Nevipe 03/2013

Transcription

Nevipe 03/2013
nevipe
dem Rom e. V.
Editorial, S. 2
Irgendwo hört es auf! Norbert Mappes-Niediek über Rolf
Bauerdick „Zigeuner“, S. 3
International erfolgreiche Sinti- und Roma-Sportler.
Ausstellung und Lesung im Studio DuMont, S. 5
Erster und einziger Sinti-Sportler im Deutschen Sport &
Olympia Museum, S. 7
Box-Kurs für Jugendliche im Rom e. V., S. 9
Neue Folge, Heft 3/2013
© nmn Badische Zeitung
Nachrichten und Beiträge aus
Neues von Amaro Kher, S. 10
Alphabetisierungskurs für Roma-Frauen im Rom e. V., S. 14
Vorgestellt: Nizaqete Bislimi, Rechtanwältin in Essen S. 15
Prof. KLaus Michael Bogdal über die beiden Seiten des
Antiziganismus, S. 16
„Die im Dunklen sieht man nicht“. KALZ-Studie zur Situation
der Zuwanderer aus Bulgarien und Rumänien in Köln, S. 17
Jetzt also doch - Asylrecht für serbische Roma? S. 18
Rechte an die Macht, Linke an die Macht, und immer die
gleichen Opfer, S. 19
Die Istanbuler Roma und der Gezi-Park, S. 21
Auschwitz – na und? S. 23
„Elses und andere Geschichten“, Aufführung des
Theater TKO, S. 24
Theater-TKO: Inszenierung plus Workshop, S. 25
„Open for Everything“ in der Kölner Oper am 6. Juli 2013,
Eindrücke von Nedjo Osman, S. 26
Brief vom Kopf der Welt. Reisebericht von Jovan Nikolic S. 28
Literarischer Abend mit Selam Pató, S. 30
Neue Bücher in der Bibliothek des Rom e. V., S. 31
Veranstaltungen + Hinweise, S. 34
Neues zur „Zigeuner“-Frage, S. 36
Initiative des Rom e. V.
Erster und einziger Sinti-Sportler
im Deutschen
Sport & Olympia
Museum, Seite 7
Politik hat versagt
Norbert Mappes-Niediek
„Irgendwo hört es auf!“
Norbert MappesNiediek rezensiert
das Buch von Rolf
Bauerdick „Zigeuner.
Begegnungen mit einem ungeliebten Volk“
Stadtzerstörung: Istanbul
KALZ-Studie zur Die Roma und
der Gezi-Park,
Situation der
Zuwanderer aus Seite 21
Bulgarien und
Rumänien in
Köln, Seite 17
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nevipe – Nachrichten und Beiträge aus dem Rom e.V.
Editorial
beckstraße ihr neues Kinderbuch „Rukeli“ vorstellen.
Der Dominikanerpater unterstützt selbst aktiv ein
Roma-Lager in der Ost-Slowakei, darüber berichten
wir in der kommenden Ausgabe von Nevipe.
Seit kurzem bietet der Rom e. V. auch einen Boxkurs
für Roma-Jugendliche unter der Leitung des fünffachen deutschen Meisters Horst Brinkmeier an. Für
Roma-Frauen haben wir seit langem einen Sprachkurs
eingerichtet. Aktiv waren in letzter Zeit auch wieder
die Roma-Künstler des Vereins. Jovan Nikolic hat nicht
nur die Sportler-Ausstellung im Studio DuMont kuratiert, sondern auch zusammen mit Ruzdija Sejdovic
einen literarischen Abend mit der ungarischen Dichterin und Malerin Selam Pató organisiert.
Wir freuen uns, dass Norbert Mappes-Niediek, BalkanKorrespondent internationaler Tageszeitungen und
Autor des Bestsellers „Arme Roma – Böse Zigeuner“
das Buch von Rolf Bauerdick „Die Zigeuner“ in dieser
Ausgabe von Nevipe rezensiert. Er lobt zurecht die
hohe Erzählkunst des Autors, anerkennt die scharfe
Beobachtungsgabe und zeigt aber auch die Fragwürdigkeit vieler Thesen auf. Wir von Nevipe meinen, dass
das Buch auch von einer enttäuschten Liebe zu den
Roma zeugt und oft verbittert wirkt, wie wir das von
manchen Sozialarbeitern kennen, die nach einem
engagierten lebenslangen Einsatz noch immer keine
Fortschritte bei den „Zigans“ zu erkennen meinen.
Ganz anders die großartigen Fotoarbeiten Bauerdicks,
die den Menschen stets ihre Würde und ihre Hoffnungen lassen. Diese Bilder haben viele (auch uns) oft
motiviert, weiterzumachen, wenn der gemeinsame
Kampf für die Menschenrechte aussichtslos schien.
Heute sind es vor allem die Bilder, die Erfolge und die
Kooperation mit einer selbstbewussten und europaweit vernetzten Bewegung junger Roma, die Mut
machen. So die Rechtsanwältin Nizaqete Bislimi, die
als Romni in einer Kanzlei in Essen arbeitet.
Mut machen auch die Kinder in Amaro Kher, über die
wir hier mehrmals berichten; sie sind völlig begeistert vom Zoo-Ausflug, unbefangen in der Begegnung
mit den Gymnasiasten der Erich-Kästner-Schule und
bezaubernd bei ihrem Auftritt auf dem Mukudi-Fest
im großen Saal des Rom e. V. Sie sind stolz auf die
Sinti- und Roma-Spitzensportler in unserer Ausstellung „Vorbilder – Champions – Idole. Sinti- und
Roma-Sportler – internationale Erfolgsgeschichten“.
Gespannt verfolgen sie auch das Schicksal von Rukeli
Trollmann, wenn Georg Wieghaus und Bruder Lukas
ihnen und den Kindern von der Grundschule Over-
Das TKO-Theater hat im Kunsthaus Rhenania sein
berührendes Stück „Elses und andere Geschichten“
mit zwei Gedichten von Nedjo Osman aufgeführt. Im
Rahmen unseres Jahresprojekts „Wir boxen uns durch“
bereiten Nada Kokotovic und Nedjo Osman ein Stück
vor, das den Kampf der Sinti und Roma um Anerkennung am Beispiel des Boxers Rukeli zeigt. Dazu wird es
einen Theaterworkshop mit jungen Roma geben, der
hier vorgestellt wird. Nedjo Osman hat für uns auch
das Stück „Open for Everything“ in der Kölner Oper
besprochen. Jovan Nikolic berichtet schließlich von
seiner Reise zum Künstlertreffen nach Dinan in der
Bretagne.
Leider ist über unser Nachbarland nicht sehr Positives
zu berichten: Unser Freund Michel Payen, ehemaliger Redakteur der Deutschen Welle, berichtet über
die nicht enden wollenden Vertreibungen der Roma,
diesmal unter sozialistischer Ägide.
Die Proteste gegen die Zerstörung des Gezi-Parks
sind für uns Anlass dran zu erinnern, wie alles anfing,
nämlich mit der Zerstörung des uralten Roma-Viertels
Sulukule. Unser Blick geht auch nach Serbien, wo die
Verstöße gegen die Rechte der Roma so gravierend
sind, dass sie bald als Asylgrund ausreichen könnten.
Ein besonderes Highlight war für uns die Aufnahme
des Boxers Rukeli in die Dauerausstellung des „Deutschen Sport und Olympiamuseums“. Wir haben in
den letzten Wochen erneut den Kontakt mit anderen
Vereinen intensiviert. So beim musikalisch-kulturellen
Dialog „Mukudi“ mit der Dersim Gemeinde e. V.
und dem Phoenix e. V. Auf Initiative der Christlichjüdischen Gesellschaft fand bei uns ein spannender
Abend mit Prof. Bogdal statt. Wie gewohnt wieder
einige Rezensionen von neuen Büchern in unserer Bibliothek. Und zum Schluß: Kitsch as Kitsch can: Neues
zur „Zigeuner“-Frage.
Kurt Holl
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nevipe – Nachrichten und Beiträge aus dem Rom e.V.
Irgendwo hört es
auf!
Norbert MappesNiediek über
Rolf Bauerdick
„Zigeuner“
Rolf Bauerdick zeigt, dass man mit Empathie dem Elend nicht beikommt. Leider
unfreiwillig.
Lourdes, erzählt, Rolf Bauerdick, „lebte von den
Blicken“. Ihm gefallen die „Gesten der Zuwendung,
die dort jene erfuhren, die wir gemeinhin nicht sehen.
Hier schaute niemand weg, wenn ein Spastiker schrie,
ein Debiler vor sich hin brabbelte oder das Gesicht
eines Schwerkranken vom Tod gezeichnet war.“ Aber
wenn die Pilger von Lourdes auf die vielen rumänischen Zigeuner schauen, die dort betteln, erkennt er
in ihren Blicken „nur ein stummes, schier grenzenloses Befremden.“ Bauerdick ist da ganz mit ihnen.
Mitleid sei, zitiert der Autor Schopenhauer, „jene
Empfindung, die den Menschen ermöglicht, den Egoismus und die trennende Mauer zwischen Ich und Du
zu überwinden.“ Die rumänischen Bettler von Lourdes
aber zerstörten dieses Mitleid, wenn sie „manchmal
gewitzt und freundlich, bisweilen unverschämt und
giftig“ sich auf das „Nerven“ verlegten.
Die Szene kann man sich vorstellen. Bauerdicks
Empathie für die verarmten Roma in – und aus Südosteuropa ist sicher echt; nicht umsonst treibt
die menschenfreundliche Empfindung den Reporter
immer wieder in Elendsviertel, die sonst niemand
betritt. Aber die Empathie hat da ihre Grenzen, wo sie
den Einfühlsamen überfordert. Wir sind ja tolerant,
einfühlsam, zum Teilen bereit. Aber irgendwo hört es,
bitteschön, auf. Man trifft auf diesen Satz überall in
Osteuropa, wo es auch viele gut meinen mit diesen
Roma, irgendwann aber nicht mehr können; man trifft
sie unter Sozialarbeitern in deutschen Großstädten
ebenso wie in den Chaträumen des Internet und nun
leider auch bei einem Reporter, von dem man mehr
hätte erwarten dürfen. Wo man sich nicht mehr identifizieren kann, ist auch der empathische Erzähler mit
seinem Zugang am Ende. Den Roma von Lourdes zum
Beispiel kann Bauerdick nicht raten, wie sie es besser
machen sollten. „Das wahre Elend hinter der gespielten, zur Schau gestellten und gewiss auch echten Not
der Roma nahm niemand mehr wahr. Das war ihre
Tragik.“
Tragik ist, wie wir wissen, unausweichlich; Tipps und
Appelle gehen ins Leere. Statt aber über seinen Ansatz
hinauszudenken, blickt der Autor am Ende seiner
Methode zurück auf deren Errungenschaften und vergleicht sie mit den blutleeren Theorien, der politisch
korrekten Begriffshuberei und den moralisierenden
Sprüchen, die er zielsicher aufspießt und dem Spott
der Leserschaft preisgibt. Tatsächlich sind spielerischer Dekonstruktivismus und moralische Panik
zurzeit wohl noch die häufigsten Antworten auf die
Herausforderung, die eine verelendete und verwahrloste Bettlerszene für unser Welt- und Menschenbild
darstellt. Es sind hilflose Antworten; weder in der
„Trüffelsuche“ nach immer tieferen, älteren antiziganistischen Vorurteilen der Mehrheitsgesellschaft noch
in der Erinnerung an den Völkermord der Nazis sind
rückstandslose Erklärungen zu finden. Da hat Bauerdick Recht.
Recht hat Bauerdick auch, wenn er in den Jeremiaden gegen den ewigen Opferstatus der Roma eine
Entmenschlichung erblickt. Niemand ist immer nur
Opfer, und gerade die Roma grenzen sich ja auch
selbst aus, wie der Autor in seiner Reflexion über die
Szenen von Lourdes überzeugend darstellt. Das TäterOpfer-Schema hat dem Massenelend in Ost- und
Südosteuropa wenig mehr zu bieten als einen groben
politischen Prügel und einen moralischen Dünkel: die
Gewissheit des Pharisäers, nicht so schlecht zu sein
wie die anderen.
Auch hier allerdings verfolgt Bauerdick seinen produktiven Ansatz leider nicht weiter. Wo bei den „politisch
Korrekten“ immer die üble Mehrheitsgesellschaft die
Täterrolle spielen muss, werden bei ihm, je weiter die
Lektüre fortschreitet, immer mehr eben „manche“
Zigeuner die Täter – zum Beispiel wenn sie straffällig
werden, Kinder zum Betteln und Frauen in die Prostitution schicken. Aber Bewohner von Elendsvierteln
handeln mitunter nun einmal so, in Rumänien ebenso
wie in Brasilien oder Südafrika. Das Täter-OpferSchema passt dort nicht gut, gleich wie man die Rollen
verteilt. Hier aber moralisiert Bauerdick selbst nicht
weniger als die selbstergriffenen Gutmenschen und
landet bei hilf- und folgenlosen Appellen, nur eben an
die andere Seite.
Da Bauerdick ja auch selbst keinen Rat weiß, bleibt
seine Auseinandersetzung mit den „Berufsroma“ und
den Minderheitenschützern am Schreibtisch, obwohl
oft witzig und in manchen Einzelheiten treffend, unter
dem Strich zu billig. Da spießt er den Fall des Darm-
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städter Oberbürgermeisters Günther Metzger auf, der
Roma aus dem Südosten zur Ansiedlung einlud, sich
und seine Stadt damit überforderte und in der Propaganda von Moralisten zu einem rassistischen Monster
gemacht wurde. Wie immer das damals war, der Fall
liegt wohl nicht zufällig 30 Jahre zurück. Heute wäre
ein Bürgermeister nicht mehr so naiv und die Szene
der Menschenrechtler nicht mehr so aggressiv. Nicht
richtig fair ist auch die Auseinandersetzung mit dem
Zentralrat der Sinti und Roma, in dem heute differenziertere Zugänge Platz gegriffen haben. Aus einem um
Ausgewogenheit bemühten Handbuch der Sinti- undRoma-Vertreter Daniel Strauß und Michail Krausnick
pickt Bauerdick sich Stellen heraus, statt den Ansatz
zu würdigen. Dabei hätten nicht nur die Menschen in
den Elendsvierteln eine Probe der beträchtlichen Empathiefähigkeit des Autors verdient, sondern auch die
mehr oder weniger tauglichen Versuche, die auf den
Begriff zu bringen und ihnen am Ende beizukommen.
Es sind ja nicht die nicht minder hilflosen „KonferenzRoma“, die die Probleme verursacht haben oder die
Lösung verhindern würden. Einfühlungsvermögen ist
etwas Schönes, aber zur Überhebung taugt es nicht.
