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Pflegeexperte Gottlob Schober im Interview: Rosenbad statt Druckgeschwür - Ratge... Seite 1 von 3 Druckversion Pflegeexperte Gottlob Schober im Interview Rosenbad statt Druckgeschwür Im "Seniorenzentrum Villa am Buttermarkt" in Adenau läuft vieles anders als in anderen Pflegeheimen. Obwohl das Personal alle Hände voll zu tun hat, gelingt es, die 89 Bewohner individuell zu betreuen. SWR-Reporter und Pflegeexperte Gottlob Schober hat das Personal und die Bewohner mit dem Kamerateam begleitet. Im Interview erzählt er, was ein Ausflug zum Nürburgring für die Heimbewohner bringt und wieso andere Heime von der Einrichtung in der Eifel lernen können. SWR.de: Sie bescheinigen dem Pflegeheim in Adenau die "Atmosphäre eines 5-Sterne-Hotels" und zeigen in Ihrem Film eine 100-jährige Demenzpatientin in der "Pflege-Oase" im Rosenbad. Wie ungewöhnlich ist so etwas in deutschen Heimen? Gottlob Schober: Der Zustand in vielen Pflegeheimen ist leider genau entgegengesetzt. In fast allen Heimen entdecke ich akuten Personalmangel. Wenn ich morgens in der Frühschicht zwei Pflegekräfte für 30 schwer demente Menschen sehe, dann weiß ich genau: Da kann man sich nicht die Zeit nehmen, den Menschen das Essen so zu reichen, wie sie es nötig hätten. Das ist eben in dieser Einrichtung anders - zumindest in der Zeit, in der ich da war. Also ist das Heim schon etwas Besonderes? Pflegebad für Demenzpatienten Ich würde nicht sagen, dass es ein Einzelfall ist. Es gibt sie tatsächlich, die guten Einrichtungen in Deutschland. Es gibt aber auch extrem viele schlechte. Ich recherchiere jetzt seit zehn Jahren intensiv zum Thema Altenpflege. Und was ich nie verstehen werde, ist, warum es diesen krassen Gegensatz zwischen guten Einrichtungen und schlechten Einrichtungen gibt, wo doch alle dieselben Voraussetzungen haben. Auch das Heim in Adenau bekommt nicht mehr Geld als eine Einrichtung, wo die Menschen unter Druckgeschwüren leiden, mangelernährt sind, an Sonden angeschlossen werden und Ähnliches. "Ein menschenbejahender Stil" Der Verdienst der Heimleitung Dauer: 0:35 min Zum Abspielen von Audios und Videos auf unserer Webseite benötigen Sie den Flash-Player von Adobe. Diese Software ist eine Erweiterung für Ihren Browser. Hier können Sie sich den kostenlosen Flash-Player herunterladen. Alternativ können Sie hier klicken, um den Beitrag im Windows Media Format in einem externen Player abzuspielen. Die Villa am Buttermarkt liegt in der Nähe des Nürburgrings, ein Ausflug auf die Nordschleife ist Bestandteil des Freizeitprogramms. Warum sind solche Highlights so wichtig? Die meisten Bewohner kommen natürlich aus der Region, sie sind mit dem Nürburgring aufgewachsen. In ihrer Jugendzeit sind sie jedes Wochenende auf den Nürburgring gefahren. Wenn sie jetzt, wo sie alt und gebrechlich sind, womöglich auch dement, wieder auf den Nürburgring kommen, dann freuen sie sich, dann haben sie ein Lachen im Gesicht. Einer kannte jede Kurve. Eine alte Frau konnte sich erinnern, wie sie mit ihrem damaligen Freund mit dem Motorrad über den Nürburgring gefahren ist. Da werden Fähigkeiten bei den Bewohnern wieder geweckt, die in manchen anderen Einrichtungen einfach verloren gegeben werden. Der Film zeigt, dass dem Heimpersonal vor allem wichtig ist, auf die individuellen Bedürfnisse der Bewohner einzugehen. Man nimmt sich hier mehr Zeit als üblich. Braucht man dafür auch besonders engagierte Pflegekräfte? http://www.swr.de/ratgeber/gesund/pflege-oase-adenau/-/id=1798/vv=print/pv=print/n... 08.04.2011 Pflegeexperte Gottlob Schober im Interview: Rosenbad statt Druckgeschwür - Ratge... Seite 2 von 3 Zeit für eine Zigarette trotz Pflege-Stress Natürlich. Man braucht Pflegekräfte, die sich wirklich zerreißen. Auch in dieser Einrichtung arbeitet das Personal am Limit. Es gibt nur einen ganz gewaltigen Unterschied: Hier wird das Personal nicht verheizt. Die Belastung ist nicht so groß, dass sie jeden Tag völlig überlastet und überfordert abends nach Hause kommen und denken: "Mensch, wir schaffen es nicht." Die Arbeit ist zwar sehr anstrengend, aber sie ist für das Personal zu schaffen. Daraus folgt ein niedrigerer Krankenstand, die Mitarbeiter sind motivierter und so kann man dann tatsächlich Bewohnern auch einzelne Wünsche erfüllen. "Und er war happy" Wenn der Pfleger einen Spielautomat organisiert Dauer: 0:37 min Zum Abspielen von Audios und Videos auf unserer Webseite benötigen Sie den Flash-Player von Adobe. Diese Software ist eine Erweiterung für Ihren Browser. Hier können Sie sich den kostenlosen Flash-Player herunterladen. Alternativ können Sie hier klicken, um den Beitrag im Windows Media Format in einem externen Player abzuspielen. Aber auch die Organisation spielt eine Rolle: In der Villa am Buttermarkt ist eine Pflegekraft für weniger Bewohner zuständig als in vielen anderen Einrichtungen. Das macht die Pflege aber teurer, oder? Das ist ein Denkfehler, das stimmt nicht. Dieses Heim ist einfach anders strukturiert. Dort hat man in der Verwaltung Personal abgebaut. Dafür wurden mehr Pflegekräfte eingestellt. Das heißt weniger Bürokratie, mehr Personen an der Basis. Im Durchschnitt aller Einrichtungen in Rheinland-Pfalz und auch bundesweit ist diese Einrichtung nicht überteuert. Ist das Modell übertragbar auf andere Heime? Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass dieses Modell sofort flächendeckend kopiert werden könnte. Man muss diese positiven Beispiele einfach nehmen und kopieren. Ich glaube, dann müssten wir als Journalisten über viele Missstände auch nicht mehr sprechen. Obwohl in Adenau in vielen Bereichen vorbildlich gearbeitet wird, ist der Prüfbericht des medizinischen Dienstes für das Heim nicht optimal ausgefallen. Wie aussagekräftig sind diese Berichte? Der Pflege-TÜV sollte Transparenz bringen, wird aber wegen seines Bewertungssystems kritisiert. Hauptkritikpunkt: Die Kriterien werden nicht gewichtet. Schlechte Noten in der pflegerischen und medizinischen Versorgung können durch gute Noten bei "weicheren" Kriterien wie zum Beispiel eine gute Fortbildung nicht nur abgemildert, sondern nahezu komplett ausgeglichen werden. Über den Pflege-TÜV berichte ich seit vielen Jahren. Als Heimplatzsuchender würde ich mich auf den Pflege-TÜV überhaupt nicht verlassen. Diejenigen, die durch den Pflege-TÜV geprüft werden sollen, konnten die Kriterien, nach denen sie geprüft werden, selbst mitbestimmen. Das ist natürlich völliger Blödsinn. Es war von vorneherein klar, dass es nicht funktionieren konnte. Wenn ich meiner Nichte erlaube, die Fragen für ihre Klassenarbeit selbst zu formulieren, dann schreibt sie auch eine gute Note. Genau so war es auch hier. Der Pflege-TÜV in der jetzigen Form gehört abgeschafft. Er hat bisher unheimlich viel Geld gekostet. Jetzt soll er nachgebessert werden - aber auch dabei werden wieder die Heimbetreiber miteinbezogen. Ich glaube, da ist wenig zu machen. Ein Heim ohne Mängel gibt es nicht Ein fehlerhafter Patientenbericht führt zu schlechter Bewertung Dauer: 1:35 min Zum Abspielen von Audios und Videos auf unserer Webseite benötigen Sie den Flash-Player von Adobe. http://www.swr.de/ratgeber/gesund/pflege-oase-adenau/-/id=1798/vv=print/pv=print/n... 08.04.2011 Pflegeexperte Gottlob Schober im Interview: Rosenbad statt Druckgeschwür - Ratge... Seite 3 von 3 Diese Software ist eine Erweiterung für Ihren Browser. Hier können Sie sich den kostenlosen Flash-Player herunterladen. Alternativ können Sie hier klicken, um den Beitrag im Windows Media Format in einem externen Player abzuspielen. Die wenigsten Pflegebedürftigen haben das Glück, sich ein Heim aussuchen zu können, das neue Wege geht. Was können Zuschauer mit pflegebedürftigen Angehörigen bzw. wir alle aus Ihrem Film mitnehmen? Ein Ziel des Films ist es, die Pflegebranche zu spalten: Die guten Einrichtungen müssen kopiert werden, die schlechten Einrichtungen müssen endlich vom Markt. Die Demografie ist eindeutig, es wird immer mehr ältere Menschen geben. Wir können es uns nicht mehr leisten, dass mit schlechter Pflege viel Geld verdient wird. Entscheidend ist, dass die Angehörigen in die Verantwortung genommen werden. Sie müssen regelmäßig in die Einrichtungen schauen, nach ihren Verwandten schauen. SWR-Pflegeexperte Gottlob Schober Unsere Eltern und Großeltern haben es verdient, dass sie menschenwürdig gepflegt werden, auch am Ende des Lebens. Nicht von Hochglanzprospekten blenden lassen Worauf es bei der Suche nach einem Heim ankommt Dauer: 0:30 min Zum Abspielen von Audios und Videos auf unserer Webseite benötigen Sie den Flash-Player von Adobe. Diese Software ist eine Erweiterung für Ihren Browser. Hier können Sie sich den kostenlosen Flash-Player herunterladen. Alternativ können Sie hier klicken, um den Beitrag im Windows Media Format in einem externen Player abzuspielen. Die Fragen stellte Sandra Kaupmann Letzte Änderung am: 05.04.2011, 15.04 Uhr Mehr im SWR: Häufig gestellte Fragen zum Thema Pflege http://www.swr.de/tv/pflege/-/id=2798/nid=2798/did=6934892/mpdid=7100256/1brouim/index.html URL: http://www.swr.de/ratgeber/gesund/pflege-oase-adenau//id=1798/nid=1798/did=7865420/7o61ae/index.html Der SWR ist Mitglied der ARD Sitemap | Impressum | Datenschutz | © SWR 2011 http://www.swr.de/ratgeber/gesund/pflege-oase-adenau/-/id=1798/vv=print/pv=print/n... 08.04.2011