1967 Detroit Riots, Detroit Techno and Michael Heizer`s
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1967 Detroit Riots, Detroit Techno and Michael Heizer`s
Edgar Arceneaux in an Ongoing Collaboration With JULIAN Myers 1967 Detroit Riots, Detroit Techno and Michael Heizer’s Dragged Mass MUSEUM FÜR GEGENWARTSKUNST BASEL INTRODUCTION 1967 Detroit Riots, Detroit Techno and Michael Heizer’s Dragged Mass Museum für Gegenwartskunst Basel 1. EINFÜHRUNG 2. INTRODUCTION 3. EINFÜHRUNG 1967 Detroit Riots, Detroit Techno and Michael Heizer’s Dragged Mass 6 Nikola Dietrich Was haben Spock, Tuvok und Tupac gemeinsam? Edgar Arceneaux: eine Einführung / What Do Spock, Tuvok, and Tupac Have in Common? Edgar Arceneaux: An Introduction 12 Spiegelreisen / Mirror Traveling 34 Auszüge aus Skizzenbüchern / Sketchbook Excerpts Julian Myers EDGAR ARCENEAUX 75 Über das Wesen meiner Notizbücher. Eine Ausführung / On the Nature of My Notebooks. An Outro-duction 77 4. I mpressum / Colophon Dank / Acknowledgements Was haben Spock, Tuvok und Tupac gemeinsam? Edgar Arceneaux: eine Einführung Gegenüber Edgar Arceneaux, Tuvok, Tupac, Spock, 2004. Lithographie auf Papier. 101,4 x 127 cm. Courtesy Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Ein Studiobesuch bei Edgar Arceneaux in Pasadena ist eine einzigartige Erfahrung. Vom gleissenden kalifornischen Sonnenlicht taucht man ein in die dunklen Räume der Garage und in eine traumhaft bis dämonisch anmutende Parallelwelt. Die Augen, noch kaum an die Dunkelheit gewöhnt, werden gleich zu Beginn von einer Videoinstallation (Circle Disk Rotation, 2008) in Bann gezogen. Obwohl mit sichtlich einfachen Mitteln gebaut, ist es ein schwierigeres Unterfangen hinter das Konzept zu kommen. Von der Decke hängt eine grosse, runde Scheibe aus Karton, die aus zwei Halbkreisen zusammengesetzt ist. Eine Kamera am anderen Ende des Raumes nimmt täglich für eine gewisse Zeit das Bild der rotierenden Scheibe auf. Am darauffolgenden Tag wird das Aufgenommene auf die Scheibe und die Wand dahinter projiziert. Die verschwommenen Bilder, die man als Besucher zu sehen bekommt, sind also die des Vortages, von der anderen Seite des Raumes aus aufgenommen. Eingebettet in ein eigenes Raum-Zeit-Gefüge ist die Installation den täglich sich verändernden Bedingungen ausgesetzt und erweckt den Eindruck, ein Eigenleben zu führen, das die vorzufindende Situation immer wieder aufs Neue hinterfragt. Trotz der etwas vorzeitlich erscheinenden Technologie liegt dieser Arbeit ein Verständnis zugrunde, das den Zugang zur Arceneauxs Denk- und Arbeitsweise am besten verdeutlicht. Genauso wie er von der Annahme ausgeht, dass alle Glaubenssysteme ohnehin einseitig und zufällig sind, stellt er auch Konzepte und verschiedene Weltansichten zu beliebig neuen Konstellationen zusammen. Basierend auf seinem Interesse an multiplen Bezugssystemen, konstruiert er in den Zeichnungen, Installationen und Video- bzw. Filmarbeiten ein komplexes Geflecht aus Assoziationen, Konnotationen und veränderten Bedeutungsebenen, um eine konventionelle und lineare Narration zu untergraben. In einem Experimentierfeld aus Gegenüberstellungen, Durchbrechungen und Zusammenführungen unterschiedlicher Perspektiven werden allgemeingültige Codes aufgebrochen und gewohnte Wahrnehmungsmuster aus dem Gleichgewicht gebracht. Angesichts der Menge an vordergründig disparaten Themen, durch die der Betrachter hindurch navigiert wird, beschleicht einen zuerst ein mulmiges Gefühl der Desorientierung. So kommt man nicht umhin, auch in dieser Ausstellung der weit verästelten Logik zu folgen, die Arceneaux zwischen den Unruhen von 1967 in Detroit, der Geburt des Techno und dem Werk Dragged Mass von Michael Heizer herstellt. Ein Gespräch mit dem Kunsthistoriker Julian Myers war Ausgangspunkt für dieses Projekt, an dem Arceneaux fortlaufend arbeitet und das die halb vergessenen, halb unterdrückten urbanen Auseinandersetzungen in der amerikanischen Industriestadt Detroit zum Thema hat. Detroit – in der Vergangenheit Schauplatz brutaler Rassenunruhen und sozialer Konflikte, in jüngerer Zeit Symbol des wirtschaftlichen Zerfalls – ist ein Ort, der aufzeigt, wie soziale und wirtschaftliche Kräfte fundamentalen Einfluss auf das Leben einzelner Individuen ausüben. In grossformatigen Zeichnungen zeigt 6. What Do Spock, Tuvok, and Tupac Have in Common? Edgar Arceneaux: An Introduction Edgar Arceneaux, Tuvok, Tupac, Spock, 2004. Lithograph on paper. 40 x 50 in. Courtesy of Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. A studio visit with Edgar Arceneaux in Pasadena is a unique experience. Coming in from the gleaming Californian sunlight, you delve into the dark space of the garage and a seemingly dream-like and demonic parallel universe. Your eyes, not yet adjusted to the dark, are immediately captivated by a video installation (Circle Disk Rotation, 2008). Even though it is constructed with visibly simple means, it is difficult to figure out the concept behind it. A large, round disk made of cardboard is suspended from the ceiling, roughly put together from two semicircles. Every day, for a certain time a camera at the other end of the room takes pictures of the rotating disk. On the following day, these pictures are projected onto the disk and the wall behind it. The blurry pictures that the visitor gets to see are those from the previous day, taken from the other side of the room. Imbedded in its own space-time structure, the installation is subjected to conditions that change each day, giving the impression that it has a life of its own which keeps questioning the situation anew. Despite the rather prehistoricseeming technology, this work is based on an understanding that provides the best access to Arceneaux’s mode of thinking and working. Just as he assumes that all belief systems are one-sided and random at any rate, he also combines concepts and various worldviews into arbitrary new constellations. Based on his interest in multiple reference systems, he constructs in his drawings, installations and video and film works a complex network of associations, connotations, and altered levels of meaning to undermine any conventional and linear narration. In 7. EINFÜHRUNG INTRODUCTION an experimental field of comparisons, fractions, and combinations of various perspectives, generally accepted codes are questioned and usual patterns of perception destabilized. In light of the sheer mass of ostensibly disparate themes through which the beholder is navigated, we first of all get a queasy sense of disorientation. Thus we cannot help but follow the ramified logic that Arceneaux creates between the 1967 Detroit riots, the birth of techno, and Michael Heizer’s work Dragged Mass. Edgar Arceneaux, Circle Disk Rotation, 2008. Videoprojektor, VHS-Kamera, VHS-Spieler, VHSBänder, Pappscheibe, Fotokopie, Lampenständer, rot und grün gefärbtes Gel, zwei Ventilatoren und eine goldene DreibeinSkulptur. Scheibe: 178 cm Durchmesser. Courtesy Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Foto: Robert Wedemeyer. Arceneaux ausgebrannte Ruinen von Pubs und Bars, sogenannter blind pigs, die als verbotene Treffpunkte während der Unruhen eine entscheidende Rolle gespielt hatten und deren Überreste in Detroit auch heute noch allgegenwärtig sind. In den Zeichnungen schweben diese Ruinen scheinbar schwerelos wie auf Inseln durch einen undefinierten Raum; Vergangenheit und Gegenwart scheinen miteinander in einer einzigen physischen Realität vereint zu sein. Eine verworrene Dreiecksbeziehung befördert auch die in der Ausstellung gezeigte Arbeit Borrowed Sun (2004), in der ein poetisches Netzwerk zwischen dem Astronomen Galileo Galilei, dem Jazzmusiker Sun Ra und dem Konzeptkünstler Sol LeWitt gebildet wird. Eine irritierende Verschmelzung von Realität, Fiktion und Illusion stellt sich auch in dem Projekt Agitation of Expansion (2007) ein. Arceneauxs Vorgehensweise einer Art jamming diverser kultureller Referenzen und dabei unerwartete, offene Verbindungen zwischen Wörtern, Orten und Figuren aufzustellen, zeigt sein Interesse an assoziativen Vorgängen innerhalb von Geschichte und Erinnerungen. Arceneaux untersucht die Grenzen unseres Wissens und sucht nach Möglichkeiten, diese Grenzen zu erweitern. Genau an den Schnittstellen von Dauerhaftem und Vergänglichem, Bild und Text sowie Abstraktion und Figuration versucht er die Bedingungen des Menschseins auszumachen. Sein unbeschwertes Vorgehen an solch grosse und undurchschaubare Themen nimmt oftmals phantasmatische Formen und groteske Kombinationen an. Hierdurch schafft er Raum für den Betrachter, sich aktiv an der Suche nach den tief verwurzelten Verbindungen zwischen antiker, universeller und gegenwärtiger Geschichte zu beteiligen. A conversation with the art historian Julian Myers was the point of departure for this project on which Arceneaux is continuously working, and which addresses the halfforgotten, half-suppressed urban struggles in the American industrial city of Detroit. Detroit—in the past the site of brutal race riots and social conflicts, more recently a symbol of economic decline—represents a place that demonstrates how social and economic forces exert a fundamental influence on the life of individuals. In large drawings, Arceneaux depicts the burnt-out ruins of pubs and bars, so-called “blind pigs,” which played a decisive role during the riots as illegal meeting points, and whose remnants are ubiquitous in Detroit even today. In the drawings, these ruins seem to float weightlessly in an undefined space; past and present seem to be united in a single physical reality. Edgar Arceneaux, Circle Disk Rotation, 2008. Video projector, VHS camera, VHS player, VHS tapes, cardboard disk, a photo copy, lamp stand, red and green colored gels, two fans and a Golden Tripod Sculpture. Disk 70 in. diameter. Courtesy of Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Photo credit: Robert Wedemeyer. A complicated triangular relationship is advanced by the work Borrowed Sun (2004), also included in the exhibition, where a poetic network between the astronomer Galileo Galilei, the jazz musicians Sun Ra, and the conceptual artist Sol LeWitt is spun. A confusing merging of reality, fiction, and illusion is also part of the project Agitation of Expansion (2007). Arceneaux’s approach, a kind of jamming of various cultural references that creates unexpected open connections between words, places, and figures, shows his interest in associative processes in history and memory. Arceneaux explores the limits of our knowledge and seeks possibilities of extending them. He tries to explore the conditions of what it means to be human precisely at the interface of the lasting and the transitory, image and text, abstraction and figuration. His easygoing approach to such large and inscrutable topics often assumes fantasmatic forms and grotesque combinations. Thus he creates space for the beholder to participate actively in the search for the deeply rooted connections between ancient, universal, and contemporary history. NIKOLA DIETRICH Museum für Gegenwartskunst NIKOLA DIETRICH Museum für Gegenwartskunst 8. 9. gegenüber FACING Abbildungen / S. 1–3 images / PP 1–3 Edgar Arceneaux, Detroit, 2009. Acryl, Graphit auf Papier. 185 x 156,5 cm. Sammlung des Museum of Modern Art, New York, NY. Courtesy Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Foto: Lutz Bertram. Edgar Arceneaux, Detroit, 2009. Acrylic, graphite on paper. 73 x 61 in. Collection of The Museum of Modern Art, New York, NY. Courtesy of Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Photo Credit: Lutz Bertram. Edgar Arceneaux, Mirror-structure: Clairmount and Rosa Parks, Detroit, November 2006 (mit einer Ansicht der Skulptur von Jack Ward). Digitale Fotografie. Courtesy Edgar Arceneaux. Edgar Arceneaux, Mirror-structure: Clairmount and Rosa Parks, Detroit, November 2006 (With view of Jack Ward sculpture). Digital photograph. Courtesy of the Artist. INSERT / vorne, links INSERT / front, left Edgar Arceneaux, The Fall of Man, 2009. Graphit, Öl, Acryl, Collage auf Mylar auf Papier. 178,5 x 147,5 cm. Sammlung des Museum of Modern Art, New York, NY. Courtesy Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Foto: Lutz Bertram. Edgar Arceneaux, The Fall of Man, 2009. Graphite, oil, acrylic, collage on mylar on paper. 73 x 59 in. Collection of The Museum of Modern Art, New York, NY. Courtesy of Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Photo Credit: Lutz Bertram. INSERT / vorne, rechts INSERT / front, RIGHT Edgar Arceneaux, Dragged Mass as Allegory, 2009. Acryl, Graphit auf Papier. 160 x 231 cm. Sammlung des Museum of Modern Art, New York. Courtesy Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Foto: Lutz Bertram. Edgar Arceneaux, Dragged Mass as Allegory, 2009. Acrylic, graphite on paper. 63 x 91 in. Collection of The Museum of Modern Art, New York. Courtesy of Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Photo Credit: Lutz Bertram. INSERT / hinten, links INSERT / BACK, left Installationsansicht von Disfigurement in the Face of Illusion: The Detroit Riots, Michael Heizer and Drexciya bei Susanne Vielmetter Berlin Projects. 5. September – 10. Oktober 2009. Courtesy Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Foto: Lutz Bertram. Installation view from Disfigurement in the Face of Illusion: The Detroit Riots, Michael Heizer and Drexciya at Susanne Vielmetter Berlin Projects. September 5 – October 10, 2009. Courtesy of Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Photo Credit: Lutz Bertram. INSERT / hinten, rechts INSERT / BACK, RIGHT Edgar Arceneaux Myth, Nature, Man: an Advancement of Evolution, 2009. Inkjet-Print auf Papier. 36,5 x 19,3 cm. Courtesy Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Foto: Lutz Bertram. Edgar Arceneaux, Myth, Nature, Man: an Advancement of Evolution, 2009. Inkjet print on paper. 36.5 x 19.3 cm. Courtesy of Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Photo Credit: Lutz Bertram. 10. Michael Heizer, Dragged Mass, 1971. Detroit Institute of Arts. Silbergelatinfotografie von Gianfranco Gorgoni. Ursprünglich erschienen in Gregoire Müller und Gianfranco Gorgoni, The New Avant-Garde, Praeger, 1972. „Negerfamilien verbringen die Nacht unter Bewachung“ (Ausschnitt), Life, 4. August 1967. UR, Revolution for Change CD (Ausschnitt), 1992. Courtesy Underground Resistance. Michael Heizer, Dragged Mass, 1971. Detroit Institute of Arts. Gelatin silver photograph by Gianfranco Gorgoni. Originally published in Gregoire Müller and Gianfranco Gorgoni, The New Avant-Garde, Praeger, 1972. “Negro Families Face the Night Under Armed Guard (detail),” Life, August 4, 1967. UR, Revolution for Change CD (detail), 1992. Courtesy of Underground Resistance. insert / front insert / vorne Edgar Arceneaux, Hopelessness Freezes Time, 2011. Pastell, Acryl, Kohle auf Papier. 45,7 x 56 cm. Courtesy Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Foto: Akina Cox. Edgar Arceneaux, Hopelessness Freezes Time, 2011. Pastel, acrylic, carbon on paper. 18 x 26 in. Courtesy of Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Photo credit: Akina Cox. insert / hinten insert / back Edgar Arceneaux, Untitled, 2011. Acryl, Zuckerkristalle auf Papier. 45,7 x 56 cm. Courtesy Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Foto: Robert Wedemeyer. Edgar Arceneaux, Untitled, 2011. Acrylic, sugar crystals on paper. 