordert zu
deren Bedienung, Wartung und Instandsetzung daher den fachlich
vorgebildeten Spezialisten, der nicht nur in der Lage ist, selbst mit Hand
anzulegen, sondern der auch Hilfskräfte einweisen, anleiten und einsetzen
kann. Hierzu sind neben pädagogischen Fähigkeiten vor allem handwerklichtechnische Vorkenntnisse notwendig, über die aufgrund des deutschen Schulund Bildungssystems der Unteroffizier viel eher verfügt als etwa der Offizier.
Vom Unteroffizier als Führer und Erzieher auf den Ebenen Gruppe und Zug
wird eine umfassende Befähigung zur Menschenführung verlangt, wie dies
sonst kaum in einem anderen Beruf üblich zu sein scheint. Im täglichen
Umgang mit Soldaten müssen Unteroffiziere neben Einfühlungsvermögen
und mitmenschlichem Verständnis ständig pädagogisch-methodische
Fähigkeiten, Einfallsreichtum und den Willen zur Selbstverantwortung unter
Beweis stellen.
Der ehemalige Bundesverteidigungsminister Georg Leber sprach in einer
Rede vor Unteroffizieren der 4. Jägerdivision im Jahr 1974 über die
Bundeswehr sinngemäß von „einer der großen Armeen der Welt“ und meinte
insbesondere: „Daß dies so ist, verdankt sie (die Bundeswehr, Anmerkung
des Verfassers) zum entscheidenden Teil ihrem Unteroffizierkorps.“
Wenn man die Bedeutung dieses Satzes analysiert, so stellt sich sofort die
Frage, wie es zu diesem Wandel vom Prügelknecht und Drillmeister zum
anerkannten Unteroffizier von heute kommen konnte. Hierzu sollte man als
Ausgangsbasis Kuhlmanns Studie zur Jägerkompanie (Kuhlmann 1979) und
Stouffers Arbeit „The American Soldier“ (Stouffer 1945) betrachten.
Kuhlmann kam damals zum Schluss, dass Jägerchefs (Offiziere) auf die
Jägersoldaten kaum direkt erziehend einwirkten (a.a.O.). Die Aufgabe bliebe
den Gruppen- und Zugführern, das heißt überwiegend den Unteroffizieren
überlassen. Sie – und nicht die Offiziere – wären nach Kuhlmann die
bevorzugten Ansprechpartner der Mannschaften, sowohl in dienstlichen als
auch in persönlichen Angelegenheiten.
Stouffers Studie wiederum, obwohl in den USA entstanden mit
Möglichkeiten des Transfers auf die Bundeswehr zu interpretieren, sagt im
Wesentlichen aus, der Soldat würde nicht vorrangig aus Gründen des
Gehorsams kämpfen. Er schlage sich vielmehr für seine Truppe, seine
Kameraden und seinen unmittelbaren Führer, also für seinen Unteroffizier,
sofern dieser von ihm akzeptiert würde (a.a.O.).
Eine Hauptaufgabe des modernen Unteroffiziers ist somit, die unterstellten
Soldaten zu einer Gemeinschaft zu formen, die ihn selbst nicht ausschließen
darf. Er muss vielmehr ein Teil der Gruppe sein, um die für die
36
FELS: Das Berufsbild des Unteroffiziers im Wandel
Auftragserfüllung im Frieden und im Einsatz nötige, gegenseitige Zuneigung
und Anerkennung zu entwickeln.
Der Wandel und die Bedeutung des Unteroffiziers spiegeln sich auch in der
Tatsache wider, dass er grundsätzlich Frontmann und damit erster
Ansprechpartner für eigentlich alle Mannschaften und deren Probleme ist. Für
die Streitkräfte als Organisation wurde er in Deutschland, aber auch in vielen
anderen Ländern, immer mehr zum Rückgrat der Armee.
United States Air Force (USAF)
Gleich vorweg kann man mit großer Sicherheit sagen, dass der Unteroffizier
in den Streitkräften der Vereinigten Staaten von Amerika heute einen noch
höheren Stellenwert als in der Bundeswehr einnimmt. Dafür gibt es etliche
Beweise, von denen hier einige angeführt werden:
ƒ
Das Jahr 1989 wurde vom ehemaligen Stabschef des Heeres, General
Vuono, zum „Jahr des Unteroffiziers“ erklärt.
ƒ
Jede Teilstreitkraft verfügt über einen Repräsentanten des
Unteroffizierkorps im höchsten Dienstgrad eines Chief Master Sergeant,
so natürlich auch die Air Force. Dieser ist Ratgeber für den Inspekteur
der USAF für alle Mannschafts- und Unteroffiziersangelegenheiten.
ƒ
Bataillons-, Regiments- oder Divisionskommandeure lassen sich von
einem Command Chief Master Sergeant beraten.
ƒ
Jede amerikanische Unteroffizierschule wird von einem Chief Master
Sergeant kommandiert. Dieser führt die Funktionsbezeichnung
„Commandant“.
ƒ
Ein Chief Master Sergeant ist grundsätzlich berechtigt, eine Einheit zu
führen, jedoch ohne die für eine Einheitsführung sonst übliche
Disziplinargewalt über die unterstellten Soldaten.
Diese für die Streitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika positive
Entwicklung darf nicht über die zu Beginn der Einführung einer
Freiwilligenarmee im Jahre 1973 verzeichneten, zum Teil massiven
Nachwuchsprobleme für das Unteroffizierkorps hinwegtäuschen. Gerade in
den ersten Jahren gab es offenbar eine hohe Anzahl von Bewerbern ohne
Schulabschluss oder aus den untersten sozialen Schichten. Dies dürfte für
viele Jahre eine schwere Belastung für die Streitkräfte insgesamt dargestellt
haben. Für viele könnte der Unteroffizierberuf zur Chance des Lebens
geworden sein, und so sind sicher einige potentielle Aussteiger aus der
Gesellschaft von damals zu Aufsteigern bis in die höchsten
Unteroffizierdienstgrade geworden. Letztlich konnte man die benötigten
Unterführer aber nur durch das Absenken des Niveaus der
37
FELS: Das Berufsbild des Unteroffiziers im Wandel
Zulassungskriterien erreichen. Hier sind durchaus Parallelen zur Bundeswehr
von heute zu erkennen, die ähnliche Probleme bewältigen muss.
Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Die Bedeutung des Unteroffiziers als Techniker steht in der USAF genau wie
in der Deutschen Luftwaffe im Vordergrund. Auch die hohe
Einsatzbereitschaft und die Herausforderung der Teambildung sind sehr gut
miteinander vergleichbar.
Wesentlich anders im Vergleich zur Bundeswehr sind in den USA die
Möglichkeiten der Beförderungen zum jeweils nächsthöheren Dienstgrad.
Diesem Aspekt ist in der vorliegenden Arbeit allerdings ein eigenes Kapitel
gewidmet.
Vergleicht man die Forderungen an den Unteroffizier in Deutschland und in
den USA, so kann man von nahezu identen Grundlagen ausgehen. In beiden
Systemen erwartet man vom Unteroffizier vorrangig
ƒ
Fähigkeiten der Menschen- und Gesprächsführung
ƒ
Einfühlungsvermögen
ƒ
Loyalität
ƒ
Integrität
ƒ
Selbstbewusstsein
ƒ
Beispielhaftigkeit
ƒ
Teamfähigkeit
ƒ
Selbstdisziplin
ƒ
Toleranz
ƒ
Verantwortungsbewusstsein
ƒ
Flexibilität
ƒ
Geradlinigkeit
ƒ
Willensstärke und
ƒ technisches Verständnis.
Natürlich ist es schwer, wie den aufmerksamen Lesern nicht entgangen sein
dürfte, die Grundtugenden eines Soldaten allgemein von jenen eines
Unteroffiziers im Speziellen zu unterscheiden. Aufgrund der wichtigen
Stellung des Unteroffiziers als Vermittler und Bindeglied zwischen
Mannschaften und Offizieren, als vorrangiger Ansprechpartner für
38
FELS: Das Berufsbild des Unteroffiziers im Wandel
Mannschaftsdienstgrade und als erste Adresse für qualifizierte Ausbildung,
wird er aber weiterhin auf der Skala der Aufmerksamkeit innerhalb des
Militärs ganz oben stehen müssen. Im Zeitalter zu erweiternder Aufgaben im
nationalen wie im internationalen Bereich und den sich daraus rasch
ändernden Umfeldsituationen wird der Unteroffizier sein Aufgaben- und
Qualifikationsspektrum laufend ergänzen müssen, um seiner hohen
Verantwortung auch in Zukunft Rechnung tragen zu können.
Einstellungsvoraussetzungen
Bei den Einstellungsvoraussetzungen gibt es in Bezug auf den vorliegenden
Vergleich sehr deutliche Unterschiede. Während bei der USAF – grob am
Beginn zusammengefasst – de facto lediglich die schulische Ausbildung von
Bedeutung ist, wird bei der Bundeswehr das Augenmerk neben der
schulischen Ausbildung auch auf zivil erworbene Qualifikationen gelegt. Die
doch recht umfangreichen und unterschiedlichen Voraussetzungen zur
Einstellung in den Streitkräften generell können stark vereinfacht wie folgt
skizziert werden:
Deutsche Luftwaffe
Voraussetzung für die Einstellung als Unteroffizieranwärter:
ƒ
17. Lebensjahr vollendet, das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet sowie
ƒ
Hauptschulabschluss
Bildungsstand.
oder
ein
als
gleichwertig
anerkannter
Voraussetzung für die Einstellung mit einem höheren Dienstgrad als
„Unteroffizier“:
ƒ
Hauptschulabschluss oder ein als gleichwertig anerkannter Bildungsstand
und
ƒ
einen für die vorgesehene Verwendung verwertbaren Berufsabschluss.
als „Stabsunteroffizier“:
ƒ
Realschulabschluss oder ein als gleichwertig anerkannter Bildungsstand,
einen für die vorgesehene Verwendung verwertbaren Berufsabschluss
oder
39
FELS: Das Berufsbild des Unteroffiziers im Wandel
ƒ
Hauptschulabschluss oder ein als gleichwertig anerkannter
Bildungsstand, einen für die vorgesehene Verwendung verwertbaren
Berufsabschluss oder eine mindestens zweijährige förderliche berufliche
Tätigkeit.
Die Bewerber müssen sich für mindestens drei Jahre zum Dienst in der
Bundeswehr verpflichten und eine Eignungsprüfung mit Erfolg abgeleistet
haben.
Voraussetzung für die Einstellung als Feldwebelanwärter:
ƒ
17. Lebensjahr vollendet, das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet;
Hauptschulabschluss oder ein als gleichwertig anerkannter
Bildungsstand; Berufsabschluss oder
ƒ
Realschulabschluss oder ein als gleichwertig anerkannter Bildungsstand.
Voraussetzung für die Einstellung mit einem höheren Dienstgrad als
Unteroffizier Feldwebelanwärter:
ƒ
Hauptschulabschluss oder ein als gleichwertig anerkannter Bildungsstand
und
ƒ
einen für die vorgesehene Verwendung verwertbaren Berufsabschluss.
als „Stabsunteroffizier Feldwebelanwärter“:
ƒ
Realschulabschluss oder ein als gleichwertig anerkannter Bildungsstand,
einen für die vorgesehene Verwendung verwertbaren Berufsabschluss
oder ein Abschluss für ein Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des
mittleren nichttechnischen Dienst oder
ƒ
Hauptschulabschluss oder ein als gleichwertig anerkannter
Bildungsstand, einen für die vorgesehene Verwendung verwertbaren
Berufsabschluss und eine mindestens zweijährige förderliche berufliche
Tätigkeit.
als Feldwebel (im Truppendienst, Geoinformationsdienst oder im
allgemeinen Fachdienst):
ƒ
Meisterprüfung für die vorgesehene Verwendung, Abschluss als staatlich
geprüfter Techniker oder Betriebswirt oder
40
FELS: Das Berufsbild des Unteroffiziers im Wandel
ƒ
ein Abschluss für einen Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des
mittleren nichttechnischen Dienstes.
Die Bewerber müssen sich für mindestens drei Jahre zum Dienst in der
Bundeswehr verpflichten und eine Eignungsübung mit Erfolg abgeleistet
haben.
Wie in der oben ersichtlichen Aufzählung zu erkennen ist, haben Freiwillige
jetzt die Möglichkeit, mit einem Hauptschul- bzw. Berufsabschluss den Beruf
des Unteroffiziers zu ergreifen. Dies war bis vor wenigen Jahren noch nicht
möglich. An den getroffenen Maßnahmen der Abschwächung von
Zulassungskriterien kann man durchaus nachvollziehen, welche
Schwierigkeiten die Bundeswehr gehabt haben dürfte, geeigneten Nachwuchs
zu rekrutieren (vgl. Gareis/Klein 2004, 432ff).
United States Air Force
Dieses Bild rund um Rekrutierungsprobleme zeigte sich bei der USAF bereits
Mitte der 70er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts im Rahmen der
Umstellung auf ein Freiwilligensystem (vgl. Grodzki u.a. 1989, 291ff), wie
im Folgenden noch gezeigt wird. Im Vergleich zur Bundeswehr erscheinen
die Einstellungsvoraussetzungen der USAF heute zunächst überschaubarer zu
sein. Die einzige Möglichkeit, in der Air Force mit einem bereits höheren
Dienstgrad als Airman oder Airman First Class eingestellt zu werden, besteht
darin, eine schulische Ausbildung vorweisen zu können und eine militärische
Mindestverpflichtungszeit einzugehen. Der Freiwillige darf nicht jünger als
18 Jahre sein und das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Um als
Airman First Class eingestellt zu werden, benötigt man zumindest einen
Highschool-Abschluss. Die Mindestverpflichtungszeit beträgt dann sechs
Jahre. Eine weitere Einstiegsmöglichkeit mit einem höheren Dienstgrad
besteht für Freiwillige bei einer Mindestverpflichtungszeit von vier Jahren,
wenn diese eine gewisse Anzahl von „credits“ durch einen Collegebesuch
vorweisen können.
