titel stärke duell

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titel stärke duell
18. Jahrgang
Nr. 111
Mai 2011
inhalt
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DA S K Ö L N E R
IN
Du bist so
anders.
0,90 € für den Verkäufer
1,70 €
Vorurteile – und ihre Chancen.
TITEL
Der Romajunge
Orhan promoviert
DUELL
Engländer trifft
auf Franzosen
STÄRKE
Eine Tschechin
und ihr Weg
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inhalt
Inhalt
Vorwort, Inhalt ............................................ 3
Liebe Leserinnen und Leser,
in der Nacht sind alle Katzen grau. Sind denn auch blonde
Frauen doof? Schlafen Studenten bis in die Puppen? Sind
Wir sind ein Teil dieser Stadt –
Fotos von Peter Ruthardt.............................. 5-7
Interview mit den Kabarettisten
Schlipsträger arrogant und alle Berber Schnorrer? Zufällig
Alfons und Mark Britton..............................8-10
kann ich diesen Vorurteilen die Stirn bieten und aus eige-
Wo begegnen dir Vorurteile? Eine Umfrage............11
ner Erfahrung sagen, daß das nicht so ist.
Vorurteile als Chance – Obiageli Njoku.............12-13
Was aber ist mit den Millionen anderer Vorurteile, die so
kursieren und die man entweder geflissentlich übersieht
Orhan – ein ungewöhnliches Roma-Kind....... 14-17
oder unkritisch einfach mal übernimmt? In der vorliegen-
JVA-Gespräche: Nasip................................ 17-18
den Ausgabe beschäftigen wir uns mit Vorurteilen jeglicher
Couleur und begegnen Menschen, die bereits negative
Erfahrungen damit gemacht haben.
Unsere Redaktion setzt sich aus Wohnungslosen, Journalisten, Studierenden, Arbeitslosen, Grafikern, Fotografen und
Menschen in sozialen Schwierigkeiten zusammen. Wir
begreifen unsere Aufgabe, über Außenseiter zu berichten
und einen Blick nach „Draußen“ zu riskieren als ersten
Schritt dahingehend, Vorurteile abzubauen.
Umso mehr hat es uns gefreut, daß unsere Bürger&BerberStadtführungen mit Martin Stankowski und Reiner Nolden,
die wir in Kooperation mit stattreisen köln anbieten, gut
gebucht waren. Die Rückmeldungen sind überwältigend –
für uns ein Zeichen, daß viele Menschen für einen Blick
über den Tellerrand offen sind.
Reiner Nolden und Martin Stankowski
Foto: Jörg Paschke
Von wegen also, Straßenzeitungen schimpfen immer über
die schlechte Welt und die böse Gesellschaft. Überzeugen
Sie sich vom Gegenteil, in diesem Sinne wünsche ich gute
Kurzgeschichte: Ludovic............................. 19-21
Lektüre,
AK Umbruch: Gubbio.................................... 23
Buch-, Kultur- und Webtipps..........................24
Kulturtussi................................................. 25
Die Burg des Grauens, Teil 2 ............................26
Christina Bacher
Aus der OASE .............................................. 27
Comic .......................................................28
Kölner Orte: Der Grüne Krake...........................29
Vorschau, Impressum....................................30
Serviceadressen........................................... 31
3
interview
Clemens-Josef-Haus
Willkommen im Clemens-Josesf-Haus auf dem Vellerhof, einem Fernab der „Straße“ sind die Menschen hier gern gesehene Gäshistorischen Gehöft inmitten eines Naturschutzgebietes, auf dem te, die auf dem Gelände des Clemens-Josef-Hauses auf ihrem ganz
heute hilfebedürftige Menschen leben, wohnen und arbeiten. persönlichen Weg begleitet werden.
Clemens-Josef-Haus I Altenwohn- & Pflegeheim und stat. Einrichtungen der Gefährdetenhilfe · Vellerhof 1 · 53945 Blankenheim
Gefährdetenhilfe: 0 26 97 . 91 00 16 · Altenwohn- & Pflegeheim: 0 26 97 . 91 00 25 · www.vellerhof.de
Wohnungslosenhilfe
Station machen I zur Ruhe kommen
Übernachtung I Aufnahme I Wiedereinstiegshilfe I Lebenshilfe I Langzeitwohnen
Arbeiten
Qualifizierung erwerben I Selbstwertgefühl erleben
Beschäftigung I Ausbildung I Arbeitstraining I Qualifizierung I Arbeitsvermittlung
Pflegewohnheim
begleiten und fördern I beraten und anleiten
Pflege & Betreuung I Lebenszufriedenheit I Wohlbefinden I Menschlichkeit I Zu Hause
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vorurteile
Wir sind ein Teil
dieser Stadt
Für die Ausstellung „Wir sind ein Teil dieser Stadt - Türkeistämmige
BürgerInnen in Köln“ hat der Fotograf Peter Ruthardt zahlreiche
Menschen interviewt und fotografiert. Für den DRAUSSENSEITER
haben wir nun sechs Kurzporträts ausgewählt, die neben verschiedenen Lebensstilen auch die Art und Weise der Begegnung mit
dem Fotografen aufzeigen. Peter Ruthardt wurde 1947 in Moers
als Kind einer italienischen Mutter und eines deutschen Vaters
geboren, ist Wahl-Kölner und somit ebenfalls ein Immi.
Selbstporträt
5
vorurteile
Lale Aydın
Muhammed A. Celik
Einzelhandelskaufmann bei REWE in KölnRiehl.
Logopädin und Sprachtherapeutin in eigener
sprachtherapeutischer Praxis in Köln-Ehrenfeld.
Student der Medizin an der Uni Köln; ehrenamtlich tätig in der Barbaros Moschee in Köln.
Bei meinen regelmäßigen Einkäufen
ist mir Herr Gündoǧmuş durch seine freundliche und zuvorkommende Art aufgefallen. Ihn
wollte ich unbedingt bei diesem Projekt dabei
haben und so ist es auch gekommen.
Ercan Gündoǧmuş wurde 1978 in Köln geboren. Seine Familie stammt aus Ankara. Er hat
sieben Geschwister. Zunächst besuchte er die
Hauptschule und wechselte dann zur Realschule über, wo er den Realschulabschluss
erwarb. Bei REWE wurde er zum Einzelhandelskaufmann ausgebildet. Seine Frau, die er
1998 heiratete, ist gebürtig aus Ankara und
von Beruf Verkäuferin. Beide haben einen
kleinen Sohn und eine Tochter, die schon zur
Schule geht. Zu seinen Kindern und den zahlreichen Verwandten, die in der Nähe leben,
hat er guten Kontakt. Mit rassistischen Anfeindungen wurde er nicht konfrontiert, hat aber
davon gehört. Mit Beruf und Familie ist er so
ausgefüllt, dass ihm für die Betätigung in Vereinen und Organisationen keine Zeit bleibt.
Als ich Frau Aydın aufgrund dieses
Projektes ansprach, war sie sofort einverstanden mitzumachen. Sie, als türkeistämmige
Kölner Bürgerin, könne etwas aufweisen und
schaffe zudem auch Arbeitsplätze in Köln.
Lale Aydın wurde 1964 in Istanbul geboren
und hat noch drei Geschwister. Sie kam 1979
nach Deutschland, weil ihre Eltern hier lebten. Erst erlernte sie den Beruf der Erzieherin
und später wurde sie Logopädin. Von ihrem
Partner, der der Bruder einer Freundin war
und noch studierte, ist sie nach zehnjähriger
Ehe geschieden. Sie hat einen Sohn, der noch
in die Schule geht. Zu ihren Verwandten hat
sie gute Kontakte, sieht sie aber nur selten.
Sie hat viele Freunde und Bekannte in ihrer
Nachbarschaft sowie aus ihrer Schul- und
Ausbildungzeit. Mit rassistischen Anfeindungen wurde sie noch in jüngster Zeit konfrontiert. Auf die Frage nach der Bedeutung von
Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit heute in Deutschland fällt ihr das
Wort von Bert Brecht ein: „Der Schoß ist
fruchtbar noch, aus dem das kroch.“ Sie hofft
aber, dass sich Deutschland nicht in die Richtung des Zitats entwickelt.
Wir verbrachten zusammen einen
interessanten Nachmittag zwischen Moschee
und Universität, wie zwischen Religion und
Wissenschaft mit allen realen und scheinbaren
Widersprüchen.
Muhammed A. Celik wurde 1989 in Köln
geboren. Seine Familie kommt aus Afyonkarahissar. Er hat zwei Schwestern und einen Bruder. Der Islam hat bei seiner Erziehung eine
sehr wichtige Rolle gespielt. Er arbeitet ehrenamtlich in der Barbaros Moschee und hat in
der muslimischen Gemeinde seine engsten
Freunde und Bekannten gefunden. Nach der
Grundschule hat er die Königin-Luise-Schule
besucht und dort sein Abitur gemacht. Jetzt
studiert er im sechsten Semester Medizin an
der Universität Köln mit dem Ziel, Arzt zu werden. Erste Erfahrungen sammelte er in einem
Praktikum in der Palliativstation. Zu seinen
Verwandten hat er keine engen Kontakte und
bezeichnet ihr Leben als „traditionell“, allerdings sind seine beiden Schwestern Computerspezialistinnen. Mit rassistischen Anfeindungen wurde er bisher nicht konfrontiert. Er
meint aber, dass die antiislamische Einstellung
im Westen große Bedeutung habe und auch
in Deutschland wachsen werde. Die demographische und wirtschaftliche Entwicklung in
Deutschland sieht er als „nicht so rosig“ an.
Muhammed A. Celik ist im sechsten Semester,
bzw. im zweiten Klinischen Jahr.
Ercan Gündoǧmuş
6
vorurteile
Namik Keltek
Gonca Mucuk-Edis
Zahnarzthelferin in der zahnärztlichen
Gemeinschaftspraxis Drs. Lutz, Meents, Switek
in Köln-Sülz.
Dipl. Ingenieur für Elektrotechnik und Dipl.
Wirtschaftsingenieur; Abteilungsleiter bei Ford
Motor Company in Köln-Niehl.
Projektmanagerin und Redakteurin in einer
PR-Agentur und Mitglied im Integrationsrat
der Stadt Köln.
Frau Çaǧıral habe ich bei meinen
gelegentlichen Zahnarztterminen in der
Gemeinschaftspraxis als eine sehr ruhige Person erlebt, die aber noch nie bei meinen
Behandlungen assistierte. Vielleicht kommt
das noch ...
Seit April 2008 ist Frau Çaǧıral mit einem deutschen Mann verheiratet und heißt jetzt mit
Nachnamen Lilienthal.
Gül Çaǧıral wurde 1979 in Köln geboren. Ihre
Familie stammt aus Izmir. Sie hat fünf
Geschwister. Der Islam spielt für sie eine große
Rolle bei der Sinngebung ihres Lebens. Nach
einer katholischen Grundschule besuchte sie
das Genoveva-Gymnasium, eine Berufsschule
und schließlich die Universität in Bonn. Sie
qualifizierte sich beruflich als Zahnarzthelferin
und ist außerdem geprüfte Kosmetikerin.
Sie hat viele gute Freunde aus ihrer Kindheit,
Schulzeit und beruflichen Arbeit. Ihre eigene
Integration in Deutschland und die ihrer
Geschwister beurteilt sie positiv, die ihrer
Eltern als nicht so gut.
Von den deutschen Mitbürgern wünscht sie
sich weniger Vorurteile. Sie hat auch Fremdenfeindlichkeit erlebt und hofft auf eine
bessere Politik, damit sich Deutschland gut
weiterentwickelt. Gül Lilienthal hat 2010 ihr
erstes Kind geboren.
Herr Namik Keltek musste unseren
ersten Termin leider sehr kurzfristig absagen.
Zum zweiten verabredeten Termin brachte er
eine Flasche sehr guten Bordeaux zur Entschuldigung mit.
Geboren wurde Namik Keltek 1960 in Sivas. Er
hat sieben Geschwister und kommt aus einer
politisch interessierten Familie. Nach dem
Besuch des Gymnasiums ging er 1978 nach
Deutschland, weil die politische Lage in der
Türkei unruhig war und er unbedingt studieren wollte. Seine Familie begrüßte diese Entscheidung und unterstützte ihn dabei. In
Deutschland musste er die Hochschulreife
nachholen. Zur Finanzierung seines Studiums
arbeitete er als Kellner. Er erwarb an der Universität zwei Abschlüsse als „Diplom Ingenieur
für Elektrotechnik“ und „Diplom Wirtschaftsingenieur“. Beruflich arbeitete er zunächst als
Gruppenleiter in einem Ingenieurbüro für die
Bayer Werke, ab 1995 bei der Ford Motor Company in Köln, wo er Ende 2001 als Abteilungsleiter ins Management übernommen wurde.
Er ist mit einer gebürtigen Kölnerin verheiratet, deren Familie aus Nazilli stammt. Sie ist
Dipl. Sozialpädagogin im Deutsch-Türkischen
Verein, wo er sie auch kennen lernte, als er
sich dort in einer Folklore-Tanzgruppe und in
einer Theatergruppe engagierte. Beide haben
zwei Söhne und er bedauert, dass er so wenig
Zeit für sie hat.
Die Kölner Zoobrücke hat seit ihrer
Kindheit etwas Anheimelndes für Frau MucukEdis. Immer, wenn in ihrer Kindheit die Familie
mit dem Auto aus dem Türkeiurlaub zurückkam, signalisierte ihr der Kölner Dom: „Ich bin
wieder zu Hause“.
Gonca Mucuk-Edis wurde 1976 in Korbach
geboren. Ihr Vater stammt aus Hatay, ihre
Mutter aus Adapazarı. Sie wurde religiös erzogen. In Köln besuchte sie das Hansagymnasium, weil sie dort ab der siebten Klasse Türkisch als zweite Fremdsprache wählen konnte.
Nach Abitur und Studium machte sie ein Praktikum bei Media Network und arbeitete in
dieser Event-Agentur bis zu ihrer zweiten
Schwangerschaft. Sie arbeitete als Freelancer
bei Agenturen, zuletzt bei „DIE PR BERATER“,
wo sie mittlerweile angestellt ist. Außerdem
macht sie als direkt gewähltes Mitglied im
Integrationsrat der Stadt Köln mit großer
Begeisterung Kommunalpolitik. Die Familie
ihres Mannes, der in Köln geboren wurde,
stammt aus Kayseri. Beide kennen sich seit
der Schulzeit. Er hat seine eigene Firma als
Finanz- und Versicherungsbroker in Köln.
Zusammen haben sie zwei Jungen, einen
multikulturellen Freundes- und Bekanntenkreis und enge Beziehungen zu ihren Verwandten in Köln.
Gül Çaǧıral
7
Foto: Pressefoto Privat
vorurteile
Ein Engländer in Köln: Mark Britton
Alfons – ein typischer Franzose?
