Dolche Vita im Dauerregen - Vespa Veteranenclub Deutschland

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Dolche Vita im Dauerregen - Vespa Veteranenclub Deutschland
22 REMS-MURR-KREIS
STUTTGARTER ZEITUNG
Nr. 105 | Montag, 7. Mai 2012
Dolche Vita im Dauerregen
Schorndorf
Beim traditionellen Anrollern des Vespa­Clubs Stuttgart werden alle pitschnass. Macht nichts,
sagen die hartgesottenen Zweiradpiloten und erzählen nach der Tour tolle Storys. Von Martin Tschepe
Schorndorf
S
Rems­Murr­Kreis
Heute
Der Märchenexperte und Märchenerzähler
Franz Jentzsch ist am Abend zu Gast im Fritz­
Schweizer­Saal des Backnanger Bürgerhauses.
Sein Vortrag mit dem Titel „Das Geheimnis der
Märchen“ beginnt um 20 Uhr. Der Eintritt
kostet sechs Euro, ermäßigt fünf Euro.
Polizeibericht
Waiblingen
Messerattacke vor der Disco
Am Samstag gegen drei Uhr am Morgen sind
bei einer Messerstecherei vor einer Disco in
der Düsseldorfer Straße in Waiblingen zwei
Männer schwer verletzt worden. Die beiden
29 und 36 Jahre alten Männer waren vom
Türsteher der Disco abgewiesen worden. An­
schließend sind sie von Unbekannten überfal­
len worden, die offenbar aus der Disco kamen.
Der 36­Jährige erlitt tiefe Schnitte am Bauch,
er wurde in einer Stuttgarter Klinik notoperiert.
Sein Begleiter wurde im Krankenhaus ambu­
lant medizinisch versorgt. Lebensgefahr be­
stand bei beiden offenbar nicht. Die Kriminal­
polizei in Waiblingen sucht Zeugen, Telefon­
nummer 0 71 51/95 00. art
Backnang
Reiterin schwer verletzt
Eine Reiterin ist am Freitag gegen 18 Uhr vom
Pferd gestürzt und schwer verletzt worden. Die
20­Jährige war auf einem Waldweg zwischen
Backnang­Strümpfelbach und Rohrbach unter­
wegs gewesen, als das Tier stolperte. Die Rei­
terin wurde mit einem Rettungshubschrauber
zur Behandlung ins Krankenhaus geflogen. art
Waiblingen
Wildschwein überfahren
In der Nacht von Samstag auf Sonntag ist auf
dem Teiler der Bundesstraße 14 und der Bun­
desstraße 29 bei Waiblingen ein Wildschwein
von einem Auto überfahren worden. Bei dem
Unfall sind drei Fahrzeuge beschädigt worden.
Zwei Fahrbahnen des Teilers mussten wegen
der notwendigen Reinigungsarbeiten bis gegen
5.45 Uhr gesperrt werden. art
Waiblingen
Motorradfahrer stürzt
Der 49­jährige Fahrer einer Harley­Davidson
ist am Samstag gegen 8.30 Uhr auf der Neu­
stadter Straße in Waiblingen gestürzt, er
wurde schwer verletzt ins Kreiskrankenhaus
Waiblingen eingeliefert. Der Biker hatte zu spät
bemerkt, dass ein Autofahrer vor ihm gebremst
hatte. Der Motorradfahrer machte eine Voll­
bremsung und stürzte mit der Maschine. art
Sulzbach
Spielautomaten geplündert
Unbekannte haben am Samstag gegen 4.30
Uhr in einer Gaststätte in der Backnanger Stra­
ße in Sulzbach mehrere Geldspielautomaten
geplündert. Sie hatten zuvor die Eingangstüre
aufgebrochen und dann trotz ausgelöster
Alarmanlage die Automaten geknackt. Sie er­
beuteten zwischen 8000 und 9000 Euro und
entkamen. Bei dem Einbruch entstand rund
5000 Euro Schaden. Die Polizei bittet um
Hinweise, Telefon 0 71 91/90 90. art
chon lange vor dem offiziellen Be­
ginn des traditionellen Anrollerns
sind die tollkühnen Piloten klatsch­
nass. Samstagmorgen, kurz nach 9 Uhr –
ein paar wild entschlossene Mitglieder des
Vespa­Clubs Stuttgart rollen bei ihrem
Kollegen Kai Bechert in Schorndorf ein.