18 x 28 in. Courtesy of Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Photo credit: Robert Wedemeyer. Abbildungen / S. 78-80 images / PP 78-80 „Neger-Aufstand: Das Feuer breitet sich aus“, (Ausschnitt), Life, 4. August 1967. “Negro Revolt: The Flames Spread,” (detail), Life, August 4, 1967. Michael Heizer, Dragged Mass, 1971. Detroit Institute of Arts. Dia. Courtesy Detroit Institute of Arts. Michael Heizer, Dragged Mass, 1971. Detroit Institute of Arts. Slide. Courtesy of Detroit Institute of Arts. Edgar Arceneaux, Detail einer Vitrine bei Exhibit 3000, Submerge Records. Digitale Fotografie. Courtesy Edgar Arceneaux. Edgar Arceneaux, Detail of a vitrine at Exhibit 3000, Submerge Records. Digital photograph. Courtesy of the Artist. Rückseite Back Cover Abbildungen von Spock und Marx (Detail der Studiowand von Edgar Arceneaux). Images of Spock and Marx (detail of studio wall from Edgar Arceneaux). 11. JULIAN MYERS JULIAN MYERS Spiegelreisen Mirror Traveling Das Ideal immanenter Textanalyse, die Vorstellung der Zerlegung oder Dekonstruktion der Teile eines Textes sowie der Beschreibung seines Funktionierens und der Momente, an denen dieses Funktionieren untergraben wird, läuft freilich weniger darauf hinaus – wenn wir es aus unserem gegenwärtigen Standpunkt aus betrachten – dass damit alles Interpretieren in Bausch und Bogen verworfen würde, als dass damit ein neues und adäquateres immanentes bzw. antitranszendentales Hermeneutikmodell gefordert ist. Es wird die Aufgabe der folgenden Seiten sein, ein solches Modell vorzuschlagen.1 From our present standpoint… the ideal of an immanent analysis of the text, of a dismantling or deconstruction of its parts and a description of its functioning and malfunctioning, amounts less to a wholesale nullification of all interpretive activity than to a demand for the construction of some new and more adequate, immanent or antitranscendent hermeneutic model, which it will be the task of the following pages to propose.1 – Fredric Jameson, The Political Unconscious, 1981 – Fredric Jameson, Das politische Unbewusste Teil 1: Aufstand und Allegorie Ein Digitalfoto zeigt das Bild eines zerfallenden Platzes, in den Schichtungen verrottender Blätter und loser Ziegel. Bänke aus altem Holz umkreisen den Platz, während tiefer im Zentrum zwei Steintische mit angeschlagenen Schachfeldern kauern. Im Hintergrund steht ein Ziegelbau mit einem Paar leer stehender Schaufenster und vernagelten Fenstern im ersten Stock; in der Gasse dahinter eine Prozession von Vorstadthäusern mit Giebeldächern und Familienautos. Laublose Bäume klettern aus metallenen Abflussrosten und präsentieren ihre schwarzen Äste vor einem bewölkten Himmel; jeden Moment kann es zu regnen beginnen. Und ungefähr in der Mitte der Anordnung auf dem Foto sitzt ein fremdartiges Gebilde. Eine freistehende Konstruktion aus geschweisstem, rostigem Metall steht, etwas aus dem Gleichgewicht und drei Meter hoch, auf der gemauerten Oberfläche des Platzes. Ihre kantige Einfachheit lässt sich trotzdem schwer beschreiben: Drei vierseitige geometrische Körper kommen wie Speichen aus einem dreieckigen Fuss und treffen ungefähr auf halber Höhe aufeinander, als wären sie zusammengeschnürt. Dann klappen sie wieder weg und treffen sich oben an der Konstruktion wieder, wo sie die Form der unteren Hälfte wiederholen: Zwei äquivalente Module, die auf dem Kopf stehend genauso aussehen würden, oder, wie bei Constantin Brâncusis Endloser Säule (1918), sich in eine potentielle Endlosigkeit erweitern. Edgar Arceneaux, Clairmount and Rosa Parks, Detroit, Februar 2006. Digitalfotografie. Courtesy Edgar Arceneaux. 1 Fredric Jameson, Das politische Unbe- wusste: Literatur als Symbol sozialen Handelns. Übersetzt von Ursula Bauer, Gerd Burger und Bruni Röhm. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1988, S. 18. 12. Dieses Bild mag den Lesern sofort wie eine bekannte Szene monumentaler, abstrakter, modernistischer öffentlicher Skulpturen vorkommen, die ihre übliche Rolle in einer Stadtplanung, der Pseudoerlösung und des schlechten Gewissens spielen, die alles verbessern wollen (und dabei unvermeidbar scheitert): die Rolle der Pseudoerlösung und des schlechten Gewissens. Aber schaut man genauer hin, werden gewisse unstimmige Einzelheiten sichtbar: Auf wen, auf welche Öffentlichkeit, bezieht sich diese öffentliche Kunst? Auf diesen Feldern wird wenig Schach gespielt. Solche Skulpturen befinden sich üblicherweise an Verwaltungsorten – von Regierungen oder Konzernen –, aber hier scheint sich die Verwaltung schon lange aufgelöst zu haben: lang genug, Part One: Riot and Allegory A digital photograph offers an image of a crumbling plaza, layered in decaying leaves and loose tiles. Benches of aging wood ring the perimeter, while, deeper into the zone, two hunched stone tables offer up chipped grids for chess. In the background a brick building with a pair of disused storefronts and boarded second floor windows is visible; in the alley behind, a procession of suburban residences with pitched roofs and family vehicles. Bare trees clamber from metal drainage grates to present black branches against a clouded sky pregnant with rain. The approximate center of the Edgar Arceneaux, Clairmount and Rosa Parks, Detroit, February 2006. Digital photograph. Courtesy of the artist. 1 Fredric Jameson, The Political Uncon- scious: Narrative as a Socially Symbolic Act. London and New York: Routledge Press, 2002: 7. 13. JULIAN MYERS 2 Robert Musil, Nachlass zu Lebzeiten. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1957, S. 59. 3 Sidney Fine, Violence in the Model City: The Cavanagh Administration, Race Relations, and the Detroit Riot of 1967. Ann Arbor: The University of Michigan Press, 1989, S. 155. Neben Fine stützt sich meine Darstellung auf umfangreiche Primärquellen und zeithistorische Studien, die in der Detroit Public Library archiviert sind, insbesondere in der Burton Historical Collection, sowie in der Walter P. Reuther Manuscript and Records Collection in der Wayne State University, Detroit. 4 In Bezug auf Interviews mit Zeugen von 1967 schreibt Fine: „Augenzeugen behaupteten, die Polizei habe einige ihrer Gefangenen geschlagen, einen Mann in Handschellen die Treppe hinunter ‚geschubst und getreten’ und ihn mit dem Griff einer Pistole geprügelt und einen anderen Gefangenen mit einem Schlagstock geschlagen, als er sich nicht ausweisen konnte, und weiblichen Gefangenen die Arme verdreht und sie ‚geschubst und getreten’’’. Ein Jugendlicher, der die Szene miterlebt hatte, behauptete, einen Polizisten dabei beobachtet zu haben, wie er ‚diese Frau herauszog. Ihre Kleider wurden ihr vom Leib gerissen ... Es war schrecklich’, beteuerte er. Einem anderen Bericht zufolge streckte eine weibliche Gefangene ihren Kopf aus einem der Wagen und rief ‘Brutalität’.” (Fine, S. 160.) Fine zeigt überzeugend auf, dass diese Misshandlung wohl als der Gipfel einer Serie von Brutalitäten seitens der Polizei angesehen wurde, insbesondere das Verprügeln von Barbara Jackson im August 1964 und Howard King im September 1965. Der rassistisch motivierte Mord an Danny Thomas (23. Juni 1967) und der Mord an Vivian Williams (am 1. Juli 1967 Gerüchten zufolge von einem Polizisten getötet), hatten auch dazu beigetragen, „die Wut der Community zum Überkochen zu bringen”. Siehe Fine, S. 95-125 und S. 163. 5 Fine, S. 161. 6 Ebenda. 7 Fine, S. 163. dass die Kacheln sich von der niedrigen Mauer lösen konnten, die den abgesenkten Platz von der Erdhöhe abgrenzt, dass die Ziegel an die Skulptur geworfen wurden und dass die Dellen, die dadurch in der Metalloberfläche hervorgerufen wurden, rosten konnten, und schliesslich, dass irgendeine hilfreiche Seele einige dieser Wunden mit Isolierband verbunden hat. „Es gibt nichts auf der Welt, was so unsichtbar wäre wie Denkmäler“, schreibt Robert Musil im Nachlass zu Lebzeiten. „Sie werden doch zweifellos aufgestellt, um gesehen zu werden, ja geradezu, um die Aufmerksamkeit zu erregen; aber gleichzeitig sind sie durch irgendetwas gegen Aufmerksamkeit imprägniert, und diese rinnt Wassertropfen-auf-Ölbezug-artig an ihnen ab, ohne auch nur einen Augenblick stehen zu bleiben.“2 „Durch irgendetwas gegen Aufmerksamkeit imprägniert“: das scheint eine akkurate Beschreibung dieser Szene zu sein. Die Skulptur ist niemandem zugeschrieben (später erfahren wir, dass sie dort vom Bildhauer Jack Ward aus dem Viertel Cass Corridor ohne Wissen oder Genehmigung der Stadt aufgestellt wurde). Und dem Platz mangelt die Kraft eines richtigen Namens: Man verweist auf ihn mittels der Kreuzung, an der er sich befindet, wenn überhaupt. Er ist eine Leerstelle, die man durchquert. Warum ihn dann beachten? Aufgenommen von Edgar Arceneaux im Jahre 2006, ist das Bild ein zentrales Beweisstück in einem laufenden kollaborativen Forschungsprojekt, das wir Mirror-Travel in the Motor City genannt haben. Um das Gewicht, das dieses Projekt für uns hat, zu rechtfertigen, ist eine Exkursion in die Geschichte dieses Ortes notwendig, und dabei gehen wir von 2006 zurück zu Ereignissen, die nun schon mehr als vier Jahrzehnte zurückliegen. Der Ort, den die Fotografie beschreibt, ist die Ecke von Clairmount Street und Rosa Parks Boulevard an der West Side von Detroit in Michigan. Hier verübte die Detroiter Polizei, in den frühen Morgenstunden des 23. Juli 1967, eine Razzia in einem Speakeasy, also einer Kneipe ohne Lizenz – in Detroit als blind pig (oder blindes Schwein) bekannt – in 9125 Twelfth Street (so hiess der Rosa Parks Boulevard damals), in einer „schäbigen Wohnung im ersten Stock“ über einer leer stehenden Druckerei.3 Trotz der späten Stunde – es war gegen 3:45 Uhr morgens – beschloss die (vorwiegend weisse) Polizei, alle Partygäste zu verhaften – mindestens fünfundachtzig Menschen, Männer und Frauen, alle von ihnen afroamerikanisch. Sie in die Polizeiwagen zu bringen, mit denen sie zur Wache des zehnten Polizeibezirks transportiert werden sollten, brauchte Zeit, und schnell bildete sich eine grosse Menschenmenge aus der Nachbarschaft, um dagegen zu protestieren, was sie als brutale und unfaire Behandlung von Mitgliedern ihrer Community sahen.4 „Sollen wir diese weissen Motherfuckers hier herkommen lassen, wann sie wollen, und zulassen, dass sie uns Schwierigkeiten machen?“, rief einer, der Sohn eines der Besitzer des Clubs. „Holt Eure gottverdammten Stöcke und Flaschen, und dann tun wir ihnen weh, Baby.“5 Die Menge ging auf die Polizei los und begann, eine „Sturzflut“ von Mauersteinen und Flaschen zu werfen, dabei zerbrach die Heckscheibe eines Polizeiwagens.6 Um 4:40 Uhr zog sich die Polizei aus dem Viertel zurück, aber statt auseinanderzugehen, begann die Menge – „ein höchst parteiischer Chor, der die Ereignisse hinsichtlich einer breiteren Spektrums schwarzer Erfahrung interpretierte“ –, Fensterscheiben einzuschlagen.7 Was folgte, war ein ziviler Aufstand grossen Ausmasses, einer der destruktivsten 14. SPIEGELREISEN / MIRROR TRAVELING photograph’s array is occupied by a foreign structure. A freestanding construction of welded, rusting metal, it stands nine feet tall, slightly off balance on the plaza’s brick surface. Its angular simplicity is nevertheless difficult to describe: Three four-sided geometrical volumes emerge like spokes from a triangular base, to converge, as if cinched together, halfway up its height. Folding out again, the volumes meet again at the construction’s top, repeating the form of the bottom half: two equivalent modules that would stand the same way upside down—or, as with Constantin Brâncusi’s Endless Column (1918), extend into a potential infinity. The picture may immediately strike the reader as depicting a familiar scene of monumental, abstract, modernist public sculpture playing (and inevitably failing at) its usual role, in ameliorative urbanism, of pseudo-redemption and bad conscience. But look closer and dissonant details appear: to whom, to which public, does this public art refer? Few games of chess are played on these grids. Such sculptures are most conventionally located in administered spaces—governmental or corporate—but here administration seems to have dissolved long ago: long enough for tiles to loosen from the low wall that separates ground level from sunken plaza, and for those tiles to be thrown at the sculpture, and for the punctures thereby created in its metal surfaces to rust, and finally for some helpful soul to have bandaged a few of these wounds with electrical tape. “There is nothing in this world as invisible as a monument,” wrote Robert Musil in Posthumous Papers of a Living Author. “They are no doubt erected to be seen—indeed to attract attention. But at the same time they are impregnated with something that repels attention, causing the glance to roll right off, like water droplets off an oilcloth, without even pausing for a moment.”2 “Impregnated with something that repels attention”: this seems an accurate description of this scene. The sculpture is unattributed (we later discover that it was placed there by Cass Corridor sculptor Jack Ward, without the city’s knowledge or permission). And the plaza lacks the force of its proper name: one refers to it by its intersection, if at all. It is a blank to be traversed. Why attend to it, then? Taken by Edgar Arceneaux in 2006, the picture is a central piece of evidence in an ongoing, collaborative project of research we’ve called “Mirror-Travel in the Motor City.” To account for the weight it has for us demands an excursion into the history of this place, moving back from 2006 to events now more than four decades past. 2 Robert Musil, “Monuments,” in Posthumous Papers of a Living Author (Trans. Peter Wortsman). Brooklyn, NY: Archipelago Books, 2006. Originally published as Nachlass zu Lebseiten by Rohwohlt Verlag GmbH, 1957. 3 Sidney Fine, Violence in the Model City: The Cavanagh Administration, Race Relations, and the Detroit Riot of 1967. Ann Arbor: The University of Michigan Press, 1989: 155. Alongside Fine my account relies on consideration of extensive primary materials and period studies archived at the Detroit Public Library, in particular the Burton Historical Collection, and the Walter P. Reuther Manuscript and Records Collection at Wayne State University, Detroit. 4 Drawing on 1967 interviews with people who were present, Fine writes, “Eyewitnesses claimed that the police beat some of their prisoners, ‘pushed and kicked’ a handcuffed man down the stairs and hit him with a gun butt, hit one prisoner with a nightstick when he failed to produce identification, and were ‘pushing, kicking and twisting’ the arms of women prisoners. A youth at the scene alleged that he saw a policeman ‘drag this particular lady out. Her clothes was all pulled off… [I]t was really horrible,’ he asserted. According to still another report, a woman arrestee stuck her head out of one of the wagons and shouted ‘brutality.’” Fine, 160. Fine demonstrates convincingly that this mistreatment would have been seen as the culmination of a series of incidents of police brutality, in particular the beatings of Barbara Jackson in August 1964 and Howard King in September 1965. The racist murder of Danny Thomas (June 23, 1967) and the murder of Vivian Williams (rumored to have been killed by a policeman on July 1, 1967), too, had “raised the community’s level of anger to the boiling point.” See Fine, 95–125, 163. The place the photograph describes is the corner of Clairmount Street and Rosa Parks Boulevard, on the West Side of Detroit, Michigan. It was here that, in the early morning hours of July 23, 1967, Detroit policemen raided an afterhours drinking club—known in Detroit as a “blind pig”—at 9125 Twelfth Street (as Rosa Parks Boulevard was then called), “a dingy second floor apartment” above a vacant print shop.3 Despite the late hour—it was around 3:45 in the morning—the police (predominantly white) chose to arrest the entire party—at least eighty-five people, men and women, all of them African-American. Placing them in patrol wagons to bring them down to the Tenth Precinct station took time, and soon a large crowd of several hundred people gathered from the surrounding neighborhood to protest what they saw as brutal and unfair treatment of members of their community.4 “Are we going to let 15. JULIAN MYERS Julian Myers, „Blind Pig Raid Was Spark“, aus Reporting the Detroit Riot, American Newspaper Publishers Association, 1968, 2009. Manipulierte Fotokopie. Courtesy Julian Myers. Ursprüngliches Bild von Jimmy Tafoya für Detroit Free Press. 