Beförderungszeiträume im Vergleich
Im Folgenden werden die Beförderungszeiträume der deutschen und
amerikanischen Luftwaffe zunächst anhand zweier Tabellen dargestellt:
41
FELS: Das Berufsbild des Unteroffiziers im Wandel
Deutsche Luftwaffe
Abbildung 1: Dienstzeitvoraussetzungen für die Beförderung (ZDv 20/7
„Bestimmungen für die Beförderung und für die Einstellung, Übernahme und
Zulassung von Soldatinnen und Soldaten“, Bearbeitungsstand Dez. 2006)
Für die Beförderung Abkürzung Gesamtzum
dienstzeit
in Jahren
Bei Einstellung als
(in Jahren)
OGefr /
Uffz StUffz
Fw
HptGefr
1 Gefreiter
Gefr
3 Monate
---
---
---
---
2 Hauptgefreiter
HptGefr
1
---
---
---
---
3 Oberstabsgefreiter
OStGefr
4 (1)
---
---
---
---
Uffz
1
---
---
---
---
StUffz
2
---
1
---
---
Fw
3
2½
2
1
---
5 Oberfeldwebel
OFw
5
4½
4
3
2
6 Hauptfeldwebel
HptFw
8
7½
7
6
5
7 Stabsfeldwebel
StFw
16
---
---
---
---
8 Oberstabsfeldwebel
OStFw
19
---
---
---
---
Unteroffizier
4 Stabsunteroffizier
Feldwebel
(1) Die Beförderung zum Oberstabsgefreiten setzt eine festgesetzte Dienstzeit von
mindestens sechs Jahren voraus.
42
FELS: Das Berufsbild des Unteroffiziers im Wandel
United States Air Force
Abbildung 2: Dienstzeitvoraussetzungen für die Beförderung (Department of
the Air Force: Promotion, Fitness, Examination, 2005)
Für die
Beförderung zum
Abkürzung Gesamtdienstzeit
in Jahren
Dienstzeit im Dienstgrad
in Monaten
1
Airman
Amn
---
6
2
Airman First
A 1C
---
10
Class
3
Senior Airman
SrA
3
20 oder 28
4
Staff Sergeant
SSgt
3
6
5
Technical Sergeant
TSgt
5
23
6
Master Sergeant
MSgt
8
24
7
Senior Master
SMSgt
11
20
CMSgt
14
21
Sergeant
8
Chief Master
Sergeant
Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Zunächst einmal muss man festhalten, dass es in der amerikanischen
Luftwaffe keine direkt vergleichbaren Dienstgrade zu den deutschen
Obergefreiten, Stabsgefreiten, Unteroffizieren und Feldwebel gibt. Durchaus
vergleichbar sind aber die Dienstzeiten, die man benötigt, um den jeweils
nächsthöheren Dienstgrad erreichen zu können.
Unterschiede zeigen sich in der jeweiligen Voraussetzung zur Beförderung.
Während in der Deutschen Luftwaffe lehrgangsgebundene Prüfungen zum
Erreichen des Dienstgrades Unteroffizier oder Feldwebel an der
Unteroffizierschule der Luftwaffe notwendig sind, muss der amerikanische
Unteroffizieranwärter, beginnend auf dem Weg zum Dienstgrad Staff
Sergeant, für jede weitere Beförderung eine Prüfung ablegen. Ein
Nichtbestehen dieser Prüfungen bedeutet, dass er bei der Auswahl für die
43
FELS: Das Berufsbild des Unteroffiziers im Wandel
Beförderung nicht mit in Betracht gezogen wird und er die Prüfung im
folgenden Jahr erfolgreich absolvieren muss, um überhaupt die Chance auf
eine weitere Beförderung zu wahren. Diese Prüfung beinhaltet einen
allgemeinmilitärischen und einen fachspezifischen Teil.
In beiden Systemen werden grundsätzlich zur Beförderung die
Gesamtdienstzeit, die verbrachte Zeit im Dienstgrad und die Beurteilung
hinzugezogen. Als gravierendster Unterschied beginnt jeder Unteroffizier der
USAF ausnahmslos als Mannschaftsdienstgrad, während die Deutsche
Bundeswehr, also nicht nur die Luftwaffe, eine Einstellung mit einem
höheren Dienstgrad, wie oben herausgearbeitet sogar bis hin zum Feldwebel
als Einstiegsdienstgrad, vorsieht.
Schlussbemerkung
Dieser Beitrag soll ein insgesamt besseres Verständnis für das Berufsbild des
Unteroffiziers ermöglichen, indem nationale Fragen der Personalpolitik in
Streitkräften, konkret in diesem Fall bezogen auf die Deutsche Luftwaffe und
die United States Air Force und deren Unteroffizierkorps, in einen
internationalen Vergleich gestellt werden. Damit sollte auch ein Anreiz
geschaffen werden, weitere Schritte in diese Richtung zu setzen.
Literatur
Gareis, Sven Bernhard / Paul Klein (2004). Handbuch Militär und
Sozialwissenschaft, Wiesbaden.
Grodzki, Manfred / Paul Klein / Horst Rohde (1989). Soldat – ein Berufsbild
im Wandel; Band 1 Unteroffiziere.
Kuhlmann, J. (1979). Einheitsführer-Studie. Sozialwissenschaftliches Institut
der Bundeswehr.
Stouffer, S.A. (1949). The American Soldier, Vol. I und II., Princeton.
Transfeldt, Walter / Otto Quenstedt (1976). Wort und Brauch im deutschen
Heer, Hamburg.
Zentrum Innere Führung (Hrsg.)(1990). Texte und Studien – Bild und
Selbstverständnis des Kompaniefeldwebels.
Empfohlene Internetquellen
http://www.airpower.maxwell.af.mil/airchronicles/cc/powell.html
http://www.bundeswehr.org/
44
FELS: Das Berufsbild des Unteroffiziers im Wandel
http://intranet.bspra.twv/deutsch/startseite.htm
http://usmilitary.about.com/od/afpromotions/a/e7promrates.htm
45
46
GROBNER: Grundlagen zur Frage der Dienstaufsicht
Vizeleutnant Kurt GROBNER
Grundlagen zur Dienstaufsicht in der
Deutschen Luftwaffe und im
Österreichischen Bundesheer im
Vergleich
Korrekte Dienstaufsicht und richtige Kontrolle durch Vorgesetzte sind Themenbereiche, die in der Führungsausbildung
und der Qualifikation von Ausbildern nicht selten etwas
stiefmütterlich behandelt werden. Deren Bedeutung wird
spätestens dann sichtbar, wenn sie nicht richtig wahrgenommen werden und dadurch unnötige Probleme entstehen. Der
Verfasser der vorliegenden Arbeit hat es sich zum Ziel gesetzt, einschlägige Dokumente aus dem Umfeld des Österreichischen Bundesheeres und der Deutschen Luftwaffe heranzuziehen und einen für den Ausbildungs- und Führungsbetrieb wertvollen Vergleich daraus zu ziehen.
Einleitende Worte
Dienstaufsicht ist gerade für Unteroffiziere ein ständig aktuelles Thema. Einerseits erleben sie Dienstaufsicht durch Vorgesetzte (als Beaufsichtigte),
andererseits sind sie selbst verpflichtet, Dienstaufsicht bei den Untergebenen
wahrzunehmen. Die Unzufriedenheit mit der erlebten Dienstaufsicht, deren
Ergebnissen oder den gesetzten Maßnahmen ist nicht selten Tagesthema.
Nicht wenige Mitarbeiter äußern dabei Gefühle wie Ärger oder Enttäuschung.
Aus Sicht der auszubildenden Soldaten zeigt sich eine mindestens genauso
deutliche wie alarmierende Situation. Berichte der Parlamentarischen Beschwerdekommission in Österreich, Jahresberichte des Wehrbeauftragten des
Deutschen Bundestages oder eine anlässlich dieser Ausarbeitung durchgeführte Befragung von Lehrgangsteilnehmern an der Heeresunteroffiziersakademie und der Unteroffizierschule der Deutschen Luftwaffe zeigen zweierlei:
47
GROBNER: Grundlagen zur Frage der Dienstaufsicht
1. Es gibt Handlungsbedarf und 2. die Probleme sind bestimmt nicht als isoliert und nur in einem Land oder einer Organisation bestehend zu betrachten.
Der Auftrag an die Streitkräfte, einsatzfähige und einsatzwillige Soldaten
auszubilden und zu erziehen, ist trotz vieler Bemühungen (zeit- und kostenintensive Ausbildung des Kaders, Herausgabe von Weisungen, Erlässen, Befehlen oder Belehrungen) sicher noch nicht zur vollsten Zufriedenheit aller erreicht. Die Dienstaufsicht, eingebunden in den Führungsprozess ist wesentlicher Bestandteil dieses Auftrages. Auf Grund der Tatsache, dass es einerseits
trotz intensiver Gegensteuerungen (Führungsverhaltensausbildung, Kaderbelehrungen, Berichte des Wehrbeauftragten in Deutschland oder der Beschwerdekommission in Österreich, Hinweise und Appelle in Erlässen und
Befehlen u.v.m.) wiederholt zu Verletzungen der Dienstaufsichtspflicht
kommt und andererseits, dass Dienstaufsicht sehr oft reduziert als Überprüfung und Kontrolle empfunden wird, stellen sich zwingende Fragen wie:
ƒ
Warum ist das so? Oder: Wo sind die Ursachen zu suchen?
ƒ Wie kann Dienstaufsicht verbessert werden?
Die nachfolgende Arbeit wird sich mit der Dienstaufsicht in der Ausbildung
befassen. Dabei wird im ersten Teil auf erlebte Erfahrungen eingegangen. In
weiterer Folge sollen wesentliche Grundlagen betrachtet und im Anschluss
das Thema mittels Auszügen und Erläuterungen der deutschen und österreichischen Fachliteratur behandelt werden. Die Komplexität der Dienstaufsicht
wird im Kapitel zur Ganzheitlichkeit dargestellt. Danach werden Ziele und
Grundsätze der Dienstaufsicht erläutert, die durch konkrete Anwendungshilfen und Regeln für die Dienstaufsicht und Kontrolle ergänzt werden.
Dienstaufsicht aus der Perspektive des Beaufsichtigten
Von Anerkennung bis hin zu destruktiver Ignoranz
Für Untergebene bedeutet der Begriff Dienstaufsicht zunächst Kontrolle und
Überwachung. Für engagierte Mitarbeiter oder Untergebene stellt die Tatsache, von kompetenten Vorgesetzten überprüft zu werden, in der Regel wohl
kein Problem dar. Im Gegenteil: Das Interesse des Vorgesetzten gegenüber
der zu erfüllenden Aufgaben und des Untergebenen selbst wird in diesem Fall
als positiv empfunden. Hingegen wird das Fehlen von Dienstaufsicht oft als
Desinteresse und geringe Wertschätzung gegenüber dem Mitarbeiter und
seiner Leistungen interpretiert.
In solchen Situationen sind oft Aussagen zu hören wie: „Vermutlich interessiert meine Arbeit ohnehin niemanden, sonst hätte es doch jemand für Wert
48
GROBNER: Grundlagen zur Frage der Dienstaufsicht
befunden, sie sich anzusehen.“ Auf längere Zeit mit seiner Leistung keine
Beachtung zu finden, wird verständlicherweise immer demotivierend wirken.
Keine Dienstaufsicht und somit keine Rückmeldungen von seinen Vorgesetzten zu bekommen, ist auch Feedback – nämlich ein destruktives! Ähnliches
gilt natürlich für die Fachaufsicht über Spezialisten oder Fachkräfte von deren
fachlich Vorgesetzten, die nicht in der Linie stehen.
Beziehungs- und Sachebene
Wird Dienstaufsicht auf Überwachung und Kontrolle beschränkt, dann erleben sie die Betroffenen häufig als sehr unpersönlich. Mangelndes Interesse
am Befinden der Mitarbeiter sowie die an Fehlern und nicht an Erreichtem
orientierte Bewertung von Leistungen wirken sich besonders negativ aus.
Das Erkennen und Abstellen von Fehlern, Missständen oder Mängeln muss
klarerweise ein ganz wesentlicher Zweck der Dienstaufsicht sein. Wenn Untergebene jedoch Dienstaufsicht nur als unpersönliche Überprüfung ihrer
Leistungen, vielleicht sogar ohne persönlichen Kontakt zum Vorgesetzten,
erleben, dann wird diese Art der Kontrolle längerfristig erfolglos sein.
Nicht umsonst wird fast bei allen Führungsseminaren auf die Wichtigkeit der
Beziehungsebene hingewiesen. Wenn wir Dienstaufsicht „im Vorbeigehen“
oder gar im „Vorbeifahren“ erleben, dann kann bestimmt nicht vom Aufbau
einer Beziehung zum Überprüften gesprochen werden. Konstruktive Rückmeldungen sind ohne seriösen Gesamteindruck in der Regel nicht mehr zu
erwarten, und das Feedback bleibt auf Äußerlichkeiten und oft unbedeutende
Details konzentriert.
Rechtsgrundlagen
Als wesentliche rechtliche Grundlagen seien zunächst für die Deutsche Bundeswehr das Soldatengesetz (SG) und für das Österreichische Bundesheer die
Allgemeine Dienstvorschrift (ADV) angeführt. Das deutsche Soldatengesetz
legt im §10 (2) fest: „Der Vorgesetzte hat die Pflicht zur Dienstaufsicht und
ist für die Disziplin seiner Untergebenen verantwortlich“. Die ADV in Österreich meint im §4 (3) zur Pflicht des Vorgesetzten als Dienstaufsichtführender: “Der Vorgesetzte ist verpflichtet, seinen Untergebenen durch ständige
Überwachung des Dienstbetriebes zur sachgerechten Erfüllung ihrer Pflichten
anzuhalten.“
Die Pflicht zur Dienstaufsicht beschränkt sich nicht auf einzelne Dienstgrade
oder Führungsebenen. Sie ist eine Führungs- und Erziehungsaufgabe, die von
allen Kommandanten, Offizieren wie Unteroffizieren wahrzunehmen ist (vgl.
Hehenberger 2005, 445).
49
GROBNER: Grundlagen zur Frage der Dienstaufsicht
Erziehung als besonderer Auftrag in Fragen der Dienstaufsicht wird in der
Deutschen Luftwaffe über die Weisung Nr. 1101 („Erziehung in der Luftwaffe“) umfangreich geregelt. Weiters kommen auch Leitsätze für die Innere
Führung zur Anwendung, die im Besonderen in den Leitsätzen für Dienstgestaltung und Ausbildung, zu Befehl und Gehorsam und für die Personalführung die Grundsätze der Dienstaufsicht umreißen.