Foto: SRI/Pasquale d‘Angiolillo
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vorurteile
Eine humorvolle Betrachtung
des Verhältnisses
… zwischen Briten und Franzosen
Von Ingrid Müller-Münch
Am 1. Dezember 1990 durchstießen zwei Bauarbeiter mit ihren Presslufthämmern den Tunnel
unter dem Ärmelkanal- einer von der französischen Seite aus, einer von der englischen. Mit
diesem Durchbruch schafften sie vor über 20 Jahren zum ersten Mal die Voraussetzung dafür,
dass Groß-Britannien von nun an vom europäischen Kontinent aus mit dem Zug und nicht
mehr nur per Flugzeug oder per Fähre zu erreichen ist. Inzwischen gilt die 50 Kilometer lange
Strecke des zwischen Coquelles bei Calais und Folkestone in Kent gebauten Eurotunnels als
meistbefahrene Eisenbahntrasse der Welt. Ingrid Müller-Münch hat die beiden in Deutschland
lebenden Kabarettisten Alfons, einen gebürtigen Franzosen, und Mark Britton, einen gebürtigen
Engländer, gebeten, einmal voll in die Vorurteilskiste zu greifen und ihr zu erklären, ob der
Eurotunnel Frankreich und Engländer eigentlich einander näher gebracht hat.
Alfons: Aber non. Non, non. Wenn Sie so anfangen mit dem
schung angekündigt. Er hatte uns ha, ha, zu einem englischen
Gespräch! Komische Frage ehrlich gesagt. Wollen Sie ein Eng-
Essen mitgenommen. Uns ging's allen schlecht nachher. Aber
länder sein? Ein Franzose, der sich in einen Engländer umwan-
sein Ziel, das war, dass man sich daran erinnert. Sehen Sie, 35
deln möchte, den habe ich noch nie gesehen. Obwohl es komi-
Jahre später erinnere ich mich immer noch an mein erstes eng-
sche Franzosen gibt, aber sowas, non. Es gibt Grenzen, ehrlich.
lisches Essen.
Mark Britton: Um Gottes Willen. Nein. Das ist aber nett. Ich
Mark Britton: Das ist alles nur ein Spaß. Ich mag die Froschbei-
werde hier eingeladen zu einem ordentlichen Interview und
nefresser. Die sind ganz süß. Wir Engländer sind ein bisschen
werde sofort beleidigt. Diese Frage beantworte ich einfach
neidisch. Und ich glaube, es geht um die Erotik. Diese französi-
nicht. So fangen wir an.
sche Art, mit der Erotik umzugehen ist immer so viel lässiger,
und so viel, wie kann man's nennen, lockerer, als bei uns ver-
DRAUSSENSEITER: Damit war das schon mal geklärt. Jeder ist also
klemmten Engländern. Und ich glaube, deswegen waren wir
froh, nicht in der Haut des anderen zu stecken. So soll es sein. Doch
immer und sind immer noch, ein bisschen neidisch. Auf diese
die Vehemenz, mit der die beiden Kabarettisten auf einen imaginä-
sexy französische Art. Brigit Bardot und auch Gainsbourgh. Je
ren Nationalitäten-Wechsel reagierten, gab mir dann doch zu den-
t‘aime (singt und keucht). Das ist unser Bild von Frankreich.
ken. Was, so fragte ich nach, ist für Mark Britton denn an einem
Alles so sexy, mediterranisch, cosmoplitan. Als wir zum ersten
Franzosen so abschreckend und fremd? Weshalb kann Alfons sich
Mal diese Cafégesellschaft gesehen haben ... so etwas haben
keinen Franzosen vorstellen, der lieber Engländer wäre?
wir nicht in England. Die Leute sitzen da fast auf der Straße an
Alfons: Für uns Franzosen ist der Engländer merkwürdig. Der
Tischen. Trinken ihren Café au lait und essen Croissants. Und
ist komisch. Haben Sie schon mal in England gegessen? Gibt es
für uns war das so exotisch. Da sitzen wir zu Hause im Regen
überhaupt in Köln englische Restaurants? Französische Restau-
und essen unser furchtbares Essen und trinken Schwarzen Tee.
rants oder deutsche Restaurants das ja. Aber englische Restau-
Und können nur von diesem anderen Leben ein bisschen eifer-
rants, haben Sie die schon gesehen? Die gibt's nicht. Die wür-
süchtig träumen.
den sofort Pleite gehen. Voila! Ich war einmal als Junge in Eng-
Alfons: Für uns Franzosen sind die Engländer ein merkwürdi-
land. Damals gab es noch nicht den Tunnel. Ich fuhr mit dem
ges Volk. Man mag die gerne. Aber die sind merkwürdig. Wir
Schiff auf Klassenfahrt. Der Lehrer hatte uns eine Überra-
haben immer das Gefühl, wenn wir irgendwas vernünftiges
9
vorurteile
Alfons wird 1967 als Emmanuel Peterfalvi
in Paris geboren. Mit sechs bekommt er
vom Weihnachtsmann seinen ersten Kassettenrekorder geschenkt. Eine Stunde
später: die erste Radioreportage. Mit sieben der erste Besuch eines Fernsehstudios.
Sein Entschluss: „Ich will Radio und Fernsehen machen!“ Mit 15 Radiomoderator in
Paris. Mit 19 Studium der Kommunikationstechnologien in Paris (Dipl. Ing.) und
Reims (MBA). Mit 24 Redakteur bei Premiere. Mit 29 Gründung der Fernsehproduktionsfirma „Fernsehen ist toll!“ und 30 Folgen bei Küppersbuschs „Privatfernsehen“
in der ARD. Seit 30 Jahren über 500 Eigenproduktionen und Auftritte (Sketche,
Moderationen, Rubriken) u. a. in ARD (Brisant, ARD-Morgenmagazin, Verstehen Sie
Spaß?, Panorama), ZDF, SR (Roglers rasendes Kabarett), WDR, MDR, NDR. Mit 33 Entwicklung der Figur ALFONS für NDR „Extra3“. Emmanuel Peterfalvi lebt mit seiner
Familie in Hamburg.
Fingern die Tassen und so. Ich hab‘s
Aktien kaufen und das wird so der
gemacht als ich da war. Ich hab‘s ver-
Mega-Deal sein. Wenn Sie viele Aktien
sucht. Ich hab versucht mich dort zu
kaufen vom Eurotunnel, dann werden
integrieren, wissen Sie. So zu machen,
Sie total reich. Und natürlich haben die
wie die es machen mit den richtigen
Franzosen gesagt, na ja reich und nix
Worten. Mit den richtigen zwei Fingern
tun dafür, lass uns das mal probieren.
Tee zu trinken. Ich fand‘s sehr fein. Und
Und das ging dann sowas von in die Plei-
ich fand, dass ich das auch sehr gut hin
te. Ich weiß nicht mehr, aber ich glaube
gekriegt habe. Aber die haben mich alle
die Aktien, die haben am Anfang etwa
angeguckt und haben mich alle Frosch-
30 Franc gekostet. Später dann nur noch
fresser genannt. Also irgendwie habe ich
ungefähr 30 Centimes. Und die Franzo-
mein Integrationsdiplom nicht gekriegt.
sen haben alle tierisch viel Geld verloren. Dann waren die noch mehr genervt
DRAUSSENSEITER: Die vor allem kulinari-
den Engländern gegenüber. Obwohl die
schen Unterschiede zwischen Engländern
Engländer dafür nichts konnten. Das
und Franzosen sind einfach zu groß. Zwi-
war nur dieser Tunnel. Der war eigent-
schen den Essgewohnheiten klaffen Grä-
lich eine super Konstruktion, aber vom
ben, die auch ein Eurotunnel offenbar
Geld her hat sich das nicht rentiert.
nicht zu überbrücken vermag. Fish and
Chips in Konkurrenz zu Froschschenkel
und Schnecken – das geht gar nicht! Da
mögen noch so viele Passagiere in den vergangenen Jahren die Zugstrecke unter
dem Ärmelkanal passiert haben. Ist man
sich dadurch näher gekommen?
entscheiden, sind viele dafür, außer den
Mark Britton: Nein. Überhaupt nicht.
Engländern. Das ist ein bisschen eher,
Im Gegenteil. Denn dieser Bau hat
was in Frankreich über die Engländer
eigentlich nur die Unterschiede und die
gesagt wird. Oder die machen immer
Eifersüchtigkeit verschärft. Weil ich bin
alles anders. Wie zum Beispiel das Metri-
so ein paar Mal mit der Bahn durch den
sche System oder so. Oder die wollen
Tunnel gefahren. Ich kann nur eins
den Euro nicht. Momentan haben sie
sagen: Die Franzosen haben das viel bes-
vielleicht recht. Aber sonst. Die wollen
ser als wir Engländer im Griff. Doch. Das
immer alles anders machen. Zum Bei-
ist der Rhythmus der Bahn als der Zug
spiel die Punkte zählen beim Tennis. Das
durch Frankreich fährt. Gub, gub, gub.
ist schon sehr merkwürdig. 15, 30, 40.
Man fährt durch den Tunnel und
Das konnte nur ein Engländer erfinden,
kommt in England an. Guuuuub, guuuu-
so was. Jemand Normales, der kann
ub, guuuuub. Wir schämen uns dafür.
sowas nicht erfinden. Der sagt 1, 2, 3, 4, 5.
Leider. Weil unser Netz hängt immer
noch vom 19. Jahrhundert ab. Ja. Und
10
DRAUSSENSEITER: Für einen Franzosen
dieser moderne Zug muss auf den alten
zeigte sich Alfons auf seinen Reisen nach
Schienen rollen. Als die vor 20 Jahren
London erstaunlich lernbereit. Er hat
den Durchbruch geschafft haben, das
zumindest versucht, sich der britischen
war kein großer Moment. Die haben nur
Tea-Time anzupassen.
in diesem Moment herausgefunden,
Alfons: Ja, klar. Dieser Tee da um, wann
dass die Werkzeuge nicht zueinander
ist das immer, um vier glaub ich. Die
passen. So fing der erste Streit an.
trinken immer Tee um vier. Das ist
Alfons: Aber dieser Tunnel, der hat bei
eigentlich meistens die Uhrzeit wo wir
vielen Franzosen auch einen sehr bitte-
anfangen mit Rotwein. Die sind beim
ren Geschmack hinterlassen, weil als die
Teetrinken. Und vor allem mit den zwei
das gebaut haben, hieß es, man kann
Mark Britton wurde 1958 in Deutschland
geboren. Marks erste selbst geschriebene
und gespielte Bühneninszenierung trug
den Titel „The Little Prince“ (Der kleine
Prinz). Damals war er acht Jahre alt. Nach
einem Psychologiestudium an der Sussex
University und einem Jahr im Sudan als
Englischlehrer, studierte Mark zwei Jahre
lang die Kunst der Pantomime, Tanz,
Comedy und Schauspiel. 1984 gründete er
zusammen mit Krissie Illing „Nickelodeon“. Außerdem wandelte Mark seit Mitte
der 90er Jahre auf Solopfaden und überraschte die Kleinkunst-Szene 1995 mit seinem Solo-Programm.
Drei Jahre später produzierte Mark das
Stand-Up-Comedy-Theaterstück „Apachen
a Go-Go“ (1998). 2001 spielte er seine Best
Of-Live-Show „Welcome to Britton“ und
wurde dafür von Publikum und Kritikern
gleichermaßen bejubelt. Der Nachfolger
„Welcome 2 Britton“ erschien 2004.
Gleichzeitig entwickelte Mark zwei Jahre
lang sein neues Theaterstück „Wildlife –
Der Mensch und andere Tiere“.
Nachdem er durch die ganze Welt getourt
ist, lebt er heute in Köln, schreibt, spielt
und führt Regie für Theater, Radio und
Fernsehen, wo er inzwischen ein gern
gesehener Gast ist.
vorurteile
WO BEGEGNEN DIR
VORURTEILE?
Eine Umfrage unter Menschen mit wenig Geld
Letztens stieg ich
mes erlebt habe, in Chile wäre ich beinahe
aus der Bahn aus,
mal verhungert – ich habe immer Leute
da treff ich den
gefunden, die mir geholfen haben.
Korn-Pit, der ist
Doro K., Gemeinschafterin Emmaus Köln, 55 Jahre
immer auf Korn.
Ich hab ihm dann
Mir gegenüber hat letztens jemand
einen Euro gege-
behauptet, dass ich alt und gebrechlich
ben und er hat sich vorne ans Domfo-
sei und dass ich ins Altersheim soll. Ein
rum gesetzt. Da kamen Krawattenheinis
Glück hat meine Tochter mich vertei-
vorbei und haben den beschimpft. Ich
digt, weil wir gut zusammen auskom-
hab dann gleich gefragt, was die gegen
men. Alten Menschen gegenüber gibt es
den Mann haben. Haben die gelästert,
viele Vorurteile, aber ich komme seit
dass er säuft und bettelt und stinkt. Da
über 80 Jahren gut zurecht. Ich lass mich
krieg ich Schweißfüße drüber. Ich habe
nicht abschieben.
dem geholfen, weil ich selbst mal so da
Elisabeth Molitor, Rentnerin
gesessen habe. Das ist immer noch der
Berber-Kodex, dass ich helfe, wenn ich
Wenn Du auf deine Gehaltsabrechnung
kann. Die wissen doch gar nicht, warum
schaust, ist am Ende des Monats mehr als
der da sitzt. Man kann doch einen Men-
die Hälfte weg. Das geht Leuten so, die
schen nicht verurteilen, wenn man
richtig viel verdienen. Und zeitgleich sieht
nichts über den weiß. Krawattenheinis
man die Hilfseinrichtungen, die sogenann-
sind für mich steinreich und fahren mit
ten wohnungslosen Schnorrer – man hat
dem Porsche durch die Gegend. Aber
den Eindruck, dass dort das hart verdiente
das ist auch ein Vorurteil. Aber „das
Geld landet. So denken Viele. Klar gibt es
kann mir nicht passieren“ darf keiner
da Vorurteile.
sagen. Man darf nicht alle über einen
Herbert Linne, Wohnungsloser
Kamm scheren – Arme wie Reiche.
Kl. Günter, Wohnungsloser aus Köln, 43 Jahre
Vorurteile werden heutzutage immer
Foto: Jörg Paschke
schlimmer, da die Menschen in dieser
Ich war früher viel
Gesellschaft so unterschiedlich sind,
mit Ausländern
man versucht sie durch die Schulbildung
zusammen und
alle gleich zu machen. Davon abgese-
engagiert bei
hen, dass das Schulsystem völlig veraltet
Amnesty Interna-
ist und Kindern nur das vorgesetzt wird,
tional. Dann lebte
was man schon vor einem halben Jahr-
ich in England, war
hundert gelehrt hat, nämlich das
eine zeitlang im Krankenhaus. Mir selbst
profitorientierte Ausbeuten der Erde ...
sind nie Vorurteile begegnet, ich war viel
Heidemarie Leppak, Weltenbummlerin
in der Welt unterwegs und habe viel
erlebt, ich glaube, da habe ich Glück
gehabt im Leben. Obwohl ich viel Schlim-
Mit dem Mikrofon unterwegs
war Christina Bacher.