8 Nur die New York Draft Riots 1863 während des Amerikanischen Bürgerkriegs, und die Krawalle in Los Angeles 1992, forderten mehr Menschenleben und verursachten grösseren Schaden. 9 David Paul Boesel, „The Ghetto Riots 1964-68.“ (Ph.D. Dissertation, Cornell University, 1972), S. 141-2, 145-7. Siehe auch Fine, S. 199: „Bei der Ankunft in Detroit am 23. Juli erklärte ein Gardist: ‚Ich werde auf alles schiessen, was sich bewegt und schwarz ist.’“ 10 Fine, ebenda. Er führt weiter aus: „An einem Abend schoss ein Soldat an einem Gardisten-Kontrollpunkt, und 75 andere Gardisten fingen an, auf die umliegenden Gebäude zu schiessen, um sich zu verteidigen ...“ 11 Fine, S. 203-217. Siehe ebenso den ausführlichen Bericht in Cyrus R. Vance, Final Report of Cyrus R. Vance, Special Assistant the Secretary of Defense Concerning the Detroit Riots, July 23 through August 2, 1967. Veröffentlicht vom Office of the Assistant Secretary of Defense for Public Affairs, 12. September 1967. 12 Fine, S. 207. 13 Fine, S. 208. 14 Fine, S. 214. 15 Schätzung der Michigan State Insurance Commission vom Dezember 1967; zitiert in: Kerner Commission, Report of the National Advisory Commission on Civil Disorders. Washington: U.S. Government Printing Office, 1968. und aggressivsten in der amerikanischen Geschichte.8 In den folgenden Stunden und Tagen breiteten sich Vandalismus, Plünderei und Feuer von der Twelfth Street auf die Strassen Linwood, Seven Mile, Livernois und Grand River und schliesslich auf den ganzen Nordwesten von Detroit aus. Bis zum Abend des 23. hatten sich die Krawalle auf die ganze Stadt ausgeweitet, Zehntausende waren beteiligt, vor allem diejenigen, die in der verarmten Lower East Side wohnten. Die Stadtregierung, für einen Notstand dieses Ausmasses keineswegs gerüstet, rief die Staatspolizei und die Nationalgarde zur Hilfe, die in der ganzen Stadt eingesetzt wurden. Weit davon entfernt, den Aufruhr zu bezwingen, führte die Ankunft dieser Truppen zu noch grösserem Chaos, da Gardisten und erschöpfte Polizei, ungeschult in Taktiken der Eskalationsbewältigung, immer mehr Gewalt gegen die Bevölkerung einsetzten und die Situation dadurch weiter eskalierte. Ein Historiker beschreibt dies als einen „Tandem-Aufstand“, in dem Beamten, welche die Situation unter Kontrolle halten sollten, auf ordnungswidriges Verhalten mit „offizieller Gewalt“ reagierten: „Was als ‚Aufstand von Schwarzen gegen die Polizei’ begonnen hatte, wurde in einem gewissen Sinne ‚ein Aufstand der Polizei gegen Schwarze’.“9 Detroit strotzte nur so von Schusswaffen. Es gab Berichte über Heckenschützen, die auf Polizisten feuerten, und nervöse Beamten reagierten mit halluzinatorischer Intensivierung: „Ein Gardist schoss auf einen angeblichen Heckenschützen oder auf Strassenlaternen, um sich gegen Schüsse aus dem Hinterhalt zu schützen, und andere Gardisten, als sie diese Schüsse hörten, fingen an, nervös auf ‚nichts im Besonderen’ zu schiessen“.10 Fotografien zeigen mitten in der Nacht durch Wohnviertel rollende Panzer. Angesichts einer eskalierenden Katastrophe forderten Bürgermeister Jerome Cavanagh und der Gouverneur von Michigan, George Romney, am zweiten Tag Unterstützung durch Bundestruppen an.11 Am 25. Juli gegen Mitternacht wandte Präsident Lyndon Johnson den Insurrection Act (das Gesetz zur Unterdrückung von Aufständen) von 1807 an und entsandte Fallschirmjägerbrigaden der 82. und 101. Airborne Divisions in die Stadt. Der Präsident war wegen der Bürgerrechtsbewegung besorgt: Er bat das Militär, Einheiten mit „so vielen Negern wie möglich“12 einzusetzen und fürchtete um die „Gefahr des ersten Bildes eines Bundessoldaten, wie er einen Neger erschiesst“13; der stellvertretende Verteidigungsminister Cyrus Vance wurde angewiesen, „die Schwarzen in Detroit darüber zu informieren, dass die in der Stadt eingesetzten Fallschirmjäger genau die selben Soldaten waren, die schwarze Schulkinder in Little Rock (101st Airborne) und James Meredith in Mississippi (82nd Airborne) verteidigt hatten.”14 Am 28. Juli waren die Krawalle weitgehend unter Kontrolle. Dem Bericht der Kerner Commission von 1968 zufolge starben 48 Menschen und 467 wurden verletzt; 7231 wurden festgenommen; 2509 Geschäfte wurden geplündert oder niedergebrannt, und 412 Gebäude wurden so sehr beschädigt, dass sie abgerissen werden mussten.15 Dies sind die Fakten. Das Trauma, von dem sie zeugen, ist offensichtlich (allerdings kann man davon ausgehen, dass die beiden letzten Zahlen, erstellt auf der Grundlage von Versicherungsakten, wahrscheinlich viel zu niedrig sind – vieles wurde nicht berichtet oder aufgezeichnet). Schwieriger ist es allerdings, die Konsequenzen dieser Fakten zu messen, denn sie fielen mit einer laufenden Wirtschaftskrise zusammen. Die Automatisierung in der Industrie und neoliberale Wirtschaftspolitik hatten zum Abbau 16. SPIEGELREISEN / MIRROR TRAVELING Julian Myers, “Blind Pig Raid Was Spark,” from Reporting the Detroit Riot, American Newspaper Publishers Association, 1968, 2009. Photocopy alteration. Courtesy of the artist. Original image by Jimmy Tafoya for Detroit Free Press. 5 Fine, 161. 6 Ibid. 7 Fine, 163. 8 Only the New York Draft Riots in 1863, during the American Civil War, and the Los Angeles Riots in 1992, exacted greater tolls in life and loss of property. 9 David Paul Boesel, “The Ghetto Riots 1964-68” (Ph.D. dissertation, Cornell University, 1972), 141–2, 145–7. See also Fine, 199: “Arriving in Detroit on July 23, one Guardsman remarked, “I’m gonna shoot anything that moves and that is black.” these peckerwood motherfuckers come down here any time they want and mess us around?” shouted one, the son of one of the blind pig’s owners; “Get your god damn sticks and bottles and start hurtin’, baby.”5 The crowd closed in on the police, and began throwing “a torrent of” bricks and bottles, breaking out the rear window of one police car.6 At 4:40 a.m. the police withdrew from the neighborhood, but rather than disperse, the crowd—“a highly partisan chorus, interpreting the event in terms of a wider range of black experience”—began breaking windows.7 What followed was a civil insurrection on a massive scale, one of the most destructive and deadly in American history.8 Over the next hours and days, vandalism, looting and fires spread from Twelfth Street to Linwood, Seven Mile, Livernois, and Grand River, and then throughout the northwest of Detroit. By the night of July 23, disruption extended throughout the city, involving tens of thousands of people, in particular those living in the impoverished Lower East Side. Hardly equipped to handle an emergency of this size, the Detroit government called in State Police and the Michigan National Guard, who were deployed throughout the city. Far from quelling the disturbance, the arrival of these forces set off further chaos as Guardsmen and exhausted police, untrained in riot-control tactics, escalated their use of force against the community. One historian describes this as a “tandem riot,” where “control agents” responded to disorderly behavior with “official violence”: “what had begun as ‘a riot of blacks against police’ became, in some degree, ‘a riot of police against blacks.’”9 17. JULIAN MYERS „Feuerwehrmänner unter Beschuss durch Heckenschützen in Hazel und Harrison Street”, Life, 4. August 1967. Manipulierte Fotokopie. Courtesy Julian Myers. Gegenüber „Ruins“, aus Reporting the Detroit Riot, American Newspaper Publishers Association, 1968. Manipulierte Fotokopie. Courtesy Julian Myers. INSERT / vorne Edgar Arceneaux, Blind Pig #5, 2011. Acryl, Graphit auf Papier. 228 x 396 cm. Courtesy Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Foto: Robert Wedemeyer. INSERT / hinten Edgar Arceneaux, Blind Pig #3, 2010. Acryl, Graphit auf Papier. 183 x 426,5 cm. Sammlung Ronald Pizzuti, Columbus, OH. Courtesy Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Foto: Robert Wedemeyer. 16 Katharine Q. Seelye, „Detroit Census Confirms a Desertion Like No Other.“ The New York Times, 22. März 2011. http://www.nytimes.com/2011/03/23/ us/23 detroit.html [Zugriff 6. Juni 2011]. 17 Jeff Byles, Rubble: Unearthing the His- tory of Demolition, New York: Harmony Books, 2005, S. 230. 18 Al Taylor, zitiert in Donna Terek, „Riot Site Ignites Peace Project“, Detroit News.com. 9. Mai 2010. http:// detnews.com/article/20100509/ OPINION03 /5090301/Riot-site-ignitespeace-project [Zugriff: 6. Juni 2011]. 19 Coleman Young, der 1974 Detroits erster schwarzer Bürgermeister wurde, bezeichnete die Ereignisse von 1967 in seiner Autobiographie als einen „Überfall“: „Die Krawalle führten Detroit schnell in die wirtschaftliche Verwüstung, sie waren ein Überfall auf die Stadt, und dann machte man sich mit ungeheuren Werten auf und davon – Vermögenswerte wie Jobs, Einkommenssteuern, Körperschaftssteuern, Kaufkraft, Mehrwertsteuer, Hypotheken, Zinsen, Vermögenssteuer, Entwicklungsgeldern, Investitionsgeldern und einfach dem ganzen verdammtem Geld. Das Geld wurde in den Taschen der Firmen und der weissen Leute davongetragen, die so schnell sie konnten flohen.“ Coleman Young, Hard Stuff: The Autobiography 18. von Arbeitsplätzen in der Massenproduktion geführt, die das Wachstum der Stadt im frühen 20. Jahrhundert getragen hatte. Ehemals eine Ikone der amerikanischen industriellen Moderne, hatte in der Stadt schon vor 1967 eine fünf Jahrzehnte dauernde Phase der Abwanderung von Mittelklassefamilien begonnen. Ehemals eine „blühende Metropole“ mit fast zwei Millionen Menschen, hat Detroit heute weniger als eine Million Einwohner: „Eine beispiellose Abwanderung“, schrieb die New York Times 2011.16 Auch die kriegsähnlichen Zustände, die ich oben beschrieben habe, veränderten die Struktur der Stadt dauerhaft. Ein schockierender Prozentsatz der Wohnungen und kleinen Firmen wurden niedergebrannt oder verlassen. Da das zur Instandsetzung nötige Geld fehlte, blieben die Gebäude oft jahrzehntelang als Ruinen stehen oder – das war noch die beste Lösung – sie wurden abgerissen. „Vor dem Hintergrund einer sich verändernden ökonomischen Lage und einer starken Kluft zwischen den Rassen“ erlitt Detroit einen „terminalen Schock“, der in den Worten des Schriftstellers Jeff Byles zu einem „Signalfeuer des Zurückbauens“ führte.17 Überall im Stadtgefüge sind Lücken, leere Flächen, in denen der Schutt irgendeines grossen Gebäudes untergepflügt wurde. Diese Auslöschungen geben der Stadt in einigen Gegenden eine fast vormoderne Morphologie, die es unheimlich anmuten lässt, wenn man dann plötzlich den riesigen Boulevards oder den wuchtigen Gebäuden des 20. Jahrhunderts begegnet. Al Taylor, der Gründer von Peace Project, beschreibt 1967 als die Zeit, „als die Lichter in Detroit ausgeschaltet wurden ...“.18 „Abwanderung“, „terminaler Schock“, ein „Signalfeuer des Zurückbauens“: Die Mehrdeutigkeit der Ereignisse von 1967 wird in eine allegorische Erzählung einer verlorenen (schwarzen/industriellen) Utopie verwandelt und vereinfacht. In der Tat lässt sich der Diskurs über die Nachwirkungen von 1967 als eine Art Krieg der Allegorien beschreiben. Für einige repräsentieren diese Ereignisse die entscheidende Abkehr (und zwar in Detroit und in den USA insgesamt) von einer bestimmten Art des Lebens in den Städten und das Gerinnen einer bestimmten lang gehegten Hoffnung unter Afroamerikanern, dass Moderne und Industrie ihnen letztendlich Wohlstand und gleiche Rechte vor dem Gesetz bescheren könnten.19 Für andere erscheinen die Ereignisse in einem ganz anderen Licht und repräsentieren zusammen mit den Watts-Unruhen von 1965 den amerikanischen ,Mai 68‘.20 Einige auf der Linken nennen die Ereignisse von 1967 immer noch „The Great Uprising“21, also den Grossen Aufstand, und es ist ja in der Tat richtig, dass die französische Linke der späten 1960er Jahre sich von den Kämpfen und dem politischen Widerstand der Afroamerikaner zu diesem Zeitpunkt inspirieren liess.22 Dieser Gegenmythos des entschlossenen städtischen Kampfes in den USA ist heute halb vergessen, unterdrückt oder verteufelt, nicht zuletzt unter den konservativen zeitgenössischen, SPIEGELREISEN / MIRROR TRAVELING Detroit was bristling with guns. There were reports of sniper fire at police, soldiers and firemen; nervous “control agents” responded with hallucinatory intensification: “A Guardsman would fire at an alleged sniper or at streetlights to protect against sniping, and other Guardsmen, hearing the shots, would nervously begin firing at ‘nothing in particular’ in response.”10 Photographs show tanks rolling in the dark of night through residential areas. Facing escalating disaster on the second day, Mayor Jerome Cavanagh and Michigan governor George Romney requested support from federal troops.11 Around midnight on July 25, under the Insurrection Act of 1807, President Lyndon Johnson dispatched paratrooper brigades from the 82nd and 101st Airborne Divisions to the city. The Civil Rights movement was on the President’s mind: he asked the military to use units with “as many Negros as possible”12 and worried about “the danger [of the] first picture of a fed’l soldier shooting a Negro;”13 Deputy Secretary of Defense Cyrus Vance was asked to “inform Detroit’s blacks that the paratroopers being deployed in the city were the very same soldiers who had defended black schoolchildren in Little Rock (101st Airborne) and James Meredith in Mississippi (82nd Airborne).”14 By July 28, the disturbance was largely under control. According to the 1968 report by the Kerner Commission, forty-three people died and 467 were wounded; 7,231 were arrested; 2,509 stores were looted or burned, and 412 buildings had been damaged enough to require demolition.15 FACING These are the facts. The trauma they evidence is obvious (though it must be stipulated that these last figures, based on insurance claims, are probably very low—much was not reported or recorded). The consequences of those facts are, however, more difficult to quantify, blurred together as they are with an ongoing economic crisis, as factory automation and neoliberal economic policies drained jobs from the mass production that had supported the city’s growth in the early twentieth century. Once an icon of American industrial modernity, the city had, even before 1967, entered a five-decade exodus of middle-class families to the suburbs. Once a “thriving metropolis” of nearly two million people, today fewer than a million reside in Detroit: “a desertion like no other,” wrote The New York Times in 2011.16 Similarly, the urban warfare I’ve described above left the fabric of the city permanently transformed. A shocking percentage of the city’s housing and small businesses had been burned or abandoned. Without the money to repair them, these buildings were often left in ruins for decades, 12 Fine, 207. “Firemen Under Sniper Fire at Hazel and Harrison Streets,” Life, August 4, 1967. Photocopy alteration. Courtesy of Julian Myers. “Ruins,” from Reporting the Detroit Riot, American Newspaper Publishers Association, 1968. Photocopy alteration. Courtesy of Julian Myers. INSERT / FRONT Edgar Arceneaux, Blind Pig #5, 2011. Acrylic, graphite on paper. 