Übersicht zu § 87 BetrVG

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Übersicht zu § 87 BetrVG
[§]
A NWALTSBÜRO H ESSLING
A RBEITSRECHT | V ERKEHRSRECHT | Z IVILRECHT
Marc Hessling
Abs.: RA M. Hessling, Friedrichstr. 28, 45468 Mülheim an der Ruhr
Rechtsanwalt
Tätigkeitsschwerpunkt: Arbeitsrecht, insbes.
Betriebsverfassungsrecht; Verkehrsrecht, Zivilrecht
Mitglied der Gewerkschaften Ver.di und NGG;
Mitglied des Dt. Arbeitsgerichtsverbandes eV
Friedrichstr. 28
45468 Mülheim an der Ruhr
Tel.:
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+49 (0)208 – 437 2358
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Mülheim an der Ruhr, 02.07.2012
§ 87 BetrVG – Mitbestimmung des Betriebsrats in sozialen Angelegenheiten
von Rechtsanwalt Marc Hessling, Mülheim an der Ruhr
1
Erläuterungen
1.1
Systematik des Mitbestimmungsrechts nach § 87 BetrVG
1.1.1
Geltungsbereich des § 87 BetrVG
1.1.2
Kollektiver Tatbestand
1.1.3
Gesetzes- und Tarifvorrang
1.1.4
Ausübung des Mitbestimmungsrechts
1.1.5
Initiativrecht des Betriebsrats
1.1.6
Eil- und Notfälle
1.1.7
Probeweise Maßnahmen
1.1.8
Koppelungsgeschäfte
1.2
Folgen fehlender Mitbestimmung
1.2.1
Individualarbeitsrechtliche Folgen
Bankverbindungen
Kontonummer: 300 045 413 | BLZ: 362 500 00 | Sparkasse Mülheim an der Ruhr
Kontonummer: 911 218 9| BLZ: 360 200 30 | National-Bank AG Essen
mh2012000147-02072012-mh35.doc
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1.2.2
1.3
S E IT E 2
Kollektivrechtiche Folgen
Die einzelnen Mitbestimmungstatbestände
1.3.1
Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer im
Betrieb (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG)
1.3.2
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie
Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG)
1.3.2.1
Allgemeines
1.3.2.2
Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage
1.3.2.3
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit
1.3.2.4
Pausen
1.3.2.5
Lage der Arbeitszeit bei Teilzeitbeschäftigung
1.3.2.6
Einzelne Anwendungsfälle des Mitbestimmungsrechts:
1.3.2.7
Flexible Arbeitszeitsysteme
1.3.3
Vorübergehende Verkürzung und Verlängerung der betriebsüblichen
Arbeitszeit (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG)
1.3.3.1
Allgemeines
1.3.3.2
Kurzarbeit
1.3.3.3
Überstunden
1.3.4
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte (§ 87 Abs. 1 Nr. 4
BetrVG)
1.3.5
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die
Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer (§ 87 Abs. 1
Nr. 5 BetrVG)
1.3.6
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu
bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen (§
87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG)
1.3.7
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten
sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder
der Unfallverhütungsvorschriften (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG)
1.3.7.1
Arbeitsunfall, Berufskrankheiten und Gesundheitsschutz
1.3.7.1.1 Begriffsdefinitionen und Umfang des Mitbestimmungsrechts
1.3.7.1.2 Betriebliche Organisation des Arbeitsschutzes
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S E IT E 3
1.3.7.1.3 Mitbestimmung bei der Form der Gestaltung des arbeitsmedizinischen
Dienstes
1.3.7.1.4 Mitbestimmung bei Bestellung und Abberufung eines Betriebsarztes oder
einer Fachkraft für Arbeitssicherheit
1.3.7.1.5 Beteiligung des Betriebsrats bei Zusammensetzung und Geschäftsführung des
Arbeitsschutzausschusses
1.3.7.1.6 Regelungsmöglichkeiten durch Betriebsvereinbarung
1.3.8
Betrieblicher Umweltschutz – Umweltschutz ist Arbeitsschutz
1.3.9
Form Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen (§ 87 Abs. 1
Nr. 8 BetrVG)
1.3.10 Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit
Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermieten werden, sowie die
allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen (§ 87 Abs. 1 Nr. 9 BetrVG)
1.3.11 Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von
Entlohnungsgrundsätzen Entlohnungsgrundsätze und die Einführung und
Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung (§ 87 Abs. 1 Nr.
10 BetrVG)
1.3.11.1.1 Mitbestimmung bei Ausgestaltung des Vergütungssystems der ATAngestellten
1.3.11.1.2 Streitigkeiten
1.3.12 Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer
leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren (§ 87 Abs. 1 Nr. 11
BetrVG)
1.3.13 Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen (§ 87 Abs. 1 Nr. 12
BetrVG)
1.3.14 Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit (§ 87 Abs. 1 Nr. 13
BetrVG)
2
Streitigkeiten
3
Weiterführende Hinweise und Literaturempfehlungen
1 Erläuterungen
§ 87 BetrVG stellt den Kernbereich der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrats dar. Sie ist die
für die Tätigkeit des Betriebsrats mit Abstand bedeutsamste Vorschrift des BetrVG. § 87 BetrVG regelt die Mitbestimmung des Betriebsrats in sozialen Angelegenheiten. Zu den sozialen Angelegenheiten gehören u.a. die Ordnung des Betriebes, die Arbeitszeit, Urlaubsgrundsätze, technische Arbeitnehmerüberwachung, Entlohnungsgrundsätze etc. In diesem Bereich sind die Betriebsparteien zwin-
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gend aufeinander angewiesen. Der Betriebsrat hat hier einen weiten Gestaltungsspielraum zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und des Betriebsklimas. Einseitige Handlungen sind rechtswidrig.
Können sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht einigen, entscheidet die Einigungsstelle, deren Spruch
die Einigung der Betriebsparteien ersetzt. § 87 BetrVG gehört also zum Bereich der erzwingbaren
Mitbestimmung. § 87 BetrVG ist zwingendes Recht. Ein Verzicht des Betriebsrats auf seine Mitbestimmungsrechte ist unwirksam
Sinn und Zweck der Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten ist also vor allem die Begrenzung
des arbeitgeberischen Direktionsrechts.
Schon nach der gesetzlichen Regelung des arbeitgeberischen Direktionsrechts gilt, dass der Arbeitgeber bei der Ausübung seines Direktionsrechts nach billigem Ermessen zu verfahren hat (§ 106 GewO;
§ 315 BGB). Der Arbeitgeber darf also nicht seine betrieblichen Interessen einseitig in den Vordergrund stellen, sondern er hat erkennbare berechtigte Interessen der Arbeitnehmerseite gleichermaßen zu berücksichtigen. Wenn dies schon der Arbeitgeber bei der Ausübung seines Direktionsrechts
kraft Gesetzes zu beachten hat, dann gilt dies umso mehr als Maßstab für die Ausübung des Mitbestimmungsrechts durch den Betriebsrat.
Mitbestimmung durch den Betriebsrat bedeutet also, dass der Arbeitgeber bestimmte Entscheidungen nicht eigenmächtig gegen den Willen des Betriebsrats treffen kann, da dieser in diesen Fällen
gleichberechtigt neben der Arbeitgeberseite an der Entscheidung selbst beteiligt ist. Die Wirksamkeit
einer Arbeitgebermaßnahme hängt damit beim Bestehen von Mitbestimmungsrechten von der Zustimmung des Betriebsrats ab.
1.1 Systematik des Mitbestimmungsrechts nach § 87 BetrVG
1.1.1 Geltungsbereich des § 87 BetrVG
Die Vorschrift gilt zunächst für die im Betrieb eingestellten eigenen Arbeitnehmer des Betriebes. Der
Betriebsbegriff ist dabei nicht räumlich definiert. Betriebszugehörig sind alle Arbeitnehmer, die im
Rahmen der Betriebsorganisation des Betriebsinhabers den Betriebszweck fördern, daher fallen auch
Außendienstmitarbeiter und Anweisungen des Arbeitgebers an die Arbeitnehmer zum Verhalten in
Kundenbetrieben unter den Anwendungsbereich des § 87 BetrVG (BAG Beschluss vom 27.11.2004 –
1 ABR 7/03).
Grundsätzlich gilt § 87 BetrVG auch für im Betrieb tätige Leiharbeitnehmer, allerdings nur soweit sie
dem Weisungsrecht des Arbeitgebers des Entleiherbetriebs unterliegen und somit im Sinne von § 87
BetrVG schutzwürdig ist (Einzelheiten siehe BAG Beschluss vom 15.12.1992 – 1 ABR 38/92). Ähnlich
sieht die mitbestimmungsrechtliche Lage von sog. Ein-Euro-Jobbern aus. Diese sind zwar keine Arbeitnehmer, dennoch gebietet die Tatsache, dass sie tatsächlich in die Betriebsorganisation des Arbeitgebers eingebunden sind, eine Einbeziehung der Ein-Euro-Jobber in den Geltungsbereich des
Betriebsverfassungsgesetzes und insbesondere auch in den Geltungsbereich des § 87 BetrVG (BAG
Beschluss vom 02.10.2007 – 1 ABR 60/06).
1.1.2 Kollektiver Tatbestand
Die meisten Mitbestimmungsangelegenheiten des § 87 BetrVG setzten einen kollektiven Tatbestand
voraus, also einen Tatbestand von dem eine Mehrzahl von Arbeitnehmern (potentiell) betroffen ist.
Nur in einigen Einzelfällen erstreckt § 87 BetrVG die Mitbestimmung des Betriebsrats auch auf die
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Regelung von Einzelfällen, so z.B. in § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG (Urlaub für einzelne Arbeitnehmer) und
§ 87 Abs. 1 Nr. 9 BetrVG (Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen).
Ein kollektiver Tatbestand liegt vor, wenn sich eine Regelungsfrage stellt, die kollektive Interessen
der Arbeitnehmer des Betriebs berührt. Dies ist z.B. bereits dann der Fall, wenn der Arbeitgeber die
Arbeitszeit für eine nur aus einer Person bestehenden Abteilung ändern will, weil er an die „Abteilung“ anknüpft und zudem die Frage der Änderung der Arbeitszeit einer Abteilung auch Auswirkungen auf die Arbeitszeitgestaltung in anderen Bereichen des Betriebes haben kann. Mit dem gleichen
Argument sieht das BAG auch die Anordnung von Überstunden stets als kollektive Maßnahme an, die
in den Geltungsbereich des § 87 BetrVG fällt, auch wenn nur einzelne Arbeitnehmer von der konkreten Maßnahme betroffen sind. Bei einem zusätzlichen Arbeitsbedarf ist die Frage zu regeln, ob und in
welchem Umfang zur Abdeckung dieses Arbeitsbedarfs Überstunden geleistet werden sollen. Diese
Frage stellt sich unabhängig von der Person und den individuellen Wünschen eines einzelnen Arbeitnehmers. Auf die Zahl der Arbeitnehmer, für die Mehrarbeit oder Überstunden angeordnet oder mit
denen sie vereinbart werden, kommt es nicht an (BAG Beschluss vom 24.04.2007 – 1 ABR 47/06).
Eine echte Einzelfallregelung ist dagegen mitbestimmungsfrei.
Versucht der Arbeitgeber eine an sich mitbestimmungspflichtige kollektive Maßnahme als ein Bündel
von Einzelmaßnahmen zu „tarnen“, so liegt dennoch eine mitbestimmungspflichtige kollektive Maßnahme vor (Rechtsumgehung!).
1.1.3 Gesetzes- und Tarifvorrang
Das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 BetrVG ist nur gegeben, soweit eine gesetzliche und tarifliche Regelung nicht besteht. Nur zwingende Gesetzesnormen können das Mitbestimmungsrecht
ausschließen, dem stehen Verwaltungsakte und Verordnungen gleich.
Daneben schließt ein bestehender Tarifvertrag, der eine abschließende Regelung enthält, das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus (es sei denn, er enthält eine Öffnungsklausel). In diesem Zusammenhang ist umstritten in welchem Verhältnis der Tarifvorrang des § 87 Abs. 1 Satz 1 BetrVG und
der Tarifvorrang des § 77 Abs. 3 BetrVG zueinander stehen. Es geht um die Frage, ob beide Regelungen nebeneinander stehen (so die Zweischrankentheorie) oder ob der Tarifvorbehalt des § 87 Abs. 1
Satz 1 BetrVG eine den § 77 Abs. 3 BetrVG verdrängende Spezialregelung ist (so die Vorrangtheorie).
Diese Frage hat deshalb erhebliche praktische Bedeutung, weil der Tarifvorbehalt des § 87 Abs. 1
Satz 1 BetrVG nur bei bestehenden tariflichen Regelungen die Regelungsmacht der Betriebsparteien
ausschließt, nicht bereits bei Tarifüblichkeit.
Das BAG und ein erheblicher Teil der Literatur vertritt die sog. Vorrangtheorie. Die Vorrangtheorie
sieht § 87 Abs. 1 Satz 1 BetrVG als eine vorrangige Spezialregelung an, die in ihrem Anwendungsbereich (soziale Mitbestimmung, § 87 BetrVG) den allgemeineren § 77 Abs. 3 BetrVG verdrängt (BAG
Beschluss vom 03.12.1991 – GS 1/90). Die Vorrangtheorie schließt den Abschluss einer Betriebsvereinbarung nur dann aus, wenn tatsächlich eine Betriebsvereinbarung besteht. Eine bloße Tarifüblichkeit genügt nicht.
1.1.4 Ausübung des Mitbestimmungsrechts
Mitbestimmungsrechte kommen immer dem Betriebsrat als Gremium zu. Allerdings kann dieser die
Wahrnehmung der Mitbestimmungsrechte gemäß § 27 Abs. 3, 28 Abs. 1 BetrVG auf Ausschüsse
übertragen. In den meisten Fällen wird das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in den Fällen des §
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87 BetrVG durch Abschluss von Betriebsvereinbarungen (§ 77 BetrVG) ausgeübt, seltener in Form
von Regelungsabreden (siehe hierzu auch die Kommentierung zu § 77 BetrVG. § 87 BetrVG ist der
bedeutendste Gegenstand der erzwingbaren Mitbestimmung. Das bedeutet, dass eine Betriebspartei
auch gegen den Willen der anderen Betriebspartei eine Regelung im Einigungsstellenverfahren (§ 76
BetrVG) erzwingen kann, denn der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung der Betriebsparteien (§ 87 Abs. 2 BetrVG).
1.1.5 Initiativrecht des Betriebsrats
Im Bereich des § 87 BetrVG ist der Betriebsrat nicht auf bloßes Reagieren auf Maßnahmen des Arbeitgebers angewiesen. Der Betriebsrat kann selbst die Initiative ergreifen und den Arbeitgeber auffordern bestimmte Angelegenheiten in einer Betriebsvereinbarung zu regeln.
Lediglich in Einzelfällen hat das BAG bisher das Bestehen eines Initiativrechts des Betriebsrats abgelehnt, so wenn der Betriebsrat selbst die Einführung eines technischen Überwachungssystems fordert (BAG Beschluss vom 28.11.1989 – 1 ABR 97/88).
1.1.6 Eil- und Notfälle
Das Mitbestimmungsrecht besteht grundsätzlich auch in Eil- und Notfällen. Eilfälle sind Situationen,
die eine möglichst umgehende Regelung erfordern, der Betriebsrat diesen aber noch nicht zugestimmt hat (z.B. Anordnung von Überstunden zur Vertretung unerwartet erkrankter Mitarbeiter oder
zur Abwicklung eines eiligen Auftrags). Solche Situationen lassen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in keiner Weise entfallen. Es besteht auch in diesen Fällen ungeschmälert. Auch in diesen
Fällen ist die Mitbestimmung des Betriebsrats vor der Vornahme einer Maßnahme, die unter § 87
Abs. 1 BetrVG fällt wahrzunehmen, d.h. der Betriebsrat muss der Maßnahme zustimmen, bevor sie
durchgeführt wird.
Eilfälle lassen sich bei guter betrieblicher Organisation auch so regeln, dass das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gewahrt bleibt. Dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers, auf unerwartet
auftretenden Bedarf an Überstunden rasch reagieren zu können, ist auf andere Weise Rechnung zu
tragen, als mit der Aufweichung des Mitbestimmungsrechts. Insoweit können vorsorgliche Regelungen etwa darüber getroffen werden, wie zu verfahren ist, wenn der Betriebsrat nicht erreichbar oder
sonst zu rechtzeitiger Beschlussfassung nicht in der Lage ist. Einer solchen Vereinbarung darf sich der
Betriebsrat nicht versagen; der Arbeitgeber kann sie notfalls mit Hilfe der Einigungsstelle durchsetzen
(BAG Beschluss vom 17.11.1998 – 1 ABR 12/98). In diesem Zusammenhang hat es das BAG als zulässig angesehen, wenn eine Betriebsvereinbarung für bestimmte Fälle ein Alleinentscheidungsrecht
des Arbeitgebers vorsieht, sofern dadurch das Mitbestimmungsrecht nicht in seiner Substanz beeinträchtigt wird (BAG Urteil vom 26. 07.1988 - 1 AZR 54/87 -; BAG Beschluss vom 17.11.1998 – 1 ABR
12/98). Dementsprechend hat er eine Betriebsvereinbarung als wirksam erachtet, in welcher der
Betriebsrat seine Zustimmung zur Anordnung von Mehrarbeit für bestimmte, eng umgrenzte Fallkategorien, etwa für nicht vorhersehbare und planbare Verkaufsvorbereitungs- und Abschlussarbeiten
vor oder nach Ladenschluss, im Voraus erteilt hatte (BAG Beschluss vom 12.01.1988 - 1 ABR 54/86 -;
BAG Beschluss vom 17.11.1998 – 1 ABR 12/98). Der Betriebsrat kann dem Arbeitgeber aber nicht
wirksam das alleinige Gestaltungsrecht über mitbestimmungspflichtige Angelegenheiten einräumen
(BAG Beschluss vom 17.11.1998 – 1 ABR 12/98 –; BAG Beschluss vom 23.03.1999 – 1 ABR 33/98).
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Eilfälle lassen sich oft sehr gut für sog. Koppelungsgeschäfte nutzen, da der Arbeitgeber hier regelmäßig unter Zeitdruck steht, wird er hier oftmals besonders entgegenkommend sein (Einzelheiten
siehe unten).
Noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob und wie in Notfällen das Mitbestimmungsrecht des
Betriebsrats eingeschränkt ist. Notfälle sind solche schwerwiegenden (Extrem-)Fälle, die unvorhergesehen sind und in denen erhebliche Schäden für Leib und Leben von Menschen oder erhebliche
Schäden für den Betrieb drohen (z.B. Naturkatastrophen, Feuersbrünste, Überschwemmungen etc.).
In diesen Fällen kann der Arbeitgeber bei rechtzeitiger Unerreichbarkeit des Betriebsrats jedoch nur
vorläufige Maßnahmen treffen. Auch in diesen Fällen ist er verpflichtet, die Mitbestimmung des Betriebsrats so schnell wie möglich nachzuholen.
1.1.7 Probeweise Maßnahmen
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 BetrVG besteht auch dann, wenn der
Arbeitgeber bestimmte mitbestimmungspflichtige Maßnahmen zunächst nur „probeweise“ umsetzen will. Das Mitbestimmungsrecht ist nicht davon abhängig, ob der Arbeitgeber eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme zunächst nur probeweise oder endgültig einsetzen will (LAG Berlin Beschluss vom 12.08.1986 – 8 TaBV 4/86 –; ArbG Frankfurt/Main Beschluss vom 20.01.2004 – 5 BVGa
14/04).
1.1.8 Koppelungsgeschäfte
Von besonderer Bedeutung in der Praxis sind sog. „Koppelungsgeschäfte“ im Bereich des § 87 BetrVG: Das Recht des Betriebsrats seine Zustimmung zu einer bestimmten mitbestimmungspflichtigen
Maßnahme zu verweigern ist im Bereich des § 87 BetrVG nicht an bestimmte Zustimmungsverweigerungsgründe gebunden. Vielmehr braucht der Betriebsrat – theoretisch – gar keinen Grund zu nennen. Das kann der Betriebsrat zu „Koppelungsgeschäften“ nutzen. Der Betriebsrat macht hier seine
Zustimmung zu einer nach § 87 BetrVG mitbestimmungspflichtigen Maßnahme davon abhängig,
dass der Arbeitgeber eine – ggf. nicht mitbestimmungspflichtige – Gegenleistung erbringt bzw. sich
dazu wirksam verpflichtet (z.B. innerhalb einer Gesamtzusage gegenüber den Arbeitnehmern oder
in einer Betriebsvereinbarung). Ist der Arbeitgeber hierzu letztlich nicht bereit, so wird die Zustimmung zur mitbestimmungspflichtigen Maßnahme verweigert.
