Mit Unterschieden leben - Diakonisches Werk in Niedersachsen

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Mit Unterschieden leben - Diakonisches Werk in Niedersachsen
Mit Unterschieden leben
Diakonie 2013
Diakonisches Werk der
Ev.-luth. Landeskirche
Hannovers e.V.
Profil
Positionen
Perspektiven
2 Diakonie 2013 Profil, Positionen, Perspektiven
Mit Unterschieden leben
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
als Anbieter sozialer Leistungen in vielen Bereichen ist die
Arbeit der Diakonie zu einem unverzichtbaren Bestandteil
unseres Sozialstaates geworden. Den vielen haupt- und
ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Diakonie
herzlichen Dank für den Einsatz im Dienste des Nächsten!
Zwischen der Diakonie und dem Land Niedersachsen hat sich
über viele Jahre hinweg eine partnerschaftliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit entwickelt. Wir möchten diese Zusammenarbeit auch zukünftig fortsetzen und gerne weiter intensivieren.
Dieser Jahresbericht beschäftigt sich vornehmlich mit dem
Thema „Inklusion“. „Nicht ohne uns über uns“ muss das
Leitmotiv von Teilhabe und Partizipation werden. Es ist auch
das Leitmotiv der neuen Landesregierung, um dem Ziel eines
inklusiven Niedersachsen deutlich näher zu kommen.
Seit den neunziger Jahren sprechen wir von dem Paradigmenwechsel in der Politik für und mit Menschen mit Behinderungen. Einiges ist schon erreicht worden, der große Durchbruch aber steht noch aus. Der verfassungsrechtlich garantierte
Diskriminierungsschutz, ein in weiten Teilen vorbildhaftes
Rehabilitations- und Teilhaberecht sowie die Gleichstellungsgesetze des Bundes und der Länder sind geschaffen, aber
unsere ganz alltägliche Lebensumwelt ist noch längst nicht für
alle Menschen offen, zugänglich und verständlich. Nach wie
vor sind zu viele öffentliche Straßen sowie Verkehrseinrichtungen für Menschen mit Behinderungen nicht selbstständig
nutzbar, einige Behörden und sonstige öffentliche Angebote
nicht für alle frei zugängig.
Das selbstverständliche Einbeziehen aller in unseren Alltag
verlangt uns einiges ab. Viel zu oft noch bestimmen Ausgrenzungsprozesse unser Leben; die Schule ist ein Beispiel dafür.
Mitunter gibt es Ängste, dass lernschwache Mitschüler das
Niveau der Klasse senken könnten, dass stark verhaltensauffällige
Kinder unsere eigenen zu sehr stören könnten oder besonders
intensiv betreuungsbedürftige Kinder mit schweren oder
mehrfachen Behinderungen zu viel Aufmerksamkeit der
Pädagogen binden. Es ist Sache des Staates, für tragfähige
Rahmenbedingungen in den Kitas und Schulen zu sorgen, aber
es ist unser aller Sache, uns diesem neuen Miteinander
gegenüber aufgeschlossen zu zeigen. Wenn Kinder und Jugendliche ihre Ängste und Vorbehalte in Kita und Schule abbauen,
werden sie auch als Erwachsene unkomplizierter mit den
Menschen umgehen können, die in mancher Hinsicht so ganz
anders sind als sie selbst.
Ein tolerantes und sich gegenseitiges Wertschätzen von Alt
und Jung, von Menschen mit und ohne Behinderung, von den
bei uns lebenden Menschen aller Nationalitäten, von Menschen
mit verschiedenen Einstellungen zur Sexualität und von
Menschen mit verschiedenen Glaubensrichtungen eröffnet die
Chance für eine kulturell bunte, tolerante und anregende Gesellschaft. Wichtige Ziele der Niedersächsischen Landesregierung
sind deshalb Toleranz, Akzeptanz, selbstverständliches
Miteinander und gesellschaftliche Strukturen, in denen sich alle
mit ihren jeweiligen Besonderheiten einbringen und mit dabei
sein können.