In der österreichischen Erlasslage zu den „Erzieherischen Maßnahmen“ aus
dem Jahr 1999 wird der Begriff „Dienstaufsicht“ auf unterster Führungsebene
zunächst als „Beaufsichtigung“ bezeichnet. Im Gegensatz zu den deutschen
Quellen werden in Österreich auch keine Unterteilungen diverser Maßnahmen der Dienstaufsicht getroffen. Auffällig ist weiters die Streichung des
Begriffs der Erziehung in neueren Grundlagen wie der „Ausbildungsphilosophie des Österreichischen Bundesheeres“ aus dem Jahr 2006. Insgesamt hält
etwa der stellvertretende Kommandant der Heeresunteroffiziersakademie in
einem Artikel für die Fachzeitschrift TRUPPENDIENST für die österreichische Situation sehr kritisch zum Thema Dienstaufsicht fest:
„Die derzeit im Bundesheer verfügbaren Ausbildungsunterlagen reichen
nicht aus oder sind nicht geeignet, um eine einheitliche Vermittlung dieses
Themas sicherzustellen.“ (Hehenberger 2005, 448)
Zwei interessante Werke in der Gegenüberstellung
Als jene zwei Bücher, die sich während der gedanklichen Bearbeitung des
Themas als besonders wertvoll herauskristallisierten, sind die Veröffentlichungen „Allgemeine Führungslehre, Führung in der Bundeswehr: Leitfaden
für Lehre und Praxis“ (herausgegeben durch H.H. Driftmann, 1986) und aus
Österreich „Militärische Ausbildung: Orientierungshilfe für Gruppen und
Zugskommandanten“ von Heinz Florian und Roberto Kalmar aus dem Jahr
1997 zu nennen. Ersteres beschreibt Dienstaufsicht und Kontrolle ganz allgemein als Teil des Führungsprozesses. Konkret kann man bei Driftmann
(Hrsg., 1986) folgende Aussagen (Hervorhebungen durch die Redaktion)
nachlesen:
„Die Kontrollphase schließt den Führungsvorgang ab und führt ihn
zugleich dadurch fort, dass ihre Ergebnisse wieder in die Lagefeststellung
einfließen. Sie dient dazu, die Auswirkung der Planung und Befehlsgebung
allgemein festzustellen, die Art und Weise der Ausführung von Aufträgen
und Befehlen zu überwachen und das erreichte Ergebnis dem Ziel gegenüber zu stellen. Führung ist ohne Kontrolle nicht möglich. Die Kontrolle
umfasst auch die Selbstkontrolle des Führers. … Die Dienstaufsicht als
Führungstätigkeit ist das Ausüben von Kontrolle ebenso wie die Kontrolle
50
GROBNER: Grundlagen zur Frage der Dienstaufsicht
als Phase des Führungsvorganges die Wahrnehmung der Dienstaufsicht
umfasst. Beide Führungstätigkeiten weisen Gemeinsamkeiten auf und sind
daher nicht voneinander zu trennen. Sie ergänzen einander im Frieden
und im Krieg. Beide Führungstätigkeiten enthalten einen personalen und
instrumentalen Anteil, nämlich Hilfe und Sorge für den geführten Soldaten
und Ergebnisfeststellung und Überwachung der Auftragsausführung. Die
Gesamtverantwortung des militärischen Führers erfordert es, Dienstaufsicht und Kontrolle sowohl bei der Willensbildung (Zielsetzung und Planung) als auch bei der Willensdurchsetzung (Befehlsgebung und Kontrolle) auszuüben.“ (a.a.O., 38)
Die im Weiteren gegebenen Erklärungen, Anweisungen sowie die Grundsätze
für die Dienstaufsicht werden in die Zusammenstellung eines Gesamtkatalogs
im Rahmen dieser Arbeit später noch einfließen.
Florian und Kalmar (1997) unterscheiden auf Gruppen- und Zugsebene je
nach Ziel zwischen der Ausbildungs- und der Erfolgskontrolle. Im Gegensatz
zur ersteren Quelle beschäftigen sich deren Ausführungen ausschließlich mit
Ausbildungsbelangen. Erstere wiederum bezieht sich auf das gesamte Umfeld
der Ausbildung und ist für die Vorbereitungs-, Durchführungs-, und Ergebnisqualität sowie für organisatorische Rahmenbedingungen anzuwenden.
Weiters wird darauf hingewiesen, dass die Ausbildungskontrolle normalerweise durch die Dienstaufsicht, jedoch auch als Selbstkontrolle durch den
Durchführenden der Ausbildung stattfinden kann.
Die wesentlichen Qualitätsbereiche der Ausbildungskontrolle werden von den
beiden Autoren anhand folgenden Modells illustriert und in ihrem Buch ausführlich erläutert:
51
GROBNER: Grundlagen zur Frage der Dienstaufsicht
Abbildung: Qualitätsbereiche der Ausbildung (Florian / Kalmar 1997, 152)
Qualitätskontrollbereiche
QUALITÄTSBEREICHE DER AUSBILDUNG
VorbereitungsDurchführungs-
Ergebnisqualität
qualität
qualität
Konzeption
Infrastruktur
Abschluss
Planung
Professionalität
Zufriedenheit
Angebot
Didaktik / Methodik
Persönlichkeitsentfaltung
Zielorientierte Ausbildung in den österreichischen Streitkräften interpretiert
Erfolgskontrollen über die Messung erreichter Lernziele. Das Prinzip der
Erwachsenengerechtigkeit wird dann als umgesetzt zu betrachten sein, wenn
Kontrolle auch dem Auszubildenden eine Orientierungshilfe über den Verlauf
seines Lernprozesses bietet. Als Hilfsmittel zur Beurteilung der Ausbildungslage bieten Florian und Kalmar das „Didaktische Achteck“ an, welches auch
an der Heeresunteroffiziersakademie im Rahmen der Ausbildungsmethodik
gelehrt wird (a.a.O., 48).
Besonders bedeutungsvoll erscheint der Fingerzeig auf die Tatsache, dass das
Erreichen von affektiven Lernzielen („Wollens-Zielen“) nicht leicht und zuverlässig messbar ist. Der Einfluss von Erfolgskontrollen auf die Motivation
der Soldaten wird in Zusammenhang mit gesundem Leistungsdenken als positive Nebenerscheinung beschrieben (a.a.O., 156). Nach Ansicht des Verfassers sollten Dienstaufsicht und Erfolgskontrolle diesem Aspekt durchaus
mehr Bedeutung beimessen und den Faktor Motivation nicht nur als positive
Nebenerscheinung, sondern als die Grundvoraussetzung für zukünftig hohe
Leistungsbereitschaft, stärken. Die inhaltlichen Direktiven über die zu erfüllenden Kriterien der Erfolgskontrollen sind jedoch zweifellos als sehr wertvolle Hilfen und Anregungen – im Besonderen für den Ausbildungsdienst –
zu sehen.
Zum Grundsatz der Ganzheitlichkeit
Dienstaufsicht als Maßnahme im Rahmen des Führungsprozesses muss als
ein wesentlicher Bestandteil der Mitarbeiterführung erkannt und wahrge52
GROBNER: Grundlagen zur Frage der Dienstaufsicht
nommen werden. Dabei ist jenem Grundsatz der ganzheitlichen Betrachtung
Rechnung zu tragen, der im deutschen Konzept der Inneren Führung eine
herausragende Rolle spielt, oder wie anders ausgedrückt etwa in der Weisung
der Deutschen Luftwaffe zur Erziehungsproblematik Nr. 1101 zu lesen ist:
„Führung, Ausbildung, Erziehung, Bildung, Politische Bildung und Sozialisation stehen in unmittelbarer Beziehung zueinander, ergänzen sich in
ihrer Wirkung und sind deshalb ganzheitlich zu betrachten.“ (a.a.O.)
Hauptzweck der Dienstaufsicht bleibt die Begleitung und Überwachung von
Untergebenen und Mitarbeitern und deren Anleitung zur Pflichterfüllung. Der
Begriff der Erziehung findet sich in den zur Erstellung dieser Arbeit ausgewerteten Dokumenten in diesem Zusammenhang wieder. Er ist aber mittlerweile in der Domäne der militärischen Ausbildung, aufgrund ihrer eindeutigen Ausrichtung auf Erwachsenenbildung, zumindest in Österreich mehr und
mehr umstritten.
Ziele und Grundsätze der Dienstaufsicht
Um einen insgesamt besseren Gesamtüberblick über mögliche Zielsetzungen
von Dienstaufsicht erhalten zu können, seien an dieser Stelle wesentliche
Aussagen aus jenen im Literaturverzeichnis aufgenommenen Monographien
auf den Punkt gebracht und zusammengefasst.
Dienstaufsicht sollte demnach …
ƒ
… die ständige Einsatzbereitschaft der Streitkräfte sicherstellen
ƒ
… das militärische Betriebsklima auf allen Ebenen verbessern
ƒ
… die vorschriftenkonforme Erfüllung von Aufträgen und die Ausführung von Befehlen in inhaltlicher, zeitlicher, methodischer, sozialer und
organisatorischer Hinsicht sicherstellen (vgl. u.a. Florian / Kalmar 1997,
151ff)
ƒ
… von Dienstvergehen und Straftaten abhalten
ƒ
… vor Gefahren und Schäden für Mensch und Material bewahren und
dafür rasches Eingreifen bei Gefahr in Verzug ermöglichen
ƒ
… ein möglichst realistisches und umfassendes Bild des Ausbildungsstandes ermöglichen
ƒ
… Ausbildungsmängel rasch erkennen lassen, um entsprechende Maßnahmen ergreifen zu können (vgl. Driftmann (Hrsg.) 1986, 38)
53
GROBNER: Grundlagen zur Frage der Dienstaufsicht
ƒ
… Stärken und Schwächen in den jeweiligen Kompetenzbereichen von
Untergebenen erkennen lassen, um richtig fördern oder fordern zu können
(vgl. u.a. Steiger 1994, 56)
ƒ
… Untergebenen Beratung, Hilfe und Unterstützung geben, um diese in
ihrer Verhaltenssicherheit zu stärken! (vgl. u.a. Steiger 1994, 57)
ƒ
… helfen, Informationen über gruppendynamische Prozesse zu gewinnen,
um die Rollen von Einzelnen und das Zusammenwirken von Gemeinschaften möglichst richtig einschätzen zu können (vgl. u.a. Florian / Kalmar 1997, 54ff)
ƒ
… als eine Form der Selbstkontrolle wahrgenommen werden (vgl. Driftmann (Hrsg.) 1986, 38)
ƒ
… Informationen für die neuerliche Beurteilung und Entscheidungen
sicherstellen (vgl. Driftmann (Hrsg.) 1986, 38)
ƒ
… eine grundlegende Basis für Führung, Ausbildung und im Besonderen
für die Erziehung von Soldaten darstellen.
Zur Frage der allgemeinen Grundsätze der Dienstaufsicht seien allen dafür
Verantwortlichen folgende Aussagen ans Herz gelegt:
„In der menschenorientierten Führung geht es nicht um die Frage, ob
Vertrauen oder Kontrollen besser seien, sondern darum, dass Kontrollen
in einem Klima des Vertrauens durchgeführt werden!“ (Steiger 1994, 55)
„Der Kontrollierte soll nie das Gefühl haben, dass er in seinen menschlichen oder soldatischen Fähigkeiten herabgesetzt wird. … Die Erfolgskontrolle soll sich nicht nur auf seine Leistung beziehen. Es gehört zum psychologischen Geschick jedes Vorgesetzten, so zu kontrollieren, das der
Auszubildende / Überprüfte die Erfolgskontrolle nicht als gegen sich gerichtet empfindet, sie ist einzig und allein auf das übergeordnete Ziel gerichtet.“ (Florian / Kalmar 1997, 156)
„Die Kontrollmaßnahmen müssen durch Fürsorge, Hilfe und zwischenmenschliche Kontakte ergänzt werden. … Der Vorgesetzte sollte gute Leistungen des Untergebenen anerkennen und loben. Anderseits muss er festgestellten Mängeln und Pflichtwidrigkeiten mit gebotener Konsequenz,
Entschlossenheit und Strenge begegnen und die ihm zur Verfügung stehenden Mittel (Belehrung, Befehle und ihre Durchsetzung, Meldung) ausschöpfen, insbesondere dann, wenn es gilt, Gefahren für die Sicherheit der
ihm anvertrauten Soldaten etwa beim Wachdienst oder beim Schießen abzuwenden.“ (Auszug aus den Ausbilderhinweisen für die Vorgesetztenausbildung an der Unteroffizierschule der Deutschen Luftwaffe)
54
GROBNER: Grundlagen zur Frage der Dienstaufsicht
In Ergänzung obiger Aufzählung sollen nun wesentliche Anwendungshilfen
und Regeln für Dienstaufsicht sowie Kontrolle im militärischen Umfeld zusammengestellt werden. Dies erfolgt aufgeteilt auf drei Phasen:
Planung und Vorbereitung
ƒ
Große Bedeutung gebührt generell der Wahl der Methode, etwa hinsichtlich der Frage, wie Selbstkontrolle am zielführendsten eingesetzt werden
kann (u.a. nach Steiger 1994,57 sowie Driftmann (Hrsg.) 1986, 41)
ƒ
Vorbereitung von Prüfer- oder Beobachterprotokollen (nach Florian /
Kalmar 1997, 157 und Driftmann (Hrsg.)(1986), 40)
ƒ
Aneignung des notwendigen Fachwissens (nach Steiger 1994, 56)
ƒ
Kenntnisse über Ausbildungsziele, Inhalte und vorgesehene Methoden
(vgl. Driftmann (Hrsg.) 1986, 39)
ƒ
Der Faktor Zeit ist meist das wichtigste Planungskriterium (vgl. Steiger
1994, 56)
ƒ
Kontrollen sollen so zeitgerecht festgelegt werden, dass Handlungs- und
Korrekturmöglichkeiten gewährt bleiben (a.a.O.)
ƒ
Willkürliche und unsystematische Kontrollen können zu unzutreffenden
Eindrücken (Momentaufnahmen) und zu Unsicherheit des Betroffenen
führen (vgl. Driftmann (Hrsg.) 1986, 41)
ƒ
Unzweckmäßige oder nicht zu begründende Kontrollen werden zu Recht
als Schikane empfunden (vgl. Driftmann (Hrsg.) 1986, 41)
ƒ
Kontrollen sollen auf klar fixierten und dem Mitarbeiter bekannten Kriterien basieren (vgl. Steiger 1994, 56 oder Florian / Kalmar 1997, 155ff)
ƒ
Dauer und Umfang der Kontrolle sollen den Betroffenen nicht über Gebühr belasten. Kontrollmaßnahmen, die durch Dauer und Umfang den
Dienstbetrieb beeinträchtigen, sollen angekündigt werden. In allen anderen Fällen ist die Frage der vorherigen Ankündigung sorgfältig zu prüfen,
damit im überprüften Bereich weder ungerechtfertigter Aufwand für die
Vorbereitung entsteht, noch Ergebnisse bewusst verfälscht werden können (vgl. Steiger 1994, 56 und Driftmann (Hrsg.) 1986, 41).