Das Vorurteil gegen
die Vorurteile
l Vorurteile gibt es ja viele. Egal, wo wir uns
befinden, jagt eines das andere. Fangen wir
einmal morgens an, wenn wir das Haus verlassen. Der erste Mensch mit Migrationshintergrund läuft uns über den Weg und schon
geht’s los. Weiter auf dem Weg läuft eine
Mutter mit drei kleinen Kindern und in der
Bahn sitzen drei Jugendliche mit dem neuesten Handy. Viele erfüllen Klischees – ein
gefundenes Fressen für Vorurteile. Auch sehr
dankbar sind da ganze Berufsgruppen: Egal,
ob bei der Bundeswehr, beim Frisör oder
unter Türstehern in der Disco – alle gleich und
typisch. Genauso Leute mit Handicap, so wie
ich, erfahren jeden Tag am eigenen Leib wie
das so ist, wenn man mit Vorurteilen konfrontiert wird: Stotterer, so heißt es, sind dumm
und zu blöd zum Sprechen. Hm. Stimmt doch
nicht, kann ich da aus eigener Erfahrung
sagen. Ich kann gut und viel reden – fragt mal
meine Freunde. Aber auch ich will mich da
nicht freisprechen, Vorurteilen auf den Leim
zu gehen. Irgendwas läuft da im Kopf ab.
Manche Vorurteile stimmen ja auch, jedenfalls
wenn man Mario Barth Glauben schenken
darf: Wir Frauen entsprechen offenbar allen
Vorurteilen und Klischees – danke, Mann!
Aber einem Vorurteil muss ich hier mal widersprechen. Es gibt doch eine Freundschaft zwischen Mann und Frau. Das muss ich, bzw.
darf ich seit drei Jahren selbst feststellen. Ich
denke da an meinen Kaffeekumpel Benno.
Ein ganz lieber Kerl, vergeben, aber dafür ein
1a-Zuhörer. Wir treffen uns einmal die Woche
zum Café, und das seit 3 Jahren. Und ganz
ehrlich – ich möchte das nicht mehr missen
müssen und bin mehr als stolz auf diese tolle
Freundschaft. Aber es bleiben uns ja noch
soooo viele Vorurteile und Klischees, dass wir
eines davon ruhig mal unter den Tisch fallen
lassen können. In diesem Sinne ...
Tamara Klein
(Stotterin, Schülerin, Mittdreißigerin,
Kolumnistin, Frau – na, welche Vorurteile
fallen euch da ein?)
11
vorurteile
Selbstbewusst und stark: Obiageli Njoku
Foto: Andrea Neuhoff
12
vorurteile
Vorurteile als Chance begreifen
Draussenseiter: Frau Njoku, um gleich
Obiageli Njoku: (überlegt) Das ist lange
Draussenseiter: Was raten Sie Menschen,
ein Vorurteil zu bedienen: Sie sind eine
her. Es gibt in Köln einen schönen aber
die sich mit Vorurteilen konfrontiert sehen?
erfolgreiche Unternehmerin, modisch ge-
teuren Laden, in dem ich gern einkaufe.
Obiageli Njoku: Das Selbstbewusstsein
kleidet und gut situiert. Haben Sie irgend-
Sobald ich das Geschäft betrete, stehe
zu stärken, sich selbst zu lieben. Nicht
welche Erfahrungen mit dem Leben auf
ich wegen meiner Hautfarbe unter
aufgeben und sich nicht über den Teller-
der Straße?
besonderer Beobachtung. Mein Freund,
rand schieben lassen. Ich sehe Konfron-
Obiageli Njoku: Meine erste große Liebe
weiß und blond, hat dieses Problem nie.
tation mit Vorurteilen als Chance, als ein
kam aus dem Kinderheim, hat auch mal
Auch beruflich respektierte man mich
Anfang, darüber nachzudenken und
geklaut und war zum späteren Zeit-
und mein Wissen nicht. Wegen der
etwas zu ändern. Ich muss mich so posi-
punkt im Jugendgefängnis. Wir haben
Hautfarbe, des jungen Aussehens oder
tionieren, dass Vorurteile keine Angriffs-
zusammen draußen und im Wald über-
weil ich eine Frau bin. Wie eine gläserne
fläche mehr haben. Aber vor allem müs-
nachtet. Damals wollte ich wissen, ob
Decke: Ich konnte zwar nach oben in
sen Menschen bereit sein, das Täter-
ich das kann, und ja, es geht. Ich habe
die Chefetage hineinschauen, aber der
Opfer-Prinzip zu verlassen.
den Zusammenhalt der Menschen auf
Zutritt war mir verwehrt. Das ist jetzt
der Straße kennengelernt. Meine zuver-
anders.
lässigste Begleiterin im Leben war mei-
für das interessante Gespräch und alles
ne Dogge Aura. Es sind viele Tränen in
Draussenseiter: Wie haben Sie gelernt
ihr Fell geflossen.
mit Vorurteilen umzugehen?
Obiageli Njoku: Als Kind war es schwer
Draussenseiter: Als Coach beraten Sie
für mich, als Einzige in der Familie eine
Frauen in schwierigen Lebenslagen, egal
dunkle Hautfarbe zu haben. Mein
ob Hartz IV Empfängerin, Migrantin
Vater, den ich nie kennengelernt habe,
oder erfolgreiche Führungskraft. Was
ist Nigerianer und lebte auch dort. Als
treibt Sie an?
Jugendliche habe ich mich gefragt‚ wäre
Obiageli Njoku: Es liegt mir am Herzen,
ich besser „weiß“? Doch mir war
bei Frauen Charisma und Erfolg aufzu-
schnell bewusst, dass ich mich nicht
bauen, zu helfen. Ich habe selbst gelernt,
anpassen will. Geholfen hat mir, dass
wie wichtig das ist, und möchte das
ich gemodelt habe. Als „schön“ bewun-
nachhaltig weitergeben. Wer auf der
dert zu werden, hat mein Selbstbe-
Straße landet oder arbeitslos wird, ist
wusstsein gestärkt – eine gute Aus-
nicht dumm oder weniger wert. Viele
gangsbasis, um Vorurteilen zu begeg-
hatten einfach Pech.
nen. Aber vor allem bin ich mir meiner
Persönlichkeit bewusst geworden: Ich
Draussenseiter: Auf welche Weise beeinflussten Vorurteile Ihr Leben?
Draussenseiter: Frau Njoku, vielen Dank
bin eben, wie ich bin.
Gute für die Zukunft.
Das Gespräch führte Andrea Neuhoff.
Obiageli Njoku
MBA „Master of Business Administration“ in
Management und Betriebswirtschaft, gelernte
Krankenschwester. 2004 gründete die heute
41-jährige Mutter ihr Unternehmen „MultiCoaching“, mit dem sie insbesondere Frauen
in schwierigen Lebenslagen unterstützt. Die
Pädagogin und Yogalehrerin ist in Karlsbad,
dem heutigen Tschechien, geboren. Mit zehn
Jahren ist sie mit der Familie aus der Heimat
nach Deutschland geflüchtet. Sie lebte lange
in Baden-Baden und wohnt nun seit drei
Jahren in Köln.
13
vorurteile
Ingrid Müller-Münch
Orhan
– ein ungewöhnliches Roma-Kind
Ein Romajunge flieht Mitte der 80er Jahre mit seiner Familie aus Mazedonien, wo seinesgleichen kaum Lebenschancen hat, nach Deutschland
und wird nach ein paar Jahren wieder abgeschoben. Damit könnte die
Geschichte enden. Doch sie geht weiter. Der Junge kommt zurück.
Mittlerweile ist er 30 Jahre alt und schreibt gerade seine Doktorarbeit an
der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Ingrid Müller-Münch hat
ihn zum ersten Mal 1993 als 13-Jährigen kurz vor seiner Abschiebung
getroffen. Und jetzt wieder, 17 Jahre später. Hier die Reportage über ein
außergewöhnliches Schicksal.
14
vorurteile
O
rhan Jasarovski lebte noch nie ein
Sprüche und wache Blicke wieder wett
Mädchen sein“. Er wolle immer nur die
normales Leben. Als Kind nicht,
machte. „Wir sind Roma, geschätzt nur wie
schönsten Wörter ausdrücken, hatte Orhan
und auch jetzt nicht, als Erwachse-
ein bisschen Staub“, hatte er mir mit
mir bei dem Gespräch im Jahr 1993 gesagt
ner. Denn Orhan ist Roma. Doch nicht nur
einem traurigen Blick dahin geworfen, um
und mich vertrauensvoll mit seinen großen
das. Orhan ist behindert, hat nach einer
weiter konzentriert in sein Schulheft Sät-
schwarzen Augen angeguckt. Kurz darauf
Kinderlähmung Folgeschäden zurückbe-
ze zu schreiben wie die: „Der Igel ver-
wurde er abgeschoben; der anhaltende
halten. „Schiefes Bein“ rief man ihm in
kriecht sich langsam in seinem Laub. Die
Protest an seiner Schule, Eingaben an Poli-
seiner Heimatstadt Skopje hinterher. An
Schwalbe fliegt in die warmen Länder.“
tiker – all das hatte nicht geholfen. Wegen
der Grundschule in Meerbusch – die er
Gewitzt war der kleine Kerl, wodurch
eines „erheblichen öffentlichen Interes-
besuchte, nachdem er mit seiner Familie
auch ein Mitglied des Neusser Flüchtlings-
ses“, so stand es in der Ordnungsverfügung
aus Mazedonien geflohen war – nannte
rats auf ihn aufmerksam wurde. Oberstu-
der Stadt Neuss, musste die Familie Jasa-
ihn ein Mitschüler aufgrund seiner dunk-
dienrat Michael Stoffels war eines Tages
rovski zurück nach Skopje. Seitdem hatte
len Hautfarbe „Brathähnchen“. Schon
zu Besuch in die Container-Unterkunft der
ich nichts mehr von ihm gehört.
damals fiel er wegen seiner Lernbereit-
Roma-Familien gekommen und hatte, wie
Bis vor einigen Wochen, als ich Orhan
schaft, seines starken Willens und seiner
üblich, Schokolade an die Kinder verteilt.
Jasarovski erneut traf. Aus dem zartglied-
Intelligenz auf. Und wegen seines unbän-
Nur ein Junge hielt sich abseits, Orhan.
rigen Jungen war ein 30-jähriger, stämmi-
digen Wunsches, zu studieren. Hinter dem
„Ich blieb stehen. Er hat das bemerkt und
ger, junger Mann geworden, der gerade
steckte ein ehrgeiziges Ziel: „Ich wollte
gefragt, wieso kommst du denn nicht?
eine Universitäts-Karriere anstrebt. Und
eine wichtige Person werden, die die Leu-
Meine trotzige Antwort war, ja, wegen
der sich, das war nicht zu übersehen, in
te schätzen und lieben. Um das zu werden,
einer Schokolade soll ich Ihnen hinterher
Deutschland und im Deutschen auf siche-
habe ich mir große Mühe gegeben.“
laufen? Wir sind Roma. Wir sind auch
rem Parkett bewegt. Seine Augen wirkten,
Orhan wollte es schon immer all jenen
Menschen. Wir brauchen keine Almosen.
als wären sie noch tiefschwarzer gewor-
zeigen, die da glaubten, ein Roma wie er
Das hat ihn so begeistert und fasziniert,
den, sein Haarschopf war dicht und
tauge doch sowieso nichts. Gerade mal ein
dass er mir hinterher gelaufen ist.“ Micha-
wuchernd. Ein blitzweißes Hemd guckte
halbes Jahr brauchte Orhan, um richtig
el Stoffels ist seitdem Orhans engagiertes-
aus dem schwarzen Jackett heraus, als er
Deutsch zu lernen. Er hatte Glück, denn
ter Gönner und Unterstützer.
mir in der Wohnung seines Doktorvaters
in Meerbusch bei Düsseldorf, wohin seine
„Orhan war Schüler an unserer Schule“,
Daniel Hoffmann entgegenkam. Anfangs
Familie als Flüchtlinge eingewiesen wor-
erinnert sich Gesamtschullehrerin Barba-
beantwortet er eher widerstrebend meine
den war, lebten nur wenige Ausländer,
ra Leiditz. „Er war ein ungewöhnlicher
Fragen danach, wie denn sein Leben in den
sodass sich engagierte deutsche Nachbarn
Junge. Dunkelhaarig, bisschen dunkle
vergangenen 17 Jahren seit seiner Abschie-
intensiv um ihn und seine Familie küm-
Haut. Er fiel durch besonders artikuliertes
bung verlaufen ist. Doch bald schon wird
mern konnten. „Wir hatten jeden Nach-
Sprechen auf. Durch nachdenkliches Spre-
er lebhaft, gestikuliert, lacht, stöhnt bei
mittag Hausaufgabenbetreuung durch
chen. Orhan war kein wüstes, lustiges
mancher Erinnerung schmerzhaft auf.
ehrenamtlich arbeitende Lehrer“, erin-
Kind, sondern ruhig, nachdenklich, ange-
„Ich versuch das immer zu verdrängen
nert sich Orhan. Später erst erfuhr er aus
nehm.“ Mit einem für einen 12-Jährigen
mit der Abschiebung“, beginnt Orhan. „Es
einem Zeitungsartikel, „dass Meerbusch
ungewöhnlichen Ziel: „Als ich ihn fragte,
war schlimm. Also die Polizei kam und hat
zu den reichsten Gemeinden Deutsch-
was er denn mal vorhätte, da hat er mir
uns mitgenommen. Das geht mir wirklich,
lands gehört. Damals dachte ich noch, die
geantwortet: Ich möchte mein Volk retten.
wenn ich mich zurückerinnere, sehr nah.
großen Villen dort, die feinen Wohnun-
Da war der im sechsten Schuljahr.“
Mazedonien war fremd. Die Sprache
gen, das sei normal in Deutschland, das
Schon damals rezitierte Orhan Gedich-
musste ich noch mal erlernen. Und wieder
te, die er auswendig konnte und die ihn
Fuß fassen. Wir standen vor dem Nichts.
