Heeresflieger der Bundeswehr übernehmen Ende 1957 den

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Heeresflieger der Bundeswehr übernehmen Ende 1957 den
Heeresflieger der Bundeswehr
übernehmen Ende 1957 den
Flugplatz Achum
von Horst Seifert
Die Bundeswehr war noch im Aufbau begriffen. Erstmals gab es im
deutschen Heer die Heeresflieger als selbstständige Truppengattung.
Gliederung und Ausrüstung der neuen Heeresfliegertruppe (HFlgTr) waren
in den Aufbaujahren ständigen Umgliederungen, Veränderungen und
Umbenennungen unterworfen.
Am 1. Nov. 1957 ging aus der auf dem Flugplatz Niedermendig/Eifel
aufgestellten Heeresflieger Versorgungs- und Ersatzstaffel 834
(HFlgVersErsStff 834) die Heeresflieger Instandsetzungskompanie 835
(HFlgInstKp 835) hervor. Erster Kompaniechef wurde Major Stoy. Mit dieser
Einheit war der Grundstein für die spätere HFlgInstStff 108 gelegt.
Am 1. Jan. 1958 übernimmt Major Walter Freimann die Staffel, als „Spieß“
stehen ihm Oberfeldwebel Schindler und als Kompanietruppführer
Oberfeldwebel Heinrich zur Seite. Zu den ersten größeren Aufträgen der
Staffel gehörte die Verlegung der Einheit von Mendig/Eifel auf den Flugplatz
Achum/Bückeburg, zu der Zeit noch mit Teilen britischer Einheiten belegt.
Ein Vorauskommando trifft am 23. und 24. Feb. 1958 in Achum ein. Nicht
gerade unangenehm war die Erfahrung der deutschen Heeresflieger, sich
die Räumlichkeiten im Offiziersheim mit den dort noch untergebrachten
britischen Nachrichtenhelferinnen zu teilen.
Original Faksimile des
am 29.04.1958 vom
Kompaniechef,
Major W. Freimann,
unterzeichneten
Marschbefehls für die
Verlegung von
36 Soldaten der
HFlgInstKp 835
Dokument gekürzt
im Bahntransport von
Niedermendig nach
Bückeburg/Achum.
Alles war präzise geplant
und auf dem Befehl
vermerkt, einschließlich
der Umsteigebahnhöfe,
und wenn die
Bundesbahn zu
damaliger Zeit pünktlich war, dann trafen die 36 Soldaten exakt um 14:53
Uhr in Bückeburg ein, fuhren das letzte Stück zum Flugplatz auf einer
„NATO-Ziege“ Ford 3t LKW Plane und bezogen ihre Unterkünfte, ebenfalls
mit Teilen im Offiziersheim.
Nachfolgende Soldaten
der Kompanie wurden in
Baracken, bzw. ein Teil
der Unteroffiziere, in den
auf dem Flugplatz
stehenden, von den
Engländern requirierten
und jetzt an die
Bundeswehr übergebenen
ehemaligen Wohn- und
Bauernhäusern der alten
Ortschaft Achum
untergebracht.
Unmittelbar nach der Verlegung nimmt die Kompanie ihren Versorgungsund Instandsetzungsauftrag auf, zunächst an dem als Kurierflugzeug
eingesetzten leichten Flächenflugzeug vom Typ Do 27.
Hauptmann Richter wird im Juli 1958 erster Flugzeugtechnischer Offizier
(FTO) der Kompanie.
Im Dezember 1958 feiert die HFlgInstKp 835 ihr erstes Kompaniefest in
Achum.
Die Alouette II der französischen Firma Sud-Aviation wurde im Rahmen
verschiedener Truppenerprobungen als leichter Verbindungs- und
Beobachtungshubschrauber (VBH) für die HFlgTr ausgewählt. Nach
eingehender Industrieeinweisung und intensiver Ausbildung des technischen
Personals, begann man im Sommer 1959 mit der Wartung und
Instandsetzung am neuen Hubschrauber Alouette II - Baumuster SE 3130.
Am 1. Apr. 1960 übergab Maj W. Freimann die Kompanie an Hptm Fritz
Hoppe. Freimann wurde am Ort zur Heeresflieger Waffenschule (HFlgWaS)
versetzt. Neuer Kompaniefeldwebel wird der inzwischen zum
Hauptfeldwebel beförderte ehemalige Kompanietruppführer Heinrich.
Ende 1960 wird das erste neu errichtete Unterkunftsgebäude fertig gestellt
und von der Instandsetzungskompanie bezogen. Die Zeit der Baracken,
Nissenhütten und Behelfsunterkünfte war vorbei.
HFlgInstKp 835 vor dem neuen Unterkunftsgebäude Block 1 in Achum
Im Rahmen weiterer Umgliederungen der HFlgTr wird die Kompanie 1961 in
Heeresflieger Instandsetzungsstaffel 108 (HFlgInstStff 108) umbenannt.
Die erste große Bewährungsprobe unter erschwerten Einsatzbedingungen
hatte die Staffel im Rahmen der Sturmflutkatastrophe vom Februar 1962 im
Raum Hamburg zu bestehen, wo sie mit starken Teilen eingesetzt war.
Die Kompanie
bekommt weitere
Aufträge, neben dem
Verbindungs- und
Beobachtungshubschrauber (VBH)
Alouette II werden
nunmehr auch die
Transporthubschrauber
vom Typ Sikorsky H-34
und die so genannte
„fliegende Banane“
Vertol H-21 von der
Kompanie technisch
betreut.
Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten an einer Sikorsky H-34
OLt Manfred Niesters übernimmt am 18. Nov. 1963 die Staffel von Hptm F.
Hoppe.
In den folgenden Jahren passierte wenig Berichtenswertes. Neben dem
technischen Dienst, hatte die allgemein militärische Ausbildung nach wie vor
einen hohen Stellenwert. Da war eine große Feldinstandsetzungsübung im
Gelände schon ein besonderes Ereignis. Im Staffelbuch werden fünf
Soldaten besonders lobend erwähnt, die einem 16-jährigen Jugendlichen,
der bei einem Unfall schwerste Verbrennungen erlitten hatte, Teile ihrer Haut
für eine Transplantation gespendet haben.
Zu den weniger schönen Einsätzen einer Instandsetzungsstaffel gehört das
Bergen von Luftfahrzeugen nach Notlandungen oder Flugunfällen. So
musste unter anderem im Dezember 1960 eine Vertol H-21 nach
Notlandung im Raum Hille (NRW, zwischen Espelkamp u. Minden) im
Landtransport in die Pionier-Kaserne nach Minden verbracht werden.
1964 wütete ein fürchterlicher Sturm über Norddeutschland. Auf dem
Flugplatz Achum gab es zu der Zeit nur wenige Stellplätze in Hallen,
Hubschrauber und Flächenflugzeuge wurden damals üblicherweise unter
freiem Himmel abgestellt und verzurrt.
Mit unvorstellbarer Kraft tobte sich der Orkan direkt über dem Flugplatz aus
und richtete unter den abgestellten Luftfahrzeugen erhebliche Schäden an.
Flugzeuge wurden aus der Verzurrung gerissen, hoch in die Luft gewirbelt
und stürzten dann, mehrere zig Meter vom ursprünglichen Stellplatz entfernt
wieder zu Boden, wobei sie zum Teil weitere Luftfahrzeuge beschädigten.
Schadensbild nach dem Orkan von 1964 über dem Flugplatz Achum
Am 25. Oktober 1967 wird die HFlgInstStff 108 von Achum/Bückeburg nach
Celle, auf den Flugplatz Wietzenbruch verlegt.
Oberst K. Ebeling,
KorpsHFlgKdr I.
verabschiedet die Staffel
im Rahmen eines
Appells auf dem
Flugplatz
Achum/Bückeburg.
Hptm „Juppi“ Vogt war für die Verlegung nach Celle zuständig. Ohne
besondere Vorkommnisse führte er Mannschaften und Gerät der Staffel auf
über 70 Fahrzeugen in das neue „Zuhause“ auf dem Flugplatz Celle. Ein
Vorkommando hatte bereits einige Tage zuvor Unterkünfte und technischen
Bereich übernommen, so dass der „Einzug“ relativ problemlos verlief.
Trotzdem treten nach dem Umzug einer derart komplexen Einheit bis zur
Aufnahme des regulären Dienstbetriebes reichlich große und kleine
Probleme auf. Aus dieser Zeit stammt wohl der Soldatenspruch: „Wir sind
der größte schwimmende Verband der Bundeswehr.“
Am 1. April 1968 übergab Hptm M. Niesters die Staffel an Hptm Helmut
Steuernagel. Die Personalstärke war auf 182 Soldaten angewachsen.
Die HFlgInstStff 108 hat den Umzugs- und Einrichtungsstress erstaunlich
rasch überwunden und erfüllte routiniert ihren Auftrag. Dazu gehörten unter
anderem auch mehrere Feldinstandsetzungsübungen in Niedersachsen und
Schleswig Holstein.
Im März 1970 wird die letzte Sikorsky H34 nach Instandsetzung mit „großem
Bahnhof“ an die Truppe übergeben. Es war die 321. periodische Inspektion
(PE) an diesem Hubschraubermuster. Insgesamt wurden seit Bestehen der
Einheit in mehr als 12 Jahren 1874 Luftfahrzeuge 6 verschiedener Typen
gewartet, Instand gesetzt bzw. PE’s unterzogen. Anerkennung und
Glückwünsche zu dieser herausragenden technische Leistung kamen nicht
nur von militärischer Seite, wie dem KorpsHflgKdr Oberst K. Ebeling, selbst
Sergei Igor Sikorsky jun. Sohn des genialen Hubschrauberkonstrukteurs,
ließ es sich nicht nehmen, in einem mehrseitigen Telegramm Glückwünsche
und Dank der Herstellerfirma zu übermitteln.
Feierliche Übergabe der letzten H34 nach PE an die Truppe. Im Hintergrund ist schon das
Nachfolgemodell, ein Hubschrauber vom Typ Bell UH 1D zu erkennen.
Zukünftig wird die Staffel die technische Versorgung des neuen „leichten
Transporthubschraubers Bell UH 1D“ (LTH) übernehmen.
Ende März 1971 forderten weitere Umgliederungen im Heer ihren Tribut, die
„HFlgInstStff 108“ wird aufgelöst. Nahezu vollständig wird sie mit Personal,
199 Soldaten und zivile Mitarbeiter, und Material der Flugzeugtechnischen
Abteilung 120, der späteren LfzTAbt 102 des leHFlgTrspRgt 10
eingegliedert.