Am verlässlichsten sollte wohl der Umstand gelten, dass der Mitarbeiter bei
jeder Dienstverrichtung mit Aufsicht rechnen muss, weil sein Vorgesetzter
eben regelmäßig Dienstaufsicht ausübt und daher quasi berechenbar wird
(vgl. dazu Hehenberger 2005, 444ff)
55
GROBNER: Grundlagen zur Frage der Dienstaufsicht
Durchführung
ƒ
Kontrolle sollte möglichst unauffällig und taktvoll, aber ohne Geheimnistuerei im Klima des Vertrauens durchgeführt werden (vgl. Steiger 1994,
55)
ƒ
Um konsequente Dienstaufsicht und Kontrolle wahrzunehmen, ist Sensibilität unbedingt erforderlich
ƒ
Sofortiges Einschreiten oder Unterbrechungen des Dienstbetriebes sind
nur etwa bei Gefahr für Mensch und Material, Verletzung von Sicherheitsbestimmungen oder der Menschenwürde, bei krassen Verstößen gegen Ausbildungsregeln oder offensichtlichem Verfehlen des Ausbildungszieles zulässig (vgl. etwa Ausbildungshinweise für die Vorgesetztenausbildung an der Unteroffizierschule der Luftwaffe)
ƒ
Besonders bei Kontrollen sollte vorurteilsfrei, neutral, gerecht gemessen
und gewertet werden
ƒ
Beurteilungen und Bewertungen sind in Abstimmung mit den vorgegebenen Ausbildungszielen zu treffen (nach Florian / Kalmar 1997, 155 ff)
ƒ
Individuelle Leistungen, Stärken oder Schwächen der Mitarbeiter sollten
erkannt werden, um entsprechende Maßnahmen wie Würdigungen oder
Förderungen setzen zu können (vgl. etwa Driftmann (Hrsg.) 1986, 41)
ƒ
Aufmerksamkeit soll nicht nur die Fachkompetenz der Mitarbeiter, sondern mindestens im gleichen Maß auch auf die methodische und soziale
Kompetenz gelegt werden.
ƒ
Die Bedingungen, unter denen Leistungen erbracht werden, dürfen nicht
außer Acht gelassen werden
ƒ
Auf den affektiven Lernzielbereich muss besondere Aufmerksamkeit
gelenkt werden (vgl. Florian / Kalmar 1997, 156).
Nachbereitung und Nachbesprechung
ƒ
Ohne Nachbereitung ist eine auch noch so gut vorbereitete und durchgeführte Dienstaufsicht nutzlos
ƒ
Das Ergebnis der Dienstaufsicht und Kontrolle muss seinen Niederschlag
in einer Auswertung, einer Nachbesprechung und einer Ergebnissicherung finden, um dadurch den beaufsichtigten Untergebenen die Möglichkeit zur positiven Persönlichkeitsentwicklung (Weiterentwicklung der eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten) zu verschaffen
56
GROBNER: Grundlagen zur Frage der Dienstaufsicht
ƒ
Die Qualität der Nachbesprechungen wird besonders durch entsprechende
Aufbereitung und Wertung der gewonnenen Erkenntnisse geprägt. Nachbesprechungen sollen daher nicht unmittelbar nach erfolgter Kontrolle
(„aus dem Bauch heraus“ oder gar blind vor Wut) durchgeführt, sondern
gut vorbereitet werden
ƒ
Besonders bei negativer Kritik ist ein Klima des Vertrauens mitentscheidend dafür, ob die gegebenen Rückmeldungen zur Einsicht und somit zur
Verhaltensänderung durch den Mitarbeiter führen. Die Möglichkeit eines
Vier-Augen-Gespräches sollte je nach Situation mitbeurteilt werden. Einen Untergebenen vor Kameraden oder gar Untergebenen bloßzustellen,
wäre wohl einer der größten Fehler (vgl. v.a. Jung / Florian 1994, 181f)
ƒ
Wenn die Nachbesprechungen nach den Kommunikationsregeln, Feedbackregeln bzw. bei Mängeln nach den Grundsätzen für konstruktive Kritik geführt werden, ist der Erfolg schon zur Hälfte erreicht.
Zusammenfassung
Auf Grund der deutlich erkennbaren Diskrepanz zwischen Soll-Zustand und
Ist-Zustand bezüglich der Führungsaufgabe der Dienstaufsicht und Kontrolle
ist nach wie vor ein großer Handlungsbedarf erkennbar. Alle Ausbildungseinrichtungen und auch deren übergeordnete Dienststellen sollten dringend dafür
Sorge tragen, dass die Ausbildung zur Dienstaufsicht nicht nur in den Curricula Einzug findet, sondern auch in der Umsetzung tatsächlich Platz greift.
Der Erweiterung und Intensivierung der Führungsverhaltensausbildung (menschenorientierte Führung im Bundesheer) ist in Österreich in dieser Hinsicht
große Bedeutung beizumessen.
Gerade in Österreich sind die verfügbaren Ausbildungsunterlagen als nicht
ausreichend zu bezeichnen, um das Thema Dienstaufsicht einheitlich und
erfolgreich ausbilden zu können. Die Akademien und Schulen als zentrale
Ausbildungsstätten der qualifizierten Kaderaus- und -weiterbildung sowie als
Drehscheibe mit Multiplikatorwirkung tragen diesbezüglich hohe Verantwortung, denn:
„Der wohl wichtigste Auftrag an die Ausbildungsstätten in diesem Zusammenhang ist … die Vermittlung von grundsätzlichen Einstellungen.
Berufliches Selbstverständnis und korrektes Handeln sind zu fordern und
zu fördern. Keine noch so permanente Dienstaufsicht kann Fehlleistungen
verhindern, denn das Aufsichtsorgan kann nicht überall sein und bekommt
auch nicht immer den tatsächlichen Eindruck … Selbstständig und eigenverantwortlich aus Überzeugung die Verantwortung zu übernehmen, auch
ohne Aufsicht korrekt zu handeln und die dazu erforderliche Geisteshal57
GROBNER: Grundlagen zur Frage der Dienstaufsicht
tung zu vermitteln, muss das eigentliche Ausbildungsziel sein.“ (Hehenberger 2005, 448)
Die sehr guten und umfassenden Grundlagen in der Deutschen Bundeswehr
und vor allem der Luftwaffe wurden auszugsweise dargestellt, ohne sie aufgrund fehlender Kenntnisse über die genauen Umstände der Ausbildungsund Führungspraxis in Deutschland einer konkreten Wertung unterziehen zu
können.
Literaturverzeichnis
Driftmann, Hans Heinrich (Hrsg.)(1986). Allgemeine Führungslehre, Führung in der Bundeswehr: Leitfaden für Lehre und Praxis, Walhalla und Praetoria Verlag, Regensburg.
Florian, Heinz / Roberto Kalmar (1997). Militärische Ausbildung – Eine Orientierungshilfe für Gruppen- und Zugskommandanten, Austria Media Service
Verlag Graz.
Hehenberger, Johann (2005). Dienstaufsicht: Kommandantenpflicht zwischen
Überwachung, Ausbildung und Leistungsmessung, In: TRUPPENDIENST
2/2005, 444 – 448.
Jung, Hermann / Heinz Florian (1994). Grundlagen der Militärpädagogik:
Eine Anleitung zu pädagogisch verantwortetem Handeln – Band 2, Peter
Lang Europäischer Verlag der Wissenschaften, Frankfurt-Berlin-Bern-New
York-Paris-Wien.
Knebel, Heinz (1992). Taschenbuch der Personalbeurteilung, 8. Auflage,
Sauer Verlag, Heidelberg.
Reeb, Hans Joachim / Siegfried Michael Moerchel (1992). Menschenführung:
Praktisches Handbuch für Vorgesetzte in der Bundeswehr, Walhalla und
Praetoria Verlag, Regensburg.
Steiger, Rudolf (1994). Menschenorientierte Führung: Anregungen für zivile
und militärische Führungskräfte, 7. überarbeitete Auflage, Verlag Huber,
Frauenfeld.
58
PREIN: Kritische Betrachtung der Berufsethischen Bildung für Unteroffiziere
Oberfeldwebel Torsten PREIN
Berufsethische Bildung für
Unteroffiziere im angehenden 21.
Jahrhundert: Kritische Betrachtungen
des Ansatzes im Österreichischen
Bundesheer
Geänderte Anforderungen an Unteroffiziere im angehenden
21. Jahrhundert machen es erforderlich, gerade den Aspekt
der Bildung wieder einmal neu zu bedenken. In der
vorliegenden Ausarbeitung werden die Ansätze der
Heeresunteroffiziersakademie zur Frage der berufsethischen
Bildung für Unteroffiziere näher und vor allem kritisch
betrachtet. Begriffe wie „Soldat“ oder „Unteroffizier“ sind
grundsätzlich in ihrer männlichen Form verwendet und
dennoch geschlechtsneutral zu verstehen.
Einleitung
Berufsethische Bildung für Unteroffiziere ist ein sehr weitreichendes Thema.
Bildungsexperten innerhalb des Militärs scheinen sich in Bezug auf deren
gestiegene Notwendigkeit grundsätzlich einig zu sein. Unterschiedliche
Modelle und Konzepte in einzelnen Ländern bieten aber ausreichend
Diskussions- und Evaluationspotenzial.
Die Heeresunteroffiziersakademie hat eine neue Herausforderung
angenommen und im Jahr 2005 ein Konzept entwickelt, um berufsethische
Bildung in Ausbildungslehrgänge von Unteroffizieren noch zielorientierter
als bisher und inhaltlich losgelöst vom Lebenskundlichen Unterricht zu
integrieren. Diese Ausarbeitung soll dem Leser einen Einblick in das
Konzept, gemessen an den gestiegenen Forderungen an das Leistungsprofil
von Unteroffizieren, verschaffen und ihn anregen, an den offenen
59
PREIN: Kritische Betrachtung der Berufsethischen Bildung für Unteroffiziere
Diskussionen zur gesteigerten Notwendigkeit von berufsethischer Ausbildung
für Soldaten teilzunehmen.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich nach einem kurzen gedanklichen
Ausflug zur Transformation der Streitkräfte und deren Auswirkung auf den
Soldaten im Schwerpunkt mit der Umsetzung der berufsethischen Bildung
von österreichischen Unteroffizieren im Lichte von Veränderungsprozessen.
Die Sicht eines deutschen Unteroffiziers zu diesem Thema soll dabei zu einer
Außenperspektive beitragen.
Die erweiterten Anforderungen an Soldaten im 21. Jahrhundert am
Beispiel des Österreichischen Bundesheeres
Transformation der Streitkräfte am Beispiel Österreichs
Wenn man von erweiterten Anforderungen an Soldaten im 21. Jahrhundert
spricht, kommt man an den Begriffen Transformation, Wandel und Reform
nicht vorbei. Doch warum etwas Neues? Was hat sich verändert?
„Die wohl wesentlichste Änderung militärischer Art seit dem Ende des Kalten
Krieges ist die Umformung der europäischen Armeen von den ursprünglichen, für
die Territorial- bzw. Bündnisverteidigung vorgesehenen Massenarmeen hin zu
kleineren, rasch einsetzbaren und verlegbaren Streitkräften. Auch in Österreich
vollzog sich diese Entwicklung.“ (Pfandlbauer 2006, 18)
Als Mitglied der Europäischen Union, im Rahmen der Vereinten Nationen,
der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sowie
in Kooperation mit der NATO, hat sich Österreich unter anderem dazu
verpflichtet, an Maßnahmen der internationalen Konfliktverhütung,
Krisenbewältigung
und
Friedenssicherung
teilzunehmen.
Diese
Sicherheitsinteressen hören naturgemäß nicht an nationalen Landesgrenzen
auf. Um den geforderten Aufgaben gerecht zu werden, bedarf es einer
umfangreichen Reform bestehender Strukturen. Dies wird über das
Projektmanagement
„Österreichisches
Bundesheer
(ÖBH)
2010“
gewährleistet.
Neue Herausforderungen verlangen neue Ideen
Betrachtet man nun die Rahmenbedingungen des Wandels, dann ergeben sich
klar definierbare, zum Teil neue Anforderungen an den einzelnen Soldaten.
Zur Aufgabe des Landesverteidigers sind heute noch die Rollen eines Helfers
und Vermittlers mit Einsatzgebieten auf der ganzen Welt hinzugekommen.
Multinationale Einsätze, Konfrontation mit fremden Kulturen und
60
PREIN: Kritische Betrachtung der Berufsethischen Bildung für Unteroffiziere
permanente Gefahr für Leib und Leben stellen eine große Herausforderung an
den Soldaten und an die militärischen Führer dar.
Ein wesentlicher Faktor ist hierbei die moralische Urteilsfähigkeit gerade im
Kontext schwieriger Entscheidungssituationen im Einsatz. Aus dieser
Forderung heraus hat das Österreichische Bundesheer von 2003 bis 2005 im
Rahmen einer Projektgruppe, zuerst für Offiziere und später auch für
Unteroffiziere, ein Konzept entwickelt, berufsethische Bildung ergänzend zu
bisherigen Ansätzen möglichst zeitgemäß in Lehrgänge zu integrieren.
Konfessionelle Ethikausbildung ist weiterhin fester Bestandteil ethischer
Bildung in Österreich, wenngleich diese losgelöst von der reinen Berufsethik
behandelt wird.
Der Weg zum Ziel im Österreichischen Bundesheer
Als
Grundlage
wurde
von
der
Projektgruppe
an
der
Heeresunteroffiziersakademie ein Berufsqualifikationsprofil definiert,
welches klare Festlegungen des ethisch-moralischen Anspruches an den
Unteroffizier trifft:
„Der Unteroffizier des Österreichischen Bundesheeres hat als Kommandant auf
der Ebene Gruppe und Teileinheit sowie als Stabsmitglied oder Fachunteroffizier
die mit seiner Funktion als Exekutivorgan im Rahmen des staatlichen
Gewaltmonopols verbundene ethisch-moralische Verantwortung, in deren
Mittelpunkt der Wert der Person und die Achtung der Menschenwürde stehen,
wahrzunehmen. Diese Verantwortung erwächst aus der humanistischen und
christlich-abendländischen Denktradition und verpflichtet den Unteroffizier, ihr
sowohl unter Friedens- als auch unter Einsatzbedingungen in jeder Beziehung
und zu jeder Zeit gerecht zu werden. Das Berufsethos des Unteroffiziers soll
darüber hinaus in seinem persönlichen Verhalten und gesellschaftlichen Wirken
sichtbar werden. Das militärische Bildungswesen soll den Unteroffizier in der
Entwicklung und Herausbildung seines Berufsethos unterstützen und fördern.“
(aus Kastberger 2005, 314)
Die zu implementierenden Grobziele des österreichischen Ansatzes sollen
nun einzeln und mit Kommentaren des Verfassers versehen wiedergegeben
werden. Die Idee der Projektgruppe dazu stellt sich wie folgt dar:
ƒ
Unteroffiziere sollen in die Lage versetzt werden, ihr Handeln generell in
einem umfassenderen Zusammenhang zu sehen.