Um dem Ziel wirklicher Inklusion in möglichst allen Lebensbereichen in Niedersachsen näher zu kommen, erarbeitet eine
Kommission, in der viele Menschen mit Behinderungen zu Wort
kommen sollen, konkrete Vorschläge. Darüber hinaus wird sich
ein interministerieller Arbeitskreis intensiv mit der Umsetzung
der UN-Konvention beschäftigen. Dem Landesbeauftragten für
Menschen mit Behinderungen wird in beiden Gremien eine
zentrale Rolle zukommen. Er ist Bindeglied zwischen der
Landesregierung und den einschlägigen „Nichtregierungsorganisationen“, daneben wünsche ich mir aber auch viel direkten
Kontakt zwischen der Landesregierung und den betroffenen
Menschen und Organisationen. In dem Gelingen dieser
Vernetzung liegt schon ein entscheidender Aspekt für eine
erfolgreiche Verwirklichung der Inklusion in Niedersachsen.
Lassen Sie uns alle gemeinsam daran arbeiten, dass in
Niedersachsen möglichst alle Menschen mit Behinderungen
selbstbestimmt in unserer Mitte leben können.
Stephan Weil
Niedersächsischer Ministerpräsident
Diakonie 2013 Profil, Positionen, Perspektiven Inhalt
2Diakonie 2013
5Editorial
6 Eine Sehnsucht wohnt in uns – Kirche und Diakonie in gesellschaftlichen Inklusionsprozessen
12Diakonie und Gesellschaft
13 Zwischenruf: Höchste Zeit, umzusteuern!
15 Zwischenruf: Inklusion, ja aber…
16 Mitten drin – Tagesförderstätte in lebendiger Nachbarschaft
18 „Ich bin entscheidend” – Selbstbestimmt leben
21 Junge Pflege – Das Katharina-von-Bora-Haus in Osnabrück
22 Wohnen kann man lernen – Ambulant unterstütztes Wohnen in Osterode
24 Im eigenen Haus mit Inklusion anfangen: Beirat von Menschen mit Behinderung
26 Dasein und nicht verlassen werden – Palliativ- und Hospizkultur
28 Entdeckungsreisen – Inklusion leben im PETRIHAUS
32 Gemeinsamkeit trotz Unterschieden – Solidaritätstafel 2012
34 Mit Herz für Kinder und ihre Familien – Zukunft(s)gestalten
36 Im Wartezimmer Deutschlands – DiaMiPA
40 Auf die Plätze und Straßen gehen – Inklusion in der Wohnungslosenhilfe
42 Es wächst zusammen, was zusammen gehört: Kirchengemeinden und Diakonie
44 Gemeinde inklusiv – Petrusgemeinde Barsinghausen
46 „Wellcome“ und „Frühe Hilfen“
48 Was ist schon Inklusion? Inklusive Familienfreizeit
50 Soziale Netzwerke nutzen für Suchtkranke und Angehörige
52 Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung in evangelischen Kindertageseinrichtungen
54 Gedanken zur Inklusion in der Jugendhilfe
56 Freiwillige im FSJ und BFD in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen
58 „All-inclusive“? Entwicklungszusammenarbeit von Brot für die Welt
62 Einfach für alle – Barrierefreiheit im Internet
65Diakonie und Politik
65 Haben Menschen mit Behinderungen ein Recht auf Inklusion?
68 Schule und Inklusion
70 Ein Anfang ist gemacht – Zum Arbeitsrecht in Diakonischen Einrichtungen
72Diakonie und Kirche
72 Noch nicht eingeführt und schon veraltet? Unternehmerische Mitbestimmung in der Diakonie
74 Kirche ist nicht nur Dienst um den Altar – Acht Jahre Loyalitätsrichtlinie der EKD
76 Schützenswert – Neuerungen im kirchlichen Datenschutzrecht
78Diakonie und Geld
78 Damit das „Wir“ gelingt – Aktion Mensch und Inklusion
80Publikationen
83Zahlen und Fakten
83 Eine lohnende Sache – Mitgliedsbeiträge und Fördermittel
84 Zahlen und Fakten
86 Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung 2012
88Organisationsdiagramm
90Adressen
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4 Diakonie 2013 Profil, Positionen, Perspektiven
Diakonie 2013 Profil, Positionen, Perspektiven 5
Editorial
Sehr geehrte Damen und Herren,
schon oft haben wir in unserem Jahresbericht vom Zusammenwachsen der Diakonischen Werke in Niedersachsen berichtet.
Immer wieder hat es Schritte der Annäherung gegeben, die wir
hier vorgestellt haben. Seit 2007 hat es eine stufenweise
Entwicklung gegeben:
 Aus der losen Konferenz Diakonischer Werke in Niedersachsen (KDWN) wurde 2007 die Diakonie in Niedersachsen als
Arbeitsgemeinschaft mit eigenem Koordinationsbüro.