Problematisch wird das Buch da, wo Bauerdick in
seinem Furor gegen allzu billige Täter-Opfer- Erklä-
nevipe – Nachrichten und Beiträge aus dem Rom e.V.
rungen ohne Federlesens nahezu alle Behauptungen
übernimmt, die über Slumbewohner und Armutszuwanderer in diesen Zeiten kursieren: die von den
berühmten „Hintermännern“ ebenso wie von der
steigenden Gewaltkriminalität. Dass er keine Zahlen
hat, kann man Bauerdick natürlich nicht vorwerfen;
die gibt es nicht. Aber er hinterfragt nicht einmal seine
anekdotischen Belege auf ihre Stichhaltigkeit; ein
regierungstreuer ungarischer Kriminologe, mit dem
er gesprochen hat, ist im gegenwärtigen Klima einfach
keine seriöse Quelle. Steigt in Ungarn die Kriminalität, oder steigt nur deren Wahrnehmung? Und wenn
beide steigen, tun sie es im gleichen Tempo? Nicht
dass er die Antwort nicht hat, verstört, sondern dass
Bauerdick nicht mal die Fragte stellt. Wenn es um die
Mafiosi geht, die angeblich in großem Stil europaweite
Bettelringe unterhalten, gehen ihm sogar die Anekdoten aus. Wo immer er bei Bettlern genauer hinschaut,
straft der Autor sich selber Lügen.
Nützen kann das Buch, indem es Einblicke in eine Realität gibt, die viele Gut- und Schlechtmeinende einfach nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Als glänzender Erzähler geht Bauerdick mit seinen Erlebnissen
und Erfahrungen sensibel und aufrichtig um. Wenn
er reflektiert und analysiert, gewährt er dem kritischen Leser freimütig Einblick in seine Widersprüche,
was ebenfalls lehrreich sein kann. Schaden wird das
Buch nicht, denn es lässt sich keine Folgerung daraus
ziehen. Man kann nichts tun, so sind sie eben – das
ist das ganze Ergebnis, das nach allem erzählerischen
und gedanklichen Aufwand bleibt, und so weit waren
wir auch vorher schon. Bauerdicks romantische Empfehlung, sich statt des Elends und der Diskriminierung
eben die „zigane Unangepasstheit, die Art, gegen den
Strich zu denken, die Großherzigkeit, den Humor, die
Herzlichkeit den Gleichmut“ und die „Schlitzohrigkeit“ der Zigeuner zum Gegenstand zu machen, schadet so wenig wie sie nützt. Rolf Bauerdick ist gerade
so weit gekommen, wie man eben kommt, wenn man
das Geheimnis der Armut bei den Armen sucht. Wenn
man weiterkommen will, muss man sich eben doch
wohl den Verhältnissen zuwenden und sie zur Not
auch verändern wollen. Von einem solchen Wunsch
aber findet sich an keiner Stelle des Buches auch nur
eine Andeutung.
Norbert Mappes-Niediek
Rolf Bauerdick: Zigeuner. Begegnungen mit einem
ungeliebten Volk. Deutsche Verlagsanstalt: München 2013. 350 Seiten, 22,99 €
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nevipe – Nachrichten und Beiträge aus dem Rom e.V.
Serafim Todorov - Bulgarien
International
erfolgreiche Sintiund Roma-Sportler
Ilie Năstase - Rumänien
Bănel Nicoliță - Rumänien
Rustam Adschi - Ukraine
Jesús Navas González - Spanien
Ricardo Andrade Quaresma – Portugal
Milan Baroš - Tschechien
José Antonio Reyes Calderón - Spanien
Ausstellung und
Lesung im Studio
DuMont
José Rodríguez Martínez
Michele di Rocco - Italien
Andrea Pirlo - Italien
Iwajlo Marinow - Bulgarien
Johann „Rukeli“ Trollmann - Deutschland
Dawid Kostecki - Polen
Jakob Bamberger - Deutschland
Silvio Branco - Italien
Bănel Nicoliță – Rumänien
Bănel Nicoliță, geb. 7. Januar 1985 in Faurei, Kreis Braila.
Rumänischer Fußballspieler.
Bartley Gorman - Ireland
Vereine:
»Dacia Unirea Braila 2001
»FCU Politeknica Timisoara 2004 .
»Steaua Bukarest 2005
»AS Saint-Etienne 2011
Éric Cantona - Frankreich
Titel
Es war heiss, die Sonne schien gnadenlos – auch noch
am Abend des 7. Juni – als wir die Ausstellung „International erfolgreiche Sinti- und Roma-Sportler“ im
Studio DuMont eröffneten. Und doch kamen reichlich
interessierte Besucherinnen und Besucher, um sich
über die Präsens der Minderheit im Leistungssport
zu informieren. Jovan Nikolić, der Kurator der Ausstellung, stellte neben den beiden deutschen SintoBoxern, Rukeli Trollmann und Jakob Bamberger, die
in den 30er Jahren berühmt waren und deren Karriere
durch die Nazis brutal abgeschnitten wurde, die im KZ
ermordet bzw. anschließend an den Folgen der Folter
starben, ein Dutzend Spitzensportler aus anderen
Ländern vor. Unter ihnen der legendäre rumänische
Tennisspieler aus den 70er Jahren Ilije Nastase, die
Fußballer Ricardo Andrade Quaresma aus Portugal
und Andrea Pirlo aus Italien.
Nicoliţă spielt nicht nur für sich selbst
Als der französische Fußballclub Saint Etienne 2012
den rumänischen Fußballstar Bănel Nicoliţă kaufte,
schrieb der englische Guardian. “Saint Etienne kauft
einen Zigeuner zu einem Zeitpunkt, wo Frankreich
den rumänischen Roma Prämien zahlt, damit sie
abhauen.“
»Rumänischer Meister: 2004/05, 2005/06
»Supercupa României: 2006
»Rumänischer Fußballpokal: 2011
Nicoliță
Nationalmannschaft
ist seit 2005 rumänischer Nationalspieler mit bisher 31 Einsätzen.
Mit Rumänien nahm er an der Fußball-Europameisterschaft 2008 teil.
Ja, Nicoliţă ist Rom. „Ich schäme mich nicht für meine
Herkunft. Ich bin Rom, und ich bin stolz darauf.“ Als
er 2005 bis 2011 für Steaua Bukarest spielte und zwar
als Kapitän, pfiffen ihn Fans aus und brüllten, wenn er
auflief: „ Zigeuner, Zigeuner“. Aber trotzdem er wurde
bester Spieler von Steaua Bukarestin der Champions
Ligue, sogar Nationalspieler und Botschafter der FIFA
gegen Rassismus. Sein Trainer schwärmt von ihm: „Er
ist ein Kämpfer mit Siegeswillen und immer fröhlich“.
Vor dem letzten Spiel seiner Mannschaft sagte Nicolita
„Ich kämpfe für meine Mannschaft, mein Land und für
mein Volk, die Roma.“
Jovan Nikolić, Mitarbeiter des Rom eV., stellte diese
Ausstellung über Nicoliţă und andere berühmte Sportler aus der Minderheit zusammen. Sie wurde bis vor
zwei Wochen im Studio DuMont gezeigt. Jetzt geht sie
als Wanderausstellung auf Reisen und kann im Rom
e. V. ausgeliehen werden: es handelt sich um 19 große
Tafeln und eine Bildfahne.
Foto © Iris Pinkepank
Ausstellung „Vorbilder – Champions – Idole. International erfolgreich Sinti- und Roma-Sportler“
nevipe•Neue Folge•Heft 3/2013•Rom e. V.•Venloer Wall 17•50672 Köln•0221.242536•[email protected]•www.romev.de
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Foto © Iris Pinkepank
nevipe – Nachrichten und Beiträge aus dem Rom e.V.
der Einblick in eine dunkle Zeit. Die anschließende
Diskussion ließ erkennen, wie wenig über die Sportler
aus der Minderheit bis heute bekannt ist und welches
Potenzial dieses Thema birgt.
Der Imbiss, den das Studio DuMont neben den Räumen der Veranstaltung zur Verfügung stellte, sorgte
zum Ausklang für eine angenehme Atmosphäre und
angeregte Gespräche, bis sich auch die letzten in die
warme Sommernacht verabschiedeten.
Bei Interesse können die Ausleihbedingungen im Rom
e. V. erfragt werden.
Kurator Jovan Nikolic (Mitte) führt Dr. Karola Fings und HansPeter Killguss vom ELDE-Haus durch die Ausstellung
Die Leistungsträger der Minderheit im internationalen
Sportgeschehen sind als Idole für die Mehr- und Minderheitsgesellschaft besonders geeignet, um endlich
einen Diskurs zu beginnen, der sich wegbewegt von
Armutszuwanderung und Klaukids. Dies war die erste
Ausstellung, die sich nach der Recherche von Jovan
Nikolić diesem Thema widmete. Weitere sind geplant,
dazu ermutigt uns der große Erfolg der dieser Aktion.
Foto ©Michael Bause
Für den festlichen Rahmen sorgte Beata Burakowska
mit ihrem Chor „Bachtale“, der mit Romanes-Liedern
für eine ausgezeichnete Stimmung sorgte.
impressum
Roger Repplinger in der Ausstellung „International erfolgreiche
Sinti- und Roma-Sportler“
Im Zentrum der Veranstaltung stand die Lesung Roger
Repplingers aus seinem Buch „Leg dich Zigeuner“.
Wie in einer Live-Reportage schilderte Repplinger
die Tage vor und nach dem Meisterschaftskampf von
Rukeli Trollmann. Sein Schicksal ist ja der Ausgangspunkt für die Reihe, in der auch diese Lesung und
Ausstellung stattfanden „Wir boxen uns durch! Vorbilder – Champions – Idole“. Es war faszinierend, wie
detailreich Roger Repplinger die Umstände um den
Titelkampf Trollmanns recherchiert hatte und vortrug. Das Auditorium hatte den Eindruck, gemeinsam
am Radio zu sitzen und dabei zu sein. Ein spannen-
Redaktion und ViSdP:
Kurt Holl, Jovan Nikolić, Iris Pinkepank, Ruzdija Sejdovic,
Ali Tekin
[email protected], www.romev.de
Herausgeber:
Verein zur Förderung der Roma in Köln e. V.
Venloer Wall 17, 50672 Köln, +49(0)221.242536,
Adressaten: 3.000, ISSN 1868-9795
Die Artikel geben jeweils die Meinung der Autorin bzw.
des Autoren wieder und nicht unbedingt diejenige der
Redaktion.
Nevipe ist Romanes und heißt: Neuheit, Neuigkeit.
Nevipe wird gefördert von
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Erster und einziger
Sinti-Sportler im
Deutschen Sport &
Olympia Museum
Foto © Iris Pinkepank
nevipe – Nachrichten und Beiträge aus dem Rom e.V.
Manuel Trollmann (r.) übergibt den Meistergürtel seines Großonkels an Kai Hilger (l.) vom Deutschen Sport & Olympia Museum.
Elma,Dlibor, Nebida von Amaro Kher sind stolz auf Rukeli.
Auf Initiative des Rom e. V. – Deutsches
Sport & Olympiamuseum ehrt Johann
Wilhelm Trollmann
Rukeli Trollmann gebührt diese Ehrung und
Erinnerung besonders, weil er als erfolgreicher
Boxer von den Nazis favorisierte Gegner schlug
Foto © Iris Pinkepank
Der Rom e. V. Köln freut sich darüber, dass der
Deutsche Meister im Halbschwergewicht von 1933
Johann Wilhelm Trollmann (bekannt unter seinem Romanes-Namen „Rukeli“), der von den Nazis
ermordet wurde, endlich einen festen Platz im
Deutsche Sport- und Olympiamuseum erhalten hat.
Auf Vorschlag des Rom e. V. hat das Museum den
Leistungs- und Sympathieträger Rukeli Trollmann
in seine Dauerausstellung über berühmte Sportler
in einer Feierstunde am Dienstag, dem 25. Juni 2013,
aufgenommen.
Der Rom e. V. Köln hatte dies bereits 2010 gefordert,
weil Kurt Holl damals bei einem Museumsbesuch
mit Kindern von Amaro Kher feststellen mußte,
dass dort kein einziger Sportler aus der Minderheit
überhaupt nur erwähnt war. Der Rom e.V. hat seitdem mit dem ehemaligen Museumsdirektor Dürr
über eine Realisierung dieser Idee verhandelt und
entsprechende Unterlagen zur Verfügung gestellt.
Schließlich war die Leitung des Museums überzeugt von der Notwendigkeit wenigstens einen
erfolgreichen Sportler aus der Minderheit in die
Dauerausstellung aufzunehmen.
Meistergürtel von Johann Wilhelm „Rukeli“ Trollmann
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nevipe – Nachrichten und Beiträge aus dem Rom e.V.
und deshalb nach seinen Siegen als „Zigeuner“ verfolgt wurde. Er habe sich zudem geweigert, seine
„undeutsche“ Boxart abzulegen. Trollmann hatte
nämlich bereits den Stil gepflegt, der später durch
Muhammed Ali berühmt werden sollte. Die Nazis erkannten ihm nur eine Woche nach seinem siegreichen
Meisterschaftskampf den gewonnenen Titel wieder
ab. 1943 wurde er als „Zigeuner“ im KZ Neuengamme
inhaftiert und kurze Zeit später ermordet.
Zur Feierstunde war Manuel Trollmann, der Großneffe
Rukeli Trollmanns, gekommen und überreichte ein
Duplikat des Meistergürtels, den Rukeli 1933 gewonnen hatte. Dieser ist jetzt mit anderen Dokumenten
dauerhaft in einem dem Sportler gewidmeten Spind in
der Boxsportabteilung des Museums ausgestellt. Der
Spind von Rukeli Trollmann steht dort zwischen den
Erinnerungsspinden von Muhammed Ali und Max
Schmeling.
In der Feierstunde trat auch der Schauspieler Andreas
Kunz auf. Er rezitierte eindrucksvoll den Bericht über
den Meisterkampf Trollmanns. Drei Kinder aus Amaro
Kher waren ebenfalls anwesend und berichteten ihren
Klassenkameradinnen und -kameraden danach stolz
von der Ehrung Rukelis.
Der Rom e. V. appellierte zum Schluss an die
Museumsleitung, an einen weiteren erfolgreichen
Sinti-Boxer aus der Olympia-Mannschaft von 1936
zu erinnern: Jakob Bamberger, der von den Nazis
in Dachau Menschenversuchen unterworfen worden war. Der Verein stellte dafür die Übergabe der
Original-Boxhandschuhe von Jakob Bamberger, die
vor kurzem bei Verwandten aufgefunden worden waren, in Aussicht.
Kurt Holl
Mittwoch, 26. Juni 2013 Kölner Stadt-Anzeiger
In einer Reihe mit Max Schmeling
EHRUNG
Der deutsche Sinto Johann „Rukeli“ Trollmann hat nun einen Platz im Kölner Sport- und Olympiamuseum
VON ANJA KATZMARZIK
AUFRUF „w
bittet auch
Spenden fü
unserer Re
Köln. Es ist ein später Triumph.
