Deluxe Hamburg

Transcription

Deluxe Hamburg
DESIGNER
JOI-Design
Shaping Atmosphere
DELUXE Hamburg, Interview mit Peter Joehnk, JOI-Design
Hoteldesign made in Hamburg! Mit JOI-Design gestalten Sie weltweit Hotelzimmer, Restaurants oder
auch Spa-Einrichtungen. Warum haben Sie sich auf diesen Bereich spezialisiert?
Während des Studiums habe ich einmal eine Apotheke entworfen, die wurde in unserem Bran­­chen­­
magazin veröffentlicht. Danach sah ich mich schon als Apothekendesigner. Als Diplomarbeit habe ich
dann ein Freizeit- und Erlebnisbad gestaltet – gleiches Spiel. Das Schicksal führte mich jedoch nach
dem Studium zu einem Innenarchitekten (Jan Wichers), der Hotels der Luxuskategorie gestaltete und
bei dieser Thematik blieb ich tatsächlich hängen. Das Schlosshotel Bühlerhöhe konnte ich bereits
selbstständig als freier Mitarbeiter bearbeiten und danach kamen immer mehr Hotelprojekte auf mich
zu und ich fasste den Entschluss, mich auf „Hospitality Design“ zu spezialisieren. Die Projekte sind groß,
sehr vielfältig und international. Das fand ich nicht nur spannend, sondern mit dem schnell wachsen­
den Büro brauchte ich auch große Projekte – und dass bereits 1986 ein großes Hotelprojekt in
Moskau dabei war, reizte den Abenteurer in mir. Inzwischen sind wir mit JOI-Design spezialisierte
Hoteldesigner und eines der ganz wenigen international tätigen deutschen Büros.
Wie unterscheidet sich JOI-Design von anderen Innenarchitekten? Spielt Hamburg eine Rolle in Ihren
Arbeiten oder in der CI?
Tatsächlich ja, insbesondere in unserer CI … allerdings leider viel zu wenig als Standort für unsere
Hotelprojekte! Wir haben uns vor einigen Jahren gefragt, wie wir unser Profil als eigene Marke schär­
­fen könnten – und da unsere Wettbewerber überwiegend aus den USA und Asien kommen, haben
wir uns die europäische Kultur, in der wir verwurzelt sind, auf die Fahnen geschrieben und darüber
hinaus unseren Sitz in Hamburg, der hanseatischen, ehrlichen, traditionsbewussten, modernen und in­­
ter­­nationalen Stadt. Alles Adjektive, die wir auch benutzen, wenn wir unseren Stil beschreiben sollen.
Und ganz praktisch gesehen ist Hamburg eine attraktive Großstadt, in der man die besten Mitarbeiter
findet und halten kann. Und Hamburg hat einen internationalen Flughafen, den wir kräftig nutzen.
© Fotos: JOI-Design
Erinnern Sie sich noch an das erste große Projekt? Und welches war Ihr herausforderndstes und
spannendstes Projekt?
Das erste große Projekt war für mich eigentlich das Schlosshotel Bühlerhöhe, das damals Herr Grundig
baute. Das war zwar nicht mein eigenes Projekt, aber der Start in die Selbstständigkeit und es fühlte
sich wie mein eigenes Projekt an. Kurz darauf durfte ich auch in Hamburg ein größeres Hotel renovie­
ren, das Queens Hotel am Stadtpark (heute Leonardo Hotel). Spannend sind immer die aktuellen
Projekte, das klingt vielleicht abgedroschen, ist aber wahr! Alles, was neu ist, ist reizvoll und spannend!
Und einen zusätzlichen Kick geben außerdem vor allem solche Projekte, die in „neuen“ Ländern liegen.
Ich kann in vielen dieser armen Länder voll und ganz die herrlichste Gastfreundschaft erleben und
genießen und gewinne dem Geschäft meistens auch eine private Komponente ab (Aserbaidschan,
VICTOR
FOXTROT
DELUXE 71
JW Marriott in Cannes, Lobby Bar
© Fotos: JOI-Design
DESIGNER
Russland, Rumänien, Chile, Montenegro und noch vor wenigen Jahren die Ukraine, in der wir an zwei
Projekten gearbeitet haben). Herausfordernd sind für mich am allermeisten die bürokratischen Projekte,
die scheinbar an dem eigenen Apparat ersticken, der diese zu bauen beabsichtigt. Be­­hörden und
große Firmen agieren da ganz ähnlich und sind – je größer, je mehr – durch Formalismen blockiert. In
sol­chen Konstellationen dauerhaft kreative Begeisterung zu versprühen, ist wirklich eine Herausforderung!