 2010 wurde der Verein „Diakonie in Niedersachsen“ gegründet,
der für die Diakonischen Werke die spitzenverbandlichen
Aufgaben auf Landesebene übernommen hat.
Und jetzt steht der nächste Schritt bevor: Der Jahresbericht,
den Sie in der Hand halten, wird voraussichtlich der letzte
Jahresbericht sein, den das Diakonische Werk der Landeskirche
Hannovers e.V. herausgibt. Wenn alles wie geplant abläuft,
wird zu Beginn des Jahres 2014 durch den Zusammenschluss
der Diakonischen Werke Braunschweigs und Hannovers und
durch Anbindung der Diakonischen Werke Schaumburg-Lippe e.V.
und der Reformierten Kirche das „Diakonische Werk in
Niedersachsen e.V.“ (DWiN) gegründet. Nach dreijährigen
Verhandlungen ist es gelungen, sich zwischen den beteiligten
Diakonischen Werken und ihren Landeskirchen auf einen
gemeinsamen Rahmen für ein gemeinsames Diakonisches
Werk zu einigen. Die Diakonie im Oldenburger Land wird sich
leider nicht am DWiN beteiligen. Mit ihr wird eine Vereinbarung
geschlossen, die eine Zusammenarbeit in den bisherigen
Aufgabengebieten des DiN e.V. weiterhin ermöglicht.
Vieles davon wurde in den letzten Jahren bereits erprobt und mit
zunehmendem Erfolg durchgeführt. Von daher beginnen wir am
1. Januar 2014 auch nicht bei Null. Im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit (zum Beispiel die Spendenaktion in der Adventszeit mit
dem Kooperationspartner Hit Radio Antenne Niedersachsen), bei
der Begleitung der Fachverbände und der Koordination der
Zusammenarbeit in der Freien Wohlfahrtspflege ist ein gutes
Miteinander gewachsen. Das DWiN ist eine neue Stufe der
vertrauensvollen Zusammenarbeit, in dem wir hoffentlich viele
Jahre erfolgreich zusammenwirken werden. Davon sind wir
überzeugt.
In den nächsten Monaten werden die Kirchen in ihren Synoden
und Gremien und die Diakonischen Werke auf den Mitgliederversammlungen die notwendigen Entscheidungen treffen, um
das Diakonische Werk in Niedersachsen zum 1. Januar 2014
zu gründen. Bis dahin war es ein langer Weg. Wir sind sicher,
dass wir mit dem DWiN für unsere Mitglieder, für den Verband
als politischem Akteur, für die Mitarbeitenden in den Diakonischen
Werken und besonders für die Menschen, für die wir uns
gemeinsam mit den diakonischen Einrichtungen in Niedersachsen
einsetzen, weiter auf einem guten Weg sind und noch besser
vorankommen werden. Bitte unterstützen Sie uns dabei.
Ihre
Das DWiN nimmt nicht nur spitzenverbandliche Aufgaben wahr,
es ist auch das alleinige Diakonische Werk der Landeskirchen
Braunschweigs und Hannovers und übernimmt Aufgaben der
Diakonischen Werke der Landeskirche Schaumburg-Lippe und
der Reformierten Kirche. Zudem werden alle diakonischen Träger
der beteiligten Landeskirchen Mitglieder in dem neuen Werk.
Mit dem neuen Konstrukt wird eine einheitliche Mitgliederberatung
sichergestellt, die Abstimmungsverfahren werden vereinfacht und
die Diakonie wird deutlich an politischem Gewicht gewinnen.
Dr. Jörg Antoine
Stellvertretender Direktor
Dr. Christoph Künkel
Direktor
6 Diakonie 2013 Profil, Positionen, Perspektiven
Eine Sehnsucht wohnt in uns
Kirche und Diakonie in gesellschaftlichen
Inklusionsprozessen
„Tief in uns wurzelt eine Sehnsucht“ – an dieser Stelle machte
der Pastor immer eine bedeutungsvolle Pause und setzte
dann fort: „ … dass Frieden sei.“ Ich habe den Tonfall, mit
dem er diese Worte in jedem Sonntagsgottesdienst vor dem
Friedensgruß sprach, nie vergessen: „ … dass Frieden sei.“
Die Sehnsucht nach Frieden ist die Sehnsucht nach Einheit,
besser noch, nach Einigkeit. Die aber ist eher die Ausnahme
als die Regel.
