20140710_Stellungnahme zum Nutzungsvertr[...] - bip
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20140710_Stellungnahme zum Nutzungsvertr[...] - bip
Eberhard Kramer Präsident des Landgerichts a. D. Mögliches Recht der Gemeinde Schmitten zur Kündigung des Nutzungsvertrages mit der WPE Gutachterliche Stellungnahme Sachverhalt/Ausgangslage Die WPE – Hessische Windpark Entwicklungs GmbH, Wiesbaden („Nutzer/Betreiber“), und die Gemeinde Schmitten („ Grundstückseigentümer/Eigentümer“) haben einen als Nutzungsvertrag überschriebenen Vertrag abgeschlossen, in dessen Präambel es unter anderem heißt: „Der Nutzer plant, in der Gemarkung Schmitten einen Windpark mit bis zu 3 Windenergieanlagen auf dem Grundstück des Eigentümers zu errichten, zu betreiben, Instand zu halten und an das öffentliche Netz anzuschließen. Hierzu ist er daran interessiert, Grundstücke für die Errichtung der WEA und Flächen für die Erschließung (Zuwegung und Netzanschluss) langfristig zu nutzen und anzupachten sowie Flächen für die Eintragung von Baulasten zu sichern.“ In § 1 – Vertragsgegenstand – heißt es unter anderem: „1. Vertragsgegenstand ist die Bereitstellung von Grund und Boden durch den Grundstückseigentümer an den Nutzer zur Planung und Errichtung und zum Betrieb von Windenergieanlagen (WEA) einschließlich Zubehör...“ Das Nutzungsentgelt regelt § 4, in dem unter anderem vereinbart wird: „1. Das Nutzungsentgelt beträgt vom Zeitpunkt des Baubeginns an gerechnet, je errichteter WEA jeweils 6,75 % der Stromerlöse, mindestens 34.000 € pro WEA und Jahr...“ und ferner: „...Der Anspruch auf die Zahlung des Nutzungsentgelts beginnt mit dem Monat der Inbetriebnahme (IBN) des Windparks...“ Gemäß § 8 Nr. 2 ist das Vertragsverhältnis befristet. Die Laufzeit beträgt, beginnend mit dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme der ersten Windenergieanlage, 25 Jahre. Beide Parteien können – so die Regelung in § 9 Nr. 1 Satz 1 – den Nutzungsvertrag kündigen, wenn bis zum 01.07.2014 nicht alle erforderlichen Genehmigungen für die Errichtung und den Betrieb der Windenergieanlagen erteilt wurden oder nicht zu erlangen sind. § 9 Nr. 1 Satz 2 ff lauten: „Das Kündigungsrecht des Grundstückseigentümers entfällt, sofern der Nutzer bis 30.06.2014 das Nutzungsentgelt nach § 4 erstmalig anteilig für das Jahr 2014 entrichtet. Beruht die Verzögerung der Genehmigung über den genannten Termin hinaus nicht auf Gründen, die der Nutzer zu vertreten hat, steht den Vertragsparteien das Kündigungsrecht erst ab dem 31.12.2014 zu. Zahlt der Nutzer jedoch auch bei Nichtvorliegen der Genehmigung ab dem 30.06.2014 bzw. 30.12.2014 die Mindestpacht nach § 4 dieses Vertrages, so steht dem Eigentümer das Kündigungsrecht nicht zu. Die geleistete Zahlung wird mit dem ersten dem Eigentümer zustehenden Entgelt nach § 4 verrechnet.“ Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf den mir vorliegenden Entwurf Bezug genommen. In einem Schreiben der ABO Wind AG vom 28. Mai 2014 an die Gemeindeverwaltung Schmitten heißt es: „… in Bezug auf die Windparkplanung Schmitten und den in diesem Zusammenhang geschlossenen Nutzungsvertrag zwischen der Gemeinde Schmitten und der WPE... möchten wie Sie darüber informieren, dass im voraus und fristwahrend bis zum 30.06.2014, wie vereinbart, das Nutzungsentgelt anteilig für das Jahr 2014 gezahlt wird. 2 Auch wenn es zu zeitlichen Verzögerungen im Projektverlauf kam, möchten wir an dieser Stelle deutlich machen, dass wir nach wie vor an dem Projekt