Mit einer Spritztour durch den Schwäbi­
schen Wald wollen sie die neue Saison ein­
läuten – diesmal handelt es sich tatsächlich
um eine Spritztour. Von allen Seiten spritzt
das Wasser. Das Gute an einer Vespa sei die
Karosserie, die immerhin von unten Schutz
biete, heiß es. Das bringt an diesem unge­
mütlichen Frühlingstag aber wenig, denn
es gießt wie aus Kübeln. Macht nichts, sagt
Karl­Heinz Olbrich und grinst aus seinem
Overall. Der 59­Jährige ist vor gut zwei
Stunden im Schwarzwald aufgebrochen.
Der 71­jährige Horst Binnig kommt aus Ils­
feld. Er lenkt eine GS 160, Baujahr 1962,
dieser Roller ist der ganze Stolz des ehema­
ligen Managers. Er könnte sich locker eine
dicke Maschine mit 130 PS leisten. „Aber
brauche ich das?“, fragt er – und antwortet
postwendend selbst: „Nein.“
Die meisten Mitglieder des Vespa­Clubs
haben eins gemeinsam mit ihren italieni­
schen Flitzern: Sie sind älteren Baujahrs.
Der Gastgeber Kai Bechert, Jahrgang 1966,
ist einer der Jüngsten. Er blickt ernst gen
Himmel und fragt dann in die Runde: „Sol­
len wir tatsächlich fahren?“ Aber klar doch,
so und so ähnlich antworten die älteren
Semester. Dann startet die siebenköpfige
Kleingruppe – Dolche Vita im Dauerregen.
Die Vespas knattern das Wieslauftal hi­
nauf, vorbei am Ebnisee, wieder runter ins
Remstal und zurück in die Daimler­Stadt.
Inklusive einer kurzen Pause knapp drei
Stunden auf dem Sattel, 65 Kilometer.
Ziemlich aufgeweicht sitzen die Asphalt­
cowboys am frühen Nachmittag dann wie­
der in der geräumigen Garage, sie vespern –
und erzählen sich die tollsten Storys von
anno dazumal. Weißt du noch . . .
Horst Binnig hat die spannendsten Ge­
schichten im Gepäck. Der rüstige Rentner
rollt doch tatsächlich seit 1962, seit fünf
Jahrzehnten, mit seiner GS 160 kreuz und
quer durch Europa. Er war am Nordkap,
lange her, irgendwann in der 70ern. Er hat
Schotterpisten im Piemont erkundet und
ist noch vor ein paar Jahren „auf einer
Arschbacke“, wie er augenzwinkernd sagt,
am Stück bis nach Genua gefahren – im­
merhin rund 800 Kilometer. Wie viele Ki­
lometer er mit seiner guten alten Vespa, ein
Eilige Flaschenpost
aus Afrika
Die meisten Roller und Piloten sind älteren Baujahrs.
Geschenk seines Vaters, heruntergespult
hat, das kann er gar nicht sagen. Den Tacho­
meter hat er schon oft ausgewechselt.
400 000 Kilometer dürften es ganz be­
stimmt sein, erzählt der Mann, der „in mei­
ner Sturm­ und Drangzeit“ fast zwei Dut­
zend Vespas besessen hat.
Mit von der Partie ist auch ein wasch­
echter Italiener: Fabio di Benedetto
stammt aus den Abruzzen. Er hat im zarten
Alter von 14 Jahren seine erste Vespa – Ita­
lienisch für „Wespe“, geschenkt bekom­
Der Oberbürgermeister will das marode Gebäude keinesfalls
für den Schul­ und Vereinssport erhalten. Von Martin Tschepe
Backnang
D
Malen drunter und drüber und malen, was
man träumt – darum geht es bei den beiden
Kinder­Workshops, die das Kulturforum
Schorndorf in den Pfingstferien anbietet.