Und er kommt für Manuel Trollmann genau 80 Jahre zu spät. Aber
er kommt, und der Großneffe des
Boxers Johann „Rukeli“ Trollmann (1907-1944) bereut höchstens, sich nicht viel früher für die
Geschichte seines Großonkels interessiert und sie öffentlich gemacht zu haben.
Inzwischen ist in seiner Heimatstadt Hannover eine Straße nach
dem großen Sportler benannt, es
gibt ein Kinderbuch mit ihm als
Hauptfigur, ein Film erzählt sein
Leben, ein Theaterstück namens
„Zigeunerboxer“
erleichtert
Schulklassen im Geschichtsunterricht anhand seines Schicksals den
Einstieg ist das Thema Nationalsozialismus. Und nun hält er den
Box-Gürtel seines Vorfahren in
den Händen, auf den die Familie
70 Jahre gewartet hat – und übergibt ihn in Köln, damit er in einem
Museum Platz findet.
Denn „Rukeli“ war Sinto und
deutscher Meister im Halbschwergewicht 1933, weshalb ihm nur
drei Tage nach seinem Sieg der Titel wegen angeblich „undeutschen
Boxens“ aberkannt worden war.
1944 wurde er in einem KZ totgeprügelt.
Auf Initiative des Kölner Rom
e.V., der Rukeli derzeit eine ganze
Veranstaltungsreihe widmet, wird
des Sportlers nun im Kölner
Sport- und Olympiamuseum gedacht. Der Gürtel, der ihm posthum von der „International Fight
Für m
Bildun
Kinde
„Rukeli“-Großneffe Manuel Trollmann und Museums-Kurator Kai Hilger mit dem Gürtel sowie Elma (hinten, von links), Dalibor und Nediba
BILD: CHRISTOPH HENNES
von der Roma-Schule Amaro Kher in Trägerschaft des Rom e.V. vor den Spinden berühmter Boxer.
Club Organisation“ (IFCO) angefertigt wurde, wird in einem Spind
in einer Reihe mit Devotionalien
von Max Schmeling aufbewahrt
und gezeigt werden. „Da steigen
Gefühle in mir auf, die sind unbeschreiblich“, antwortete der 50jährige Nachfahr auf die Frage
nach seinem Gemütszustand angesichts dieser späten Ehrung. „So
stolz und so traurig zugleich.“
Seit 1992 kämpft der Großneffe
darum, seinem erfolgreichen Vorfahren einen würdigen Platz in der
Geschichte zu verschaffen. „Und
ich werde, so lange ich lebe, alles
dafür tun, dass noch mehr Menschen von ihm erfahren – stellvertretend für alle Sinti und Roma.“
Erst vor zehn Jahren wurde auf
sein Drängen „Rukeli“ sein deutscher Meistertitel vom Bund Deutscher Berufsboxer (BDB) nachträglich zuerkannt. „Da hat sich
der Verband nicht mit Ruhm bekleckert“, so Manuel Trollmann.
Seit 2010 forderte der Rom e.V. die
Würdigung Trollmanns im Museum ebenso wie die des ebenfalls
erfolgreichen und ins KZ gesperr-
ten Sinto-Boxers Jakob Bamberger, von dem ein paar OriginalBoxhandschuhe nun ebenfalls als
Dauerleihgabe übergeben wurden.
Danach wurde über die Realisierung verhandelt und entsprechende Unterlagen zur Verfügung gestellt. Kurt Holl vom Rom e.V. ist
dankbar „für das große Verständnis und das Engagement, das die
Museumsleitung hier gezeigt hat“.
Eine Ausstellung des Vereins über
erfolgreiche Sportler beider Gruppen mit dem Titel „Vorbilder –
Champions – Idole“ ist noch bis
Köln. Die „Kö
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len Leserinnen
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diesen Freitag jeweils von 10 bis
18 Uhr im studio dumont, Breite
Straße 72, zu sehen. Schirmherrin
ist die „wir helfen“-Vorsitzende
Hedwig Neven DuMont.
Ihr Unterstützungsverein finanKreissparkas
ziert im Rahmenprogramm auch
Konto-Nr. 16
Boxtrainings für Kinder. „Damit
Bankleitzahl
die Kinder über die Regeln und die
Disziplin, die dieser Sport erforSparkasse Kö
dert, ein gesundes SelbstbewusstKonto-Nr. 22
sein aufbauen, darüber AnerkenBankleitzahl
nung gewinnen und Spaß am Lernen bekommen.“
Kontoinhabe
zungsverein „w
www.ksta.de/wirhelfen
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Box-Kurs für
Roma-Jugendliche
im Rom e. V.
Foto © Kurt Holl
nevipe – Nachrichten und Beiträge aus dem Rom e.V.
Foto © Kurt Holl
Foto © Kurt Holl
Seit Ende Juni findet in der Turnhalle des Rom e. V.
ein Boxkurs für Roma-Jugendliche statt, die der fünfmalige Deutsche Meister im Weltergewicht Horst
Brinkmeier trainiert. Der Kurs wurde zur Ehrung
Jakob Bambergers und Rukeli Trollmanns eingerichtet. Ermöglicht wird dieses Projekt durch die großzügige Unterstützung von „Wir helfen“. Der Boxkurs ist Teil
unserer diesjährigen Veranstaltungsreihe „Wir boxen
uns durch! Vorbilder – Champions – Idole“.
Foto © Kurt Holl
Horst Brinkmeier beim Training mit den Roma-Jugendlichen
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Amaro Kher
Ein Kinderbuch über
den Sinto-Boxer
„Rukeli“ Trollmann
der Amaro-Kher-Kinder, die Zeichnungen des Illustrators Lukas Ruegenberg digitalisiert und an die Wand
geworfen, während der Autor Georg Wieghaus die
Geschichte erzählte. Besonders interessierte das junge
Publikum eine originale Filmszene von Johann „Rukeli“ Trollmann, die ihn bei einem Boxkampf Anfang
der 30er Jahre zeigt. Anschließend beantworteten die
beiden Buchmacher die vielen Fragen der Kinder.
Foto © Iris Pinkepank
Foto © Iris Pinkepank
Im Rahmen unseres Projekts „Wir boxen uns durch!
Vorbilder – Champions – Idole“ stellten Lukas Ruegenberg und Georg Wieghaus ihr Kinder-Bilderbuch
„Rukeli – Die Geschichte des Boxers Johann Trollmann“ den Kindern von Amaro Kher und den Kinder
der Grundschule Overbeckstraße vor. Ivana Illic, die
Schulleiterin von Amaro Kher moderierte die Veranstaltung. Dazu hatte Christoph Schulenkorff, Lehrer
Christoph Schulenkorff, Leher von Amaro Kher
Foto © Iris Pinkepank
Foto © Iris Pinkepank
Schulkinder von Amaro Kher
Illustrator Lukas Ruegenberg, Autor Geaorg Wieghaus,
Schulleiterin von Amaro Kher Ivana Ilic (v.l.n.r.)
Kinder der Grundschule Overbeckstraße
11
Amaro Kher
Foto © Amaro Kher
nevipe – Nachrichten und Beiträge aus dem Rom e.V.
Projekttage mit dem
Erich-KästnerGymnasiums
vom 9. bis 11. Juli
Schülerinnen und Schüler des EKG mit den Kindern von Amaro
Kher im Garten des Rom e. V.
Unter dem Motto „Was mich bewegt“ haben die Kinder von Amaro Kher gemeinsam mit Schülerinnen und
Schülern der Klassen 8-11 des Erich-Kästner-Gymnasiums (EKG) im Rom e. V. das Gelände verschönert,
gebastelt, gespielt, getafelt. Am zweiten Tag präsentierten die Jugendlichen des EGK ihre Eindrücke von
Amaro Kher, die sie in Tagebuchform zum Thema „Was
uns bewegt“ festgehalten hatten. Dann informierten
Lehrer und Kinder von Amaro Kher ihre neuen Freunde über das Jahresprojekt des Rom e. V. „Wir boxen uns
durch! Vorbilder - Champions – Idole“. Wir zeigten den
Film „Gibsy – Die Geschichte des Boxers Johann Rukeli
Trollmann“ von Eike Besuden über den von den Nazis
ermordeten Sinto, der 1933 noch deutscher Meister im
Halbschwergewicht geworden war. Und wir informierten über die aktuelle Lebenssituation der Minderheit
in Deutschland. Am letzten Tag zeigten wir unsere
aktuelle Ausstellung „International erfolgreiche Sintiund Roma-Sportler“.
wenn wir uns weitere Projekte überlegen. Dafür möchte
ich Euch gern noch weiter kennenlernen.“
Viele liebe Grüße,
Claire
„ ... Es gab viele gute Gespräche mit Gästen. Und der
Schlüssel waren immer die Mädchen, die dabei standen
und von ihren Erlebnissen mit den Kindern von Amaro Kehr berichtet haben. Mich persönlich hat das sehr
bewegt und begeistert. Einige der Mädchen haben schon
gesagt, dass sie in irgendeiner Form „weitermachen“
möchten ... Ich bin mindestens genauso überwältigt
von eurer Arbeit und von Euch! Ich finde es toll, wie Ihr
den Kindern versucht, ein Stück verlorengegangener
Kindheit zu schenken. Ich bin tief beeindruckt von Dir
und Deiner Entschlossenheit ... Ich würde mich gern in
Euer Projekt mit einbringen ... Ich würde mich freuen,
Foto © Amaro Kher
Anfang der darauffolgenden Woche erreicht uns ein
Brief der Projektleiterin des EKG an Christoph Schulenkorff, Lehrer in Amaro Kher, der zeigt, dass die
Projekttage für beide Schulen ein voller Erfolg waren.
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Amaro Kher
Von Elefanten, Enten
und Eseln
Foto © Juldith Hauser
nevipe – Nachrichten und Beiträge aus dem Rom e.V.
Kinder von Amaro Kher im Tierpark Lindenthal
„Der Elefant, der Elefant, der ist uns allen
wohl bekannt.“ – Ein Tag im Zoo.
„Alle meine Entchen ...“ –
Ein Tag im Tierpark Lindenthal
„Guck mal, die Zähne vom Krokodil – sooo scharf.“
„Elefanten sind echt so groß?“ „Boah, der Po vom
Nilpferd ist aber dick!“ Mit diesen Worten, strahlenden Augen und offenen Mündern liefen die
Kindergartenkinder von Amaro Kher an einem
sonnigen Maitag durch den Kölner Zoo und kamen
aus dem Staunen kaum heraus. In Natur sehen die
Tiere, die unsere Kinder sonst nur aus Stoff oder von
Bilderbüchern kannten, eben doch ganz anders aus.
Von Gehege zu Gehege rannten die Mädchen und
Jungs und wussten nicht, wo sie lieber stehen bleiben
wollten.
Unser nächster Ausflug führte uns dann in den
Tierpark Lindenthal. Allein der Weg mit der Bahn dorthin war für die Kinder schon ein kleines Abenteuer,
das sie erfolgreich meisterten. Auch wenn es im
Tierpark weder Elefanten noch Krokodile zu sehen
gab, haben sich die Kleinen von Amaro Kher vor
Begeisterung fast überschlagen. Besonders faszinierend waren die Tiere,die sie füttern und sogar streicheln konnten.
Während einer Stärkungspause hielt es sie nur kurz
auf den Bänken. Den Höhepunkt der Begeisterung
erreichte dann die Fütterung der Affen. Doch auch
das Krokodil wusste zu überzeugen. So mancher hätte
am liebsten einen Elefanten oder einen Pinguin mit in
den Kindergarten genommen. Oskar war sogar bereit,
seinen Gruppenraum für ein Elefantenbaby leer zu
räumen. Hungrig und erschöpft, aber überglücklich
kamen Kinder und Mitarbeiter wieder in Amaro Kher
an.
Einig waren sich alle: der Ausflug in den Zoo muss unbedingt wiederholt werden. Paul brachte das Erlebte
folgendermaßen auf den Punkt: „Noch einmal schlafen und dann noch mal, ok?“
Für Empörung jedoch sorgten die Enten, die sich
einfach nicht fangen ließen, sondern schnell davon
flogen. Als kleine „Mutprobe“ stellte sich dann noch
die Begegnung mit den Eseln heraus. So manche und
mancher, die und der zuvor noch „keine Angst“ riefen,
ließ sich doch von den Zähnen der Esel einschüchtern.
So kam es, dass nicht die großen Elefanten-Kinder (die
älteren Kindergartenkinder), sondern unsre kleinen
Bären-Kinder (die zwei- bis vierjährigen) den Eseln
die mit vegetarischen Leckereien gefüllten Hände hinstreckten.
Und so endete auch dieser Tag mit der schon bekannten Aufforderung: „Noch einmal schlafen und dann
noch mal, ok?“
Judith Hauser
Kindergärtnerin von Amaro Kher (Unser Haus)
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Amaro Kher,
Phoenix e. V. und
Dersim Gemeinde
e. V. feiern
gemeinsam
Foto © Iris Pinkepank
nevipe – Nachrichten und Beiträge aus dem Rom e.V.
Im Rahmen der Qualifizierungsreihe für MigrantenOrganisationen des Paritätischen Gesamtverbandes
veranstaltete der Rom e. V. gemeinsam mit der Dersim
Gemeinde e. V. und Phoenix Köln e. V. ein Fest zum
gegenseitigen Kennenlernen. Das Motto hieß: Musikalisch Kultureller Dialog, kurz MuKuDi. Das Fest fand
am 27. Mai im roten Saal des Rom e. V. statt.
Foto © IDersim Gemeinde e. V.
Kinder von Amaro Kher verfolgen gespannt die Darbietungen
von der Dersim Gemeinde und von Phoenix e. V.
Die Kulturen und ihre schönsten Ausprägungen, wie
Musik, Tanz und kulinarische Köstlichkeiten schafften
schnell eine ausgelassenen Atmosphäre und schlugen Bücken in alle Richtungen. Die Vertiefung der
Beziehungen untereinander und das Entdecken von
Gemeinsamkeiten waren ja auch Sinn und Zweck der
Veranstaltung.
Foto © IDersim Gemeinde e. V.
Besucherinnen und Besucher waren begeistert von
den Darbietungen. Und die Roma-Kinder von Amaro
Kher waren besonders überrascht von den DersimTänzen, die viele Überschneidungen in ihrer eigenen Tanz-Kultur finden. Auch die ruhigen Töne der
russischen Sänger vom Phoenix-Verein berührten sie
nachdrücklich. Als Romano Trajo, die Band des Rom e.
V. unter der Leitung von Beata Burakowska, aufspielte,
waren sie natürlich ganz in ihrem Element und rissen
das Publikum mit, bis alle gemeinsam tanzten.
Tanzvorführung der Dersim Gemeinde.