Schmitten festhalten. In einem ersten Schritt wird sich die weitere Planung zunächst auf eine Windenergieanlage konzentrieren, weshalb die Pacht zunächst für eine Anlage gezahlt wird... Vertraglich vereinbart wurde ein Mindestnutzungsentgelt von 34.000 € pro WEA und Jahr. Daraus ergibt sich bei einer anteiligen Verrechnung für das Jahr 2014 eine Vorauszahlung in Höhe von 17.000 €. Damit gelten die Pflichten der Nutzerin aus dem Nutzungsvertrag als erfüllt…“ Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 28. Mai Bezug genommen. Einem Projektpapier der WPE – überschrieben mit „Windparkplanung in Schmitten – Aktueller Stand“ – ist zu entnehmen, dass die WPE unter anderem die Gemeinde Schmitten im September 2013 darüber informiert hat, dass an dem vorgesehenen Standort zwei Windenergieanlagen entwickelt werden sollen. Wegen weiterer Einzelheiten nehme ich ebenfalls auf dieses Papier Bezug. Ich unterstelle, dass der Vertrag zwischen der Gemeinde Schmitten und der WPE vor dem September 2013 geschlossen wurde. Ich gehe davon aus, dass bis zum 30.06.2014 keine Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der Windenergieanlagen vorlag. Ich gehe ferner davon aus, dass bis zu diesem Zeitpunkt nur 17.000 € gezahlt wurden. Zu prüfen ist, ob die Gemeinde Schmitten den Nutzungsvertrag kündigen kann. Rechtliche Würdigung Die Gemeinde Schmitten kann den Vertrag mit der WPE gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 des Vertrages kündigen, wenn bis zum 01.07.2014 nicht alle erforderlichen Genehmigungen für die Errichtung und den Betrieb der Windenergieanlagen erteilt wurden oder zu erlangen waren und das Kündigungsrecht nicht gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 infolge fristgerechter Zahlung entfallen ist. Bis zum 01.07.2014 lagen keine Genehmigungen vor. Bis zum 30.06.2014 hat die WPE nur 17.000 € an die Gemeinde gezahlt. Fraglich ist, ob dieser Betrag dem Nutzungsentgelt nach § 4 entspricht, das erstmalig anteilig bis zum 30.06.2014 für das Jahr 2014 zu entrichten war, um das Kündigungsrecht des Grundstückseigentümers entfallen zu lassen. Gemäß § 4 beträgt das Nutzungsentgelt – vom Zeitpunkt des Baubeginns an gerechnet – je errichteter WEA mindestens 34.000 € pro WEA und Jahr. Zum 30.06.2014 war noch keine Windenergieanlage errichtet. Die WPE plante zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bis zu 3 Windenergieanlagen zu errichten – so steht es in der Präambel des zwischen den Parteien vereinbarten Vertrages. Bei vollständiger Errichtung dieser 3 Anlagen, wozu sie auf der Grundlage des Nutzungsvertrages entsprechend der Formulierung in der Präambel des Vertrages befugt war, hätte sie mindestens 102.000 € pro Jahr zahlen müssen – also für ein halbes Jahr 51.000 €. Allerdings haben die Parteien sich offensichtlich später – dies entnehme ich dem Prospekt „Windparkplanung in Schmitten“ – auf die Errichtung von 2 Windenergieanlagen verständigt. Der Vertrag wurde nicht ausdrücklich entsprechend abgeändert. Für die Beantwortung der zu prüfenden Frage kann indessen dahinstehen, ob nach einer Verständigung auf 2 Windenergieanlagen letztlich immer noch auf dem Grundstück 3 Windenergieanlagen errichtet werden durften. Auch wenn man davon ausgeht, dass einvernehmlich nur noch 2 Windenergieanlagen errichtet werden sollten, beträgt das jährliche Nutzungsentgelt 68.000 € – für ein halbes Jahr also 34.000 €. 