Die Einführung neuer Betriebskosten

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Die Einführung neuer Betriebskosten
Abrechnungstage der
ARGE Mietrecht und Immobilien
01. Februar 2013 in Celle
Die Einführung
neuer Betriebskosten
Referentin: RAin Ruth Breiholdt, Hamburg
S. 1
Neue Betriebskosten
Neue BK = solche,
1. deren Umlagefähigkeit bei Abschluss Mietvertrag noch nicht
gesetzlich zugelassen war,
- z. B. Wärmelieferungskosten (Contracting) vor 01.05.1984
oder
2. die bei Abschluss Mietvertrag noch nicht angefallen sind,
- nach Nr. 1 – Nr. 16 BK-Katalog, z. B. kein Hausmeister
- nach Nr. 17 BK-Katalog, z. B. keine Dachrinnenreinigung
S. 2
1
Bei unterschiedlichen Mietstrukturen
1. Inklusivmiete (Bruttomiete)
2. Nettokaltmiete (Nkm.) + BK-Pauschale
3. Nettokaltmiete (Nkm.) + BK-VZ (+ HK-VZ)
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Was immer geht: individuell jeweils vereinbaren, wenn neue BK
entstanden sind und umgelegt werden sollen.
Aber, kein Anspruch V gegenüber M auf Abgabe einer
derartigen WE.
S. 3
Inklusivmiete – neue BK
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Keine gesonderte Erhöhung wegen gestiegener oder neuer BK.
BK-Anteil nur im Rahmen von § 558 BGB zu erhöhen.
Kappungsgrenze (20 % in 3 Jahren): gesamte (Brutto-) Miete.
Zur Ermittlung BK-Anteil: nicht ortsübliche Durchschnittswerte,
sondern im Zeitpunkt des Zustimmungsverlangens anfallenden
tatsächlichen BK.
Erläuterung nicht erforderlich, wenn schon erhöhte Bruttomiete
die ortsübliche Nettokaltmiete nicht übersteigt.
BGH, Urt. v. 10.10.2007, VIII ZR 331/06
(Anders bei MV, die vor 01.09.2001 geschlossen.)
S. 4
2
Nkm. + BK-VZ: gesetzl. neu zugelassene BK
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Gilt neuer BK-Katalog, wenn MV auf BK-Katalog Bezug nimmt?
Einfache Verweisung, nein: Fassung, die bei Vertragsschluss
galt. (vgl. BGH, Urt. v. 22.02.2006, VIII ZR 362/04)
Dynamische Verweisung, ja: „M trägt BK gemäß § 2 BetrKV in
seiner jeweils gültigen Fassung.“
Aber Wirksamkeit streitig:
ja: Schmid, FAK, 3. A., § 556 Rn. 92; Beyerle, L-F, 3. A., Kap.
11 Rn. 60; Gather, DWW 2000, 299 (303); vgl. auch BGH, Urt.
v. 08.11.2001, III ZR 14/01
zweifelhaft, nicht transparent: Sternel, aktuell, 4. A., Rn. V 126
S. 5
Nkm. + BK-VZ: neu anfallende BK Nr. 1 - 16
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Z. B. Hausmeister erst nach Abschluss MV eingestellt,
Versicherungen erst nach Abschluss MV abgeschlossen.
Bei Nennung oder Verweis auf BK-Katalog, der Kostenart
umfasst,  Umlage möglich.
- M ist seine grdsl. Verpflichtung vor Augen geführt, evtl.
anfallende Kosten zu tragen.
- Nicht erforderlich: wirtschaftliche oder praktische Notwendigkeit, aber Grds. ordnungsgemäßer Bewirtschaftung beachten.
BGH, Urt. v. 07.04.2004, VIII ZR 167/03
…
S. 6
3
Mehrbelastungsabrede erforderlich?
Die Kosten einer Sach- und Haftpflichtversicherung, die der
Vermieter während des bestehenden Mietverhältnisses für das
Mietobjekt abschließt, können anteilig auf die Mieter umgelegt
werden, wenn im Mietvertrag die Kosten einer derartigen
Versicherung als umlagefähige Betriebskosten bezeichnet sind
und dem Vermieter das Recht eingeräumt ist, auch neu
entstehende Betriebskosten auf die Mieter umzulegen
BGH, Urt. v. 27.09.2006, VIII ZR 80/06
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S. 7
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Trotzdem nicht erforderlich, wenn Verweis auf BK-Katalog.