Danach wurde das große Buffett im Speisesaal des
Rom e. V. eröffnet, reichhaltig bestückt mit allerlei
Spezialitäten aus den drei Kulturkreisen. Diese Veranstaltung, so sind sich die drei Vereine einig, sollte
unbedingt wiederholt werden..
Das reichhaltige Buffet mit Spezialitäten aus drei Kulturen fand
kam sehr gut an.
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nevipe – Nachrichten und Beiträge aus dem Rom e.V.
Alphabetisierungskurs für
Roma-Frauen im
Rom e. V.
Mütter unserer Amaro-Kher-Kinder und andere
Romafrauen, die sich für eine Arbeitsstelle fit machen wollen, nehmen seit Jahren das Angebot eines
Deutsch Grundkurses im Rom e. V. wahr. Zur Zeit sind
es 10 Frauen. Die Lehrerin Manuela beschreibt die
Zusammenarbeit mit den Frauen so:
Nun sind wir alle zusammen, zweimal die Woche zwei
Stunden – und wenn wir möchten noch eine Stunde
drangehängt – am Computer. Manchen fällt es leicht,
andere brauchen länger.
Am Ende bleibt ein Schnellhefter voll mit Buchstaben
und Sätzen, und die eine oder andere, die ihren Weg
alleine findet.“
Foto © Rom e. V.
„Noch nie einen Stift in der Hand gehabt ?
Ein paar Buchstaben aufgeschnappt ?
Ein paar Monate die Schule besucht ?
Ein paar Worte Deutsch sprechen ?
Super Deutsch sprechen, aber nicht schreiben können?
Allein unterwegs sein, kein Mann dabei?
Eine neue Erfahrung...
Manuela Ott (l.) und einige der Roma-Frauen im Deutschkurs
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Vorgestellt:
Nizaqete Bislimi,
Rechtsanwältin
in Essen
Foto Nizaqete Bislimi
nevipe – Nachrichten und Beiträge aus dem Rom e.V.
Nizaqete Bislimi
Rechtsanwältin Nizaqete Bislimi wurde am 11.01.1979
in Lipjan/ Kosovo geboren. Sie ist in Hallaqi i Vogel als
Tochter eines Roma und Hashkali Ehepaares aufgewachsen. Im September 1993 reiste sie über „Wälder
und Felder“ mit ihrer Familie in die BRD ein und
stellte einen Asylantrag. Nach der Zuweisung nach
Oberhausen besuchte sie zunächst eine Internationale
Vorbereitungsklasse (IVK) in einer Hauptschule. Im
Januar 1994 wechselte sie sodann zu einer IVK in einer
Gesamtschule. Ab September 1994 besuchte sie den
Regelunterricht der zehnten Klasse und erlang die
Fachoberschulreife mit der Berechtigung zum Besuch
der gymnasialen Oberstufe. Im Mai 1998 bestand sie
das Abitur.
Der Schwerpunkt ihrer anwaltlichen Tätigkeit liegt
im Ausländerrecht. Aber auch das Strafrecht zählt zu
ihren Beschäftigungsfeldern.
Nizaqete Bislimi
Aufenthaltsrechtlich war sie lediglich im Besitze einer
sogenannten Duldung (Aussetzung der Abschiebung),
nachdem der Asylantrag negativ beschieden wurde
und ein Asylfolgeantrag gestellt werden musste. Im WS
1998/1999 begann sie das Studium der Rechtswissenschaften an der Ruhr-Universität-Bochum. Zu dieser
Zeit waren Inhaber von Duldungen vom Bezug von
BAfÖG ausgeschlossen, so dass sie das Studium und
ihren Lebensunterhalt durch diverse Beschäftigungen
finanzieren musste.
Immer noch nur im Besitze einer Duldung legte sie
beim OLG Düsseldorf im November 2005 das 1. Juristische Staatsexamen ab. Im April 2006 begann sie das
Referendariat beim OLG Hamm. Im Juni 2006 erhielt
sie erstmalig eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Seit November 2006 ist sie im Besitze
einer Niederlassungserlaubnis. Im August 2009 legte
sie das 2. Juristische Staatsexamen ab und begann im
September 2009 ihre Tätigkeit als Rechtsanwältin in
einer Kanzlei in Essen, in der sie bereits seit 2001 als
juristische Hilfskraft beschäftigt war.
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Prof. Klaus Michael
Bogdal über die
beiden Seiten des
Antiziganismus
Ein multimedialer
Abend im Rom e. V.
Foto © Klaus Michael Bogdal
nevipe – Nachrichten und Beiträge aus dem Rom e.V.
Prof. Klaus Michael
Bogdal
Prof. Klaus Michael Bogdal
Auf Initiative der „Kölnische Gesellschaft für Christlich-jüdische Zusammenarbeit“ fand am 20. Juni im
roten Saal des Rom e. V. ein multimedialer Abend zum
Thema „Faszination und Verachtung“ statt, der die
Abgründe des europäischen Zigeunerbildes beleuchtete: Diese Projektionen grenzen die Minderheit auf
doppelte Weise aus. Der Faszination durch angeblich
außerordentliche Schönheit, Leidenschaft, Musikgenie
und Überlebenskunst entspricht die Verachtung der
angeblichen Raffinesse, magischer Praktiken, Kriminalität, Schmutz und Aggressivität usw.
Klaus Michael Bogdal hat Lese-Passagen aus seinem
Werk ergänzt durch Ausschnitte aus populären Filmen
der Vorkriegszeit und sie zu einem beängstigenden
Panorama des Antiziganismus kombiniert. Er betont,
dass all diese Elemente des Zigeunerbildes in unserem kulturellen Gedächtnis eingebrannt sind durch
Erzähltraditionen, Bilder, Filme, Lieder, Gedichte und
Geschichten auch aus der Weltliteratur.
Er erklärte, dass es naiv sei, zu glauben, man käme
gegen solche Prägungen durch einfache Aufklärung
oder positive Inszenierungen – wie es die neuerliche
Zigeuner-Romantik vorgibt. Denn auch das sogenannte Positiv-Bild ist ja nur die andere Seite der Ausgrenzung. Die gutbesuchte Veranstaltung, es waren viele
Mitglieder der Christlich-jüdischen Gesellschaft zum
ersten Mal im Rom e.V., endete mit einer längeren
Diskussion und der Beantwortung vieler Publikumsfragen. Ein Vorstandsmitglied der Gesellschaft erinnerte an die Aktualität des Thema angesichts der Hetze
gegen Roma und Juden in Ungarn.
Klaus Michael Bogdal, Europa erfindet die Zigeuner.Eine Geschichte von Faszination und Verachtung München 2012, 592 Seiten, 24,90 €
So sind sie halt ...
„Die Wohnwagen standen am Eingang oder, wenn
man so will, am Ausgang des Dorfes und meist
bei den Haufen von Abfällen oder Schutt, Wort,
das an den Fingern und auf den Laken kleben
bleibt, Endzustand, Zeugnis für ein großes Glück
oder kleinen Tod, Kehricht vom Saubermachen,
Durcheinander von leeren, mit Büchsenöffnern
geöffneten Dosen, alten Matratzen, zerbrochenen
Tellern, wo die barfüßigen Kinder des unbefestigten Lagers die Müllkippe durchwühlen. Die
Frauen, in ihren losen Kleidern aus falschem Taft,
gingen wahrsagen und die Männer flochten Körbe:
Kleinigkeit, faulenzende Wendigkeit der braunen,
maskulinen Hände. Die Hühnerdiebe stießen sich
nie an der Zone der Bauern, Wickelkinder und
Weiber fielen in die Dörfer ein, bettelnd, stehlend,
lügend, behendes Repertoire aller Verderbten, paradiesische Hölle, welche die Gemeinden ankommen oder abfahren sahen.“
„Wohnwagen, Müll, Wahrsagen und Korbflechten,
Betteln, Stehlen, Lügen. Die fragmentarischen
Eindrücke fügen sich zu einem Bild, das sich in das
kulturelle Gedächtnis tief eingeschrieben hat. Wir ‚sehen‘ ein Zigeunerlager.
Doch das ist ein Irrtum.
Klaus Michael Bogdal: „Jean Genet (1910-1986) beschreibt hier in „Ein verliebter Gefangener“ (1986) ein
palästinensisches Flüchtlingslager um 1970.“
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nevipe – Nachrichten und Beiträge aus dem Rom e.V.
„Die im Dunklen
sieht man nicht“
KALZ-Studie
zur Lage der
Zuwanderer aus
Bulgarien und
Rumänien in Köln
Das Kölner Arbeitslosenzentrum (KALZ) hat in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Düsseldorf
eine Studie vorgelegt, die am Beispiel Kölns die Lebenssituation von Menschen untersucht, die seit 2007
aus den neuen EU Ländern Bulgarien und Rumänien
zu uns kommen.
In den Presseberichten über diese und andere Studien
über diese Neubürger wird vor allem von Armutszuwanderung gesprochen. In der Regel wird darin
mehr oder weniger offen daraufhingewiesen, dass es
sich auch um viele Roma handelt. Die Leser haben
natürlich die populistische Hetze des Innenministers
Friedrich im Ohr, wonach diese Leute die EU-Freizügigkeit „ausnutzen“, um in unsere Sozialsysteme
einzuwandern. Und die es sich, wie angeblich unsere
Hartz IV-Bezieher, in der sozialen Hängematte gemütlich machen wollen.
Dass diese Menschen nach dem Willen unserer Regierung und der anderen EU-Staaten mit dem EU-Beitritt
ihres Landes die vollen und selben Bürgerechte haben
wie jeder Deutsche, wird in den Medien meist unterschlagen. Sie ziehen also mit demselben Recht von
Bukarest nach Köln um wie ein Magdeburger oder
Stuttgarter. Und sie haben hier bei uns auch dasselbe Recht auf soziale Unterstützung, Wohnraum und
Krankenversicherung wie jede und jeder andere und
zwar vollumfänglich – spätestens ab 1.1.2014 – durch
die dann allen zustehende Arbeitserlaubnis.
Bis dahin ist die Aufnahme von Arbeit für sie illegal,
und die Leute müssen sich, obwohl sie sich völlig legal
hier aufhalten, mit Betteln, Prostitution, illegalen Jobs
oder als Scheinselbständige durchschlagen, ausgeliefert Sklavenhändlern und Wuchermieten in Abbruchhäusern.
Die Studie des KALZ deckt nun auf, dass Politiker und
Behörden der BRD diese Zuwanderung bewusst in
Kauf nahmen. Denn sie unterließen es meist, gegen
die absehbaren Folgen Vorbereitungen zu treffen. Somit sind die Obdachlosenhilfen der Wohlfahrtsverbände und anderer Initiativen (in Köln 28 Stellen) mit den
Überlebensängsten und –bedürfnissen dieser Menschen konfrontiert und hoffnungslos überfordert.
Deren Mitarbeitende haben weder die Mittel, das
Personal noch die Kraft hier wirksam zu helfen. Die
Folge: Dauerkonflikte mit Bittstellern, Konkurrenz mit
der angestammten Klientel um Schlafplätze, Essen
und Kleidung, was mittlerweile auch zu Gewältigkeiten führt.
Dennoch zeigt die Studie auch, dass die neuen Bürger keineswegs nur abgerissene Hungerleider sind,
sondern oft über eine Ausbildung verfügen, integrationswillig sind (sie wollen Hilfe bei Arbeits- und Wohnungssuche) und dass sie sogar zu ehrenamtlichem
Engagement bereit sind.
Der Rom e. V kann überdies bestätigen, dass bulgarische Roma-Eltern und ihre Kinder, die sie in Amaro
Kher anmelden, außerordentlich bildungsorientiert
und zuverlässig sind. „Die im Dunkeln sieht man
nicht“. Die aufschlussreiche Studie leuchtet jedoch den
brutalen Alltag dieser Menschen aus. Wir verdanken
die Studie der Initiative von Dr. Thomas Münch (Universität Düsseldorf ) und Bernd Mombauer (KALZGeschäftsführer, Köln). Stadt und Land müssen sich
schleunigst diesen unhaltbaren Zuständen stellen und
vor allem auch für die Kinder der neuen Bürger umgehend Schulplätze zur Verfügung stellen, damit sie
nicht wie zur Zeit oft monatelang auf den Schulbesuch
warten müssen.
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nevipe – Nachrichten und Beiträge aus dem Rom e.V.
Jetzt also doch –
Asylrecht für
serbische Roma?
Karin Waringo, eine profunde Kennerin der Situation der Roma in Serbien, belegt hier in einer Studie
für „Pro Asyl“, dass die Roma in Serbien in fast allen
gesellschaftlichen Bereichen diskriminiert und oft
regelrecht ausgegrenzt werden.
Der Zugang zu Bildung, Wohnraum, Sozialleistungen,
Gesundheitsversorgung, ja selbst zu Personaldokumenten wird den Roma entweder ganz verweigert
oder durch zahlreiche Schikanen faktisch unmöglich gemacht. Das aber sind massive Verstöße gegen
die UN-Menscherechtskonvention. Dazu kommen
Einschränkungen der Freizügigkeit und mangelnder
Schutz vor rassistischen Übergriffen.
feststellen müssten. Wo nicht, bzw. nach Einspruch,
würde dann erstmal der europäische Gerichtshof eingeschaltet werden müssen.
Aber das Gesetz ist dennoch ein Durchbruch, und es
wird die Aufgabe der Solidaritätsbewegung und ihrer
Anwälte sein, diese dann bei uns aufgerichteten Hürden erneut einzureißen.
Die Studie ist deswegen so wertvoll, weil Bundestag
und Bundesrat soeben ein Gesetz vorlegten, wonach
ein Asylanspruch nicht nur bei politischer Verfolgung
durch Staatsorgane besteht, sondern auch dann, wenn
die Asylbewerber mehrere Menschenrechtsverletzungen, wie die oben genannten, nachweisen können.
– Hoppla! Ist der heilige Geist über unsere Politiker
gekommen? Nein! Es war mal wieder der Druck aus
Brüssel. Die Qualifikationsrichtlinie Art. 9 muss bis
Dezember 2013 in nationales Recht übernommen
werden.
Innenminister Friedrich (der Wüterich und Oberhetzer gegen asylsuchende Roma), wird wohl hinhaltenden Widerstand geleistet haben. Vermutlich tröstet er
sich damit, dass die Ausführungsbestimmungen des
Gesetzes so gestaltet werden, dass es den Asylbewerbern beinahe unmöglich wird, eine kumulierte Verletzung ihrer Menschenrechte individuell nachzuweisen.
Insbesondere hofft er darauf, dass deutsche Verwaltungsgerichte verlangen könnten, dass zunächst serbische Gerichte solche Menschenrechtsverletzungen
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nevipe – Nachrichten und Beiträge aus dem Rom e.V.