90 x 156 in. Courtesy of Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Photo credit: Robert Wedemeyer. INSERT / BACK Edgar Arceneaux, Blind Pig #3, 2010. Acrylic, graphite on paper. 72 x 168 in. Collection of Ronald Pizzuti, Columbus, OH. Courtesy of Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Photo credit: Robert Wedemeyer. 10 Fine, ibid. He continues, “One night a solider at a Guard staging point accidentally fired his weapon, and seventy-five other Guardsmen began firing at nearby buildings to defend themselves.” 11 Fine, 203–217. See also the exhaustive account in Cyrus R. Vance, Final Report of Cyrus R. Vance, Special Assistant the Secretary of Defense Concerning the Detroit Riots, July 23 through August 2, 1967, mimeograph. Released from the Office of the Assistant Secretary of Defense for Public Affairs, September 12, 1967. 13 Fine, 208. 14 Fine, 214. 15 Michigan State Insurance Commission estimate of December 1967; quoted in Kerner Commission, Report of the National Advisory Commission on Civil Disorders. Washington: U.S. Government Printing Office, 1968. 16 Katharine Q. Seelye, “Detroit Census Confirms a Desertion Like No Other.” The New York Times, March 22, 2011. http://www.nytimes.com/2011/03/23/ us/23 detroit.html [Accessed June 6, 2011]. 19. JULIAN MYERS „Landkarte der Feuer“ 1967, aus Peter McGillivray, Civil Defense in the Detroit Riots: A Report, s.n. 1968. of Mayor Coleman Young. New York: Viking Adult, 1994, S. 179. 20 Neben Detroit spielen in Arceneauxs künstlerischer Praxis auch die WattsKrawalle eine prominente Rolle, eher versteckt in seiner Position als Direktor des Watts House Project (seit 1998) und offensichtlicher in einer Serie von Tiefdrucken mit dem Titel Beyond the Great Eclipse (2009), die er bei der Paulson Bott Press in Berkeley California produziert hat. 21 So sprach der politische Aktivist Grace Lee Boggs im November 2006 im Gespräch mit meinen Studenten Daniel Orendorff und Chialin Chou über die Ereignisse. 22 Siehe das anonyme Pamphlet der Situationistischen Internationalen über die Krawalle in Watts, verfasst auf Englisch und im Dezember 1965 in den USA verbreitet: „Wer hat denn die Randalierer so verteidigt, wie sie es verdienen? Wir werden das tun. Sollen doch die Ökonomen sich über die verlorenen $25 Millionen sorgen, und die Stadtplaner darüber seufzen, dass einer ihrer schönsten Supermärkte in Rauch aufgegangen ist, und McIntyre über einen getöteten Deputy Sheriff heulen. Lasst die Soziologen die Absurdität und den Rausch dieser Rebellion bejammern ... Was amerikanische Schwarze wirklich zu fordern wagen ist das Recht, wirklich zu leben, letztlich ist dazu nichts weniger als die totale Subversion in dieser Gesellschaft notwendig.“ The Decline and Fall of the Spectacle-Commodity Economy (aus der englischen Übersetzung von Donald Nicholson-Smith). Paris: Internationale Situationniste, 1965. Anselm Jappe fasst die Position der Situationisten folgendermassen zusammen: „Die SI vertrat den Standpunkt, dass das für Schwarze konstruierte Spektakel schlicht ein ärmlicheres war, als das für Weisse; folglich begriffen die Schwarzen den Betrug rascher und, da sie weniger besassen als die Weissen, verlangten sie einfach alles.” Jappe, Guy Debord (übersetzt von Donald Nicholson-Smith). Berkeley: The University Press, 1999, S. 82. Eine anarchistische Konsumgenossenschaft mit Sitz in Detroit, Schwarz und Rot, sollte später die erste englischsprachige Edition von Guy Debords The Society of the Spectacle herausgeben. Detroit: Black and Red, 1977. 23 Henri Lefebvre, La production de l’espace. Paris: Gallimard, 1974. 24 Fredric Jameson, Das politische Unbewusste: Literatur als Symbol sozialen Handelns. London und New York: Routledge Press, 2002, S. 23. Jameson beschreibt Althussers 20. denen die 1960er Jahre eine unvergessliche Wunde bleibt (Aber solche Ideen verschwinden natürlich nicht, nur weil wir sie ignorieren ...). Der Lohn für den Sieger in dieser Schlacht der Allegorien ist das Recht, die Gegenwart von Detroit zu erklären, indem man auf ein reifiziertes Bild von 1967 zurückgreift. Und manche möchten den mythischen Sturz von Detroit dazu nutzen, um diejenigen abzuwehren, die versuchen könnten, das Projekt der „Wiederaneignung des Raums“ (wie Henri Lefebvre es bezeichnete) zu erneuern, das die Stadtguerilla in den späten 1960ern unternommen hat.23 Natürlich haben Allegorien der Geschichte sehr reale Auswirkungen. Sie nötigen zu Handlungen und zur Zirkulierung von Ressourcen. Sie bieten Trost oder provozieren Frustration. Sie konsolidieren politische Macht. Aber die Vergangenheit zu reifizieren bedeutet, sie zu verzerren, ihr politisches Potential aufzuheben und das ideologische Wesen jeder dieser miteinander im Wettstreit befindlichen Erzählungen zu leugnen. In dem Prozess, „ein ganzes soziales Feld um ein Thema oder eine Idee zu vereinheitlichen,”24 werden Geschichten des Konflikts als moralische Lehrstücke präsentiert; die beteiligten Menschen werden zu Requisiten in der Erzählung und Darstellung der postindustriellen Stadt. Als wir 2006 in Detroit ankamen, verbrachten Edgar und ich einen Vormittag damit, den Stadtplan zu verstehen und Orte auf der Karte zu markieren, an denen 1967 Menschen getötet worden waren. Krikor Messerlian, ein alter Armenier, der versuchte, seinen Schusterladen mit einem Zeremoniensäbel zu verteidigen, starb in der Linwood Street nahe der 12th Street. Helen Hall, eine Frau um die Fünfzig auf Geschäftsreise, wurde in ihrem Hotelzimmer in der John C. Lodge Street von einer Kugel eines Nationalgardisten erwischt. Die vierjährige Tanya Blanding wurde ebenfalls von einem Gardisten getötet, als ein Verwandter sich bei ihr zu Hause (1756 Euclid Avenue) eine Zigarette anzündete – sie hatten gedacht, das Aufblitzen seines Feuerzeugs wäre die Pistole eines Heckenschützen. Sheren George, Stripteasetänzerin und Mutter zweier Kinder, starb auf dem Beifahrersitz ihres Autos in der Woodward Avenue nahe der Melbourne Street. Unser Stadtplan wird schnell zu einem schwer lesbaren Dickicht von Vermerken. Als wir an einem Samstagmorgen anfangen, zu den diversen Orten zu fahren, wird uns klar, dass die Stadt, in der Sheren George und Tanya Blanding gelebt haben, SPIEGELREISEN / MIRROR TRAVELING or—in the best circumstances—bulldozed. “Against a background of shifting economic fortunes and stark racial divides” Detroit went into “terminal shock,” leading to what writer Jeff Byles has called “a bonfire of unbuilding.”17 Cavities are everywhere in the contemporary urban fabric, empty lots where the rubble of some great structure has been plowed under. These erasures give the city an almost pre-modern morphology in some parts, which becomes uncanny upon encountering vast boulevards or massive twentieth century buildings. Al Taylor, the founder of Peace Project, describes 1967 as “when the lights got switched out on Detroit…”18 “Desertion,” “terminal shock,” “a bonfire of unbuilding”: the ambiguity of the events of 1967 here finds itself transformed, and simplified, into an allegorical narrative, of a lost (black/industrial) utopia. Indeed we might characterize the discourse in the aftermath of 1967 as a kind of war of allegories. For some these events represented the definitive turning away, for Detroit and the nation, from a certain kind of life in the cities, and the curdling of a certain long-held hope amongst African-Americans, that modernity and industry might eventually bring prosperity and equal rights under the law.19 For others, the events take on quite a different cast, representing, alongside the 1965 Watts riots, the American “May ’68.”20 Some on the left still refer to the events of 1967 as “The Great Uprising;”21 and indeed the French Left of the late 1960s took great inspiration from the urban struggles and political resistance of African-Americans in this moment.22 This counter-myth, of committed urban struggle in the U.S., is today half-forgotten, repressed or demonized, not least amongst contemporary conservatives for whom the 1960s remain an unforgettable wound. (But such ideas hardly go away just because we choose to ignore them.) The prize in this battle of allegories is the right to explain Detroit’s present by recourse to a reified picture of 1967. And, for some, to use a mythic “fall of Detroit” to ward against those who might attempt to renew the project of (what Henri Lefebvre once described as) the “reappropriation of space” attempted by urban guerrilla actions in the late 1960s.23 Of course, allegories of history have real effects. They compel action and the circulation of resources. They provide solace or provoke frustration. They consolidate political power. But to reify the past is to distort it, to suspend its political potential, and to disavow the ideological character of each of these competing narratives. In the process of “unifying a social field around a theme or idea,”24 histories of conflict are presented as moral lessons; the people involved become props in the narrative and mise-en-scène [Darstellung] of the post-industrial city. Arriving in Detroit in 2006, Edgar and I spent one morning figuring out the city’s urban plan and marking locations on a map where people were killed during in 1967. Krikor Messerlian, an old Armenian who tried to defend his shoe repair shop with a ceremonial saber, died on Linwood near 12th. Helen Hall, a fiftyish woman on a business trip, caught a National Guardsman’s bullet in her hotel room on John C. Lodge. Four-year-old Tanya Blanding was killed by another Guardsman when a relative lit a cigarette in her home at 1756 Euclid—they thought the flash of his lighter was a sniper’s rifle. Sheren George, an exotic dancer and mother of two, died in the passenger seat of her car at Woodward near Melbourne. Our map quickly became a hard-to-read clot of notations. When, on Saturday morning, we began driving to the various places, we realized FACING “Map of Fires,” 1967, from Peter McGillivray, Civil Defense in the Detroit Riots: A Report, s.n. 1968. 17 Jeff Byles, Rubble: Unearthing the His- tory of Demolition, New York: Harmony Books, 2005, 230. 18 Al Taylor, quoted by Donna Terek, “Riot Site Ignites Peace Project,” Detroit News.com. May 9, 2010. http://detnews.com/article/20100509/OPINION03 /5090301/Riot-site-ignites-peaceproject [Accessed June 6, 2011]. 19 In his autobiography, Coleman Young, who became Detroit’s first black mayor in 1974, put this in the terms of economics and crime, calling the events of 1967 a “mugging.” “The riot put Detroit in the fast track to economic desolation, mugging the city and making off with incalculable value in jobs, earning taxes, corporate taxes, retail dollars, sales taxes, mortgages, interest, property taxes, mortgages, interest, property taxes, development dollars, investment dollars, and plain damn money. The money was carried out in the pockets of the businesses and the white people who fled as fast as they could.” Coleman Young, Hard Stuff: The Autobiography of Mayor Coleman Young. New York: Viking Adult, 1994: 179. 20 Alongside Detroit, the Watts riots also figure importantly in Arceneaux’s practice, obliquely in his directorship of the Watts House Project since 1998, and more directly in a series of intaglio prints made at Paulson Bott Press in Berkeley California, titled Beyond the Great Eclipse (2009). 21 This is how political activist Grace Lee Boggs referred to the events in conversation with my students Daniel Orendorff and Chialin Chou in November 2006. 22 See the unattributed Situationist International pamphlet on the revolt in Watts, written in English and distributed in the USA in December, 1965. “Who has defended the rioters in the terms they deserve? We will. Let the economists fret over the $27 million lost, and the city planners sigh over one of their most beautiful supermarkets gone up in smoke, and McIntyre blubber over his slain deputy sheriff. Let the sociologists bemoan the absurdity and intoxication of this rebellion… What American blacks are really daring to demand is the right to really live, and in the final analysis this requires nothing less than the total subversion of this society.” The Decline and Fall of the Spectacle-Commodity Economy (trans. Donald Nicholson-Smith). Paris: Internationale Situationniste, 1965. Anselm Jappe summarizes the Situationist’s position: “The SI contended that the 21. JULIAN MYERS Gegenüber Julian Myers und Edgar Arceneaux, National Geographic Road Atlas (2001), Map of Detroit, 2006. Manipulierte Fotokopie und Zeichnung. Courtesy Julian Myers. Kritik der „expressiven Kausalität“ folgendermassen: „eine gigantische Interpretationsallegorie, nach der eine Sequenz historischer Ereignisse, Texte oder Artefakte vom Standpunkt einer tiefgreifenderen, unterschwelligen und ‚grundlegenderen’ Erzählung nach Massgabe einer verborgenen Schlüsselerzählung (master narrative), die als allegorischer Schlüssel oder figuraler Inhalt der ersten Abfolge empirischen Materials dient.“ 25 Edgar Arceneaux, Disfigurement in the Face of Illusion, Susanne Vielmetter Berlin Projects, 5. September – 10. Oktober 2009, Berlin, Deutschland; und The Algorithm Doesn’t Love You, Susanne Vielmetter Los Angeles Projects, 6. November – 11. December 2010, Los Angeles, Verinigte Staaten. 26 Siehe meine Ausstellungskritik „Edgar Arceneaux / Rodney McMillian“, Frieze, Mai 2004. http://www.frieze. com/issue/review/edgar_arceneaux_ rodney_mcmillian/ [Zugriff: 11. Juni 2011]. ‚The Michael Jackson Project’, Susanne Vielmetter Los Angeles Projects, 10. Januar – 14. Februar 2004; ‚Edgar Arceneaux’, The Hammer Museum, Los Angeles (organisiert von James Elaine und Aimee Chang), 25. November 2003 – 29. Februar 2004. 27 T.J. Clark, Image of the People: Gustave Courbet and the 1848 Revolution. London: Thames and Hudson, 1973. 