Sie wirkten bereits beim Steigenberger Hotel in Davos und beim JW Marriott in Cannes mit – aktuell planen Sie das Design im neuen Reichshof Hamburg. Was fasziniert Sie bei diesem Hotelprojekt?
Projekte mit historischer Substanz sind immer die schönsten und für uns als Designer auch die dank­
barsten Projekte. Man spürt einfach die Kraft und Kultur der Tradition! Und wenn man dann, wie beim
Reichshof in Hamburg, in dieser wunderbaren historischen Hülle mit zeitgemäßem Design eine
Neuinterpretation wagen darf, ist das ein absolutes Highlight im Designerleben! Und wir haben beim
Reichshof in unserer Heimatstadt auch eine übergeordnete Verantwortung übernommen und sind hier
sowohl für die Architektur (was ja „nur“ ein Umbau ist) als auch für die Innenarchitektur verantwortlich.
Vieles, was uns dort als historische Grundlage vorgegeben ist, könnten wir heute unter wirtschaftlichen
Gesichtspunkten gar nicht mehr herstellen: Die wunderbaren Holzverkleidungen der Traditionsbar oder
der holistische Innenausbau des Restaurants wären heute so nicht mehr möglich! In enger Abstimmung
mit dem Denkmalschutz in Hamburg haben wir eine Neuinterpretation der glorreichen Vergangenheit
des Reichshofs versucht – ob es gelungen ist, sollte jeder selbst sehen und entscheiden.
Kempinski Rehberg-Resort in St. Andreasberg, Fine Dining
In der Vergangenheit gehörte auch McDonald’s bzw. McCafé zu Ihren Kunden – wie genau sah das
Projekt aus?
McDonald´s war viele Jahre, eigentlich ein Jahrzehnt, einer unserer treuesten Kunden. Neben der Ge­­
staltung der McDonald’s-Restaurants durften wir auch schon Hotels für McDonald’s (Schweiz) entwerfen
und bauen und wir haben für McDonald’s die deutschen McCafés entworfen und entwickelt.
McDonald’s war ja im Vergleich zu den Mitbewerbern (Starbucks, Balzac …) relativ spät dran, eigene
Cafés zu entwickeln, hatte aber den Vorteil, dass man bereits ca. 1.000 Standorte mit McDonald’sRestaurants besetzte, die dann nur um ein Café ergänzt werden mussten. Nach einer positiven
Testphase unserer Café-Konzepte in Köln und Braunschweig wurde das Rollout unglaublich konsequent
durchgezogen und von „unseren“ beiden Konzepten wurden ca. 500 McCafés gebaut.
Einerseits drängen immer mehr Budget-Design-Hotels auf den Markt (z.B. Motel One, Ibis, Prizeotel),
andererseits steigt auch die Zahl der individuell gestalteten bzw. lokal angepassten Hotels (25hours,
Ameron, Scandic). Gibt es aktuelle Trends bei Hotelinneneinrichtungen und wie groß ist der Faktor
Nachhaltigkeit?