Rechte an die
Macht,
Linke an die Macht,
und immer die
gleichen Opfer
Als Nicolas Sarkozy Innenminister war, zeigte er
sich umbarmherzig zu den Roma in Frankreich. Als
Präsident zeigte er sich noch strenger. 2010, nach
Ausschreitungen in einem Problemviertel in Grenoble
und in Saint-Aignan, wo Sinti und Roma gegen die
Gendarmerie kämpften, die bei einer Kontrolle einen
jungen Mann erschossen hatte, ließ Sarkozy 300 „illegale“ Lager schließen und Hunderte von Roma nach
Rumänien zurückschicken. Im Zuge des berühmt-berüchtigen „Discours de Grenoble“ hatte der Präsident
Straftäter, Ausländer und Roma in den selben Topf
geworfen, alles Kriminelle.
net in der Stadt Evry räumen, wo er noch kurz zuvor
Bürgermeister war. Diese Maßnahme sei notwendig
wegen der untragbaren sanitären Zustände, verkündete er.
Wer eine Änderung der Verfolgung nach dem
Sieg der Sozialisten 2012 erwartete, wurde schnell
in die Realität zurückversetzt. Der sozialistische
Innenminister, Manuel Valls, verfolgte haargenau
dieselbe Politik wie seine Vorgänger. Obwohl die EU
mehrmals die Haltung der französischen Regierung
gegenüber Minderheiten und sozialen Randgruppen
kritisierte, ließ der neue Minister ein Roma-Lager
räumen. Demonstrativ ließ er dieses Lager ausgerech-
Vor wenigen Wochen verteidigte Manuel Valls, selber Immigrant, die Politik der harten Hand. Grund:
die Lager seien eine Gefährdung der Gesundheit.
Vielleicht, weil der Minister doch noch ein bisschen
sozialistisch denkt, weil diese Lager oft am Rand von
armen Vierteln „illegal“ errichtet sind und somit das
Leben von Menschen erschweren, die ohnehin von
der Krise, Arbeitslosigkeit und Armut schwer betroffen sind. Er hat nicht Unrecht: neuerdings räumten
Seit fast einem Jahr sind die Sozialisten im Amt. Für
die Roma hat sich nichts geändert: Verfolgung, Angst,
Rückführung. Im vergangenen Jahr sind in Frankreich
fast 12.000 Roma aus „illegalen“ Lagern vertrieben
worden. 117 Lager seien geräumt worden, teilte die
Europäische Vereinigung für die Verteidigung der
Menschenrechte (AEDH) mit.
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20
nevipe – Nachrichten und Beiträge aus dem Rom e.V.
maghrebinische Einwohner eines Armenviertels in
Marseille eigenhändig ein Roma-Lager und setzten es in Brand. Daraufhin verlangte die StadtteilBürgermeisterin Samia Ghali, auch Sozialistin, die
Hilfe der Armee, um die Ruhe wiederherzustellen.
Wie soll es mit den geschätzten 20.000 Illegalen
weiter gehen?
Zur Eindämmung der Zuwanderung aus Rumänien
und Bulgarien wurde die Rückkehrhilfe in Höhe von
300 € gestrichen. Integrationsdörfer sind hier und
da geschaffen worden, aber das Experiment scheint
nicht zu greifen. So stehen die Präfekten vor einem
Dilemma. Einerseits müssen sie die Illegalen jagen,
auf der anderen Seite müssen sie eine korrekte Bleibe
organisieren, die es nicht gibt – oder viel zu selten.
Neulich kündigte Manuel Valls allerdings etwas
Positives an. Er will dafür sorgen, dass die RomaKinder in die Schulen kommen. Er will auch
diejenigen unterstützen, die bereit sind, sich zu
integrieren und ihnen leichter Aufenthalts- und
Arbeitsgenehmigungen geben.
Michel Payen
PS: Am 8. Juli 2013 räumte die Polizei erneut zwei
Roma-Camps in Essone und in Val d`Oise. 2013
wurden in Frankreich bereits 8.400 Roma aus ihren
Camps vertrieben.
Französischer Schulterschluss gegen die Roma
Die Rechtsradikale –
Innenminister Manuel Valls, Sozialistische Partei
Marine Le Pen, Vorsitzende des Front National
Foto © blogs.lexpress.fr
Foto © lefigaro.fr
Der Sozialist Marine Le Pen
Manuel Valls
„Die Bewohner der Roma-Camps sind nicht bereit sich
zu integrieren Die Bewohner der Lager sind alle kriminell. Ich werde die Lager weiter niederreißen lassen.“
Manuel Valls, 8. Februar 2013
„Wenn ich an der Regierung bin, werde ich alle Lager
niederreißen lassen“
Marine Le Pen, 8. Juli 2013
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21
Die Istanbuler Roma
und der Gezi-Park
Foto © Astrid Heubrandtner
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Sulukule vor der Zerstörung.
an dem gewaltigen Wall des Kaisers Theodosius
II. niedergelassen hat. Als Musiker und Magier,
Pferdehändler und Bärenführer verdienten die Roma
ihr Geld.“ (Der Spiegel 2008)
Im Jahre 2005 lässt Erdogan das sogenannte
Stadterneuerungsgesetz 5366 verabschieden, um die
„Sanierung“, dh. den Abriss historischer Stadtteile zu
erleichtern. Das Gesetz erlaubt die Zwangsenteignung
der Menschen, die sich dem Abriss widersetzen.
Ziel ist die Schaffung von Bauflächen in der
Innenstadt. „Die Stadtverwaltung will Platz schaffen
für teure Apartments und Boutiquen.“(Der Spiegel
21.1. 2008). Chef des maßgeblichen Baukonsortiums,
das sich riesige Gewinne verspricht, ist Erdogans
Schwiegersohn. Eines der ersten Viertel, das den
Baggern zum Opfern fällt, ist das uralte Roma-Viertel
Sulukule, neben anderen Vierteln, in denen ebenfalls
ärmere Instanbuler wohnen, wie im Stadteil Tarlabasi.
Zerstörung von Sulukule
Die Bewohner versuchen Widerstand zu leisten. „40
Tage und 40 Nächte lang haben sie musiziert und
demonstriert. „Wir haben nicht aus Freude gespielt,
sondern aus Wut.“ sagte Neze Ozan, die Organisatorin
der Proteste dem Spiegel. Trotz Warnungen der
UNESCO, gegen Beschlüsse türkischer Gerichte, ja
trotz Intervention der EU Brüssel zerstören Erdogans
Leute das älteste Roma-Viertel der Welt.
„Bis in die neunziger Jahre fiel der Istanbuler Geldadel
nach Mitternacht in Sulukules Kneipen ein…. Die
Kunden staunten und aßen und tranken und zahl-
Foto © Astrid Heubrandtner
Foto © Astrid Heubrandtner
Schon vorher waren Teile des Viertels dem Bau einer Schnellstrasse geopfert worden. Die Roma leben
und arbeiten dort seit über 1000 Jahren, als sie von
Kleinasien kommmend ihre erste Siedlung auf europäischen Boden in Konstantinopel errichteten – protegiert von den byzantinischen Kaisern, also lange vor
der Eroberung durch die Türken. „Sulukule ist älter
als Istanbul ... Byzantinische Schreiber berichteten
erstmals von dem Volk, das sich in schwarzen Zelten
Foto © Astrid Heubrandtner
Die Bewohner werden von Erdogans Polizei drangsaliert und von der Stadtverwaltung unter Druck gesetzt:
wer nicht freiwillig auszieht und eine lächerliche
Entschädigung akzeptiert bzw. in einen Plattenbau 40
km außerhalb umzieht, dem wird das Haus unter dem
Hintern weggebaggert.
Bagger reißt Haus nieder in Sulukule.
Bewohner von Sulukule musizieren als Zeichen ihres Protests.
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Foto © Astrid Heubrandtner
nevipe – Nachrichten und Beiträge aus dem Rom e.V.
Protestabend der Roma 2007 – damals noch optimistisch
ten.“ (Der Spiegel). Die Besucher des Viertels waren als Gäste dort und genossen die authentische
Atmosphäre. Mittlerweile haben wohl einige dieser
Leute schon die Luxusappartements erworben, die auf
den plattgemachten Viertel errichtet wurden.
Kurt Holl
(Die Fotos stammen aus dem Film „Mein Haus stand
in Sulukule“.)
Foto © Astrid Heubrandtner
Und jetzt der Gezi-Park. Ein Erholungsort der
Istanbuler Mittelschicht, von Angestellten, Beamten
und Studierenden. Jetzt plötzlich erkennen diese, sie
hätten früher wach werden sollen, als die Schwächsten
Opfer der skrupellosen Politik wurden. Aber damals
vertrauten sie dem „Erneuerer“ Erdogan, der sie ja
von den korrupten kemalistischen Militärs und deren
Parteigänger befreite. Jetzt müssen sie erkennen, dass
die Stadterneuerung auch auf Kosten des Bürgertums
geht. Es ist jetzt zwar nicht die Bourgeoisie und der
Geldadel, der jüngst demonstrierte, wohl aber viele
von deren Kindern mit tausenden anderer junger
Leute, die keine Lust mehr haben, die autoritäre
Politik Erdogans und seiner Profithaie hinzunehmen.
Im Gezi-Park treffen sie auch Istanbuler Roma, die
schon 2007 aus Sulukule vertrieben worden waren.
Es hat sich viel bewegt. Langsam entsteht in den
Kämpfen um ihre Stadt ein breites Solidatitätsbündnis
vieler vorher verfeindeter oder sich meidender
Gruppen: Türken und Kurden, Hooligans von
Fenerbace und Besiktas, Studenten und Arbeiter,
muslimischen Frauen und Säkularistinnen und mitten
unter ihnen Roma aus Sulukule. „Mein Haus stand
in Sulukule“ heisst der Dokumentarfilm ist der österreichischen Filmmacherin Astrid Heubrandtner,
die damit dem Viertel ein Denkmal setzte. (Siehe den
Trailer auf youtube: www.youtube.com/watch?v=SyV_
emHbbcs). Er kann im Rom e. V. ausgeliehen oder
besser bei der Regisseurin bestellt werden: www.astridheubrandtner.at
Foto © Astrid Heubrandtner
Solidarischer Protest verschiedener Gruppen.
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nevipe – Nachrichten und Beiträge aus dem Rom e.V.
Auschwitz –
na und?
Renten für SS-Witwen – kein Problem!
Witwen von Auschwitz-Überlebenden gehen
leer aus!
Als unverantwortlich gegenüber den Überlebenden
des NS-Vernichtungslagers Auschwitz kritisierte heute
der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und
Roma, Romani Rose, das Vorgehen der bayerischen
Landesfinanzbehörden bei der Verweigerung der Witwenrente für die 80-jährige Eva S. aus Fürth. Sie hatte
als Angehörige der Minderheit selbst das KZ Auschwitz überlebt, ebenso wie ihr im April 2011 verstorbener Ehemann Frank S., der kurz vor der Befreiung von
den SS-Ärzten im KZ zusätzlich noch zwangssterilisiert wurde. Rose appellierte in seinem heutigen Schreiben an den Bayerischen Finanzminister, Dr. Markus
Söder, die von seinen Behörden betriebene Aberkennung von verfolgungsbedingten Gesundheitsschäden
bei den Auschwitz-Überlebenden nicht zuzulassen
und den wenigen hochbetagten Überlebenden keine
jahrelangen Verfahren und Prozesse aufzuzwingen.
Das sei 68 Jahre nach dem Holocaust eine unakzeptable Behandlung, die andere Bundesländer inzwischen
mit Vergleichsabschlüssen geändert hätten, so Rose.
Bei Witwen von Soldaten und SS-Angehörigen sei es
nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) unüblich,
dass die Rentenbehörden über Jahre alles daransetzten, ärztlichen Berichten und Attesten – sogar amtsärztlichen Gutachten – grundsätzlich mit eigenen
medizinischen „Expertisen“ zu widersprechen, um
damit die Anerkennung zu verhindern. Notfalls müsse
das Gesetz für die NS-Verfolgten geändert werden, um
die unwürdige Praxis abzustellen, so Rose.
ßend noch in das KZ Ravensbrück und Sachsenhausen
verschleppt. Im KZ Ravensbrück nahm die SS gewaltsam die Operation zur Zwangsterilisation vor. Er war
seit der Befreiung schwer krank (im KZ hatte er Typhus)
und litt von Beginn an unter massiven Herzbeschwerden, die aber später im Rentenbescheid als „leichte
Herzmuskelschädigung“ abqualifiziert wurden. Frank
S. hatte niemals seine Lebensfreude zurückgewonnen
und litt zusätzlich mit seiner Ehefrau, die ein ähnlich
schlimmes Schicksal hatte, zeitlebens zusätzlich unter
den Folgen des Verlustes seiner Zeugungsfähigkeit.
Obwohl im Verlaufe der Jahrzehnte schwere weitere
Leiden hinzukamen, einschließlich koronarer Herzerkrankungen mit Operationen, Nierenleiden, Depressionen und vieles andere, bestritten ärztliche Gutachter
von Behörden und Gerichten den Zusammenhang mit
der Verfolgung und bagatellisierten die Krankheiten. In
skandalöser Weise wollen sie noch heute für die offenkundigen Verfolgungsschäden den Betroffenen selbst
die Verantwortung zuschieben - wegen „häufigen
Rauchens“ und „familiärer Disposition“. „Das ist schon
eiskalt und zynisch“, so Rose in seinem Schreiben an
Finanzminister Söder. Die Bayerische Landesregierung
habe die Möglichkeit und die Verantwortung gegenüber den wenigen noch lebenden Auschwitz-Opfern,
hier jetzt eine unbürokratische positive Entscheidung
zu treffen, appellierte Rose.
Das Verfahren (22 O 25490/11) ist zur mündlichen
Verhandlung bei dem Landgericht München I (Justizpalast am Karlsplatz) für den 18. Juli 2013, um 8.55 Uhr,
Sitzungssaal 137/I terminiert.
Arnold Roßberg
Jur. Mitarbeiter
[email protected]
Frank S. war seit 1943, ab seinem 11. Lebensjahr, in
KZ-Haft in Auschwitz-Birkenau und wurde anschlie-
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„Elses und andere
Geschichten“
Foto © Iris Pinkepank
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Aufführung des
Theater TKO/
ChoreodramaRoma-Theater
Weitere Aufführungen am 26., 28., 29. September
und am 07., 08. Oktober 2013 im Kunsthaus Rhenania, Bayenstr. 28, 50678 Köln
Philomena Brinkmann und Nedjo Osman
Foto © Iris Pinkepank
Else ist heute über neunzig Jahre alt und lebt in Schottland. Eine Erzählerin, dargestellt von Heidi Roldan,
am Bühnenrand gibt Auszüge aus einen Interview
wieder, in dem Else über ihr Leben und ihre Kindheit
in der NS-Zeit berichtet. Als 8jähriges Sinto-Mädchen
wurde sie zwei Mal ins Konzentrationslager verschleppt, ohne Eltern, ohne Familie, ganz allein. Bis
ihr Pflegevater sie zurückgeholt hatte. Davon und was
diese Erfahrungen in ihrem Leben angerichtet haben,
handelt das Stück „Elses und andere Geschichten“.
