Korrektes Entwurmen
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Korrektes Entwurmen
Richtig entwurmen Rundwürmer, Bandwürmer und Magendasseln kompromisslos bekämpfen Ohne Weide kein Pferd Integrierte Parasitenbekämpfung Pferde benötigen täglichen Weidegang Im Wesentlichen gibt es drei wichtige Parasitengruppen bei Pferden: Denn nur auf der Weide und mit weiteren Pferden in der Gruppe können sie ihre artgemäßen Bedürfnisse nach Bewegung, Luft, Klimareizen, pferdegerechtem Raufutter und sozialen Kontakten befriedigen. Praktische Erfahrungen hoch qualifizierter Sportreiter aus allen Disziplinen zeigen zudem, dass auch und gerade für Sportpferde ein – dosierter – Weidegang die Leistung spürbar verbessert. Auf der Weide lauern jedoch Gesundheitsgefahren durch Parasiten. Das gilt insbesondere unter folgenden Bedingungen: • • • • • schlechte Weide- und Stallhygiene hohe Besatzdichte junge Pferde/Fohlen tragende Stuten wechselnde Gruppen • neu eingestellte Tieren Dann sind hygienische Maßnahmen sowie eine Parasitenbekämpfung mit Medikamenten vom Tierarzt besonders wichtig. Das Risiko für eine Infektion mit Magen-Darm-Parasiten ist auch bei wenigen Stunden täglichen Weideganges gegeben. Im Verlauf des Sommers steigt die Infektionsgefahr auf der Weide überproportional an. Daher ist es gerade im Hochsommer wichtig, korrekt zu entwurmen. 2 • Rundwürmer • Bandwürmer • Magendasseln Eine gewisse Zahl dieser Parasiten im Pferd lässt sich kaum vermeiden. Zu hoch ist das allgegenwärtige Infektionsrisiko. Mit geringen Parasitenzahlen wird das Immunsystem des ansonsten gesunden Pferdes durchaus fertig. Ein Massenbefall aber, wie er auch unter den heutigen Haltungsbedingungen immer noch beobachtet wird, sollte durch systematische Entwurmung verhindert werden. Das Ziel ist also ein „parasitenarmes“ Pferd. Wie viele Entwurmungen sind zur Erreichung dieses Zieles erforderlich? Darüber gibt es unterschiedliche wissenschaftliche Ansichten. Als Grundsatz gilt: Je jünger die Pferde sind, je mehr Weidegang sie haben, je höher die Besatzdichte ist und je häufiger die Herdenzusammenstellung wechselt, desto öfter muss entwurmt werden. Für erwachsene Pferde sind im Allgemeinen drei bis fünf Behandlungen im Jahr ausreichend. Entscheidend ist vor allem die ergänzende Weidehygiene: Das Absammeln des Kotes alle zwei bis drei Tage vermindert die Gefahr von neuem Parasitenbefall erheblich. Jedes erwachsene Pferd sollte jedoch mindestens zweimal im Jahr zu festen Terminen „entwurmt“ werden: einmal im Frühsommer und das zweite Mal im Spätherbst zum Ende der Weidesaison. Zwischen diesen Behandlungen hat man zwei Möglichkeiten: • Man entwurmt auch dann wieder jedes Pferd. Diese Termine liegen dann also zum Beginn der Weidezeit und im Spätsommer. • Oder man führt zu diesen Zwischenterminen zunächst eine Kotuntersuchung durch und behandelt dann nur die Pferde mit einem nachgewiesenermaßen hohen Parasitenbefall. Pferde grundsätzlich nur zu behandeln, wenn bereits ein hoher Parasitenbefall im Kot nachgewiesen wurde, wird von den führenden parasitologischen Wissenschaftlern nicht befürwortet. Wann entwurmen? Eine Jahresplanung (Empfehlung) für erwachsene Pferde APR MAI Behandlung gegen Rundwürmer* JUN JUL Behandlung gegen Rundwürmer und Bandwürmer AUG SEP Behandlung gegen Rundwürmer* OKT NOV Behandlung gegen Rundwürmer, Bandwürmer und Magendasseln * Gegebenenfalls nur nach positivem Kotuntersuchungs-Ergebnis. 