Vom 29. bis zum 31. Mai leitet der Künstler
Gez Zirkelbach Kinder von sieben Jahren
an im Drunter­und­drüber­Malen an. Aber
zunächst mal begibt sich der Kurs auf die
Rue des Arts, die Kunststraße, wo Künstler
aus Schorndorf und den Partnerstädten
Tulle und Dueville gemeinsam ausstellen.
Solchermaßen inspiriert, geht es dann ans
Selbermalen mit Acryl, Tempera, Kohle
und Ölkreiden. Als Malgrund sollen Fund­
stücke oder auch gebrauchtes Papier die­
nen – daher der Name „Drunter und
drüber“. Möglicherweise entsteht ein gro­
ßes gemeinsames Kunststraßen­Bild. Der
Workshop findet jeweils von 10 bis 13 Uhr
statt und kostet 25 Euro pro Kind.
Den zweiten Workshop am 1. und am
2. Juni leitet die Künstlerin Anna Eiber. Er
ist ebenfalls für Kinder von sieben Jahren
an gedacht. Auch diese jungen Workshop­
teilnehmer besuchen zunächst die Kunst­
straße. Danach geht es in die Werkstatt zum
Träumen – in ferne Gegenden wie bei­
spielsweise Urlaubsorte. Wenn alles fertig
geträumt ist, malen die Kinder ein gemein­
sames großes Bild. Der Workshop findet je­
weils von 10 bis 13 Uhr statt und kostet 15
Euro pro Kind. Für beide Workshops wird
empfohlen, strapazierfähige Kleidung, Ge­
tränke und ein kleines Vesper mitzubrin­
gen. Treffpunkt ist in der Werkstatt des
Kulturforums in der Karlstraße 19. Eine
Anmeldung beim Kulturforum Schorndorf
ist erforderlich: 0 71 81/9 92 79 40, E­Mail:
post@kulturforum­schorndorf.de.
kay
Waiblingen
Foto: Horst Rudel
men. Heute arbeitet er als Banker in Stutt­
gart und schwärmt für den Erfinder der
Vespa, Corradino d’Ascanio, der seinen ers­
ten Motorroller im Nachkriegsjahr 1946 in
einem Dorf in den Abruzzen vorgestellt
hat. Deutschland gefalle ihm super, sagt di
Benedetto, das Essen, die Frauen, alles ganz
toll. Nur unter dem Wetter leidet der Süd­
länder, „so wie meine Vespa“.
Informationen zum Verein der Rollerfahrer
www.vespa­club­stuttgart.de
//
Stadt sucht einen Käufer für das alte Hallenbad
ie Tage des alten Backnanger Hal­
lenbads in der Stadtmitte sind ge­
zählt. Der Neubau am Stadtrand in
den Zippertswiesen wächst, das Familien­
und Sportbad soll im Herbst eröffnet wer­
den. Jetzt hat der Gemeinderat bei zwei
Gegenstimmen beschlossen, dass der fast
50 Jahre alte, marode Bau zum Verkauf
ausgeschrieben werden soll.
Laut Bebauungsplan sind „lediglich kul­
turelle, sportliche und gastronomische
Nutzungen“ zulässig. Das Gebäude sollte
möglichst „in seinem vorhandenen Er­
scheinungsbild erhalten werden“, heißt es
in dem Beschluss des Ortsparlaments. Um­
Kunst­Workshops in
den Pfingstferien
bau­ und Ergänzungsmaßnahmen seien al­
lerdings zulässig. In den nächsten Tagen
soll die Immobilie in der lokalen, der regio­
nalen und der Fachpresse ausgeschrieben
werden. Noch bis Ende September will sich
die Stadt Zeit lassen. Bis spätestens in fünf
Monaten müsste ein Investor gefunden
sein, sagte OB Frank Nopper. Die Murr­
stadt hatte in den vergangenen Monaten
mit einem Interessenten verhandelt, die­
ser ist kürzlich aber abgesprungen.