28 Ebd., S. 6. gar nicht mehr existiert. Es gibt die Adresse 1756 Euclid nicht, keine Ruine, keine trauriges Mahnmal, keine tragische Geschichte, keine Spezifizität, überhaupt keinen Ort. Wurden diese Orte abgebrannt oder untergepflügt? Fast bewundern wir Detroits Fähigkeit zur proteischen Neuordnung. Krawall, Unruhen, Störungen, Chaos, Aufruhr, Aufstand ...? Weggang, Rückbau, Begrünung, Erneuerung ...? Diese allegorischen Fragmente umkreisen die Leerstelle an der Clairmont Street und Rosa Parks Boulevard, wo die Geschichte sowohl präsent ist – ein leerer Platz, über den Fundamentsruinen des blind pig gebaut, wo alles begonnen hatte – als auch verschlüsselt, fremd, eine reine und abwesende Ursache. Die Worte erklären nichts. Julian Myers and Edgar Arceneaux, National Geographic Road Atlas (2001), Map of Detroit, 2006. Photocopy alteration and drawing. Courtesy of Julian Myers. spectacle designed for blacks was simply a more impoverished version of the one intended for whites; in consequence blacks grasped the deception more quickly and, since they possessed less than whites, proceeded to demand everything.” Jappe, Guy Debord (trans. Donald Nicholson-Smith). Berkeley: The University Press, 1999: 82. An anarchist co-op based in Detroit, Black and Red would later publish the first English edition of Guy Debord’s The Society of the Spectacle. Detroit: Black and Red, 1977. Teil 2: Bedienungsanleitung für Mirror Travel Die konzeptuellen und theoretischen Wurzeln des Mirror Travel-Projekts lassen sich aus meiner Sicht unmöglich von den acht Jahren des Dialogs und der Freundschaft trennen. Und deshalb hoffe ich, dass die Leser es mir nachsehen werden, wenn ich die Arbeiten Disfigurement in the Face of Illusion (2009) und The Algorithm Doesn’t Love You (2010) wie auch die aktuelle Ausstellung, die sich alle auf diese Unterhaltung stützen, in einen autobiografischen Rahmen stelle.25 23 Henri Lefebvre, The Production of Space (trans. Donald Nicholson-Smith). Oxford and Cambridge: Blackwell, 1991: 54. 24 Fredric Jameson, The Political Un- conscious: 13. Jameson is describing Althusser’s critique of “expressive causality”: “a vast interpretive allegory in which a sequence of historical events or texts or artifacts is rewritten in terms of some deeper, underlying, and more ‘fundamental’ narrative, of a hidden master narrative which is the allegorical key or figural content of the first sequence of empirical materials.” Edgar Arceneaux und ich lernten uns 2004 als Künstler und Kritiker kennen, als ich für Frieze26 über zwei seiner Ausstellungen schrieb, nämlich die Arbeiten The Michael Jackson Project (2004), eine Zusammenarbeit mit dem Künstler Rodney McMillian, und Drawings of Removal (1999-laufend). Damals arbeitete ich an einer kunsthistorischen Dissertation an der University of California, Berkeley, über Land Art und Stadtpolitik in den USA in den 1960er und 1970er Jahren; insbesondere arbeitete ich an einem Kapitel über ein Werk von Michael Heizer mit dem Titel Dragged Mass Displacement, welches auf dem Rasen des Detroit Institute of the Arts im März 1971 ausgeführt wurde. Zuerst möchte ich kurz auf meine Ausbildung zu dieser Zeit kommen. Die Professoren und Professorinnen, mit denen ich am engsten zusammenarbeitete, insbesondere Anne Wagner und T.J. Clark, vertreten eine Methodologie namens ‚soziale Kunstgeschichte’, ein in den letzten vier Jahrzehnten einflussreiches Modell der Kunstgeschichte. Wie viele Formen der Kunstgeschichte ist dies ein hybrides Modell, das sich durch sein Bestehen auf genaue formale Analyse, Primärforschung und historische Kontextualisierung auszeichnet und das in der Praxis diese Dinge über das privilegiert, was oft ‚kritische Theorie’ genannt wird. „On the Social History of Art“ ist der Titel des ersten Kapitels von T.J. Clarks 1973 erschienenem Buch Image of the People: Gustave Courbet and the 1848 Revolution, und man könnte es in vielerlei Hinsicht als das Gründungsstatement dieser Methode bezeichnen.27 Ungeachtet der „ironischen Höflichkeitsgeste“28, die der Titel den Büchern von Arnold Hauser erweist, schlug Clark damals etwas vollkommen Kritisches und Neues vor: Eine Geschichte der Vermittlungen zwischen Sphären der Kunstwelt und ein nuanciertes Studium der komplexen Kontakte der Kunst zur Politik, zum Klassensystem, zum gesellschaftlichen Leben und zur Ideologie. In seiner Formulierung waren Kunstwerke weder losgelöst von der Welt – ganz gleich, ob sich die Künstler 22. SPIEGELREISEN / MIRROR TRAVELING that the city in which Sheren George and Tanya Blanding lived no longer existed. There was no 1756 Euclid, no ruin, no sad reminder, no tragic tale, no specificity, no place at all. Were these places burned down or plowed under? We almost admired Detroit’s aptitude for protean realignment. Riot, unrest, disturbance, disorder, insurrection, uprising? Abandonment, desertion, unbuilding, greening, renewal? These allegorical fragments orbit around the void on Clairmount and Rosa Parks, where history is both present—a bare plaza constructed over the ruined foundations of the blind pig where everything began—and coded, alien, a pure and absent cause. The words explain nothing. 23. JULIAN MYERS Installation aus Drawings of Removal. 1999-heute. UCLA Hammer Museum, Project Space. 25. November 2003 – 29. Februar 2004. Courtesy Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Foto: Joshua White. INSERT / vorne Part Two: A User’s Guide to Mirror Travel FACING The conceptual and theoretical roots of the Mirror Travel collaboration are, for me, impossible to entangle from eight years of dialogue and friendship. And so I hope the reader will forgive an autobiographical framing of the bodies of work, Disfigurement in the Face of Illusion (2009) and The Algorithm Doesn’t Love You (2010), along with the current exhibition, which have drawn from that conversation.25 Installation from Drawings of Removal, 1999-present. UCLA Hammer Museum, Project Space. November 25, 2003 – February 29, 2004. Courtesy of Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Photo Credit: Joshua White. Edgar Arceneaux and I met as artist and critic in 2004, when I reviewed two of his exhibitions, The Michael Jackson Project (2004), a collaboration with the artist Rodney McMillian, and Drawings of Removal (1999–), for Frieze.26 At the time, I was working on a dissertation on earthworks and urban politics in the United States in the 1960 and 1970s; in particular I was writing a chapter on a work by Michael Heizer called Dragged Mass Displacement, executed on the lawn of the Detroit Institute of Arts in March 1971. Michael Heizer, Dragged Mass, 1971. Detroit Institute of Arts. Dia. Courtesy Detroit Institute of the Arts. INSERT / hinten Michael Heizer, Dragged Mass, 1971. Detroit Institute of Arts. Silbergelatinfotografie von Gianfranco Gorgoni. Ursprünglich erschienen in Gregoire Müller und Gianfranco Gorgoni, The New Avant-Garde, Praeger, 1972. 29 Ebd. dies so vorstellten –, noch waren sie Spiegelungen einer Geschichte, die anderswo stattfand, sondern sie waren selbst gesellschaftliche und politische Akte. Historische Forschung, zusammen mit einer ebenso genauen Analyse der Form, konnte in den besten Fällen einen Eindruck dieser sozialen Matrix vermitteln. Dies ist eine potente Methode, die in den letzten dreissig Jahren zu einigen der besten kunstgeschichtlichen Texte und Denkansätze geführt hat. Sie ist auch heute mein Schwerpunkt. Doch wie bei vielen Prüfsteinen ist die polemische Kraft dieses Aufsatzes verblasst – nicht zuletzt auch durch Clarks Desinteresse daran, zu „irgendeiner tristen methodologischen Anpassung“ beizutragen.29 Und doch stellte ich damals fest, dass seine Betonung von Beobachtung, Medium und „Spezifizität“ sowohl in meinem kritischen als auch in meinem historischen Schreiben unter Druck geriet. Was könnte „formale Beobachtung“ bei einem Berg von Erde in einer Galerie bedeuten, oder bei den Spuren eines Bulldozers, der einen 30 Tonnen schweren Granitblock zieht? Wie sollte man stabile Verbindungen zwischen „historischem Kontext“ und Arbeiten wie beispielsweise Dragged Mass oder Sun Tunnels (197376) herstellen, die teilweise darauf abzielen, die menschliche Geschichte zugunsten längerer Horizonten geologischer oder astronomischer Zeit zu negieren? Wie liesse sich „Medium-Spezifizität“ auf so etwas wie Drawings of Removal anwenden, eine Installation, in der Arceneaux in der Echtzeit der Ausstellung Bilder nach den Erinnerungen seines Vaters an Beaumont, Texas, und aus der Erinnerung des Künstlers an das aktuelle Beaumont, aus dem die Welt seines Vaters weitgehend ausradiert wurde, zeichnete und wieder neu zeichnete – und wo die Zeichnung, als Medium, sich durch ihre beschreibenden Unzulänglichkeiten, Auslöschungen, Abwesenheiten und Negierungen wie durch das, was dargestellt wurde, auszeichnet? Und wie schliesslich könnte ein Kunsthistoriker anfangen, mit Arbeiten umzugehen, die selbst 24. SPIEGELREISEN / MIRROR TRAVELING Let me first say something about the nature of my training at Berkeley during that time. The faculty with whom I worked most closely, specifically Anne Wagner and T.J. Clark, are committed to a methodology called “the social history of art,” an influential model of the history of art in the last four decades. Like many forms of art history it is a hybrid model, defined by its emphasis on close formal analysis, primary research, and historical contextualization, and in practice a privileging of those things over what often gets called critical theory. “On the Social History of Art” introduced T.J. Clark’s 1973 book Image of the People: Gustave Courbet and the 1848 Revolution, and was in some ways the founding statement of this method.27 The “ironic courtesy” paid in its title to Arnold Hauser’s books notwithstanding,28 what Clark proposed then was wholly critical and new: a history of mediations among spheres of the art world, and nuanced attention to art’s complex contacts with politics, class, social life, and ideology. In his formulation, works of art were neither detached from the world—no matter if the artists imagined it so—nor mere “reflections” of a history happening elsewhere, but were themselves social and political acts. Deep historical research paired together with equally close attention to form might, in the best moments, offer up glimpses of this social matrix. This is a powerful method, and has produced some of the very best writing and thinking of the last thirty years. It remains today my center of gravity. Yet, as with many touchstones, today the essay’s polemical force has faded—not least Clark’s disinterest in contributing “to some dismal methodological change in gear.”29 And yet, at the time, in both my critical and historical writing, I began to find that his emphasis on observation, medium, and “specificity” were coming under great pressure. How might “formal observation” function, for example, with a mound of dirt in a gallery, or with the result of bulldozers dragging a thirty-ton block of granite? How might one build steady connections between “historical context” and works, like Dragged Mass or Sun Tunnels (1973-76), that aimed in part to negate human history, in favor of the longer horizons of geological or astronomical time? How might “medium-specificity” be applied to something like Drawings of Removal, an installation in which Arceneaux drew and redrew, in the real-time of exhibition, images drawn from his father’s memories of Beaumont, Texas, and from the artist’s memory of a present Beaumont INSERT / FRONT Michael Heizer, Dragged Mass, 1971. Detroit Institute of Arts. Slide. Courtesy of Detroit Institute of Arts. INSERT / BACK Michael Heizer, Dragged Mass, 1971. Detroit Institute of Arts. Gelatin silver photograph by Gianfranco Gorgoni. Originally published in Gregoire Müller and Gianfranco Gorgoni, The New Avant-Garde, Praeger, 1972. 25 Edgar Arceneaux, Disfigurement in the Face of Illusion, Susanne Vielmetter Berlin Projects, September 5-October 10, 2009, Berlin, Germany; and The Algorithm Doesn’t Love You, Susanne Vielmetter Los Angeles Projects, November 6-December 11, 2010, Los Angeles, United States. 26 See my review, “Edgar Arceneaux/ Rodney McMillian,” Frieze, May 2004. http://www.frieze.com/issue/review/ edgar_arceneaux_rodney_mcmillian/ [Accessed June 11, 2011]. The Michael Jackson Project, Susanne Vielmetter Los Angeles Projects, January 10-February 14, 2004; Edgar Arceneaux, The Hammer Museum (organized by James Elaine and Aimee Chang), November 25, 2003–February 29, 2004. 27 T.J. Clark, Image of the People: Gustave Courbet and the 1848 Revolution. London: Thames and Hudson, 1973. 28 Ibid., p. 6. 29 Ibid. 25. JULIAN MYERS Gegenüber Edgar Arceneaux, Inverted House, ein Überrest aus Drawings of Removal, 1999-heute. Eine fortlaufende Zeichnungsinstallation. Inverted House Sammlung des Walker Art Center, Minneapolis, MN. Drawings of Removal, Sammlung Wilhelm und Gaby Schürmann, Aachen. 30 Siehe beispielsweise Hal Fosters Essay „An Archival Impulse“, der Sam Durant, Tacita Dean und Thomas Hirschhorn in dieser Hinsicht erörtert: October 110, Herbst 2004, S. 3-22. Man könnte dieser Auswahl Mario Garcia Torres, Trisha Donnelly, sicherlich Arbeiten von Pierre Huyghe und vielen anderen, hinzufügen. Siehe auch meinen Essay, „If it need be termed surrender, then let it be so: Trisha Donnelly in Parallax“, Afterall 12, November 2005, S. 91-101. 31 Myers, „Edgar Arceneaux / Rodney McMillian”. 32 Wie der langjährige Museumsadminis- trator – und Protokollant – des Detroit Institute, William Bostick in einem Interview von Mary Chris Rospond in Bosticks Zuhause in Detroit am 11. August 1981, erörtert. Mary Chris Rospond, „Interview with William Bostick (1981).” Smithsonian Archives of American Art, 2005. http://www. aaa.si.edu/ oralhist/bostic81htm.htm [Zugriff: 10 Juni 2011]. 33 Zitiert von Diane Waldman in „Holes Without History“, Arts Magazine, Vol. 70 No. 3 (Mai 1971), S. 68. Der Neudruck von Waldmans Essay in Jeffrey Kastners Land and Environmental Art lässt diese Diskussion aus. Jeffrey Kastner, (Hg.). Land and Environmental Art. (London: Phaidon Press Ltd., 1998, S. 210-11). 34 Ich erörtere Dragged Mass ausfüh- rlicher in meinem Katalogaufsatz zur Ausstellung ‚Ends of the Earth: Land Art to 1977’, der 2012 vom Museum of Contemporary Art, Los Angeles, herausgebracht wird. in einer komplexen historischen oder parahistorischen Art und Weise arbeiten, wie dies meinem Verständnis nach Arceneauxs Werke tun (und damit ist er unter zeitgenössischen Künstlern keineswegs allein)?30 Edgar Arceneaux, Inverted House, a remnant of Drawings of Removal, 1999-present. An ongoing drawing installation. Inverted House, collection of the Walker Art Center, Minneapolis, MN. Drawings of Removal, collection of Wilhelm and Gaby Schürmann, Aachen, Germany. Geschichte, Medium und Form bleiben in diesen unerforschten Territorien relevant. Aber wenn meine neuen Untersuchungsobjekte meine Methode nicht ausschlossen, war sie doch wenigstens destabilisiert, und ich sah mich zumindest gezwungen, neue Prämissen und Taktiken zu finden. Dies zu erreichen, stellte ich mir vor, könnte eine Rückkehr zu Clarks ursprünglichen Vorschlägen möglich machen, und irgendwie auch ein Losreissen seiner Methoden in das Gebiet der zeitgenössischen Kunst. Drawings of Removal spielte damals für mich eine zentrale Rolle, und eine Zeichnung aus deren Matrix, DoR (Inverted House) (2001) entwickelte in dieser methodologischen Neuorientierung eine Glück bringende Kraft. Die Zeichnung ist eine Querschnittsansicht desselben Ortes an zwei Zeitpunkten, vermittelt durch das Gedächtnis. Das erste ist die Fläche eines graugrünen Feldes, unterbrochen von einem Baumstumpf und markiert durch ein unleserliches Strassenschild (keine helfenden Wegweiser); dies ist die Gegenwart, wie Edgar sie mit seinem Vater gesehen hat. Aber auch die Vergangenheit dieses Orts ist gegenwärtig: Das Elternhaus seines Vaters, jetzt verschwunden, ist kopfüber unter der leeren Oberfläche der Erde dargestellt. Diese Vergangenheit ist also nicht verloren – visuell dominiert das Haus das Bild –, sondern verfolgt und überwältigt sogar die Gegenwart. Diese Vergangenheit weigert sich, sich beruhigen oder begraben zu lassen. Dennoch ist diese Erscheinung nicht unverändert, wie sie einmal war. Sie stammt aus einem „Repertoire falscher Wahrnehmungen“31, wie ich damals schrieb, traumatisch verkehrt und umgestülpt, und von seiner phantasmagorischen Beharrlichkeit verzerrt. Als ich nicht ohne Verzweiflung zwischen Drawings of Removal und Dragged Mass und zwischen zeitgenössischer Kunst und Kunstgeschichte hin- und herschwankte, hat, so könnte man sagen, Inverted House mein Verständnis von Heizers Land-ArtArbeit von 1971 infiziert. Ich bewegte mich wie besessen zwischen Fotografien von Dragged Mass und dem grünen Rasen des jetzigen Detroit Institute hin und her, wo alle Spuren von Heizers „Tragödie auf dem Rasen“ (so bezeichnete eine der Kunstkommissionen des Museums die Arbeit abschätzig)32 penibel getilgt worden sind. Ich stellte es mir als eine Reproduktion und ein Nachbild von Monumenten vor, die durch Akte des politischen Widerstands verunstaltet wurden. Und ich tauchte in die Vergangenheit von Detroit ein, und im besonderen in den oben beschriebenen Stadtkampf, auf den sich Heizers Arbeit formell zu beziehen (ein anderer Betrachter der Arbeit verglich dessen Aggression mit der „Brutalität des Leidens in Vietnam“33) und gleichzeitig falsch zu erkennen schien.34 Arceneauxs Arbeit war entscheidend für das Zusammenstellen dieser instabilen Konstellation von Geschichte(n): Monumente und Anti-Monumente, die Krawalle von 1967, die Erdarbeit von 1971 und die Gegenwart von Detroit. 