3 Rundwurmbefall Der Entwicklungszyklus von Rundwürmern Immer wieder: Palisadenwürmer Man unterscheidet Große und Kleine Palisadenwürmer (Große und Kleine Strongyliden). Palisadenwürmer (auch Blutwürmer genannt) entwickeln sich in einem mehrstufigen Zyklus: Larvenstadien 4 + 5 und erwachsene Würmer Erwachsene Würmer im Darm produzieren Eier. Diese gelangen mit dem Kot in die Außenwelt. Dort schlüpfen daraus Larven. Die Erstlarven wachsen in den bodennahen Grasbereichen zu Zweit- und schließlich zu Drittlarven heran. Die infektiösen Drittlarven wandern aus dem Kot großflächig aus, kriechen auf die Grasspitzen und werden dort vom Pferd aufgenommen. Sie entwickeln sich im Körper zum vierten und fünften Larvenstadium und dann schließlich im Darm zum erwachsenen Wurm. Während der Entwicklungszeit wandern die Larven der Großen Palisadenwürmer durch die inneren Organe des Pferdes. Auf diesem Weg richten sie schwere Schäden an. Typische Folgen sind innere Blutungen, Fieber und Blutbildveränderungen. In der Wand der Blutgefäße des Dickdarms können die Fraßschäden wandernder Larven Thrombosen (Gefäßverschlüsse) bewirken. Diese lösen nicht selten über eine Infarktbildung schwere, tödliche Darmkoliken aus. Die Larven der Kleinen Palisadenwürmer verkapseln sich zeitweise in der Darmwand. Beim Schlüpfen dieser verkapselten Larven können – vor allem im Winterhalbjahr – Durchfälle entstehen, meist bei jungen Pferden. Erwachsene Palisadenwürmer schädigen das Pferd durch Appetitverlust, Abmagerung, Blutarmut, Durchfall und allgemeine Schwäche. 4 Aufnahme der infektiösen Drittlarven aus dem Futter Eiausscheidung mit dem Kot Entwicklung im Pferd Die beste Prophylaxe gegen verkapselte Larven kleiner Palisadenwürmer ist eine ganzjährige konsequente Parasitenbekämpfung, die besonders im Sommer und Herbst nicht unterbrochen werden darf. Larvenstadium 2 Larvenstadium 3 Entwicklung in der Außenwelt 5 Bandwurmbefall Der Entwicklungszyklus von Bandwürmern Zweimal jährlich behandeln Pferde-Bandwürmer heften sich mit vier Saugnäpfen an die Darmwand der Pferde. Dadurch können dort schwere Entzündungen entstehen. Bandwurmbefall kann sich in Abmagerung, Verdauungsstörungen und schlechtem Fell äußern. Am gefährlichsten ist jedoch das Risiko für schwere, oftmals tödliche Koliken durch die starke Schwellung der Darmschleimhaut im Anheftungsbereich der Bandwürmer. Verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass fast jedes dritte Pferd in Deutschland mit Bandwürmern belastet ist – unabhängig vom Alter. Bandwürmer werden durch einen Zwischenwirt übertragen: die Moosmilbe. Sie nimmt die über den Pferdekot aus dem Darm ausgeschiedenen Bandwurm-Eier auf. In der Moosmilbe entwickelt sich ein ansteckungsfähiges Zwischenstadium. Dieses sogenannte Zystizerkoid gelangt in das Pferd, wenn es beim Grasen Moosmilben verschluckt. Im Pferdedarm entsteht aus dem Zystizerkoid wieder ein erwachsener Bandwurm. Moosmilben kommen auf fast allen Weiden vor und sind nicht zu bekämpfen. Weil die Moosmilben als Zwischenwirte dafür sorgen, dass eine Weide flächendeckend für Pferde infektiös ist, sollten immer alle Tiere eines Bestandes gegen den Bandwurm behandelt werden. In Kotproben sind Bandwurm-Eier nur schwer nachzuweisen. Denn fast zwei Drittel aller Kotproben sind „falsch-negativ”. Das heißt: Obwohl der Tierarzt bei der Kotuntersuchung keine Bandwurm-Eier findet, kann das Pferd dennoch hochgradig verwurmt sein. 6 Entwicklung zum erwachsenen Bandwurm im Darm Aufnahme von Moosmilben (Oribatiden) mit