Tausende suchen eine Wohnung

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Tausende suchen eine Wohnung
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KONSTANZ
Räumungsverkauf
Räumungsverkauf
wegen
vom10.07.bis
10.07 bis
31.08.08
wegenUmbau
umbau vom
31.08.08
www.suedkurier.de/konstanz
DIENS TAG , 8 . J U L I 2 0 0 8
SÜD KURIER N R. 157 / 64. JAH R
Wobak: Lange Warteliste trotz entspanntem Markt – In Klimaschutz investiert
HEUTE
Tausende suchen eine Wohnung
Der Wohnungsmarkt hat sich in der
Stadt etwas entspannt, wie die
Bilanz der städtischen Wohnungsbau-Gesellschaft Wobak zeigt. Doch
die Warteliste für Mietwohnungen
ist nach wie vor lang. Geschäftsführer Bruno Ruess erwartet trotz
des gebremsten Wachstums der
Stadt keine günstigeren Mietpreise.
GESIC H T DE S TAG E S
ZAHL D E S TAG E S
50
Am Humboldt-Gymnasium traf
sich der Abitursjahrgang von 1958.
Von 32 Schülern, die vor 50 Jahren
im damaligen Jungengymnasium
ihr Abitur ablegten, fand sich die
Hälfte zum Jubiläumstreffen ein.
Seite 19
STADT TE I L D E S TAG ES
Niederburg
Die SPD-Fraktion will in der Niederburg provisorische Fußgängerüberwege, um den Stadtteil besser
an die Innenstadt anzubinden. Nun
hängt es vom Gemeinderat ab, ob
Geld in den Haushalt eingestellt
wird.
Seite 21
STREIT DE S TAG E S
Empörung in der Chérisy
Das Jugendkulturzentrum Contrast
hat die Zusammenarbeit mit Bernhard Gedrats Musikwerkstatt Musambara in der Chérisy aufgekündigt. In einem offenen Brief zeigt
sich Christian Hartz vom ContrastVorstand empört über Gedrats
Äußerungen im SÜDKURIER.
Inzwischen hat sich Gedrat dafür
entschuldigt.
Seite 19
ZU GUTER LETZT
Einfach lecker
E
s dauert schon noch etwas bis
endlich wieder Geschenke
unterm Weihnachtsbaum ausgepackt werden können. Aber die
Stadtwerke reichen mitten im
Sommer schon Plätzle, wie im
Südbadischen die Weihnachtsbrötchen unter
anderem
heißen: In der
Kundenzeitschrift werden
zum Jubiläumsfest „100 Jahre
Strom“ als eine
der Attraktionen
„Konstanzer Plätzle“
angekündigt. Doch es geht gar
nicht um Süßes, sondern um einen
musikalischen Beitrag des BüebleFanfarenzugs der BlätzlebuebeZunft. Die Redakteurinnen der
Zeitschrift, denen der Lapsus unterlaufen ist, bitten um Nachsicht.
Sie seien schließlich keine gebürtigen Konstanzerinnen. Zugleich geloben sie Besserung und
erhoffen sich dabei Hilfe von „EchtKonstanzern“. Sie entschuldigen
sich in aller Form bei den Blätzlebuebe. Warum denn? Das bunte
Fleckenhäs erinnert durchaus an
viele bunte Smarties. Die Zunft
kann zudem mit
ihrem neuen Werbespruch noch viel
bekannter werden
in deutschen
Brauchtumslanden:
Plätzlebuebe –
einfach lecker!
JOSEF SIEBLER
Die städtische WohnungsbauGesellschaft Wobak hat 3615
eigene Wohnungen. Außerdem
betreut sie 7234 eigene und für
andere verwaltete Objekte. Im
vergangenen Jahr hat das Unternehmen 34 neue familiengerechte Mietwohnungen mit Förderung durch das Land und die
Stadt am Alten Wall und Stockackerweg/Pfeiferhölzle gebaut.
Großzügige Eigentumswohnungen entstanden am Mittelweg/
Hardtstraße und Ein-FamilienHäuser in der Schillerstraße.
Zurzeit baut sie 33 weitere Mietwohnungen in der Brandenburger Straße. Neue Projekte geht
man am Bahnhof Petershausen
und auf dem Herosé-Areal an.
Zudem werden in der Brucknerstraße Mitarbeiterwohnungen
der Spitalstiftung und zusätzlich
Eigentumswohnungen gebaut.