2005 bat ich ihn inständig mitzumachen – die Seiten aus seinem Notizbuch, die hier enthalten sind, sind Gegenstände dieser Unterhaltung. Wir entwickelten schnell einen Plan, zusammen nach Detroit zu reisen – diese erste Reise habe ich oben beschrieben – und übernahmen aus Robert Smithsons 1968 erschienenem Essay „Incidents of Mirror Travel in the 26. SPIEGELREISEN / MIRROR TRAVELING 30 See for example, Hal Foster’s essay where the world his father remembered had been largely erased—where drawing, as a medium, was marked as much by its descriptive inadequacies, and by cancellations, absences and negations, as by what was rendered? And finally, how might an art historian begin to deal with art that was itself working in a complex historical or para-historical manner, as I came to understand Arceneaux’s to be (and in this, among contemporary artists, he is clearly not alone)?30 “An Archival Impulse,” which discusses Sam Durant, Tacita Dean, and Thomas Hirschhorn on these terms: October 110, Fall 2004: 3–22. One might add to his selection Mario Garcia Torres, Trisha Donnelly, certain works by Pierre Huyghe, and many others. See also my essay, “If it need be termed surrender, then let it be so: Trisha Donnelly in Parallax,” Afterall 12, November 2005: 91–101. 31 Myers, “Edgar Arceneaux/Rodney McMillian.” History, medium and form remain relevant in these unfamiliar territories. But if my method was not obviated by its new objects of inquiry, it was at the very least destabilized, forced to find new premises and tactics. To do this, I imagined, might enable both a return to Clark’s original proposals, and, somehow, a wresting of his methods into the field of contemporary art. Drawings of Removal was at the center of my mind, at the time, and one drawing from its matrix, DoR (Inverted House) (2001) came to have a talismanic force in this methodological rethinking. The drawing offers a cross-section view of the same place at two moments, as mediated by memory. The first is an expanse of gray-green field, punctuated by a tree stump, and marked by an unreadable street sign (no guideposts will help us here); this is the present as Edgar witnessed it with his father. But present, too is the past of this place: his father’s childhood home, now missing, rendered upside down, beneath the blank surface of the earth. This past, then, is not lost— visually, the house dominates the picture—but instead haunts, even overwhelms, the present. This past refuses to be settled or buried. But neither does this apparition appear as it once was, untransformed. “Drawn from a repertoire of misrecognitions,” as I put it at the time,31 it is traumatically inverted and upended, distorted by its phantasmagoric insistence. Toggling, not without some desperation, between Drawings of Removal and Dragged Mass, and between contemporary art and art history, one might say that Inverted House infected my understanding of Heizer’s 1971 earthwork. I moved obsessively between photographs of Dragged Mass and the green lawn of the present Detroit Institute, where all traces of Heizer’s “tragedy on the lawn” (this is how one of the 27. JULIAN MYERS Michael Heizer, Dragged Mass, Detroit Institute of Arts, März 1971. Courtesy Detroit Institute of Arts. Gegenüber André Adolphe Eugène Disderi, Chute de la Colonne Vendôme, 1871. Fotografie. 35 Robert Smithson, „Incidents of Mirror Travel in the Yucatan“, Nancy Holt, ed. The Writings of Robert Smithson. New York: New York University Press, 1979, S. 94-103. Ursprünglich erschienen in Artforum, September 1968. Siehe auch Jennifer Roberts, „Smithson and Stephens in Yucatán“, Mirror Travels: Robert Smithson and History. New Haven und London: Yale University Press, 2004, S. 86-113. Neben unserer Affinität zum Modell Smithsons mag man auch Arceneauxs häufigen Rekurs zur Heisenbergschen Unbestimmtheitsrelation (siehe unser Gespräch in Lauri Firstenberg, ed. California Biennial 2008. Los Angeles: Orange County Museum of Art, S. 42-43) und mein eigenes Interesse an der Idee der Parallaxe als Modell für Kritik und Historiographie erkennen. 36 „Interpolation ist ein wichtiger Teil der Auseinandersetzung mit widerstreitenden Versionen von Geschichte“, erklärte Arceneaux mir, als ich diesen Aufsatz schrieb. Gespräch mit dem Autor am 3. Juni 2011. 37 2009 entdeckten Arceneaux und ich, dass wir beide zutiefst von Arthur Janas Installation bei der Whitney Biennale im Jahr 2000 beeindruckt waren. Siehe auch sein Aufsatz darüber, wie er 2001 erlebt hat: Arthur Jafa, „My Black Death“, in Everything but the Burden: What White People Are Taking from Black Culture (Greg Tate, Hrgb.). New York: Broadway Books, 2003. 38 John Lee Hooker, Urban Blues. BLS6012 Bluesway/ABC, 1968; Gordon Lightfoot, Black Day in July/Pussywillows, Cattails. UA50281 United Artists, 1968. 39 Kings Zitat im Kontext: „Wir sind auch zu dieser merkwürdigen Stätte gekommen, um Amerika an die grimmige Notwendigkeit des Jetzt zu erinnern. Jetzt ist nicht die Zeit, wo man sich den Luxus einer ‚Abkühlungsperiode’ leisten oder die Beruhigungsmittel langsamen, schrittweisen Fortschritts einnehmen kann. Jetzt ist es Zeit, die Versprechungen der Demokratie Wirklichkeit werden zu lassen. Jetzt ist es Zeit, aus dem dunklen und trostlosen Tal der Rassentrennung aufzubrechen und den hellen Weg der Gerechtigkeit für alle Rassen zu beschreiten. Jetzt ist es Zeit, unsere Nation aus dem Flugsand rassischer Ungerechtigkeit zu dem festen Felsen 28. Yucatan“ seine Formulierung von „mirror travel“ für eine Art von halluzinatorischem Reisebericht. Smithsons Reisender betrachtet seine Umgebung nicht leidenschaftslos, er verwandelt sie vielmehr (für Smithson mit Hilfe von Spiegeln, die er an diversen Orten seiner Reise aufstellt) – und wird selbst durch sie verwandelt.35 Wie für Smithson sollte ‚Interpolation’ – für uns als die Veränderung eines existierenden Ortes durch unautorisiertes Einfügen von neuen Inhalten definiert – eine wichtige Arbeitsmethode werden. Bei unserem zweiten Besuch auf dem Clairmount-Grundstück stellte Arceneaux eine kleine Spiegelkonstruktion auf einen Schachtisch, ein zerbrechliches Gegenmonument angesichts der verwirrenden Guerillaskulptur.36 Die Recherche für Mirror Travel, die sich auf die Verknüpfung von Inverted House und Dragged Mass sowie unserer Begegnung mit den Orten an der Clairmount Street und dem Rosa Parks Boulevard aufbaut, konzentrierte sich auf das Monument im umkämpften Stadtraum – durch Arceneauxs assoziative Logik kam der Monolith aus Stanley Kubricks film 2001 aus dem Jahr 1968 zu dieser Konstellation hinzu37 – sowie auf den wörtlichen und figurativen ‚Underground’ in Detroit: Die vergrabenen Fundamente von verlassenen, abgerissenen und überdeckten Gebäuden, der halb begrabene Granitblock von Dragged Mass, die begrabene oder falsch erinnerte Geschichte des Kampfs in den Städten, und Detroits blühende Underground-Musikszene. In den Monumenten wie auch den Vergrabungen erlebten wir komplexe Resonanzen eines nur halb erinnerten Jahres 1967, das andernorts bis zur Nichtigkeit politisiert und allegorisiert wurde. Aber wie der Theoretiker Slavoj Žižek oft versichert (basierend auf seiner Interpretation von Jacques Lacan), insistiert oft das, was nicht existiert (also das, was in Abrede gestellt oder unterdrückt wird) in phantasmatischer Form. Und nirgendwo, so stellten wir fest, hatten diese Geister der Revolte eindringlicher insistiert als in Detroits Musik. Die Krawalle von 1967 wurden damals natürlich registriert – von John Lee Hookers mehrdeutigem „The Motor City Is Burning” und von Gordon Lightfoots einfältiger Folk-Country-Hymne „Black Day in July” (beide von 1968)38 – aber wir fanden eine besondere Affinität mit der Ästhetik und dem Hard Techno von Underground Resistance: Detroiter, die um die Zeit der Krawalle geboren sind und in deren langer Folgezeit aufwuchsen. URs Titel „Riot” sampelt ein Fragment von Martin Luther Kings Redeschluss, „jetzt ist die Zeit“ [now is the time] (aus seiner berühmtberüchtigten „I have A Dream“-Rede)39 und militarisierte die Tanzfläche;40 eine Luftaufnahme der brennenden Stadt Detroit (mit zusätzlicher expressiver Kolorierung) ziert die Coverrückseite des richtungsweisenden Albums Revolution for Change (1992).41 Konfrontiert mit brutaler öffentlicher Unterdrückung durch Beamte (control agents) SPIEGELREISEN / MIRROR TRAVELING museum’s art commission referred derisively to the work)32 had been meticulously erased. I imagined it as a reproduction and afterimage of monuments defaced through acts of political resistance. And I delved into the past of Detroit, in particular the urban warfare described above, which Heizer’s work seemed both to reference formally (another viewer of the work compared its aggression to “the brutality of the suffering in Vietnam”),33 and to misrecognize.34 Arceneaux’s work had been crucial to assembling this unstable constellation of histories: monuments and anti-monuments, the 1967 riots, the 1971 earthwork, and the present of Detroit. In 2005, I entreated him to join in—his notebook pages, included here, are artifacts of this conversation. We soon devised a plan to go together to Detroit—that initial trip is described above—and adopted from Robert Smithson’s 1968 essay “Incidents of Mirror Travel in the Yucatan” his formulation of “mirror travel” as a kind of hallucinatory travelogue. Smithson’s traveller does not dispassionately view his surroundings, but instead transforms them (for Smithson through the placement of mirrors in various sites on his journey) and is transformed by them.35 As for Smithson, “interpolation”—defined, for us, as the alteration of an existing place through the insertion, without authorization, of new matter—would be a crucial working method. On our second visit to the Clairmount site, Arceneaux placed a small mirror structure on one chess table, a fragile counter-monument in view of the perplexing guerilla sculpture.36 Drawing on the conjunction of Inverted House and Dragged Mass, as well as our encounter with the site at Clairmount and Rosa Parks, Mirror Travel’s research focused on the monument in contested urban space—through Arceneaux’s associative logic, the monolith from Stanley Kubrick’s 1968 film 200137 entered this constellation— and on the literal and figurative “underground” in Detroit: the buried foundations of buildings abandoned, demolished and covered over, the half-buried granite block of Dragged Mass, the buried or misremembered history of urban struggle, and Detroit’s thriving “underground” music scene. In both monuments and burials we witnessed complex resonances of a half-remembered 1967, elsewhere politicized and allegorized into nullity. But, as theorist Slavoj Žižek often asserts (drawing on his reading of Jacques Lacan), that which does not exist, that which is disavowed or repressed, will often insist, in fantasmatic form. And nowhere, we found, had these ghosts of revolt insisted themselves as vividly as in Detroit’s music. The 1967 riots were registered at the time, of course—by John Lee Hooker’s ambivalent “The Motor City Is Burning” and by Gordon FACING Michael Heizer, Dragged Mass, Detroit Institute of Arts, March 1971. Courtesy of Detroit Institute of Arts. André Adolphe Eugène Disderi, Chute de la Colonne Vendôme,1871. Photograph. Public domain. 32 As discussed by the Detroit Institute’s longtime museum administrator—and minutes-keeper—William Bostick in an interview conducted by Mary Chris Rospond at Bostick’s home in Detroit on August 11, 1981. Mary Chris Rospond, “Interview with William Bostick (1981).” Smithsonian Archives of American Art, 2005. http://www. aaa.si.edu/ oralhist/bostic81htm.htm [Accessed June 10, 2011]. 33 As cited by Diane Waldman in “Holes Without History,” Arts Magazine, Vol. 70 No. 3 (May 1971) 68. The reprint of Waldman’s essay in Jeffrey Kastner’s Land and Environmental Art omits this discussion. Jeffrey Kastner, ed. Land and Environmental Art. (London: Phaidon Press Ltd., 1998, 210–11). 34 I discuss Dragged Mass at greater length in my catalogue essay for the exhibition Ends of the Earth: Land Art to 1977, to be published in 2012 by the Museum of Contemporary Art, Los Angeles. 35 Robert Smithson, “Incidents of Mirror Travel in the Yucatan,” Nancy Holt, ed. The Writings of Robert Smithson. New York: New York University Press, 1979: 94–103. Originally published in Artforum, September 1968. See also Jennifer Roberts, “Smithson and Stephens in Yucatán,” Mirror Travels: Robert Smithson and History. New Haven and London: Yale University Press, 2004: 86–113. One might also detect, alongside our affinity with Smithson’s model, Arceneaux’s frequent recourse to the Heisenberg uncertainty principle (see our conversation in Lauri Firstenberg, ed. California Biennial 2008. Los Angeles: Orange County Museum of Art: 42–43) and my own interest in the idea of parallax as a model for criticism and historiography. 36 “Interpolation is an important part of dealing with conflicted histories,” Arceneaux told me as I was writing this essay. Conversation with the author, June 3, 2011. 37 Arceneaux and I discovered in 2009 that we’d both been deeply impressed with Arthur Jafa’s installation in the 2000 Whitney Biennial. See his essay on experiencing 2001: Arthur Jafa, “My Black Death,” Everything but the Burden: What White People Are Taking from Black Culture (Greg Tate, ed.). New York: Broadway Books, 2003. 29. JULIAN MYERS Drexciya, The Quest, (Detail aus dem Beiheft). Submerge Recordings, 1997. Courtesy Submerge Recordings. der Brüderlichkeit emporzuheben. Jetzt ist es Zeit, Gerechtigkeit für alle Kinder Gottes Wirklichkeit werden zu lassen.“ Martin Luther King, „I have a Dream“, http://www.king-zentrum.de (Zugriff: 12. Juli 2011) 40 Underground Resistance, Riot EP. UR010 Underground Resistance, 1991; die ursprünglichen Pressungen wurden rückwärts gespielt, von innen nach aussen. 41 Underground Resistance, Revolution for Change. URLP1 Network Records 1992. 