3 Dieses Recht auf 2 Windenergieanlagen hat die WPE ohne eine Kündigung durch die Gemeinde nach wie vor. Die Möglichkeit zur Errichtung dieser Anlagen wollte sie sich im Einvernehmen mit der Grundstückseigentümerin mit der fristgerechten Zahlung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 des Vertrages in jedem Falle erhalten. Eine Kündigung durch die Gemeinde würde für die WPE jede Möglichkeit entfallen lassen, Windenergieanlagen zu errichten. Dies sollte vermieden werden; das Grundstück sollte der WPE weiterhin für die vertraglich insgesamt mögliche Zahl der Anlagen zur Verfügung stehen. Wenn die WPE nach Abschluss des Vertrages die Möglichkeit der Errichtung von 2 Anlagen nicht ausnutzen will, sondern es zunächst bei einer Anlage belässt, so kann dies an der Zahlungsregelung in § 9, die die gesamte Möglichkeit der Errichtung von Windanlagen umfasst, nichts ändern. Es ist ihre jederzeit änderbare Entscheidung. Nach Errichtung der Windenergieanlagen richtet sich die Zahlung vom Baubeginn an allein nach der Zahl der Windenergieanlagen. Diese Zahl stand bei Abschluss des Vertrages noch nicht fest und konnte daher bei der Berechnung eines möglichen Nutzungsentgelts für den Wegfall des Kündigungsrechts keine Rolle spielen. Fest stand nur die maximal zulässige Zahl der Anlagen, die auch nur Grundlage einer Zahlung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 ohne Errichtung von Anlagen sein konnte. Die Zahlung eines anteiligen Nutzungsentgelts zur Aufrechterhaltung des Nutzungsvertrages steht nicht im Belieben eines Vertragspartners und konnte von der WPE alleine nicht nachträglich durch einseitige Änderung ihrer Planungen reduziert werden. Dazu hätte es des Einverständnisses der Gemeinde bedurft, das nicht vorliegt. Die WPE erleidet letztlich auch keinen entscheidenden Nachteil, da die geleistete Zahlung mit dem ersten dem Eigentümer zustehenden Entgelt nach § 4 verrechnet wird. Der geringe Zinsverlust erhält ihr die Möglichkeit, die Windanlagen auch nach dem 30.06.2014 zu errichten. Für diese Auslegung spricht auch die Regelung in § 9 Nr. 1 Satz 4, die vorsieht, dass der Nutzer in einem bestimmten Fall die Mindestpacht nach § 4 zu zahlen hat. (Mit Mindestpacht sind wohl 34.000 € pro WEA und Jahr gemeint, wobei man hier der Meinung sein kann, dass mit dem Wort Mindestpacht eben auch nur eine Anlage gemeint sein kann; eine solche Auslegung ist aber nicht unzweifelhaft.) Aus dieser Regelung ergibt sich indessen, dass die Parteien bei Abschluss des Vertrages sehr wohl zwischen unterschiedlichen Fällen der Nichterrichtung der Anlagen differenziert haben. Zwischenergebnis: Das Kündigungsrecht des Grundstückseigentümers ist nicht gemäß § 9 Nr. 1 Satz , entfallen, da das Nutzungsentgelt nicht anteilig in voller Höhe entrichtet worden ist. Es sind 17.000 € gezahlt worden, es hätten mindestens 34.000 € gezahlt werden müssen. Das Kündigungsrecht steht der Gemeinde auch nicht gemäß § 9 Nr. 1 Satz 3 erst ab 31.12.2014 zu. Wie dem Schreiben der ABO Wind AG vom 28.05.2014 zu entnehmen ist, die zwar selbst nicht Vertragspartner ist, aber wohl offensichtlich im Einvernehmen mit dem Vertragspartner schreibt, geht diese nicht davon aus, dass ein Fall des § 9 Nr. 1 Satz 3 vorliegt. Ergebnis: Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 des Vertrages kann die Grundstückseigentümerin den Nutzungsvertrag ab dem 01.07.2014 kündigen. Das Kündigungsrecht ist nicht entfallen, da die WPE bis zum 30.06.2014 das Nutzungsentgelt nicht in voller Höhe anteilig für das Jahr 2014 entrichtet hat. Schwalbach, 10.07.2014 Eberhard Kramer