Etwa zu der Zeit, 1993, lernte ich Orhan
berührten. An eines erinnert er sich auch
Wir hatten nur das Geld, was die Oste-
kennen. Einen 13-jährigen, vorwitzigen,
heute noch, weil es „um ein deutsches
rather Kirchengemeinde gesammelt hatte.
altklugen Jungen, der auffiel inmitten der
Mädchen geht, das die Züge einer Zigeu-
Das waren damals 1.000 DM.“
anderen Romakinder. Dadurch, dass er
nerin verkörpert. Um Friederike Lügen-
Lehrerin Barbara Leiditz wusste, was
sich zwar nur humpelnd vorwärts bewe-
maul, die frech und faul war. Schmutzig
Orhan in Skopje erwartete und machte
gen konnte, sein Defizit aber durch kluge
auch noch oben drein, so soll doch kein
sich große Sorgen. „Wir hatten uns ja
sei überall so.“
15
vorurteile
unabhängig von Orhan vorher schon mit
war Schnee und Matsch. Und die Leute
„Während meines Studiums habe ich
der Situation in Skopje beschäftigt. Und
hatten nicht mal Türen, sondern nur
meinen Kommilitonen nicht erzählt, dass
es war klar, dass die Lebensbedingungen
Decken, die sie davor hingen. Sie lebten
ich Roma bin. Weil ich Angst hatte, dass
für Roma da ganz, ganz schwierig waren.
in Lehmhäusern. Und es war heftig kalt.“
sie mich sofort ablehnen würden.“ Doch
Für den Orhan nochmal in besonderer
Der ganzen Familie fiel es nicht leicht,
irgendwann musste er sein Schweigen
Weise schwierig, weil er dort medizinisch
sich zurechtzufinden. „Mein Vater hatte
brechen. Als während einer Veranstaltung
absolut gar nicht so versorgt werden konn-
eine sehr schwere Zeit. Auch Depressio-
im großen Hörsaal der Heinrich-Heine-
te, wie es nötig war. Er hatte ja zusätzlich
nen. Meine Mama war so deprimiert, dass
Universität die Rede auf Roma kam und
noch eine Epilepsie zu seinen Kinderläh-
sie tagelang keine Lust hatte, überhaupt
der Dozent irgendwie nebulös von einem
mungserscheinungen.“
was zu tun. Die war nur am Weinen. Aber
Volk aus Südosteuropa sprach, das am
An einem kalten Februartag 1994, bei
irgendwann mussten wir mit der Realität
Rande der Gesellschaft lebe und asozial
20 Grad minus, kam Orhans Familie in
klar kommen.“ Orhan, dessen Lehrer in
sei, da drang jedes Wort „wie ein Messer-
Skopje auf dem Flughafen an. Zunächst
Osterath dieses überdurchschnittlich
stich in mein Herz. Und dann konnte ich
kamen sie bei einem Onkel unter, „der
begabte Kind eine Klasse überspringen
nicht mehr. Und ich habe mich zu Wort
hatte nur ein Zimmer. Und dort waren sie
lassen wollten, wurde zurückgestuft, seine
gemeldet. Gesagt, ich kann am besten
schon zu zehnt. Und dann kamen wir noch
deutschen Zeugnisse nicht anerkannt.
beschreiben, wie Roma sind. Denn ich bin
zu viert dazu. Wir waren 14 Leute in die-
Und da er als Roma sowieso nicht auf eine
Roma. Ich bin Zigeuner.“ So begann
sem Zimmer.“ Ein unhaltbarer Zustand.
normale Schule gehen durfte, kam er
Orhan und hat von seinem Volk erzählt,
Orhans Mutter hatte ihren Kindern einge-
zunächst in eine spezielle Einrichtung.
von der langen Tradition der Roma und
schärft, nur ja nicht nach Essen zu fragen.
Auch hier bewährte er sich, wurde auf eine
deren Verfolgung überall in Europa.
Denn die Verwandten besaßen selbst nur
andere, eine bessere Schule versetzt,
An diesem Tag hat Orhan sich offiziell
das Nötigste. So gingen sie hungrig ins
machte schließlich sein Abitur als Jahr-
als Roma geoutet. Nach der Vorlesung
Bett. Traurig und verzweifelt. Die Familie
gangsbester. Wie viel Energie ihn dies
kamen Kommilitonen auf ihn zu, die gar
fand kurz darauf eine andere Bleibe. Konn-
gekostet haben mag, wie viel Unterstüt-
nicht wussten, dass er Roma ist. Erstaunt
te sie von dem Geld bezahlen, das ihr die
zung er hierfür aus Osterath, aber auch
erkundigten sie sich bei ihm: „Wieso hast
evangelische Kirchengemeinde Osterath
vonseiten seiner Familie bekam, deutet er
du das denn nicht erzählt? Du bist doch
bis zum Jahr 2000 jeden Monat schickte.
nur an. Aber dass er der kleine Prinz zu
ein gutes Beispiel dafür, dass die Vorurtei-
„Man muss sich das vorstellen, die
Hause war, das verschweigt er dann doch
le über euch nicht stimmen.“ Dann for-
Roma leben ja in Ghettos“, erzählte Orhan
nicht, lacht, freut sich darüber, auch wenn
derten sie mich auf, ich solle doch zeigen,
weiter. „In der Hauptstadt Skopje gibt‘s
er innerhalb der Roma-Gemeinschaft in
was ich kann. Und meinten: „Orhan, du
zwei große Ghettos. Eins in Topahana. Und
Skopje nur als „Orhan, der Behinderte“
schaffst es.“
eins in Shutka. Dort gibt es keine Infra-
galt. Was ihn noch immer schmerzt.
struktur, keine Kanalisation, kein warmes
Doch die ganze Zeit über wollte er
setzt sich als Vorsitzender des nordrhein-
Wasser. Das ist heftig. Als wir 1994 anka-
zurück nach Deutschland. In das Land von
westfälischen Landesverbandes der Roma
men, war es mitten im Winter und überall
Grillparzer, Grass und Stefan Zweig,
für die Integration seiner Landsleute ein.
Schriftsteller, die er liebte. Dorthin, wo
Beobachtet mit Sorge, wie Frankreich gan-
man ihn so gut aufgenommen hatte.
ze Roma-Camps durch Polizei auflösen
Zurück in das Land, in dessen Sprache er
lässt und die unbeliebten Zigeuner nach
sich besser ausdrücken konnte, als in sei-
Rumänien oder Bulgarien ausweist. „Das
ner Muttersprache. Doch so einfach ging
sind doch EU-Bürger“, empört sich Orhan.
das nicht. „Das war eine große Geschichte,
„Die haben das Recht, wiederzukommen.
bis ich einreisen durfte“, erinnert sich
Und das tun sie auch“, freut er sich. Ein
Orhan. Seine Gönner mussten für ihn bür-
Teil seiner Familie lebt schon seit langem
gen, Lokalpolitiker überzeugt, ein Studi-
in Paris, „die sind dort integriert, studieren
enplatz beschafft, ein Visum bereit gestellt
dort. Einer meiner Cousins wird gerade
werden. Es hat irgendwann dann alles
vorgeschlagen für eine Juniorprofessur an
geklappt. Nach sechs Jahren in Skopje
einer Pariser Uni.“ „Wobei“, so fügt er
durfte er im Jahr 2000 wieder zurück nach
zögernd hinzu, „die Franzosen nicht wis-
Deutschland kommen und wurde acht
sen, dass er ein Roma ist.“
weitere Jahre von der Osterather Kirchengemeinde finanziell unterstützt.
16
Seitdem steht er zu seiner Herkunft,
Inzwischen hat Orhan eine gänzlich
neue Haltung zu seiner Herkunft. „Wir
vorurteile
Roma müssen aus dieser Opferrolle raus“,
Kurz befragt:
sagt er. Doch dazu müssen auch Roma sich
Fotos: Jörg Pasche
bilden dürfen, zur Schule gehen, am Alltagserwerbsleben teilnehmen. Von einigen seiner Träume, die er mir bei unserem
ersten Zusammentreffen als 13-Jähriger
anvertraute, hat er sich inzwischen verabschiedet. Damals wollte er noch Tennisspieler werden, Tänzer, irgendetwas in
dieser Richtung. Doch inzwischen steht er
zu seiner Behinderung, weiß, dass dies
nicht möglich sein wird. Und erhofft sich
„Respekt durch Bildung.“ Durch sein
Schicksal, sein Studium, seinen beruflichen Erfolg will er beweisen, „dass wir vor
Gott, vor der Schöpfung eigentlich gleichgestellt sind. Mit den gleichen Startmöglichkeiten, wenn wir auf die Welt kommen. Und dass wir nicht schon vorher
gebrandmarkt sind als Roma, als Zigeuner
oder als Deutsche.“
Orhan hat Erfolg, dank seiner Willenskraft, aber auch dank seiner Unterstützer.
Aber der Erfolg hat seinen Preis. Erst im
Dezember 2009, neun Jahre nach seiner
Rückkehr nach Deutschland, hat er zum
ersten Mal seine Eltern wiedergesehen, die
nun jedes Jahr als Touristen für eine
begrenzte Zeit nach Deutschland einreisen dürfen. „Das kann man nicht beschreiben, was ich da empfand. Erstmal flossen
die Tränen.“ Die Eltern fühlten sich allerdings unsicher in dem Land, das sie 16
Jahre zuvor mit Polizeigewalt abgeschoben hatte. Trauten sich kaum auf die Stra-
Nasip, 32 Jahre
Insasse der JVA Ossendorf
ße. „Bloß nicht“, hieß es immer, „bloß
nichts machen, was den Behörden zuwider
DRAUSSENSEITER: Du bist aus dem
sind dort zu schlecht, zu schlecht zum
Kosovo, du sprichst von Hause aus Alba-
Laufen. Auch Autos haben Probleme.
ungewiss. Sein Status als Student ermög-
nisch. Kannst du dich in der JVA unter-
Jedenfalls kamen wir irgendwann an die
lichte ihm den Aufenthalt in Deutsch-
halten?
Grenze und sind mit einem kleinen
land. Doch nun benötigt er dringend ein
Nasip: Wir sind vier Albaner hier auf
Boot nach Italien übergesetzt.
Promotions-Stipendium, um weiterhin
dem Flur. Und ich habe schnell Deutsch
DRAUSSENSEITER: Ihr seid illegal über das
bleiben zu dürfen. Er hat sich hierfür bei
gelernt. Das geht.
Meer gereist, mitten in der Nacht. Wie
der Friedrich-Ebert-Stiftung beworben.
DRAUSSENSEITER: Wie bist du nach Köln
gefährlich war das?
Mit einer Abschlussnote von 1,0 in Ger-
gekommen?
Nasip: Nachts sind wir mit dem Gummi-
manistik hat er gute Chancen. Doch soll-
Nasip: Seit März 1999 herrschte in mei-
boot nach Apulien rüber. Es gibt Leute,
te daraus nichts werden, wird Orhan wie-
ner Heimat Krieg. Ich wollte da weg.
die den Weg wissen, die einem helfen. Es
der einmal Deutschland verlassen müs-
Zuerst bin ich einfach losgelaufen, zwei
passen höchstens 30 Leute in ein Boot.
sen. „Davor“, so sagt er, „zittere und bebe
Tage lang war ich unterwegs. Dann habe
Die Überfahrt ist sehr gefährlich, es sind
ich schon jetzt“.
ich einen Bus genommen, die Straßen
viele dabei umgekommen – ich hatte
ist. Damit wir keinen Stress bekommen.“
Orhans Zukunft ist wieder einmal
17
vorurteile
Glück. Ich bin das Risiko bewusst einge-
schub. Ich sitze deshalb wegen Dieb-
sechs Uhr, erst einmal frühstücken wir
gangen: Ich hatte vorher alles, was ich
stahls, nicht nur einem. Immer wieder
und dann geht es an den Arbeitsplatz.
liebte, verloren. Ich habe in Albanien
bin ich los und habe Dinge geklaut, die
Ich reinige Büros und Flure, mache alles
keine Zukunft mehr gesehen, ich hatte
man wieder verkaufen kann.
sauber. Heute habe ich mal ausnahms-
also nichts zu verlieren. Also bin ich voll
DRAUSSENSEITER: Welchen Beruf hast du
weise frei. Man fühlt sich so gut, wenn
auf Risiko gegangen. Ich dachte, du
gelernt?
man eine Arbeit hat. Eigentlich ist das
überquerst das Meer und entweder du
Nasip: Keinen. Ich war schon vor dem
meine erste richtige Arbeitsstelle.
überlebst oder du gehst drauf. Viele hat-
Krieg mal in Italien gewesen und habe
DRAUSSENSEITER: Was empfindest du,
ten nicht so viel Glück wie ich.
mich so durchgeschlagen. Auch in Alba-
wenn du an die Zeit nach der Haft denkst?
DRAUSSENSEITER: Umso mutiger, dass du
nien gibt es viele Landwirte, die haben
Nasip: Ich möchte draußen nicht da wei-
dieses Risiko nicht nur ein Mal auf dich
immer Arbeit. Also habe ich mich um
ter machen, wo ich aufgehört habe. Das
genommen hast ...
die Schafe gekümmert. Solche Dinge
ist klar. Und das wird schwer. Ich kenne
Nasip: Ja, ich habe meine Schwester spä-
eben. Aber hier hätte mir der Beruf
zu viele, die draußen in einen Teufels-
ter noch nachgeholt, ich wollte sie in
auch nichts genützt. Solange der Asylan-
kreis geraten sind, die mich mitreißen
Deutschland haben. Heute lebt sie in
trag läuft, darf man gar nicht arbeiten.
würden. Weißt du, durch Drogen ist das
Österreich, hat dort Familie.
Man wird schon gefragt, welche Fähig-
Leben für einen kurzen Moment besser
erträglich, man fühlt sich kurz so, als
hätte man keine Probleme mehr. Man
nimmt dafür ein kaputtes Leben in Kauf.
Ich weiß. Ich habe hier was an‘s Fenster
gehängt, dass ich keine Gitter sehen
muss. So denke ich manchmal, es ist
alles ganz normal.
DRAUSSENSEITER: Was wünschst du dir
für die Zukunft?
Nasip: Zuallererst, dass es meinen Kindern gut geht. Ich habe siebenjährige
Zwillinge, die ich seit drei Jahren nicht
gesehen habe. Sie leben bei meiner
Schwester. Ich wünsche mir so, sie alle
mal wiederzusehen. Ich habe hier nur
18
DRAUSSENSEITER: Wieso bist du gerade in
keiten man hat. Aber dann heißt es
ein Foto, das ich mir immer anschaue.
Köln gelandet?
abwarten.
Sie sind weit weg, in Österreich. Und
Nasip: Ich kannte hier ein paar Leute
DRAUSSENSEITER: Kannst du die Haftzeit
wissen nicht, dass ich hier sitze – ein
aus meiner Heimat, die haben mir
irgendwie für dich nutzen?
Glück. Sie sind noch zu klein. Meine
erklärt, wie das mit dem Asylantrag läuft
Nasip: Ich versuche von hier schon alles
Schwester weiß das natürlich, ich
und so. Also bin ich hier geblieben. Mein
anzudenken und zu organisieren für die
schreibe ihr und wir telefonieren ein-
Antragsverfahren läuft noch, vielleicht
Zeit nach der Haft. Die Zeit läuft, ich
mal im Monat. Ich will, dass sie mich
habe ich Glück. So lange muss ich war-
werde nicht jünger. Ich versuche eine
anders in Erinnerung haben, meine
ten und kann nichts tun.
Ausbildung anzufangen. Man bewirbt
Kinder. Mal ehrlich, wer möchte mit
DRAUSSENSEITER: Genau genommen sitzt
sich von hier, aber da ich vielleicht abge-
einem Verbrecher zu tun haben? Es
du sowieso gerade in der JVA fest – nicht
schoben werde, darf man solange keine
herrschen doch viele Vorurteile, die das
unbedingt ein Ort, an dem man Freiheit
Schule besuchen. Keine Schule, keine
Leben erschweren, das sowieso schon
leben kann. Wie kam es dazu?
Ausbildung – ich sitze also und warte. Es
hart genug ist.
Nasip: Seit ich in Köln bin, habe ich auf
kann sein, dass ich wieder in den Kosovo
DRAUSSENSEITER: Wann hast du das letzte
der Straße gelebt. Ich war mit verschie-
muss. Aber immerhin darf ich hier drin-
Mal so etwas wie Glück empfunden?
denen Leuten zusammen, die mir nicht
nen arbeiten.