Mehrbelastungsabrede war im konkreten Vertrag enthalten.
Verweis hierauf nur deklaratorische Bedeutung.
Wenn Mehrbelastungsabrede, dann erst recht.
Ausreichend aber schon Bezugnahme auf BK-Katalog, wie im
Urt. v. 07.04.2004 bereits festgestellt.
Milger, NZM 2008, 1 (5); Langenberg, 6. A., Kap. C Rn. 55;
Blank, NZM 2007, 233; Sternel, aktuell, 4. A., Rn. V 141
…
S. 8
4
Nkm. + BK-VZ: neu anfallende BK Nr. 17
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Z. B.
Dachrinnenreinigung erst nach Abschluss MV beauftragt.
Rauchwarnmelder erst nach Abschluss MV installiert und
gewartet.
 Bezugnahme auf BK-Katalog „sonstige Kosten“ reicht nicht,
wenn Kostenart nicht ausdrücklich benannt.
S. 9
Helfen Mehrbelastungsabreden?
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In folgenden Fällen:
gesetzlich neu zugelassene BK und keine wirksame dynamische Verweisung auf (neuen) BK-Katalog,
neu anfallende BK nach Nr. 1 – Nr. 16 BK-Katalog, deren
Umlage nicht vereinbart (kein Verweis auf § 2 BetrKV),
neu anfallende „sonstige“ BK nach Nr. 17 BK-Katalog, deren
Umlage nicht ausdrücklich genannt.
S. 10
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Mehrbelastungsabreden - wirksam?
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Bei wirksamer Mehrbelastungsabrede  Umlage gesetzlich neu
zugelassener BK möglich.
Sternel, aktuell, 4. A., Rn. V 126
Bei Wohnraummiete Wirksamkeitsvoraussetzungen:
- auf BK i. S. d. §§ 1, 2 BetrKV beziehen,
- Mehrbelastung darf nur mit Wirkung für die Zukunft entstehen,
- muss billigem Ermessen i. S. v. § 315 III BGB, d.h. Grundsätzen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung entsprechen.
S. 11
Unwirksame Mehrbelastungsabreden
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„Soweit zulässig, ist V bei Erhöhung bzw. Neueinführung von
BK berechtigt, den entsprechenden Mehrbetrag vom Zeitpunkt
der Entstehung an umzulegen.“
Wg. uneingeschränkter Rückwirkung und fehlender
Beschränkung auf BK-Katalog  unwirksam.
BGH, Urt. v. 20.01.1993, VIII ZR 10/92
BGH, Urt. v. 21.01.2004, VIII ZR 101/03
S. 12
6
Lokales – ein Beschluss aus der Region
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„Bei Neueinführung von BK ist der V berechtigt, die erhöhten
Kosten neben der Miete und den etwa vereinbarten BK anteilig
ab dem Zeitpunkt der Entstehung zu erheben.“
Wg. nicht absehbaren Risikos und wg. Verstoßes gegen das
Rückwirkungsverbot  unwirksam.
OLG Celle, Beschl. v. 29.12.1989, WuM 1990, 103 (108)
S. 13
Wirksame Mehrbelastungsabreden
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Werden öffentliche Abgaben neu eingeführt oder entstehen BK
neu, so können diese vom V im Rahmen der gesetzlichen
Vorschriften umgelegt und angemessene Vorauszahlungen
festgesetzt werden.“
Kein Verstoß gegen Transparenzgebot.
Klar aufgezeigt, mit welcher Belastung M rechnen muss + durch
Bezug auf Gesetz Begrenzung auf BK-Katalog  wirksam.
BGH, Urt. v. 27.09.2006, VIII ZR 80/06
Aber: Mehrbelastung nur wg. Versicherungen, also Nr. 13.
S. 14
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Mehrbelastungsabreden bei Nr. 17
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Wirksam, bei qualifizierter Mehrbelastungsabrede
= Vermieter behält sich Umlage neu entstehender bestimmter,
konkret benannter BK vor.
Bei einfacher Mehrbelastungsabrede streitig:
- unwirksam wg. Verstoß gegen Transparenzgebot.