Das Motto dieses Heftes lautet „Mit Unterschieden leben“.
Auch darin ist die Sehnsucht nach Einigkeit enthalten. Nach
Verständigung. Auch nach Frieden. Zugleich aber wird der
Finger in eine dauerhaft schmerzhafte Wunde gelegt: Wir sind
und wir bleiben unterschiedlich. Nicht nur als Männer und
Frauen, als Junge und Alte, als Menschen mit Eigenheiten,
Eigenarten und anderen Einschränkungen. Das sind äußerlich
erkennbare Unterschiede. Die werden weitaus größer, wenn
es darum geht, uns als Persönlichkeiten zu beschreiben, die
auf je ihre eigene Weise denken, fühlen, handeln, von eigenen
Überzeugzungen getragen oder betrogen werden. Wie
können wir mit diesen Unterschieden leben?
„Inklusion!“ So hallt heute die Antwort durch alle Straßen,
Gremien und Medien. Selten hat ein Fremdwort eine derart
steile Karriere hingelegt. Nicht nur in der Diakonie, sondern in
der Politik, in Debatten vom Bundestag bis zur UN. Inklusion,
wörtlich übersetzt „Einschluss“, ist undenkbar, wenn man
nicht ihren Zwilling mitdenkt, die Exklusion. Noch brauchen
und nutzen wir beide Begriffe. Beide bleiben in fataler Weise
aufeinander angewiesen. Wer von Inklusion sprechen will,
muss von Exklusion sprechen und umgekehrt.
Die Bibel wusste das schon immer, auch wenn sie weder
Inklusion noch Exklusion als Begriffe kannte. Sie stellt jedoch
schon in den Urgeschichten vom Anfang der Bibel (Gen 1-11)
dar, zu welchen Konsequenzen es führen kann, wenn Menschen
nicht mit ihren Unterschieden leben können – oder wollen.
Weil ihre Feuer unterschiedlich brennen, erschlägt Kain seinen
Bruder. Kain flieht in die Fremde und merkt dort erst recht,
dass er sich von anderen unterscheidet. Leben kann er mit
diesen Unterschieden nur, weil Gott ihm ein Schutzzeichen
eingebrannt hat, das Kainsmal, das den Ausgestoßenen in der
ihm fremden Umwelt schützt.
Offenbar ist der Gott dieser Urgeschichten selbst ein Gott, der
Unterschiede nicht nur bejaht, sondern mit ihnen leben kann
und will. Er ist als Schöpfer der Urheber jeder nur denkbaren
Vielfalt. Da aber alles Geschaffene in Gott seine Herkunft hat,
findet es in ihm auch seine Einheit. Die christliche Trinitätslehre
verankert den Gedanken von Sehnsucht nach Einheit bei
gleichzeitiger Unterschiedenheit voneinander im Gottesgedanken
selbst: Den drei Seinsweisen Gottes werden unterschiedliche
Werke wie Schöpfung, Erlösung und Heiligung zugeordnet –
allerdings nie ohne dabei zu betonen, dass die Werke der
Heiligen Dreieinigkeit nach außen unteilbar sind.
Diakonie 2013 Profil, Positionen, Perspektiven „Mit Unterschieden leben“ Das Motto dieses Jahresberichts
erläutert die Perspektive, in denen wir als Diakonisches Werk,
als Diakonie unserer hannoverschen Landeskirche Inklusion
begreifen und verstehen wollen. Auch wenn Diakonie immer
Idealisten braucht, sind wir keine Träumer. Wir werden, was
Gott ist, nicht sein: eine Liebe, die Unterschiede in sich selbst
bleibend und unaufhebbar integriert und darin zugleich einig
ist. Aber der Weg ist uns gewiesen: Als Ebenbilder Gottes
sollen und können wir versuchen, mit unseren Unterschieden
zu leben.
Dabei stellt sich automatisch die Frage nach dem Verhältnis
von bejahter Unterschiedlichkeit und nötiger Einheit. Welche
Unterschiede können wir als Reichtum bejahen? Welche
können wir ertragen? Welche sprengen das Gefühl zusammenzugehören? Diese Fragen liegen näher als wir denken, und
ihre Antwort ist oft sehr viel komplexer als vermutet – falls es
überhaupt eine gibt.