VO N
JOSEF SIEBLER
Siegfried Musterle
Das schwerste Exemplar seiner
Sammlung wiegt stolze 17 Kilogramm: Siegfried Musterle gehört
zu rund 150 Menschen in Deutschland, die sich mit dem Sammeln
und der Geschichte von Bügeleisen
und ihren Vorgängern und Ablegern befassen. Inzwischen besitzt
Musterle 550 verschiedene Bügelgeräte und etwa genau so viele
Zubehörteile.
Seite 18
Viele Wohnungen
WobakGeschäftsführer Bruno
Ruess sieht
eine leichte
Entspannung
auf dem
Wohnungsmarkt.
Konstanz – Die Wobak schafft seit
1924 günstigen Wohnraum. Denn
Konstanz ist ein teures Pflaster, das
sich viele Menschen kaum leisten
können. So ist die Warteliste nach wie
vor sehr lang: Die Wobak hat 3473 Namen registriert. Darunter seien etwa
300 Härtefälle, so Familien, die dringend mehr Zimmer brauchen, berichtete Bruno Ruess. Im vergangenen
Jahr ist aber die Zahl der neuen Bewerber zurückgegangen. Er wertete dies
als Anzeichen für eine leichte Entspannung auf dem Wohnungsmarkt.
Als Gründe nannte er Wegzug durch
den massiven Stellenabbau bei Altana/Nycomed, Umzüge in die Schweiz,
die sinkende Zahl von Studenten und
zusätzliche durch die Stadt ausgewiesene Baugebiete.
Trotz der leichten Entspannung erwartet der Wobak-Geschäftsführer
keine niedrigeren Preise. „Ich glaube,
dass der Mietspiegel bleiben wird, wie
er ist.“ Wie sich der Markt entwickle
hänge stark vom Einwohnerzuwachs
ab. So dürfte die ursprünglich erwartete 85 000-Einwohner-Grenze nicht
erreicht werden. Derzeit pendelt sich
die Zahl bei 82 000 ein. Doch Prognosen wollte er nicht abgeben, die Entwicklung hänge unter anderem von
der Zahl der Studenten ab. Günstiger
Wohnraum fehle nach wie vor. „Die
zweite Miete mit den Heiz- und Energiekosten ist eben ein großes Problem.“ Er hofft daher auf stärkere Förderung durch das Land.
Viel Geld
Die städtische Wohnungsbau-Gesellschaft Wobak hat am Alten Wall (im Bild) und im Stockackerweg familiengerechte
Mietwohnungen gebaut.
Die Altana-Krise zeigt weitere Auswirkungen in der Stadt: Viele Gewerbe-Objekte stehen leer. Die Wobak sei
davon allerdings noch nicht betroffen.
Dennoch könnte sich dies langfristig
auswirken, so Ruess im Geschäftsbericht für das Jahr 2007. Mit der Bilanz
seien Geschäftsführung und Aufsichtsrat zufrieden, berichtete er.
Das größte Projekt der kommenden
Jahre wird der Wohnungsbau am
Bahnhof Petershausen sein. Im Frühjahr 2009 sollen die Arbeiten begin-
nen, geplant sind in zwei Abschnitten
Objekte mit jeweils 40 bis 50 familiengerechten Mietwohnungen. Sie reichen von zwei Zimmern für Alleinerziehende bis zu großzügigen FünfZimmer-Wohnungen. Ein Projekt für
ältere Menschen ist ebenfalls geplant,
sie werden jeweils eine abgeschlossene Wohnung und einen Gemeinschaftsraum haben, „aber ohne professionelle Betreuung“.
Solche Wohnformen, bei denen sich
die Menschen zu Spieleabenden oder
Gesprächen treffen können, seien zunehmend gefragt. Auf dem HeroséAreal sind Miet- und Eigentumswohnungen in Zusammenarbeit mit der
Universität und der Hochschule
HTWG geplant. „Das ist eine Superlage für solch ein Projekt.“
Bruno Ruess sieht sein Unternehmen gut aufgestellt. „3600 eigene
Wohnungen sind für die Größe der
Stadt sehr beachtlich. Damit gehören
wir zu den größeren WohnungsbauGesellschaften im Südwesten.“
KKC, KKH und jetzt MUT: Diskussion am Freitag
Klein Venedig wird Konstanzer Top-Thema – SÜDKURIER-Stadtgespräch mit Befürwortern und Kritikern im Konzil
N
amen hatte das Projekt schon
viele, doch Fragen sind noch
immer in großer Zahl offen.