Beispiel im Bereich der Anordnung von Überstunden:
Der Arbeitgeber will Überstunden anordnen und beantragt nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG die Zustimmung des Betriebsrats. Der Betriebsrat macht nun seine Zustimmung z.B. davon abhängig,
dass befristet beschäftigte Arbeitnehmer unbefristet übernommen werden,
neue Arbeitnehmer eingestellt werden,
gegenüber Arbeitnehmern ausgesprochene Kündigungen zurückgenommen werden oder
sonstige Maßnahmen nunmehr durchgeführt werden, die der Betriebsrat in der Vergangenheit zugunsten der Arbeitnehmer gefordert hat, die aber bis dato vom Arbeitgeber immer
abgelehnt worden sind.
Im vorgenannten Beispielsfall nutzt der Betriebsrat sein Mitbestimmungsrecht im Bereich der „sozialen Angelegenheiten“, um in anderen bisher noch zwischen den Betriebsparteien ungelösten Fragen
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positive Ergebnisse für die Arbeitnehmer zu erzielen. Der Betriebsrat bringt dabei zugegebenermaßen den Arbeitgeber unter einen gewissen Entscheidungsdruck: Der Arbeitgeber muss sich entscheiden, ob er sich auf Verhandlungen mit dem Betriebsrat über die Koppelungsforderung(en) einlässt
und diesen ganz oder zumindest teilweise nachgibt oder die Verhandlung für gescheitert erklärt und
nach § 87 Abs. 2 BetrVG die Einigungsstelle anruft, um die verweigerte Zustimmung des Betriebsrats
ersetzen zu lassen.
Jedenfalls ist der Arbeitgeber hier nicht berechtigt, die mitbestimmungspflichtige Maßnahme ohne
Zustimmung des Betriebsrats durchzuführen, auch wenn er die Auffassung vertritt, die Koppelungsforderung des Betriebsrats sei unzulässig bzw. rechtsmissbräuchlich; es gibt auch für diesen Fall kein
Alleinentscheidungsrecht des Arbeitgebers. Wenn der Arbeitgeber dennoch die mitbestimmungspflichtige Maßnahme durchführt, kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht seinen Unterlassungsanspruch geltend machen; zudem ist die Maßnahme nach allgemeiner Rechtsauffassung unwirksam.
Die Verhandlungsposition des Betriebsrats wird hier im Bereich der sozialen Angelegenheiten dann
gestärkt, wenn der Arbeitgeber unter Zeitdruck steht. Dies ist häufig bei Anträgen des Arbeitgebers
auf Zustimmung zu Überstunden der Fall. Diese Anträge werden vom Arbeitgeber häufig im letzten
Moment beim Betriebsrat eingereicht, um den Betriebsrat seinerseits unter Druck zu setzen.
Manchmal handelt es sich dabei um einen echten, nicht vom Arbeitgeber selbst organisierten, sondern von einem Kunden produzierten „Eilfall“.
Die überwiegende Rechtsprechung und Literatur bejaht die Zulässigkeit von Koppelungsgeschäften
(DKK-Klebe, § 87 Rn. 9; Fitting, § 87 Rn. 27; BAG Urteil vom 18.09.2007 – 3 AZR 639/06): Nach Ansicht
des LAG Düsseldorf (Beschluss vom 12.12.2007 – 12 TaBVGa 8/07) und ArbG Hamburg (Beschluss
vom 06.04.1993, AiB 1994, 120) ist der Betriebsrat nicht gehindert, seine Zustimmung zu den vom
Arbeitgeber beabsichtigten Überstunden von der Erbringung zusätzlicher Leistungen an die betroffenen Arbeitnehmer abhängig zu machen, auch wenn diese über die von den anzuwendenden Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen für den Fall der Mehrarbeit bestimmten Leistungen hinausgehen: Lehne der Arbeitgeber die Erbringung von zusätzlichen Leistungen ab, so habe er, wenn er die
Überstunden gleichwohl anordnen möchte, mit dem Betriebsrat weiterzuverhandeln und ggf. die
Einigungsstelle anzurufen. Nach Ansicht des LAG Nürnberg (Beschluss vom 06.11.1990, AiB 1991,
120) darf der Betriebsrat seine Zustimmung zu Überstunden an die Zahlung einer Lärmzulage binden.
Das Hessische LAG (Beschluss vom 13.10.05 – 5/9 TaBV 51/05) hält den Betriebsrat für berechtigt,
die Zustimmung zu Überstunden an die Verlängerung befristeter Arbeitsverträge zu koppeln. Der
Betriebsrat verhalte sich insoweit weder rechtsmissbräuchlich noch verstoße er hiermit gegen § 2
Abs. 1 BetrVG. Das LAG wendet sich hier ausdrücklich gegen eine zu „enge inhaltliche Begrenzung“
der Koppelungsforderungen auf den Normzweck der jeweiligen Mitbestimmungsvorschrift. Es reiche
vielmehr aus, wenn die Koppelungsforderungen des Betriebsrats einen „sachlichen Bezug zum Zweck
des Mitbestimmungsrechts haben, in dessen Rahmen er um Zustimmung angegangen wird“ bzw. „in
einem Zusammenhang mit dem jeweils betroffenen Mitbestimmungstatbestand des § 87 BetrVG
stehen“. Das LAG Hamm (Beschluss vom 09.02.07 – 2 TaBV 54/06) sieht es als zulässig an, dass der
Betriebsrat seine Zustimmung zu Überstunden daran koppelt, dass der Arbeitgeber eine Kündigung
bzw. einen Zustimmungsersetzungsantrag nach § 103 BetrVG zurücknimmt. Die Zustimmungsverweigerung sei im Rahmen des § 87 BetrVG nicht an bestimmte Gründe gebunden. Es gebe kein Verbot
von Koppelungsgeschäften, mit denen der Betriebsrat seine Zustimmung zu einer mitbestimmungspflichtigen Maßnahme von Zusagen des Arbeitgebers abhängig macht, die mit dem Inhalt des Mitbestimmungsrechts nichts zu tun haben. Die Zustimmung des Betriebsrats gelte in diesen Fällen ebenso
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wenig wegen Rechtsmissbrauchs als erteilt, wie dies umgekehrt bei einer entsprechenden Ablehnung
seiner Vorschläge durch den Arbeitgeber der Fall wäre. Das ArbG Berlin (Beschluss vom 21.11.2008 –
28 BVGa 18414/08) betont, dass der Betriebsrat aus jeglichen Motiven die Zustimmung zu mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen verweigern kann, seine Grenze finde dies erst beim Rechtsmissbrauch, daher seien Koppelungsgeschäfte grundsätzlich zulässig.
Zunächst gilt es bei dieser Frage festzuhalten, dass der Betriebsrat nach der Konzeption des BetrVG
weder „Interessenvertreter des Arbeitgebers“ noch „neutraler Vermittler“ zwischen den gegensätzlichen Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist. Vielmehr ist der Betriebsrat schlichtweg einseitiger Vertreter der Interessen der Belegschaft. Selbstverständlich sollen Arbeitgeber und Interessenvertreter der Belegschaft bei der Austragung der vielfältigen Interessenkonflikte im betrieblichen
Alltag „vertrauensvoll zusammenarbeiten“. Dies bedeutet, dass auf dem Verhandlungswege eine
Lösung gesucht und gefunden werden soll (vgl. § 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG). Eine mutwillige oder gar
rechtsmissbräuchliche Nutzung von Rechtspositionen sollen beide Seiten unterlassen. Auch sollen
Verhandlungen zwischen den Betriebsparteien in gegenseitiger Offenheit und Ehrlichkeit geführt
werden. Darüber hinaus sollen die Interessenkonflikte – anders als in der Tarifpolitik – nicht durch
Arbeitskampf, sondern durch Anrufung des Arbeitsgerichts oder der Einigungsstelle gelöst werden.
Aus dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit kann aber keine Pflicht des Betriebsrats abgeleitet werden, sich ohne Widerworte oder Gegenvorstellungen den Regelungsvorhaben des Arbeitgebers zu unterwerfen; es besteht auch kein Anspruch des Arbeitgebers auf „gegenforderungsfreie“
Verhandlungen. Ganz im Gegenteil gehört es nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG zu den allgemeinen Aufgaben des Betriebsrats, „Maßnahmen, die dem Betrieb und den Arbeitnehmern dienen, beim Arbeitgeber zu beantragen“. Der Betriebsrat hat deshalb nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht, die
Belange von Arbeitnehmern konsequent – auch und gerade in der Form von Koppelungsgeschäften –
in Verhandlungen mit dem Arbeitgeber einzubringen und dabei ein möglichst gutes Verhandlungsergebnis für die Arbeitnehmer zu erzielen.
In dem Zusammenhang liegt es selbstverständlich in der Natur der Sache, dass in einem durch gegensätzliche Interessen geprägten Verhältnis zwischen den Betriebsparteien Verhandlungen zur Lösung
der Konflikte mit einer gewissen Härte geführt werden. Beide Seiten sollen „offen und ehrlich“ ihre
jeweiligen Vorstellungen zur Konfliktlösung „auf den Verhandlungstisch“ legen. In der Folge soll dann
„in verbindlicher Form, aber in der Sache hart“ um einen Kompromiss, mit dem am Ende beide Seiten
leben können, gerungen werden. Zu einer solchen beiderseits zufriedenstellenden Lösung kann es
aber nur kommen, wenn beiden Seiten bei den Verhandlungen auch gewisse Druckmittel zur Verfügung stehen.
Druckmittel des Arbeitgebers ist z.B. dessen Drohung, dass eine Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats zu bestimmten Maßnahmen Nachteile für die Arbeitnehmer zur Folge haben würde. Die
unter Berücksichtigung des dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Potenzials eher bescheidenen
Druckmittel des Betriebsrats sind seine Mitbestimmungsrechte und daraus resultierende Rechtsfolge, dass der Arbeitgeber die von ihm beabsichtigte Maßnahme nicht ohne Zustimmung des Betriebsrats bzw. der Konfliktlösungsstelle (Einigungsstelle; Arbeitsgericht) durchführen darf.
Bei den Anstrengungen des Betriebsrats, die Interessen der Arbeitnehmer auch in Form von Koppelungsgeschäften möglichst wirksam zur Geltung zu bringen, stellt in dem Zusammenhang ein grundsätzlich zulässiges Druckmittel des Betriebsrats dar, das dem Betriebsrat zur Verfügung stehen und
von diesem auch genutzt werden sollte, um sich einigermaßen „auf Augenhöhe“ mit dem Arbeitgeber über innerbetriebliche Konflikte auseinandersetzen zu können.
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Koppelungsgeschäfte sind allerdings bei reiner Schädigungsabsicht rechtwidrig:
Die Ausübung eines solchen Rechts könnte nur dann unzulässig sein, wenn sie nur den Zweck hätte,
einem anderen einen Schaden zuzufügen (vgl. § 226 BGB), wobei die Schädigungsabsicht der einzige
Zweck der Ausübung dieses Rechts sein müsste. Insoweit erscheint es geradezu abwegig, das regelmäßige Vorgehen des Betriebsrats im Zusammenhang mit Koppelungsgeschäften als „Rechtsmissbrauch“ oder als „Nötigung“ zu bezeichnen. Steffan weist darauf hin, dass eine Nötigung (§ 240 StGB)
allenfalls dann in Betracht käme, wenn der Betriebsrat mit dem Koppelungsgeschäft sachfremde
Ziele erreichen will (z.B. eine persönliche Besserstellung, nicht aber, wenn das Koppelungsgeschäft
den Arbeitnehmerinteressen der Belegschaft dient.
Ein Koppelungsverbot oder gar ein Verstoß gegen das Verbot der „vertrauensvollen Zusammenarbeit“ liegt nach herrschender Rechtsauffassung auch dann nicht vor, wenn der Betriebsrat Zugeständnisse vom Arbeitgeber fordert, über die wegen der Tarifsperre des § 77 Abs. 3 BetrVG keine
Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden könnte. Allerdings führt hier dann der Gesetzesverstoß
zur Unwirksamkeit der aufgrund der Koppelungsforderung zustande gekommenen Betriebsvereinbarung. Dagegen wäre hier eine vertragliche Zusage gegenüber den Arbeitnehmern ohne weiteres zulässig.
Nach herrschender Rechtsauffassung sind Koppelungen nur dann wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig,
wenn sie offensichtlich den alleinigen Zweck haben, den Arbeitgeber zu schikanieren (Verstoß gegen § 226 BGB),
wenn durch sie eine gegen § 78 S. 2 BetrVG verstoßende Begünstigung von Betriebsratsmitgliedern durchgesetzt werden soll,
wenn sie offensichtlich gegen die Grundsätze des § 75 BetrVG verstoßen (z.B. im Falle von
Kurzarbeit wird ein Zuschuss zum Kurzarbeitergeld nur für Männer oder nur für deutsche Arbeitnehmer gefordert).
1.2 Folgen fehlender Mitbestimmung
Die Missachtung des Mitbestimmungsrechts durch den Arbeitgeber hat sowohl individualarbeitsrechtliche Folgen (Rechtswidrigkeit der Maßnahme), als auch kollektivrechtliche Folgen (Unterlassungsanspruch).
1.2.1 Individualarbeitsrechtliche Folgen
Maßnahmen des Arbeitgebers, bei deren Zustandekommen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats missachtet wurden, sind nach der sog. Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung unwirksam
(ständige Rechtsprechung, zuletzt BAG Urteil vom 10.03.2009 – 1 AZR 55/08). Arbeitnehmer brauchen entsprechende unwirksame Regelungen des Arbeitgebers grundsätzlich nicht zu befolgen. Ausnahme: Für die Arbeitnehmer günstige Entscheidungen bleiben trotz fehlender Betriebsratsbeteiligung zunächst wirksam, allerdings ohne dass die Arbeitnehmer daraus einen Rechtsanspruch für die
Zukunft ableiten können.
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1.2.2 Kollektivrechtiche Folgen
Der Betriebsrat kann einen Unterlassungsanspruch gegen den Arbeitgeber geltend machen (ggf.
auch durch einstweilige Verfügung). Das BAG geht davon aus, dass der Betriebsrat hier nicht nur
einen Unterlassungsanspruch aus § 23 Abs. 3 BetrVG geltend machen kann, sondern daneben auch
einen – gesetzlich nicht ausdrücklich geregelten – allgemeinen Unterlassungsanspruch (BAG Beschluss vom 03.05.1994 – 1 ABR 24/93). Diese Unterscheidung hat erhebliche praktische Konsequenzen.
Während der Unterlassungsanspruch aus § 23 Abs. 3 BetrVG daran geknüpft ist, dass der Arbeitgeber
„grob“ gegen seine betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten verstoßen hat, ist diese Einschränkung
beim allgemeinen Unterlassungsanspruch nicht gegeben. Hier löst grundsätzlich jede Pflichtverletzung einen Unterlassungsanspruch aus.
Auch beim allgemeinen Unterlassungsanspruch beträgt das Höchstmaß eines gegen den Arbeitgeber
zu verhängenden Zwangsgeldes analog § 23 Abs. 3 BetrVG 10.000,- € (BAG Beschluss vom 24.04.2007
– 1 ABR 47/06).
Zudem hat der Betriebsrat einen Anspruch auf Durchführung abgeschlossener Betriebsvereinbarungen (§ 77 Abs. 1 BetrVG), dieser ist auch arbeitsgerichtlich durchsetzbar.
Rechtsanwalt Marc Hessling ist Ihnen bei der Einleitung solcher Beschlussverfahren gerne behilflich. Sprechen Sie uns einfach darauf an.
1.3 Die einzelnen Mitbestimmungstatbestände
1.3.1 Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG)
Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG betrifft alle Maßnahmen des Arbeitgebers
tatsächlicher oder rechtlicher Art, die sich auf die allgemeine Ordnung des Betriebes und / oder das
Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb beziehen. Gegenstand der Mitbestimmung ist die Gestaltung
des Zusammenlebens und Zusammenwirkens der Arbeitnehmer im Betrieb.
Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechtes ist es, den Arbeitnehmern eine gleichberechtigte Teilhabe an der Gestaltung dieses betrieblichen Zusammenlebens zu gewähren (BAG Beschluss vom
24.11.1981 - 1 ABR 108/79; BAG Beschluss vom 08.12.1981 - 1 ABR 91/79; BAG Beschluss vom
10.04.1984 – 1 ABR 69/82).
Vom Mitbestimmungsrecht nicht erfasst ist der außerbetriebliche Bereich der privaten Lebensführung – so weit reicht auch die Regelungsmacht der Betriebsparteien nicht (siehe auch die Kommentierung zu § 77 BetrVG). Daher scheiden auch Regelungen über die Gestaltung des Äußeren eines
Arbeitnehmers (Tragen eines Bartes, Haarlänge, Tätowierungen, Piercings, etc.) regelmäßig aus.
Nicht von § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG sind Regelungen über die Amtsausführung des Betriebsrats und
seiner Mitglieder. Der Betriebsrat und seine Mitglieder regeln ihre Amtstätigkeit selbst unter Beachtung des BetrVG, dies unterliegt nicht der Mitbestimmung durch den Arbeitgeber (BAG Beschluss
vom 23.06.1983 – 6 ABR 65/80).
Dem Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts folgend wird zwischen dem mitbestimmungsfreien
Leistungsverhalten und dem mitbestimmungspflichtigen Ordnungsverhalten unterschieden.
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Das mitbestimmungsfreie Leistungsverhalten ist betroffen, wenn es um Maßnahmen geht, die die
arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitspflicht unmittelbar konkretisieren. Um mitbestimmungsfreies
Arbeitsverhalten handelt es sich, wenn der Arbeitgeber kraft seines arbeitsvertraglichen Weisungsrechts näher bestimmt, welche Arbeiten auszuführen sind und in welcher Weise das geschehen soll.
Mitbestimmungsfrei sind deshalb Anordnungen, mit denen lediglich die Arbeitspflicht konkretisiert
wird (BAG Beschluss vom 10.03.2009 – 1 ABR 87/07). Beispiele: Konkrete Einzelarbeitsanweisungen,
Anweisung zur Vornahme bestimmter Arbeitsabläufe, auch wenn diese an alle Arbeitnehmer gerichtet sind. Mitbestimmungsfrei sind daher auch individualarbeitsrechtliche Maßnahmen, mit denen der
Arbeitgeber auf Fehlverhalten der Arbeitnehmer reagiert, wie Abmahnungen und Kündigungen (beachte aber die Beteiligungsrechte des Betriebsrats bei Kündigungen gem. §§ 102 ff. BetrVG).