Zum Beispiel: „Dienstgemeinschaft“
Aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen
ist Dienstgemeinschaft ein „Kampfbegriff“, der verschleiere,
dass es auch in der Diakonie ein (unversöhnliches?) Gegenüber
von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gäbe. Demgegenüber
haben die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts in
Erfurt vom 20. November 2012 in der Auseinandersetzung
7
von Kirche und Diakonie auf der einen und der Gewerkschaft
ver.di auf der anderen Seite eindrucksvoll bestätigt, dass
Kirche und Diakonie nicht nur das Recht, sondern auch die
Pflicht haben, ihr Leitbild von einer Dienstgemeinschaft zu leben.
Der Begriff verweist auf gemeinsames Leben. Dieses wird
präzisiert als Dienst, dem sich alle verpflichtet wissen,
unabhängig von ihren unterschiedlichen Aufgaben. Dieser
Dienst vereint alle zu einer Gemeinschaft. Doch so wie der
Begriff von Dienstgemeinschaft bis heute strittig ist, ist es in
steigendem Maß auch die Praxis. „Mit Unterschieden leben“ –
dies muss sich gerade auch in der Entwicklung von gemeinsam
getragenen Überzeugungen innerhalb einer diakonischen
Einrichtung zeigen.
Unsere Gesellschaft hat sich zunehmend und mit immer
höherem Tempo ausdifferenziert. Dieser Prozess nimmt
ständig an Fahrt auf. Immer weniger gelingt es, Lebenswelten
miteinander zu verknüpfen. Wer kennt sich in den jeweils
aktuellen Entwicklungen der Pop- und Rockkultur noch aus?
Rock, Pop, Schlager – das war gestern. Auch die Unterscheidung
von House, Techno, Hip-Hop und Gothic genügt bei weitem
nicht mehr. Ich gestehe, dass ich mich da restlos ausgeklinkt
habe.
Restlos ausgeklinkt haben sich aber auch viele Mitmenschen
aus einer christlichen Deutungsgemeinschaft des Lebens.
Geburt und Tod, Krankheit und Glück werden heute nicht
mehr automatisch in den Horizont des Glaubens, erst recht
8 Diakonie 2013 Profil, Positionen, Perspektiven
nicht des christlichen Glaubens gestellt. Für manche gestaltet
sich das Leben auch gut ohne jede Religion. Religiös unmusikalisch zu sein ist ja nicht nur das Schicksal von berühmten
Philosophen wie Habermas.
In Kirche und Diakonie hat das unmittelbare Auswirkungen
darauf, wie wir mit den Unterschieden zwischen uns als
Dienstgemeinschaft leben. Gemeinschaft stellt sich nicht
notwendig und automatisch dadurch ein, dass Menschen im
selben Betrieb arbeiten.
Biblisch-diakonische Bildungsangebote werden angesichts
der größer werdenden Unterschiede in Gesellschaft und
Einrichtungen immer wichtiger werden. Wer in Kirche und
Diakonie mitarbeitet, soll wissen, mit welchen Deutungsmöglichkeiten unsere Tradition zum Beispiel Krankheit und Exklusion
begegnet. Aus Information kann mehr werden. Wissen. Eine
geteilte Überzeugung. Ein gemeinsam gelebter Glaube.
Gemeinsam motiviertes Handeln. Dienstgemeinschaft. Sie
kann nicht mehr selbstverständlich vorausgesetzt werden
(wenn sie das je konnte). Dafür muss man etwas tun.
Kirche und Diakonie werden sich fragen lassen müssen (und
die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zugunsten des
Leitbildes Dienstgemeinschaft hat auch dafür einen kräftigen
Impuls gegeben), wie sie bereit sind, im Zusammenwirken
von Mitarbeitenden und Leitenden eine gelebte Dienstgemeinschaft zu befördern. Das ist nicht nur eine Frage der
Ressourcen. Das ist eine Frage des von der Gesellschaft
erwarteten Alleinstellungsmerkmals diakonischer und kirchlicher
Aktivitäten. Unser Auftrag ist der Dienst am Nächsten. Wie
aber ist es bei den Unterschieden aller in Kirche und Diakonie
Tätigen um die Auftragsgewissheit bestellt?
