Jungfrau Marathon zum zweiten…

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Jungfrau Marathon zum zweiten…
JF- Marathon 2004
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M. Bachmann
Jungfrau Marathon zum zweiten…
Illustrierter Bericht von M. Bachmann
Wir schreiben das Jahr 2004. Es ist Frühherbst. Mit einem abartigen Muskelkater sitze ich
vor dem Computer und versuche einen Bericht zu komponieren. Nun gut, was kann ich Euch
groß erzählen? Etwas von meiner Laufsaison und dem Jungfrau Marathon 04?
"Oh nein…Stopp" wird es in Euren Köpfen jetzt dröhnen, " nicht schon wieder, das hatten wir
doch letztes Jahr schon ". Klar -, dass weiß ich. Und ich sag Euch, nächstes Jahr und
übernächstes Jahr wird in Eurem Elektronischen Briefkasten wieder und immer wieder ein
Laufbericht zum Runterladen bereit stehen…(Sofern es meine Beine mitmachen). Also, für
diejenigen die ich jetzt nicht abschrecken konnte, viel Spaß beim lesen:
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Gut. Wo soll ich anfangen? Am besten vor einem Jahr. Relativ kurze Zeit (1 Woche) nach
dem JF- Marathon hatten sich die schmerzen in den Beinen verflüchtigt. Blöderweise hat mir
damals niemand gesagt dass die überanstrengten Bänder und Sehnen viel längere
Regenerationszeit brauchen als die Muskeln. Voller Stolz über meine körperliche Tüchtigkeit
fand man mich eine Woche später in den Bergen beim rumkraxeln. Das Kniegelenk fand das
wohl gar nicht lustig und setzte zum Generalstreik an. Folge: Ein Besuch beim Lieblings
Sportarzt. Irgendwie hatte dieser so ein blödes Grinsen in seiner Fratze, als ich ihm zu
erklären versuchte dass meine Knie seit einem harmlosen Bergwandern nur noch
schmerzten…Ach ja, und da war noch ein Marathon davor…, ob ich regelmäßig laufe? Nein.
Wieso? Nach einigen Wochen und einem halben dutzend Tuben "Dul-X Red" war die
Genesung vollendet.
Wie man nach einem solchen Leidensweg auf die Idee kommen kann, das ganz nochmals
zu wiederholen müsste man wohl einen studierten Arzt im weißen Kittel fragen… Das Gefühl
und die Emotionen selbst am härtesten Marathon der Schweiz mitlaufen zu können und
dürfen lassen alle Fragen und Schmerzen verblassen. Und wie sagt man so schön? Aus
Fehler lernt man. Demzufolge drängte sich das Jahr 2004 förmlich auf "alles noch viel"
besser zu machen. Um die Weihnachtszeit stand fest, das "Running Trio", bestehend aus
Dominik (Quasi Schwager), Jürg (Cousin) und meiner Wenigkeit meldet sich zum
diesjährigen Jungfrau Marathon wieder an. Aus Kapazitätsgründen der letzten Strecken
Kilometer werden "nur" 4000 Startplätze vergeben. Diese werden per Zufallsprinzip
ausgelost. Bis ende Januar konnte man sich anmelden und am ersten März wussten wir; Wir
sind alle drei wieder dabei.
In Windeseile überhäuften sich die Vorsätze für den gezielten Trainings Aufbau.
Grundsätzlich galt es früh im Jahr mit dem Laufen zu beginnen, natürlich möglichst oft
trainieren. Im Weiteren wollte ich vor dem großen Marathon einige kleinere Läufe bestreiten.
Geplant waren: GP von Bern (16km Stadtlauf), Blümlisalp Lauf (16km 700hm Berglauf),
und Stockhornhalbmarathon (21km 1700hm Berglauf).
Zum meinem Entsetzen hatte sich über den Winter mein Bauch irgendwie von innen nach
außen gewölbt. Gruß an die tausend fettigen Dipp- Saucen. Just zum Trainings beginn durfte
unsere allseits geliebt Waage eine neue Rekordzahl anzeigen. Yes, 70Kg. Meine
persönliche Bestleistung seit "Markusgedenken". Ein unschöner Umstand, der den Einstieg
in die Laufwelt nicht sonderlich positiv beeinflusste…Da gab's nur eins, weniger essen, DippSaucen und Glace verbot und viel, viel Bewegung. In drei Monaten hatten sich sechs Kilo
Fett auf und davon gemacht. Mein Idealgewicht war wieder zurück.