Wissen wird über Bildung erlangt und schafft die Voraussetzungen für den
Einzelnen, um im passenden Moment das Richtige tun zu können. Ein
gewisses Maß an Freiwilligkeit seitens des Auszubildenden ist dabei
unabdingbar. Die Ausbildungsmethodik ist aus Sicht des Verfassers
besonders wichtig, da über deren richtige Wahl das Interesse am Neuen
61
PREIN: Kritische Betrachtung der Berufsethischen Bildung für Unteroffiziere
entwickelt wird. Viele Themenbereiche in der militärischen Ausbildung sind
vielschichtig und ineinander übergreifend. Zusammenhänge müssen vom
Soldaten, will er erfolgreich sein, demnach klar erkannt und verstanden
werden.
ƒ
Unteroffiziere sollen die Fähigkeit erwerben und/oder festigen, über ihr
eigenes Fühlen und Handeln zu reflektieren.
Jeder Mensch ist einzigartig, aber als Menschen besitzen wir alle die
Fähigkeit zu kommunizieren. Wir können über uns und andere nachdenken
und haben Gefühle. Menschen fühlen, denken und kommunizieren jedoch als
Individuen oder Kulturen vergleichend unterschiedlich. Dies erschwert nicht
selten den Umgang mit Mitmenschen. Bevor man echte Empathie entwickeln
kann, muss man sich seiner eigenen Gefühle im Klaren sein. Dies ist
Voraussetzung für ein Leben in der Gemeinschaft und in Bezug auf den
Soldaten für ein Bestehen im Einsatz.
ƒ
Unteroffiziere sollen einen Gesamtüberblick zu Fragen der Ethik und
Moral unter besonderer Berücksichtigung der Erfordernisse des
militärischen Berufsvollzugs im Europa des angehenden 21. Jahrhundert
erhalten und aktualisieren.
Zukünftige Einsätze werden wohl immer häufiger im multinationalen
Rahmen durchgeführt. Hier treffen unterschiedliche Sprachen, Religionen,
ethnische Herkünfte und gegebenenfalls auch Moral- und Wertvorstellungen
aufeinander. Dies gilt nicht nur bezogen auf die Kulturen in den
Einsatzgebieten, sondern auch für Verbündete und Partner. Mögliches
Konfliktpotenzial ist im Bereich fremder Führungskulturen und
unterschiedlicher Wertestandards vorhanden. Professionalität im Umgang mit
dieser Problematik kann etwa durch gemeinsame Übungen oder
Einsatzvorbereitungen erreicht werden. Sprachbarrieren können durch
Schulungen abgebaut werden.
Im Rahmen weltweiter Einsätze können Soldaten mit Lebensverhältnissen
konfrontiert
werden,
welche
dem
eigenen
Verständnis
von
menschenwürdigem Leben widersprechen. Der Unteroffizier muss aufgrund
seiner naturgemäß besonderen Nähe zum Geschehen dafür sensibilisiert
werden, bei Begegnungen mit Elend und Gewalt gegenüber Hilflosen
möglichst rational zu handeln, den Auftrag nicht aus den Augen zu verlieren
sowie sich vorrangig auf sein Wissen zu verlassen und kompetent zu führen.
ƒ
Unteroffiziere sollen sich mit den wichtigsten rechtlichen und
organisatorischen Bestimmungen vom Humanitären Völkerrecht bis zur
Allgemeinen Dienstvorschrift auseinandersetzen und die moralischen
Aspekte daraus im Berufsvollzug umsetzen.
62
PREIN: Kritische Betrachtung der Berufsethischen Bildung für Unteroffiziere
An dieser Stelle greift der Einfluss von Gesetzen und Vorschriften in das
berufsethische Qualifikationsprofil. Grundlage für das soldatische
Selbstverständnis ist die rechtliche Einbindung als Exekutivorgan in eine
demokratische Grundordnung. Die rechtsstaatliche und moralische Maxime,
für Recht und Freiheit und die Unantastbarkeit der Menschenwürde
einzutreten sowie alle damit verbundenen Gesetze und Vorschriften zu
achten, muss überzeugend gelebt werden. Nur dann ist es gewährleistet, auch
außerhalb der Landesgrenzen professionell als Repräsentant des eigenen
Landes aufzutreten.
Die Umsetzung des Gewaltmonopols beinhaltet für jeden Soldaten hohes
Machtpotenzial. Die Regeln zum Umgang mit dieser Macht müssen
verinnerlicht sein, sodass sie problemlos und jederzeit – gerade im Einsatz –
angewendet werden können. Die Bestimmungen des Humanitären
Völkerrechts kommen dann noch hinzu, denn in Krisensituationen besteht
ständig die Gefahr, dass Zivilpersonen in das Geschehen einbezogen werden.
Die richtige Unterscheidung zwischen Kombattanten und Nichtkombattanten
sowie die Überprüfung der Verhältnismäßigkeit eingesetzter Mittel sollte
beherrscht werden, denn derartige wichtige Entscheidungsgrundlagen müssen
vor Ort vielleicht innerhalb von Sekunden korrekt bewertet werden können.
ƒ
Unteroffiziere
sollen
befähigt
werden,
eigenständig
und
verantwortungsbewusst moralische Entscheidungen treffen zu können
und diese nachhaltig zu vertreten.
Diese Zielforderung spricht das Gewissen und die Verantwortung eines jeden
Soldaten an und stellt die vielleicht größte Herausforderung an die ethische
Bildung dar. Die gewünschten Fähigkeiten können nicht nach einem „Schema
F“ auswendig gelernt werden. Als eine mit einem persönlichen Gewissen
ausgestattete Person reagiert jeder Einzelne unterschiedlich auf schwierige
Situationen, gerade wenn verschiedene Handlungsspielräume geöffnet sind.
Erschwerend kommt mitunter hinzu, dass notwendige Entscheidungen unter
Zeitdruck mit Gefahr für Leib und Leben oder wichtigen Konsequenzen für
sich oder andere getroffen werden müssen. Der Soldat ist zunächst
Befehlsempfänger, aber vor allem der Führer verfügt in der Auftragstaktik
vor Ort über lageabhängige Handlungsfreiheit.
Hier stellt sich die Frage, welche Hilfen dem Unteroffizier über die
berufsethische Bildung zur Erreichung dieses Zieles gegeben werden können.
Der Verfasser möchte dies am Beispiel eines Konzeptes des Zentrums Innere
Führung der Bundeswehr verdeutlichen. Erfahrungen aus Auslandseinsätzen
deutscher Soldaten haben die Notwendigkeit aufgezeigt, sich mit dieser
Problematik auseinanderzusetzen. Es wurde das Arbeitspapier „Entscheiden
und Verantworten – Konfliktsituationen in Auslandseinsätzen“ entwickelt, in
dem unter anderem anhand von Fallbeispielen – basierend auf erlebten
63
PREIN: Kritische Betrachtung der Berufsethischen Bildung für Unteroffiziere
Situationen – mögliche und tatsächliche Verhaltensweisen erörtert werden.
Diese Methodik bietet keine Musterlösungen, aber die Möglichkeit, sich
aufgrund der geschilderten Erfahrungen ein eigenes Urteil zu bilden. Unter
Zuhilfenahme dieser gewonnenen Kriterien kann der Einzelne in einer
Entscheidungssituation handeln (vgl. dazu Zentrum Innere Führung 2003, 5).
ƒ
Unteroffiziere sollen eine klare Zielvorstellung für ihr Verhalten im
beruflichen
Handlungsfeld
insgesamt
und
bei
spezifischen
Auftragserfüllungen im Besonderen entwickeln.
Die Identifikation des Einzelnen mit dem Soldatenberuf und die
Verinnerlichung gemeinschaftlicher Werte und Ziele aus Politik, Gesellschaft
und Militär sind ein Grundstein für überzeugtes Handeln. Identifikation mit
dem Beruf ist mindestens genauso wichtig das Vermögen des richtigen
Führens der Waffe. Nur wenn der Soldat von der Notwendigkeit eines
Einsatzes überzeugt ist, kann er auch richtig handeln. Und nur eine
überzeugte,
ethisch-moralisch
gefestigte
Persönlichkeit
kann
verantwortungsbewusst auftreten.
ƒ
Unteroffiziere sollen angeregt werden, die öffentliche Diskussion über
einschlägige ethische Fragen zu verfolgen und gegebenenfalls daran
teilzunehmen.
Das Leben ist ein ständiger Lernprozess. Unsere Gesellschaft unterliegt
einem andauernden Wandel, heutzutage vielleicht noch schneller als vor
einigen Jahren. Werte, Normen, Meinungen und sicherheitspolitische
Anforderungen sind keine stillstehenden Faktoren, und dies gilt ebenso für
das Feld der Ethik. Auch hier heißt es „up to date“ zu sein. Ein Soldat ist
nicht nur Angehöriger des Militärs, sondern er soll sich auch als Mitglied der
Gesellschaft aktiv einbringen. Veränderungen nicht nur zu erdulden, sondern
als notwendig zu erkennen und mitzugestalten, sind wichtige Ansprüche an
den „Staatsbürger in Uniform“.
Zusammenfassung und Schlussbemerkungen
Soldaten sollen hoch motiviert sein und ihren Beruf mit professionellem
Selbstverständnis ausüben. Diese Forderung ist nicht gerade neu, doch das
Tätigkeitsfeld von Soldaten hat sich gewandelt. Weltweite Einsätze
multinationaler Streitkräfte stellen höchste Anforderungen an die
Qualifikation des Militärs von der ministeriellen Ebene bis zum einzelnen
Soldaten. Die Ausbildung muss neuen Herausforderungen angepasst und
laufend verbessert werden. Dies gilt selbstverständlich auf für den
Ethikunterricht.
64
PREIN: Kritische Betrachtung der Berufsethischen Bildung für Unteroffiziere
Das Österreichische Bundesheer hat mit einer neu organisierten Integration
berufsethischer Bildung in die Ausbildungslehrgänge für Unteroffiziere ein
komplexes und in sich schlüssiges Paket geschnürt. Ein breit gefächertes
Themenfeld wird den umfangreichen Einflüssen von Ethik in fast allen
Ausbildungsbereichen gerecht. Durch stufenweise Staffelung der
Lehrgangsinhalte werden die Lehrgangsteilnehmer langsam an das Thema
herangeführt. In den Augen des Verfassers ist die grundsätzliche Trennung
von konfessioneller und philosophisch-wissenschaftlich orientierter
Ethikausbildung von Vorteil, wenngleich sich beide Bereiche natürlich
gegenseitig beeinflussen.
Eine Beurteilung, inwieweit die zu vermittelnden Lerninhalte in Relation zu
den angesetzten Unterrichtseinheiten stehen, kann zum jetzigen Zeitpunkt und
ohne konkrete Erfahrungswerte noch nicht getroffen werden. Als positiv ist
jedenfalls die geplante Prüfungsrelevanz in den höheren Lehrgängen für
Stabsunteroffiziere zu bewerten, denn dies unterstreicht den Stellenwert der
berufsethischen Bildung für Soldaten. Die Definition des berufsethischen
Qualifikationsprofils für Unteroffiziere des Österreichischen Bundesheeres
deckt aus Sicht des Verfassers alle wichtigen und relevanten Anforderungen
an Soldaten des 21. Jahrhunderts im Bereich der Ethik ab.
Regelmäßige Wiederholungsseminare möglichst als Pflichtveranstaltungen zu
implementieren, dies erschiene dem kritischen Auge noch sehr wichtig zu
sein. Das freiwillige Angebot der Berufsethischen Fortbildungsseminare
existiert ohnehin schon seit längerem.
65
PREIN: Kritische Betrachtung der Berufsethischen Bildung für Unteroffiziere
Anhang
Vorgeschlagene Kernthemen
Heeresunteroffiziersakademie
zur
Vorgeschlagene
Kernthemen
Stabsunteroffizierslehrgang
(MilFü3)
Unteroffizierslehrgang
(MilFü2)
Berufsethischen
Bildung
an
der
Weiterbildungslehrgang für
Stabsunteroffiziere
(MilFü4)
Berufsethisches
Fortbildungsseminar
Führung
X!
X
X
X
Gewissen und
Verantwortung
X!
X
X
X
Legitimität von
Gewalt und
Gewaltlosigkeit
X!
X
Freiheit
X
X
X
X
X
X
X
X
X
Disziplin
Treue
Menschenbild(er)
Gerechtigkeit
Krieg/ Frieden
Kultur
Religion
X
X
X!
X
X
Neutralität/
Solidarität
(Etymologische
Analyse der
Begriffe) Ethik,
Moral und Sitte
X
X!
X
X
X!
X
Identität
X
X
Legalität/Legitimit
ät soldatischen
Handelns
X!
X
Militär im Kontext
von Gesellschaft,
Recht, Nation,
Staat und Staatengemeinschaft
X!
66
X
PREIN: Kritische Betrachtung der Berufsethischen Bildung für Unteroffiziere
Unternehmenskultur
X
Wert(e),
„Wertfreiheit“
Bildung,
Erziehung,
Sozialisation
X
X
X
X
X
Verhaltensregeln
für Soldaten
X
Wehrpflicht versus
Freiwilligenheer
X
X
Geschlechterunterschiede (bei
moralischen
Urteilen)
X
X
Ehre
X
X
Pflicht,
Verpflichtung
X
X
Leben und Tod
X
X: Jeweils für den Lehrgang vorgesehenes Thema
X!: Vor allem auf das generelle Ausbildungsziel des Lehrgangs abgestimmtes Kernthema, das
besonders Berücksichtigung finden sollte
Lehrveranstaltungsziele
In den Lehrveranstaltungen sollen folgende Lehrveranstaltungsziele und
Zeitvorgaben zum Thema Berufsethik integriert werden:
ƒ Unteroffizierslehrgang (MilFü2)
Lehrveranstaltungsziel – 16 Unterrichtseinheiten:
Der/Die Unteroffiziersanwärter(in) in Vorbereitung oder die Charge soll sich
mit der Notwendigkeit der Einhaltung soldatischer Verhaltensregeln und
Disziplin als wichtige Tugend im Sinne einer Selbstverpflichtung
identifizieren und diese umsetzen. Die Grundzüge des Berufsethos als
Unteroffizier
sollen
erläutert
werden
und
zur
persönlichen
Auseinandersetzung anregen.
ƒ Stabsunteroffizierslehrgang (MilFü3)
Lehrveranstaltungsziel – 16 Unterrichtseinheiten:
Der/Die Unteroffiziersanwärter(in) soll die ethisch-moralische Dimension
von Führung sowie Krieg vs. Frieden und die Bedeutung der Begriffe Ethik,
67
PREIN: Kritische Betrachtung der Berufsethischen Bildung für Unteroffiziere
Moral und Sitte erläutern können sowie sich anlassbezogen für das
Berufsethos eines Unteroffiziers einsetzen und dieses beispielhaft vorleben.
Er/Sie soll sich zur ungeteilten Kommandantenverantwortung bei Übernahme
einer Führungsfunktion auf der Ebene der Teileinheit (Gruppe) auch aus
moralischen Gesichtspunkten uneingeschränkt bekennen und diese
wahrnehmen.