Auf Bundesebene haben wir uns an der Ausarbeitung von
biblisch-diakonischen Bildungsangeboten für Mitarbeitende in
der Diakonie beteiligt. Im September 2013 wird eine Arbeitshilfe
dazu erscheinen. Nun wird es darauf ankommen, dieses Angebot
für unsere diakonischen Einrichtungen fruchtbar zu machen.
Zugleich stellt sich die Frage, in welcher Weise von Mitarbeitenden
eine Identifikation mit den Grundüberzeugungen einer kirchlichdiakonischen Einrichtung erwartet werden kann. Bislang war dafür
die Kirchenmitgliedschaft ausschlaggebend. Die ist ein freiwilliger
und wichtiger Ausdruck für eine religiöse beziehungsweise
weltanschauliche Haltung. Zugleich aber müssen sich Einrichtungen und Kirche verstärkt darum bemühen zu verdeutlichen,
welche Erwartungen sich damit für den Arbeitsalltag verbinden.
Zur Ausgestaltung einer gelebten Dienstgemeinschaft gehört eine
Rechenschaft darüber, wie ein Dienst diakonisch-kirchlich
ausgestaltet werden soll und kann. Um diesen Perspektivwechsel
einzuleiten, erscheint die Überarbeitung der sogenannten Loyalitätsrichtlinie der EKD zwingend. Es geht um eine intensivere
Wahrnehmung dessen, dass wir „in und mit Unterschieden leben“.
Diakonie 2013 Profil, Positionen, Perspektiven 9
Unterschiede sind immer auch ein Reichtum –
nicht zuletzt deshalb, weil sie einen selbst und den
eigenen Lebensentwurf in Frage stellen.
Zum Beispiel: Wohlfahrtsverbände und Subsidiarität
Subsidiarität ist ein Fremdwort, dem – verglichen mit dem in
rasantem Tempo populär gewordenen Fremdwort Inklusion –
das umgekehrte Schicksal droht: Es wird zunehmend weniger
verstanden. Dabei handelt es sich um ein Grundprinzip
unseres Sozialstaats und ist der Sache nach im Grundgesetz
verankert. De facto ist es mit Inklusion, einem Leben mit
Unterschieden, verwandt. Sieht das Subsidiaritätsprinzip
doch vor, dass in Fragen der Ausgestaltung von Sozialpolitik
nicht der Staat, sondern Akteure der Zivilgesellschaft die
handelnden Subjekte sein sollen.
Schon die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben
gefordert: Die unterschiedlichen Grundüberzeugungen in der
deutschen Gesellschaft sollen ihren Ausdruck darin finden,
dass Bürgerinnen und Bürger zwischen sozialen Angeboten
wählen können, die von weltanschaulich unterschiedlich
ausgerichteten Trägern angeboten werden.
Seit Mitte der Neunziger Jahre wird dieses politisch gewollte
und beförderte Sozialstaatsprinzip grundsätzlich unterlaufen.
Vermeintlich durch den Zwang, untereinander und mit
privaten Anbietern in einen Wettbewerb zu treten. Der wird,
das ist mittlerweile hinlänglich bekannt, auf dem Rücken der
Mitarbeitenden und ihrer Löhne ausgetragen. Es wird immer
schwieriger, in diesem Kostenwettbewerb die spezifische
Qualität der unterschiedlichen Angebote auszubilden.
Dies führt zugleich dazu, dass die Wohlfahrtsverbände –
zusammengeschlossen in der Landesarbeitsgemeinschaft
der Freien Wohlfahrtspflege (LAG FW) – einander nicht mehr
nur als Wettbewerber mit unterschiedlichen Qualitätsangeboten,
sondern als Konkurrenten um Marktanteile und zunehmend
auch um Fachpersonal begegnen. Ihre bislang bewährte
Einigkeit trotz der bejahten Unterschiedlichkeit wird zunehmend
brüchig – zur „klammheimlichen“ Freude von öffentlichen
Kostenträgern und Kassen.
Die Orientierung am wirtschaftlichen Erfolg ist jedoch in
Fragen der Sozialpolitik eine inhumane Sackgasse. Wo es nur
um Geld und Profit geht, wird niemand an Leib und Seele
gesund, arbeitsfähig oder in Würde gepflegt.