Wobei es zwischen den individuell gestalteten und den Budget-Design-Hotels keinen Widerspruch
gibt. Motel One hat immer sehr individuelle Public Areas, ähnlich auch die neuen Ibis Hotels, und bei
den Prizeotels ist nur der internationale Stardesigner derselbe, ansonsten sind die Häuser zwar ähnlich
bunt, aber eigentlich völlig verschieden. Auch die großen Hotelketten wie Hilton, Sheraton, Marriott,
InterContinental u.a. versuchen schon seit vielen Jahren, ihren Häusern neben den „brand standards“
ebenfalls einen „local spirit“ einzuhauchen. Aber offensichtlich wird das Bemühen um Individualität dort
weniger wahrgenommen als bei den jungen Marken, die nicht die existierende Last von Tausenden
bestehenden (alten) Hotels mit sich herumschleppen. Aber diese jungen Marken haben es tatsächlich
auch geschafft, neue Trends zu setzen, die langsam zum Mainstream werden. Insbesondere die
­kom­­mu­nikative Lobby, die die Grenzen zwischen Restaurant, Frühstücksraum, Bar, Lobby, Rezeption
und Besprechungsbereichen aufhebt und zum „Hub“ der Gäste des Hotels mit den Einwohnern der
Stadt wird, ist inzwischen ein sehr beliebtes Thema des Hoteldesigns. Nachhaltigkeit wird auf jeden
Fall wich­­tiger (Scandic ist hier großer Pionier). Da die Hotelbetreiber, deren Name später über der Tür
hängt, aber meistens nicht gleichzeitig die Investoren des Gebäudes sind, gibt es leider trotzdem noch
zu viele Investoren, die nur sehr kurzfristig denken.
Neues Luxushotel in Aserbaidschan, Lobby
Hotel design made in Hamburg! With JOIDesign you design hotel rooms, restaurants
and spa complexes all over the world. Why did
you specialise in this area?
When I was studying, I once designed a phar­
macy and it was published in our trade maga­
zine. Then I saw myself as a pharmacy designer.
For my thesis, I designed a leisure and experi­
ence bathing complex – and I felt the same about
that. Fate, however, led me after my studies to an
interior designer (Jan Wichers) that designed
luxury hotels and I’ve stayed with this field. I was
able to work on the Schlosshotel Bühlerhöhe as a
freelancer and then more and more hotel projects
came to me and I made the decision to special­
ise in “hospitality design”. The projects are large,
very varied and international. Not only did I find
this exciting, but I also needed large projects for
my quickly growing firm and when a large hotel
project in Moscow came up in 1986, the adven­
turer in me was awakened. At JOI-Design, we
are one of the very few internationally active
German companies to specialise in hotel design.
How is JOI-Design different to other interior
designers? Does Hamburg play a role in your
work or in the CI?
Actually yes, particularly our CI… but unfortuna­
tely it’s not often a location for our hotel projects!
A few years ago we asked ourselves how we
could strengthen our profile as an independent
brand – and as most of our competitors are from
the USA and Asia, we decided to emphasise the
European culture we are rooted in and also the
fact that our headquarters are in Hamburg, the
Hanseatic, honest, tradition-conscious, modern
and international city. These are all adjectives that
we use to describe our style as well. And seen in
a practical light, Hamburg is an attractive major
city where you can find and retain the best
employees and it also has an international airport
that we take full advantage of.
Do you remember your first major project?
And what has been your most challenging
and exciting project?
The first major project for me was actually the
Schlosshotel Bühlerhöhe built by Mr Grundig.
That wasn’t my project alone, but it gave me a
start in my freelance life and it felt like my own
project. Shortly afterwards, I was able to reno­
vate a bigger hotel in Hamburg, the Queens
Hotel am Stadtpark (today the Leonardo Hotel).
The current projects are always exciting, that
might sound a little trite, but it’s true! New things
are always stimulating and exciting! And I get
another kick out of projects that are in “new”
countries. In many of these poorer countries, I
Wenn Sie frei wählen dürften, welches Projekt oder welche Immobilie würde Sie besonders reizen?
Hotels sind natürlich tolle Projekte und hier gibt es immer eine Steigerung: Wenn es sich bei den Hotel­
­projekten um „Liebhaberstücke“ handelt, die in erster Linie schön sein sollen und sich nicht unbedingt
„rechnen“ müssen. Aber mein ganz privates geheimes Lieblingsprojekt wäre, ein Museum zu
­designen – und zwar ohne finanzielle Fesseln –, das relativ zweckfrei einige Exponate aufnehmen kann
und ansonsten nur gut aussehen müsste. Na ja und irgendwie begehbar müsste es wohl auch sein,aber
eher im Sinne einer räumlichen Skulptur – jedenfalls mehr Kunst und frei von funktionalen Zwängen.