Nasip: Hm. Nein, ich erinnere mich
gut getan haben und so bin ich in einen
DRAUSSENSEITER: Als was? Wie sieht dein
nicht wirklich an einen solchen Moment.
Teufelskreis geraten. Ich habe Drogen
Tag so aus?
DRAUSSENSEITER: Alles Gute für dich und
genommen und brauchte für meinen
Nasip: Hier bin ich Hausarbeiter, bin
deine Familie und danke fürs Gespräch.
Bedarf immer wieder Geld, für Nach-
jeden Tag im Einsatz und beginne um
Das Gespräch führte Christina Bacher.
erzählung
Marc Wolf
Ludovic
I
ch sag dir – das Leben der meisten
sofort ärgerlich, denn er hielt diesen gera-
so erreichbar wie die Filmfiguren auf der
Menschen ist eine Reihe verpass-
de formulierten Gedanken für wichtig.
Leinwand. Vielleicht lag er falsch und wir
ter Möglichkeiten und wird mit
Und weil Ludovic sauer wurde, musste ich
waren einfach nur zwei kleine bescheuer-
der Zeit immer absurder. Sie versuchen
nur noch mehr lachen. Der Abend war am
te Loser, die glaubten, es denen aus ihrer
sich so gut es geht einzurichten, erheben
Arsch. Wir zahlten unser Bier und gingen
bisherigen braven Welt mal zeigen zu müs-
irgendwelche Werte zu ihren unumstöß-
die Straße in Richtung Kino. Ich hatte
sen. Vielleicht hatte er aber auch Recht
lichen Leitlinien und verstecken sich hin-
einen zu viel geraucht und kam aus dem
– so hoffte ich und versank im Film.
ter der scheinbar sicheren Realität, die sie
Kichern nicht mehr raus. Ludovic wusste
„Mit Sicherheit hat er Recht!“ bellte
sich selber schaffen, während ihr eigenes,
sich nicht anders zu helfen als „Soon I’m
mein Hirn vier Stunden später, als ich völ-
beschissenes, gnadenlos kurzes Leben
gonna be a star“ auf seine anglo-französi-
lig verschwitzt auf meiner billigen
immer enger wird. Sie erliegen dabei einer
sche Art zu grölen, was meinem Zwerch-
Schaumstoffmatratze lag und nicht schla-
schleichenden Hirnlähmung, die als Bür-
fell den Rest gab.
fen konnte. Ungewollt hatte Ludo Salz in
„
gerlichkeit getarnt jeden auffrisst, der
Die einzige Rettung war das Kino. Das
eine Wunde gestreut, die nicht heilen woll-
meint, sich einen Moment lang ausruhen
Kino war unsere Kirche. Scheiß auf den
te. Ich knipste das Licht wieder an, riss
zu können. Vergiss den Erfolg, vergiss das
Rest, dachte ich, als ich der Kassiererin 20
einen Bogen von dem großen Block und
Geld, vergiss Sex, vergiss alles, wovon die
Franc rüber schob. Knapp fünf Prozent
begann zu zeichnen. Ich kramte den Disc-
Allgemeinheit glaubt, es sei unabdingbar.
meines monatlichen Barvermögens. Egal.
man hervor, und ließ mir von Iggy Pop
Es geht darum, frei zu bleiben im Kopf,
Anders hielten wir die innere und äußere
„Dumdum Boys“ zum Besten geben. Es
nur darum … “
Hitze dieses Sommers nicht aus. Im Kino
war mir in diesen Momenten egal, dass
Ludovic hatte sich in Rage geredet. Es
war es kühl, die Gedanken schwiegen und
ich in einigen Stunden irgendwelchen
war weniger das, was er sagte, als vielmehr
man konnte ein wenig vor sich hin träu-
Alten den Arsch wischen und das Früh-
seine unverwechselbar clowneske Gestik,
men. Ich sah mich um. Es gab ein paar
stück servieren musste. Es war mir egal,
die mich zum Lachen brachte. Er wurde
nette Mädels, aber sie schienen ungefähr
dass mein Herz blutete und ich nicht wuss-
19
erzählung
20
te, wie ich das ändern sollte. Ich war da,
wohnten im Fegefeuer. Scheitern oder
Montpellier zu Neujahr steigen lassen
rotzte die Bilder, die mein Hirn bevölker-
Auferstehen. Ich war mir wirklich nicht
wollte. Wir seien eingeladen. Ich fluchte,
ten, auf‘s Papier und war stolz, dass ich
sicher, welche der beiden Optionen für
warf die Rasierklinge ins Klo und wir
einsam war und weit weg von meiner Hei-
mich die wahrscheinlichere war.
zogen los, um dick einzukaufen. Ich hatte
mat. Das Zeichnen beruhigte und half mir,
Wir warteten. Wie hungrige Tiere auf
vom Krankenhaus einen Einkaufsgut-
mich auf‘s Wesentliche zu konzentrieren.
eine Beute. So vergingen die Monate, ohne
schein zu Weihnachten bekommen und
Ja verdammt, Ludovic hatte Recht. Es
dass wir eine Antwort fanden. Es ließ sich
den versetzten wir jetzt. Wein vom Feins-
ging darum, frei zu sein. Um ihm das
aushalten, solange wir ins Kino konnten,
ten. Champagner. Kaviar. Lachs. Baguette.
direkt mitzuteilen, sprang ich auf, kochte
einen Rauchen und gute Musik in den
Aspirin. Koffeintabletten.
einen Kaffee und rannte mitten in der
Ohren hatten. Wir lasen, was wir kriegen
Nacht mit zwei Tassen supersüßem Koffe-
konnten und liebten es durch die Biblio-
insirup über den Gang, vorbei an den
thek im Carrée d’Art zu stöbern. Zwischen-
Stattdessen gondelten wir gegen 22h im
zugeschissenen Klos, den verkalkten
durch verkaufte ich sogar einige Zeich-
Zug nach Montpellier – gut gelaunt wie
Duschen, die immer nach Chlor rochen,
nungen auf einer Ausstellung. Damit
schon lange nicht mehr. Wir lachten und
rüber in den anderen Flügel des Gebäudes
konnte ich dann meine Schulden bezah-
sangen. Das kommende Jahr würde gut
und trat gegen seine Tür. Es dauerte eine
len und Ludo zum Geburtstag ein paar
werden. Obwohl wir uns trennen mussten.
Weile, bis er reagierte – eine weitere Wei-
Bücher, ein bisschen Dope und Croissants
Wir würden zusammenbleiben – irgend-
le, bis er die Tür öffnete. Ein paar Worte
kaufen. Irgendwann zog ich dann in eine
wie. Ich dachte kurz an die Rückkehr nach
flogen, die Kaffeetassen, und dann prügel-
eigene Bude. Besser wurde dadurch nichts.
Deutschland. Zurück in die langweilige,
ten wir uns, bis irgendjemand aus dem
Ich wischte täglich Ärsche, guckte dabei
spießige Welt meiner Eltern, meiner
Nachbarzimmer die Nerven verlor und
nebenher die Nachrichten, sah einen
Jugend? Ich lachte laut und hässlich. Nein.
drohte, die Concierge zu holen.
betrunkenen russischen Präsidenten, ein
Das war vorbei. Es sollte von nun egal sein,
Die Nacht war hin. Statt Kaffee zu trin-
französisches Einsatzkommando, das ein
wo ich lebte. Ich fragte mich, ob ich nicht
ken, rauchten wir. Diskutierten über den
Flugzeug befreite, dumme Ratespiele, noch
vielleicht schwul wäre, denn ich war defi-
Film, den wir gesehen hatten, verspotteten
dämlichere Serien, und klaute das Geld der
nitiv in Ludovic verliebt. Ich kaufte irgend-
die spießige Welt, aus der wir kamen. Als
senilen Gestalten, die ich pflegen sollte, um
wo zwei Dosen Bier, damit spülten wir ein
es dämmerte, holte Ludovic ein Luftge-
abends ins Kino gehen zu können.
paar Pillen runter. Dann kamen wir in die
Wir hatten sauber die Kurve gekriegt.
Scheiß auf Barcelona.
wehr unter seinem Bett hervor und wir
Weihnachten war hart. Ich beschloss,
Bar. David Lynch hätte sich hier sicher
schossen durch das geöffnete Fenster auf
nicht nach Hause zu meiner Familie zu
wohl gefühlt. Zwei ziemlich knappe
die Tauben, die gurrend die Simse des
fahren. Eine Flasche Rotwein und ein
Mädels hakten sich direkt zur Begrüßung
Gebäudes vollkackten. Irgendwann fielen
bisschen Dope waren gut genug. Das
bei mir unter, drückten mich in einen wei-
mir fast die Augen zu und Ludovic fum-
Zeug hatten mir die Jungs aus der Küche
chen Sessel und während mich die eine
melte ein Briefchen Koks aus der Tasche
des Krankenhauses geschenkt. Die
davon überzeugte, doch nicht schwul zu
seiner Lederjacke. Die Lederjacke war das
schenkten mir öfters was. Ich wusste, dass
sein und mich mit sicheren Griffen und
einzige, was er anhatte. Nichts weiter
im Kühlraum nicht nur Lebensmittel
Gesten im Sessel fixierte, schüttete mir die
bedeckte seinen weißen, schlaksigen Kör-
lagerten. Ich hielt meine Klappe und
andere zwei prickelnde Flüssigkeiten in
per und ich musste wieder lachen, als ich
konnte im Gegenzug ab und zu mal eine
den Rachen, drückte mir ein Handtuch vor
ihn beobachtete, im Mund eine Kippe,
Bestellung aufgeben.
den Mund und die erste begann meinen
seine Eier, die verloren zwischen seinen
Mehr als um Weihnachten sorgte ich
Kopf zu schütteln. Das Zeug in meinem
langen Beinen baumelten, während er mit
mich um Neujahr. Wir wollten nach Bar-
Mund schien zu explodieren, ging direkt
verkniffenem Blick in den Taschen seiner
celona. Aber Ludovic war seit ein paar
ins Blut und ich spürte, wie alles in mir
Lederjacke fingerte. Ja – er hatte Recht.
Tagen verschwunden und ich fürchtete,
zusammenfloss.
Scheiß auf diese lauwarme Gesellschaft.
er würde erst nach der Jahreswende
Gedanken, die ich bislang versucht hat-
Weiß der Teufel warum wir beide gera-
zurückkommen. Unsere gemeinsame Zeit
te, schön geordnet in tausend Schubladen
de hier in diesem Loch gelandet waren.
ging dem Ende entgegen und wir würden
zu sortieren, begannen ein Eigenleben
Vielleicht war es eine Probe. Außer uns
bald ohne einander auskommen müssen.
und verhielten sich plötzlich wie chemi-
lebten hier vor allem Freaks, die gerade
Ich ritzte mir gerade ein paar Muster in
sche Substanzen, die für sich genommen
aus der Klapse kamen oder aus dem Knast,
den Arm, als Ludo gutgelaunt am Nach-
harmlos waren – einmal gemischt aber zu
oder solche, die auf dem besten Wege
mittag des 31. Dezember an die Tür häm-
Sprengstoff wurden.
waren, genau dorthin zu verschwinden.
merte. Er hatte jemanden kennengelernt.
Ich entdeckte Ludo am anderen Ende
Ludo nannte es „Le purgatoire“. Wir
Jemanden, der eine Party in einer Bar in
des Raumes, er hielt ein brennendes
erzählung
Streichholz und zündete damit eine Lun-
Ich spürte den kühlen Parkettboden an
Anzug-Typen verfolgt auf mich zu rannte.
te an, die sich von seiner Stirn herüber
meiner Backe, und die Hitze, die sich in
Raus. Raus. Raus. Wo war noch die Tür?
direkt zu meiner spannte. Ich sah die
einem Gewitter wilder Zuckungen zwi-
Fluchen, Stolpern, die Treppe. Wir spran-
Stichflamme auf mich zu rasen und wuss-
schen uns vieren entlud.
gen die Stufen hastig runter. Rasten am
te, dass DER Moment gekommen war,
Als wir genug hatten, hielt Ludo seine
auf den wir die ganzen Monate gewartet
Hausapotheke, wie er das kleine lederne
hatten. Ich verstand. Warum wir hier
Etui zu nennen pflegte, in die Höhe, nahm
Wir rannten, bis uns die Lungen
waren, warum die Liebe, der ich ver-
zwei kleine Blättchen raus und legte sie
schmerzten, und blieben keuchend im
dammt nochmal immer noch nachhing,
jeder der beiden Frauen wie eine Hostie
Schutz eines Hauseingangs stehen. Keine
niemals funktionieren würde. Warum die
auf die Zunge. Es wurde ruhig. Ich stand
Ahnung, wo genau wir waren. Die frische
Menschen so erbärmlich kleinmütig und
auf und öffnete eines der riesigen Fenster,
Luft tat gut, ich entspannte mich langsam.
dumm waren und wir auserwählt, es zu
drehte mich um und blieb an der Fenster-
Ludo schien außer seiner Hose auch nichts
begreifen, uns zu befreien, unbesiegbar
bank angelehnt sitzen und lies die kühle
weiter zu fehlen. Wir sahen uns an und
zu werden.
Luft an mir vorbei in den Raum streichen.
brachen in wieherndes Lachen aus, denn
Die Musik tobte, dumpfe Bässe schlu-
Eine der Frauen lag, einen undefinierba-
wir waren die ganze Zeit barfuß gerannt.
gen in warmen Wellen über mir zusam-
ren dunklen Singsang von sich gebend, auf
Als wir uns einigermaßen beruhigt hatten,
men. Ich tauchte ab, in ein purpurfarbenes
einem Perserteppich, die andere war ver-
trotteten wir los, duckten uns hinter par-
Meer, über dem eine goldene Sonne stand,
schwunden. Ich beobachtete, wie Ludovic
kende Wagen, sobald wir ein Motorenge-
die ich nach Belieben auf- und untergehen
auf Zehenspitzen durch den Salon spazier-
räusch hörten. Schließlich kamen wir
lassen konnte. Etwas Weiches berührte
te und schließlich genüsslich in den geöff-
wieder in die Innenstadt, entdeckten im
meinen Arm. Samtene Haut. Zwei wun-
neten Flügel pinkelte.
Müll vor einem Klamottengeschäft eine
Pförtner vorbei, die Haustür nicht abgeschlossen. Glück gehabt.
derschöne Augen und ein Mund, der sich
Wir begannen ein wenig durch das
rosa-geblümte Leggins, ein paar einzelne
zum Kuss öffnete. Lange, kastanienbraune
Apartment zu streifen. Ich entdeckte
Socken und eine goldgelbe Bluse. So uni-
Haare und ein Duft, der mich in seinen
irgendwo einen goldenen Kugelschreiber
formiert spazierten wir in Richtung Bahn-
Bann zog. Nach einer Weile tauchte ich
und begann damit die Gemälde an den
hof. Ein blauer Januarhimmel strahlte
kurz auf, schwebte über der Menge der im
Wänden zu verzieren – eins nach dem
über uns, wir sangen aus vollem Herzen
Rhythmus wogenden Körper, erspähte
anderen. Sie gefielen mir so viel besser.