ƒ Weiterbildungslehrgang (MilFü4)
Lehrveranstaltungsziel – 16 Unterrichtseinheiten:
Der/Die Stabsunteroffiziersanwärter(in) soll ethisch-moralische Erkenntnisse
zur Legitimität von Gewalt und Gewaltlosigkeit, zum Thema
Menschenbild(er) sowie zur Legalität/Legitimität soldatischen Handelns
umsetzen können und sich zur ungeteilten Kommandantenverantwortung bei
Übernahme einer Führungsfunktion auf der Ebene der Teileinheit (Zug) auch
aus moralischen Gesichtspunkten uneingeschränkt bekennen und diese
wahrnehmen können. Er/Sie soll sich für das Berufsethos eines Unteroffiziers
einsetzen und dieses vorbildhaft vorleben.
ƒ Berufsethisches Fortbildungsseminar
Lehrveranstaltungsziel – jeweils 3 Ausbildungstage:
Der/Die Lehrgangsabsolvent(in) soll Inhalte zur Frage der ethischen
Dimension von Militär im Kontext von Gesellschaft, Recht, Nation, Staat und
Staatengemeinschaft anwenden können. Er/Sie soll sich zur Verantwortung
als Unteroffizier in höherer (Stabs-)Verwendung bekennen und diese
wahrnehmen.
68
PREIN: Kritische Betrachtung der Berufsethischen Bildung für Unteroffiziere
Quellenverzeichnis
Bundesministerium für Landesverteidigung/Bundesheerreformkommission
(Hrsg.)(2004). Bericht der Bundesheerreformkommission, Wien.
Pfandlbauer, Karl (2006). Transformation: Ein Muss – auch für das
Bundesheer, In: TRUPPENDIENST 1/2006, Wien, 18-20.
Kastberger, Andreas (2005). Berufsethische Bildung für Unteroffiziere, In:
TRUPPENDIENST 4/2005, Wien, 313-316.
Zentrum Innere Führung der Bundeswehr (Hrsg.)(2003). Entscheiden und
Verantworten – Konfliktsituationen in Auslandseinsätzen, Internes
Arbeitspapier.
69
70
WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr
Offiziersstellvertreter Martin WEBER
Internationale Kooperation in der
einsatzorientierten Ausbildung –
Erfahrungen eines langjährigen
Hauptlehrunteroffiziers im Bereich
Fliegerabwehr
Die vorliegende Arbeit spiegelt die Erfahrungen eines
Unteroffiziers der Fliegerabwehrschule wider und
beschäftigt sich, wie der Titel verrät, mit der internationalen
Dimension in der Frage der Verbesserung der Ausbildung in
der Fliegerabwehr zum Zweck der Einsatzvorbereitung.
Aufgrund des Berichtcharakters der Ausarbeitung wird für
die Darstellung der Inhalte die an sich in dieser
Schriftenreihe unübliche Form des Ich-Erzählers aus dem
Originaltext übernommen.
Einleitung
Um das Verständnis meiner Ausführungen, speziell bei der Beschreibung von
Simulatoren und auch bei Abläufen von Übungen im internationalen Rahmen,
zu erleichtern, stelle ich zu Beginn meiner Arbeit die Waffensysteme der
Fliegerabwehrtruppe vor. Weiters werden die Vorteile der Simulatorausbildung und deren Möglichkeiten anhand von Beispielen aus der Fliegerabwehrtruppe dargestellt. Anhand der Kapitel „Luftzielschießen“ und „ELITE 2005“
(Electronic Warfare Live Training Exercise 2005) wird die große Bedeutung
der Ausbildung in einsatzbezogenen Szenarien erläutert. Um den Zweck der
ELITE 2005 besser verstehen zu können, werden in einem eigenen Kapitel
die Facetten der Elektronischen Kampfführung (EloKa) näher erörtert. Im
Abschitt „Special Operation Forces Exercise 05” wird der Faktor Mensch in
der Ausbildung besondere Aufmerksamkeit erfahren. Auf die Wichtigkeit der
Zusammenarbeit mit zivilen Firmen bei der Entwicklung und Kampfwertstei71
WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr
gerung von Waffensystemen und Simulatoren wird in meinen Ausführungen
immer wieder hingewiesen. Es ist mir ein besonderes Anliegen, die internationale Kooperation in der Fliegerabwehrtruppe zu dokumentieren und deren
Bedeutung für die einsatzbezogene Ausbildung aufzuzeigen.
Waffensysteme
In der österreichischen Fliegerabwehrtruppe (FlA-Truppe) findet am Rohrwaffensektor die 35mm Zwillingsfliegerabwehrkanone (Z/FLAK) 85 in Verbindung mit dem Feuerleitgerät 98 (Skyguard 98) Verwendung. Die 35mm
Z/FLAK 85 kann auch autonom eingesetzt werden, dabei wird das Geschütz
vom Richtschützen mit Hilfe eines leistungsstarken Computers gesteuert.
Am Lenkwaffensektor ist seit 1994 das leichte Fliegerabwehrlenkwaffensystem MISTRAL im Österreichischen Bundesheer (ÖBH) eingesetzt. Nach der
Beschaffung des Zielzuweisungsradars (ZZR) RAC-3D FLAMINGO 1998
wird die MISTRAL im Datenverbund mit dem ZZR eingesetzt. Mit dem ZZR
FLAMINGO ist es möglich, jedes beliebige Waffensystem mit Zieldaten wie
zum Beispiel Zielgeschwindigkeit, Zielhöhe oder Anflugsrichtung mittels
Zieldatenempfänger zu versorgen. Die Zukunft der Fliegerabwehr beim ÖBH
könnte die bodengestützte Version der IRIS T sein. Dieses Kurzstreckenlenkwaffensystem mit einer Reichweite von ca. 12 km findet unter anderem
am EUROFIGHTER TYPHOON bereits Verwendung.
Simulatoren
Einen wesentlichen Anteil bei der Durchführung der einsatzbezogenen Ausbildung stellt in allen Waffengattungen und auf allen Führungsebenen die
Nutzung von Simulatoren dar. Diese ermöglichen sozusagen den letzten
Schliff, bevor die Mannschaft, das Team oder der einzelne Soldat seine Fähigkeiten bei Übungen oder im Einsatz beweisen müssen.
Das Österreichische Bundesheer verfügt mittlerweile neben speziell ausgebildetem Lehrpersonal auch in nahezu allen Teilbereichen vermehrt über moderne Simulatoren. Durch deren Einsatz ist es möglich, die Handhabung und
Bedienung von Waffensystemen in einem einsatzbezogenen Szenario auszubilden und zu trainieren. Auch bei der Fliegerabwehrtruppe wurden in den
letzten Jahren sämtliche Simulationssysteme modernisiert. Diese befinden
sich zum größten Teil an der Fliegerabwehrschule in Langenlebarn.
Durch die simulatorgestützte Ausbildung wird ein hoher Ausbildungsgrad
erreicht und somit der Grundstein für den „scharfen Schuss“ bzw. für das
Bestehen am (Übungs-)Gefechtsfeld gelegt. Die Vorteile dieser Ausbildungsmethode sind der von Wetterbedingungen unabhängige Einsatz, die
72
WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr
nahezu zeitlich unbegrenzte Verfügbarkeit, die Schonung des Einsatzgerätes
und der Umgang mit extremen Situationen, die selbst bei Übungen kaum
darstellbar sind. Die parallel laufende Aufzeichnung ermöglicht unmittelbar
im Anschluss eine detaillierte Fehleranalyse. Die in Österreich verwendeten
FlA-Simulatoren sind:
MISTRAL-Simulator
Der MISTRAL-Simulator ist computergestützt und ermöglicht durch eine
Vielzahl von Zielflügen unterschiedlichster Schwierigkeitsstufen in dreidimensionalen Landschaftsdarstellungen eine intensive und einsatzorientierte
Ausbildung.
Gefechtssimulator Feuerleitgerät 98
Dieser von der Firma OERLIKON CONTRAVES in der Schweiz entwickelte
Simulator dient zur Ausbildung der Bedienungen im Feuerleitgerät 98. Die
bereits über mehrere Jahrzehnte andauernde Zusammenarbeit mit dieser Firma machte sich wiederum bezahlt, denn anhand simulierter Flugobjekte und
verschiedenster Szenarien können sämtliche Möglichkeiten von Bekämpfungsvorgängen sowie der Zielwechsel erlernt und trainiert werden. Die Tätigkeiten werden aufgezeichnet, wodurch der Ausbildungsstand festgestellt
und dokumentiert werden kann. Diese Ausbildung ist der Grundstein für den
Einsatz als TV(Television)-Beobachter oder als Feuerleitoffizier beim Luftzielschießen und für den Erfolg bei internationalen Übungen.
Fliegerabwehrrichtausbildungssimulator
Der Fliegerabwehrrichtausbildungssimulator ist eine britische Entwicklung
und wird zur Schulung der Soldaten an der 35mm Z/FLAK 85 verwendet.
Durch einen leistungsstarken Rechner werden verschiedene Luftziele mit
unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Flugverhalten in das Visier einer
35mm Z/FlAK 85 eingespielt. Die Richtschützen können durch die Vielfalt
der Simulationsmöglichkeiten intensiv geschult und für das Luftzielschießen
und für Gefechtsübungen im In- und Ausland vorbereitet werden.
Die Vorbereitung auf die präzise Handhabung des Gerätes im Gefecht ist der
Hauptgrund für die Anwendung von Simulatoren, wenngleich die Wahrscheinlichkeit eines Einsatzes der österreichischen Fliegerabwehr in diversen
Inlands- und Auslandsszenarien im „scharfen Schuss“ zurzeit als nicht allzu
hoch, aber auch nicht als unmöglich, einzustufen ist. Dies ist auf der Sinnebene der Ausbildung nicht unproblematisch. Eine weitere Problemstellung ergibt sich aus der Wirtschaftlichkeit, wenn diese falsch verstanden wird. Kos73
WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr
tenleistungsrechnung ist längst nicht mehr nur eine reine Domäne der Wirtschaftstreibenden. Praktische Übungsvorhaben zu kürzen, nur um dadurch
Kosten einzusparen, könnte schon bald ein Sinken des Ausbildungsniveaus
mit sich bringen. Darum sollte man dieser Entwicklung wirksam entgegen
steuern.
Luftzielschießen
Der Abschluss der einsatzbezogenen Ausbildung bei der Fliegerabwehrtruppe
aller Armeen dieser Welt ist der Fliegerabwehrkampf im „scharfen Schuss“.
In Zusammenarbeit mit der Fliegertruppe erfolgte das Luftzielschießen aller
Rohrwaffensysteme bis vor kurzem auf den Luftzielschießplätzen am Truppenübungsplatz Allentsteig und in Oggau. Im November 2006 fand am Luftzielschießplatz in Oggau allerdings das letzte Luftzielschießen statt, da diese
Liegenschaft verkauft wurde.
In den Anfängen des Zweiten Bundesheeres wurde zunächst auf langsam
fliegende Schleppziele geschossen. Zwischenzeitlich wurde auch das so genannte Spiegelschießverfahren angewendet. Beim Spiegelschießen wurden im
Feuerleitgerät alle Seitenwinkelwerte und damit die gesamte Treffpunktberechnung vom Rechner um 180 Grad verworfen. So war es möglich, auf Realziele zu richten und diese auch zu bekämpfen. Im autonomen Einsatz der
Geschütze wurde vor diesen ein Spiegel in Stellung gebracht. Das Zieldarstellungsflugzeug flog von hinten in die Feuerstellung an und drehte kurz vor
dieser ab, um nicht in den Feuerbereich der Waffe zu gelangen. Der Richtschütze erfasste das anfliegende Ziel im Spiegel und beschoss das Spiegelbild. Die Auswertung erfolgte optisch über einen speziellen Spiegel, welcher
halb durchlässig war. Das Auswertungspersonal konnte somit gleichzeitig das
Spiegelbild des Flugzieles und die Geschossgarbe beobachten. Diese Art der
Auswertung war vor allem bei schnell fliegenden Flugzielen sehr fehlerhaft.
Da im Bereich des Luftzielschießens der Trefferauswertung höchste Bedeutung zukommt, wurde das Spiegelschießverfahren Ende der Achtzigerjahre
des letzten Jahrhunderts wieder eingestellt.
Das ÖBH investierte danach in ein neues, modernes Trefferauswertesystem.
Dieses wurde in den letzten Jahrzehnten, gemeinsam mit der schwedischen
Firma AIR TARGET weiter entwickelt und zählt zu den modernsten Auswertesystemen in Europa. Das Doppelzieltrefferauswertesystem (DTAS) ist ein
zweidimensionales, akustisches Trefferauswertesystem zur Registrierung von
Geschossdurchgängen in der Zielebene. Die vom Miss Distance Indicator
(MDI-Trefferablageanzeige) über Funk gesendeten Registrierungen werden
unmittelbar nach dem Feuerstoß von der Bodenstation berechnet, aufgelistet
und in einem Trefferbild präsentiert. DTAS ist auch in der Lage, Trefferdaten
74
WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr
von zwei Zielen gleichzeitig zu empfangen und davon die Trefferbilder zentimetergenau aufzuzeigen.
Dieser Auswertung in Echtzeit kommt höchste Bedeutung zu, denn der Richtschütze bzw. der Feuerleitoffizier im Feuerleitgerät ist so in der Lage, schon
beim jeweils nächsten Feuerstoß eventuelle Fehler zu korrigieren. Nach dem
Ausscheiden der 20mm FLAK wird das Luftzielschießen nur mehr mit der
35mm Z/FLAK 85 durchgeführt. Der Ablauf ist in einem Schießprogramm
genau geregelt. Es werden drei verschiedene Anflugsarten dargestellt:
ƒ
Direktanflug auf die Stellung
ƒ
Vorbeiflug in einer Entfernung von ca. 2500 Metern
ƒ Schrägvorbeiflug.
Diese Schießübungen werden in „Lokaler Servosteuerung“ (autonomer Einsatz des Geschützes) und in „Radarsteuerung“ (Feuerleitung durch das Feuerleitgerät 98) bekämpft. Eine besondere Herausforderung für die Bedienungen
der Geräte ist das Nachtzielschießen, welches nur in „Radarsteuerung“
durchgeführt wird.
Eine weitere Form der Fliegerabwehr ist die „Fliegerabwehr aller Truppen“.
Hier werden mit den Kalibern 7.62mm und 12.7mm langsam fliegende
Schleppziele bekämpft. Bei diesen Schießübungen werden je nach Kaliber
zwei bis sechs Waffen auf ein Ziel gerichtet. Den Fortbestand dieser Art der
Fliegerabwehr rechtfertigen Berichte aus den verschiedensten Kriegsschauplätzen der jüngsten Vergangenheit, wonach es immer wieder gelingt, auch
mit kleinkalibrigen Waffen Luftfahrzeuge am Ausführen ihres Auftrages zu
hindern.