Demgegenüber sind Maßnahmen des Ordnungsverhaltens mitbestimmungspflichtig. Hierzu zählen
Maßnahmen, die dazu dienen, das sonstige Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb zu beeinflussen
oder zu koordinieren. Beispiele: Torkontrollen (BAG Beschluss vom 26.05.1988 – 1 ABR 9/87), einschließlich des Durchleuchtens von Taschen, sowie der Benutzung von Werksausweisen und der Erfassung von Fingerabdrücken (biometrische Zugangskontrolle; BAG, NZA 2004, 556), Einführung und
Beschäftigung eines Werkschutzes, der zumindest auch das Verhalten der Arbeitnehmer kontrolliert
(BAG, DB 2000, 48; BAG NZA 2008, 1008); die Einstellung eines Kaufhausdetektivs ist dagegen mitbestimmungsfrei, da dieser nicht der Beaufsichtigung der Mitarbeiter dient, Einführung einer Betriebsordnung oder einer Betriebsbußenordnung (siehe dazu unten), Einführung von Pünktlichkeitskontrollen (z.B. Stechuhren), Regelungen über Anwesenheitskontrollen (bei gleitender Arbeitszeit),
An- und Abmeldeverfahren (BAG 25.05.1982, AP Nr. 53 zu § 611 BGB Dienstordnung Angestellte),
Regelungen über die Einführung und Nutzung von Werksausweisen (BAG Beschluss vom 16.12.1986
– 1 ABR 35/85), Einführung von Namensschildern an der Arbeitskleidung (nur unter bestimmten
Umständen Mitbestimmungspflichtig, siehe nachfolgendes Beispiel zur Abgrenzung von Arbeitsverhalten und Ordnungsverhalten; BAG Beschluss vom 11.06.2002 – 1 ABR 46/01), Verhaltensanweisungen, die sich auf Tätigkeiten in einem Kundenbetrieb beziehen, Erfassung der Arbeitszeit, Einführung und Ausgestaltung einer einheitlichen Arbeitskleidung oder einer Kleiderordnung (BAG
Beschluss vom 13.02.2007, AP Nr. 40 zu § 87 BetrVG 1972 Ordnung des Betriebes), • den Erlass
eines betrieblichen Alkoholverbotes, einschließlich Regelungen über Alkoholkontrollen oder eines
Rauchverbots, soweit dies nicht schon gesetzlich angeordnet ist, Verbot während der Pausen den
Betrieb zu verlassen (allenfalls zulässig, wenn die betrieblichen Abläufe dies dringend erfordern; BAG
21.08.1990, AP Nr. 17 zu § 87 BetrVG 1972 Ordnung des Betriebes), Regelungen über die Benutzung
des Telefons oder des Computers mit Internet-Zugang und des E-Mail-Systems für private Zwecke,
Erlass von IT-Sicherheitsrichtlinien (z.B. Anweisung Passworte geheim zu halten etc.), Regelungen
über das Radiohören im Betrieb (BAG 14.01.1986, AP Nr. 10 zu § 87 BetrVG Ordnung des Betriebes),
Regelungen über ein generelles Verbot privater TV-, Video- und DVD-Geräte (LAG Köln, NZA-RR
2007, 80), Regelungen über die Herausgabe von Werbegeschenken (LAG Köln, DB 1984, 2202; LAG
Düsseldorf, NZA-RR, 2006, 81), Regelung keine teuren Werbegeschenke anzunehmen (BAG Beschluss vom 22.07.2008 – 1 ABR 40/07), Regelungen über das Verbot von Insidergeschäften (BAG
Beschluss vom 22.07.2008 – 1 ABR 40/07), Regelung über die Benutzung von Wasch- und Umkleideräumen, Regelungen über die Sicherung eingebrachter Sachen der Arbeitnehmer und die Benutzung einer Schließanlage (BAG 01.07.1965, AP Nr. 75 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht), das Abstellen
von Privatfahrzeugen auf dem Betriebsgelände (LAG Hamm, NZA 1987, 35), Regelung über die Anordnung, im Verkaufsraum zu stehen (ArbG Köln 16.07.1989, EzA § 87 BetrVG 1972 Betriebliche
Ordnung Nr. 14), Regelungen über den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit in einer bestimmten vom
EntgeltFG abweichenden Frist, Einführung und Anwendung von Formularen bei Arztbesuchen (BAG
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21.01.1997, AP Nr. 27 zu § 87 BetrVG 1972 Ordnung des Betriebes), Regelungen über Krankenrückkehrgespräche (BAG 08.11.1994, AP Nr. 24 zu § 87 BetrVG 1972 Ordnung des Betriebes), Anordnungen über kurzfristige Vertretungen am Arbeitsplatz, Anordnungen über die Behandlung des Arbeitszeugs, Verbot eigenes Bargeld am Arbeitsplatz aufzubewahren (Hessisches LAG 15.01.2004,
NZA-RR 2004, 411), formalisierte Mitarbeitergespräche zur Vorbereitung von Zielvereinbarungen
und die Zielvereinbarungsgespräche selbst, soweit es nicht um den mitbestimmungsfreien Inhalt der
Vereinbarungen geht, sondern um Zeitpunkt, Häufigkeit, beteiligte AN etc. der Vereinbarungen, sowie Einführung eines sog. „code of conduct“, bzw. einer Ethikrichtlinie, der generelle Verhaltensmaßregeln vorgibt und sich nicht darauf beschränkt, gesetzliche Regelungen zu rezitieren. Dieser
kann z.B. Diskriminierungsverbote, Alkoholverbote, Regelungen zum „Whistleblowing“ (internes
Anzeigeverfahren bei Verhaltensverstößen) oder Bestimmungen zur Annahme von Lieferantengeschenken durch AN beinhalten (BAG Beschluss vom 22.07.2008 – 1 ABR 40/07), Regelungen gegen
Mobbing/Stalking (LAG Düsseldorf 22.07.2007, AiB 2005, 122; ArbG Köln 21.10.2000; AiB 2002, 374),
die Einrichtung einer Beschwerdestelle nach § 13 AGG (BAG Beschluss vom 21.07.2009 – 1 ABR
42/08 –), Einführung von Englisch als Betriebssprache (LAG Köln Beschluss vom 09.03.2009 – 5 TaBV
114/08). Das LAG Köln wies darauf hin, dass es die Anweisung im Betrieb nur noch Englisch zu sprechen, nur deshalb dem mitbestimmungspflichtigen Ordnungsverhalten zugerechnet hat, weil sämtliche Kommunikation auf Englisch geführt werden sollte. Hätte der Arbeitgeber nur die Anweisung
erteilt bestimmte Schriftstücke (z.B. Berichte, Gutachten etc.) auf Englisch zu verfassen, so wäre die
Maßnahme – nach Auffassung des LAG Köln – dem mitbestimmungsfreien Leistungsverhalten zuzuordnen gewesen; Verbot, Buttons mit gewerkschaftlichem Inhalt an der Arbeitskleidung zu tragen
(LAG Hamm Beschluss vom 26.05.2008 – 10 TaBV 51/08).
Betriebsbußen
Das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG betrifft nur Betriebsbußen, nicht auch Vertragsstrafen oder andere Sanktionen wegen arbeitsvertragswidrigen Verhaltens der Arbeitnehmer
(z.B. Abmahnungen, Kündigungen). Während mit einer Betriebsbuße Verstöße der Arbeitnehmer
gegen die betriebliche Ordnung geahndet werden sollen, dient die Vertragsstrafe, mit der Abmahnung oder verhaltensbedingten Kündigung vor allem der Sicherung der vertraglichen Arbeitsleistungen des Arbeitnehmers im Ganzen, sei es, dass dieser zur Arbeitsaufnahme angehalten, sei es, dass
er zur vertragsgerechten Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten veranlasst werden soll, oder
der Arbeitgeber wegen der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten das Arbeitsverhältnis beendet.
Die Vertragsstrafe orientiert sich nicht an einem gruppenschädlichen Verhalten des Arbeitnehmers,
sondern berücksichtigt allein das individuelle Interesse des Arbeitgebers als Gläubiger der Arbeitsleistung. Betriebsbußen kommen daher nur für Verstöße eines Arbeitnehmers in Betracht, die ein gemeinschaftswidriges Verhalten darstellen; es muss stets ein kollektiver Bezug vorhanden sein (BAG
Urteil vom 05.02.1986 – 5 AZR 564/84; LAG Berlin Urteil vom 25.08.2004 – 9 Sa 877/04).
Das BAG hat folgende Verfahrensgrundsätze bei der Aufstellung und Anwendung von Betriebsbußenordnungen aufgestellt (BAG Urteil vom 12.09.1967 – 1 AZR 34/66):
1. Die Bußordnung muss wirksam aufgestellt und bekanntgemacht worden sein.
2. Die Verhängung von Bußen bedingenden Tatbestände müssen genügend bestimmt festgelegt
und zulässige Bußen normiert sein.
3. Es muss ein rechtsstaatliches, ordnungsgemäßes Verfahren vorgesehen und eingehalten sein.
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4. Es muss rechtliches Gehör gewährt werden und eine Vertretung z.B. durch Rechtsanwälte,
Gewerkschaftssekretäre oder andere Personen des Vertrauens des betroffenen Arbeitnehmers zugelassen sein.
5. auch bei Verhängung der einzelnen Buße muss der Betriebsrat im Sinne der Mitbestimmung
eingeschaltet werden.
Betriebsbußenordnungen sehen Sanktionsmittel zumeist gestuft nach verschiedenen Sanktionen je
nach der Schwere und Häufigkeit des Fehlverhaltens vor, was auch aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes geboten erscheint. Als Sanktionsmittel kommen z.B. Verwarnungen, Verweise, der
zeitweilige Ausschluss von Vergünstigungen, Geldbußen, zeitweilige Beförderungssperren in Betracht. Geldbußen dürfen nicht als Zahlung an den Arbeitgebers ausgestaltet sein, in Betracht kommen Zahlungen an einen betrieblichen Sozialfonds oder an karitative Einrichtungen .
Unzulässig sind alle Maßnahmen, wie z.B. Entlassungen, Versetzungen oder Rückgruppierungen, die
allein durch zwingendes staatliches Kündigungsrecht oder zwingende Tarifverträge erfolgen dürfen.
Das Kündigungsrecht ist zwingend und steht nicht zur Disposition der Betriebsparteien (BAG Urteil
vom 28.04.1982 – 7 AZR 962/79). Unzulässig sind auch entwürdigende Strafen und Strafen, die das
allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen. Daher ist z.B. die Bekanntgabe des Namens des betroffenen Arbeitnehmers am schwarzen Brett unzulässig.
1.3.2 Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen
sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage (§ 87
Abs. 1 Nr. 2 BetrVG)
1.3.2.1 Allgemeines
Der Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG besteht darin, die Interessen der Arbeitnehmer vor allem an der Lage ihrer Arbeitszeit und damit zugleich der Freizeit
für die Gestaltung ihres Privatlebens zur Geltung zu bringen (BAG Beschluss vom 14.11.2006 – 1
ABR 5/06).
Die Mitbestimmung des Betriebsrats ist ein notwendiges Korrektiv, um den Interessen der Arbeitnehmerschaft gegenüber den Arbeitgeberinteressen Geltung zu verschaffen. Der Bereich der Arbeitszeit ist nicht nur einer der wichtigsten innerbetrieblichen Betätigungsfelder eines Betriebsrats,
sondern gleichzeitig auch – wenn man an die unzähligen Möglichkeiten von Arbeitszeitmodellen
denkt - eine Materie, die den Betriebsparteien sehr viel Spielraum an Gestaltungsmöglichkeiten zulässt.
Vor allem zwei Regelungsbereiche sind hier von großem praktischem Interesse:
Die Verteilung der betriebsüblichen Arbeitszeit und der Pausen auf die einzelnen Wochentage
Die flexible Verteilung der betriebsüblichen Arbeitszeit.
Begriff der Arbeitszeit: Das deutsche Arbeitsrecht leidet darunter, dass es keine einheitliche Definition des Arbeitszeitbegriffes gibt. Für den Arbeitszeitbegriff des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG bestimmt sich
der Begriff daher vom Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts her: Arbeitszeit ist die Zeit, inner-
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halb derer der Arbeitnehmer seine vertraglich geschuldete Leistung erbringen soll (BAG Beschluss
vom 14.11.2006 – 1 ABR 5/06).
Zur Arbeitszeit gehören deshalb insbesondere auch Zeiten der Arbeitsbereitschaft, des Bereitschaftsdienstes und der Rufbereitschaft. Dies gilt unabhängig von der Frage, wie diese Zeiten im
Einzelnen vergütet werden. Bei Dienstreisen ist zu differenzieren: Die reine Reisezeit ist grundsätzlich keine Arbeitszeit, da der Arbeitnehmer in dieser Zeit meist keine Arbeitsleistung erbringt. Wenn
der Arbeitnehmer jedoch verpflichtet ist, während der Reisezeit Arbeitsleistungen zu erbringen (z.B.
das Führen eines Fahrzeugs oder das Schreiben von Berichten während der Fahrt etc.), so ist auch die
Reisezeit Arbeitszeit (BAG Beschluss vom 14.11.2006 – 1 ABR 5/06).
Zu beachten ist vor allem das zwingende Arbeitszeitrecht des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG). Das ArbZG
enthält selbst an einigen Stellen Öffnungsklauseln auch für abweichende Regelungen in Tarifverträgen (z.B. in § 7 ArbZG).
Die im Arbeitszeitgesetz niedergelegten öffentlich-rechtlichen Arbeitszeitvorschriften bilden den
Rahmen, innerhalb dessen der Betriebsrat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 Betriebsverfassungsgesetz weitreichende Mitbestimmungsrechte hat. Nach dieser Vorschrift hat der Betriebsrat mitzubestimmen
bei Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen und der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Das Arbeitszeitgesetz schreibt lediglich Höchstarbeitszeiten,
Mindestpausen und Mindestruhezeiten fest und lässt den Betriebsparteien breiten Raum für die
konkrete Ausgestaltung der gesetzlichen Rahmenbestimmungen
Betriebsvereinbarungen über die Arbeitszeit sind ferner dann nicht möglich, wenn ein (nicht nur kraft
Nachwirkung) geltender Tarifvertrag (Verbandstarifvertrag oder Firmentarifvertrag) entsprechende
abschließende Regelungen enthält (vgl. § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG, siehe oben). Etwas anderes
gilt dann, wenn der Tarifvertrag eine bestimmte Arbeitszeitfrage entweder überhaupt nicht oder
aber nicht abschließend regelt. In diesem Fall steht ein Regelungsspielraum offen, den der Arbeitgeber mit Zustimmung des Betriebsrats gestalten kann. Dies gilt auch dann, wenn der Tarifvertrag den
Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich gestattet (so genannte „tarifliche Öffnungsklausel“). Insbesondere im Zusammenhang mit Arbeitszeitverkürzungen sind Arbeitgeber und
Betriebsrat häufig ermächtigt, die konkrete Umsetzung der Arbeitszeitverkürzungen auf die betriebliche Ebene im Wege der Betriebsvereinbarung, notfalls durch Anrufung der Einigungsstelle bzw. einer
tariflichen Schlichtungsstelle auszugestalten.
Das Mitbestimmungsrecht besteht nur, soweit ein kollektiver Tatbestand vorliegt. Die individuelle
Regelung der Arbeitszeit eines einzelnen Arbeitnehmers, um seinen individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden, unterliegt daher nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats (siehe oben).
Der Betriebsrat hat dagegen kein Mitbestimmungsrecht im Hinblick auf die Festlegung der Dauer der
vom Arbeitnehmer geschuldeten regelmäßigen Arbeitszeit.
Der Umfang des von dem einzelnen Arbeitnehmer geschuldeten Arbeitszeitvolumens wird nach
herrschender Meinung von § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG nicht erfasst (vgl. unter anderem BAG Beschluss
vom 11.12.01 – 1 ABR 3/01; BAG Beschluss vom 22.07.03 – 1 ABR 28/02; BAG Beschluss vom
22.07.2003 – 1 ABR 28/02; Fitting, § 87 Rn. 103ff.). Der Umfang des geschuldeten Arbeitszeitvolumens ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag bzw. im Falle beiderseitiger Tarifbindung unmittelbar aus
dem Tarifvertrag, falls ein Vollzeitarbeitsverhältnis vereinbart ist.
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Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats im Hinblick auf die Dauer der von dem Arbeitnehmer geschuldeten regelmäßigen Arbeitszeit hätte die von § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG nicht beabsichtigte Folge,
dass die Betriebsparteien oder eine nach § 87 Abs. 2 BetrVG tätig werdende Einigungsstelle das Maß
der von dem Arbeitnehmer zu leistenden regelmäßigen Arbeitszeit (und des zu beanspruchenden
regelmäßigen Arbeitsentgelts) festlegen könnten. Eine solche Befugnis ist den Betriebsparteien nur
ausnahmsweise durch § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG im Fall der Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit eingeräumt.
1.3.2.2 Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage
Der Betriebsrat hat mitzubestimmen über die wöchentliche Arbeitszeit, also die Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage. Damit ist die Frage mitbestimmungspflichtig, ob in einer 4-, 5-, oder 6Tage-Woche gearbeitet werden soll (Achtung: Tarifvorrang beachten, diese Frage ist oft in Tarifverträgen abschließend geregelt). Ist lediglich eine monatliche Arbeitszeit vorgegeben, bezieht sich das
Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats auch auf die Verteilung der Arbeit auf die einzelnen Tage des
Monats. Daher sind z.B. auch „rollierende Arbeitszeitsysteme“ mitbestimmungspflichtig.
Bei der Verteilung ist zunächst grundsätzlich von der Wochenarbeitszeit auszugehen. Wird die tarifliche Wochenarbeitszeit verkürzt oder verlängert, so kann sich hieraus ein Regelungsbedarf zur Neuverteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage ergeben.
Soweit Sonntagsarbeit gesetzlich zulässig ist, ist deren Einführung mitbestimmungspflichtig. Ein Mitbestimmungsrecht besteht dann auch bei der Frage der Lage eines Ersatzruhetages (LAG Köln
24.09.1998, AiB 1999, 467).
1.3.2.3 Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit
Das Mitbestimmungsrecht bezieht sich auch auf Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit.
Beginn und Ende müssen nicht zwingend für alle Arbeitnehmer des Betriebes gleich geregelt sein.
Sofern ein Rechtfertigungsgrund vorliegt können für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern (best.
Abteilungen, Auszubildende, Jugendliche etc.) unterschiedliche tägliche Arbeitszeiten vereinbart
werden. Jede Änderung der täglichen betriebsüblichen Arbeitszeit unterliegt wiederum der Mitbestimmung des Betriebsrats.
Die Einführung und Änderung flexibler Arbeitszeitsysteme unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats. So z.B. die Einführung von „Gleitzeit“ und der dafür erforderlichen Regelungen (frühester
Beginn, spätestes Ende, Kernarbeitszeit, Regelungen über Zeitrückstände und Zeitguthaben etc.).
Einzelheiten siehe unten. Das Gleiche gilt für die Einführung der „Vertrauensarbeitszeit“. Auch hier
erstreckt sich das Mitbestimmungsrecht auch auf die Regelung der Einzelheiten (siehe unten).
1.3.2.4 Pausen
Der Betriebsrat hat auch bei der Dauer und Lage der Pausen mitzubestimmen.
Nach § 4 ArbZG ist bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs und bis zu neun Stunden eine Ruhepause
von mindestens 30 Minuten, die in zwei Pausen zu je 15 Minuten aufgeteilt werden kann, zwingend
vorgeschrieben. Bei einer Arbeitszeit von über neun Stunden beträgt die Gesamtpausenzeit mindestens 45 Minuten.
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Das Gesetz definiert den Begriff der „Pause“ nicht. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG
(BAG Beschluss vom 22.07.2003 – 1 ABR 28/02) sind Ruhepausen im Sinne des Arbeitszeitrechts Unterbrechungen der Arbeitszeit von bestimmter Dauer, die der Erholung dienen. Es muss sich um im
Voraus festliegende Unterbrechungen der Arbeitszeit handeln, in denen der Arbeitnehmer weder
Arbeit zu leisten noch sich dafür bereitzuhalten hat. Er muss frei darüber entscheiden können, wo
und wie er diese Zeit verbringen will. Entscheidendes Merkmal der Ruhepause ist, dass der Arbeitnehmer von jeder Arbeitsverpflichtung und auch von jeder Verpflichtung, sich zur Arbeit bereitzuhalten, freigestellt ist. Zum Begriff der Pause gehört, dass die Dauer der Arbeitsunterbrechung im Voraus festliegt. Zu welchem Zeitpunkt sie feststehen muss, ob spätestens zu Beginn der täglichen Arbeitszeit oder erst bei Beginn der jeweiligen Pause, ist umstritten (Linnenkohl/Rauschenberg, ArbZG,
2. Aufl., § 4 Rn. 9ff.). Die h.M. geht davon aus, dass die Lage der Pause spätestens zu Beginn der täglichen Arbeit festzustehen hat, da sich der Arbeitnehmer nur so auf die Pause einrichten kann. Unverzichtbar ist jedenfalls, dass bei ihrem Beginn auch die Dauer der Pause bekannt sein muss. Eine Arbeitsunterbrechung, bei deren Beginn der Arbeitnehmer nicht weiß, wie lange sie dauern wird, ist
keine Pause. Der Arbeitnehmer muss sich dann nämlich durchgehend zur Arbeit bereithalten.
Zwischen Arbeitsende und Arbeitsbeginn am folgenden Tag muss eine Ruhezeit (ohne Arbeit oder
Arbeitsbereitschaft) von mindestens elf Stunden liegen (§ 5 Abs. 1 ArbZG).
In bestimmten Betrieben (u.a. Krankenhäuser, Gaststätten, Verkehrsbetriebe, Landwirtschaft) kann
die Ruhezeit um eine Stunde verkürzt werden, wenn innerhalb eines Monats an einem anderen Tag
ein entsprechender Ausgleich durch Verlängerung der Ruhezeit um eine Stunde geschaffen wird (§ 5
Abs. 2 ArbZG).
Für Kraftfahrer und Beifahrer gilt eine Ruhezeit von elf Stunden, es sei denn, europäische Vorschriften lassen kürzere Ruhezeiten zu (vgl. § 5 Abs. 3 ArbZG).