42 Kodwo Eshun, „The Final Transmission from The Forever War: Underground Resistance“, More Brilliant Than The Sun: Adventures in Sonic Fiction. London: Quartet Books, 1999, S. 117. Es ist noch anzumerken, dass UR sich im Verlauf ihrer Karriere radikal verändert und ihrem früheren akustischen Hardcore-Ich sowohl Live-Instrumente als auch Ausdrucksweisen aus dem ganzen afrofuturistischem Spektrum hinzugefügt haben: „interstellarer“ Jazz, Funk, Electro und so weiter. gab Underground Resistance das „Strassenwissen“ auf, um eine schattenhafte und esoterische Kriegsmaschine zu werden.42 Das Label UR brachte Anfang und Mitte der 1990er Jahre Alben des geheimnisvollen Electro-Techno-Duos Drexciya heraus, dessen komplexe und fragmentarische Mythographie unsere Themen von Monument und Untergrund anders reflektierten. Drexciya, so wurde es auf den Alben dargestellt, sei eine Unterwasserzivilisation in den Grossen Seen von Michigan; sie stamme von Sklaven ab, die beim atlantischen Sklavenhandel auf der Reise von Afrika in die USA über Bord geworfen worden SPIEGELREISEN / MIRROR TRAVELING Lightfoot’s simpering folk-country anthem, “Black Day in July” (both 1968)38—but we found a particular affinity with the aesthetics and hard techno produced by Underground Resistance, Detroiters born around the time of the riots, who grew up in their long aftermath. Sampling a fragment of Martin Luther King’s peroration that “now is the time” for racial equality (from his infamous “I Have A Dream” speech on August 28, 1963),39 UR’s 1991 track “Riot” militarized the dance floor;40 an aerial photograph of a burning Detroit (with added, expressive colorization) was presented on the back cover of their landmark album Revolution for Change (1992).41 Faced with violent suppression in public by “control agents,” Underground Resistance “abandon[ed] street knowledge” to become a shadowy and esoteric war machine.42 Released on UR’s label in the early and mid-1990s were records by the secretive electro-techno duo Drexciya, whose complex and fragmentary mythography reflected differently our thematics of monument and underground. Drexciya, the records put forward, was an underwater civilization in the great lakes of Michigan, descended from slaves thrown overboard during The Middle Passage from Africa to the United States. “During the greatest holocaust the world has ever known,” read the liner notes of The Quest (1998), “pregnant America-bound African slaves were thrown overboard by the thousands during labor for being sick and disruptive cargo. Is it possible that they could have given birth at sea to babies that never needed air? […] Are Drexciyans water-breathing, aquatically mutated descendants of those unfortunate victims of human greed? Have they been spared by God to teach us or terrorize us? Did they migrate from the Gulf of Mexico to the Mississippi river basin and on to the great lakes of Michigan?”43 In their myth, Drexciya rewrote ground-level urban resistance as aquatic guerrilla tactics, and buried blind pig as submerged utopia/dystopia. Hardness, in their music, becomes liquidity—burial is recoded as immersion. (Arceneaux’s Bubble Monolith [2009] aims to fuse these contradictions by way of 2001’s mysterious stele; his re-version of Dragged Mass seeps a viscous pink blood.) Clairmount and Rosa Parks, Dragged Mass and Drexciya: there is no easy synthesis of this disparate material, united only by a city and a set of elusive, shifting ideas. But Mirror Travel makes the wager that imagining these dissonant sites together might produce a counter-allegorical field from which new work might be realized—work that might unsettle the past that historicist allegory attempts to resolve. Much will depend on the viewer’s willingness to engage and interpret. As I wrote in 2004, about Drawings of Removal, “Arceneaux’s art can be as intense as critical theory and as difficult; it certainly requires a similar investment from those seeking to appreciate it. It is a fact that the work needs to be properly investigated for its systems to avoid appearing over-hermetic or its iconology too private. But as with critical theory, when moments of epiphany materialize, they are stunning in their sheer expressive economy.”44 This is no less true of the present work. 30. FACING Drexciya, The Quest, (detail from booklet). Submerge Recordings, 1997. Courtesy of Submerge Recordings. 38 John Lee Hooker, Urban Blues. BLS6012 Bluesway/ABC, 1968; Gordon Lightfoot, Black Day in July/Pussywillows, Cattails. UA50281 United Artists, 1968. 39 The full context of King’s quote: “We have come to this hallowed spot to remind America of the fierce urgency of now. This is no time to engage in the luxury of cooling off or to take the tranquilizing drug of gradualism. Now is the time to make real the promises of democracy. Now is the time to rise from the dark and desolate valley of segregation to the sunlit path of racial justice. Now is the time to lift our nation from the quicksands of racial injustice to the solid rock of brotherhood. Now is the time to make justice a reality for all god’s children.” Martin Luther King, “The I Have A Dream Speech.” www.usconstitution.net/dream.html (Accessed June 10, 2011) 40 Underground Resistance, Riot EP. UR010 Underground Resistance, 1991; original pressings played in reverse, from the inside out. 41 Underground Resistance, Revolution for Change. URLP1 Network Records 1992. 42 Kodwo Eshun, “The Final Transmission from The Forever War: Underground Resistance,” More Brilliant Than The Sun: Adventures in Sonic Fiction. London: Quartet Books, 1999: 117. UR, it should be noted, has changed radically over their career, adding to their early hardcore sonic persona both live instrumentation and idioms from across the Afro-futurist spectrum: “interstellar” jazz, funk, electro, and so on. 43 Drexciya, The Quest. SVE7 Submerge Recordings, 1997. 44 Myers, “Edgar Arceneaux/Rodney McMillian.” 31. JULIAN MYERS Von links nach rechts Edgar Arceneaux, Clairmount and Rosa Parks, Detroit, Februar und November 2006. Digitale Fotografien. Courtesy Edgar Arceneaux. Stanley Kubrick, 2001: A Space Odyssey, 1968. Videostill. gegenüber Arceneaux im Keller von UR, mit dem Musik machenden Mad Mike, Juni 2010. INSERT / vorne Underground Resistance, Revolution for Change LP, 1992. Courtesy Underground Resistance. INSERT / hinten Edgar Arceneaux, Vitrine bei Exhibit 3000, Submerge Records. Digitale Fotografie. Courtesy Edgar Arceneaux. 43 Drexciya, The Quest. SVE7 Submerge Recordings, 1997. 44 Myers, “Edgar Arceneaux / Rodney McMillian.” 32. waren. „Während des grössten Holocaust, den die Welt je gesehen hat“, liest man im Begleitheftchen zu The Quest (1998), „wurden Tausende schwangerer afrikanischer Sklavinnen, die auf dem Weg nach Amerika Wehen bekamen, über Bord geworfen, weil sie als kranke und Unruhe stiftende Ladung betrachtet wurden. Ist es möglich, dass sie im Meer Babys geboren haben, die nie Luft brauchen? ... Sind Drexciyaner aquatisch mutierte, Wasser atmende Nachkommen dieser unglücklichen Opfer der menschlichen Gier? Wurden sie von Gott verschont, um uns etwas zu lehren oder uns zu terrorisieren? Sind sie vom Golf von Mexiko zum Mississippi-Flussdelta und dann in die Grossen Seen gezogen?“43 In ihrem Mythos schrieben Drexciya städtischen Graswurzelwiderstand als aquatische Guerrilla-Taktik um und begruben das blind pig als eine untergetauchte Utopie/Dystopie. Die Härte in ihrer Musik wird zur Flüssigkeit – Vergraben wird neu als Eintauchen codiert. (Arceneauxs Bubble Monolith, 2009 versucht diese Gegensätze über die mysteriöse Stele von 2001 zusammenzubringen; aus seine Neuversion von Dragged Mass sickert ein zähes pinkes Blut.) Clairmount und Rosa Parks, Dragged Mass und Drexciya: Es gibt keine einfache Synthese dieses disparaten Materials, das nur durch eine Stadt und eine Gruppe von flüchtigen, wechselnden Ideen verbunden ist. Aber ‚Mirror Travel’ wagt die Wette, dass, wenn man sich diese dissonanten Orte zusammen vorstellt, sich ein gegenallegorisches Feld entwickeln könnte, aus dem dann neue Arbeit erwachsen könnte – Arbeit, die die Vergangenheit aufmischt, die die historistische Allegorie auflöst. Viel hängt von der Bereitschaft der Betrachter ab, sich auseinanderzusetzen und zu interpretieren. Wie ich 2004 über Drawings of Removal geschrieben habe, „kann Arceneauxs Kunst so ernsthaft wie kritische Theorie sein, und auch so schwierig; gewiss fordert sie ein ähnliches Investment von denjenigen, die sie verstehen wollen. Es ist eine Tatsache, dass die Arbeiten richtiggehend erforscht werden müssen, damit ihre Systeme nicht allzu hermetisch erscheinen, oder ihre Ikonographie zu privat. Aber es ist wie bei der kritischen Theorie: Wenn sich Momente der Epiphanie einstellen, sind sie in ihrer schieren expressiven Ökonomie atemberaubend.“44 Dies trifft in allem auch auf die aktuellen Arbeiten zu. AUSZÜGE AUS SKIZZENBÜCHERN / SKETCHBOOK EXCERPTS FACING / LEFT TO RIGHT Edgar Arceneaux, Clairmount and Rosa Parks, Detroit, February and November 2006. Digital photographs. Courtesy of the artist. Stanley Kubrick, 2001: A Space Odyssey, 1968. Video still. Arceneaux hanging out in basement of UR with Mad Mike playing music, June 2010. INSERT / FRONT Underground Resistance, Revolution for Change LP, 1992. Courtesy of Underground Resistance. INSERT / BACK Edgar Arceneaux, Vitrine at Exhibit 3000, Submerge Records. Digital photograph. Courtesy of the Artist. 33. EDGAR ARCENEAUX 34. AUSZÜGE AUS SKIZZENBÜCHERN / SKETCHBOOK EXCERPTS 35. EDGAR ARCENEAUX 36. AUSZÜGE AUS SKIZZENBÜCHERN / SKETCHBOOK EXCERPTS 37. EDGAR ARCENEAUX 38. AUSZÜGE AUS SKIZZENBÜCHERN / SKETCHBOOK EXCERPTS 39. EDGAR ARCENEAUX AUSZÜGE AUS SKIZZENBÜCHERN / SKETCHBOOK EXCERPTS INSERT / vorne, links Underground Resistance, Revolution For Change [Network Records, 1992] Detail der Coverrückseite. INSERT / FRONT, LEFT Underground Resistance, Revolution For Change [Network Records, 1992] Detail from back cover. INSERT / vorne, rechts Drexciya Schallplatten-Etiketten, 1992-1996 (von oben nach unten): Deep Sea Dweller, 1992, Seite B. Drexciya 4: The Unknown Aquazone Double Aquapak, 1994, Basalt Zone 3.65X. Aquatic Invasion, 1995, Seiten A und B. Drexciya 2: Bubble Metropolis, 1993, Seite B. The Return of Drexciya, 1996, Seite B. INSERT / FRONT, RIGHT INSERT / hinten INSERT / BACK "Drexciya: Collected Evidence", zusammengestellt von Julian Myers, 2011, mit Dank an Drexciya und UR. "Drexciya: Collected Evidence," Assembled by Julian Myers, 2011, with Thanks to Drexciya and UR. 40. Drexciya center labels, 1992–6 (top to bottom): Deep Sea Dweller, 1992, Side B. Drexciya 4: The Unknown Aquazone Double Aquapak, 1994, Basalt Zone 3.65X. Aquatic Invasion, 1995, Sides A and B. Drexciya 2: Bubble Metropolis, 1993, Side B. The Return of Drexciya, 1996, Side B. 41. EDGAR ARCENEAUX 42. AUSZÜGE AUS SKIZZENBÜCHERN / SKETCHBOOK EXCERPTS 43. EDGAR ARCENEAUX 44. AUSZÜGE AUS SKIZZENBÜCHERN / SKETCHBOOK EXCERPTS 45. EDGAR ARCENEAUX AUSZÜGE AUS SKIZZENBÜCHERN / SKETCHBOOK EXCERPTS INSERT / vorne INSERT / front Edgar Arceneaux, Where now? In my house? Why? It's warm in here., 2011. Unfertige Arbeit. Acryl, Kreide, Pastellkreide auf Papier. Courtesy Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Foto: Robert Wedemeyer. Edgar Arceneaux, Where now? In my house? Why? It's warm in here., 2011. Work in progress. Acrylic, chalk, pastel on paper. Courtesy of Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Photo credit: Robert Wedemeyer. INSERT / hinten INSERT / back Atelieraufnahmen von unfertigen Arbeiten für Hopelessness Freezes Time, 2011. Courtesy Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Foto: Robert Wedemeyer. Studio shot of works in progress for Hopelessness Freezes Time, 2011. Courtesy of Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Photo credit: Robert Wedemeyer. 46. 47. EDGAR ARCENEAUX 48. AUSZÜGE AUS SKIZZENBÜCHERN / SKETCHBOOK EXCERPTS 49. EDGAR ARCENEAUX 50. AUSZÜGE AUS SKIZZENBÜCHERN / SKETCHBOOK EXCERPTS 51. EDGAR ARCENEAUX 52. AUSZÜGE AUS SKIZZENBÜCHERN / SKETCHBOOK EXCERPTS 53. EDGAR ARCENEAUX AUSZÜGE AUS SKIZZENBÜCHERN / SKETCHBOOK EXCERPTS INSERT / Vorne, links Edgar Arceneaux The Human Sugar Factory 1, 2010. Installation in Project Row Houses, Houston, Texas, 9. Oktober 2010 – 28. Februar 2011. Zwei Industrieregale, Wellblechregale, kristallisierte Kisten, kristallisierte Backsteine, kristallisierte Handschuhe. Masse variabel, Regale 2,5 m hoch, x 0,6 m tief, x 2,5 m breit. Courtesy Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Foto: Eric Hester. INSERT / vorne, rechts Camilo Jose Vergara, „A gentle, semi-abandoned place is what remains of past dynamism and brutal strength—a 1990s fading container for ghosts and shadows patrolled by homeless men.“ Detroit, 1995. Ursprünglich publiziert in The New American Ghetto, 1997. Silbergelatinfotografie. INSERT / hinten Edgar Arceneaux The Human Sugar Factory 1, Detail, 2010. Zwei Industrieregale, Wellblechregale, kristallisierte Kisten, kristallisierte Backsteine, kristallisierte Handschuhe. Masse variabel, Regale 2,5 m hoch, x 06 m tief, x 2,5 m breit. Courtesy Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Foto: Eric Hester. 54. INSERT / front, left Edgar Arceneaux, The Human Sugar Factory 1 (detail view), 2010. Installation from Project Row Houses, Houston, TX, October 9, 2010 – February 28, 2011. Two cargo racks, corrugated metal shelving, crystalized boxes, crystalized bricks, crystalized gloves. Dimensions variable, shelves 8 x 2 x 8 ft. Courtesy of Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Photo credit: Eric Hester. INSERT / front, right Camilo Jose Vergara, “A gentle, semi-abandoned place is what remains of past dynamism and brutal strength—a 1990s fading container for ghosts and shadows patrolled by homeless men.” Detroit, 1995. Original published in The New American Ghetto, 1997. Gelatin silver photograph. INSERT / BACK Edgar Arceneaux, The Human Sugar Factory (detail) ,2010. Two cargo racks, corrugated metal shelving, crystalized boxes, crystalized bricks, crystalized gloves.Dimensions variable, shelves 8 ft. x 2 ft. x 8 ft. Courtesy of Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Photo credit: Eric Hester. 55. EDGAR ARCENEAUX 56. AUSZÜGE AUS SKIZZENBÜCHERN / SKETCHBOOK EXCERPTS 57. EDGAR ARCENEAUX 58. AUSZÜGE AUS SKIZZENBÜCHERN / SKETCHBOOK EXCERPTS 59. EDGAR ARCENEAUX 60. AUSZÜGE AUS SKIZZENBÜCHERN / SKETCHBOOK EXCERPTS 61. EDGAR ARCENEAUX AUSZÜGE AUS SKIZZENBÜCHERN / SKETCHBOOK EXCERPTS INSERT / FRONT, LEFT INSERT / vorne, links Edgar Arceneaux, Holes and Waves (unfertige Arbeit), 2011. Dreck, Acryl, Graphit auf Papier. 106,5 x 152,5 cm. Courtesy Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Foto: Robert Wedemeyer. Edgar Arceneaux, Holes and Waves (a work in progress), 2011. Dirt, acrylic, graphite on paper. 42 x 60 in. Courtesy of Susanne Vielmetter Los Angeles Projects.Photo credit: Robert Wedemeyer. INSERT / FRONT, RIGHT INSERT / Vorne, Rechts Edgar Arceneaux, Eyes Floating in the Abyss (Waves), 2011. Dreck, Kreide, Pastellkreide auf Papier. 183 x 189 cm. Courtesy Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Foto: Robert Wedemeyer. Edgar Arceneaux, Eyes Floating in the Abyss (Waves), 2011. Dirt, graphite, chalk pastel on paper. 72 x 78 in. Courtesy of Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Photo credit: Robert Wedemeyer. INSERT / BACK INSERT / Hinten Edgar Arceneaux, Holes in History, 2011. Acryl, Graphit, Tinte auf Papier. 