Nach KKH (Konzert- und Kongresshaus) und KKC (trendig angedenglischt Konzert- und Kongress-Centrum) spricht die Konstanzer Stadtverwaltung jetzt von MUT: Musik- und
Tagungshalle soll das Vorhaben auf
Klein Venedig heißen, das zum kommunalpolitischen Topthema des Jahres avanciert. In dieser Woche berät
der Haupt- und Finanzausschuss gemeinsam mit dem Technischen und
Umweltausschuss das Thema (Donnerstag, 16 Uhr, Ratssaal), nächste Wo-
che ist ebenfalls öffentlich die große
Debatte im gesamten Gemeinderat
anberaumt (Donnerstag, 17. Juli,
ebenfalls 16 Uhr, Ratssaal). Und am
Freitag sitzen interessante Gesprächspartner auf dem Podium des SÜDKURIER und beleuchten das Thema aus
ihren unterschiedlichen Blickwinkeln.
Am 11. Juli ab 19.30 Uhr geht es im
Konzil um die Frage, ob Konstanz das
Haus braucht, was darin stattfinden
könnte, wie man dafür sorgen kann,
dass es auch schön aussieht und welche Fehler auf jeden Fall vermieden
werden sollen. Unter Moderation von
Lokalchef Jörg-Peter Rau diskutieren
Horst Frank, Oberbürgermeister, Florian Riem, Philharmonie-Intendant,
Günther Schäfer von der Initiative
„das bessere Verkehrskonzept“ und
Andreas Rogg vom Architekturforum
Konstanz-Kreuzlingen.
Auf dem Podium sitzen Befürworter
und Gegner des Bauvorhabens, Zweifler und Überzeugte. Auch die Gäste im
Saal können Fragen stellen und sich
damit rechtzeitig vor der Gemeinderatsentscheidung in die Diskussion
einklinken. Dass die Bürger aber auch
an der Wahlurne nochmals das Wort
haben werden, gilt als sicher: Eine
Umfrage unter allen Stadträten, die
der SÜDKURIER in der vergangenen
Woche vornahm, ergab eine deutlich
Mehrheit für einen Bürgerentscheid.
Mit welcher Formulierung dieser
stattfindet, ist völlig offen. Als Termin
stellen sich viele Stadträte den Dezember vor, rechtzeitig vor den Kommunalwahlen im Juni 2009.
SÜDKURIER-Stadtgespräch, Freitag, 11.
Juli, 19.30 Uhr, Konzil, Unterer Saal. Keine
Platzreservierung, Eintritt frei.
Großes Online-Dossier mit vielen Kontergründen zum Konzert- und Kongresshaus:
www.suedkurier.de/konzerthaus
Die 1924 gegründete Wohnungsbaugesellschaft erwirtschaftete
im Jahr 2007 eine Bilanzsumme
von rund 185 Millionen Euro. Das
ist neuer Rekord. Das Unternehmen beschäftigt 54 Mitarbeiter,
davon 14 in Teilzeit, und vier
Auszubildende.
Viel Klimaschutz
Die Wobak hat vergangenes Jahr
über sechs Millionen Euro in
Sanierungen gesteckt. Der
Schwerpunkt lag im Klimaschutz:
Durch Fassaden-, Speicherboden- und Kellerdeckendämmung,
Fensteraustausch und neue
Heizungen werden rechnerisch
über 480 Tonnen CO2 pro Jahr
eingespart. Die erste große Geothermie-Anlage baute das Unternehmen im Stockackerweg. (jos)
P E T E R S H AU S E R S T R A S S E
Kind fährt auf
dem Schoß mit
Konstanz (phz) Als groben Leichtsinn
bezeichnet die Polizei das Verhalten
einer jungen Mutter: Am Sonntagabend kontrollierte eine Streife des
Konstanzer Reviers ein Auto auf der
Petershauser Straße. Dabei stellten die
Beamten fest, dass die Mutter als Beifahrerin ihr zweijähriges auf dem
Schoß hatte. Es war nicht gesichert,
schildert die Polizei, weder durch eine
Sitzvorrichtung noch durch einen
Gurt. Am Steuer des Autos saß der 23jährige Familienvater. Ihn erwartet
nun eine Anzeige, weil er Fahrzeuglenker die Sicherheit seiner Fahrgäste
hätte gewährleisten müssen.