„Heroes“ von Bowie. Ein guter Start in
Ludo am anderen Ende des Horizonts,
Ludo bellte im Foyer sein nacktes goldge-
dieses Jahr. Freier ging es nicht. Wir hoff-
warf ihm einen Blick zu. Auch er war nicht
rahmtes Spiegelbild an, hob dann eine
ten, dass es immer so bleiben würde.
alleine. Wir verstanden uns ohne Worte.
riesige Vase, die neben der Tür stand, über
Wir gaben uns noch eine Weile der Musik
den Kopf und ließ sie in den Spiegel kra-
und dem Pulsieren der Party hin, bis wir
chen. In einem Flur stolperte ich über
uns schließlich einen kleinen Ruck gaben
meine Jeans, hob sie auf und streifte sie
und aufbrachen.
mir über.
Es dämmerte, als Ludo und ich mit den
Wir stöberten noch in der Küche herum
beiden Frauen die Bar verließen. Zwi-
und futterten gerade ein bisschen Obst,
schenzeitlich saßen wir in einem luxuriö-
das schön drapiert in einer Kristallschale
sen, geräumigen Wagen. Ich sah die
auf dem Tisch im Esszimmer lag, als plötz-
Augenpartie des Chauffeurs im Rückspie-
lich ein Typ im Anzug vor uns stand, und
gel aufblitzen. Ich war von plötzlich von
so aussah, als würde er sich zwingen, aus
großer Warmherzigkeit beseelt und er tat
einem bösen Traum aufzuwachen. Mein
mir leid, dass er anständig sein musste und
Hirn war wie in Watte, aber instinktiv
versuchte, ihm das mitzuteilen. Er ver-
spürte ich, dass unsere Unbesiegbarkeit
stand mich aber nicht und verstellte nur
hier endete. Ich blickte zu Ludo, der
den Spiegel. Am Ende unserer Reise, von
immer noch nackt auf der anderen Seite
der ich nicht sagen kann, wie lange sie
des Tisches stand, machte einen Satz nach
gedauert hat, landeten wir in einem gigan-
vorne und stieß den Typen beiseite und
tischen Apartment, mit Kunst an den Wän-
rannte in den Flur. Ein Krachen. Noch ein
den und einem rieseigen Flügel, der wie
Krachen. Vom Foyer aus sah ich Ludo, wie
eine einsame Insel mitten in einem
er seine Lederjacke und seine Unterhose
ansonsten leeren Salon stand.
in wilder Panik auffischte und von dem
Marc Wolf
Jahrgang '73, lebt und arbeitet als selbständiger Kommunikationsdesigner in Frankfurt.
Daneben zählt das Schreiben und Geschichtenerzählen zu seinen großen Leidenschaften.
2006 wurde an der interkulturellen Bühne in
Frankfurt das von ihm geschriebene Theaterstück „Zeitreisen“ uraufgeführt. Zwischen 2002
und 2010 entstanden die Liebesfragmente,
sowie einige Kurzgeschichten, unter anderem
„Ludovic“, „Schmerz“ und „Der letzte Tag im
Leben des Monsieur Laporte“. Zurzeit arbeitet
Marc Wolf an seinem ersten Roman.
21
initiative
Fotos. Herbert Linne
Schwester Franziska und Bruder Markus
Gubbio
Die Begegnungsstätte der Kath. Obdachlosenseelsorge
22
initiative
I
n der Kölner Südstadt, parallel zur
von Kindesbeinen an kennen: Gottes-
Severinsstraße verläuft die Ulrichgas-
dienste. Sei es als gewohntes Ritual oder
se, die diesen Namen nicht verdient.
als bewusster Bestandteil. Um dies zu
Die Ulrichgasse ist schon lange keine Gas-
ermöglichen, mussten Kirchengemeinden
se mehr, sondern eine vierspurige Schnell-
angefragt werden, ob sie ihre Räumlich-
straße. Wer von der Severinsstraße ab-
keiten zur Verfügung stellen. In der ehe-
biegt und die Straße „Im Dau“ oder die
maligen Franziskanerkirche gibt es seit
„Josephstraße“ hinunter zur Ulrichgasse
November 2004 regelmäßige Treffen. Hier
geht, der wird auf die ehemalige Franzis-
trifft man sich an Dienstag- und Mittwoch-
kanerkirche blicken können. Hier findet
nachmittagen. Eine Regelmäßigkeit, die
man Gubbio.
viele Besucher schätzen, da diese ihrem
Wer mit diesem Namen nichts anfan-
Leben Strukturen gibt, die sie an anderer
gen kann, hier ist die Auflösung: Gubbio
Stelle nicht finden. Dazu kommen ein
ist eine kleine Stadt in Italien in der Regi-
monatlicher Gottesdienst am Samstag
Begegnungsstätte. Aber eine Begegnungs-
on Umbrien und steht auch für eine der
und weitere Gottesdienste an Weihnach-
stätte, die sich im besonderen Maße um
bekanntesten Legenden des Franz von
ten, Ostern und Pfingsten.
die Belange Wohnungsloser kümmert.
Assisi: Der Geschichte des Wolfs von Gub-
Doch an dieser Stelle muss aufgeklärt
Neben diesem Programm in Gubbio
bio. Im Ort Gubbio soll dieser Wolf sein
werden: Es handelt sich nicht um einen
steuern Schwester Franziska und Bruder
Unwesen getrieben haben. Die Bevölke-
Treffpunkt, der ausschließlich gläubigen
Markus regelmäßig die Einrichtungen für
rung des Ortes hatte nur den einen
Christen vorbehalten ist. Wer pünktlich
Wohnungslose an, um als Ansprechpart-
Wunsch: Diesen Wolf zur Strecke zu brin-
kommt, kann in Ruhe seinen Kaffee genie-
ner zur Verfügung zu stehen. Sie stellen,
gen. Franz von Assisi schloss sich nicht der
ßen. Man kann im Gespräch mit anderen
wo es nötig ist, Kontakte her oder bieten
Jagd an, sondern ging zum Wolf, nannte
Besuchern alltägliche Probleme erörtern
konkrete Hilfen an. Abends sind die bei-
ihn seinen Bruder und zähmte ihn. Er ver-
oder gar weitergehende Informationen
den auch oft bei der Suppenküche am
sorgte ihn mit Futter und aus dem Feind
erhalten. Schwester Franziska und Bruder
Appellhofplatz anzutreffen.
wurde ein Freund, um den laut Legende
Markus – beide franziskanische Ordens-
Auch Freizeiten, die es Wohnsitzlosen
selbst die Bewohner des Ortes trauerten,
leute – kennen das „Kölner System“ und
ermöglichen, für einige Tage dem Stress
als der Wolf starb.
werden zumindest Ansprechpartner
der Straße zu entfliehen, gehören zum
Namen werden oft bewusst gewählt.
benennen können, die weiterhelfen. Nur
Angebot. Diese mehrtägigen Freizeiten
Die Katholische Seelsorge im Stadtdeka-
wer möchte, kann an den regelmäßig
führen hinaus aus der Stadt und in Orte
nat Köln für Menschen auf der Straße und
wechselnden Veranstaltungen teilneh-
wie in das Kloster Maria Laach. Für viele
ohne Obdach hat sich den Namen dieses
men, seien es Bibelgespräche, Meditatio-
Wohnungslose ist das mehr als nur Urlaub.
kleinen Ortes in der Region Umbrien gege-
nen, Kino-Nachmittage oder thematische
Diese Freizeiten, die – wenn möglich –
ben. Es ist aber nicht nur der Ort, die ehe-
Gesprächskreise mit geladenen Referen-
einmal im Jahr angeboten werden, sind
malige Franziskanerkirche, die diesen
ten. Gubbio ist eben auch der Ort für gläu-
oft die einzige Chance, kurze Zeit etwas
Namen rechtfertigt. Es sind die Obdach-
bige Christen, wo Wohnsitzlose ohne
wie Privatsphäre kennen zu lernen, denn
losen. Man nimmt sich ihrer an wie guten
Scham an Gottesdiensten, Gesprächen
das Leben auf der Straße ist öffentlich.
Freunden. Anders als in der Legende hat
über Glaubensfragen und an Eucharis-
Eine weitere Aufgabe sind Besuche im
man es aber nicht mit wilden Tieren zu
tiefeiern teilnehmen können. Wo sonst
Gefängnis oder im Krankenhaus. Seelsor-
tun und es wird auch niemand gezähmt.
können Wohnsitzlose, ohne dass sie Bli-
ge orientiert sich eben nicht an Orten oder
Gubbio will Anlaufstelle sein für Men-
cken derjenigen ausgesetzt sind, die dieses
Situationen, sondern immer an den Men-
schen, die von Wohnungslosigkeit betrof-
Leben nicht kennen, an Gottesdiensten
schen, die sie benötigen.
fen sind, davon betroffen waren und jenen,
teilnehmen. Es ist oftmals einfacher unter
Einiges gibt es aber nicht im Gubbio: Es
die einfach nur einen Raum suchen, wo
sich zu bleiben. Man kennt sich, man
gibt keine Kleider, keine warmen Mahl-
man ohne Vorbehalte willkommen ist. Die
schätzt sich. Sogar Hunde dürfen mitge-
zeiten oder sanitären Einrichtungen, um
Kirche mit angegliedertem Gemein-
bracht werden. Dies bedeutet aber keines-
zu duschen. Die gibt es in vielen anderen
schaftsraum und einem häufig im Som-
falls, dass Anwohner des Viertels oder
Kölner Einrichtungen. Hier gibt es Nah-
mer genutzten Innenhof steht aber erst
auch andere Interessierte von Veranstal-
rung für die Seele und garantiert Informa-
seit wenigen Jahren zur Verfügung.
tungen und Gottesdiensten ausgeschlos-
tionen, wo Kleidung, ein warmes Essen
Kirchliche Seelsorge heißt seither auch,
sen sind. Gubbio ist eben nicht nur Ob-
und vieles mehr zu finden sind.
Wohnungslosen das anzubieten, was viele
dachlosenseelsorge, sondern auch eine
Herbert Linne
23
tipps
Buchtipp
kulturtipp
Moritz Wulf Lange
köln
Kleine Aster: Dallin- 6 and the City
gers erster Fall
Was schreibt man über ein
Buch, das einen auf den ersten
Seiten so seltsam stimmt? Ich
schreibe einen Brief an den
Autor: Lieber Herr Lange, beim
Lesen der ersten fünfzig Seiten
Ihres Buches Kleine Aster hatte
ich ein merkwürdiges Gefühl. Da war diese
Distanz, wenn Gegenden, Tagesstimmungen
oder das Wetter beschrieben wurden. Es gab
Momente, da wollte ich dieses Buch aus der
Hand legen. Sie sollten glücklich sein, dass ich
das nicht getan habe, da mir dieses Buch ab
etwa Seite sechzig richtig Spaß machte. Nachdem ich den Klappentext gelesen hatte, war
mir klar, was störte: Sie haben zu viele Hörbuchdrehbücher geschrieben. Dies hat zumindest auf den ersten Seiten zu einer Distanz zwischen Leser und Protagonisten geführt. Michael
Dallinger ist durchaus sympathisch, da sein
Büro das von Philip Marlowe (ohne Sekretärin)
und sein Auto das von Lieutenant Columbo (der
fuhr einen Peugeot) sein könnte. Auch, dass es
sich um eine Detektivgeschichte, eine Beziehungskiste und eine kleine Liebesgeschichte
handelt, durch die der Protagonist stolpert,
macht dieses Buch durchaus empfehlenswert.
Lassen Sie zukünftig einfach Michael Dallinger
seine Gedanken zu Umgebung und Wetter zum
Besten geben. Solche Sätze könnten den Charakter Dallingers oder seine momentane
Gefühlslage unterstützen. Vielleicht wird der
nächste Fall für Dallinger dann ein großer
Erfolg. Verdient hätte er es.
Ihr Herbert Linne
Moritz Wulf Lange: Kleine Aster, Dallingers
erster Fall, Bloomsbury 2011, Berlin 2009,
14,90 EUR
Sechs AutorInnen schreiben
kurze Stücke über „ihre“ Stadt. Alle stehen in
einem persönlichen Bezug zu Köln: Entweder
sie sind hier geboren, oder sie leben hier.
Das Schokoladenmuseum wird der Spielort
für 6 and the City , 6 Kurzstücke über Köln
sein. Die AutorInnen kommen aus unterschiedlichen Bereichen der schreibenden
Zunft. Die einzelnen Stücke sind nicht länger
als 15 Minuten. Inhaltlich setzen sie sich auf
unterschiedlichste Art und Weise mit der
Stadt Köln auseinander.
Zu hören sind Brigitte Glaser, Elke Heidenreich,
Ingrid Müller-Münch, Hanns-Josef Ortheil,
Sathyan Ramesh und Lars Zastrow.
Sie alle werden wie Archäologen schürfen und
mit ihren poetischen, witzigen, skurrilen,
nachdenklichen und kritischen Stücken Einblicke und Ausblicke auf Köln eröffnen, die
dem Publikum die Stadt auf vielfältige Art und
Weise näher bringen werden.
Die Premiere findet am 30. Mai 2011 im
Kölner Schokoladenmuseum statt.
echolog web-tipp
Graphitti-Blog
www.graphitti-blog.de
Journalisten lieben Torten. Jedoch ist hier
nicht die Rede vom süßen Naschwerk, sondern von Tortendiagrammen – wie schön ist
es doch, auch komplizierte Sachverhalte
anhand von einfachen Statistiken und Mengenverhältnissen darzustellen.
Genau dieses Prinzip wendet auch das Graphitti-Blog an, das mit dem wenig bescheidenen Anspruch „Die Welt erklärt in lustigen
Grafiken“ antritt. Mit prozentualen Verteilungen in Tortenform, aber auch mit durchaus
komplexen Flussdiagrammen werden hier
banale Alltagssituationen aufs Korn genom-
men und statistisch zerpflückt. Beispiel gefällig? Unter „Berufe prominenter deutscher
Frauen“ decken Politikerin, Wissenschaftlerin,
Musikerin und Künstlerin etwa 20 Prozent ab.
Die anderen 80 Prozent? Schmuckdesignerin.
Ähnlich trocken und lakonisch geht es quer
durch alle Lebensbereiche, wobei jeder
irgendwie sein Fett abbekommt.
„Die Welt erklärt in lustigen Grafiken“: Das
trifft es. Es macht einfach Spaß, die verschrobensten Fragestellungen in den unsinnigsten
Statistiken aufgelöst zu sehen.
Julian von Heyl
Im Echolog unter www.echolog.de stellt
Julian von Heyl regelmäßig neue Web-Tipps
vor: Internetseiten jenseits des Mainstreams,
die auch einen mehrfachen Besuch lohnen.
24
kulturtussi
Detail, das eine kleine
„Keimzelle“ des Faschismus
darstellen könnte.
nerzeit ein tatsächliches Bild der Hakenkreuzfahne in Einzelteile ganz einfach
zerschnitten und diese in die Höhe geworfen. So entstanden die kleinen Einzelkästchen. Einzig ein roter Rahmen zieht sich
um das ansonsten zufällig erschienene
Muster. Jedes Kästchen wiederum steht
für jeweils einen kleinen Faschismus. So
ein heimlicher Alltags-Faschismus, den wir
oft vielleicht erst im Nachhinein bemerken. Und der nicht wirklich mächtig ist.