116,84 x 182,88 cm. Unfertige Arbeit. Courtesy Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Foto: Robert Wedemeyer. 62. Edgar Arceneaux, Holes in History, 2011. Acrylic, graphite, ink on paper. 46 x 72 in. Work in progress. Courtesy of Susanne Vielmetter Los Angeles Projects.Photo credit: Robert Wedemeyer. 63. EDGAR ARCENEAUX 64. AUSZÜGE AUS SKIZZENBÜCHERN / SKETCHBOOK EXCERPTS 65. EDGAR ARCENEAUX 66. AUSZÜGE AUS SKIZZENBÜCHERN / SKETCHBOOK EXCERPTS 67. EDGAR ARCENEAUX 68. AUSZÜGE AUS SKIZZENBÜCHERN / SKETCHBOOK EXCERPTS 69. EDGAR ARCENEAUX 70. AUSZÜGE AUS SKIZZENBÜCHERN / SKETCHBOOK EXCERPTS 71. EDGAR ARCENEAUX 72. AUSZÜGE AUS SKIZZENBÜCHERN / SKETCHBOOK EXCERPTS 73. EDGAR ARCENEAUX Über das Wesen meiner Notizbücher. Eine Ausführung insert / vorne, links Edgar Arceneaux, The Gods of Detroit (bkans), 2010. Lehm, Kohle, Email auf nicht aufgezogener Leinwand. 175 x 122 cm. Courtesy Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Foto: Robert Wedemeyer. insert / vorne, rechts Edgar Arceneaux, Themen der Skizzenbücher, 2011. insert / hinten Installationsansicht der Gods of Detroit, aus The Algorithm Doesn’t Love You, fortlaufende Serie. 6. November – 11. Dezember 2010 bei Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Courtesy Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Foto: Robert Wedemeyer. Ich mache Notizen – auf Papierstücken, die dann auf Tischen liegenbleiben oder in meinen Hosentaschen stecken, monate- und manchmal jahrelang. Diese Momente der Ideenfindung sind kaum kontrolliert, und wenn Ideen aus dem Unterbewusstsein entstehen, ist mir jedes Schreibmaterial recht. Aus den meisten dieser Gedankenfragmente entwickelt sich nichts, was wirklich von Wert wäre, aber die Aktivität im Ganzen bietet doch einen Einblick in die unendliche Anzahl von Kombinationen, die aus dem Hintergrund eines kreativen Geistes hervorgehen. Doch es gibt seltene Momente, in denen eine Gedankenkombination ein Muster entstehen lässt, eine poetische Redundanz, die sich zur Erkundung eines Themas entwickelt. Für diese Ausstellung beispielsweise ist Hopelessness Freezes Time (1967 Detroit Riots, Detroit Techno and Michael Heizer’s Dragged Mass) auf diese Weise entstanden. Ich mache Notizbücher. Diese Notizbücher, gefertigt aus gefalteten 8,5 x 11 Zoll grossen, weissen Papierblättern, dienen mir später als Referenz; sie sind nicht wie ein traditionelles Skizzenbuch für illustrative Zeichnungen gedacht. Ich fertige nur selten Skizzen für grössere Kunstwerke an; eher mache ich Notizen, um Muster zu entdecken – in Sprache, Form und Geometrie. Es bleibt mir rätselhaft, was den Geist dazu führt, in bestimmte Richtungen aktiv zu werden, aber ich bin immer überrascht, wenn beim Nachdenken eine Ordnung entsteht. Ich beschreibe hier nicht etwa ein unbewusstes Herumirren im Dunkeln, sondern ein sehr direktes Beobachten, Recherchieren und Experimentieren. Dies zu tun bedeutet, neue Fragen zu stellen, und mit jeder Ausstellung warten die Überreste von noch nicht erforschten Gedanken darauf, in neue Richtungen verfolgt zu werden. Dieses Notizbuch hat einen Rücken, ist aber nicht gebunden. Es ist offen und expansiv, da ich ständig neue Blätter hinzufüge, wenn die Seiten voll werden. Ein Effekt dieses Verfahrens ist, dass Seitenzahlen irrelevant werden, da Seite drei zur Seite 5 werden kann, und dann zur Seite zehn oder 16. Dieses Notizbuch ist nur eines einer ganzen Reihe aus den letzten zehn Jahren, die über 21 Kunstprojekte abdecken; Ideen von vor drei Jahren treffen darin direkt auf Ideen von letzter Woche. insert / front, left Edgar Arceneaux, The Gods of Detroit (bkans), 2010. Clay, charcoal, enamel on unstretched canvas. 69 x 48 in. Courtesy of Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Photo credit: Robert Wedemeyer. insert / front, right Edgar Arceneaux, sketchbook themes, 2011. insert / back Installation view of the Gods of Detroit, from The Algorithm Doesn’t Love You, an ongoing series. November 6 – December 11, 2010 at Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Courtesy of Susanne Vielmetter Los Angeles Projects. Photo credit: Robert Wedemeyer. Die Notizen, die in diesem Katalog verstreut sind, folgen dem weiter gefassten Thema und der Untersuchungmethode der Ausstellung ,Hopelessness Freezes Time‘; sie sind nicht dazu gedacht, linear von einer Seite zur nächsten gelesen zu werden, da die Notizen dann chaotisch und ungeordnet wirken würden. Springen Sie von Seite zu Seite, von Abschnitt zu Abschnitt, und in den diversen Themen werden Parallelen und Muster entstehen, die sowohl die Gesamtheit als auch die Komplexität ihrer historischen Verbindungen beschreiben. Verbindungen zwischen unterschiedlichen Narrativen aufzuzeigen und deren Affinitäten auszudrücken offenbart Wahrheiten über die moderne Wirklichkeit, als Beleg sowohl dafür, dass sie sich im Wandel befindet, wie auch für ihre primitive Vergangenheit. EDGAR ARCENEAUX 74. 75. On the Nature of My Notebooks. Diese Publikation erscheint anlässlich der Ausstellung / This catalogue is published in conjunction with the exhibition: An OUTRO-DUCTION I take notes. On scraps of paper that are left to lie on tables or sit in my back pocket for months and occasionally years.These moments of ideation are hardly controlled and when ideas emerge from the subconscious, any material to write on must do. Most of these fragments of thought never come to be of any real value, but the activity as a whole presents an insight into the infinite number of combinations that emerge from the background of every creative mind. Yet, on the rare occasion a combination of thoughts produces a pattern, a poetic redundancy that evolves into an investigation of a subject. In the instance of this exhibition, it has produced, “Hopelessness Freezes Time (1967 Detroit Riots, Detroit Techno and Michael Heizer’s Dragged Mass).” I create notebooks. These notebooks made of folded 8.5 x 11 inch sheets of white paper are objects for future reference and not so much for illustrating drawings like in a traditional sketch book. It is rare for me to make sketches for larger artworks; instead I take notes so to find patterns in language, form and geometry. What guides the mind to action towards particular directions remains a mystery to me, but am always amazed when in reflection an order emerges. This is not a unconscious meandering about in the dark that I am describing, but a very direct act of observation, research and experimentation. To do is to ask new questions, and with each exhibition remnants of thoughts unexplored lay in wait for further exploration in uncharted directions. This notebook has a spine but is not bound. It is open and expansive, as I constantly add new sheets when pages become full. One effect of this process is that page numbers become irrelevant, as page three can become page five, then ten or sixteen. This notebook is but one of a series from the last ten years, covering more than twenty-one art projects; ideas from three years ago butt against ideas from last week. The notes submerged in this catalog follow the larger theme and method of exploration in the show “Hopelessness Freezes Time” and are not intended to be read in a linear sense from one page to the other, as this would make the notes seem chaotic and disordered. Jump from page to page, section to section, and parallels and patterns in the various subjects will emerge that describe the totality as well as the intricacies of their historical connections. Drawing connections and expressing affinities between disparate narratives reveals truths of modern reality, as evidence to both its transitional nature and to its primitive past. EDGAR ARCENEAUX “Hopelessness Freezes Time” 1967 Detroit Riots, Detroit Techno and Michael Heizer’s Dragged Mass Museum für Gegenwartskunst Basel 24. September 2011 – 1. Januar 2012 Kunstmuseum Basel, Museum für Gegenwartskunst mit Emanuel Hoffmann-Stiftung St. Alban-Rheinweg 60 CH - 4010 Basel www.kunstmuseumbasel.ch ISBN 978-3-7204-0195-1 AUSSTELLUNG / EXHIBITION Direktor / Director Bernhard Mendes Bürgi DANK / ACKNOWLEDGEMENTS Creative Capital / Warhol Foundation Arts Writers Grant Program Gallery Praz Delavallade Genaro Alvarez James Anderson Zora Arceneaux Kuratorische Assistenz / Assistant Curator Scott Cameron Weaver Mike Banks, Cornelius Harris und / and Underground Resistance/ Submerge Kommunikation / Press Christian Selz Susan Buck-Morss Restauratoren / Restorers Werner Müller, Sophie Eichner, Amelie Jensen, California College of the Arts Kuratorin / Curator Nikola Dietrich Chantal Schwendener, Caroline Wyss Registrarin / Registrar Charlotte Gutzwiller Ausstellungstechnik / Installation Claude Bosch, Stefano Schaller, Andreas Schweizer, Käthe Walser, Martin Werner The City of Detroit The City of Los Angeles T.J. Clark Sean and Arwin Duffy KATALOG / CATALOGUE Anna Gritz Herausgeber / Editor Nikola Dietrich Redaktion / Editing Scott Cameron Weaver Becky Hart und / and Maria Ketcham vom / from the Detroit Institute of Arts Lektorat / Copyediting Brian Currid, Axel Lapp Svenja Held Übersetzungen / Translations Wilhelm Werthern Sharon Lerner Gestaltung / Graphic design Kimberly Varella, Department of Graphic Sciences, Los Angeles Museum of Contemporary Art Detroit Papier / Paper French Construction, Nightshift Blue 100c and Specktone Kraft 70t; Finch Fine 70t; Endurance Dull 70t; and 48pt chip board. Maja Oeri Schrift / Typeface Zurich Condensed, Eames Century Modern and Sascha Robinett Knockout Liteweight. Shizu Saldamando Umschlagsabbildung / Cover illustration TK Joanna Szupinska sponsor / SPONSORship Jacqueline Tarquinio, Sasha Drosdick, Kevin Scholl Ariane Vielmetter EDGAR ARCENEAUX Susanne Vielmetter Los Angeles Projects Anne Wagner 76. © 2011 Kunstmuseum Basel und die Autoren / and the authors The Watts Community Printed in the USA Watts House Project Team and Staff EINFÜHRUNG 78. INTRODUCTION 79. EINFÜHRUNG 80. Drexciya: Collected Evidence Techno from The Deep/Deep H2o. [1992]1 ––––– A: Fresh Water/B: Salt Water. [1993]2 ––––– I fuck my artificial fish. [1994]3 ––––– Aqua Quote: Experiments must continue at all cost. Even if it means Death. [1994]4 ––––– On February First Nineteen Hundred And Ninety Five the Drexciyan Tactical Seaforces received orders from UR Strikeforce Command, for one final mission. The dreaded Drexciya stingray and barracuda battalions were dispatched from the Bermuda Triangle. Their search and destroy mission to be carried out during the Winter Equinox of 1995 against the programmer strongholds. During their return journey home to the invisible city one final mighty blow will be dealt to the programmers. Aquatic knowledge for those who know. [1995]5 ––––– Don’t Let Us Find You in Detroit. [1995]6 ––––– Epsilon Aquazone We’re Going Deep. [1995]7 ––––– You don’t know—what lurks in the fog. [1996]8 ––––– Could it be possible for humans to breathe underwater? A fetus in its mother’s womb is certainly alive in an aquatic environment. During the greatest holocaust the world has ever known, pregnant America-bound African slaves were thrown overboard in the thousands during labor for being sick and disruptive cargo. Is it possible that they could have given birth at sea to babies that never needed air? Recent experiments have shown mice are able to breath liquid oxygen. Even more shocking and conclusive was a recent instance of a premature human infant saved from certain death by breathing liquid oxygen through its underdeveloped lungs. These facts combined with reported sightings of gillmen and swamp monsters in the coastal swamps of the southeastern United States make the slave trade theory startlingly feasible. 1 Runout groove etching, Drexciya, Deep Sea Dweller. Detroit: Shockwave Records SW1007, 1992. 2 Label copy, Drexciya, Drexciya 2: Bubble Metropolis. Detroit: Underground Resistance UR-026, 1993. 3 Backmasked on “Aquabahn,” ibid. 4 Label copy, Drexciya, Drexciya 4: The Unknown Aquazone Double Aquapak. Detroit: Submerge Recordings SVE-3, 1994. 5 The Unknown Writer, label copy, Drexciya, Aquatic Invasion. Detroit: Underground Resistance, UR-030, 1995. Assembled by Julian Myers, with thanks to Drexciya and UR Are Drexciyans water-breathing, aquatically mutated descendants of those unfortunate victims of human greed? Have they been spared by God to teach us or terrorize us? Did they migrate from the Gulf of Mexico to the Mississippi River Basin and to the Great Lakes of Michigan? Do they walk among us? Are they more advanced than us? How and why do they make their strange music? What is their quest? These are many of the questions that you don’t know and never will. The end of one thing… and the beginning of another. Out. [1997]9 ––––– Drexciya bring this extraterritorial discontinuum down to earth and under the water. Instead of ground reality, their sonic fiction sinks through the streets with the invisible force of an intensified magnetron. It derealises the solid facts that Hardcore music insists upon, deforming reality through a systematic confusion of technology with rumor, information with mystery. Drexciya are esoterrorists. “Mommy, what’s an esoterrorist?” Something, or someone who terrorizes through esoteric myth systems. Infiltrating the world, the esoterrorist plants logic bombs and then vanishes, detonating conceptual explosions, multiplying perceptual holes through which the entire universe drains out. [1998]10 Drexciya presents Grava 4. Earth has finally discovered Utopia (Drexciya Home Universe). Earth scientists discovered the home planet of Drexciya on 2-14-2002. Within moments Dr. Blowfin was given the orders to initiate the seven dimensional cloakingspheres to hide the other three planets from Earth’s view. The star chart is authentic; you will be able to find the star by using the coordinates on the star chart. The planet Drexciya can be found in the international star vault in Switzerland & recorded in the astronomical compendium (Your Place in the Cosmos, Volume VI). [2002]11 ––––– Born on September 14, 1969, James Stinson grew up on Detroit’s east side and graduated from Kettering in 1989. He died September 3, 2002 of heart complications in Newnan, Georgia, where he had moved earlier that year for health reasons. A memorial service was held at the James H. Cole Funeral Home, 2624 W. Grand Blvd., Detroit. [2003]12 ––––– Negative evolution cycle completed. Now in sonic infinitum mode. [2003]13 ––––– ––––– 6 Runout groove etching, Drexciya, Drexciya III: Molecular Enhancement. Detroit: Submerge Recordings, SVE-6, 1995. 7 Label copy, Drexciya, The Journey Home. Sheffield: Warp Records, WAP 57, 1995. 8 Runout groove etching, Drexciya, The Return of Drexciya. Detroit: Underground Resistance, UR-037, 1996. 9 The Unknown Writer, Liner notes, Drexciya, The Quest. Detroit: Submerge Recordings, SVE-8, 1997. 10 K odwo Eshun, “Fear of a Wet Planet,” The Wire 167, January 1998. Archived at http://www.thewire. co.uk/archive/essays/fearofawetplanet.html. Accessed February 2, 2007. 11 Liner notes, Drexciya, Grava 4. Netherlands: Clone Records C#25, 2002. The note refers to James J. Richard, Your Place In The Cosmos, Volume VI. Ingleside, IL: Mosele & Associates, 2002. 12 “James Stinson,” Discogs.com. http://www.discogs. com/artist/James+Stinson (Accessed July 23, 2011). 13 Underground Resistance, quoted in “James Stinson,” spannered.org. http://www.spannered. org/music/774/ (Accessed July 23, 2011).