Beyer, GE 2007, 950 (954 f)
- wirksam, wenn sachlich sonstige BK + Beachtung Wirtschaftlichkeitsgebot
Langenberg, 6. A., Kap. C Rn. 56
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S. 15
- Wirksam, wenn Beachtung Wirtschaftlichkeitsgebot, + V verpflichtet, Umlageerklärung ähnlich § 560 I 2 BGB abzugeben.
Entstehen nach Vertragsschluss neue BK, die unter Beachtung
des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit erforderlich sind, so ist
der Vermieter berechtigt, diese Kosten durch Erklärung in
Textform anteilig auf den Mieter umzulegen. In der Erklärung
muss der Grund der Umlage bezeichnet und erläutert werden.
Blank, NZM 2007, 233 (234)
S. 16
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Modernisierung
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Wenn Kostenart im MV nicht konkret genannt und kein Verweis
auf BK-Katalog, aber Kosten = Folge einer Mod.maßnahme?
Z. B. Einbau Aufzug + RWM, Wartungskosten (Nr. 7 + Nr. 17).
Ohne vertragl. Abrede kann Mehrbelastung umgelegt werden.
Arg.: Nicht höhere BK bei gleicher Gegenleistung, sondern
Vertragsgegenstand verändert  Folgekosten.
BGH, Urt. v. 21.01.2004, VIII ZR 101/03 + h. L., z.B. Langenberg, 6. A., Kap. C Rn. 68; a. A. Staudinger/Weitemeyer,
Neubearb. 2011, § 556 Rn. 64
S. 17
Ergänzende Vertragsauslegung
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Lücke im Vertrag?
Wenn ja, was hätten Parteien redlicherweise vereinbart, wenn
sie die neuen BK bedacht hätten.
Bei Nkm. + BK-vollumlage  neue BK trägt Mieter!
Sonst Änderung Mietstruktur. (Sternel, aktuell, 4. A., Rn. V 142)
Durch Mod.maßnahme  neue BK trägt Mieter!
BGH, Urt. v. 27.06.2007, VIII ZR 202/06 (Kabelanschluss)
Enumerative Aufzählung einzelner BK im MV, auch wenn mehr
angefallen sind  auch in Zukunft soll Mieter keine darüber
hinausgehenden BK tragen. (Schmid, FAK, 3. A., § 556 Rn. 91)
S. 18
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Nkm + BK-Pauschale (P.): neue BK
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Nur Neufälle (MV-Abschluss nach 01.09.2001).
Erhöhungsmöglichkeit nach § 560 I, II BGB.
§ 560 I 1 BGB: Bei einer Betriebskostenpauschale ist der
Vermieter berechtigt, Erhöhungen der Betriebskosten durch
Erklärung in Textform anteilig auf den Mieter umzulegen, soweit
dies im Mietvertrag vereinbart ist.
Gilt nicht nur für Steigerungen, sondern auch für neue BK.
Schmid, FAK, 3. A., § 560 Rn. 11; Kinne, ZMR 2001, 868 (873)
Voraussetzung: Erhöhungsvorbehalt im Mietvertrag vereinbart.
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S. 19
Mehrbelastungsabrede - wirksam?
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Wirksam, bei qualifizierter Mehrbelastungsabrede =
Vermieter behält sich Umlage neu entstehender bestimmter,
konkret benannter BK vor.
• Bei einfacher Mehrbelastungsabrede problematisch.
• Zu pauschal formulierte Mehrbelastungsklauseln verstoßen
gegen Transparenzgebot  unwirksam.
• Bei Rückwirkung auf Zeitpunkt der Entstehung ohne weitere
Einschränkungen  unwirksam.
 Ohne wirksamer Erhöhungsvorbehalt  an sich keine
Mehrbelastung.
S. 20
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Modernisierung, ergänzende Vertragsausl.
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Denkbar bei Mod.maßnahme, da neuer Vertragsgegenstand.
BGH, Urt. v. 21.01.2004, VIII ZR 101/03, Langenberg, 6. A.,
Kap. C Rn. 68
Ohne Modernisierung keine ergänzende Vertragsauslegung, da
keine Lücke im Vertrag.
Erhöhungsvorbehalt gerade nicht vorgesehen, also sollte es bei
gleichem Pauschalbetrag bleiben.
S. 21
Vielen Dank
für‘s
Mitdenken und Mitmachen und
für Ihre Aufmerksamkeit!
Der ARGE sei Dank für die Organisation
dieser jungen Veranstaltung!
S. 22
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