Wenn sich kein Käufer findet, so Nopper
weiter, dann sollte das Bad spätestens 2013
abgerissen und das Areal begrünt werden.
Nachgedacht werde über einen Park mit
Wasserspielplatz, Sitzgelegenheiten und
gastronomischen Angeboten im Sommer,
erläuterte der Leiter des Stadtplanungs­
amts, Stefan Setzer.
Der SPD­Fraktionsvorsitzende Heinz
Franke wollte wissen, wie viel Geld es kos­
ten würde, das alte Bad für die Schulen und
die Vereine zu erhalten. Jährlich mindes­
tens 320 000 Euro, sagte der Kämmerer
Siegfried Janocha – hinzu kämen Kosten
für die Generalsanierung. Abziehen müsste
man von den 320 000 Euro indes die Miet­
kosten, die die Stadt für den Schulsport in
neuen Bad bezahlt: rund 115 000 Euro. Der
Oberbürgermeister wollte von solchen
Überlegungen gar nichts wissen: „Das ist fi­
nanziell nicht machbar für die Stadt, und
ich sehen keinen Verein, der das stemmen
kann.“ Das sieht die große Mehrheit im Ge­
meinderat offenbar genauso.
Kasper winkt die Kinder am Mittwoch­
nachmittag ins Theater unterm Regenbo­
gen am Waiblinger Marktplatz. Der Mario­
nettenheld und sein Freund bekommen
Flaschenpost aus Afrika: Die Großmutter
muss gerettet werden. Sie machen sich also
auf den Weg mit einem selbst gebauten Se­
gelboot, kommen auch mit Hilfe des Publi­
kums in Afrika an und brauchen dann noch
tierische Hilfe, um die Oma den Pranken
des Löwen zu entreißen. Die Vorstellung
für Kinder von vier Jahren an beginnt um
15 Uhr und kostet 7,50, für Kinder sechs
Euro. Reservierung: 0 71 51/90 55 39 kay
Schorndorf
Börse für
freiwillige Jobs
Wer mit der Schule fertig ist und eine War­
tezeit zu überbrücken hat, der hat die Qual
der Wahl: Mittlerweile gibt es den Bundes­
freiwilligendienst, das freiwillige soziale
und das ökologische Jahr. Um Interessier­
ten einen Überblick zu verschaffen, organi­
siert die Stelle für bürgerschaftliches Enga­
gement der Stadt Schorndorf am Mittwoch,
9. Mai, eine Freiwilligenbörse in der Gale­
rie für Technik, Arnoldstraße 1. Zwischen
16.30 Uhr und 19.30 Uhr informieren lokale
Anbieter und das für den Bundesfreiwilli­
gendienst zuständige Bundesamt über ihre
Angebote. Der Eintritt ist frei. Anbieter, die
Stellen einrichten und bei der Börse mit­
machen wollen, können sich an die Stadt
(Telefon 0 71 81/60 25 19) wenden.
hll
Manche müssen mollige Milchmänner malen
Fellbach
Reifendiebe geschnappt
Die Polizei hat zwei Reifendiebe gefasst, die am
Samstag gegen Mittag bei einem Händler in
der Höhenstraße in Fellbach etwa 50 Pneus
gestohlen haben. Ein Anwohner hatte die bei­
den Diebe beobachtet und die Beamten alar­
miert. Noch während des Anrufs des Zeugen
stiegen die Täter in einen Kleintransporter und
fuhren davon. Bei den dringend Tatverdächti­
gen handelt es sich um einen 75­jährigen
Mann und seinen 25­jährigen Neffen. Sie
wurden wenig später von einer Polizeistreife in
Stuttgart­Bad Cannstatt gestellt und nach
Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft
Stuttgart wieder auf freien Fuß gesetzt. art
Kontakt
Redaktion Rems­Murr­Kreis
Schmidener Straße 18, 71332 Waiblingen
Postfach 17 63, 71307 Waiblingen
Telefon: 0 71 51/9 58 08­10
Telefax: 0 71 51/9 58 08­44
E­Mail: [email protected]
Das Ensemble Literavox ist mit dem Stück „Der Verräter –
Seine letzte Rolle“ im Schwanen zu Gast. Von Kathrin Wesely
Waiblingen
E
inem sonderbaren theatralischen
Balanceakt hat der Zuschauer am
Samstagabend im Schwanen beige­
wohnt: Virtuose Kostproben des bedeu­
tungsschweren Judas­Monologs von Wal­
ter Jens treffen auf einen schlichten, leicht­
füßigen Komödienplot.