Abstrakte Komposition auf der Grundlage der Hakenkreuzfahne. Der Titel bezieht sich auf einen
bekannten Schlachtruf antifaschistischer Kämpfer.
Doch Achtung! Das Monster Faschismus
erwacht, wenn sich all diese kleinen Einzel-Zellen zu einem großen Ganzen fügen.
„¡No pasarán!“
So wie sich aus diesen vielen kleinen Einzel-Formen auch wieder die komplette
Hakenkreuz-Fahne als Symbol zusammenfügen könnte. Letztlich lässt sich die-
„Sie werden nicht durchkommen!“
ses Kunstwerk von David Grasekamp als
„
Im Sinne von: Augen auf! „¡No pasarán!“
¡No pasarán!“ – „Sie werden nicht
12 x 20 Quadraten geschaffen, dessen Fel-
David Grasekamp stellt als Künstler
durchkommen!“ Eigentlich stammt
der er scheinbar zusammenhanglos mit
seine Werke seit 1990 aus und hatte bereits
dieser Ruf aus dem ersten Weltkrieg.
rot und schwarz ausfüllt oder gar ganz
eine Vielzahl von Einzel- und Gruppen-
Jedoch hat er sich über die Jahre zum
weiß belässt. Man mag sich an konkrete
ausstellungen im In- und Ausland. Dane-
geflügelten Wort für die antifaschistische
Kunst erinnert fühlen, bei der die Reihung,
ben entwickelte er sich zu einem visionä-
Haltung entwickelt. Vor allem mit der
der Rhythmus der Formen der eigentliche
ren Kommunikations-Designer, der mit
Verwendung durch die Aktivisten des Spa-
Bildinhalt ist. Nichts außer Form und Far-
seiner Agentur mowaii kreative Lösungen
nischen Bürgerkrieges prägt er sich bis
be scheint dann wichtig. Die konstrukti-
für Gestaltungsprobleme nicht zuletzt
heute auf Spanisch in den Köpfen der
ven Mittel inklusive Keilrahmen und Lein-
auch als Vorstandsmitglied von Köln
Bewegung ein. Ein hämisches „Hemos
wand sind sich selbst genug. Doch wer den
Design weiterentwickelt. Seine Ausrich-
passado!“ von Franco nach der Einnahme
Künstler David Grasekamp näher kennt,
tung auf den Einsatz neuer Medien
von Madrid konnte die Verve, mit der die-
der weiß, dass diese Art der selbstreferen-
begann Grasekamp schon in den späten
se zwei Worte im Kampf gegen die faschis-
tiellen Kunst seine Sache nicht ist. Viel-
90er Jahren. Durch verschiedene Aus-
tische Gesinnung genutzt wurden, nicht
mehr geht es ihm in seiner Kunst immer
landsaufenthalte unter anderem in Paris
eindämmen. Zuletzt im Februar 2011 als
auch um das Aufdecken von Hintergrün-
und Tokio lernte der Künstler und Desig-
man das „No pasarán“ bei der Demonst-
den, um das Herstellen von Bezügen.
ner den Blick über den Tellerrand und so
ration dem Nazi-Aufmarsch in Dresden
Wenn man nun hört, dass sich hinter den
nimmt es nicht wunder, dass er mit seiner
entgegenschleuderte.
Mahnung an seine Betrachter verstehen.
Farben und Formen aber die in Einzeltei-
Arbeit unter anderem auch einen Beitrag
David Grasekamp hat 1997 ein Bild mit
le zerlegte Hakenkreuzfahne verbirgt,
zur politischen Diskussion geliefert hat.
genau diesem Titel geschaffen: „¡No
dann kriegt das Gemälde plötzliche eine
pasarán!“. Es sind in einer auffälligen Kom-
ganz andere Dynamik, die sich zusammen
position 144 Einzelmotive auf monumen-
mit dem Titel des Bildes zu einem schlüs-
tale 95 x 150 cm Leinwand verteilt. In Öl
sigen Ganzen fügt und den Betrachter in
bzw. Graphitstift hat er ein Raster aus
seinen Bann zieht. Der Künstler hatte sei-
Text: Anke von Heyl, Kunsthistorikerin
www.kultureventbuero.de
Kontakt David Grasekamp:
www.mowaii.de
25
kurzgeschichte
Die Burg des Grauens
Geschrieben vom Kleinen Günter, Illustration: Jakob Brutscher
W
as bisher geschah: Es war das
Endlich kam die Kutsche mit Dirk van
Ich freue mich, Sie kennenzulernen.“ –
Jahr 1492, als der junge nie-
der Steek in Burg Mörderbrunn an. Dirk
„Ach, Herr Baron, diese Freude ist ganz
derländische Bibliothekar
van der Steek klopfte an die Burgtür. Er
meinerseits. Aber ich bin von der langen
Dirk van der Steek ins Rheinland kam.
hörte Schritte. Ein buckeliger Diener
Reise sehr müde. Können Sie mir bitte
Der Baron Lefere hatte ihm eine Stelle
mit einem Auge öffnete und sagte: „Sie
mein Zimmer zeigen?“
auf seiner Burg angeboten. Bevor er die
wünschen?“ – „Ich bin der neue Biblio-
Am nächsten Tag erwachte Dirk van
Burg erreicht und sich dem Baron vor-
thekar. Baron Lefere erwartet mich.“ –
der Steek in seinem Zimmer. Er fühlte
stellt, verbringt er die Nacht im Gasthof
„Kommen Sie bitte mit, der Baron ist im
sich sehr geschwächt. Am Hals hatte
„Goldener Löwe“ in Königswinter. Dort
blauen Salon.“
er, kaum sichtbar, zwei kleine Bisswun-
sind alle entsetzt, dass er sich auf die
26
Im Salon angekommen stand dort
den …
geheimnisvolle Burg des Barons wagen
eine große, hagere Gestalt. Sie war lei-
So, liebe Leserinnen und Leser, was
will. Am nächsten Morgen holt ihn die
chenblass. Sie wandte sich zu van der
war passiert? Dazu mehr im dritten Teil.
Kutsche des Barons dort ab …
Steek und sagte: „Ich bin Baron Lefere.
Aus der oase
Einnahmen der DRAUSSENSEITERTour „Berber und Bürger“
flieSSen in die Druckkosten
„Nächstes Mal möchte ich lieber ein
paar Tage länger bleiben!“ sagt Paul
nach der OASE-Fahrt.
Foto: OASE
l Am 13.3. und am 14.4. führte der DRAUSSENSEITER in Kooperation mit stattreisen köln
e.V. die Stadtführung „Bürger und Berber –
Der doppelte Stadtplan“ durch. Durch die Mitwirkung des prominenten Stadterzählers Martin Stankowski wie des versierten Köln-Kenners Reiner Nolden gab es begeisterte Rückmeldungen, weitere Termine sind in Planung.
Da die Einnahmen der Tour zu 100 % unserem
Magazin zu Gute kommen, weil alle auf ein
Honorar verzichtet haben, wurde ein Großteil
der Druckkosten dieser Ausgabe davon finanziert. Herzlichen Dank allen Beteiligten, die
dieses Projekt ermöglicht haben.
Zum Frühlingsanfang
in den Westerwald
Foto: Jörg Paschke
Carmen Geiss spendet PromidinnerGewinn an den Draussenseiter
l Bei der Sendung „Das perfekte Promidinner“, die am 10. April 2011 auf
VOX lief, beeindruckte die Millionärsgattin Carmen Geiss ihre Mitstreiterinnen Ireen Sheer, Jenny Elvers-Elbertzhagen und Rosi Schipflinger in Kitzbühel
mit einem Loup de Mer Souvage an
Risotto. Die Kölnerin bekannt aus der
RTL2-Dokusoap „Die Geissens – eine
schrecklich glamouröse Familie“ und
als Gattin des Selfmade-Millionärs
Robert Geiss – ging als Siegerin hervor
und spendete einen Teil ihres Gewinns –
2.000 Euro! – an unser Straßenmagazin
DRAUSSENSEITER.
Wir sagen herzlichen Dank!
P
ünktlich zum Frühjahrsanfang war
Paul: „Nächstes Mal möchte ich lieber ein
es wieder soweit: Die Einrichtung
paar Tage länger bleiben, dafür auf etwas
OASE Benedikt Labre e.V. bot für
Komfort verzichten. Wenn jemand auf der
eine Gruppe von 14 Menschen in sozialen
Straße ist, kann es helfen hier zu sein, sich
Schwierigkeiten eine dreitägige Fahrt ins
sortieren, die Gedanken ordnen. Man kann
Haus Marienberge nach Elkhausen an.
das Leben auf der Straße hier schnell ver-
Das beliebte Angebot hatte auch in diesem
gessen. So wie Zahnschmerzen, die nach der
Jahr wieder eine deutlich höhere Nachfra-
Behandlung weg sind. Hier ist alles so schön
ge – solche Angebote sind oft die einzige
und ruhig. Heute zurück zu fahren ist hart
Möglichkeit für manche Menschen, den
für mich.“
Alltag hinter sich lassen zu können. Ande-
Uwe: „Vielen Dank, dass Ihr mich mitge-
re Fahrtteilnehmer waren schon mehr-
nommen habt, seit langem, dass ich mal
mals dabei und kommen immer wieder
wieder ein Buch lesen konnte.“
gerne nach Elkhausen zurück. Besonders
Richard: „Das mit dem Trecker fahren hat
geschätzt wurden diesmal die große Ruhe
mir gut gefallen, auf dem Stroh zu sitzen.
und das Gemeinschaftsgefühl der Gruppe,
Auch mit den Leuten war ich zufrieden. Das
wie eine kleine Umfrage ergab:
muss man sagen, ja.“
Martin: „Ich komme aus einem Dorf, es ist
Huschang: „Hier habe ich neue Leute ken-
ewig her, so 15 Jahre, dass ich auf dem Land
nen gelernt, vorher kannte ich nur die
war. Mir kommt hier vieles so bekannt vor,
Namen.“
erinnert mich daran.“
Sergej: „ Zu kurz, vielleicht noch einen Tag
Thomas: „In Köln leben normalerweise ja
oder zwei. Alles war gut.“
alle für sich alleine. Die Gemeinschaft hier
zu erleben war ein Genuss.“
27
comic
Gezeichnet von Heiko Sakurai.
DAS DRAUSSENSEITER-ABONNEMENT
Vorname
Ich möchte den DRAUSSENSEITER unterstützen und bestelle:
Name
N
E
S
s
U
A
R
D
ein Straßen-Abo zu 36,- Euro pro Jahr
Straße
PLZ/Ort
ein Soli-Abo zu 80,- Euro pro Jahr
Konto-Nr.
BLZ
ein Sponsor-Abo zu 150,- Euro pro Jahr
Lieferanschrift
Vorname
Name
Straße
PLZ/Ort
Unterschrift
28
s
da
k
e
n
l
ö
R
E
T
i
SE
Einzugsermächtigung
Für alle, die nicht die Möglichkeit haben, den DRAUSSENSEITER regelmäßig bei einem der Straßenverkäufer zu
erwerben, ist ein ABO genau das Richtige.
r
a
str
SS
m
en
a
zi
a
g
n
Kreditinstitut
Unterschrift
Widerrufsbelehrung
Die Bestellung wird erst wirksam, wenn sie nicht binnen einer Frist von 10 Tagen schriftlich widerrufen
wird. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige
Absendung des Widerrufs. Das Abo kann jederzeit
gekündigt werden.
kölner orte
Mächtige Schlingpflanzen vor der alten Hutfabrik
der grüne krake
Text: Bernd Imgrund, Fotos: Britta Schmitz
N
icht umsonst tragen Glyzinien auch
umeinander, kräftige Sehnen und Adern
Nach dem Krieg und bis 1961 waren hier
den Beinamen „Grüner Krake“.
scheinen daraus hervorzuwachsen. Wer
das Apostel- und das Hildegardis-Gymna-
Wer sich die mächtigen, gewunde-
genauer hinsieht, erkennt einzelne Strän-
sium (heute: Hildegard-von-Bingen-Gym-
nen Arme anschaut, der glaubt sofort, was
ge, die sich mangels anderer Kletterhilfen
nasium) provisorisch untergebracht, bevor
über sie geschrieben steht: dass sie nämlich
um ihre eigenen Brüder geschlängelt
beide in Neubauten umzogen. Wer hinge-
ohne Probleme Regenrinnen und Abfluss-
haben, um bald darauf selbst überwachsen
gen heute die von Glyzinien überwucher-
rohre zerdrücken. Die vor allem in Asien
zu werden. Das daraus entstandene
te Pergola durchschreitet, betritt eine
beliebte Schlingpflanze wächst bis in 30
dschungelartige Geflecht dominiert heute
Zweigstelle der Rheinischen Musikschule.
Meter Höhe und ist gefürchtet für ihre
den gesamten Eingangsbereich jenes
würgende wie sprengende Kraft, die sie vor
Gebäudes, das einst als Strohhutfabrik
allem in Mauerritzen entfaltet. Dass die
errichtet wurde.
Adresse: Lotharstraße 14
Wisteria – oder der Blauregen, wie das
Der noch immer imposante Backstein-
Gewächs auch genannt wird – außerdem
bau entstand 1911–13 nach Plänen von
ÖPNV: Bahn 18, Haltestelle Arnulfstraße
zu den Giftpflanzen zählt, sollte sie eigent-
Peter Gärtner und Josef Berns. Die vier
lich endgültig an den untersten Rand der
Flügel umfassen bis heute einen groß
Beliebtheitsskala drücken.
angelegten
Tipp: Noch ältere Wurzeln hat der 1875 gegründete Eisenwarenladen Bosen in der Marsiliusstraße. Das Schaufenster des 1998 geschlossenen
Geschäfts wirkt wie ein Privatmuseum.
Oberlichtsaal, in
dem
Aber die beiden Exemplare an der Sül-
ursprünglich die Näherinnen arbeiteten.
zer Lotharstraße demonstrieren ein-
1938 musste die jüdische Fabrikantenfa-
drucksvoll die Faszination, die zugleich
milie das Gebäude an die Nationalsozia-
von Glyzinien ausgeht. Wie gigantische
listen abtreten, die im Dachgeschoss ab
Muskelstränge winden sich die Strünke
1943 ein Zwangsarbeitslager unterhielten.
Der Abdruck unserer neuen Reihe „Kölner Orte“ geschieht
mit freundlicher Genehmigung des Emons Verlags. Texte und
Fotos sind entnommen aus dem Buch „111 Kölner Orte, die
man gesehen haben muss.“ Band 2. Bernd Imgrund/Britta
Schmitz, Emons Verlag, ISBN-978-3897056954, 1. Auflage.