Luftzielschießen auf Kreta 1997
In Österreich können Luftzielschießen mit dem Waffensystem MISTRAL
nicht durchgeführt werden. Da selbst der Truppenübungsplatz Allentsteig
nicht groß genug für die dafür notwendigen Sicherheitsräume ist, ergibt sich
die Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit ausländischen Armeen. So
erfolgte
das
erstmalige
Luftzielschießen
mit
der
leichten
Fliegerabwehrlenkwaffe MISTRAL im April 1997 auf Kreta. Dabei wurde
diese auf eine, von der Belgischen Armee ferngesteuerte, Drohne abgefeuert.
Bei diesem Scharfschießen lag die Trefferquote bei über 93 Prozent. Die
hohen Erwartungen an die MISTRAL als zuverlässiges Waffensystem
wurden somit voll und ganz bestätigt. Nach diesen äußerst positiven
Erfahrungen und Erkenntnissen konnte mit der Planung weiterer,
umfangreicherer Übungsvorhaben begonnen werden.
75
WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr
1998 wurde das Zielzuweisungsradar (ZZR) FLAMINGO eingeführt. Dieses
Radargerät ermöglicht eine Bedrohungsanalyse des Luftraumes und somit
eine vorgestaffelte Zieldatenübertragung zum Lenkwaffenträger MISTRAL.
Luftzielschießen in Frankreich 1999
Im September 1999 wurde in Biscarosse in Frankreich, von österreichischer
Seite erstmals in Verbindung mit dem Zielzuweisungsradar FLAMINGO, die
MISTRAL im „scharfen Schuss“ eingesetzt. Die Französische Armee stellte
nicht nur sämtliche Zieldarstellungsflugkörper zur Verfügung, sondern bot
auch eine hervorragende Infrastruktur für alle Teilnehmer des Österreichischen Bundesheeres. Die Zusammenarbeit bei der Auswertung der einzelnen
Bekämpfungsvorgänge und der damit verbundenen technischen Ausrüstung
funktionierte beispielhaft.
Natürlich ging nicht alles komplett reibungslos. So hatten wir schon beim
Ver- und Entladen der Radargeräte mit verschiedenen logistischen Problemen
zu kämpfen. Um die zulässige Höhe bei Eisenbahntransporten nicht zu überschreiten, mussten spezielle Niederflurwagons verwendet werden. Bei der
Zusammenarbeit mit der österreichischen Bundesbahn als auch mit der französischen Bahn war Flexibilität angesagt, da Änderungen im Fahrplan und
bei den Be- und Entladezeiten an der Tagesordnung standen. Diese Erfahrungen waren von großer Bedeutung, denn schon kurz nach der Rückkehr nach
Österreich wurde mit den Vorbereitungen für das nächste Fliegerabwehrschießen im Ausland begonnen.
Luftzielschießen in Polen 2003
Schließlich erfolgte in der Zeit vom 15. bis 26. September 2003 das erste
Scharfschießen mit allen Fliegerabwehrsystemen des Österreichischen Bundesheeres in Ustka in Polen. Da dieses Gefechtschießen, das bis dahin größte
Luftzielschießen seit dem Bestehen des Österreichischen Bundesheeres war,
möchte ich es als weiteres Beispiel für internationale Kooperation bei der
einsatzbezogenen Ausbildung der Fliegerabwehrtruppe heranziehen.
Unter der Leitung des Kommandanten der Fliegerabwehrschule wurde das
Gefechtsschießen "Roland I" in Ustka/Polen durchgeführt. Dieses Schießvorhaben stellte nicht nur den hohen Ausbildungsstand der österreichischen Fliegerabwehrtruppe, sondern auch deren Einsatzmöglichkeiten im Rahmen von
Auslandseinsätzen, unter Beweis.
Der Truppenübungsplatz Ustka in Polen liegt an der mittleren Ostseeküste,
ca. 120 Kilometer nordwestlich von Danzig. Der 1936 geschaffene Fliegerabwehrschießplatz hat eine Längenausbreitung von 17 Kilometer, eine Tiefe
von bis zu fünf Kilometer und erstreckt sich entlang der Küste. Er wird seit
76
WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr
einigen Jahren von den polnischen Streitkräften auch anderen Armeen für
internationale Ausbildungs- und Schießvorhaben zur Verfügung gestellt.
Durch seine Tiefstaffelung ermöglicht der Übungsplatz in Ustka nicht nur ein
Luftzielschießen in Richtung Ostsee, sondern er verfügt auch über ausreichende Möglichkeiten, dieses Schießen in einen taktischen Übungsablauf
einzubinden und somit einsatzbezogen zu gestalten. Europaweit bietet dieser
Übungsplatz als einziger die Möglichkeit, ein Scharfschießen gleichzeitig mit
Fliegerabwehrkanonen und Fliegerabwehrlenkwaffen, bei einem beweglichen
Einsatz der Feuereinheiten, durchzuführen.
Neben den taktischen Ausbildungszielen war die Verlegung des Personals
und der Waffensysteme mittels Kraftfahrzeugen, Luftfahrzeugen und im Eisenbahntransport, von großer Bedeutung. Sollte es in Zukunft zu einem internationalen Einsatz der Fliegerabwehrtruppe kommen, werden die damals
erzielten Erfahrungen ungeheuer wichtig sein.
Die Vielzahl von gleichzeitig auftretenden Bedrohungsszenarien war für die
Bedienungen der verschiedenen Waffen- und Radarsystemen von unschätzbarem Wert. Erkenntnisse beim Auffassen des Zieles, Abläufe bei der Zielübernahme mit dem Radar und nicht zuletzt Erfahrungen bei der Feuerleitung
bzw. Zielzuweisung wurden in der Ausbildung der Fliegerabwehrtruppe im
ÖBH umgesetzt.
Exkurs: Zieldarstellung
Abermals bewährte sich in Polen die schon jahrelange Zusammenarbeit mit
der schwedischen Firma Saab Nyge Aero. Diese Firma führt auch an den
österreichischen Luftzielschießplätzen die Zieldarstellung durch. Die österreichische Fliegertruppe übernimmt dort die Zieldarstellung für langsam fliegende Ziele. Schnellfliegende Luftziele werden durch zwei LEARJETS 35A
dargestellt. Zur Aufnahme der Schleppziele standen pro Maschine jeweils
eine Innenwinde und eine Außenwinde zur Verfügung.
In Polen starteten und landeten die Schleppmaschinen in Slupsk. Mit dem LJ
35A sind Zielgeschwindigkeiten von 100 m/s bis 150 m/s möglich. Die Mindestflughöhe der Ziele betrug aus Sicherheitsgründen 200 Meter über Grund.
Die vorgesehenen Ziele wurden vor dem Start an den Schleppmaschinen angebracht und anschließend im vorgesehenen Luftraum ausgefahren. Für das
Waffensystem 35-mm-Zwillingsfliegerabwehrkanone 85 wurden radar- und
laserreflektierende Schleppsäcke verwendet.
Für das Waffensystem lFAL MISTRAL wurde der Schleppzielflugkörper
SK-6 verwendet. Diese wurden mit Rauchpatronen (Smoke) und Leuchtpatronen (Flares) bestückt. Der "Smoke" diente der optischen Erkennung des
Zieles, die "Flares" stellten die Wärmequelle für den Infrarotsuchkopf des
77
WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr
Lenkflugkörpers MISTRAL dar und waren die Voraussetzung für das Aufschalten des Suchkopfes auf das Ziel. Die Oberfläche der SK-6 wurde ebenfalls mit laserreflektierendem Material versehen, um die Funktion des Laserannäherungszünders des Lenkflugkörpers sicherzustellen. Für die Auswertung des Gefechtsschießens wurde das Doppelzieltrefferauswertesystem
(DTAS), das auch für die Bewertung des Luftzielschießens in Österreich eingesetzt wird, verwendet.
Bei der Sicherung des Übungsplatzes war die Zusammenarbeit mit der polnischen Armee gefordert. Die äußere Sicherheit wurde durch die Soldaten des
Truppenübungsplatzes Ustka in Übereinkommen mit der österreichischen
Übungsleitung gewährleistet. Für die innere Sicherheit war die Schießübungsleitung der Fliegerabwehrschule des ÖBH verantwortlich.
Luftzielschießen in Polen 2005
Unter dem Übungsnamen "FIFTY YEARS 2005" fand vom 16. August bis
zum 1. September 2005 ein weiteres Luftzielschießen des ÖBH statt. Wieder
wurde die Latte in Bezug auf einsatzorientierte Ausbildung um eine Stufe
höher gelegt. Die wesentlichsten Unterschiede zum Fliegerabwehrgefechtsschießen 2003 waren folgende:
Die Anlandung des Hauptkontingentes am Flugplatz von Siemirowice (Polen)
erfolgte unter dem Schutz von Soldaten eines österreichischen Sicherungselementes. Auch die Bahnentladung auf dem Truppenübungsplatz Ustka wurde von den Soldaten des Sicherungselementes überwacht. Die Zieldarstellung
erfolgte nicht nur durch zwei "Learjet" LJ 35, sondern erstmals im Ausland
durch zwei Pilatus PC-6 "Turbo Porter" der 4. Staffel des Fliegerregiments 1
des Bundesheeres. Mit der leichten Fliegerabwehrlenkwaffe MISTRAL wurde erstmals ein Nachtschießen durchgeführt, welches durch den Einsatz des
Wärmebildgerätes möglich war. Außerdem erfolgte erstmals das Schießen
mit der leichten Fliegerabwehrlenkwaffe MISTRAL von der Transporthalterung des Steyr-Daimler-Puch LKW (6 x 6) 712 lFAL PINZGAUER. Bei der
FIFTY YEARS 2005 wurden auch insgesamt sieben Teilnehmer aus Deutschland, aus der Schweiz, aus Slowenien und aus Ungarn, die als Beobachter in
Schlüsselfunktionen eingeteilt waren, in das Übungsvorhaben integriert.
Natürlich darf man auch die Zusammenarbeit mit unseren Anrainerstaaten,
Tschechische Republik und Deutschland, bei den Verlegungen nicht unterbewerten. Nur durch die aktive Mitarbeit der Behörden unserer Nachbarn war
das beinahe reibungslose Passieren dieser Länder möglich. Lediglich die
Ausstattung der verwendeten Wagons bei der Verlegung im Eisenbahntransport bedarf einer Verbesserung. Elektrischer Strom etwa sollte für Soldaten
des 21. Jahrhunderts bei Verlegungen im Frieden kein Luxusartikel sein.
78
WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr
Elektronische Kampfmaßnahmen (EloKa)
Eines der wichtigsten Themen bei der einsatzbezogenen Ausbildung der Flieger- und Fliegerabwehrtruppe nennt sich „EloKa“ (Elektonischer Kampf).
Auf dem heutigen Gefechtsfeld wird ein Duell zwischen gegnerischen Parteien immer häufiger von Computern entschieden. Natürlich bringt der leistungsstärkste Computer aber keinen Erfolg, wenn die am Bedienpult sitzende
Person das Potential des Rechners aufgrund mangelnder Ausbildung nicht
nutzen kann.
Bevor ich auf einen der Höhepunkte in meiner persönlichen EloKaAusbildung näher eingehe, möchte ich zum besseren Verständnis noch einige
wichtige Fakten zum Elektronischen Kampf darlegen. Die Aufgaben von
EloKa-Verbänden lassen sich in mehrere große Bereiche gliedern, unter anderem:
ƒ
Aufklären – ELINT (Electronic Intelligence): Mit hochempfindlichen
Empfangsgeräten werden durch geeignete Messverfahren feindliche
Funkemissionen erfasst, zeitgleich aufgezeichnet und anschließend detailliert ausgewertet. Dabei lässt sich deren exakte Quelle ermitteln. Die so
gewonnenen Informationen können Aufschluss über Stärke, Position und
Pläne des Gegners geben.
ƒ
Stören – ECM (Electronic Countermeasures): Durch das Stören der Signale des Gegners wird dieser in seiner Handlungsfähigkeit und somit am
Ausführen seines Auftrages stark eingeschränkt bzw. überhaupt gehindert. Stören umfasst einen weiten Bereich, der von Falschzieldarstellungen über Geräteausfallsimulationen beim Gegner bis zum Übersteuern
dessen Prozessdatenverarbeitung in mehrdimensionaler Hinsicht reichen
kann.
ƒ
Schutz eigener Kommunikation und Abstrahlung – EPM (Electronic Protecture Measures): Das Aufgabenspektrum des „Elektronischen Kampfes“ umfasst auch Maßnahmen, feindliche EloKa -Verbände davon abzuhalten, die eigenen Ausstrahlungen zu erfassen oder zu stören. Das Thema Elektronische Kampfführung wird insbesondere bei internationalen
Einsätzen immer wichtiger. Elektronische Kampfmaßnahmen sind seitens
der NATO als ein integraler Bestandteil jeder militärischen Operation
Voraussetzung.
Große Bedeutung für die Weiterentwicklung der EloKa–Ausbildung im Österreichischen Bundesheer hatte der erste Stabsoffizierskurs für Elektronische
Kampfführung (SOJEWC-Staff Officers Joint Electronic Warfare Course).
Dieser fand vom 10. bis zum 14. Oktober 2005 in Wien statt. Der Kurs wurde
vom „Führungsgrundgebiet Führungsunterstützung“ (FGG 6) mit Unterstützung einer dänischen Firma durchgeführt. Er verfolgte das von der NEWAC
79
WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr
(NATO Electronic Warfare Advisory Committee) vorgegebene Ziel, Offizieren aus PfP(Partnership for Peace)-Teilnehmerländern, die in einem Stab im
Bereich EloKa arbeiten oder eine EloKa-Einheit führen, die notwendigen
Kenntnisse für einen NATO geführten Einsatz zu vermitteln. Kursteilnehmer
waren Mitglieder der „Arbeitsgruppe Elektronische Kampfführung“ für das
Projekt „ÖBH 2010“ sowie Offiziere des damaligen Kommandos der Luftstreitkräfte, die sich mit EloKa vor allem beim Transporthubschrauber
BLACK HAWK, der Transportmaschine HERCULES C130 und beim Eurofighter TYPHOON beschäftigten.
Die EloKa-Ausbildung im Österreichischen Bundesheer steckt, gemessen an
anderen Armeen, noch in den Kinderschuhen. Eine Armee, die mit modernster Technik ausgerüstet wird, sollte auch Spezialisten auf dem Gebiet der
Elektronischen Kampfführung ausbilden. Den Bedarfsträgern, nämlich den
Besatzungen von Flieger- und Fliegerabwehrsystemen, sollte man das notwendige Know-how zukommen lassen, um ein erfolgreiches Ausführen ihres
Auftrages zu ermöglichen. Durch ein eigenes „Referat Elektronische Kampfführung“ im Organisationsplan der ab 2007 neu aufzustellenden Flieger- und
Fliegerabwehrtruppenschule steigt die Bedeutung dieser Ausbildung endlich
auf jenen Stellenwert, der ihr auch zusteht.