infektiösen Zystizerkoiden Um ganz sicherzugehen, empfiehlt es sich für den Pferdehalter, mindestens zweimal im Jahr auch Bandwürmer zu bekämpfen. Wenn in nur einem Pferd einer Gruppe Bandwürmer nachgewiesen werden, sollten alle Tiere dagegen behandelt werden. Die Onkosphären durchdringen die Darmwand, bilden in der Leibeshöhle infektionsfähige Zystizerkoide In den Quergliedern bilden sich Eier (enthalten Onkosphären), die zum Teil schon im Darm frei werden Entwicklung im Pferd Moosmilben nehmen die Eier auf Reife Querglieder lösen sich ab, gelangen mit dem Kot auf den Erdboden, zerfallen und setzen die Eier frei Entwicklung in der Außenwelt 7 Magendasseln Der Entwicklungszyklus von Magendasseln Rechtzeitig behandeln Die erwachsenen Magendassel-Fliegen kleben ihre gelben Eier ab Juni an Vorderbeine, Mähne, Flanke und Maulbereich des Pferdes. In einigen Regionen treten sie gehäuft auf, anderenorts sind sie kaum verbreitet. Auch gibt es starke und schwache Dasseljahre. Aus den Eiern schlüpft nach vier bis acht Tagen eine infektiöse Larve (Larvenstadium eins), die vom Pferd aufgeleckt wird oder aktiv zum Maul kriecht. Diese Larve eins verbleibt zunächst einige Zeit in der Maulschleimhaut und entwickelt sich dort weiter zum zweiten Larvenstadium. Diese Larve zwei wird in den Magen abgeschluckt. Als rotbraune, bohnengroße Larve drei bohrt sie sich in die Magenschleimhaut ein. Im Frühling gelangen die Larven über den Kot auf die Weide, verpuppen sich, und daraus schlüpfen die neuen Dasselfliegen, die wieder Eier am Pferd ablegen. Damit ist der Entwicklungszyklus geschlossen. Spätestens Ende September endet die Schwärmzeit der Dasselfliegen. Zwei bis vier Wochen danach sind auch aus den letzten Eiern die Larven geschlüpft und vom Pferd aufgenommen worden. Dann sollten sie ohne Verzug sofort bekämpft werden. Die früher empfohlene Dezemberbehandlung ist durch moderne Wirkstoffe überholt, die bereits die ersten Larvenstadien abtöten können. Zur Behandlung von Magendasseln eignen sich nur die Wirkstoffe Ivermectin und Moxitectin. Diese wirken auch gegen die meisten Rundwürmer. 8 Larven 2 + 3 in Maulund Magenschleimhaut Orale Aufnahme der Larven 1 Entwicklung im Pferd Drittlarven gelangen über den Kot in das Erdreich Erwachsene Fliegen legen Eier auf das Fell Der optimale Zeitpunkt für die rechtzeitige Behandlung gegen Magendasseln liegt zwischen Ende Oktober und Anfang November. Es ist nicht erforderlich, mit der Behandlung bis zum Dezember zu warten. Aus den Puppen schlüpfen erwachsene Fliegen Verpuppen sich im Boden Entwicklung in der Außenwelt 9 Der Tierarzt als Berater Kurze Behandlungs-Intervalle Weitere Parasiten Junge Pferde und Fohlen sind besonders empfänglich für Parasiten. Sie leiden daher noch stärker als erwachsene Pferde unter einer hohen Wurmbürde. Werden sie zu selten entwurmt, sind die Schäden besonders schwer. Daher gelten für diese Tiere kürzere Behandlungsintervalle als für erwachsene Pferde. Darüber hinaus gibt es speziell bei jungen Pferden gehäuft auftretende Parasiten. Pferde können von einer Vielfalt weiterer Magen-Darm-Parasiten sowie anderer Schädlinge befallen werden. Neben den häufiger vorkommenden Großen und Kleinen Strongyliden, den Bandwürmern, Magendasseln, Spul- und Zwergfadenwürmern haben unter anderem folgende Parasiten eine Bedeutung: Zwergfadenwürmer (Strongyloides westeri) infizieren neugeborene Fohlen bereits aus infektiösen Larven über die Stutenmilch oder aus der Umgebung (Boden, Einstreu, Kot). Sie