LEUTE
Im Auftrag der Aussöhnung
Fast wie im Film: Wie der ehemalige DDR-Funktionär Hans-Walter Roesky sich um europäische Verständigung bemüht
W
er das Glück hat mit HansWalter Roesky (90) reden zu
können, der sollte Zeit mitbringen. Viel Zeit. Denn Roesky, der
vor wenigen Tagen mit einer Dankesurkunde der Stadt Konstanz ausgezeichnet wurde, hat viel zu erzählen:
von seinem spannenden Leben, seinen interessanten Ansichten und all
den Ideen, die er auch heute immer
noch hat. Dabei ist es ihm fast ein wenig zuwider, wenn die Artikel, die über
ihn geschrieben werden zu sehr seine
Person in den Mittelpunkt stellen.
„Um mich geht es doch gar nicht“, sagt
er dann abwehrend. Doch sein Leben
ist aber tatsächlich viel zu spektakulär,
um es nicht wenigstens in Ansätzen zu
beschreiben. Er hat den zweiten Weltkrieg und vier Jahre sowjetische Gefangenschaft überlebt, stieg danach in
der jungen DDR zum Leiter der Kulturabteilung der Bezirksleitung der
SED in Ost-Berlin auf. Nicht weil er
Kommunist war, wie er sagt, sondern
überzeugter Sozialist, als er aus dem
Krieg zurückkehrte. Als Kulturfunktionär ließ er sich unter anderem Spielpläne und Stücke von Theatern vorlegen – auch mit Größen wie Bertolt
Brecht hatte er zu tun.
Er glaubte an die DDR oder zumindest an die Idee, die dahinter stand.
Erst nach den Aufständen am 17. Juni
1953 und die Niederschlagung durch
das sowjetische Militär wuchsen Zweifel – allmählich, aber stetig, so dass er
einige Jahre später die DDR verließ.
Zunächst Richtung West-Berlin, später dann, 1962 kam er nach Konstanz.
All das muss man wissen, um zu verstehen, weshalb der 90-Jährige nun, 46
Jahre nach seiner Ankunft am Bodensee, von der Stadt mit einer Dankesurkunde geehrt wurde. Es sei eine Anerkennung für seine Verdienste um die
europäische Aussöhnung, heißt es aus
dem Rathaus dazu. Insbesondere zur
deutsch-polnischen
Verständigung
hat Roesky beigetragen. So hat er etliche Schüleraustausche organisiert
zwischen Konstanz und dem polnischen Czluchów, hat immer wieder
Ausstellungen und Begegnungen auf
die Beine gestellt. In zwei Monaten, ab
dem 6. September, wird es wieder eine
solche Ausstellung geben. Dann zeigen drei polnische Künstler ihre Werke
im Bürgersaal am Stephansplatz. In
Czluchów ist Roesky seit 1998 Ehrenbürger der Stadt.
Der interkulturelle Austausch ist
ihm eine Herzensangelegenheit, die
auch in all den Jahren nicht nachgelassen hat. Die Organisation sei heute
mehr denn je ein „beständiges Drücken“, wie Roesky sagt. Nur so erhalte
man genügend Aufmerksamkeit und
finanzielle Mittel, um die Pläne auch
tatsächlich umzusetzen. Die Kraft dafür bekommt er auch von seiner morgendlichen Frühgymnastik. „Das
brauche ich, um beweglich zu bleiben“, so Roesky. Finanziell wird er regelmäßig von der Stadt unterstützt
und ist doch immer noch auf der Suche nach neuen Sponsoren. Sein Wille
zum Engagement hat mit seinen
Kriegserfahrungen zu tun, wie er sagt.
„Ich habe während des Krieges auch
Gespräche mit unseren Feinden geführt. Irgendwann kam es uns immer
absurder vor, dass wir uns gegenseitig
totschießen sollen. Es wurde immer
klarer, was für ein Wahnsinn so ein
Krieg ist“, erinnert sich Roesky. Danach war für ihn klar: „Wenn ich das
alles überlebe, dann möchte ich mit
meinen kleinen Mitteln dazu beitragen, das menschliche Miteinander zu
erleichtern.“ Dieses Versprechen an
sich selbst hat er gehalten. Er will es
auch weiter tun. „Ich habe noch einige
Ideen“, sagt der 90-Jährige.
MICHAEL LÜNSTROTH
Ausgezeichnet: Hans-Walter Roesky
hat sich um die europäische Aussöhnung verdient gemacht. B I L D : H A N S E R