Nada Kokotovic ist eine zutiefst eindrückliche und
bewegende Inszenierung gelungen, in dem sie formal
ästhetisch und dramaturgisch effektvoll montiert: z. B.
Filmaufnahmen der NS-Zigeunerforscherin Eva Justin
aus dem Kinderheim von Mulfingen, die Aufnahme
des jüdischen Gefangenen Rudolf Breslauer von dem
10jährigen Sinti-Mädchen Settela, das am 19. Mai 1944
aus der Luke eines Viehwaggons schaut, der sie nach
Auschwitz-Birkenau deportiert, wo sie ermordet wird.
Kokotovic spiegelt diese reale Brutalität unmittelbar in
den naiven und unverstellten Kinderaugen der kleinen
Else, grandios gespielt von der 9jährige Philomena
Brinkmann, dem Star des Abends. Eine Brücke zu
aktuellen Diskriminierung und Verfolgung der Roma
in Europa schlagen zwei Gedichte von Nedjo Osman,
von ihm selbst rezitiert. Nedjo Osman fragt, warum er
sich hier und heute „Zigeuner“ (!) nennen lassen muss,
auch wenn ihn das zutiefst verletzt. Und er beschreibt
die tiefsitzende Angst der Minderheit vor Verfolgung
nicht nur aufgrund der aktuellen Hetzjagden in manchen Ländern Osteuropas, sondern auch wegen der
Erinnerungen an den Holocaust der NS-Zeit, die in fast
alle Sinti- und Roma-Familien eingebrannt ist.
Foto © Iris Pinkepank
Philomena Brinkmann als Else in „Elses und andere Geschichten“
Heidi Roldan, Till Brinkmann, Philomena Brinkmann, Katharina
Waldau, v.l.n.r.
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Rom e. V. & Theater
TKO/ChoredramaRoma-Theater
Foto © TKO
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Inszenierung plus
Theater-Workshop
Gefördert vom
Ministerium für Familie, Kinder Jugend,
Kultur und Sport
des Landes Nordrhein-Westfalen
Nada Kokotovic
Yul-Brunner-Preisträger Nedjo Osma leitet gemeinsam
mit der Regisseurin Nada Kokotovic das Theater TKO/
Choreodrama-Roma-Theater in Köln. Im Rahmen
unserer Veranstaltungsreihe „Wir boxen uns durch!
Vorbilder – Champions – Idole“ erarbeitet das TKOTheater eine Inszenierung zu dem Schicksal von „Rukeli“ Trollmann, dem Sinto-Boxer, der 1933 Deutscher
Meister im Halbschwergewicht wurde und später im
KZ ermordet wurde. Die Premiere wird am 25. November im Kunsthaus Rhenania sein.
Parallel findet der Workshop „Einer boxt sich durch!“
mit Jugendlichen Roma und Nicht-Roma ab 16 Jahren
statt. Sie werden an die Theaterarbeit herangeführt,
können sich ausprobieren und selbst ein Stück
erarbeiten. Sie haben auch die Chance sich auszutauschen, etwas von ihrer eigen Kultur zu vermitteln
und von den anderen zu lernen. Im Zentrum steht der
erfolgreiche Sinto-Boxer Rukeli Trollmann.
Benecke-Stiftung auch über Theaterberufe, deren
Perspektiven und Ausbildungswege informiert.
Es sind noch Plätze frei. Die Teilnahme ist kostenlos.
Einführungsveranstaltung:
Datum: Samstag, 21. September 2013
Zeit:
10 - 17 Uhr statt
Ort:
Rom e. V., Venloer Wall 17, 50670 Köln
Proben: September - Dezember
am:
Dienstag und Mittwoch
um:
17-19.30 Uhr
Informationen: Iris Pinkepank, Projektleitung,
[email protected], 0152 049 24 665
Foto © TKO
Die Interessen haben sich zum richtigen Zeitpunkt
getroffen: Der Rom e.V. war auf der Suche nach einem
anspruchsvollem und ansprechenden Kulturprogramm für junge Roma und Nicht-Roma. Da kam
Nedjo Osman genau richtig, der gerne eine RomaTheater-Kompanie mit Jugendlichen initiieren wollte.
Gemeinsam habe wir einen Plan geschmiedet und ein
ambitioniertes Projekt ausgearbeitet.
Nedjo Osman
Die Jugendlichen haben parallel dazu die wunderbare
Möglichkeit, die Profis Osman und Kokotovic bei der
Erarbeitung ihrer eigenen Uraufführung zu begleiten
und mit Ihnen in Diskurs darüber zu treten.
Damit der Workshop auch Anbindung an die Orientierungsphase zwischen Schule und Beruf findet, wird
auf der Eröffnungsveranstaltung von Migovita/Otto
Theater-Workshop „Medea“ von Nedjo Osman mit serbischen
Jugendlichen
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„Open for
Everything“
in der Kölner Oper
am 6.7.2013
Foto © sommerblut.de
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Eindrücke von Nedjo
Osman
„Open for Everything von Constanz Macras/Dorkypark“
In dem großen, blauen Zelt der „Oper am Dom“ konnte das Publikum am 6. Juli 2013 die Tanzvorführung
„Open for Everything“ sehen. Interessant war, dass
der Eintritt für Roma-Publikum frei war. Eine gute und
humane Idee. Dank an die Organisatoren.
Soweit ich mich informiert habe, hat die argentinische
Regisseurin und Choreografin Constanza Macras beabsichtigt, die Reise des Roma-Volkes durch Europa
darzustellen; dann auch wie die Roma in Ghettos
leben; wie sie sich in vielen europäischen Ländern
verkaufen. Seit 2010 hat Macras in Ungarn, Tschechei
und Slowakei das Leben, die Tänze und die Musik
der Roma erforscht. In ihrer Inszenierung versucht
sie die Klischees, die Diskriminierung, die Armut der
Roma, auf eine „humorvolle Art und Weise“ zu zeigen.
So ihr eigener Ankündigungstext. Das Publikum hat
sich gut unterhalten und am Ende den Tänzern, den
Schauspielern und Musikern einen großen Applaus
gegeben.
Als Theater Macher und Roma-Schauspieler habe ich
zunächst gezögert, mich dann aber doch dazu durchgerungen, meinen Eindruck von dieser Vorführung
kundzutun. In diesem Fall befinde ich mich auf der
anderen Seite, nicht auf oder hinter der Bühne sondern in der Rolle des Publikums, sogar des RomaPublikums. Und die Aufführung erzählt von den
Roma. Also über mein Volk, meine Kultur, über mich.
Bestimmt können Sie nachvollziehen, dass es für
mich etwas ganz anderes ist, als für einen Nicht-Rom.
Soweit man nicht involviert ist, kann man vieles mit
Humor nehmen und sich amüsieren. Bestimmt fühlen
Sie da ähnlich wie ich. Die Reaktion des Publikums
war ausgelassen, aber meine nicht. Selbstverständlich
nicht.
Auf eine „humorvolle Art und Weise“, Klischees,
Diskriminierung und Armut der Roma, dem Publikum
in ganz Europa zu zeigen – ist das ein interessanter
oder gar neuer Ansatz? Ich frage mich, warum mussten es ausgerechnet die Roma sein? Warum nicht die
argentinische, die brasilianische oder irgendeine andere Kultur? Jedes Volk hat ähnliche Probleme.
Warum kommt eine Nicht-Romni aus Argentinien auf
die Idee durch Theater, Tanz, Film oder Medien, die
Roma und deren Probleme auf so billig und exotisch
verbrämt Art darzustellen? Das ist deshalb nicht in
Ordnung, weil die Roma so ebenfalls diskriminiert
werden. Ich frage mich, warum erforscht niemand, wie
die Roma die Diskrimination wahrnehmen, wie empfinden sie den Schmerz, wie weinen sie, wie erleben
sie die Angst?
Roma sind keine Experten weder für Kriminalität,
noch fürs Reisen und auch nicht für das Leben
in Ghettos. All das sind die Angebote der
Mehrheitsgesellschaften, all das ist den Roma mit
Gewalt aufgenötigt worden. Niemand möchte ständig
reisen; niemand möchte ein ganzes Leben lang im
Ghetto leben.
„Open for Everything“ hat die Roma-Problematik
naiv und verharmlosend gezeigt. Mein einziges
Kompliment geht an den modernen Tanz, der eine
sehr gute Choreografie hatte, nicht aber an den RomaTanz. Ich als Roma kann sagen, dass Roma so nur
tanzen, wenn sie keine Lust zum Tanzen haben. Es ist
schade, dass Macras sich nicht intensiver dramaturgisch mit der Verarbeitung des Themas beschäftigt hat
und sich m. E. nicht hinreichend fachmännischen Rat
gesucht hat.
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Die Vorstellung hat die Roma so gezeigt, wie die Welt
sie seit langem schon sehen möchte. Aber Roma leben
nicht so und mögen es nicht, so zu leben. Anderseits
ist die Diskriminierung der Roma in den Ländern, in
denen Macras geforscht hat, in der letzten zehn Jahren
eskaliert. Dort werden sie ausgegrenzt, vergewaltigt
und angezündet. Schade das „Open for Everything“
das nicht auf der Bühne verhandelt hat.
Nedjo Osman
Schauspieler und Regisseur
Theater TKO/Choreodrama-Roma-Theater
Foto © Amaro Kher
übersetzt von Ismeta Stojković
Kindergartenkinder von Amaro Kher bei ihrem Sommerfest im Rom e. V.
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Brief vom
„Kopf der Welt“ –
Foto © Thierry Chapotot
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Reisebericht von
Jovan Nikolic
Jean-Pierre Siméon, Künstlerischer Direktor, eröffnet den
15e Printemps des Poèts
Ich warte auf den Zug nach Rennes am Bahnhof
Paris-Montparnasse, sehe in panische Gesichter von
Passagieren, die mit schwerer Bagage laufen wie im
Ameisenhaufen und denke: nur verdammt arme Leute
reisen in dieser Welt. Die Reichen fliegen mit dem
Flugzeug. Ich fahre für zwei Wochen in die Bretagne zu dem literarischen Workshop „Printemps des
Poètes“ in Treverien. Die Bretagne liegt im Westen
des französischen Kaps. Auf bretonisch bedeutet
Bretagne „ Kopf der Welt“. „Keine Sorge“ – sagt meine
Frau – „dort kommt Luft von zwei Seiten des Atlantik,
unglaublich frische Luft. Dort bekommst du Feiertage
für deine Lunge, du wirst neu geboren…“
Am ersten Morgen in Treverien sah ich nur Felder in
der Umgebung. Felder ohne Ende, kein einziges Haus.
Was für ein „Kopf der Welt“? Ich bin hinter Gottes
Rücken. Außerdem komme ich gerade zu der Saison,
wenn die Bauern ihren Mist auf die Felder streuen.
Von einer Seite kommt der Duft von Pferdedreck, von
der anderen Seite der von Kuhdreck. Meine Frau hatte
Recht. Die Luft war unglaublich frisch. Meine Kollegen waren ein bretonischer Poet Koulizh Kedez, mit
großem langen Bart bis zum Bauch wie Lew Nikolaewitch Tolstoj. Sehr nett und ein bisschen logoreisch.
Der Chefredakteur des literarischen Magazins „Viator“ Jean-Marie Bernard aus Lyon. Er ist Schamane.
Und der Grafiker Landry Perosheau. Wir haben ein
Apartment in einem uralten renovierten Zwei-EtagenBauerhaus mit großem offenen Kamin und rustikalen
Holzsims. Alle Häuser dort haben Kamine mit rustikalen Simsen!
Wir unternahmen eine Mini-Tournee nach Dinan,
ein altes exklusives Sommerstädtchen aus dem 12.
Jahrhundert mit luxuriösen Villen und Smaragd Küste.
Zwei-Etagen-Stadt! In der Oberstadt uralte graue
Häuser aus Holz und Steinen aus dem 18 Jahrhundert mit kleinen schmalen Straßen aus Bruchsteinen,
alten Kandelabern und hübschen Läden – wie in den
Filmen von Harry Potter, als ob die Zeit still steht. Die
Unterstadt, im Tal der Fluss Rank, auf dem viele Schiffe
Foto © Jovan Nikolić,
Jovan Nikolic, Schriftsteller, (Ein Buch für die Stadt,
2011), war im März zum „15e Printemps des Poètes“ nach Treverien in die Bretagne eingeladen.
Hier beschreibt er seine Eindrücke:
Koulizh Kedez, Jovan Nikolić, v.l.n.r.
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Meine zweite ästhetische Überraschung war im
Dörfchen Becherel – Cité du Livre (Stadt der Bücher)
mit 35(!) Buchläden und Kunstgalerien. Dann kam die
Lesung in Rennes. Dort sah ich ein Literaturmagazin
„Au sud de l’ Est“, in dem ich mein, mein übersetztes
Lied gefunden habe. Dort haben wir nach der Lesung
eine gute Resonanz vom Publikum bekommen und
guten Wein in einen Rock-Cafe, wo ich getanzt und
illegal eine Zigarette graucht habe (wie im Rom e. V.).
Begleitet hat uns die ganze Zeit die Malerin Claude
Emery Derlon. Sie malt Motive aus dem Roma-Leben. Sie war verheiratet mit Pierre Derlon. Er ist ein
bekannter Autor von Büchern über das Leben der
Roma-Communities und dem damit einhergehenden Mystizismus. In der Nähe von Saint Malo hatten
wir eine Lesung in einem „Station-Theatre“, mit 80
Plätzen, eine ehemalige Tankstelle! Nachmittags hat es
geschneit. Für 15 Minuten lagen 15 cm Schnee auf der
Erde. Morgens habe ich eine Schneeinsel gesehen, die
von der Erde abhob und hoch in die Luft flog! Halluzination? Zu viel Wein gestern Abend? Nein, es war ein
Möwenschwarm. Schönes poetisches Bild, habe ich
gedacht.
Foto © Jovan Nikolić,
und Häuser wie Lego Würfel ruhen. Alles war wie auf
einem impressionistischen Bild. Kein Dilemma: Dinan
ist eine der hübschesten Städte in der mittelalterlichen Bretagne!
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Die Finissage aller Projekte war eine beinahe nichtendende Performance mit Lesung, Musik, Theater, Essen
und Trinken in einem richtig großen Zirkuszelt. Mein
sehr netter Hausherr Louis Dugas hat eine Broschüre
mit meinen 30 Liedern und Prosatexten gedruckt; das
war ein großes Geschenk für mich. In dieser Nacht
wurde die ganze Auflage (50 Stück) verkauft. Beim
letzten Ausflug nach Mont Saint Michel, mit 3 Millionen Besuchern pro Jahr eine touristische Attraktion
an der Grenze von Bretagne und Normandie, sagte
ich „ Au revoir Bretagne – bis zum nächstes Mal.“
Und schon kam das nächste Mal: eine Einladung in
die Bretagne im August nach Douarnenez zu einem
Roma-Filmfestival.