Bereitschaftsdienst ist keine Ruhezeit i.S.d. § 5 ArbZG, sondern Arbeitszeit i.S.d. § 7 ArbZG! (vgl. auch
EuGH vom 03.10.2002 –Rs. C-303/98 –).
1.3.2.5 Lage der Arbeitszeit bei Teilzeitbeschäftigung
Für Teilzeitbeschäftigte gelten die oben genannten Grundsätze uneingeschränkt, auch für sog. geringfügig Beschäftigte „400-Euro-Kräfte“ (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV). Auch hier hat der Betriebsrat nicht
über die Dauer der vereinbarten oder tariflich festgelegten wöchentlichen Arbeitszeit mitzubestimmen.
Umso wichtiger ist bei Teilzeitbeschäftigten die Mitbestimmung der Lage der Arbeitszeit. Es ist davon
auszugehen, dass Arbeitnehmer, die einen Teilzeitarbeitsvertrag schließen, dafür in aller Regel sehr
gute Gründe haben, die meist in ihrer privaten Lebensführung haben. So sind häufige Gründe für die
Eingehung eines Teilzeitarbeitsverhältnisses die Versorgung minderjähriger Kinder, die Führung des
Haushalts oder die Pflege naher Angehöriger. Hier kommt dem Betriebsrat eine besonders hohe soziale Verantwortung bei der Gestaltung der Arbeitszeit dieses Personenkreises zu.
1.3.2.6 Einzelne Anwendungsfälle des Mitbestimmungsrechts:
Aufstellung von Schichtplänen, Dienstplänen (BAG Beschluss vom 23.03.1999 – 1 ABR 33/98),
Einführung von Rufbereitschaft (BAG Beschluss vom 21.12.1982 – 1 ABR 14/81): Bei der Rufbereitschaft befindet sich der Arbeitnehmer an einem von ihm bestimmten Ort, jedoch wäh-
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rend der Bereitschaftszeit für den Arbeitgeber erreichbar und auf Abruf zur Arbeit bereit. An
dem Merkmal der „freien Ortswahl“ fehlt es, wenn der Arbeitgeber zwar nicht den Aufenthaltsort festlegt, aber eine zeitlich kurze Frist, innerhalb derer die Arbeit aufgenommen werden muss. In dem Fall handelt es sich dann entweder um Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst und damit um Arbeitszeit. Die Einführung und die konkrete Ausgestaltung der
Rufbereitschaft (z.B. in der Form eines Rufbereitschaftsplans unterliegt dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG. Dieses Recht kann nicht durch
einzelvertragliche Vereinbarungen zum Arbeitsvertrag ausgeschaltet werden.
Einführung von Bereitschaftsdienst (BAG Beschluss vom 29.02.2000 – 1 ABR 15/99),
Einführung und Ausgestaltung eines rollierenden Arbeitszeitsystems (BAG Beschluss vom
25.07.1989 – 1 ABR 46/88),
Telearbeit,
Einrichtung eines Sonntagsverkaufs (BAG 25.02.1997, AP Nr. 72 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit),
Einführung und Durchführung von Vertrauensarbeitszeit.
Einführung und Ausgestaltung von Arbeitszeitkonten.
1.3.2.7 Flexible Arbeitszeitsysteme
Flexible Arbeitszeitmodelle zielen darauf ab, den Abruf von Arbeitsleistung der Arbeitnehmer den im
Zeitablauf schwankenden Kapazitätsauslastungen weitgehend anzupassen. Damit sollen Beschäftigungsspitzen abgefedert und betriebliche Leerzeiten minimiert werden. Flexible Arbeitszeiten greifen
einerseits sehr stark in die Dispositionsfreiheit der Arbeitnehmer ein, weil sie die Bereitschaft zur
kurzfristigen Arbeitsleistung beinhalten, schaffen andererseits aber auch individuelle Spielräume
durch die Möglichkeit zur Erarbeitung größerer Freizeitkontingente. Die Mitbestimmung des Betriebsrats in Fragen der Arbeitszeitflexibilisierung ergibt sich aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG.
Nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG hat der Betriebsrat über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit
einschließlich der Pausen sowie über die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage
sowie über eine vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit
mitzubestimmen. Soweit durch die Einführung neuer Arbeitszeitmodelle auch Fragen der betrieblichen Lohngestaltung berührt sind, gelten die Mitbestimmungsrechte nach den § 87 Abs. 1 Nr. 10 und
11 BetrVG. Sofern Fragen der betrieblichen Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer berührt
sind (z.B. durch die Einführung von Anwesenheitskontrollen, Betriebsausweisen und Passierscheinen
oder Führen von Stundennachweisen), gilt das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.
Darüber hinaus hat der Betriebsrat im Rahmen seiner allgemeinen Aufgaben nach § 80 BetrVG darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden. Zu denken ist
in diesem Zusammenhang insbesondere an die einschlägigen Regelungen des Arbeitszeitgesetzes
sowie tarifvertragliche Regelungen zur Arbeitszeit. Flexible Arbeitszeitmodelle tangieren im Regelfall
also mehrere Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gleichzeitig
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1.3.3 Vorübergehende Verkürzung und Verlängerung der betriebsüblichen
Arbeitszeit (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG)
1.3.3.1 Allgemeines
Das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG regelt einen Unterfall des § 87 Abs. 1 Nr. 2
BetrVG, nämlich die vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit. Auch hier steht dem Betriebsrat ein Initiativrecht zu, er ist also nicht darauf beschränkt, auf die
vom Arbeitgeber beantragten Maßnahmen zu reagieren, er kann auch selbst Regelungsvorschläge
machen und ggf. im Einigungsstellenverfahren durchsetzen.
Verkürzung bedeutet dabei Kurzarbeit. Verlängerung bedeutet Überstunden.
Für den Bestand des Mitbestimmungsrechts ist es unerheblich, ob sich die Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit auf die Vergütung auswirkt oder ob sich der Stand der eventuell vorhandenen Überstunden dadurch ändert (BAG Beschluss vom 01.07.2003 – 1 ABR 22/02).
Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts ist die gerechte Verteilung der mit einer vorübergehenden Verlängerung oder Verkürzung der Arbeitszeit einhergehenden Vor- und Nachteile (BAG Beschluss vom 01.07.2003 – 1 ABR 22/02). Insbesondere sollen auch die mit einer Verlängerung der
Arbeitszeit verbundenen gesundheitlichen Belastungen zur Vermeidung der Überlastung einzelner
Arbeitnehmer möglichst gleichmäßig verteilt werden.
Die betriebsübliche Arbeitszeit ist die im Betrieb regelmäßig geleistete Arbeitszeit (BAG Beschluss
vom 24.04.2007 – 1 ABR 47/06). Sie ist oft arbeitsvertraglich festgelegt oder idealer Weise durch
Betriebsvereinbarung (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG) geregelt.
Das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG setzt eine vorübergehende Änderung der
betriebsüblichen Arbeitszeit voraus, also einen Zustand von nur begrenzter Dauer und für einen
überschaubaren Zeitraum (BAG Beschluss vom 27.01.1998 – 1 ABR 35/97). Ansonsten würde es sich
um einer Änderung der normalen Arbeitszeit handeln, die allerdings gem. § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG
mitbestimmungspflichtig ist.
Das Mitbestimmungsrecht auch hier setzt stets einen kollektiven Tatbestand voraus. Ein solcher
kollektiver Tatbestand liegt vor, wenn die Arbeitszeit aus betrieblichen Gründen vorübergehend verändert werden soll und Regelungsfragen auftreten, die die kollektiven Interessen der Arbeitnehmer
betreffen. Das ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn die vorübergehende Veränderung der Arbeitszeit ausschließlich in persönlichen Umständen eines einzelnen Arbeitnehmer begründet ist (ein Arbeitnehmer bittet z. B. wegen eines dringenden Termins, ausnahmsweise 1 Stunde eher nach Hause
gehen zu dürfen). Auf die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer kommt es dabei nicht an. Die Zahl der
betroffenen Arbeitnehmer ist allenfalls ein Indiz für das Vorliegen eines kollektiven Tatbestandes
(BAG Beschluss vom 16.07.1991 - 1 ABR 69/90).
Wenn beispielsweise der Arbeitgeber die Arbeitszeit für einen oder mehrere Arbeitnehmer aus dringenden nicht vorhersehbaren betrieblichen Gründen ändern will (z. B. wegen des unvorhergesehenen Be – oder Entladens eines Lkw nach Arbeitsschluss) handelt es sich hier um einen kollektiven
Tatbestand. Dieser ist allein schon aufgrund der Betriebsbezogenheit gegeben. Hier ist für den Betriebsrat zumindest die Frage zu regeln, welche Arbeitnehmer ggf. zur Verrichtung der Überstunde
herangezogen werden.
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Die Dringlichkeit der Maßnahme hat dabei keinen Einfluss auf den kollektiven Tatbestand und auch
nicht auf das Mitbestimmungsrecht insgesamt. Arbeitgeber und Betriebsrat können Eilfälle im Voraus
regeln (der Arbeitgeber kann Überstunden „auf Vorrat“ beantragen, es können Rahmenregelungen
geschaffen werden etc.). Nur in Notfällen (Brand, Überschwemmungen, Explosionsgefahr, Naturkatastrophen) kann der Arbeitgeber einseitig Überstunden anordnen. Er muss dann jedoch unverzüglich
die Zustimmung des Betriebsrates nachholen (BAG Beschluss vom 17.11.1998 - 1 ABR 12/98).
Auch teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer haben eine betriebsübliche Arbeitszeit. Nämlich diejenige
Arbeitszeit, die entweder arbeitsvertraglich, durch Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag oder
durch tatsächliche betriebliche Übung für diese gilt. Die vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung dieser betriebsüblichen Arbeitszeit unterliegt dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach
§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG (BAG 23.07.1996 – 1 ABR 13/96). Insbesondere bei der vorübergehenden
Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit (Überstunden) muss der Betriebsrat bedenken, dass in
den meisten Fällen die Teilzeitbeschäftigten für die Wahl eines Teilzeitbeschäftigungsverhältnisses
gute Gründe haben und auf eine bestimmte Lage der Arbeitszeit meist aus familiären Gründen angewiesen sind. Aus diesem Grund sollte der Betriebsrat insbesondere bei der Anordnung von Überstunden für Teilzeitbeschäftigte für diese Frage eine besondere Sensibilität zeigen.
Das Mitbestimmungsrecht kann entweder in Form einer Betriebsvereinbarung oder durch Regelungsabrede ausgeübt werden. Für die Durchführung von Kurzarbeit ist eine Betriebsvereinbarung
deshalb zwingend erforderlich, weil sonst der Inhalt der Arbeitsverhältnisse nicht normativ, also
zwingend, gestaltet wird (BAG Urteil vom 14.02.1991 2 AZR 415/90) und bei Fehlen einer tarifvertraglichen oder einzelarbeitsvertraglichen Rechtsgrundlage für die Einführung von Kurzarbeit die
Arbeitnehmer ansonsten nicht verpflichtet wären, der Anordnung von Kurzarbeit Folge zu leisten.
1.3.3.2 Kurzarbeit
Im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne ist Kurzarbeit die vorübergehende Herabsetzung der betriebsüblichen Arbeitszeit. Wie diese Herabsetzung erfolgt, ist unerheblich. Das Mitbestimmungsrecht erstreckt sich hier auf die Frage, ob und ggf. in welchem Umfang Kurzarbeit eingeführt werden
soll und wie sich die geänderte Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage verteilt.
Will der Arbeitgeber die Arbeitszeit und damit das Arbeitsentgelt durch Einführung von Kurzarbeit
kürzen, so ist er hierzu nicht kraft seines Direktionsrechts berechtigt; vielmehr bedarf es hierzu einer
besonderen Rechtsgrundlage. In Betracht kommt hierfür eine einzelvertragliche Vereinbarung, eine
tarifvertragliche Ermächtigung oder eine Betriebsvereinbarung.
Fehlt es an einer besonderen vertraglichen oder kollektivrechtlichen Ermächtigung zur Einführung
von Kurzarbeit, ist der Arbeitgeber gehalten, eine Änderungskündigung gegenüber den betroffenen
Arbeitnehmern auszusprechen, wenn er Kurzarbeit einführen will. Es gelten dann die Regelungen des
Kündigungsrechts.
Kommt eine wirksame Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über die Einführung und Ausgestaltung der Kurzarbeit zustande, werden die Arbeitsverhältnisse der betroffenen
Beschäftigten infolge der unmittelbaren Wirkung der Betriebsvereinbarung für die Dauer des vereinbarten Kurzarbeitszeitraums umgestaltet, allerdings erst nach Ablauf ggf. geltender tariflicher Ankündigungsfristen. Dies bedeutet, dass sich die Arbeitsverpflichtung um die Zahl der ausgefallenen
Stunden reduziert. Gleichzeitig entfallen in entsprechendem Umfang die Arbeitsentgeltansprüche
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gegen den Arbeitgeber. An ihre Stelle treten die Kurzarbeitergeldleistungen der Agentur für Arbeit,
die vom Arbeitgeber auszuzahlen sind.
Verweigert die Agentur für Arbeit die Gewährung von Kurzarbeitergeld oder widerruft sie den Bewilligungsbescheid, ist der Arbeitgeber zur Zahlung in Höhe des Kurzarbeitergelds verpflichtet.
Stimmt der Betriebsrat der Kurzarbeit nicht zu, dann behalten die Beschäftigten ihren vollen Arbeitsentgeltanspruch gegen den Arbeitgeber, solange die Einigungsstelle die fehlende Zustimmung des
Betriebsrats nicht ersetzt hat. Dies gilt auch dann, wenn faktisch nicht gearbeitet wird. Zur Einhaltung
ihrer Arbeitsentgeltansprüche müssen die Arbeitnehmer allerdings ihre Arbeitskraft anbieten und auf
diese Weise den Arbeitgeber in Annahmeverzug setzen (vgl. § 615 BGB).
1.3.3.3 Überstunden
Eine Überstunde ist diejenige Arbeitszeit, die über die nach dem Tarifvertrag oder dem Einzelarbeitsvertrag geschuldete Arbeitszeit hinaus zu leisten ist.
Sofern die regelmäßige Arbeitszeit in Dienstplänen festgelegt wird, handelt es sich bei geringfügigen
Überschreitungen noch nicht um die Anordnung von Überstunden (BAG Beschluss vom 23.03.1999 –
1 ABR 33/98). Sofern in einem variablen Arbeitszeitsystem gearbeitet wird, liegt eine Überstunde
dann vor, wenn der für die regelmäßige Arbeit geschuldete Arbeitszeitrahmen überschritten wird.
Das Arbeitszeitgesetz spricht in diesem Zusammenhang von Mehrarbeit, die über die gesetzlich zulässig regelmäßige Arbeitszeit hinausgeht.
Der Arbeitgeber kann von einem Arbeitnehmer die Leistung von Überstunden verlangen, wenn hierzu ein Rechtsgrund besteht. Ein solcher kann in einer entsprechenden Vereinbarung im Arbeitsvertrag liegen, er kann in einer tariflichen Regelung bestehen oder aber auch in einer Betriebsvereinbarung oder er kann sich letztlich aus einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht (Treu und Glauben § 242
BGB) ergeben.
Zusätzlich zu diesen Voraussetzungen hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht, welches sich auf
die Frage erstreckt, ob und in welchem Umfang Überstunden zu leisten sind und welche Arbeitnehmer von der Überstundenanordnung betroffen sind.
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht nicht nur dann, wenn der Arbeitgeber ausdrücklich die Überstunden anordnet. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats erstreckt sich ausdrücklich auch darauf, dass Arbeitnehmer von sich aus „freiwillig“ Überstunden leisten (BAG Beschluss
vom 16.07.1991 – 1 ABR 69/90).
1.3.4 Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte (§ 87 Abs. 1 Nr. 4
BetrVG)
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in Arbeitsentgeltfragen ist im Grundsatz in § 87 Abs. 1 Nr.
10 BetrVG geregelt. Dagegen betrifft § 87 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG lediglich einen kleinen Ausschnitt der
Arbeitsentgeltfrage. Mitbestimmungspflichtig nach § 87 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG sind die Umstände der
Auszahlung der Arbeitsentgelte. Es geht also nicht um die Höhe der jeweils zu zahlenden Vergütung,
sondern um die Begleitumstände ihrer Auszahlung.
Arbeitsentgelt im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG ist nicht nur die in Geld zu zahlende Vergütung
für die geleistete Arbeit (z. B. Gehalt, Lohn, Provisionen, Zulagen, Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld etc.
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sowie Reisekosten, Spesen, Auslösungen etc. sowie Lohnvorschüsse). Darüber hinaus zählen zum
Arbeitsentgelt im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG auch Sachleistungen des Arbeitgebers mit Entgeltcharakter (z. B. Deputate, Haustrunk etc.).
Der Betriebsrat hat bei der Festlegung der Lohnauszahlungsperiode mitzubestimmen, nämlich etwa,
ob der Lohn monatlich, wöchentlich oder in einem anderen Rhythmus auszuzahlen ist. Dabei ist die
Festlegung der Lohnauszahlungsperiode nicht zu verwechseln mit der Frage, nach welchen Grundsätzen der Lohn bemessen wird (Monatslohn, Wochenlohn, Stundenlohn etc.). Diese Frage unterliegt
allerdings –soweit tarifliche Regelungen nicht bestehen sollten- der Mitbestimmung des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.
Der Betriebsrat bestimmt auch über den Zahlungszeitpunkt mit, also an welchem Tag oder um welche Stunde die Entgeltzahlung erfolgt.
Darüber hinaus unterliegt der Ort der Zahlung der Mitbestimmung des Betriebsrates. Diese Frage ist
allerdings mittlerweile nicht mehr praxisrelevant, da üblicherweise der Lohn nicht mehr in bar, sondern durch Banküberweisung gezahlt wird.
Wesentlich praxisrelevanter ist allerdings, dass der Betriebsrat auch über die Art der Entgeltzahlung
mitzubestimmen hat, nämlich darüber, ob die Auszahlung in bar oder bargeldlos durch Banküberweisung erfolgt. In diesem Zusammenhang gehört es auch zum Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates
für einen Ausgleich dafür zu sorgen, dass durch die bargeldlose Zahlung dem Arbeitnehmer Kosten
entstehen können (z. B. Kontoführungsgebühren) und der Arbeitnehmer Zeit aufwenden muss, um
an sein Arbeitsentgelt zu gelangen (der Arbeitgeber muss z. B. das Geld bei der Bank abholen). Hierbei können dem Arbeitnehmer zusätzliche Wegekosten anfallen. Bei der Festlegung eines angemessenen Ausgleichs hierfür hat der Betriebsrat mitzubestimmen und er hat ein Initiativrecht (BAG Beschluss vom 10.08.1993 – 1 ABR 21/93). Dabei ist es zulässig, dass diese Aufwendungen im Rahmen
einer Betriebsvereinbarung pauschaliert werden (BAG Beschluss vom 05.03.1991 – 1 ABR 41/90).
1.3.5 Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans
sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne
Arbeitnehmer (§ 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG)
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in Urlaubsangelegenheiten ergibt sich aus § 87 Abs. 1 Nr.
5 BetrVG. Hierunter fällt nicht nur der Erholungsurlaub, sondern jede Art von Urlaub auch unbezahlter Urlaub und Bildungsurlaub.
So kann z.B. Streit bestehen, welcher von zwei Arbeitnehmern, die beide unbezahlte Freistellung
wünschen, diese in Anspruch nehmen können, wenn einer im Betrieb verbleiben muss. Darüber hinaus kann auch ein Anspruch des einzelnen Arbeitnehmers durch die betriebliche Praxis, z.B. aufgrund
des Gleichheitsbehandlungsgrundsatzes entstehen. (DKK-Klebe, § 87 Rn. 111; ArbG Frankfurt Beschluss vom 28.4.1988 – 5 BV 7/88).
§ 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG begründet ein Mitbestimmungsrecht auch für die Fälle, in denen bezüglich
der zeitlichen Lage des Urlaubs (hier: Bildungsurlaub) zwischen einzelnen Arbeitnehmern und dem
Arbeitgeber keine Einigung erzielt wird gegeben (ArbG Frankfurt Beschluss vom 28.4.1988 – 5 BV
7/88).
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Wenn das Gesetz den Plural beim Wort „Arbeitnehmer“ verwendet, so trägt es dem Umstand Rechnung, dass Konflikte bei der Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs auch zwischen Arbeitnehmern – ohne Beteiligung des Arbeitgebers – entstehen können. Sowohl in dem einen wie auch in
dem anderen Fall ist der das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates auslösende kollektive Bezug
gegeben (ArbG Frankfurt Beschluss vom 28.4.1988 – 5 BV 7/88).