Ab März habe ich die Laufdaten erfasst und ausgewertet. (Seit den SIZ- Kursen werden alle
möglichen und unmöglichen Daten in Diagrame oder Trendlinien abgespeichert.) Mein
Hobby, das Bergwandern konnte ich als "Höhemeter Training" deklarieren. Zum Saisonstart
fand dies noch mit Schneeschuhen statt. Zu meiner Unfreunde war im Gebirge bis weit ins
den Frühling alles weiß. Natürlich wurden auch "Normale Lauftrainings" absolviert, aber im
Gegensatz zum letzten Jahr kleinere Distanzen zum wohlwollen meiner Gelenke. Neu im
Programm kam der Versuch, auch Bergauf zu laufen. Wer das noch nie gemacht hat, soll's
mal probieren… Trotz meiner relativ guten Grundkondition, hupte und piepste die neue PulsUhr mit alarmierenden Zahlen von bis zu 190 Schlägen pro Minute. Bitte brechen Sie das
Training sofort ab Aber auch diese Tortur ist mit etwas Übung und biss zu meistern.
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Nach einiger Zeit jedoch, fand ich mich in der gleichen Situation wie im Sonnenjahr 2003.
Nach jedem Lauftraining drei tage schmerzen. Ein fieser Schmerz irgendwo zwischen
Schienbein und Wade hatte sich zu meinem Feind gemacht. Ein Besuch beim Hausarzt
(nicht der grinsender Sportarzt) verwies mich ans Ortho Team. Dort findet man kaputte Sportler
oder alte Menschen. Als Überpronierer (Sekfüssler) wurde ein Band in der Wadengegend
ungünstig belastet und hatte sich entzündet. Für dreihundert Schweizer Fräichli konstruierte
man spezielle Einlagen für meinen Laufschuh. Ein Wunder, seither sind diese Schmerzen
nie mehr aufgetaucht, selbst nicht nach dem Jungfrau Marathon. Einzig die Achillessehne
wird wohl etwas mehr belastet. Ferner hatte ich etwas zu kämpfen mit Blasenbildung an den
kleinen Zehen. Schmerzfrei Laufen über größere Distanzen ist ein Wunschtraum!
Gut vorbereitet stand nun der GP von Bern vor der Tür. Ich, eine Woche davor Krank. Suppi.
Das war's. –
Drei Wochen später der Blümlisalp Berglauf. Die letzten Hustenreize und die verstopfte
Nase waren gerade weg als dieses Abenteuer begann. Bei superschönem Wetter startete
ich mit ein paar hundert anderen Läufern. Da es sich um einen kleinen, regionalen Berglauf
handelte waren die meisten der Athleten eingefleischte Bergläufer. Alte Hasen Meine
Vorahnung setzte sich in die Realität um. Nach dem Startschuss spurteten alle auf und
davon. Was konnte ich tun? Natürlich, mit Vollgas hinterher. Meine Puls- Uhr piepste ihr
Liedchen vom Alarm… Zuerst dachte ich noch "das gute Ding spinnt oder ist kaputt".
Wahrscheinlicher war, dass der kleine Bachi mit neunundneunzig Prozent Leistung den Berg
hinauf donnerte. Für mich persönlich war es ein toller Erfolg, diese 16 Kilometer und 720
Höhemeter in einer Stunde und 59 Minuten zu laufen. Auf der Rangliste war Bachmann Märki
natürlich unter ferner liefen.
Start Blüemlisalp Lauf
Nach 8Km im Kiental
Im Juli hieß das Thema: Stockhornhalbmarathon. Mit Dominik absolvierten wir ein Probe
Training. Joholodiu…Das war wirklich ein Berglauf im wahrsten Sinne des Wortes. Auf der
ganzen Strecke praktisch nur bergauf. So steil dass praktisch nur ein gehen möglich war. In
der Nacht und am Morgen des Renntages regnete es. Dort wo das das Stockhorn sein sollte
waren nur dicke graue Wolken. Wehmütig, aber weise entschied ich mich nicht zu starten.