72 DELUXE
DESIGNER
Lindner Park-Hotel Hagenbeck in Hamburg, Restaurant
experience and enjoy the best hospitality and
often gain something privately from the project
(Azerbaijan, Russia, Romania, Chile, Montenegro
and a few years ago also Ukraine, where we
worked on two projects). The challenging ones
for me are usually the bureaucratic projects that
always seem to be held hostage by their own
internal workings. Authorities and major firms act
in a very similar way and are – the bigger they
are, the more this is likely to happen – prevented
from doing things by formalities. It’s really a chal­
lenge to keep creative inspiration going on pro­
jects like that!
You’ve already collaborated on the Steigenberger
Hotel in Davos and JW Marriott in Cannes –
and you’re currently planning the design of the
new Reichshof in Hamburg. What fascinates
you about this hotel project?
Projects with a historical substance to them are
always the best and, for us as designers, also the
most rewarding projects. You feel the power and
culture of tradition! And if you then, as with the
Reichshof in Hamburg, are brave enough to use
contemporary design to create a new interpreta­
tion within this wonderful, historic shell, that’s an
absolute highlight of a designer’s experience!
And at the Reichshof in our home city, we’ve
taken on overall responsibility and are responsi­
ble both for the architecture (which is of course
“just” a renovation) and for the interior design. A
lot of what we have there as a historic basis
cannot be made anymore for economic reasons:
the wonderful wood cladding in the traditional
bar or the holistic interior of the restaurant
wouldn’t be possible today! In close cooperation
with the listed buildings authority in Hamburg,
we’ve tried to find a new interpretation for the
glorious past of the Reichshof – whether we’ve
been successful or not is something that everyone
will have to decide for themselves.
Your past customers have also included
McDonalds and the McCafés – what was that
project like?
McDonald’s was one of our most loyal customers
for years, a decade in fact. In addition to
designing McDonald’s restaurants, we devel­
oped and built hotels for McDonald’s (Switzerland)
and created and developed the German
McCafés for McDonald’s. In contrast to competitors (Starbucks, Balzac…) McDonald’s came
relatively late to the idea of developing its own
cafés but had the advantage of owning approx.
1000 locations with McDonald’s restaurants that
only needed to be extended to include a café.
Following a positive test phase of our café
concept in Cologne and Braunschweig, the
“rollout” was implemented unbelievably con­
sistently and approx. 500 McCafés built from
“our” two concepts.
On the one hand there are many more budget
designer hotels on the market (e.g. Motel One,
Ibis, Prizeotel), while the number of individually designed or hotels adapted to suit the local
environment (25 hours, Ameron, Scandic) is
also increasing. Are there current trends in
interior hotel design and how important is the
topic of sustainability?
There is no contradiction between individually
designed and budget designer hotels. MotelOne
always has a very individual public area, similar
to the new Ibis hotels and with the Prizeotels, only
the international star designer is the same, other­
wise the hotels are similarly colourful but comple­
tely different. The major hotel chains such as
Hilton, Sheraton, Marriott, InterContinental etc.
have long tried to inject a touch of “local spirit”
into their hotels in addition to the brand stan­
dards. But this striving towards individuality is
taken on board less there than it is by young
brands that don’t have to carry around the bag­
gage of thousands of existing (old) hotels with
them. But these young brands have also mana­
ged to set new trends that are slowly becoming
mainstream. The communicative lobby has
become a very popular idea in hotel design,
where the boundaries between restaurant, break­
fast room, bar, lobby, reception and discussion
areas are broken down and become a hub for
guests and local residents alike. Sustainability is
becoming ever more important (Scandic is a
pioneer here). Given that the hotel operators
whose name later hangs over the door are often
not the investors in the building, there are unfortu­
nately too many investors who only have a shortterm outlook.
If you could choose, which project or what
property would excite you most?
Hotels are of course great projects and it’s always
more exciting when hotel projects are also “col­
lector’s pieces” that should look beautiful in the
first instance and not necessarily be there to pay
their way. But my own private, secret favourite
project would be to design a museum without
financial restrictions and one where a few exhi­
bits could be displayed for their own sake, but
must otherwise just look good. And it has to be
accessible, but more in the sense of a spatial
sculpture – more artistic and free of functional
constraints.
Interview by Marie Wagner, Maurice Henin
DELUXE 73