29
vorschau
Draußenseiter-Verkäufer Larry vor
der Oase und den Poller Wiesen
IMPRESSUM
Redaktionsleitung Christina Bacher (cb),
[email protected]
Foto: Jörg Paschke
Redaktion Bastian Exner,Sabrina Kempf, Tamara
Klein, Herbert Linne, Enrico Mechelk, Elisabeth Molitor
und Günter Thielen
Lektorat Barbara Feltes und Andrea Neuhoff
Titelgestaltung Alexandra Bendels und Daniel Quade
(www.werbeagentur-von-morgen.de)
Foto: © istockphoto.com / Riger (#796022/ Richard
Gerstner)
Fotos Christina Bacher, Andrea Neuhoff, OASE, Peter
Ruthardt, Britta Schmitz, SRI/Pasquale d‘Angiolillo
Gestaltung Innenseiten Petra Piskar
(www.con-dere.de)
Druck Druckhaus Süd (www.druckhaus-sued.de)
Abonnements Gaby Werlich, [email protected]
Vertrieb Reiner Nolden
Wir vermissen dich, Larry!
„Larry, wenn du mit deiner Tour fertig bist, dann kommst du aber zu uns mit deinem
Kleingeld ....“ Im Restaurant „Kartöffelchen“ in der Darmstätter Straße ist Larry,
einer unserer dienstältesten Verkäufer, immer ein gern gesehener Gast gewesen.
Immer brachte er das notwendige Kleingeld, gute Laune und vor allem unsere druckfrische Zeitung ins Lokal.
Larry, Jahrgang 1946, begann mit dem Verkauf von Straßenzeitungen während der
Stollwerk-Besetzung in der Südstadt in den 1980-er Jahren. Seitdem verkaufte er
Straßenzeitungen in der Nähe des Chlodwigplatzes. Hier lebte Larry und kannte
sich gut aus.
„Auf jeden Fall bin ich nicht aufdringlich. Wenn die Leute nicht draußen sitzen, dann
gehe ich in die Cafes rein. Natürlich nur, wenn die Besitzer mir das erlauben. Dann
sage ich zu den Gästen: ‘Guten Tag. Das ist der DrauSSenseiter. Die Kölner Straßenzeitung. Und weil die jetzt einen neuen Namen hat und in Farbe ist, kostet die ein´
Euro siebzig‘, erklärte er einmal seine Verkaufs-Taktik“. So hatte Larry im Laufe der
Jahre etliche Stammkunden, die ihm die Treue hielten.
Einen nicht unbedeutenden Teil in Larrys Leben spielte die Politik. Deshalb war er
einige Zeit im Gefängnis. „Das fing an mit Brokdorf, Gorleben und dann die ganzen
Hausbesetzungen. Instandbesetzungen ….“
Einen festen Platz zum Verkauf lehnte er ab. So war er immer kreuz und quer in seinem Veedel unterwegs, vor allem abends in den Kneipen, und wurde zu einem der
bekanntesten Südstadt-Gesichter.
Herausgeber
Benedikt-Labre e.V. – OASE
Alfred-Schütte-Allee 2-4, 50679 Köln
Tel.: 0221/989353-0, Fax: 0221/98935316
www.oase-koeln.de
Depots (nur für Verkäufer)
Kiosk Bertram, Elke Bertram, Neumarkt, Köln
Kiosk Orman, Salierring 15, 50677 Köln
OASE, Alfred-Schütte-Allee 2-4, 50679 Köln-Deutz
Verkauf öffentlich
Agnesbuchhandlung, Neusser Straße 63, 50670 Köln
Kontoverbindungen
Konto-Nr. 165 020 31, BLZ 370 501 98
Sparkasse KölnBonn
Konto-Nr. 230 460 16, BLZ 370 601 93, Pax-Bank
draussenseiter ist das Sprachrohr für alle Obdachlosen, deren Freunde, ehemals Obdachlose und andere
Betroffene. Leserbriefe sind immer herzlich willkommen. Für namentlich gekennzeichnete Artikel und
Leserbriefe sind die jeweiligen Autoren verantwortlich.
Bedürftigen wird für veröffentlichte selbstgeschriebene
Artikel, Interviews und Fotos ein kleines Honorar
gezahlt, wenn dies der Autor ausdrücklich wünscht.
Nachträgliche Forderungen werden nicht akzeptiert.
Es gilt die Anzeigenpreisliste vom 1.1.2009.
Der draussenseiter ist Mitglied des
Larry starb Ende März mit 64 Jahren. Auch im Namen der OASE Benedikt Labre e.V.
trauert das Kölner Straßenmagazin DRAUSSENSEITER (ehemals BANK EXTRA) um
seinen langjährigen Verkäufer.
(cb/pz)
International Network of Street Papers
Der nächste DRAUSSENSEITER erscheint zum 1. Juni 2011.
30
service
Für Alle
 Diakoniehaus Salierring
Fachdienst für Wohnungslosen- und Straffälligenhilfe des Diakonischen Werkes Köln und
Region, Salierring 19, Köln, Tel.: 27 69 70 – 0
[email protected]
Beratung: Mo – Fr 9-12 Uhr, Di 16-19 Uhr + Mi +
Do 16-18.30 Uhr (u. a. Postadressen u. Treuhandkonten)
Straffälligenhilfe: Zeiten wie oben
Tagestreff: Mo – Fr 8.30 – 12.30 Uhr, Frühstück,
(donnerstags auch Mittagessen), Duschen, Wäschekeller, Aufbewahrung
Kleiderkammer: Di u. Fr 9.30 – 11.30 Uhr
Krankenwohnung, Betreutes Wohnen, Ambulante Begleitung, Clearingstelle Claro im Trägerverbund
 Appelhofplatz
Essenausgabe + medizinische Versorgung,
Mo - Fr ab 21 Uhr
 Emmaus
Geestermünderstr. 42, Tel.: 971 17 31
 Initiative Bauen, Wohnen, Arbeiten
Kaserne Klerken, Butzweiler Straße, Tel.: 971 17 31
Arbeitsangebot, Beschäftigung, Wohnen
 Gulliver – Überlebensstation für
Obdachlose
Trankgasse 20, Nähe Hauptbahnhof,
Tel.: 120 60 91
Duschen, Toiletten, Waschmaschinen, Trockner,
Tagesschlafraum, Kleiderkammer Di und Fr 15-17
Uhr, Postadressen, Caféteria mit Frühstück und
Snacks, Beratungsangebote, Internetzugang,
Kunstausstellungen, Handyladestation
Mo-Fr 6-13 Uhr 15-22 Uhr, Wochenende,
Feiertage 10-18 Uhr
 Kölner Obdachlosenfrühstück,
Peter-Deubner-Stiftung
Tel.: 430 39 83
Kostenloses sonntägliches Frühstück 9 -11 Uhr
2.+ 4. Sonntag im Monat im Vringstreff,
Im Ferkelum 42
3. Sonntag i. d. Mütze, Berliner Str. 77
 Lobby-Restaurant Lore des KALZ für Berber
und Bänker
Domstr. 81, Nähe Hauptbahnhof, Mittagessen:
Mo, Di 12 -16 Uhr, Mi, Do, Fr 12 -15.30 Uhr
 Obdachlosenseelsorge in Köln
Ulrichgasse 27-29, 50577 Köln
Öffnungszeiten: Di 15 – 18 Uhr, Mi 14 – 17 Uhr
Angebote: Raum zum Gespräch, Bibelstunde,
Meditation, thematische Gesprächskreise,
religiöse Filme
 OASE-Benedikt Labre e.V.
Alfred Schütte Allee 4, 50679 Köln
Öffnungszeiten: Offener Treff Mo-Do von
14 – 18 Uhr, fr 11.30-15 Uhr, Kleiderkammer Do ab
9.30 Uhr und nach Absprache, Butterbrotausgabe
Di und Fr von 9-12 Uhr, Mo ab 10.30 Uhr Früh-
stück, Sprechstunde Mobiler Medizinischer Dienst
Di 15-16 Uhr
Bürozeiten: Mo/Di/Do und Fr von 9.30 Uhr bis
12 Uhr, Mittwochs geschlossen
 Rochus, Kontakt- u. Beratungsstelle
für Wohnungslose, Caritasverband für die
Stadt Köln e.V.
Bartholomäus-Schinkstr. 6, 50825 Köln, www.
caritas-koeln.de, Mail [email protected]
Angebote: täglich warmes Essen von 12-14 Uhr,
kalte u. warme Getränke, Duschmöglichkeit
(Behindertendusche u. -toilette), Wäschewaschen, Kleiderkammer Mo/Di/Do 10-11.30 Uhr,
Beratung täglich von 11-15 Uhr und nach Vereinbarung, Medizinische Sprechstunde
Di + Do 12-13 Uhr, Postadresse, Betreutes Wohnen, PC Nutzung mit Internetzugang, Freizeitangebot, samstags Frühstück.
Öffnungszeiten: Mo-Fr 11-15 Uhr, Sa 10-14 Uhr,
So 10-14 Uhr
 SKM Kontakt- und Beratungsstelle
Bahnhofsvorplatz 2a (1. Etage)
50667 Köln-Innenstadt, Tel.: 13 49 19
Angebot: Aufenthaltsmöglichkeit, Begegnung,
Freizeitangebote, (Spieleangebot, Kaffee), Essen,
Duschen, Wäschepflege, Schreibhilfe, Telefonmöglichkeit
Offene Info- u. Orientierungshilfen: Mo – Fr
12-16 Uhr, Sa, So, Feiertage 12-13 Uhr
Beratung (auch anonym): Mo, Mi, Do, Fr
9-10.45 Uhr, Mo – Fr 14-16 Uhr
Täglich geöffnet von 20 bis 10 Uhr. Angebot für
wohnungslose Frauen und Frauen in Notlagen:
Schutz, Ubernachten, Essen, Duschen, Wäsche
waschen, Kleiderkammer, PC und Internetnutzung. Tiere sind erlaubt. Beratung und Vermittlung
an weiterführende Hilfen sind möglich.
 Elisabeth-Frey-Haus
Albert-Schweizer Straße 2, Nähe Südfriedhof,
Tel.: 37 64 90
Notaufnahmeheim für Frauen und Frauen mit
Kindern, Schutz, Übernachtung, Verpflegung,
Wohnen, Beratung und Begleitung. Das Haus ist
rund um die Uhr geöffnet.
 Frauen gegen Gewalt e.V. – Notruf und
Beratung für vergewaltigte Frauen
Tel.: 0221/56 20 35, [email protected]
www.notruf-koeln.de
Beratung, Begleitung und Unterstützung nach
sexualisierter Gewalt; Prozessvorbereitung und
-begleitung; Rechtsberatung; Gruppenangebote
 Haus Rosalie
Gocher Straße 45, 50733 Köln-Nippes
Tel.: (0221) 77 306-0, Mail: haus-rosalie@
vinzentinerinnen.de
Wohnprojekt für Frauen
 Vringstreff e.V.
Für Menschen mit und ohne Wohnung
Im Ferkulum 42, Tel.: 278 56 56
Mo – Do 11.30 – 17 Uhr, Fr 9 -12 Uhr
Jeden 2. Sonntag Obdachlosenfrühstück 9 -11 Uhr,
Café, Freizeitangebote, Veranstaltungen, Beratung
 Mäc-Up
Gereonstr. 13, Nähe Bahnhof, Tel.: 13 35 57
Treffpunkt für Mädchen von 14 – 27 Jahren
Essen, Trinken, Dusche, Wäsche waschen,
Second-Hand-Kleidung, medizinische Versorgung, Beratung
Mo 15.00-18.30 Uhr mit Mittagessen
Di 12.00-15.30 Uhr mit Frühstück
Mi 10.00-13.00 Uhr mit Frühstück
Do 12.00-15.30 Uhr mit Frühstück
Fr 12.00-15.30 Uhr mit Mittagessen
Nur für Frauen
Nur für Männer
 Café Auszeit
Fachberatungs- u. Kontaktstelle für Frauen,
Hansaring 24, Nähe Mediapark
Tel.: 139 75 20, [email protected]
Tägl. Essensangebot, Duschen & Baden, Wäschepflege, Kleiderkammer, Postadresse, Schließfachnutzung, Beratung und Soforthilfe, Mo, Di,
Do, Fr 11-15 Uhr, Mi 15-19 Uhr, u. nach Vereinbarung
 Notschlafstelle für Männer
Johanneshaus, Annostr. 1, Nähe Chlodwigplatz,
Tel.: 93 12 21-45
Mail: [email protected]
Betreutes Langzeit-Wohnprojekt für ältere Männer mit besonderen sozialen Schwierigkeiten:
Wohnen in 1-3-Bettzimmern, Möglichkeit zur
Selbstverpflegung, Unterstützung durch Sozialarbeiter, Beschäftigungsangebote
Mo-Fr 7.30-19.00 Uhr, Sa 7.30-12.00 Uhr
Tägl. Notaufnahme 19-21 Uhr
 Café Auszeit, Schäl Sick
SKF e.V., Buchheimer Str. 36, Tel.: 946 96 24
Beratung, Hilfe und Unterstützung bei allgemeinen Fragen, Vermittlung an weiterführende Hilfen, Rechtsberatung, Frauenfrühstück, Postadresse
Mo + Fr 10.00-12.00 Uhr
Mo, Mi, Do 15.00-17.00 Uhr
Do 10.00-12.00 Uhr Frauenfrühstück
 Comeback
Notschlafstelle für Frauen
Sozialdienst kath. Frauen e.V.
Gilbachstraße 23, Nähe Mediapark
Tel.: 0221-95 29 44 11
 „Reso“– Resozialisierungsabteilung
im Johanneshaus
Johanneshaus, Annostr. 1, Nähe Chlodwigplatz,
Tel.: 93 12 21-54
Mail: [email protected], th.
[email protected]
Hilfe für wohnungslose Männer mit sozialen Problemlagen nach Paragraph 67 SGB XII: Unterkunft, Verpflegung und Selbstversorgung, Beratung, Hilfe und Betreuung, Beschäftigungsangebote, Mo-Fr 8.00-21.00 Uhr
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www.sparkasse-koelnbonn.de
m Selbst für sich zu sorgen ist leider
nicht für jeden selbstverständlich.
Darum unterstützen wir das Lobby-Restaurant
LORE (KALZ e.V.), in dem Bedürftige, aber
auch „Normalbürger“, für kleines Geld
gemeinsam essen können. n
Henning Krautmacher, Höhner
Karl-Heinz Iffland, Pfarrer
Unser soziales Engagement:
Gut für die Menschen.
Gut für Köln und Bonn.
S Sparkasse
KölnBonn
Pfarrer Karl-Heinz Iffland und die HÖHNER engagieren sich seit über 15 Jahren für das Lobby-Restaurant LORE in der Domstraße 81 in Köln. Von montags bis
freitags gibt es hier für Jedermann ein großartiges Menü zum kleinen Preis. Auch die Sparkasse KölnBonn unterstützt dieses Projekt – ebenso wie mehr als
1.000 weitere in Köln und Bonn. Es ist wichtig, dass sich möglichst viele für das Gemeinwohl einsetzen. Mit unseren jährlichen Zuwendungen zählen wir zu den
größten nichtstaatlichen Förderern des Gemeinwohls in unserer Region. Sparkasse. Gut für Köln und Bonn.