Die Laufstrecke geht über Stock und Stein (und Gras und Dreck). Nach fünf Minuten mit
nassen Socken in mitten von durchtrainierten Bergläufern zu stehen war auch nicht gerade
der Wunschgedanke. Nächstes Jahr gibt's ja auch wieder ein Stockhorn lauf. (…und ich
werde noch besser trainiert am Start sein, die Sonne wird scheinen!!! Träum weiter kleiner
Läufer
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Probe Training für Stockhorn Halbmarathon
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Nach 18Km beim Stockensee
Tick, tack, tick… schon war der nächste Event in der Agenda der Jungfrau Marathon. Bis
Ende Juli hatten sich schon knapp 200 Laufkilometer und 11'000 Höhenmeter angesammelt.
Wieder wurde die Zeit knapp, keine zwei Monate mehr um sich auf dieses gewaltige
Ungerfangen vorzubereiten. Jeden regenfreien Sonntag oder Montag sind Karin und ich,
(oder ich im Alleingang) irgend auf einen Berg oder eine Hütte gestiegen. Die Lauf Training
fanden meistens am Abend nach der Arbeit statt. Relativ viele, aber im Allgemeinen kurze
Distanzen so um drei bis zehn Kilometer. Abschließend habe ich 21km von dem flachen Teil
des JF- Marathons unter die Beine genommen. Mit Karin im Genick mit Velo bewaffnet. Drei
Tage später noch die Krönung, Der steile Streckenteil Lauterbrunnen Wengen. HobbyMarathoni- Bachi war bereit. Zumindest im Geist.
Der Jungfrau Marathon. Zur Erinnerung, 42.195 Kilometer, 1839Höhemeter, 22,8 Kilometer
Asphaltstrasse, 15,5 Kilometer Wanderweg, 3,8 Kilometer Bergweg. Zeitlimit von 6Std
30Minuten. Drei Kontrollschlusspunkte bei Km 20 nach 2Std25, Km 30 nach 4Std10 und Km
38 nach 5Std25. Im ersten Teil von 25,5 Kilometer sind rund 300 Höhemeter zu bewältigen
und in den letzten 17Km noch 1500m.
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Schwupsdiwups… und schon ist's Freitag, ein Tag vor dem Rennen. Ich habe mir an diesem
Nachmittag frei genommen. Im Wohnzimmer sieht's aus wie bei der Militärinspektion. Alle
Lauf- Utensilien sind am Boden ausgebreitet. Die
Wahl der Laufsocken muss noch eruiert werden.
Ebenso das Lauf- Kleidchen und die
Kopfbedeckung... Alles muss zweckmäßig und
dem Wetter angepasst sein. Um nicht sechs
Stunden mein keuchen und geschnaufe zu hören,
entschied ich mich mit Musik zu laufen. Im nur
40Gramm leichten MP3 Player wurden einige
Stunden motivierende Musik aufgenommen.
Vorwiegend Dance Sound mit einem aggressiven
Bass, etwas AC-DC&co und lustige Ballermann
Liedchen zum mitgrölen. Rocky4 durfte auch nicht
fehlen. Kult Status. Gegen Abend düsten Dominik und ich Richtung Interlaken um unsere
Startnummer abzuholen. Danach verdrückten wir dort an der Pasta Party die obligaten
Spagetti in mitten von extrem Marathonläufer/innen. Hilfe, Angst
Auch in diesem Jahr wurde mein Körper mit all meinem Ernährungstechnischen Wissen
aufgepäppelt und gedopt. Da waren Brausetabletten mit Magnesium vorbeugend gegen
Muskel Krämpfe, Calcium für starke Knochen und Multivitamine um nicht Krank zu werden.
In der Wettkampfwoche montags bis Mittwoch verspieß ich keine Kohlenhydrate. Damit
bauten sich die "alten" KH ab. Donnerstags und freitags; wurden möglichst viele
Kohlenhydrate gegessen. Somit sollte sich ein Depot bilden mit frischen KH.
Selbstverständlich viel trinken und abends früh ins Bett gehen. Man könnte jetzt denken: Was
soll das ganze Theater? Aber, am diesjährigen Marathon hat mein Körper weit über 4500
Kalorien verbraten. Unter diesem Umstand lohnt es sich sicherlich einige Gedanken zum
Thema Verpflegung vor, während und nach dem Lauf zu machen.
Klingelingeling… Samstagmorgen 05.45Uhr. Zeit zum aufstehen. Minimum drei Stunden vor
dem Rennen sollte der Körper wach sein. Im Gegensatz zum letzten Jahr schlief ich relativ
gut und war viel weniger aufgeregt. Routine? Ein letzter technischer Body- Check an meinem
Luxus Sportler Body… 64.0 Kilo, 11,9% Fett, 57% Wasser. Puls 85, Blutdruck 79 zu 117.