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist hier aufgrund der ausdrücklichen Regelung des § 87
Abs. 1 Nr. 5 BetrVG auch dann gegeben, wenn sich in einem Einzelfall ein Arbeitnehmer nicht mit
dem Arbeitgeber oder anderen beteiligten Arbeitnehmern über die Lage des Urlaubs einigen kann.
Zur mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit gehört die Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze. Zu den allgemeinen Urlaubsgrundsätzen gehört nicht nur die Verteilung des Urlaubs auf das Kalenderjahr, sondern z.B. auch der Vorrang der zeitlichen Lage des Urlaubs bei Arbeitnehmern mit
schulpflichtigen Kindern während der Ferien, Rücksichtnahme bei der Urlaubsplanung bei Arbeitnehmern mit berufstätigen Partner/innen, Verteilungsgrundsätze auf so genannte günstigere oder
ungünstigere Monate, der Teilbarkeit des Urlaubs nach dem Bundesurlaubsgesetz bzw. nach den
tariflichen Bestimmungen und der Schließung des Betriebs oder von Betriebsabteilungen durch Betriebsferien.
Auch der Urlaubsplan, der eine Ergänzung der Urlaubsgrundsätze darstellt und die Verteilung des
konkreten Urlaubs der einzelnen Arbeitnehmer des Betriebs auf das Kalenderjahr festlegt, unterliegt
der Mitbestimmung des Betriebsrats. Hierzu gehört auch die Vertretungsregelung der einzelnen Arbeitnehmer/innen. In derartigen Fällen kann sich auch ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats
nach § 99 BetrVG bei Versetzungen ergeben.
Trotz Urlaubsplan können sich bei der endgültigen zeitlichen Urlaubsnahme Änderungen ergeben.
Hierfür können dringende betriebliche Belange, wie aber auch Wünsche der einzelnen Arbeitnehmer
die Ursache sein. Werden allerdings weder durch den Betriebsrat, den/die einzelne/n Arbeitnehmer/in oder den Arbeitgeber nicht in angemessener Zeit vor dem geplanten Urlaub Änderungen gewünscht, gilt der Urlaub als genehmigt.
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht auch in Einzelfällen, wenn nämlich ein Arbeitnehmer sich mit dem Arbeitgeber nicht auf die Gewährung von Urlaub einigen kann.
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ergibt sich unabhängig von den mitbestimmungspflichtigen Urlaubsgrundsätzen und dem Urlaubsplan bei den einzelnen Arbeitnehmer/innen, wenn zwischen den einzelnen Arbeitnehmer/innen, und dem Arbeitgeber kein Einverständnis erzielt wird.
Arbeitgeber und Betriebsrat haben in diesem Falle die Grundsätze des § 7 Abs. 1 BUrlG zu beachten.
Das heißt, die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers sind zu berücksichtigen. Da § 7 BUrlG aussagt,
dass die Urlaubswünsche nur dann unberücksichtigt bleiben können, wenn diesen dringende betriebliche Belange entgegenstehen oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer/innen entgegenstehen,
die aus sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, ist der Urlaubswunsch des/der einzelnen
Arbeitnehmers/in vorrangig vor „normalen“ betrieblichen Belangen anzusehen. Anhaltende gleichmäßig hohe Auslastung der Arbeit kann kein dringendes betriebliches Bedürfnis sein.
Einigen sich auch Arbeitgeber und Betriebsrat nicht, so entscheidet die Einigungsstelle nach § 87 Abs.
2 BetrVG. Auch für die Einigungsstelle gelten die in § 7 Abs. 1 Bundesurlaubsgesetz genannten
Grundsätze.: Die Urlaubswünsche des betroffenen Arbeitnehmers, aber auch die aus sozialen Grün-
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den berechtigten konkurrierenden Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer und dringende betriebliche Erfordernisse sind nach billigem Ermessen gegeneinander abzuwägen.
1.3.6 Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu
bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu
überwachen (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG)
Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG steht dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung
und Anwendung von technischen Überwachungseinrichtungen zu, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen.
Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ist es,
Eingriffe in den Persönlichkeitsbereich der Arbeitnehmer durch Verwendung anonymer technischer Kontrolleinrichtungen nur bei gleichberechtigter Mitbestimmung des Betriebsrats zuzulassen. Den Gefahren einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts und des Rechts der Arbeitnehmer auf
freie Entfaltung dieser Persönlichkeit (§ 75 BetrVG), die von technischen Überwachungseinrichtungen ausgehen können, soll durch eine mitbestimmte Regelung über die Einführung und nähere Nutzung solcher Einrichtungen begegnet werden. Dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats kommt
daher eine Abwehrfunktion gegenüber der Einführung solcher technischer Kontrolleinrichtungen zu,
deren Einführung als solche nicht verboten ist und deren Anwendung unter Berücksichtigung der
Interessen der Arbeitnehmer auch sinnvoll und geboten sein kann (BAG Beschluss vom 28.11.1989 –
1 ABR 97/88).
Bei Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer ist stets der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Die Maßnahmen des Arbeitgebers müssen also stets geeignet, erforderlich
und angemessen sein. Letzteres ist in einer umfassenden Güterabwägung zu prüfen. Dabei ist zu
beachten, dass dem Persönlichkeitsschutz des Arbeitnehmer ein gewisser Vorrang gegenüber bloß
betrieblichen Interessen zukommt: Das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ergänzt
die allgemeine Pflicht der Betriebsparteien zum Schutz der Persönlichkeitsrechte nach § 75 Abs. 2
BetrVG, beide Rechtsnormen sollten daher gemeinsam betrachtet werden. Der § 75 Abs. 2 BetrVG
hebt die besondere Bedeutung des Persönlichkeitsschutzes in der Betriebsverfassung besonders
hervor, was dadurch deutlich wird, dass der Persönlichkeitsschutz auch in der allgemeineren Regelung des § 75 Abs. 1 BetrVG enthalten ist, das der auch verfassungsrechtlich garantierte Persönlichkeitsschutz schon von den Grundsätzen von Recht und Billigkeit erfasst ist. Die besondere Betonung
des Persönlichkeitsschutzes nach § 75 Abs. 2 BetrVG lässt daher nur den Schluss zu, dass der Gesetzgeber die besondere Wichtigkeit und Bedeutung der Wahrung und Förderung der Arbeitnehmerpersönlichkeitsrechte hervorheben wollte. Daher ist es sachgerecht, gerade im besonders sensiblen Bereich der technischen Arbeitnehmerüberwachung, aus der wegen ihrer schier uferlos sich bietenden
Möglichkeiten des Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte, dem Schutzzweck des Persönlichkeitsrechts
Vorrang vor rein betrieblichen Interessen einzuräumen. Daher ist bei mehreren geeigneten Mitteln
zur Erreichung des vom Arbeitgeber angestrebten Zwecks stets dasjenige zu wählen, welches die
Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer am besten schützt (BAG Beschluss vom 29.06.2004 – 1 ABR
21/03).
Mitbestimmungspflichtig ist sowohl die Einführung, als auch die Anwendung technischer Überwachungseinrichtung. Daher kann der Betriebsrat auch mitbestimmen, wenn die technische Überwachungseinrichtung bereits im Betrieb besteht.
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An den Begriff der technischen Einrichtung sind keine allzu strengen Anforderungen zu stellen. Hierzu führe man sich vor Augen, dass bei Einführung des Gesetzes 1972 noch Multimomentkameras und
Produktographen der modernste Stand der Technik der technischen Arbeitnehmerüberwachung war.
Dass einmal RFID-Chips unauffällig in die Arbeitskleidung von Arbeitnehmern eingenäht werden würden, um so komplette Bewegungsprofile von Arbeitnehmern im Betrieb erstellen zu können, wäre
aus damaliger Sicht gewiss „Science-Fiction“ gewesen. Der Begriff der technischen Einrichtung ist
daher weit auszulegen. Darunter fällte jede optische, mechanische, akustische oder elektronische
Einrichtung (Hard- und Software).
Damit sind alle Arbeitnehmerüberwachungen jedenfalls nicht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG mitbestimmungspflichtig, bei denen die Überwachung und Weiterverarbeitung der erhobenen Daten nicht
durch technische Einrichtungen, sondern durch Menschen erfolgt (z.B. die direkte Beobachtung
durch Vorgesetzte, Detektive etc.; ArbG Ulm Beschluss vom 08.02.2007 – 1 BV 7/06).
Unter technischer Überwachung versteht das BAG einen Vorgang der sich in drei Phasen vollzieht:
1. In der Erhebungsphase werden Daten oder Informationen über das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern erhoben. Auf die Art und Weise der Erhebung kommt es nicht an.
Die direkte Beobachtung mittels Videokamera stellt genauso eine technische Überwachung
dar, wie die mittelbare Erhebung von Daten durch eine Stechuhr oder eine EDV-Anlage.
2. In der Verarbeitungsphase werden die erhobenen Daten gespeichert, geordnet und zueinander oder mit anderen Daten in Bezug gesetzt (Beispiel: Videodaten werden gespeichert und
mit den Daten der Arbeitszeiterfassungsanlage abgeglichen).
3. In der Auswertungsphase werden die erhobenen und ggf, weiterverarbeiteten Daten schließlich ausgewertet, also von einem Menschen sinnlich wahrgenommen und bewertet (Beispiel:
die gespeicherten Überwachungsvideos werden angesehen und ausgewertet). Dazu hat das
BAG ausgeführt: „…Der Senat hat bisher den Begriff der Überwachung in § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG nicht abschließend definiert. Er hat in den Entscheidungen vom 14. Mai 1974 (- 1 ABR
45/73 - AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung) und vom 9. September 1975 (- 1 ABR
20/74 - BAG 27, 256 = AP Nr. 2 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung) von der "Auswertung"
der durch die Überwachung gewonnenen Daten gesprochen, Überwachung also in der Ermittlung von Verhaltens- und Leistungsdaten gesehen, in der Entscheidung vom 10. Juli 1979
(- 1 ABR 50/78 - AP Nr. 3 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung) eine Überwachungseignung
auch angenommen, wenn die Aufzeichnung und die Auswertung des Kontrollergebnisses
zeitlich versetzt erfolge. Damit hat er die Auswertung zur Überwachung gerechnet…“ (BAG
Beschluss vom 14.09.1984 – 1 ABR 23/82).
Für das Entstehen des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats genügt es schon, wenn die technische
Überwachungseinrichtung in einer der drei Phasen zum Einsatz kommt.
Entgegen dem Wortlaut des Gesetzes „die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der
Arbeitnehmer zu überwachen“, lässt die Rechtsprechung des BAG es genügen, dass die technischen
Einrichtungen objektiv zur Überwachung geeignet sind. Ausreichend aber auch erforderlich ist, dass
die technische Einrichtung Funktionen enthält, die sich zur Arbeitnehmerüberwachung eignen. Ob
diese Funktionen auch tatsächlich genutzt werden, ist für das Mitbestimmungsrecht unerheblich, es
genügt, dass die Funktionen vorhanden sind (BAG Beschluss vom 23.04.1985 – 1 ABR 39/81 –; ArbG
Kaiserslautern Beschluss vom 27.08.2008 – 1 BVGa 5/08).
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Einzelfälle: Als zur Arbeitnehmerüberwachung geeignete technische Einrichtungen kommen daher
z.B. in Betracht:
Fingerprint-Scanner-Systeme und andere biometrische Zugangskontrollen (BAG 21.01.2004, AP Nr.
40 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung), Videoanlagen (BAG 27.03.2003, AP Nr. 36 zu § 87 BetrVG
Überwachung), halb durchsichtige Spiegel (BAG 15.05.1991, AP Nr. 23 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht), Einsatz von Mikrophonen („Wanzen“), Abhören und Aufzeichnung von Telefongesprächen,
Arbeitszeiterfassungsgeräte, RFID-Systeme, Fotokopiergeräte mit persönlicher Code-Nr. (OVG
Münster, CR 1993, 375), Fahrtenschreiber (soweit nicht gesetzlich vorgeschrieben; BAG 10.07.1979
AP Nr. 3 zu § 87 BetrVG Überwachung), Satellitengestüzte Ortungssysteme (GPS-Systeme; ArbG
Kaiserslautern Beschluss vom 27.08.2008 – 1 BVGa 5/08), automatische Erfassung von Telefondaten
und –gebühren (BAG 27.05.1986, AP Nr. 15 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung), Einführung und
Anwendung von EDV-Systemen, das Produktpaket Microsoft-Office (dieses enthält im Programm
„Outlook“ ein einfaches Log-Filesystem, welches den Bearbeitungszeitpunkt und die Bearbeitungsdauer von Dateien aufzeichnen kann, die sog. „Journal-Funktion“; vgl. Preis, Kollektivarbeitsrecht, 1.
Aufl., S. 606), Personalabrechnungs- und Personalinformationssyteme (z.B. „Paisy“, „AiSAS“, „SAP
R/3“), Workflow-Managementsysteme, Einsatz von Keylogger-Programmen (EDV-Programme, die
die Benutzung von Personalcomputern aufzeichnen, z.B. das auch in einer netzwerkfähigen Variante
erhältliche Programm „KGB“; um sich einmal einen Überblick über solche Programme zu verschaffen,
genügt es in einer Internetsuchmaschine nach „Keylogger-Programmen“ zu suchen), ServerBetriebssysteme, sie bieten in aller Regel schon in der Grundkonfiguration umfangreiche Log-FileFunktionen mit, die durchaus zur Überwachung von Arbeitnehmern geeignet sind, ISDNNebenstellenanlagen, weil mit diesen vielfältige Möglichkeiten der Überwachung bestehen (z.B.
Rufumleitung, Aufschaltung auf Telefonate, Mithören, Rufheranholung, Telefondatenerfassung etc.),
Einzelverbindungsnachweise des Telefondienstleisters (z.B. Telekom etc.; ArbG Kaiserslautern Beschlus vom 07.03.2007 – 8 BV 3/07), daher sind auch Mobiltelefone i.d.R. mitbestimmungspflichtig
(ArbG Kaiserslautern Beschluss vom 11.10.2007 – 8 BV 52/07), dies gilt insbesondere für sog. „Blackberry“-Systeme und andere Systeme mit sog. „Pushmail“-Technologie, bei der E-Mail-Nachrichten
sofort – in Echtzeit – ohne besondere Einwahl ins Firmennetzwerk auf das Mobiltelefon weitergeleitet werden. Hier kann sich der Arbeitnehmer genötigt fühlen (oder entsprechend angewiesen sein),
eingehende Anfragen sofort und letztlich rund um die Uhr zu bearbeiten, so dass ein erheblicher
(Überwachungs-)Druck auf den Arbeitnehmer entstehen kann.
Bei Mobiltelefonen ist zu beachten, dass sog. „Location Based Services“, die eine Ortung des Mobiltelefons zulassen immer weiter auf dem Vormarsch sind. Technisch ist es schon längst möglich, ein
Mobiltelefon weltweit zu orten, selbst dann wenn in die Geräte kein GPS-Modul eingebaut ist. Die
Erstellung von Bewegungsprofilen von Arbeitnehmern ist technisch sowohl über die Location Based
Services möglich, als auch über ggf. in das Mobiltelefon eingebaute GPS-Module.
Der Internetanschluss löst das Mitbestimmungsrecht zumindest dann aus, wenn z.B. über einen
Proxy-Server die aufgerufenen Web-Inhalte einem bestimmten Nutzer zugeordnet werden können.
Das Gleiche gilt aus diesem Grund für Intranetsysteme und E-Mail-Systeme.
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1.3.7 Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften (§ 87
Abs. 1 Nr. 7 BetrVG)
Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG) ist es, die
betriebliche Umsetzung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes so effizient wie möglich zu gestalten. Hierzu ist der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG in die betriebliche Umsetzung mit einzubinden. Der Betriebsrat hat hier ein volles Mitbestimmungsrecht und Initiativrecht. Mit dem Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG hat der Betriebsrat also eine zentrale Aufgabe im Bereich des innerbetrieblichen Arbeitsschutzes.
Das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG setzt stets voraus, dass eine Arbeitsschutzvorschrift besteht, die durch eine betriebliche Regelung konkretisiert und ausgefüllt werden soll,
die also nicht bereits aus sich heraus abschließend ist. Außerhalb dieses gesetzlich vorgegebenen
Rahmens können nur freiwillige Betriebsvereinbarungen abgeschlossen werden (§ 88 Nr. 1 BetrVG).
Im Zusammenspiel mit den Vorschriften §§ 88 Nr. 1, 89, 90, 91 BetrVG bietet sich hier für den Betriebsrat ein ganzes Geflecht von Möglichkeiten, für Humanisierung, Gesundheitsschutz und Arbeitsschutz innerhalb des Betriebs tätig zu werden.
Während bei der autonomen Arbeitsgestaltung der Arbeitgeber als Unternehmer über Investitionen
und deren Ausgestaltung letztlich frei entscheidet, unterliegt er im Bereich des gesetzlichen Arbeitsschutzes – ebenso wie die betroffenen Arbeitnehmer – dem öffentlichen Recht. In diesem Rechtsbereich ist der Arbeitgeber nicht Vertragspartner, sondern den Regeln der staatlichen Gewalt unterworfen.
Den Kern des gesetzlichen Arbeitsschutzes bilden gesetzliche Vorschriften, Verordnungen und Unfallverhütungsvorschriften, die den Zweck verfolgen, die Gesundheit der Arbeitnehmer bei der Verrichtung ihrer Tätigkeit zu schützen. Eine Reihe anderer Gesetze, wie z.B. das Arbeitssicherheitsgesetz, regeln die Funktion der Fachkräfte für Arbeitssicherheit, der Betriebsärzte sowie deren Zusammenarbeit mit den in diesen Verantwortungsbereich eingebundenen Funktionsträgern im Betrieb.
§ 87 Abs. 1Nr. 1 BetrVG unterstellt die gesamte Gestaltung des Zusammenlebens der Arbeitnehmer
im Betrieb der Mitbestimmung des Betriebsrats. Dieses Zusammenleben wird aber nicht nur gestaltet durch eine betriebliche Ordnung im Sinne eines Komplexes verbindlicher Verhaltensregeln, sondern auch durch alle sonstigen Maßnahmen, durch die das Verhalten der Arbeitnehmer in Bezug auf
diese betriebliche Ordnung berührt und beeinflusst wird. Nur so wird dem Zweck des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats Genüge getan, den Arbeitnehmern eine gleichberechtigte Teilhabe an
der Gestaltung des betrieblichen Zusammenlebens zu gewähren.
§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG stellt keine erschöpfende und abschließende Regelung des erzwingbaren
Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats in Angelegenheiten des Gesundheitsschutzes und der Unfallverhütung dar. Das BAG hat schon in seiner Entscheidung vom 9.12.1980 (AP Nr. 5 zu § 87 BetrVG
1972 Lohngestaltung) ausgesprochen, dass aus dem Vorhandensein einer Spezialregelung – hier der
Nr. 7 – nicht zwingend hergeleitet werden könne, dass eine vom Wortlaut her umfassendere Regelung – hier der Nr. 1 – nur eine begrenzte Reichweite habe. Dass der Betriebsrat bei Regelungen über
die Verhütung von Arbeitsunfällen und über den Gesundheitsschutz mitzubestimmen hat, besagt
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daher für sich allein noch nicht, dass solche Maßnahmen nicht auch die Ordnung des Betriebs und
des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb i.S.v. Nr. 1 sein können.
§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG gewährt dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Aufstellung
derjenigen Regelungen, die der Arbeitgeber aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften des gesetzlichen Arbeitsschutzes zur Verhütung von Arbeitsunfällen und zur Förderung des Gesundheitsschutzes
zu treffen hat. Es geht darum, den Regelungsspielraum auszufüllen, den Vorschriften des öffentlichrechtlichen Arbeitsschutzes dem Arbeitgeber belassen. Solche Regelungen im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften der Unfallverhütungsvorschriften können Teil der Ordnung des Betriebs i.S.v. § 87
Abs. 1 Nr. 1 BetrVG sein, soweit sie dem Arbeitsschutz dienende Verhaltenspflichten der Arbeitnehmer begründen. Soweit es um die Schaffung dieses Teils der Ordnung des Betriebs geht, geht das
Mitbestimmungsrecht nach Nr. 7 dem Mitbestimmungsrecht nach Nr. 1 vor. Der Betriebsrat kann
eine dem Arbeitsschutz dienende Ordnung des Betriebs nur insoweit verlangen, als diese im Rahmen
der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften bleibt. Nur insoweit trifft es zu,
dass § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG einen Rückgriff auf Nr. 1 ausschließt.