Jovan Nikolic
Weitere Informationen: http://www.printempsdespoetes.com/index.php?url=agenda/fiche_eve.
php&cle=37769
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Literarischer Abend
mit Selam Pató
Selam Pató hat sich den Besuchern dieses wunderbaren Abends auf dem besten Wege vorgestellt – mit ihrer Poesie, die sie auf Romanes las. Sie wechselte sich
mit Jovan Nikolić und Ruždija Sejdović ab, die auch in
ihren Herkunftssprachen vortrugen. Die Übersetzung
auf Deutsch wurde von Frau Sigrun Reckhaus mit viel
Gefühl nähergebracht.
Im Anschluss hat Selam Pató über die Position der
Roma in Ungarn berichtet. Die Diskriminierung ist
leider immer noch sehr groß und der Kampf gegen
Rassismus und Vorurteile noch lange nicht besiegt.
Das Publikum hatte auch viele Fragen zu diesem Thema, die Selam Pató gerne und ausführlich beantwortete; die Übersetzung hat Ruždija Sejdović geleistet.
An den Wänden des roten Saals, in dem die Veranstaltung stattfand, hingen Reproduktionen der Malerei
von Selam Pató und damit hatten die Gäste einen
kompletten Einblick in das künstlerische Schaffen
dieser besonderen Frau. Der Abend wurde mit einem
Aperitif in einer sehr netten und gemütlichen Atmosphäre abgerundet.
Am Dienstag, den 28.05.2013, hat in den Räumen des
Rom e. V. eine Lesung mit Selam Pató stattgefunden.
Die Initiative zur Veranstaltung kam von dem Schriftsteller Ruždija Sejdović, der in Kooperation mit seinem
namhaften Kollegen Jovan Nikolić auch Organisator
war. Anlass für diesen Abend war das traditionelle
„St. Georgs Treffen“, bzw. „Mai Treffen“ im Sinne der
Roma-Tradition. Der 6. Mai ist einer der höchsten Feiertage aller Roma. Das hat Jovan Nikolić nach der Begrüßung auch erklärt und verkündet, dass dieses Treffen nun zukünftig jährlich organisiert und immer eine
Roma-Künstlerin oder ein -Künstler vorgestellt wird.
Selam Pató ist eine große Bereicherung für das Volk
der Roma und eine hervorragende Botschafterin der
Roma-Kultur in der Welt.
Ismeta Stojković
Diese sehr engagierte Frau ist Lovara-Romni und hat
ihr Leben ihrem Volk gewidmet. Sie schreibt selber,
sammelt aber auch Roma-Werke, die bisher nicht
veröffentlicht wurden, und so ist sie auch Herausgeberin von über dreißig Anthologien und Büchern
und verfasste an die zweihundert Rezensionen. Ihre
Gedichte und Artikeln erscheinen seit über zwanzig
Jahren in vielen großen Journalen und beschreiben
den Lebensstil der Roma, ihre Religionsphilosophie
und Mysterien. Sie übersetzt auch Werke von Schriftstellern anderer Länder. 2011 verlieh ihr der Premierminister Ungarns die höchste Auszeichnung des
Staates, das „Diplom für die Minoritäten des Landes“,
für ihre Verdienste um die Roma Kultur.
Foto © Ismeta Stojković
Diesmal hatten die Besucher des Abends das Vergnügen die Roma-Künstlerin Selam Pató aus Ungarn
kennenzulernen. Ruždija Sejdović hat sie den Gästen
als Schriftstellerin und Redakteurin mehrerer RomaZeitschriften vorgestellt. Besonders hervorgehoben
hat er, dass Selam Pató auf romanes schreibt – dies ist
nicht nur in Ungarn eine Seltenheit. 2001 gründete
sie ihr eigenes Journal „Nyveske Arakhadyipe“ (Neue
Begegnungen).
Ruždija Sejdović, Selam Pató, Ismeta Stojković und Jovan Nikolić
(v.l.n.r.)
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nevipe – Nachrichten und Beiträge aus dem Rom e.V.
Neue Bücher in
der Bibliothek des
Rom e. V.
Kanyar Becker, Helena (Hrsg.), Jenische, Sinti und
Roma in der Schweiz. Mit Fotos von Urs Walder
(Basler Beiträge zur Geschichtswissenschaft, Bd.
176), Schwabe & Co., Basel 2003, 185 S., br., € 49,- In der Schweiz leben „zwischen 25.000 und 30.000
Personen“ einer, wie es heißt, „Gemeinschaft der
schweizerischen Fahrenden“.1 Jenische bilden
„die Hauptgruppe der Fahrenden schweizerischer
Nationalität“.2 Sie sind Nachfahren der vor Zeiten
aus der Ortsfestigkeit herausgefallenen, der historischen Schweizer Armut. Das grimmsche Märchen
von den Bremer Stadtmusikanten erzählt von solchen
Wechseln in die Migration im eigenen Land, vom sozialen Abstieg nicht nur in Bremen.
Neben der „Hauptgruppe“ gibt es demnach eine
kleinere Gruppe von Roma, die zumeist den
Sinti (Manusch) angehören. Die so definierte
Gesamtgruppe ist als nationale Minderheit geschützt.
Mitunter werden dieser als „fahrend“ etikettierten
Gesamtminderheit, von der nur eine sehr kleine
Teilminderheit tatsächlich reist, spekulative 30.000
bis 40.000 Roma hinzugefügt. Das sind dann als
Flüchtlinge oder Arbeitskräfte seit den 1950er Jahren
bis heute in die Schweiz migrierte und noch migrierende meist südost- und südeuropäische Roma und
ihre Nachfahren, die inzwischen zum Teil Schweizer
Bürger sind.3 Die Jenischen addieren sich dann mitunter zu einer 70.000 Menschen starken „zigeunerischen“ Minderheit „der Schweiz“, wie es im Beitrag
des Sprechers eines der jenischen Vereine Venanz
Nobel geschieht. Zusammengeführt werden die 70.000
als „Völker“ oder „Volksgruppen“ mit „nomadisch/
cyganischem kulturellen Hintergrund“. Als solche
sind sie das gemeinsame Thema der Beiträge zu der
vorliegenden Publikation. Sie folgt einer Vortragsreihe
des Historischen Seminars und des Seminars für
Volkskunde der Universität Basel und enthält neben Geleitwort, Vorwort und Einleitung fünf längere
Beiträge, drei Kurzbeiträge, eine Reihe von Dokumenten
sowie zehn Fotografien.
Thematisch dominiert die Gruppe der Jenischen. Das
entspricht Schweizer Gepflogenheiten und ergibt sich
schlicht daraus, dass Jenische anders als Roma seit den
1970er Jahren über aktive Selbstorganisationen verfügen und in der öffentlichen Wahrnehmung seither kontinuierlich präsent sind.
Das wiederum erklärt sich aus den damals bekannt gewordenen Kindsfortnahmen durch das Hilfswerk Kinder
der Landstrasse. Auch in der vorliegenden Publikation
steht dieser Skandal im Mittelpunkt. Der Historiker
Thomas Meier berichtet über das Hilfswerk und dessen Kampf gegen das Schweizer „Vagantentum“. Dabei
verharrt er nicht in der Zeitgeschichte, sondern fragt
zugleich nach dem Stand der Aufarbeitung des kollektiven Unrechts. Er sieht nach wie vor Defizite. Graziella
Wenger spricht zum Hilfswerk aus der Zeitzeugen- und
Betroffenenperspektive und stellt ein Fallbeispiel vor.
Es ist das Schicksal ihres Bruders Andreas. Dazu legt
sie zahlreiche eindrucksvolle Dokumente aus dem
Schweizerischen Bundesarchiv vor.
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In dem impressionistischen, unterhaltsam geschriebenen, nur ziemlich inkonsistenten Beitrag von
Venanz Nobel steht die Gruppe der Jenischen ein
weiteres Mal im Mittelpunkt. Der Verfasser fragt
nach der Bedeutung des Reisens und kommt Roma
miteinschließend zu dem Schluss, dass eine solche
Lebensweise ganz überwiegend weder der heutigen noch der historischen Lebenswirklichkeit von
„Zigeunern“ entspreche. Selbst ein erheblicher Teil
der Opfer des Hilfswerks sei nicht aus reisenden,
sondern aus ortfest lebenden Familien gekommen.
Die Randgruppenquartiere, in denen jenische
alte und nichtjenische neue Armut an der lokalen
Peripherie zusammenfand, romantisiert er zum
Hort von „Hütern des kulturellen Schatzes“ eines
jenischen „Volks“. Es ist aber nicht sinnvoll, das
Leben in sozialen Brennpunkten, also Armut, unzureichende Wohnverhältnisse, Ausbildungs- und
Bildungsdefizite, zu ethnisieren und zu romantisieren, weil das von den Ursachen fortführt und
ein Beitrag zur fortgesetzten Chronifizierung der
Problemlagen ist.
Es ist auch nicht sinnvoll, „Jenische, Roma und
Sinti“ als „reisende Zigeunerstämme“ oder als „reisende Völker“ zusammenzuführen, wie Nobel es
macht, denn wo bleibt da die übergroße nichtreisende Mehrheit? Die Kollektivierung der Gruppen
und Individuen zu einer wesenhaft verbundenen
„zigeunerischen“ Gesamtminderheit ist abstrus.
Lebenswelten und Selbstwahrnehmung der
Angehörigen der angeblichen „Zigeunerstämme“
fallen doch außerordentlich weit auseinander. Es
gibt den sesshaften jenischen Marktbeschicker,
den Industriearbeiter, den Stützeempfänger oder
den viel reisenden Schrottler wie es nichtjenische
Marktbeschicker, Industriearbeiter, Stützempfänger
und Schrottsammler gibt. Es gibt osteuropäische Roma, „Gastarbeiter-Roma“ aus Spanien,
Griechenland oder dem früheren Jugoslawien,
Kosovo-Vertriebene, Schweizer Sinti, den
Schriftsteller oder Arzt aus Bulgarien, der früheren
Tschechoslowakei etc. pp.
Auf diese Vielfalt geht mit dem Blick auf Roma
der Schweizer Mathematikprofessor, Banker und
Direktor der Rroma Foundation Stéphane Laederich
in seinem Beitrag ausführlich ein. Laederich steht für
die so oft geleugneten und bekämpften Übergänge
zwischen den so gerne als so gut abgrenzbar beschriebenen „Völkern“. Sein Vater ist Elsässer, die
Mutter Romni. Der gemeinsam mit dem russischen
Linguisten Lev Tcherenkov erarbeitete Beitrag bietet dem Leser ausführliche Grundinformation zur
Geschichte und zur Sprache der Roma. Das Wort
von den „Fahrenden“ ist in beider Sicht eine mehrheitsgesellschaftliche westeuropäische Konstruktion,
die auf einen realitätsfernen Mythos zurückgeht.
Vielfalt ist auch das Merkmal der Gruppensprachen
innerhalb der Romanes-Sprachgruppe, Hinweis auf
nevipe – Nachrichten und Beiträge aus dem Rom e.V.
die Unterschiedlichkeit der Gruppengeschichten und
jeweiligen Umgebungsgesellschaften.
Wo andere mythisieren, klären Laederich/Tcherenkov
auf, was angesichts der auch in der Schweiz betriebenen antiziganistischen Hetze dringend nottut – siehe
nur den bekannten Titel der Weltwoche („Die Roma
kommen: Raubzüge in die Schweiz“), der im vergangenen Jahr viel Aufmerksamkeit fand, publiziert sinnigerweise ein paar Tage vor Hitlers Geburtstag.
Cristina Kruck ist die Gründerin der Schweizer RromaFoundation. Sie wendet sich Rroma-Traditionen zu.
Das ist einerseits recht interessant, aber andererseits
doch immer wieder auch fragwürdig. Lässt sich denn
von einer universalen homogenen Tradition und
Kultur „der“ Roma sprechen? Dabei ist es nicht einfach so, dass die Autorin über die Differenz hinweggeht. „In jedem Land“, schreibt sie mit kritischem Blick
auf Benennungen wie „polnische Roma“, „ungarische
Roma“, leben, „diverse Roma-Gruppen …, die spezifische Traditionen pflegen“. Aber sie kulturalisiert ähnlich Nobel zugleich zu einer in wesentlichen Aspekten
gemeinsamen Roma-Minderheit.
So ist sie der Meinung, dass es sich dabei in toto um
eine besonders freiheitsliebende Spezies handle:
„Weder administrative Vorschriften noch Gesetze
oder Verordnungen“ ließen diese Menschen sich
aufzwingen, es zählten für sie allein die traditionellen Regelungen ihrer Großfamilien. Damit liegt sie
ganz nah bei der Idee von der normativ nicht oder
nur schwer ansprechbaren ethnisch geschlossenen
Gegengesellschaft mit Tendenz zur Delinquenz. In
allen ethnischen und sozialen Gruppen aber gab
und gibt es Menschen, die auf Abstand zu staatlichen
Normvorgaben sind, und manchmal waren/sind es
ziemlich viele. Man denke doch nur einmal an den
Finanzsektor und die dortigen Dienstleister, nicht
nur in der Schweiz. Oder auch an den gesicherten
Tatbestand, dass unsere mittel- und westeuropäischen mehrheitsgesellschaftlichen Vorfahren bis
ins 19. Jahrhundert hinein wenig staatsgläubig in
überwiegend großen Familienverbänden („Clans“)
und Dorfgemeinschaften lebten. Deren traditionelle
Regelungen hatten den klaren Vorrang vor den staatlichen und grundherrlichen Autoritäten und deren
normativen Hervorbringungen. Man schaue sich
nur einmal die Zahlen zum Holzdiebstahl oder zum
Wildfrevel an.
Auch die Bilder des Fotografen Urs Waldner folgen der exotisierenden Perspektive. Es sind Bilder
mit Wohnwagen, Musikanten mit Schwyzerörgli
(Akkordeon) und Korbflechter. Sie suggerieren nur
wieder, Jenische und Roma seien ständig auf der
Wanderschaft, „Nomaden“. Zu diesem Zigeunerbild
passt die Verwendung altfränkscher Termini wie
„Sippe“ oder „Stamm“. Das kommt aus der völkischkolonialistischen Begriffekiste der traditionellen
Zigeunerforschung.
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Foto © Judith Hauser
Insgesamt ist diese Schrift eine gemischte Veranstaltung: man erfährt einerseits viel, fragt sich unter dem
Strich aber doch, was die Herausgeber motiviert
hat, die hier abgehandelten Gruppen zwischen zwei
Buchdeckel zu stecken, und kommt leider nicht daran
vorbei: Es war die Vorstellung von dem wesenhaft alle
„Zigeuner“ verbindenden „Zigeunerischen“. Damit
reicht das Buch auch das Ressentiment weiter, unvermeidlich.
nevipe – Nachrichten und Beiträge aus dem Rom e.V.