Das war der Situation entsprechend nicht schlecht. Etwas nach sieben Uhr wurden Karin und
ich von meinem Schwesterherzchen und Dominik abgeholt.
Eine Stunde vor dem Startschuss waren wir in Interlaken. Die Wetterprognose versprach
schönes und warmes Föhn Wetter. Der Himmel zeigte wenig Hoffnung auf eine Richtigkeit
der Prognose. Wie letztes Jahr setzten wir uns in ein Interlakner Nobel Cafe und tranken
eine Ovo. Du kannst nicht besser, aber länger… Hoffentlich !! Zum jetzigen Zeitpunkt kam die
lang erwartete Nervosität. Schuhe binden, Startnummer befestigen, das Kopfhörerkabel
optimal verlegen, etc. Natürlich nicht zu vergessen der letzte Toilettengang. Noch schnell ein
paar hundert Gramm Ballast abwerfen. Gutgelaunt, nach geglückter Mission auf dem weg
zurück an unser Tischchen kam der Schock des Tages. Ein Platzregen. Knapp eine halbe
Stunde vor dem Start. Auf den Strassen Interlakens waren schon hunderte von
Läufern/innen die ihre aufwärmrunden zogen. Kurzum waren die Menschenmassen
verschwunden. Dieser Umstand brachte mich ein bisschen aus dem Konzept. Lieber, lieber
Regen hör bitte auf. Liebe Sonne komm doch Du! Scheißregen hau ab! Sofort! Augenblicklich!
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Etwa 10 Minuten vor dem Start standen wir draußen in der nässe. Es tropfte zum Glück nur
noch leicht. Aber die Strassen waren voller Pfützen. Irgendwie war alles nun sehr hektisch.
Einen taktisch schlauen Startplatz zu finden, war in dieser Situation gar nicht so einfach.
Relativ weit hinten versuchte ich mich einzureihen. Mit der Ruhe war's nun vorbei, Mein Puls
war schon auf über 120 Schlägen, obwohl ich nur in einer riesigen Menschenmaße stand
und wartete. Zehn, Eins, Peng Endlich der erlösende Startschuss, begleitet von
Ohrenbetäubenden Donnerschlägen. War wohl noch was übrig von 1ten August? Grosses
gejubel und klatschende Hände. Nach etwa zwei Minuten kam Bewegung in die Marathonis
in unseren hinteren Reihen. Und ab ging's. So ein Massenstart hat es in sich, bis alle 4000
Läufer in Bewegung sind. Drei Minuten nach dem Startschuss trample ich über die Startlinie
und löse mit meinem Chip am Turnschuh meine persönliche Laufzeit aus.
Meine diesjährige Strategie war folgende: Lieber die ersten 25 Kilometer zehn Minuten
langsamer angehen als letztes Jahr. Ich wusste dass ich im Bergteil wieder Zeit gut machen
könnte wenn mein Bewegungsapparat die flache Laufstrecke überstehen würde. Letztes
Jahr hatte ich große Probleme mit dem linken Knie. Falls dieses Gelenk mit dem
langsameren Tempo nun keine Probleme machen würde, wäre eine Theoretische
Schlusszeit von 5Std 45 möglich. Das wäre eine Steigerung von 15 Minuten. Wir wissen
aber alle: Theorie und Praxis.
Offensichtlich war ich im Start getummel etwas weit vorne eingestanden. Das tempo war zu
schnell. Die ersten 10Kilometer sollten genau in einer Stunde gelaufen werden. Also lies ich
mich langsam überholen und war nach einigen Kilometer in einem Feld das etwa meinem
Wunschtempo entsprach. Ganze vier Kilometer zieht sich die Strecke durch Interlaken wo
einem viele Tausend begeistere Zuschauer anfeuerten. In Worte ist das nicht zu
beschreiben. Abseits von der Stadt wo sich die Zuschauermenge etwas verdünnte stellte ich
die Musik lauter und lies mich mit durch Highway to Hell inspirieren. In Bönigen standen
wieder unzählige Zuschauer. Alles was lärm machen kann wurde eingesetzt. Lustige
Menschen mit laut bimmelnden Glocken, Guggenmusik, Volksmusikanten mit ihren
"Druckluft Kompressoren" oder einfach nette Menschen die Ihren Hände
zusammenschlugen.
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Mein Hirn verzeichnete plötzlich ein " déjà vu". Da waren die gleichen Bilder wie letztes Jahr.