können sich bei Fohlen massenhaft vermehren und zu Durchfällen führen. Diese treten ab der zweiten Woche nach der Geburt auf. Daher ist es sinnvoll, bereits die Stute kurz vor der erwarteten Geburt gegen Zwergfadenwürmer zu behandeln. Vergisst man diese Maßnahme, kann das Fohlen selbst zu Beginn der zweiten Lebenswoche behandelt werden. Spulwürmer (Parascaris equorum) plagen alle Jungpferde und schädigen sie zweifach: Wandernde Larven zerstören Leber- und Lungengewebe. Erwachsene Würmer sind sehr groß und können den Darm durch ihre Masse bei starker Infektion verstopfen. Es kommt zum Darmverschluss mit schwerster, oft tödlich verlaufender Kolik. Auch die Schäden durch Darmentzündung und Nährstoffentzug können erheblich sein. Fohlen und Jungpferde bis zum Ende des zweiten Lebensjahres sollten alle sechs bis acht Wochen entwurmt werden. Danach kann man, bei hygienischen Haltungsbedingungen, auf den Rhythmus für erwachsene Pferde übergehen. 10 • Magenwürmer, Pfriemenschwänze, Lungenwürmer, Rollschwänze, Mikrofilarien Spulwürmer sind besonders problematisch für junge Pferde während der ersten ein bis zwei Lebensjahre. Bei ganz jungen Fohlen können Zwergfadenwürmer starke Durchfälle auslösen. Optimal ist eine Behandlung der tragenden Mutterstute kurz vor der Geburt. Diese Parasiten treten in der Regel jedoch in geringerem Umfang auf. Sie werden mit den üblichen Antiparasitika überwiegend erfasst. Die Tierärztin/der Tierarzt kann in diesen Fällen individuell beraten. Resistenzen vorbeugen Die Resistenzlage bei den Pferdeparasiten ist uneinheitlich: Kleine Palisadenwürmer sind z. B. in bis zu 90 % der Fälle resistent gegen sogenannte Benzimidazole, während diese Wirkstoffgruppe aber gegen andere Würmer zum Teil noch eine gute Wirkung hat. Vereinzelt wurden Resistenzprobleme bei den sogenannten makrozyklischen Laktonen (Ivermectin und Moxidectin) bezüg- lich Spulwürmern bekannt. Und Pyrantel scheint mitunter gegen kleine Palisadenwürmer keine zufriedenstellende Wirkung mehr zu haben. Vorbeugend beziehungsweise um weitere Resistenzbildung nach Möglichkeit zu verlangsamen kann man folgende Maßnahmen ergreifen: • ausreichend hoch dosieren (plus 10 - 20 % zum geschätzten Pferdegewicht hinzurechnen) • Wirkstoff-Wechsel • Zahl der erforderlichen Entwurmungen durch optimale Stall- und Weidehygiene reduzieren • Kotuntersuchungen vor geplanten Entwurmungen können helfen, nicht befallene Pferde zu identifizieren und diese dann gezielt einmal nicht zu behandeln. Ideal ist der sogenannte Eizahl-ReduktionsTest: Am Tag der Entwurmung sowie 14 Tage später wird Kot des Pferdes in Form einer Eizahlbestimmung untersucht. Dabei ermittelt man labortechnisch die Zahl der Parasiteneier pro Gramm Kot (EpG). Liegt sie bei der zweiten Untersuchung signifikant (ca. 90 - 95 %) niedriger, hat der verwendete Wirkstoff „funktioniert“ und man kann davon ausgehen, dass in dem jeweiligen Pferd bzw. im Bestand keine Resistenz dagegen vorliegt. TIERÄRZTLICHE BERATUNG Diese Broschüre berücksichtigt den aktuellen wissenschaftlichen Standard. Sie enthält in Kurzform die wichtigsten Informationen zur Parasitenbekämpfung bei Pferden. Die Hinweise und Empfehlungen sind grundsätzlicher Art und können die unbedingt erforderliche ergänzende tierärztliche Beratung nicht ersetzen. Stand 06.2015 Fohlen & Jungperde 11 Richtig entwurmen Im Frühjahr und Sommer gegen Rundwürmer und Bandwürmer. Im Herbst und Winter gegen Rundwürmer, Bandwürmer und Magendasseln. 12