Daraus folgt jedoch nicht, dass auch sonstige Maßnahmen, die das Verhalten der Arbeitnehmer in
Bezug auf diese betriebliche Ordnung berühren, mitbestimmungsfrei sind, sofern sie auch dem Arbeitsschutz im Betrieb dienen. Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und über den
Gesundheitsschutz unterliegen der erzwingbaren Mitbestimmung auch dann, wenn sie die Ordnung
des Betriebs und das Verhalten der Arbeitnehmer nicht berühren, mögen sie auch nur im Rahmen
öffentlich-rechtlicher Arbeitsschutzvorschriften zulässig sein. Diese Konkretisierung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei der Schaffung von Regelungen zur Verhütung von Arbeitsunfällen
und über den Gesundheitsschutz besagt aber nichts darüber, dass nunmehr Fragen des Verhaltens
der Arbeitnehmer in Bezug auf die betriebliche Ordnung nur deswegen mitbestimmungsfrei bleiben
müssten, weil sie mittelbar auch dem Arbeitsschutz dienen. Angesichts der zentralen Bedeutung, die
§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG der Regelung des betrieblichen Zusammenlebens beimisst, rechtfertigt
nichts die Annahme, dass alle Fragen eines sicherheitskonformen Verhaltens der Arbeitnehmer im
Betrieb durch § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG der Mitbestimmung des Betriebsrats entzogen werden sollten.
1.3.7.1 Arbeitsunfall, Berufskrankheiten und Gesundheitsschutz
§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG gibt dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Schaffung von Regelungen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten, sowie über den Gesundheitsschutz.
1.3.7.1.1 Begriffsdefinitionen und Umfang des Mitbestimmungsrechts
Der Begriff des Arbeitsunfalls ist gesetzlich definiert: Nach § 8 Abs. 1 SGB VII ist unter einem Arbeitsunfall jedes von außen auf den Körper einwirkende vorübergehende Ereignis zu verstehen, das der
Versicherte (= Arbeitnehmer) im Rahmen der versicherten Tätigkeit (§ § 2, 3 SGB VI, § 6 SGB VI) erleidet und das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt.
Eine Berufskrankheit im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG liegt nach § 9 Abs. 1 SGB VII bei solchen
Krankheiten vor, die durch Rechtsverordnung als Berufskrankheiten bezeichnet werden (BerufskrankheitenVO). Und die der Versicherte infolge der versicherten Tätigkeit (§ § 2, 3 SGB VI, § 6 SGB
VI) erleidet. Die Berufskrankheit ist im Gegensatz zum Arbeitsunfall nicht notwendigerweise zeitlich
begrenzt.
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Der Begriff des Gesundheitsschutzes ist gesetzlich nicht definiert, er wird weit ausgelegt. Er stimmt
mit dem Begriff des Gesundheitsschutzes nach § 1 Abs. 1 ArbSchG überein (BAG Beschluss vom
08.06.2004 – 1 ABR 13/03). Es werden alle Maßnahmen erfasst, die der Erhaltung der Gesundheit
gegenüber arbeitsbedingten Beeinträchtigungen dienen (Fitting, § 87 Rn. 262).
Beispiele: Sicherheitstechnik (von Gebäuden, Anlagen, Betriebsmitteln, Werkstoffen u.Ä.), die menschengemäße Gestaltung der Objekte, mit denen der arbeitende Mensch umgeht und in Berührung
kommt, aber auch des Arbeitsprozesses, in dem der Mensch steht, angemessene Arbeits- und Umweltbedingungen, Körperschutz, anforderungsgerechtes Verhalten des Menschen, menschengerechte Gestaltung der personellen Beziehungen im Betrieb.
Da der beschriebene Regelungsbereich durch öffentlich-rechtliche Vorschriften gestaltet und abschließend geregelt wird, bleibt grundsätzlich kein Raum für die Mitbestimmung. Mitbestimmung ist
vom Gesetzgeber aber uneingeschränkt dort zugelassen worden, wo bei der Ausgestaltung arbeitsschutzrechtlicher Bestimmungen noch Ermessensspielräume und Ausgestaltungsmöglichkeiten bestehen (§ 87 Abs. 1 BetrVG Nr. 7). Insbesondere sind in vielfältiger Weise die Verordnungen zum
technischen Arbeitsschutz noch auf betrieblicher Ebene konkretisierungsbedürftig und eröffnen somit dem Betriebsrat große Gestaltungsspielräume bei der Ausübung seines Mitbestimmungsrechts.
Zu den Verordnungen des technischen Arbeitsschutzes gehören insbesondere: Betriebssicherheitsverordnung, Arbeitsstättenverordnung, Lasthandhabungsverordnung, Gefahrstoffverordnung,
Biostoffverordnung, Baustellenverordnung, Mutterschutzarbeitsverordnung, Persönliche Schutzausrüstungs Benutzungsverordnung (PSA-BV), Lärm-, Vibrationsarbeitsschutzverordnung, etc.
Es besteht ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 BetrVG Nr. 7 bei der Ausfüllung
von Ermessensspielräumen für „Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz nur im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder
der Unfallverhütungsvorschriften“.
Kommt über einen mitbestimmungspflichtigen Regelungssachverhalt keine Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zustande, ist die Einigungsstelle anzurufen und deren Entscheidung herbeizuführen (§ 87 Abs. 2 BetrVG).
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats greift, sofern der Sachverhalt durch Gesetz oder Unfallverhütungsvorschrift nicht abschließend geregelt ist. In diesen Fällen besteht eine Arbeitsschutzpflicht, die dem für die Sicherheit Verantwortlichen einen Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum
für die Anwendung der Vorschrift lässt.
Ist dagegen eine Schutzmaßnahme konkret vorgeschrieben, so hat der Arbeitgeber die Verpflichtung,
dafür zu sorgen, dass diese Schutzmaßnahme auch getroffen wird. Der Betriebsrat hat in einem solchen Fall darüber zu wachen, dass der Arbeitgeber die Maßnahme durchsetzt.
Das Mitbestimmungsrecht schränkt die Entscheidungsmacht des Arbeitgebers ein. Es stellt sich die
Frage, ob der Arbeitgeber der Verpflichtung aus einer Arbeitsschutzvorschrift einseitig nachkommen
darf oder muss, wenn noch keine Vereinbarung zur Ausgestaltung der Vorschrift getroffen wurde
oder der Betriebsrat eine solche Regelung ablehnt.
Grundsätzlich darf der Arbeitgeber bei einem mitbestimmungspflichtigen Sachverhalt keine einseitige Regelung treffen, sondern muss sich um eine Verständigung über die betriebliche Regelung mit
dem Betriebsrat bemühen. Ist dies nicht möglich, dann muss er die Bildung einer Einigungsstelle be-
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S E IT E 30
treiben und deren Entscheidung herbeiführen. Von diesem Grundsatz darf nur bei Maßnahmen zur
Abwendung unmittelbarer Gefährdungen abgewichen werden. Hierfür sind strenge Maßstäbe anzulegen. Entscheidend ist, ob die unmittelbare Gefährdung objektiv vorliegt. Zudem muss es sich um
vorläufige und aufhebbare Maßnahmen handeln.
Beispiel für mitbestimmungsfreie Sofortmaßnahmen: So könnte unter bestimmten Umständen der
Erlass eines absoluten Alkoholverbots als Sofortmaßnahme angebracht sein, wenn eine gefährliche
Tätigkeit eine sehr hohe Aufmerksamkeitsleistung erfordert, z.B. das Führen eines Krans oder die
Tätigkeit des Berufskraftfahrers.
Über § 91 BetrVG hat der Betriebsrat die Möglichkeit, auf die Gestaltung der Arbeitsbedingungen
Einfluss zu nehmen. Der Gesetzgeber geht zu Recht davon aus, dass Arbeitnehmer durch Änderungen
der Arbeitsplätze, des Arbeitsablaufs oder der Arbeitsumgebung, die den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit offensichtlich widersprechen, in besonderer Weise belastet werden können.
Ist dies der Fall, muss der Betriebsrat angemessene Maßnahmen zum Ausgleich der Belastung verlangen. Das Gesetz nennt als Möglichkeiten Maßnahmen zur Abwendung, Minderung oder zum Ausgleich der Belastung. Ist eine Abwendung der Belastungen möglich, sind vom Betriebsrat die entsprechenden Maßnahmen zu fordern und durchzusetzen. So sind z.B. Maßnahmen zur Lärmbeseitigung
oder -reduzierung vorrangig vor einem persönlichen Gehörschutz oder etwa einer Lärmzulage zu
verlangen. Es ist also die Reihenfolge der gesetzlich vorgeschriebenen alternativen Ausgleichsmaßnahmen (Abwendung, Milderung, Ausgleich der Belastung) zu beachten.
1.3.7.1.2 Betriebliche Organisation des Arbeitsschutzes
Die vielfältigen Informations-, Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats für den
Schutz der Arbeitnehmer vor Unfall- und Gesundheitsgefahren können im Betriebsablauf nur durch
allgemein gültige, d.h. für alle Betriebsangehörige verbindliche Verfahrensregeln verwirklicht werden. Es ist deshalb zweckmäßig, die Grundsätze für die Zusammenarbeit von Arbeitgeber, Betriebsrat, betrieblichen Vorgesetzten, Betriebsärzten, Sicherheitsfachkräften sowie Sicherheitsbeauftragten und Arbeitnehmern in einer Betriebsvereinbarung zu regeln. Dadurch wird das System der betrieblichen Sicherheitsorganisation durchsichtig und überschaubar. Hilfreich ist auch die Implementierung eines Arbeitsschutzmanagementsystems.
Die betriebliche Arbeitsschutzorganisation gliedert sich in:
Personen, die der Arbeitgeber damit beauftragt hat, ihm obliegende Arbeitsschutzpflichten in
eigener (öffentlich-rechtlicher) Verantwortung wahrzunehmen (vgl. § 13 ArbSchG)
den oder die Sicherheitsbeauftragten, die der Arbeitgeber nach § 22 SGB VII zu bestellen hat
die Betriebsärzte
die Fachkräfte für Arbeitssicherheit
Der vorgenannte Personenkreis bildet – unter Einbeziehung von zwei vom Betriebsrat bestimmten
Betriebsratsmitgliedern – den Arbeitsschutzausschuss, den der Arbeitgeber in Betrieben mit mehr als
20 Beschäftigten zu bilden hat, soweit in einer sonstigen Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist
(vgl. § 11a ASiG).
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S E IT E 31
1.3.7.1.3 Mitbestimmung bei der Form der Gestaltung des arbeitsmedizinischen
Dienstes
Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG über die Auswahlentscheidung mitzubestimmen,
ob
Betriebsärzte oder Fachkräfte für Arbeitssicherheit als Arbeitnehmer beschäftigt werden,
zur Wahrnehmung der Aufgaben ein freiberuflicher Arzt bzw. eine freiberuflich tätige Fachkraft für Arbeitssicherheit verpflichtet wird,
der Betrieb sich einem überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten oder Fachkräften für Arbeitssicherheit anschließt.
Das Mitbestimmungsrecht setzt dabei aber voraus, dass der Arbeitgeber diesbezüglich in seiner Auswahlentscheidung frei ist. Allerdings wird das Mitbestimmungsrecht nicht dadurch eingeschränkt,
dass die Berufsgenossenschaften gemäß § 24 SGB VII einen überbetrieblichen Dienst mit Anschlusszwang eingerichtet haben, da die Unternehmen vom Anschlusszwang dann befreit sind, wenn sie
durch eine Bescheinigung der zuständigen Behörde nachweisen, dass sie ihrer Pflicht zur Bestellung
von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit auf andere Weise nachgekommen sind.
Der Betriebsrat hat in diesem Bereich nicht nur ein Zustimmungsrecht, sondern auch ein Initiativrecht; bei Verpflichtung des Arbeitgebers zur Bestellung von Betriebsärzten oder Fachkräften für
Arbeitssicherheit kann er verlangen, dass der Arbeitgeber die Organisationsentscheidung unter seiner Mitbestimmung trifft.
1.3.7.1.4 Mitbestimmung bei Bestellung und Abberufung eines Betriebsarztes oder
einer Fachkraft für Arbeitssicherheit
Eine detaillierte Darstellung dieser Problematik finden Sie in meiner Kommentierung zu § 87 BetrVG
bei Linnartz (Hrsg.), Praxiskommentar zum BetrVG für Betriebsräte, WEKA-MEDIA Verlag, Kissing.
1.3.7.1.5 Beteiligung des Betriebsrats bei Zusammensetzung und Geschäftsführung
des Arbeitsschutzausschusses
Die Betriebsärzte und die Fachkräfte für Arbeitssicherheit haben gemäß § 9 Abs. 1 ASiG bei der Erfüllung ihrer Aufgaben mit dem Betriebsrat zusammenzuarbeiten. Sie haben ihn über wichtige Angelegenheiten des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung zu beraten (§ 9 Abs. 2 ASiG). Andererseits
hat auch der Betriebsrat die Betriebsärzte und die Fachärzte für Arbeitssicherheit bei der Erfüllung
ihrer Aufgaben durch Anregung, Beratung und Auskunft zu unterstützen (§ 89 Abs. 1 BetrVG).
Für die Zusammenarbeit dient der Arbeitsausschuss als Institution, den der Arbeitgeber nach § 11
Abs. 1 S. 1 ASiG in Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten zu bilden hat, soweit in einer sonstigen
Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist; Teilzeitbeschäftigte werden bei der Feststellung der
Zahl der Beschäftigten entsprechend ihrer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit berücksichtigt (§
11 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BetrVG).
Der Arbeitsschutzausschuss hat die Aufgaben, Anliegen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes
bei der Arbeit zu beraten, und tritt mindestens einmal pro Vierteljahr zusammen (§ 11 Abs. 1 S. 3 u. 4
ASiG). Er setzt sich zusammen aus dem Arbeitgeber oder einem von ihm Beauftragten, zwei vom
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Betriebsrat bestimmten Betriebsratsmitgliedern, Fachkräften für Arbeitssicherheit und Sicherheitsbeauftragten nach § 22 SGB VII (§ 9 Abs. 3 S. 2 ASiG).
Da die innerbetriebliche Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG sich nicht auf personelle Einzelmaßnahmen bezieht und auch das ASiG eine Beteiligung nur in § 9 Abs. 3 vorliegt, unterliegt nicht
der Mitbestimmung des Betriebsrats, wen der Arbeitgeber von den Betriebsärzten, Fachkräften für
Arbeitssicherheit und Sicherheitsbeauftragten in den Arbeitsschutzausschuss entsendet.
Regelungen über die Geschäftsführung des Arbeitsschutzausschusses fallen dagegen unter § 87 Abs.
1 Nr. 7 BetrVG und unterliegen deshalb der Mitbestimmung des Betriebsrats.
1.3.7.1.6 Regelungsmöglichkeiten durch Betriebsvereinbarung
Durch Betriebsvereinbarungen sollte z.B. geregelt werden:
Abschluss einer Rahmenvereinbarung über die betriebliche Arbeitsschutzorganisation einschließlich
der Verfahrensregeln für die Zusammenarbeit im Betrieb; Festlegung der Arbeitsschwerpunkte für
die Tätigkeit der Sicherheitsfachkräfte und Betriebsärzte; Bestellung und Arbeitsweise der Sicherheitsbeauftragten; Inhalte der kontinuierlichen Berichterstattung über Daten zur Unfallentwicklung und zu arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren; Durchführung der Informations- und Unterweisungspflichten über Unfall- und Gesundheitsgefahren und deren Vermeidung; Durchführung
regelmäßiger Betriebsinspektionen und Unfalluntersuchungen.
Erzielen Arbeitgeber und Betriebsrat bei Fragen, die dem Mitbestimmungsrecht unterliegen, keine
Übereinstimmung, so ist eine Entscheidung der Einigungsstelle nach § 76 BetrVG herbeizuführen.
Zunächst ist aber von beiden Seiten mit dem ernsten Willen zur Einigung zu verhandeln, d.h. beide
Seiten haben Vorschläge für die Beilegung der Meinungsverschiedenheiten zu machen.
1.3.8 Betrieblicher Umweltschutz – Umweltschutz ist Arbeitsschutz
Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes im Jahr 2001 die
Zuständigkeit des Betriebsrats auf den betrieblichen Umweltschutz erstreckt (§ 89 Abs. 1 BetrVG S.
1). Betrieblicher Umweltschutz ist immer zunächst auch Arbeitsschutz.
Die Zuständigkeit des Betriebsrats wird ausdrücklich auf den betrieblichen Bereich beschränkt. Eine
generelle Ausdehnung auf den allgemeinen Umweltschutz würde Betriebsräte in vielen Fällen in einen kaum auflösbaren Zielkonflikt zwischen den wirtschaftlichen Interessen des Betriebs und damit
der Beschäftigungssituation und allgemeinen Umweltschutzinteressen führen. Der betriebliche Umweltschutz betrifft demgegenüber die durch den Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmer unmittelbar.
Die Beschränkung auf den betrieblichen Umweltschutz bietet zugleich die Gewähr dafür, dass betriebliches Wissen und arbeitsplatzbezogene Erfahrung der Arbeitnehmer über den Betriebsrat im
Interesse der Beschäftigten und des Unternehmens nutzbar gemacht werden können. In Bezug auf
die Arbeitsbedingungen wird betrieblicher Umweltschutz in aller Regel auch Gesichtspunkte des Arbeitsschutzes beinhalten (z.B. Schutz vor Lärm- und Schadstoffemissionen). Aber auch in anderen
Bereichen (z.B. Abfallvermeidung) können Arbeitnehmer über ihren Betriebsrat praxisnahe Vorschläge machen, um Umweltbelastungen zu vermeiden.
Die Auswirkungen der gesundheitlichen Belastungen am Arbeitsplatz durch den Umgang mit Gefahrstoffen verlangt von den Betriebsparteien eine sorgfältige Handhabung und strikte Verhaltensweise.
Dies gilt nicht nur wegen der gesundheitlichen Belastungen der Beschäftigten, sondern auch wegen
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S E IT E 33
der negativen Umweltbelastungen, die durch unsachgemäßen Umgang mit Gefahrstoffen entstehen
können.
Das bedeutet, dass eine Trennung von Gefahren in der Arbeitswelt und der Umwelt im Bereich der
Gefahrstoffe praktisch nicht mehr vorgenommen werden kann. In der Regel treten Gefährdungen
der Umwelt zuerst in der Arbeitsumwelt auf.
Um die Gefahrstoffverordnung im Betrieb durchzusetzen, sollte der Betriebsrat für den richtigen
Umgang mit den Gefahrstoffen eine Betriebsvereinbarung mit dem Arbeitgeber abschließen. Hierin
muss festgehalten werden, dass eine enge Verbindung zwischen § 87 Abs. 1 BetrVG Nr. 7 und den
Regelungsgegenständen der Gefahrstoffverordnung besteht. Festzuschreiben ist in der Betriebsvereinbarung auch, dass die Verantwortung für den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer der Unternehmer und die betrieblichen Vorgesetzten tragen. Ferner ist das Ziel der Betriebsvereinbarung, der
Schutz der Beschäftigten vor Lebens- und Gesundheitsgefahren, zu definieren. Schließlich sollte der
Umweltschutz als Ziel der Vereinbarung genannt sein.
1.3.9 Form Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen (§ 87
Abs. 1 Nr. 8 BetrVG)
Viele Arbeitgeber gewähren ihren Arbeitnehmern zusätzliche Vergünstigungen, wie z.B. Sport- und
Erholungseinrichtungen, Betriebsverpflegungen oder betriebliche Pensions- und Unterstützungskassen. Sofern derartige Einrichtungen für soziale Zwecke dauerhaft mit eigener Organisation in einem
zweckgebundenen Sondervermögen abgegrenzt werden, hat der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 8
BetrVG bei der Form, der Ausgestaltung und Verwaltung dieser Sozialeinrichtung zur Gewährleistung
einer innerbetrieblichen Verteilungsgerechtigkeit mitzubestimmen.
Erzwingen kann der Betriebsrat die Einrichtung einer Sozialeinrichtung nicht.
Die Mitbestimmung des Betriebsrats bei einer Sozialeinrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG setzt voraus, dass der Wirkungsbereich der Einrichtung auf den Betrieb, das Unternehmen oder
den Konzern des Arbeitgebers beschränkt ist. Dies ist nicht der Fall, wenn die Einrichtung nach dem
vom Arbeitgeber bestimmten Zweck einem unbestimmten Personenkreis zugänglich ist, beispielsweise, weil ein vom Arbeitgeber betriebener Kindergarten auch von Betriebsfremden benutzt wird
(BAG 10.02.2009 – 1 ABR 94/07 – NZA 2009, 562).