Das folgende Kapitel illustriert nun mit Sicherheit eine der besten Möglichkeiten, wie Soldaten der Flieger- und Fliegerabwehrtruppe ihr theoretisches
Wissen in einem einsatzorientierten Szenario praktisch unter Beweis stellen
können.
ELITE 2005
Im Juni 2005 bekam ich erstmals die Möglichkeit, an der ELITE (Electronic
warfare Live Training Exercise) als Feuerleitoffizier bzw. TVBeobachtungsunteroffizier am SKYGUARD 98, teilzunehmen. ELITE ist
eine jährlich wiederkehrende Übung der Deutschen Luftwaffe, in der Maßnahmen und Taktiken des elektronischen Kampfes geübt und weiterentwickelt werden. Die Übung dient allen, die in die oder aus der Luft wirken und
dabei die Mittel des elektronischen Kampfes zum Einsatz bringen müssen.
Die Ziele dieser mir bis dahin unbekannten Übung waren wie folgt definiert:
ƒ
Die Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft trotz elektronischer Störmaßnahmen durch den Gegner
ƒ
Die Umsetzung der erlernten Fähigkeiten bei der Bedienung des eigenen
Waffensystems in einem realitätsnahen Szenario
ƒ
Die Weiterentwicklung und Überprüfung taktischer Verfahren im Feuerkampf
80
WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr
ƒ
Die Aus- und Weiterbildung des Führungs- und Funktionspersonals und
die Förderung der internationalen Zusammenarbeit in der Fliegerabwehrtruppe.
ELITE 2005 stellte für einen Großteil der Teilnehmer der österreichischen
Fliegerabwehrtruppe den Höhepunkt ihrer Einsatzaus- und -weiterbildung
dar. Besonders der Einsatz von elektronischen Kampfmaßnahmen aus der
Luft und vom Boden war eine große Herausforderung. Als Verbindung zur
Leitzentrale und so auch zum „Luftfeind“ fungierte ein Begleit- und Verbindungsoffizier. Sein Auftrag war es, die Einsatzbereitschaft der eingeteilten
Bedienung sicherzustellen. Entsprechend der Informationen der Leitzentrale
(Slotpläne) wurde in der Einsatzbesprechung festgelegt, 1. wer, 2. zu welcher
Zeit und 3. welche Funktion auszuüben hat. Diese in dieser Form in Europa
einzigartige Übung für Piloten sowie Soldaten der Radar- und Fliegerabwehrwaffensysteme fand im multinationalen Rahmen statt. Es beteiligten sich
14 NATO-Staaten sowie Finnland, Österreich, Schweden und die Schweiz.
Der Luftraum über Bayern und Baden-Württemberg und das Gebiet rund um
den Heuberg nahe der Stadt Meßstetten bildeten den Einsatzraum.
Der Truppenübungsplatz Heuberg auf der Schwäbischen Alb war bereits zum
vierten Mal in Folge Austragungsort der ELITE. Es ist nicht nur der südlichste, sondern auch der höchstgelegene Truppenübungsplatz in der Bundesrepublik. Errichtet wurde dieser bereits 1910 und liegt etwa 15 Kilometer nordwestlich von Sigmaringen in einer Höhe von 800 Meter über dem Meeresspiegel.
Die Gesamtfläche umfasst 4800 Hektar und ist zu 40 Prozent mit Nadel- und
Mischwald bedeckt. Angrenzend an den Übungsraum befindet sich in
Meßstetten die Zollern-Alb-Kaserne, welche damals die österreichische Einheit beherbergte, und die Garnison Stetten am Kalten Markt.
Die Einsätze der Luftwaffe wurden unter simulierten Fliegerabwehrbedrohungen geflogen. Dabei kam es nicht selten zu Einsätzen im Tiefstflug (unter
35 Meter Flughöhe).
Gestartet wurde von Neuburg a. d. Donau, Lechfeld und Landsberg, aber
auch aus Dübendorf sowie direkt aus Frankreich. Der Auftrag der rund um
den Heuberg eingesetzten bodengebundenen Luftverteidigung war, die anfliegenden Luftfahrzeuge rechtzeitig aufzufassen, zu erkennen und zu bekämpfen. Dabei versuchten fliegende Waffensysteme die Fliegerabwehrkräfte, einschließlich deren Radaranlagen, auszuschalten - und umgekehrt. Bei
diesem Duell wurden verschiedene elektronische Stör- und Täuschmaßnahmen unter realistischen Bedingungen eingesetzt. Ein wichtiger Faktor, um ein
einsatzbezogenes Umfeld zu ermöglichen, war der Einsatz von Bodenstörern,
welche spezielle Herausforderungen an meine Kameraden und mich stellten.
81
WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr
Reaktionen auf Bodenstörer werden in keinem Simulatorszenario trainiert
und waren somit absolutes Neuland für unsere Mannschaften.
Die Übungsauswertung war daher ein Kernelement dieser EloKa-Übung. Sie
teilte sich in eine Echtzeitauswertung und eine intensive Nachauswertung.
Die Echtzeitauswertung hatte den enormen Vorteil, dass die beteiligten
Übungsteilnehmer direkt nach jedem Einsatz in einer Videokonferenz das
Geschehen nachvollziehen konnten. Diese Tatsache ermöglichte schon
während des Übungsverlaufes das Erfahrene bzw. Erlernte umzusetzen und
anwenden zu können. Die Nachauswertung diente der Weiterentwicklung von
taktischen Verfahren und ermöglichte den Teilnehmern die gesammelten
Erkenntnisse in Zukunft in der Ausbildung zu nutzen.
Die für ELITE 2005 ausgewiesenen Lufträume wurden exakt kontrolliert, um
einen reibungslosen Übungsverlauf zu garantieren. Speziell für diese Aufgabe
wurde das deutsche Tiefflugüberwachungssystem SKYGUARD installiert.
Hierbei handelt es sich um ein mobiles System zur Kontrolle des
Tiefflugbetriebs anhand von Radar- und Videoaufzeichnungen. Dieses
System ist mit dem im österreichischen Bundesheer eingesetzten
SKYGUARD 98 beinahe ident. So ist statt dem Feuerleitrechner im
SKYGUARD
98
eine
mit
großer
Reichweite
ausgestattete
Videoüberwachungseinheit am Richtgerät aufgebaut. Um die Einhaltung der
Benutzung der vergebenen Frequenzen zu gewährleisten, wurde eine Vielzahl
von Überwachungseinheiten installiert und betrieben. Auf der Homepage der
Deutschen Luftwaffe konnte man nach der ELITE 2005 zum Beispiel lesen:
„Neben 70 Strahlflugzeugen, 20 Hubschraubern und 10 Propellermaschinen waren an der Übung auch etwa 800 schwere Fahrzeuge, Kettenfahrzeuge und Kleinfahrzeuge der multinationalen Fliegerabwehr- und Unterstützungskräfte beteiligt. Die Zusammenarbeit der verschiedenen Nationen
beschränkte sich nicht nur auf den Übungsplatz. Auf den einzelnen Fliegerhorsten betreute deutsches Wartungspersonal ausländische Luftfahrzeuge.“ (a.a.O.)
Auch 2006 wurden Teile von Einheiten des Österreichischen Bundesheeres
zur ELITE nach Deutschland entsandt. Dazu seien einige Anregungen für die
Zukunft vermerkt:
Bei der Verlegung aus Österreich in das Übungsgebiet am Heuberg könnte
man in Zukunft eine Bahnverladung der eingesetzten Mannschaften und
Geräte in Betracht ziehen. Der über 700 Kilometer lange Marschweg aus
Langenlebarn bei Tulln an der Donau birgt Risken und Gefahren, die man
durch den Bahntransport vermeiden könnte. Um ein Maximum an Effizienz
bei der Ausbildung im Übungsraum erreichen zu können, wäre der Einsatz
von mehreren Feuereinheiten zu überdenken. In Verbindung mit einem
Auswechseln der Mannschaften bei Halbzeit könnte man mindestens die
82
WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr
doppelte Anzahl an Gerätebedienungen dieser einzigartigen Ausbildung
zuführen.
Der wichtigste Faktor bei der einsatzbezogenen Ausbildung ist und bleibt der
Mensch, konkret der die Geräte, Computer und Sensoren bedienende Soldat.
Am Gefechtsfeld des 21. Jahrhundert geht es beim Duell Fliegertruppe gegen
Fliegerabwehrtruppe um Sekundenbruchteile. Doch auch hier nützt der
leistungsstärkste Computer nichts, wenn das Bedienungspersonal fehlerhaft
reagiert oder ganz einfach mangels Erfahrung der Situation nicht gewachsen
ist. In der Fliegerabwehrtruppe wird oft von elektromagnetischen Wellen,
Computern und der Feuerkraft von Fliegerabwehrgeschützen gesprochen. In
meinem letzten Kapitel möchte ich herausstreichen, dass es auch bei der
Fliegerabwehrtruppe Situationen gibt, in denen der Faktor Mensch und
dessen körperliche Leistungsfähigkeit den Hauptausschlag über Sieg oder
Niederlage geben kann.
Special Operation Forces Exercise (SOFEX) HARFANG 05
Von 7. bis 17. März 2005 fand am Truppenübungsplatz Wattener Lizum nahe
Innsbruck in den Tiroler Alpen die Übung HARFANG 05 statt. Es trainierten
Elitesoldaten mehrerer europäischer Nationen gemeinsam mit den Spezialeinsatzkräften des Bundesheeres. Die 6. Jägerbrigade nahm ebenfalls an dieser Übung zur Darstellung der OPFOR (Opposing Force) bzw. eigener Kräfte
teil. Die Fliegerabwehrschule war mit einem aus Kader, Kursteilnehmern und
Grundwehrdienern bestehenden verminderten lFAL(MISTRAL)-Zug der 6.
Jägerbrigade unterstellt. Bevor der Auftrag, die Teile der Hochgebirgskompanie im Übungsraum gegen Luftangriffe zu schützen, erfüllt werden konnte,
musste der Eisenbahntransport von Tulln an der Donau nach Innsbruck, die
Verlegung von Mannschaft und Gerät im Kraftfahrzeug bzw. mit dem Hubschrauber in das Lager Walchen, bewältigt werden. Nach dem Abschluss der
Detailerkundung erfolgte der Stellungsbezug im Mannschaftstransport. Jetzt
war der Zeitpunkt gekommen, an dem mir schmerzlich bewusst wurde, wie
wichtig es war, nicht nur die geistige, sondern auch die körperliche Leistungsfähigkeit unserer Soldaten, ständig zu trainieren und zu verbessern. Diese
Tatsache sollte bei der einsatzbezogenen Ausbildung der Fliegerabwehrtruppe
niemals außer Acht gelassen werden. Ohne die Inanspruchnahme der Transportkapazitäten des benachbarten Jägerzuges wäre in diesem konkreten Fall
der Aufstieg (im Mannschaftstransport) in den Stellungsraum Mölsjoch auf
2330 Metern Seehöhe im hochalpinen Gelände nicht gelungen. Während der
Nachtstunden bestand der Auftrag darin, das Umfeld mittels Wärmebildgerät
zu überwachen.
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WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr
Der Aufstieg in den Stellungsraum und die Unterbringung unserer Soldaten
während der folgenden Nächte in Truppzelten auf einer Seehöhe von ungefähr 2500m, hatten die vorgestaffelte Überprüfung der Geräte und der Mannschaft auf Gebirgstauglichkeit mehr als gerechtfertigt. Die Abstellung von
geschultem und erfahrenem Alpinpersonal war unerlässlich.
Auch die Angehörigen der internationalen Spezialeinsatzkräfte mussten erkennen, dass es im hochalpinen Gelände noch viel Neues zu erlernen gab.
Bewegung mit Skiern, Schneeschuhen und Lawinenkunde sind nur einige
Themen, in denen unsere ausländischen Kameraden geschult wurden.
Bei der Auswertung dieses Übungsvorhabens muss einerseits der Faktor berücksichtigt werden, dass es sich um den ersten Einsatz der lFAL MISTRAL
im hochalpinen Gelände handelte, andererseits hätte auch das Wetter nicht
besser sein können. Der Auftrag konnte durch die Motivation und das Engagement der teilnehmenden Soldaten der Fliegerabwehrschule erfüllt werden.
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
Durch die Kooperation mit internationalen Armeen und zivilen Institutionen
ist es möglich, Simulatoren und Waffensysteme ständig weiter zu verbessern.
Die Verwendung moderner Simulatoren in der einsatzorientierten Ausbildung
bietet eine optimale Vorbereitung für den Einsatz im „scharfen Schuss“ und
für Übungen mit einsatzbezogenen Szenarien.
Luftzielschießen dienen sowohl der Festigung von Gefechtsabläufen und
Gefechtstechniken als auch der permanenten Überprüfung des allgemeinen
Ausbildungsstandes. Möglichst realitätsnahe Luftzieldarstellungen und moderne Auswertesysteme sind unabdingbar notwendig.
Im Gegensatz zu nationalen Übungsvorhaben ist es bei Großübungen mit
internationaler Beteiligung möglich, Erfahrungen anderer Armeen zu gewinnen oder diese auszutauschen, wodurch der Ausbildungsstand und die
Einsatzbereitschaft ständig steigen.
Da die Beherrschung von elektronischen Kampfmaßnahmen Voraussetzung
für das Bestehen bei Luftsicherungsoperationen ist, erhält die Ausbildung in
diesem Bereich einen sehr hohen Stellenwert. Ein weiterer Punkt für die hohe
Qualifikation von Soldaten, auch in technischen Verbänden, ist deren körperliche Leistungsfähigkeit. Besonders beim Einsatz im hochalpinen Gelände
trat diese Tatsache zu Tage.
Neue Bedrohungsszenarien wie zum Beispiel die ständig wachsende Terrorbedrohung aus der Luft bei Anlässen wie der EU-Außenministerkonferenz
oder dem Besuch des US-Präsidenten 2006, die Abwehr von Terroranschlägen aus der Luft oder der Fliegerabwehrschutz von Einheiten im Ausland
verlangen eine Anpassung der Gefechtstechniken bei der Fliegerabwehr. Die
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WEBER: Erfahrungen eines Hauptlehrunteroffiziers für Fliegerabwehr
grenzüberschreitende Zusammenarbeit in dieser Waffengattung wird dies
wesentlich erleichtern. Das ÖBH hat in den letzten Jahren die internationale
Zusammenarbeit in der Ausbildung aller Waffengattungen immer mehr forciert, wobei die Fliegerabwehrtruppe diesbezüglich sicher eine sehr wichtige
Rolle spielte und auch hinkünftig spielen wird.
85