Eine Garage, mit der ganzen Belegschaft im grünen Overall, stehend an einem
Werkzeugkasten. Auf diesem Teil thronte eine Kaffeekanne statt Werkzeuge. Was diese
Herren wohl dachten? Weiter vorne hockten gesellige Menschen rund um einen für diesen
Anlass aufgestellten Holztisch. Selbstverständlich dekoriert mit lauter Hochprozentigen
Flaschen. Mit etwas Alkohol im Blut wirkten diese 4000 vorbei trampelnden (verrückten)
Gipfelstürmer sicherlich noch amüsanter…
Kurz vor Wilderswil war die erste Pinkelpause fällig. Der Boden war immer noch nass, jetzt
galt es sein Geschäft etwas abseits der Läufer zu verrichten ohne im Gras klitschnasse
Turnschuhe einzufangen. Beim Dorfausgang in Wilderswil, beim Kilometer zehn stand die
erste längere Steigung an. Beim Verpflegungsposten schnell eine halbe Banane verdrücken,
ein Traubenzückerli einwerfen und ab geht's in die teuflische Steigung. Einige Läufer zogen
es bereits hier vor lieber zu gehen. Bisher ist alles bestens gelaufen. Ich war im Zeitplan und
das Kleinhirn meldete noch keine System Überlastungen.
Zuschauer und Musikanten in der Gegend von Wilderswil
Dieser Abschnitt ist den Läufern gewidmet die mir besonders aufgefallen sind. Wohl auch
noch anderen.. Diese lustigen Sportler bewegten sich seit einigen Kilometer in meiner nähe.
Eine Gruppe mit eher älteren Japanern. Alle mit einem leuchtenden Pinkfarbigen Umhang
dekoriert mit Asiatischen Schriftzeichen und einem "Rambo" Stirnband. Jeweils einer aus der
Gruppe spurtete davon, um später seine Kollegen in "Action" zu Fotografieren. Die lieben
und stolzen Holländer waren auch leicht zu erkennen. Allesamt, mit orange farbigem T-Shirt.
Auf dem Rücken den eigenen, nicht aussprechbaren Namen "van der krijboeijk". Der
absolute Wahnsinn war eine junge Brasilianerin. Auf dem Kopf eine Kappe die einen Fußball
symbolisierte, und um den Kopf ein Fußball Tor mit Netz. Grosse Annerkennung meinerseits!
Da muss jemand "zwääg" sein, 42Km zu laufen mit Fasnachtsbekleidung.
Fußball Brasilianerin
Japaner
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Zweilütschienen, Km 15, 1Std35, Immer noch minutengenau im Zeitplan. (Habe mir mit
Excel liebevoll ein Laufplänli gebastelt.) Das Wetter wurde immer besser, zwischen den
Wolken schien die Sonne durch. Die beiden kleinen Zehen die vor dem Start in "Compeed"
eingehüllt wurden verhielten sich bis jetzt ruhig. Die Achilles Sehnen beider Füße drückten
ihre Anwesenheit mit einem leichten Schmerz aus. Aber durchaus noch kein
ernstzunehmendes Problem.
Zwischen dem 16ten und 20igsten Kilometer
steigt die Laufstrecke permanent auf einem
Wanderweg. Parallel zur weißen Lütschine. Es ist
kühl vom kalten Wildwasser. Auf diesem Terrain
hielt ich mein Tempo, sieben Minuten pro
Kilometer. Das ist nicht sonderlich schnell aber
bei dieser Steigung gerade ideal. Die
Herzfrequenz bewegte sich konstant im bereich
von 160 bis 170 Schlägen. Das nächste
Zwischenziel kündigte sich an. Lauterbrunnen,
Km 19.6, 2Std09. Meine Augen machten sich auf
die Suche nach den lieben Verwanden und
Bekannten. Beim Bahnhof wurde ich fündig, dort
standen Brigä und Kurä. Die offizielle Vertretung
meiner Eltern, die zurzeit in den Ferien weilten.
Von Karin und Rita keine Spur. Komisch Des
Rätsels Lösung: Die beiden Unglücksraben waren
in den Zug nach Grindelwald
eingestiegen…Hahaha Im Dorf Lauterbrunnen war
wie erwartet ein riesiger Rummel. Viele
Zuschauer und Fotografen. Weiter geht’s unter
dem berühmten Staubbachfall durch. Für mich
gehört diese Gegend zu den schönsten die ich
kenne.