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG setzt das Bestehen einer
Sozialeinrichtung voraus. Dabei handelt es sich um einen zweckgebundenen Vermögensgegenstand
des Arbeitgebers, der gesondert verwaltet werden kann, auf Dauer angelegt ist und soziale Zwecke
verfolgt.
Typische Beispiele für Sozialeinrichtungen sind: Pensions- und Unterstützungskassen (BAG Beschluss
vom 16.02.1993 – 3 ABR 29/92; dazu unten mehr), Werksküchen und Kantinen, betriebliche Sportanlagen, Erholungsheime, Betriebskindergärten, Verkaufsstellen und –automaten (BAG Beschluss vom
26.10.1965 – 1 ABR 7/65), Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften (BAG Beschluss vom
23.09.2001 – 5 AZB 11/01), Werksverkehr mit Bussen (BAG Urteil vom 09.07.1985 – 1 AZR 631/80).
Sozialleistungen ohne eine eigenständige Einrichtung, z.B. betriebliche Vorschuss- oder Darlehensregelungen gehören nicht zu den Sozialeinrichtungen des § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG. Selbstverständlich
kann sich ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats auch bei der Gewährung von Sozialleistungen
außerhalb einer Sozialeinrichtung aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG (Fragen der Lohngestaltung) erge-
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ben. Dabei gibt es hinsichtlich des Umfangs des Mitbestimmungsrechts keine Unterschiede zwischen
diesen beiden Anspruchsgrundlagen.
Die Einrichtung muss dazu bestimmt sein, soziale Leistungen für die Arbeitnehmer des Betriebs, des
Unternehmens oder des Konzerns zu erbringen. Den Arbeitnehmern müssen über das Arbeitsentgelt
hinaus weitere Vorteile zugesagt werden, um ihre soziale Lage zu verbessern. Diese Vorteile stehen
nur mittelbar in Zusammenhang mit der Arbeitsleistung. Sie sind nicht unmittelbare Folge des Austauschverhältnisses Arbeit gegen Geld. Der Charakter einer Sozialeinrichtung geht nicht dadurch
verloren, dass Leistungen auch an ausgeschiedene Belegschaftsmitglieder, an Familienangehörige
oder auch an leitende Angestellte erbracht werden. Sozialeinrichtungen, die ausschließlich leitenden
Angestellten vorbehalten sind (z.B. Bewirtungen in einem besonderen Kasino), unterliegen nicht der
Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG.
Für das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts bei Sozialeinrichtungen ist es unerheblich, dass der
Arbeitgeber zum Betrieb der Einrichtung nicht gezwungen werden kann. Die Leistungen von Sozialeinrichtungen sind grundsätzlich freiwilliger Natur (Freiwilligkeitsprinzip), auf die die Arbeitnehmer
weder kraft Gesetzes noch aufgrund eines Tarifvertrags Anspruch haben. Dieser Umstand der Freiwilligkeit kann sich daher nur auf den Umfang des Mitbestimmungsrechts auswirken.
Der Betriebsrat hat kein Mitbestimmungsrecht bei der Frage, ob eine Sozialeinrichtung überhaupt
errichtet werden soll. Diese Entscheidung obliegt allein dem Arbeitgeber. Er entscheidet auch allein
darüber, welche Mittel er für die sozialen Zwecke, die er mit der Sozialeinrichtung fördert, einsetzen
will. Er bestimmt also den sog. Dotierungsrahmen. Schließlich legt der Arbeitgeber auch den Zweck
fest, den er mit der Einrichtung verfolgt. Soweit mit der Bestimmung des Zwecks auch der Kreis der
Begünstigten umschrieben wird, ist auch dies eine mitbestimmungsfreie Vorgabe. Alle diese Entscheidungen des Arbeitgebers können unter dem Begriff „Errichtung“ zusammengefasst werden.
Wenn der Arbeitgeber autonom über die Errichtung einer Sozialeinrichtung entscheiden kann, dann
gilt dies selbstverständlich auch für ihre Schließung. Der Betriebsrat kann die Schließung einer Sozialeinrichtung nicht im Wege der Mitbestimmung verhindern. Gleiches gilt für die Reduzierung des Dotierungsrahmens sowie für eine Änderung der Zweckbindung.
Sind die vorgenannten Grundentscheidungen mitbestimmungsfrei vom Arbeitgeber getroffen worden, setzt das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Festlegung der Form der Sozialeinrichtung ein. Dies berührt z.B. Fragen, ob die Einrichtung als selbständige juristische Person (z.B. Unterstützungskasse als GmbH oder Stiftung) oder als unselbständige Einrichtungen des Betriebs (z.B. Kantine) vorgehalten werden soll.
Unter Ausgestaltung einer Sozialeinrichtung sind die Bedingungen für den Bezug von Leistungen oder
für die Inanspruchnahme der Einrichtung zu verstehen, z.B. die Verteilung der finanziellen Mittel bei
Leistungen einer Unterstützungskasse, die Festlegung der Öffnungszeiten für eine Kantine oder einen
Betriebskindergarten, usw.
Soweit die Sozialeinrichtung verwaltet werden muss, ist der Betriebsrat an allen Verwaltungsmaßnahmen gleichberechtigt zu beteiligen. Verwaltung meint die Führung der Geschäfte. Dazu gehört
z.B. auch die Frage der Vermögensanlage einer Pensions- oder Unterstützungskasse.
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S E IT E 35
Im Rahmen rechtlich unselbständiger Einrichtungen des Betriebs/Unternehmens ist der Betriebsrat
bei jeder einzelnen Verwaltungsmaßnahme gleichberechtigt zu beteiligen. Zweckmäßig ist die Schaffung einer paritätisch zusammengesetzten Kommission (z.B. Pensionsausschuss).
Bei Einrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit kann die Mitbestimmung auf zwei Wegen durchgeführt werden:
1. Einerseits können die entscheidenden Organe paritätisch zusammengesetzt sein (organschaftliche Lösung).
2. Andererseits können die Entscheidungen des zur Geschäftsführung berufenen Organs (z.B.
Vorstand des Vereins) von außen durch ein vorgeschaltetes Mitbestimmungsverfahren beeinflusst werden (zweistufige Lösung). Der Arbeitgeber muss in diesen Fällen sicherstellen,
dass die Entscheidung so, wie sie sich aus dem Mitbestimmungsverfahren ergeben hat, in der
Sozialeinrichtung umgesetzt wird.
Eine wichtige Form der Sozialeinrichtung ist die betriebliche Altersversorgung. Auf die Darstellung
der betrieblichen Altersversorgung wird aus Platzgründen an dieser Stelle verzichtet. Wegen der Einzelheiten steht Ihnen Rechtsanwalt Marc Hessling gerne beratend zur Seite.
1.3.10
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses
vermieten werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen (§ 87 Abs. 1 Nr. 9 BetrVG)
Der Betriebsrat hat mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber mit Rücksicht auf das Bestehen Wohnraum vermietet oder diesen kündigt. Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1
Nr. 9 BetrVG ist es, den zur Verfügung stehenden Wohnraum gerecht auf die Arbeitnehmer zu verteilen und die Leistungen des Arbeitgebers auszugestalten.
Obwohl § 87 Abs. 1 Nr. 9 BetrVG letztlich nur einen Sonderfall der Sozialeinrichtung i.S.v. § 87 Abs. 1
Nr. 8 BetrVG regelt, müssen die Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG im Bereich der
„Werksmietwohnungen“ nicht vorliegen.
Unter das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 9 BetrVG fallen nur Werksmietwohnungen (§ §
576, 576a BGB), nicht auch Werksdienstwohnungen (§ 576b BGB), die der Arbeitnehmer zur Erbringung seiner Arbeitsleistung beziehen muss, letztere sind mitbestimmungsfrei.
Unter Wohnräumen versteht man sämtliche Arten von Räumen, die zum Wohnen geeignet sind, es
kommt nicht darauf an, dass es sich dabei um eine abgeschlossene Wohnung handelt (BAG Beschluss
vom 3.6.1975 – 1 ABR 118/73).
Die Mitbestimmung besteht auch im Einzelfall: § 87 Abs. 1 Nr. 9 BetrVG enthält eine weitere Ausnahme, von dem Grundsatz, dass nur kollektive Maßnahmen mitbestimmungspflichtig sind. § 87 Abs.
1 Nr. 9 BetrVG eröffnet des Betriebsrat die Mitbestimmung bei jeder einzelnen Vermietung oder
Kündigung oder Mietvertragsgestaltung einer Werksmietwohnung.
Mitbestimmungsfrei ist die Entscheidung des Arbeitgebers, künftig keine Wohnungen mehr zu vermieten.
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S E IT E 36
Vermietet der Arbeitgeber eine Wohnung, ohne das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zu achten, kann der Betriebsrat die Kündigung des Mietvertrages verlangen und auch arbeitsgerichtlich
durchsetzen. Das Gleiche gilt, wenn die Wohnung im Auftrag des Arbeitgebers durch einen Dritten
vermietet wurde.
1.3.11
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen Entlohnungsgrundsätze und
die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden
sowie deren Änderung (§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG)
Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ist die Sicherung der
Angemessenheit und Transparenz des innerbetrieblichen Lohngefüges und die Wahrung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit (BAG Beschluss vom 29.2.2000 – 1 ABR 4/99).
Dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats unterliegen die betriebliche Lohngestaltung, die Entlohnungsgrundsätze und Entlohnungsmethoden.
Das BAG (BAG Beschluss vom 06.12.1988 – 1 ABR 44/87) hat hierzu ausgeführt: „…Lohngestaltung ist
gegenüber Entlohnungsgrundsatz und Entlohnungsmethode der weitergehende Begriff. Er umfaßt
alle generellen (kollektiven) Regelungen, nach denen die Entlohnung im Betrieb bzw. Unternehmen
sich richten soll. Es geht bei der Lohngestaltung um die Struktur des Lohnes und dessen Vollziehungsformen, die Grundlage der Lohnfindung und die betriebliche Lohngerechtigkeit, aber nicht um die
Lohnhöhe (…). Demgegenüber versteht man unter Entlohnungsgrundsatz das System, nach dem das
Arbeitsentgelt gezahlt werden soll (z.B. Zeitlohn, Akkordlohn, Prämienlohn) und seine Ausformung
(…). Und unter Entlohnungsmethoden ist die Art und Weise der Durchführung des gewählten Entlohnungssystems zu verstehen…“
Das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG betrifft nicht die absolute Entgelthöhe,
sondern lediglich die „Verteilungsgerechtigkeit“. Nur die Maßstäbe der Lohn- und Gehaltsfindung
sind mitbestimmungspflichtig, nicht jedoch die Lohn- und Gehaltshöhe selbst. Diese unterliegen
allein den Arbeitsvertrags- und Tarifvertragsparteien.
Bildlich gesprochen hat der Betriebsrat also nicht mitzubestimmen, wie viel Geld der Arbeitgeber in
den „Lohntopf“ steckt, wohl aber wie es aus diesem heraus an die Arbeitnehmer verteilt wird (Verteilungsgerechtigkeit).
Wegen der tarifersetzenden Bedeutung und wegen der Betroffenheit des Gesamtunternehmens,
sodass innerhalb eines Unternehmens eine betriebliche Regelung nicht erfolgen kann, ist im Rahmen
des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG im Unternehmensbereich ein bestehender Gesamtbetriebsrat generell
zuständig (BAG Beschluss vom 14.12.1999 – 1 ABR 27/98)
Der Begriff der betrieblichen Lohngestaltung ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung weit zu
fassen. Hierunter fallen letztlich alle Geldleistungen und geldwerten Leistungen, die im Rahmen des
Arbeitsverhältnisses gezahlt werden:
unmittelbar leistungsbezogene Arbeitsentgelte (Zeit- und Akkordlohn; Zulagen; allgemeine
Prämien), soweit nicht § 87 Abs. 1 Nr. 11 BetrVG als Spezialregelung vorgeht
Gratifikationen, Weihnachtsgelder, Urlaubsgeld und vergleichbare Zahlungen
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S E IT E 37
Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, soweit nicht § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG eingreift
geldwerte Vergünstigungen beim Abschluss sonstiger Verträge (Zinsvergünstigungen bei Arbeitgeberdarlehen; Rabattregeln beim Belegschaftsverkauf; Möglichkeiten der privaten Nutzung betrieblicher Einrichtungen, wie z.B. beim Dienstwagen, Deputate, Haustrunk etc.)
Weitere Einzelfälle für mitbestimmungspflichtige Entgeltregelungstatbestände:
Regelung über die Privatnutzung von Firmenwagen (BAG NZA 2002, 394; BAG NZA 2004, 1287), Regelungen über die private Nutzung von Firmenkreditkarten, Telefonanlagen, Mobiltelefonen, Internetzugang (LAG Hamm, NZA-RR 2007, 20), Regelungen über den vergünstigten Personaleinkauf,
Regelung des Mankogeldes, Regelungen über Bonuszahlungen und andere Sonderzahlungen, Regelungen über die Ausgabe von Belegschaftsaktien und Aktienoptionen (BAG, NZA 1990, 559’), Regelungen über Umsatzprämien / -beteiligungen (BAG, DB 1996, 278), Regelung über die Privatnutzung
von Bonusmeilen (BAG, DB 2006, 2068), Regelungen über Incentives (BAG, DB 1982, 1519), Regelungen über Mietzuschüsse, Regelungen über Übernahme von Kosten für Familienheimfahrten (BAG,
DB 1986, 2340), Beiträge für betriebliche Kindergärten (BAG, DB, 1982, 811), Regelungen über
Bleibeprämien, Regelungen über Anwesenheitsprämien, Regelungen über Jahressonderzahlungen,
incl. Vereinbarung von Rückzahlungsklauseln (BAG, DB, 1992, 1730), Regelungen über vebilligte/kostenlose Outplacementberatungen / Headhunting.
Die Freiwilligkeit vorgenannter Leistungen steht einem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach §
87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG grundsätzlich nicht entgegen, sondern beschränkt nur den Umfang des Mitbestimmungsrechts.
Nicht unter § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG fällt der Aufwendungsersatz, der Arbeitnehmern nach § 670
BGB ohnedies geschuldet wird; dabei handelt es sich um Beträge, die der Arbeitgeber – wenn auch
möglicherweise im Rahmen einer Pauschale – erstattet und die nicht über den Betrag hinausgehen,
den ein Arbeitnehmer als Aufwendungsersatz verlangen kann; in dem Zusammenhang orientieren
sich die Gerichte an den im Steuerrecht verankerten Pauschbeträgen; solange diese Beträge nicht
überschritten werden, liegt ein nicht der innerbetrieblichen Mitbestimmung unterliegender Aufwendungsersatz vor. Werden allerdings diese Beträge überschritten, dann liegt – unabhängig von der
Bezeichnung als „Aufwendungsersatz“ oder „Spesenentgelt“ – ein mitbestimmungspflichtiger Tatbestand i.S.d. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vor (BAG Beschluss vom 27.10.1998 – 1 ABR 3/98).
Regelungen zur unmittelbaren Entgelthöhe werden nicht vom Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats
umfasst.
Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG soll die Ausgestaltung von Entlohnungsgrundsätzen ermöglichen (vgl. BAG Beschluss vom 20.07.1999 – 1 ABR 66/98):
Aufstellung eines detaillierten Entgeltsystems
Bildung von Entgeltgruppen nach abstrakten Kriterien einschließlich der abstrakten Festsetzung der Wertunterschiede nach Zinssätzen oder anderen Bezugsgrößen
Im Rahmen der betrieblichen Lohngestaltung kann die Entgeltstruktur geregelt werden.
Hierzu zählen folgende Einzelbereiche:
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S E IT E 38
1. Frage, ob nach Zeitlohn, nach Akkordlohn oder nach Prämienlohn gezahlt werden soll
2. Frage, ob und für welche Fälle Provisionen gezahlt werden sollen
3. Entscheidung, ob Leistungs- bzw. Erschwerniszulagen gezahlt werden und nach welchen
Grundsätzen und Methoden die Leistungskriterien sowie die Erschwernisse festzusetzen sind
(besondere Erschwernisse können sich aus der Lage der Arbeitszeit ergeben; für Nachtarbeit
verlangt § 6 Abs. 5 ArbZG einen Ausgleich durch freie Tage oder durch einen Zuschlag zum
Entgelt; insoweit ergibt sich hier ein durch Beteiligung des Betriebsrats zu konkretisierender
Regelungsspielraum; vgl. BAG Beschluss vom 26.08.1997 – 1 ABR 16/97).
Die Mitbestimmung bei freiwilligen Leistungen des Arbeitgebers, zu denen der Arbeitgeber weder
durch Gesetz noch durch Tarifvertrag verpflichtet ist, ist wie folgt eingeschränkt:
der Arbeitgeber kann frei entscheiden, ob er eine Leistung überhaupt erbringen will
der Arbeitgeber kann frei entscheiden, welche Mittel insgesamt zur Verfügung gestellt werden sollen (sog. Dotierungsrahmen)
der Arbeitgeber kann grundsätzlich frei entscheiden, welcher Zweck mit der freiwilligen Leistung erreicht werden soll
Unter dem „Dotierungsrahmen“ versteht man die Summe der Beträge, die der Arbeitgeber zugesagt
hat. Dabei handelt es sich um keinen Festbetrag, zumal sich – je nach Zusage – der Rahmen dynamisch entwickeln kann oder durch zusätzliche Zahlungen, die aus Rechtsgründen erforderlich werden, überschritten werden kann (Beispiel: Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats wurde nicht beachtet; es wurde eine diskriminierende Regelung getroffen, die ausgeglichen werden muss).
Der mitbestimmungsfrei zu entscheidende Leistungszweck, der vor allem zur Bestimmung des begünstigten Personenkreises von entscheidender Relevanz ist, kann nur die allgemeine Zielsetzung
umfassen und darf nicht auf eine detaillierte Ausgestaltung ausgedehnt werden, weil ansonsten der
Anwendungsbereich des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unzulässig eingeschränkt werden würde.
Generell ist bei Fragen der Zwecksetzung und der daraus folgenden Abgrenzung des Personenkreises
der Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 75 BetrVG zu beachten, den letztlich beide Betriebsparteien
zu konkretisieren haben.
Bei der Anrechnung von übertariflichen Entgelten ist die Frage, ob Betriebszugehörigkeit, Mutterschutzzeiten und langfristige Krankheit eine Anrechnung legitimieren, nicht der Zweckebene zugewiesen, sondern Teil der mitbestimmungspflichtigen Ausgestaltung (BAG Beschluss vom 27.10.1992
– 1 ABR 17/92). Auch Änderungen im Zulagensystem und der Zulagenstruktur unterliegen im Regelfall der innerbetrieblichen Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Hierzu gehört dann auch
der Widerruf der jeweiligen Zulage, soweit er im jeweiligen Arbeitsvertrag wirksam vorbehalten war
(BAG Urteil vom 17.12.1980 – 5 AZR 570/78).
Die Anrechnung von Tariflohnerhöhungen ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung dann mitbestimmungspflichtig, wenn es sich um Entscheidungen über die (prozentuale) Anrechung von übertariflichen Zulagen handelt, weil sich dadurch dann auch die Verteilungsgrundsätze ändern (BAG Urteil
vom 23.03.1993 – 1 AZR 520/92).
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Eine Mitbestimmung des Betriebsrats ist dann ausgeschlossen, wenn dadurch entweder das Zulagenvolumen völlig aufgezehrt wird oder die Tariflohnerhöhung vollständig oder gleichmäßig auf die
übertariflichen Zulagen angerechnet wird. Eine Anrechnung kommt auch dann nicht in Betracht,
wenn es sich um eine zweckbestimmte Zulage handelt, da die Zweckbestimmung als konkludentes
Anrechnungsverbot zu verstehen ist (BAG Urteil vom 22.09.1992 – 1 AZR 235/90).
Bei Anrechnungen, die mitbestimmungspflichtig sind, ist die Anrechnung bzw. deren Widerruf gegenüber den einzelnen Arbeitnehmern rechtsunwirksam, wenn der Arbeitgeber das Mitbestimmungsrecht verletzt hat.
1.3.11.1.1 Mitbestimmung bei Ausgestaltung des Vergütungssystems der ATAngestellten
Die Ausgestaltung des Vergütungssystems der außertariflichen Angestellten unterliegt ebenfalls dem
Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, sofern diese nicht als leitende
Angestellte i.S.d. § 5 Abs. 3 BetrVG zu qualifizieren sind.