Ulrich F. Opfermann
1 So der schweizerische Bundesrat 2006 unter Verweis auf eine
Zahlenangabe von 1978.
2 Siehe: Schweizerische Eidgenossenschaft, Bundesamt für Kultur:
Sprachen und kulturelle Minderheiten – Fahrende in der Schweiz,
2006, in: http://www.bak.admin.ch/bak/themen/sprachen_
und_kulturelle_minderheiten/00507/00512/index.html?lang=de,
Stand: 20.10.2009. Siehe die Verweise bei: Maïté Michon, Minorité:
un concept commode, mais ambigu, in: Tangram. Bulletin der
Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus, 1997, Nr. 3, S. 1721, hier. S. 1; Paul Fink, Leiter der Sektion Kultur und Gesellschaft
im Bundesamt für Kultur (zugleich Vizepräsident der Stiftung
Zukunft für Schweizer Fahrende), 20.11.2007: „Die Schweiz hat
die Fahrenden als nationale Minderheit anerkannt ..., und sie hat
das Jenische als territorial nicht gebundene Sprache der Schweiz
anerkannt.“ (Hervorh. im Orig.), zit. nach: http://www.sifaz.org/nfp51vortragvenanznobel10dez2007.html#_ednref4, Stand: 20.10.2009.
3 Diese Angaben und das folgende Zitat in: Verein schäft qwant, Die
Jenischen im neuen Schweizer Kulturförderungsgesetz, 1.11.2005,
in: http://www.openpr.de/news/66348/Die-Jenischen-im-neuenSchweizer-Kulturfoerderungsgesetz.html; Verein schäft qwant,
Haben Jenische, Sinti und Roma keinen Platz in der Schweiz?,
14.11.2005, in: http://www.openpr.de/news/67958.html, Stand:
20.10.2009.
KAROLA e. V., Stroux, Marily (Hrsg.), „Bei uns ist es
so.“ Hamburg, 2012 (Bestellung über: www.karolahamburg.de)
schiedenen Romni. Zur Sprache kommen Themen wie
Heiraten, Kinderkriegen, Frauen- und Männerrollen,
Fluchterfahrungen und vieles mehr. Daneben
finden sich auch inhaltliche Informationen zu
Begrifflichkeiten wie Sinti und Roma oder Herkunft.
Ziel und Wunsch des Projektes ist es, nicht wissenschaftliche Meilensteine zu legen, sondern vielmehr
ein Verständnis für die Kultur der Roma zu schaffen
um klischeehafte Vorstellungen über „Zigeuner“ auszuräumen.
Die bewundernswerte Offenheit der Frauen ermöglicht es durch „Bei uns ist es so.“ einen authentischen
Einblick in ihre Kultur zu bekommen. Während der
Lektüre entdeckt man zwar den einen oder anderen
Unterschied zur eigenen Kultur, jedoch lässt sich auch
so manche Gemeinsamkeit ausmachen. „Bei uns ist
es so.“ will allen, die wenig oder keinen Kontakt zu
Roma haben und allen, die falschen Klischees hinterher hängen, einen Weg zeigen, Verständnis für die
Minderheit aufzubauen und auch Möglichkeiten, um
vielleicht mit den Roma in Kontakt zu treten– damit
das Gefühl des „Nicht-Dazu-Gehörens“ immer mehr
verschwindet und einer Willkommenskultur weicht.
Judith Hauser
„Keiner hat sich bis jetzt über uns interessiert. Keiner
hat gefragt. Deswegen haben wir nicht darüber geredet.“ Diese Aussage steht zu Beginn des Buchprojekts
„Bei uns ist das so.“ des Internationalen Treffpunkts
für Mädchen und Frauen KAROLA e.V. und der
Fotojournalistin Marily Stroux.
In „Bei uns ist es so.“ finden sich Gespräche mit RomaFrauen wieder, in denen diese ganz offen und ehrlich
über verschiedene Themen, die ihren Alltag und ihr
Leben bewegen, sprechen. Das Buch entstand durch
über mehrere Jahre hinweg geführte Gespräche zwischen den Mitarbeiterinnen von KAROLA e.V. und ver-
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nevipe – Nachrichten und Beiträge aus dem Rom e.V.
Veranstaltungen
+
Hinweise
Tenderly, Biebela, Django. Dazu kommen vergoldete
Schusswaffenkugeln. Sie sind artifizielle Interpretationen derer, mit denen in Mexiko auf den Künstler geschossen wurde. Vergoldet, verformt und vergrößert,
werden sie zu Ikonen, zu mahnenden und vielleicht
auch leicht mit Stolz erfüllenden Objekten; denn man
war stärker als Tod und Gefahr. Sie stehen auf Sockeln
vor einer großformatigen Schwarzweißfotografie mit
dem Titel „ Dieveto di caccia“ (ital. Jagd). Diese zeigt
in Anlehnung an die bis in die heutige Zeit zu Tode
gekommenen Sinti und Roma ein Haufen aus Menschenknochen. Überhaupt bezieht Varady sich oft auf
Vergänglichkeit und Sterben; die Kugeln versinnbildlichen die Gefahr in der wir uns befinden und mahnen
vergoldet an die Kostbarkeit unseres Lebens.
Bedeutsam zum Verständnis von Varadys Arbeiten
sind auch sein Humor und seine Ironie, die die verinnerlichte Schwere seiner Arbeiten in ein anderes
Verhältnis setzen. Der WARRIOR ist auch eine selbstironische Fiktion, die vergoldeten Kugeln, die seinen
Tod hätten bedeuten können, haben eine deutliche
humoristische Komponente; denn nur lachend kann
man sich vom Tod befreien.
Ausstellung
„Gypsy Warriors“ von Kálmán Várady
Kálmán Várady ist ein mit Lust an der Gefahr sehr
weit gereister Rom. Nicht weil ihn sozio-ökonomische
Zwänge oder ein Klischee dazu drängten: Hier ist das
Nomade-Sein Vergnügen, Horizonterweiterung und
Lebenseinstellung. In dieser Ausstellung pendeln
seine Arbeiten zwischen Objekt, Skulptur, Installation und Fotografie. Die verschiedenen Einzel­objekte
gehören thematisch zusammen und bilden metaphorisch die Welt eines Roma-Reisenden ab: Krieger-Statuen, vergoldete Köpfe auf geschwärzten Säulen, eine
Ahnengalerie von Kämpfern mit Namen wie Rukeli,
http://kaidikhas.com/de/exhibitions/gypsy_warriors/
views
„Gypsy Warriors“ von Kálmán Várady
Datum: 14. Juni bis 09. August 2013
Zeit: Di-Sa 12-19 Uhr und nach Vereinbarung
Ort:
Galerie Kai Dikhas
Aufbau Haus am Moritzplatz
Prinzenstr. 85 D
10969 Berlin
Info: +49 30 343 99 308, [email protected],
www.kaidikhas.com
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Symposion
Theater-Aufführung
„Hilfe die ‚Zigeuner‘ kommen?“
„Elses und andere Geschichten“
Thema: EU-“Armutswanderung“ nach Köln
Datum:Donnerstag, 26. September 2013,
Samstag, 28. September 2013,
Sonntag, 29. September 2013,
Montag, 7. Oktober 2013,
Dienstag, 8. Oktober 2013
Ort: Kunsthaus Rhenania, Bayenstr. 28,
50678 Köln
Impulsreferat: Alexander Wagner, Büro für lokale und
internationale Entwicklung
Podiumsgäste:
–– Winrich Granitzka, CDU-Vorsitzender des Rates
der Stadt Köln und leitender Polizeidirektor a. D.
(Chef der Kölner Schutz- und Kriminalpolizei)
–– Jovan Nikolic, Rom e. V., Schriftsteller (Buch für
die Stadt 2012) und Journalist
–– Robert Kilp, Leiter Ordnungsamt und Mitglied des
städtischen „AK EU-Osterweiterung“
–– Norbert Mappes-Niediek, Autor von „arme Roma,
böse Zigeuner“, Wien
Moderation: Babs Mück, Eine-Welt Stadt Köln
Datum:Donnerstag, 12. September 2013
Zeit: 19.30 Uhr
Ort: Forum Volkshochschule im Rautenstrauch
Joest-Museum, Köln
Information: Theater TKO/Choredrama-RomaTheater 0221-240 61 72, [email protected], www.
tko-theater.de
Aus dem Jahresprogramm des Rom e. V. :
„Wir boxen uns durch! Vorbilder – Champions –
Idole“
Tagung im NS-Dokumentationszentrum
„We are Champions, too!“
Aus dem Jahresprogramm des Rom e. V. :
„Wir boxen uns durch! Vorbilder – Champions –
Idole“
Theater-Workshop
„Einer boxt sich durch!“
Einführungsveranstaltung:
Datum: Samstag, 21. September
Zeit:
10 - 17 Uhr statt
Ort:
Rom e. V., Venloer Wall 17, 50670 Köln
Proben: September - Dezember
am:
Dienstag und Mittwoch
um:
17-19.30 Uhr
Es sind noch Plätze frei. Die Teilnahme ist kostenlos.
Gefördert vom
Ministerium für Familie, Kinder Jugend,
Kultur und Sport
des Landes Nordrhein-Westfalen
Informationen: Iris Pinkepank, Projektleitung,
0152.049.24.665
Veranstalter:
Thema: Minderheiten, Roma und Sport in Geschichte
und Gegewart
Programm:
–– Impulsreferat: Sport und Minderheiten in
Deutschland, Überlegungen zu einer verdrängten
Geschichte. Referent: Prof. Dr. Diethelm Blecking
–– 1. Workshop: Sinti und Roma im Sport – vom Outing zum Vorbild. Referent: Andrzej Bojarski
–– 2. Workshop: Rechtsextremismus, Rassismus und
Antiziganismus in deutschen Stadien. Referent:
Ronny Blaschke
–– 3. Workshop: Wir boxen uns durch! Neues Selbstbewusstsein von Sinti- und Roma-Jugendlichen.
Praxisberichte. Referenten: Oswald Marschall,
Sami Dzemailovski
Datum:Freitag, 27. September 2013
Ort: EL–DE–Haus, Appellhofplatz 23-25,
50667 Köln
Zeit: 10 -16 Uhr
Eintritt:frei, weitere Infos: [email protected],
0221/22126332
Veranstalter: ibs im NS-Dokumentationszentrum,
Rom e. V., Melanchthon-Akademie
Europäisches Roma-Theater – TKO,
Rom e. V., Migovita
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Neues zur
„Zigeuner“-Frage
Foto: Veranstalter
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Die Musiker von „Zingara ma“ haben sich ganz der ZigeunerWeltmusik verschrieben.
Zigeunernacht mit viel Flair und Theater pur
Die Gruppe „Bayerwald Zigeuner“, musizierende Bajuwaren, die sich jüngst den exotischeren Namen
„Zingara ma“ zulegte, spekuliert geschickt auf jene
typisch deutsche Zigeuner-Romantik, die ja zur Zeit
wieder en vogue ist. Ihr Auftritt sei eine „musikalische
Reise voll emotionsgeladener Melodien .. und Stimmungen von Ekstase bis Gänsehaut.“ Eine Musik „voller Herzblut, Melancholie und Feuer“. Kitsch as Kitsch
can. Die „Mittelbayrische“ schwärmt: „Musik, Musik
und nur Musik. Vom Fantasma der Zigeunermusik“
So wird wieder einmal ein zigeunernostalgischer
Sommerreigen eröffnet, auf dem sich auch die Freizeit-Carmen mit Rose in der pechschwarzen Perrücke
so wohl fühlt. Verständlich, dass Musiker (auch aus
der Minderheit), um Geld zu verdienen, die unheilvolle Rolle ausblenden, die solche Klischees spielen.
„Grabfeld-Queienfeld - Der Waldfestplatz ist in Lichtschein gehüllt: Kerzen strahlen, Feuerschalen versprühen heimeliche Wärme. An Bäumen aufgehängte Wäscheleinen, bestückt mit geschichtsträchtigen Kleidern, geben das Gefühl von abgetrennten Räumen, die
die Größe des Festplatzes am Wald durchbrechen.
Wohlige Geborgenheit macht sich breit in einer Atmosphäre weit ab vom Hier und Jetzt. Zigeunerwagen vervollständigen die Kulisse. Auf Decken lagern ringsum
Männer, Frauen, Kinder. Nein, hier wird kein Film gedreht: Dieses Spektakel findet alle Jahre wieder (diesmal am 13. Juli 2013) zur Zigeunernacht auf dem Queienfelder Waldfestplatz statt, organisiert vom Verein
„Queiefeller Zicheuner“. Natürlich brutzeln wieder
wilde und zahme Sau am Spieß und steht auch anderes deftiges Essen nach Zigeunerart im Angebot, wird
Zigeunerbowle ausgeschenkt, sorgen Die Grasmücken
und andere Spielleut für musikalischen Frohsinn. Leidenschaftliche Zigeunerlieder, vorgetragen von Peggy
al Sand und Gefolge, sowie ein Wahrsager, der in
die Zukunft blickt, sollen darüber hinaus das Fest zu
einem unvergesslichen Erlebnis gestalten.“ (www.
freiepresse.de/lokales/erzgebirge/aue/Operettenverzuecken-Gaeste-artikel8460018.php)
Sylvia Löhrmann, Schulmininisterin von NRW sagte
auf einer Veranstaltung der Mindener Grünen und des
Zentralrats deutscher Sinti und Roma am 1. Juli 2013:
Romantisierung und Dämonisierung von Minderheiten seien nur zwei Seiten einer Medaille. Die Kehrseite der „Zigeunerromantik“ sei letztlich der Hass auf
die „Zigeuner“. Beides verortet ja die „Zigeuner“ in
der Tat in einem Jenseits von gesellschaftlicher Realität und grenzt sie bereits in den Köpfen aus Alltag und
„Normalität“ aus.
Logischerweise geht die Romantisierung einher mit
meist völliger Gleichgültigkeit gegenüber der Lage
der Flüchtlinge in den Heimen und auch gegenüber
der brutalen Realität zugewanderte Roma, ausgebeutet auch von Kölner Hausbesitzern und modernen
Menschenhändlern auf dem Ehrenfelder „Arbeiterstrich“.
Foto © Queiefeller Zicheuner
„Herzblut, Melancholie und Feuer“
Betrunkenen „Zigeuner“ gefesselt und unschädlich gemacht.
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Quelle: Rosenberg, Petra und Nowak, Meto (2010): Deutsche Sinti und Roma. Eine Brandenburger Minderheit und
ihre Thematisierung im Unterricht. Potsdam. S. 61
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