In Lauterbrunnen
Halbmarathon, 21.1Km, 2Std19. Position 2990 (von etwa 3150 Männer die noch im Rennen
waren). Durch mein gemütliches Tempo war ich nun eher am Ende der ganzen Horde. Dies
war aber ja auch so geplant, zehn Minuten langsamer als vor einem Jahr. Zehn Minuten,
dass bedeutet etwa 300 Platzierungen weiter hinten. Kurz nach dem Halbmarathon machte
sich dann mein Knie bemerkbar. Hallo, ich Bin dein Knie. Wenn Du weiter läufst tue ich Dir weh,
fest weh! Der Schmerz war da, und kam mit jedem Schritt etwas stärker, bei weitem nicht so
schlimm wie im 2003, aber er war da. Neeeeiiinnn, das ist fies.
Meine ganze Planung wurde über den Haufen geworfen. Die "Knie schonende Lauftaktik"
hatte offensichtlich nicht gefruchtet. Nun konnte man sich nur noch an die Hoffnung
klammern dass der Schmerz nicht stärker wurde. Mit tausend Gedanken im Kopf lief ich die
völlig flache und vier Kilometer lange Trümmelbach Schlaufe. An den Verpflegungs- Ständen
hielt ich mich etwas zurück. Letztes Jahr wurde mir vor lauter "Energy" Tabs, Riegel und Gel
schlecht und war kurz vor dem ko… Lernfähig wie man ist, verspieß ich vorwiegend
Bananen und meine Lieblings Softriegel von Sponsor, Schokolade- Bananen. (Kann die
gelbe Frucht zurzeit nicht mehr sehen…) Wichtig ist immer viel zu trinken. Insgesamt waren
das mehrere Liter. Die ersten 20 Kilometer eher Elektrolyt- Getränke, später Coca Cola oder
Bouillon.
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Vor dem Hauptanstieg, 25,5Km, 2Std50 gönnte ich mir zwei Minuten Pause. Mal wieder eine
Banane essen. Die Beine dehnen. Das Flachstück war besiegt. Im gehen spüre ich nichts in
meinem Knie. Also ab geht's mit eiligstem Wanderschritt in die Wand von Wengen In 26
Harnadelkurven gewinnt man in kürze 400 Höhemeter. Meine unzähligen Bergwanderungen
zeigten ihre Wirkung. Ich konnte einen um den anderen im gehen überholen. Mein Schritt
war schön gleichmäßig mit einem Puls von 170 bis 180. Nun kommt eine kleine Rechnerei.
Jaja so was musste ja kommen..
Beim Halbmarathon war ich das 2990gister Männlein. Am Ziel 2672gister. Das würde
heißen, im Berglauf müsste ich über dreihundert Läufer überholt haben. Klar, die Rechnung
ist nicht ganz korrekt, weil einige Läufer vor dem Ziel aufgegeben haben. Frauen waren auch
unterwegs. Nach dieser Rechenmethode waren es etwas fünfzig weibliche Sportlerinnen die
überrundet wurden. Umso steiler das Gelände desto mehr kämpfte ich mich nach vorn. Von
ganz hinten, nach mittel hinten…
Nach der gröbsten Steigung, beim achtundzwanzigsten Kilometer, verabschiedete sich
meine Theoretische Zeitrechnung von der reale Zeit. Aber immerhin knapp dreißig Kilometer
auf die Minute genau zu laufen erfüllte mich mit großem stolz. Die Steigung auf Wengen
beanspruchte rund eine halbe Stunde. In dieser Zeit mussten meine Beine nur gehen, im
Prinzip Erholung für die Knie. Voller Mut wollte ich vom gehen ins Laufen wechseln. Natürlich
war's das gleiche Theater wie anno 2003. Beim Bergauf gehen hat sich das Gelenk nicht
erholt, eher im Gegenteil. Der Schmerz war nun viel stärker und machte ein Laufen zur qual.