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats umfasst hier sowohl die Aufstellung des Entgeltsystems
als auch die Bildung und Umschreibung der Gehaltsgruppen der AT-Angestellten nach Tätigkeitsmerkmalen und anderen Kriterien. Auch die Festsetzung der Wertunterschiede zwischen den einzelnen AT-Gruppen – z.B. nach abstrakten Kriterien, nach Prozentsätzen oder nach sonstigen Bezugsgrößen – unterliegt als generelle Ausgestaltung des Entlohnungsgrundsatzes der innerbetrieblichen
Mitbestimmung. Die höchstrichterliche Rechtsprechung geht allerdings davon aus, dass die Festlegung des Wertunterschieds von der letzten Tarifgruppe zur ersten AT-Gruppe nicht mehr der Mitbestimmung unterliegen soll (BAG Beschluss vom 22.01.1980 – 1 ABR 48/77).
Die Darstellung der weiteren Einzelheiten würde den Rahmen dieser Darstellung sprengen. Wir
beraten Sie jedoch gerne bei Ihren Betriebsvereinbarungsprojekten und betriebsverfassungsrechtlichen Auseinandersetzungen. Sprechen Sie uns einfach darauf an. Weitere Einzelheiten finden Sie
auch bei Linnartz-Hessling, Praxiskommentar zum BetrVG für Betriebsräte, WEKA MEDIA Verlag,
Kissing.
1.3.11.1.2
Streitigkeiten
Missachtet der Arbeitgeber das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, so sind
Maßnehmen, die die Arbeitnehmer belasten unwirksam (Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung).
Hat der Arbeitgeber eine freiwillige Zulage unter Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG gewährt,
so kann er sie nicht zurückverlangen, weil auch der Widerruf mitbestimmungspflichtig wäre. Vielmehr können die betroffenen Arbeitnehmer auch die ungekürzte Weiterzahlung verlangen (BAG GS
3.12.2001 AP Nr. 51 und 52 zu § 87 BetrVG Lohngestaltung). Setzt der Betriebsrat anschließend –
etwa in der Einigungsstelle – einen anderen (weiteren) Begünstigtenkreis durch, so ändert dies daran
nichts.
Der Arbeitgeber kann auch eine Vergütungsordnung oder ein Eingruppierungsschema (Zuordnung
und Bewertung der verschiedenen Arbeiten zu Lohngruppen) nicht einseitig ändern. Eine Vergütungsordnung, die unter Verstoß gegen das Mitbestimmungsrecht zustande gekommen ist, löst die
Bisherige nicht ab, daher kann ein Arbeitnehmer Vergütung nach der bisherigen Vergütungsordnung
verlangen (BAG Beschluss vom 24.4.2001 – 1 ABR 37/00).
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Beabsichtigt der Arbeitgeber Eingruppierungen (§ 99 BetrVG) in die von ihm mitbestimmungswidrig
einseitig neue Vergütungsordnung vorzunehmen, so kann der Betriebsrat auch die Zustimmung zur
Eingruppierung verweigern (§ 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG).
Gerne sind wir dem Betriebsrat hier mit Rat und Tat behilflich.
1.3.12
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer
leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren (§ 87
Abs. 1 Nr. 11 BetrVG)
Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 11 BetrVG verfolgt eine ähnliche Zweckrichtung wie §
87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Auch hier geht es primär um die Lohngerechtigkeit. Im Gegensatz zu § 87
Abs. 1 Nr. 10 BetrVG fällt unter die Mitbestimmung nach Nr. 11 auch die Entgelthöhe. Das BAG (BAG
Beschluss vom 13.09.1983 – 1 ABR 32/81) führt hierzu aus: „…Der Senat hat daher schon in seiner
ersten Provisionsentscheidung vom 29. März 1977 (BAG 29, 103 = AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Provision) darauf hingewiesen, daß die ausdrückliche Erwähnung des Geldfaktors in § 87 Abs. 1 Nr. 11
BetrVG zeige, daß dem Betriebsrat das Recht eingeräumt worden sei, auch über die Lohnhöhe mitzubestimmen. Von daher könne nicht davon gesprochen werden, daß im Wege der Mitbestimmung
keine betriebliche Lohnpolitik erfolgen dürfe, sie sei dem Betriebsrat vielmehr hinsichtlich der Leistungsentgelte eröffnet. Schon aus diesem Grunde vermag der Senat der im Schrifttum vertretenen
Ansicht nicht zu folgen, die die Mitbestimmungspflichtigkeit des Geldfaktors im Sinne des Preises für
die Arbeit im Leistungslohn überhaupt mit der Begründung verneint, dem Betriebsrat sei eine Einflußnahme auf die Lohnhöhe verwehrt…“ (BAG Beschluss vom 13.09.1983 – 1 ABR 32/81).
Die Entscheidung, ob leistungsbezogene Arbeitsentgelte gewährt werden sollen, ist dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats entzogen, er hat nur bei der Festlegung der Bezugsgrößen mitzubestimmen, die für die Ermittlung und Berechnung der jeweiligen leistungsbezogenen Entgelte von
Bedeutung sind. Insoweit hat der Betriebsrat auch ein Initiativrecht zu.
Akkordlohn bedeutet, dass die Höhe des Arbeitsentgeltes allein nach der vom Arbeitnehmer in einer
bestimmten Zeit erbrachten Arbeitsleistung bemessen wird. Beim Prämienlohn wird eine Vergütung
für eine bestimmte besondere Leistung des Arbeitnehmers gewährt.
Das Mitbestimmungsrecht bezieht sich neben Akkord- und Prämiensätzen auch auf vergleichbare
leistungsbezogene Entgelte, insbesondere Zielvereinbarungen (BAG Beschluss vom 21.10.2003 – 1
ABR 39/02).
Ist einer Leistung nicht vom Arbeitserfolg eines einzelnen Arbeitnehmers abhängig (z.B. Gewinnbeteiligung, Gratifikation), so ist dieser Entlohnungsbestandteil nicht nach § 87 Abs. 1 Nr. 11 BetrVG mitbestimmungspflichtig, sondern nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Der Betriebsrat kann also bei der
Einführung eines Zielvereinbarungssystems, auch die Faktoren des Entlohnungssystems mitbestimmen, die die konkrete absolute Höhe des sich daraus ergebenden Entgelts beeinflussen.
1.3.13
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen (§ 87 Abs. 1
Nr. 12 BetrVG)
Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrates ist es, die Behandlung betrieblicher
Verbesserungsvorschläge so zu gestalten, dass diese für den Arbeitnehmer durchschaubar wird. Es
dient damit der freien Entfaltung der Persönlichkeit des Arbeitnehmers, indem der Arbeitnehmer
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zum Mitdenken und damit zur Teilnahme an der Gestaltung der Arbeit und der Entwicklung des Betriebes motiviert wird. Es dient seinem Schutz, indem es die Berücksichtigung seiner Initiative und
seiner Leistung ordnet und durchschaubar macht und damit dazu beiträgt, dass die Arbeitnehmer
des Betriebes insoweit gleichmäßig und nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt
werden (§ 75 Abs. 1 BetrVG).
Da das Mitbestimmungsrecht des § 87 BetrVG nur insoweit besteht, als eine abschließende gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, ist hier insbesondere das Arbeitnehmererfindungsgesetz
zu beachten. Bei technischen Erfindungen, die patent- und gebrauchsmusterfähig sind, besteht durch
das ArbNErfG eine abschließende Regelung, die auch Regelungen über die Bewertung und Vergütung
von Verbesserungsvorschlägen enthält. Das gleiche gilt für die Grundsätze der Ermittlung der Vergütungshöhe für sog. qualifizierte technische Verbesserungsvorschläge gem. §§ 3, 20 Abs. 1 ArbNErfG.
Soweit das ArbNErfG abschließende Regelungen enthält, scheidet ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus. Soweit dies nicht der Fall ist, ist grundsätzlich ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gegeben. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bezieht sich also auf die „restlichen“ Fälle,
die nicht vom ArbNErfG erfasst werden, wie kaufmännische Verbesserungsvorschläge, Vorschläge zur
Verbesserung des Arbeitsschutzes, des betrieblichen Umweltschutzes, des Gesundheitsschutzes etc.
Insbesondere unterfallen dem Mitbestimmungsrecht auch die sog. einfachen technischen Verbesserungsvorschläge (§ 20 Abs. 2 ArbNErfG; Hako-BetrVG/Kohte, § 87 Rn. 148).
Das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 12 BetrVG bezieht sich auch nur auf solche Verbesserungsvorschläge und Erfindungen, die von Arbeitnehmern unterbreitet werden, bei denen Erfindungen nicht zur arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflicht gehören (z.B. Mitarbeiter einer Forschungsund Entwicklungsabteilung).
Nach § 87 Abs. 1 Nr. 12 BetrVG hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei den Grundsätzen über das
betriebliche Vorschlagswesen. Zu diesen mitbestimmungspflichtigen Grundsätzen gehört jedenfalls
die Regelung der Organisation des betrieblichen Vorschlagswesens und des Verfahrens innerhalb
dieser Organisation. Die Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen können danach Bestimmungen enthalten über die Bestellung der Organe, etwa eines Beauftragten für das betriebliche Vorschlagswesen oder eines Prüfungsausschusses (BAG Beschluss vom 28.04.1981 – 1 ABR 53/79).
Der Betriebsrat hat hinsichtlich der Regelung des betrieblichen Vorschlagswesens ein Initiativrecht.
Wenn § 87 Abs. 1 Nr. 12 BetrVG dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht über die Grundsätze des
betrieblichen Vorschlagswesens gewährt, so folgt schon aus dem Wortlaut dieser Bestimmung, dass
damit nicht auch die Entscheidung über die Prämienhöhe als Vergütung für den Vorschlag der Mitbestimmung unterworfen sein soll. Grundsätze für ein bestimmtes Verhalten oder Geschehen sind allgemeine Richtlinien, Orientierungspunkte und Bewertungsmaßstäbe, die geeignet sind, das Geschehen so zu ordnen und zu verfestigen, dass es in vorhersehbaren und nachprüfbaren Bahnen verläuft.
Ebenso wie in § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG die betriebliche Lohngestaltung die Festlegung abstraktgenereller Grundsätze zur Lohnfindung, die Strukturformen des Arbeitsentgelts und deren nähere
Vollziehungsformen betrifft (BAG Beschluss vom 28.04.1981 – 1 ABR 53/79). So hat der Betriebsrat
jedenfalls mitzubestimmen, nach welchen Grundsätzen und Methoden die Prämie bemessen werden
soll, sowie bei der Frage, wie der Nutzen eines Verbesserungsvorschlages zu ermitteln ist, über die
Grundsätze für die Höhe und Art der Prämie und über die Verteilung einer Prämie bei Gruppenvorschlägen oder hinsichtlich der Prämiengrundsätze und Bewertungsmaßstäbe und darüber, wie eine
Prämie für einen Verbesserungsvorschlag bestimmt werden soll, dessen wirtschaftlicher Nutzen nicht
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zu ermitteln ist. Der Betriebsrat hat auch über die Einrichtung und Besetzung einer betrieblichen
Kommission mitzubestimmen, die die Verbesserungsvorschläge bewertet.
Mitbestimmungsfrei ist auch die Entscheidung des Arbeitgebers, einen Verbesserungsvorschlag
überhaupt anzunehmen und umzusetzen, oder nicht, dies ist Ausdruck seiner unternehmerischen
Freiheit.
1.3.14
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit (§ 87
Abs. 1 Nr. 13 BetrVG)
Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG ist, den mit Gruppenarbeit einhergehenden erheblichen Gefahren für Arbeitnehmer entgegenzuwirken. Diese Gefahren
bestehen insbesondere die mögliche Ausgrenzung leistungsschwacher Arbeitnehmer und die Tendenz zur Selbstausbeutung der Gruppe (BT-Drucks. 14/5741 S. 47).
Was eine „Gruppe“ im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG ist, definiert das Gesetz selbst: Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn
im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs
eine Gruppe von Arbeitnehmern
eine ihr übertragene Gesamtaufgabe
im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt.
Damit besteht kein Mitbestimmungsrecht bei kurzfristig gebildeten ad-hoc-Gruppen oder Projektgruppen. Es sollen nur Arbeitnehmergruppen vom Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 13
BetrVG erfasst werden, die auf eine gewisse Dauer angelegt sind.
Ein Mitbestimmungsrecht sieht § 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG nur für die Grundsätze der Durchführung
von Gruppenarbeit vor. Die Einrichtung oder Auflösung solcher Gruppen ist mitbestimmungsfrei.
Mitbestimmungsfrei ist das „Ob“ der Einführung oder Beendigung der Gruppenarbeit. Hat sich der
Arbeitgeber aber mitbestimmungsfrei für die Einführung der Gruppenarbeit entschlossen, so hat der
Betriebsrat über das „Wie“ mitzubestimmen.
Mitbestimmungspflichtig ist z.B. die Wahl eines Gruppensprechers, das ob und wie von Gruppengesprächen, Regelungen über die Zusammenarbeit in der Gruppe und Konfliktbewältigung in der Gruppe, Zusammenarbeit mit anderen Gruppen, Regelungen der Arbeitszuweisung an die Gruppe und
Verteilung der Arbeit in der Gruppe, Schutz leistungsschwacher Arbeitnehmer, Schutz vor Selbstausbeutung der Gruppe, Zusammensetzung und Größe der Gruppe (str.).
2 Streitigkeiten
Streitigkeiten im Zusammenhang mit den Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats aus § 87 BetrVG
sind in der Praxis häufig. Oft versuchen Arbeitgeber, das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zu
ignorieren oder zu unterlaufen. Dann muss der Betriebsrat den Arbeitgeber ggf. auch unter Zuhilfenahme des Arbeitsgerichts zwingen, diese Maßnahmen zunächst zu unterlassen und ggf. rückgängig zu
machen, bis über die Maßnahme eine Einigung der Betriebsparteien erzielt wurde. Nur so kann der
Betriebsrat sein Mitbestimmungsrecht effektiv vor Missachtung schützen.
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Kommt keine Einigung zwischen den Betriebspartnern über eine Angelegenheit (Regelung) nach § 87
BetrVG zustande, entscheidet die Einigungsstelle, deren Spruch die Einigung der Betriebsparteien
ersetzt, § 87 Abs. 2 BetrVG. Damit ist sind die Mitbestimmungstatbestände des § 87 Abs. 1 BetrVG
erzwingbar und für den Betriebsrat auch gegen den Willen des Arbeitsgebers im Einigungsstellenverfahren durchsetzbar. Zum Einigungsstellenverfahren im Detail siehe § 76 BetrVG.
Gerne beraten wir den Betriebsrat, wie er seine Interessen gegenüber dem Arbeitgeber durchsetzen
kann. Rechtsanwalt Marc Hessling steht Ihnen auch gern als Einigungsstellenbeisitzer zur Verfügung.
Sprechen Sie uns einfach an, wir beraten Sie gerne.
Daneben kann das Bestehen oder Nichtbestehen von Mitbestimmungsrechten durch arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren festgestellt werden, dies ist zulässig, wenn der Antrag so präzise wie möglich den Sachverhalt beschreibt, über dessen Mitbestimmungspflichtigkeit gestritten wird, es darf
sich zudem nicht um einen bereits abgeschlossenen Lebenssachverhalt halten, hierfür fehlte ein
Rechtsschutzinteresse. Das Bestimmtheitserfordernis ist in der Praxis mitunter schwierig zu erfüllen,
der Unterlassungsantrag muss nämlich so bestimmt formuliert sein, dass tatsächlich nur solche Situationen von ihm erfasst werden, hinsichtlich derer der Betriebsrat tatsächlich einen Unterlassungsanspruch hat. Ist dies nicht der Fall, liegt ein sog. Globalantrag vor, der den Antrag unbegründet macht.
Der Betriebsrat sollte sich daher – wenn er die Stellung eines Unterlassungsantrags im Beschlussverfahren beabsichtigt unbedingt anwaltlicher oder gewerkschaftlicher Hilfe versichern. Die Kosten der
Hinzuziehung eines Rechtsanwalts sind nach § 40 BetrVG vom Arbeitgeber zu tragende erforderliche
Rechtsverfolgungskosten.
Zum Schutz seines Mitbestimmungsrechts kann der Betriebsrat die Unterlassung mitbestimmungswidriger Maßnahmen des Arbeitgebers verlangen. Auch dieser Anspruch ist durch Einleitung eines
arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens durchsetzbar. Dabei kann sich der Betriebsrat nicht nur auf
den Unterlassungsanspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG berufen (die Schwäche des Unterlassungsanspruchs nach § 23 Abs. 3 BetrVG ist, dass ein grober Pflichtenverstoß des Arbeitgebers vorliegen
muss), sondern auch auf ein gesetzlich nicht ausdrücklich geregelten allgemeinen Unterlassungsanspruch, der einen groben Pflichtverstoß nicht voraussetzt, hier genügt also jeder Verstoß des Arbeitgebers gegen ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, auch ein erstmaliger Verstoß, um einen
allgemeinen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats zu begründen.
Der Unterlassungsanspruch des Betriebsrats ist in Eilfällen auch im arbeitsgerichtlichen einstweiligen
Verfügungsverfahren durchsetzbar.
Falls der Arbeitgeber die mitbestimmungswidrige Maßnahme bereits vollzogen hat und der sich daraus ergebende mitbestimmungswidrige Zustand fortbesteht (der Arbeitgeber hat z.B. mitbestimmungswidrig eine Werksmietwohnung vermietet), kann der Betriebsrat zusätzlich einen Beseitigungsanspruch arbeitsgerichtlich geltend machen (BAG Beschluss vom 16.06.1998 – 1 ABR 68/97 –;
LAG Hamm Beschluss vom 08.10.2004 – 10 TaBV 21/04).
Führt der Arbeitgeber eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme durch, ohne dass der Betriebsrat
vorher mitbestimmt hat, so kann der Betriebsrat den Arbeitgeber zur Sicherung des Mitbestimmungsrechts auf Unterlassung (arbeitsgerichtlich) in Anspruch nehmen. So hat der Betriebsrat zunächst sein Mitbestimmungsrecht vor Missachtung geschützt. Zugleich erhöht es in aller Regel den
Druck auf den Arbeitgeber, weil die Maßnahme, die er mitbestimmungswidrig durchgeführt hat in
aller Regel mit wirtschaftlichen Interessen einhergeht. Dass er nun zur Unterlassung dieser Maßnah-
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me gezwungen wird führt also meist zu einem erhöhten wirtschaftlichen Druck, der die Kompromissbereitschaft in der Regel erhöht; hier ergeben sich insbesondere auch Ansätze für Koppelungsgeschäften (zur Zulässigkeit von Koppelungsgeschäften siehe oben).
Gerne vertreten wir Sie auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren; wir beraten Sie gern über
die bestehenden Möglichkeiten.
3 Weiterführende Hinweise und Literaturempfehlungen
Unser Büro vertritt und berät schwerpunktmäßig Betriebsräte und Gewerkschaften in kollektivarbeitsrechtlichen Fragen. Gerne sind wir auch Ihnen behilflich, wenn es zum Beispiel um die Einleitung
eines Beschlussverfahrens, eines Einigungsstellenverfahrens oder um Sachverständigentätigkeit geht.
Gerne steht Ihnen Rechtsanwalt Marc Hessling auch für ihre nächste Betriebsratsschulung zur Verfügung.
Rechtsanwalt Marc Hessling ist auch Fachbuchautor: Er ist Mitautor eines Kommentars zum Betriebsverfassungsgesetz und ist Herausgeber einer Sammlung kommentierter Betriebsvereinbarungen:
Linnartz (Hrsg.), Praxiskommentar zum BetrVG für Betriebsräte, WEKA MEDIA Verlag, Kissing;
Hessling (Hrsg.), Kommentierte Betriebsvereinbarungen, WEKA MEDIA Verlag, Kissing,
Im Praxiskommentar hat Rechtsanwalt Hessling unter anderem die §§ 74 – 77 und § 87 BetrVG
kommentiert. Die „Kommentierten Betriebsvereinbarungen“ bieten nicht nur Musterbetriebsvereinbarungen nebst Kommentierung, sondern auch noch alles, was der Betriebsrat an Wissen sonst noch
benötigt, um ein Betriebsvereinbarungsprojekt zum erfolgreichen Abschluss zu bringen.
Die Werke können über den Buchhandel oder direkt beim WEKA MEDIA Verlag bestellt werden:
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