Der Kreuzungspunkt ist die Figur Vin­
cent Graf, ein Schauspieler – gespielt von
Gerald Friese, der das Stück nicht nur in­
szeniert, sondern auch geschrieben hat.
Graf steht vor der Premiere und probt die
Rolle des Judas, als er plötzlich von einer
mysteriösen Krankheit heimgesucht wird,
die sich als lebensbedrohend entpuppt. In
der luxuriösen Privatklinik, die ihn behan­
delt, fällt er der resoluten Ärztin Hannah
Seiden (Denise Partsch) in die Hände, die
den Künstler mit Gummihandschuhen aus
dem Elfenbeinturm auf den Boden der Rea­
lität herabzerrt und es dabei gut mit ihm
meint. Der nette Schauspielschüler Lean­
der Hueben (Dominique Hippéli), der den
Rat des erfahrenen Kollegen sucht, assis­
tiert ihr bei diesen Bemühungen. Das Trio
liefert sich Kalauergefechte und eloquente
Frotzeleien, die gelegentlich mit wohlfei­
len Wahrheiten garniert sind. Dazwischen,
in einsamen Momenten, probt Graf seinen
Judas­Text, und es entsteht jenes merk­
würdige stilistische Gefälle zwischen dem
bedeutungsschwangeren Monolog von
Walter Jens und dem plätschernden Par­
lando zwischen den Schauspielern, das sich
auf der inhaltlichen Ebene fortsetzt.
Walter Jens hatte 1975 erstmals den
„Fall Judas“ dialektisch durchleuchtet und
ein flammendes Plädoyer für den Verräter
verfasst: Er sei kein Verbrecher, sondern
letztlich ein Werkzeug Gottes, argumen­
tierte der Tübinger Rhetorikprofessor.
Denn ohne Judas hätte es kein Kreuz gege­
ben, und der Heilsplan hätte nicht erfüllt
werden können. Judas ist demnach ein Er­
Gerald Friese in der Rolle des Vincent Graf
in der Rolle des Judas
Foto: Horst Rudel
füllungsgehilfe im besten Sinne, der die
Bürde des ewig Schuldigen auf sich ge­
nommen und daher einen Anspruch habe
auf den Märtyrerstatus. Es war dies ein
umstrittenes, provokantes theologisches
Statement, das durchaus auch politische
Bedeutung entfaltete.
Die Parallele, die Frieses Stück entwi­
ckelt, ist schon unverfroren platt: Vincent
Graf steckt wegen seiner obskuren Krank­
heit wie Judas in einer existenziellen Krise.
Er weiß nicht, ob es sich noch lohnt, die
Rolle zu proben, weil er möglicherweise die
Premiere gar nicht mehr erlebt: „Genau­
eres können Sie erst nach der Obduktion
sagen“, resümiert er voll Galgenhumor. Die
Assistenzärztin und der Schauspielschüler
bringen ihm unterdessen bei, dass es mehr
im Leben gibt als bloß den Job, dass eine
Krise eine Chance ist, der Wendepunkt,
von dem aus man sein Leben neu organisie­
ren könne. Ein Horoskoponkel könnte es
kaum schöner formulieren.
Und doch ist es gerade diese Fallhöhe,
die dem Stück seine Kurzweil und seine
aufreizenden Momente verschafft. Es
blubbert gelegentlich auch etwas wie
Selbstironie an die Oberfläche, wenn der
Schauspieler Vincent Graf seine Zungen­
übungen vorführt und fröhlich kalauert:
„Mystische Menschen müssen manchmal
mollige Milchmänner malen.“