Eine kleine Welt fiel zusammen. Das aus für die Wunschzeit von 5Std45. Volià, eine neue
Situation. Jetzt war das oberste Ziel überhaupt im Zeitlimit ins Ziel zu kommen. Es hatte gar
keinen Sinn den Versuch zu wagen und weiter zu laufen. Wandern war angesagt. Das taten
eh schon fast alle…Ich nahm mir vor, einzig in Wengen, und den letzten Kilometer vor dem Ziel
zu laufen. Klar, natürlich, hat auch viel Leute und Fotografen dort…
Wengen wurde bereits mit fünf Minuten Verspätung erreicht. Km 30, 3Std41. In diesem Dorf
war die Stimmung dieses Jahr am besten. Unbeschreiblich wie einem die Zuschauer tragen
und antrieben. Für diesen kurzen Moment verflüchtigten sich die Schmerzen. Die vielen
Zuschauer auf sicherer Distanz, wechselte man die Gangart. Bis auf die Wengenalp sind
sieben Kilometer und sechshundert Höhenmeter zu bewältigen. Über diesen Strecken
Abschnitt weiß ich nicht viel zu erzählen da die Erinnerung fehlt. Genau wie letztes Jahr. Die
Gegend hat dort keine markanten Fixpunkte oder Orte. Der Körper hat wohl nach so vielen
Stunden Anstrengung nicht noch Energie alle Vorkommnisse im Hirn zu speichern. Ich weiß
die Laufzeiten nicht mehr genau. Nicht mal mehr wo die Kilometer Tafeln standen. Sicherlich
ärgerte ich mich, dass nur noch ein gehen möglich war, obwohl Kraft und Kondition noch
recht gut waren. Irgendwie bin ich da einfach so schnell wie es ging den Berg hinauf gehetzt.
Mit lauter Musik im Ohr und mittlerweile unter blauem Himmel und stechender Sonne. Ich
kann mich erinnern: Im Bereich Mettlenalp sah man zum ersten Mal das Dreigestirn Eiger,
Mönch und Jungfrau. Einige Läufer packten sofort ihre mini Digital Kamera aus und
Fotografierten oder ließen sich fotografieren. Andere lagen im Gras, (meist ausländische
Läufer) und genossen kurz diese majestätische Bergkulisse. Oder hatten Krämpfe?
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Lange Zeit später, nach über fünf Stunden und 38 Kilometer in den Beinen erblickte ich den
letzten großen Verpflegungs- Posten. Juppi mal wieder ne Banane Zugleich war das der letzte
Schlusszeit Kontrollpunkt. Der berühmt berüchtigte Besenwagen war etwa zwanzig Minuten
weiter hinten. Eigentlich konnte dem rechtzeitigen Zieleinlauf nichts mehr im Weg stehen.
Eine Laufzeit von unter sechs Stunden hingegen würde knapp werden. Der letzte große
Aufstieg, von vierhundert Höhenmetern wartete noch auf uns. Beim Stichwort "JungfrauMarathon" sehen die meisten Leute vor ihrem geistigen Auge eine Perlenschnur aus
Menschen die sich über eine steile Moräne hochzieht. Dieser Bergweg ist so schmal und
steil dass ein überholen von Läufern nicht möglich ist. Eben dieses Teilstück ist
verantwortlich für die Begrenzte Teilnehmerzahl.
Letzte Grosse Steigung, Die Moräne
Kein Überholen mehr
Im Gänsemarsch ging's nun hoch. Mein Puls bewegte sich in der 150ziger Gegend. Ein
Zeichen dass ein höheres Steigtempo möglich gewesen wäre. Egal. Im Endeffekt spielt es ja
auch keine Rolle mehr ob ein paar Minuten schneller oder langsamer. So konnte ich
wenigstens den Aufstieg genießen und alles auf mich wirken lassen. Die Musik im Ohr habe
ich abgestellt. Vor dem letzten großen Aufschwung standen Alphornbläser und
Fahnenschwinger die ihr bestes gaben. Auch hier im felsigen Gelände standen überall
Zuschauer die einem mit: Heya heya guet bravo durchziiiehen antrieben. All diese Eindrücke,
die gewaltige Bergwelt, die Zuschauer, das Ziel in absehbarer nähe waren so unglaublich
intensiv. Für viele Läufer ist das sicherlich der Grund, sich in Zukunft trotz aller Strapazen
diesem Marathon wieder zu stellen.
Menschen Perlenschnur auf dem Gletscher Moräne, Km 40
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Einigen Minuten später stand ich auf der spektakulären steinigen Gletscher Moräne. In der
ferne hörte man einen Dudelsack durch die Bergwelt klingen… Nein, dass war kein
Hirngespinst als folge von Sauerstoffmangel. Dieser legendäre Musikant steht seit Jahren an der
höchsten Stelle des Marathons. 2205 Meter über Meer. Wer den Dudelsackspieler passiert,
weiß jetzt geht’s nur noch bergab ins Ziel. Jedoch
nach 41 Kilometer bergauf, nun talwärts zu laufen
ist absolut scheußlich! Der nackte Horror für die
Laufgelenke. Liebe Zuschauer, hier gibt's die
lustigsten Stylnoten für die Laufhaltung… Über einen
Kilometer zum teil relativ steil bergab. Ok, Bachi
nun wollen wir's wissen. Den MP3 Player wieder
anwerfen. Im Ohr dröhnt volle Pulle "Training
Montage" von Rocky 4. jaja lacht Ihr nur…Und ab
geht’s. Siegessicher (über mich) lies ich es
einfach laufen, dem Ziel entgegen. Der Schmerz
im Knie &Co wurde natürlich immer stärker. Auf die Zähne beißen, es konnte ja nicht immer
schlimmer werden. Wurde es auch nicht. Oder das Hirn narkotisierte mich. Ich genoss diese
letzten Minuten und lief mit einer deutlich besseren Haltung als letztes Jahr durchs Ziel.
Endzeit 6 Stunden 4 Minuten 25 Sekunden, Kategorierang 1011, Gesamtrang 2672 Männer.
Zieldurchlauf, Medaille entgegennehmen, Trinken, Gratulationen, Foto Session, Trinken, Data- Chip
abgeben, Finisher T-Shirt entgegennehmen, Trinken, Duschen, Analysieren welche Körperteile in
Mitleidenschaft gezogen wurden, Blasen an den Füssen verarzten, Dul-X einreiben, Trinken,
Besprechen was alles nächstes Jahr besser gemacht werden muss.
Zieleinlauf
Sieger über sich selbst
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Jetzt, tage nach dem Lauf geht es mir wieder gut. Habe noch etwas Muskelkater, schwere
Beine und beim Treppensteigen meldet sich das Knie manchmal. Definitiv fühlte ich mich
unmittelbar nach dem Wettkampf um Welten besser als im Jahr 2003. Die Vorbereitung war
heuer besser, ebenso meine Körperliche Verfassung. Wenn meine Gesundheit mitmacht,
und das Losglück mir hold ist, werde ich 2005 wieder am Start sein.
Markus Bachmann 12,13 September 2004
Statistische Infos: Juppi Zahlen (-:
2993 Männer haben das Rennen beendet, 188 nicht.
578 Frauen haben das Rennen beendet, 52 nicht.
Total: 3571 beendet, abgebrochen, 240
Sieger: 2:59.30, Eticha Tesfaye
Siegerin: 3:23.11, Abosa Emebet
Dominik Stöckli: 5:06.50
Jürg Aebischer: 5:18.30
Streckenrekord: 2:49.01, Wyatt Jonathan, Jahr 2003
Auszug aus der BEO- Zeitung vom 13.9.2004:
"Gehen Sie mit Ihren Kräften haushälterisch um auf dem Weg auf die Kleine Scheidegg", riet Rennleiter Richard
Umberg. 40 Ärzte waren bereit, für die Gesundheit der Läufer zu sorgen. Am Berg gab's alle zwei Kilometer
einen Samariterposten. OK-Präsident Christoph Seiler gab einen Einblick in die laufspezifische Verpflegung: In
140 000 Bechern gab's Wasser, Sportvital, Eistee, Cola oder Bouillon. 10 000 Birewegge und 6000 Bananen in
mundgerechten Stücken waren bereit, dazu kamen 5000 Tuben Energie Gel. Der koffeinhaltige Mix mit
Mineralstoffen und Vitaminen wird mit Wasser hinuntergespült und belastet den Magen nicht.
Trainingsaufwand:
Anfang März bis Anfang September 2004
Bergwandern, 16500 Höhenmeter, in 24 Trainings, Durchschnitt: 690Hm, Max: 1700Hm
Laufen, 250km, in 38 Trainings, Durchschnitt: 6,5km, Max: 21Km
Aufwand Bergwandern und Laufen über 100Std.
Dazu 1-2x pro Woche Fitness Studio.
Höhenmeter Vergleich
Lauf Kilometer Vergleich
18000
300
16000
14000
200
LaufKm2003
LaufKm2004
150
100
H ö h e n m e te r
H ö h e n m e te r
250
12000
10000
Höhenmeter2003
8000
Höhenmeter2004
6000
4000
50
2000
0
0
März
April
Mai
Juni
Zeit
Juli
August
März
April
Mai
Juni
Zeit
Juli
August