Zusammen mit der Caritas verstärken wir unsere Aktivitäten,
die Unterschiede in unserer Gesellschaft öffentlich zu machen,
Benachteiligungen anzuprangern und Verbesserungen für
Ausgegrenzte zu erreichen. Das reicht von der Solidaritätstafel
in Hannovers Georgstraße über eine Sozialcharta für Niedersachsen, die zur Bundestagswahl erscheint, bis hin zu den
vielfältigen Initiativen in Gemeinden und Kirchenkreisen, die
durch die Initiative Zukunft(s)gestalten unterstützt werden.
„Mit Unterschieden leben“ entscheidet sich letztlich daran, ob
wir diese Unterschiede wahrnehmen und gelten lassen. Das
kostet Geld. Aber das Geld soll für Menschen und nicht für
Profite eingesetzt werden. Hier muss Politik umsteuern und
die Gesellschaft neu denken lernen – zur Not auch durch eine
neue Konjunktur von Fremdworten wie Subsidiarität und
gemeinnützigen Wohlfahrtsverbänden.
10 Diakonie 2013 Profil, Positionen, Perspektiven
Zum Beispiel: Neue Sozialpartnerschaften
Unsere industrialisierte, computerisierte, globalisierte (und
was der Bezeichnungen mehr sind) deutsche Gesellschaft hat
sich in den zurückliegenden Jahrzehnten nicht nur funktional
immer weiter ausdifferenziert. An vielen Stellen werden
Brüche sichtbar: Brüche zwischen Armen und Reichen,
zwischen Hoch- beziehungsweise Höchstqualifizierten und
Bildungsfernen, zwischen Landbevölkerung und zunehmender Verstädterung, zwischen Einheimischen und Zugewanderten.
Damit werden zwei Fragen dringlicher: Wie kann und wird
unsere Gesellschaft diese Unterschiede noch ertragen? Wo
finden die gesellschaftlichen Gruppen noch zueinander und
nehmen einander wahr und ernst? Was wird die gemeinsame
Basis unseres Gemeinwesens sein?
Immer mehr Menschen spüren: Geld kann man nicht essen.
Anders gesagt: Wir müssen uns jenseits der ökonomischen
Gesetze in neuer Weise miteinander verbünden – über die
bislang trennenden Unterschiede hinweg. Das setzt voraus, das
man die eigenen Anliegen und Traditionen kennt und benennt –
und zugleich offen ist für die Anliegen und Traditionen anderer
gesellschaftlicher Gruppen.
Dem stehen zwei Megatrends gegenüber: Die Traditionsvergessenheit auf der einen Seite geht mit der Forderung nach einer
vermeintlichen Neutralität auf der anderen Seite einher. Beides
führt nicht dazu, dass man sich wirklich miteinander befasst.
Man muss sich selbst und das Gegenüber kennen, um Gemeinsames zu identifizieren, um „mit Unterschieden zu leben“. Kirche
und Diakonie konnten es sich lange leisten, gesellschaftliche
Prozesse aus einer Position der allgemeinen Akzeptanz und
damit der Stärke heraus mitzugestalten. Das hat sich geändert
und ist keineswegs nur zu unserem Nachteil. Unterschiede sind
immer auch ein Reichtum – nicht zuletzt deshalb, weil sie einen
selbst und den eigenen Lebensentwurf in Frage stellen.
So haben wir uns in der Diakonie in Niedersachsen auf den
Weg gemacht, gemeinsam mit den Gewerkschaften eine
Möglichkeit neuer Sozialpartnerschaft zu suchen und zu
finden. Einfach ist das nicht. Zu lange hat man auf beiden
Seiten auf eingehendere Kontakte und Wahrnehmung verzichtet. Auch hier zeigt sich, dass es sich nicht von selbst versteht,
„mit Unterschieden zu leben“. Dazu bedarf es, wie bei jedem
Inklusionsprojekt, klarer Impulse und Aufforderungen.
Wir setzen uns dafür ein, gemeinsam zu „kirchengemäßen
Tarifverträgen“ zu kommen. Schon dieser Begriff zeigt die
Diakonie 2013 Profil, Positionen, Perspektiven spannungsvolle Einheit im gemeinsam verantworteten
Umgang mit Unterschieden. Tarifverträge, die wir in Kirche
und Diakonie, zumindest in Niedersachsen, nicht kannten,
sollen kirchengemäß sein, was wiederum für die Gewerkschaften Neuland ist. Wenn es am Ende gelingt, auf diesem
Weg auch noch zu einem „Tarifvertag Soziales“ zu kommen,
haben alle gewonnen: die Gewerkschaften und die Einrichtungen von Diakonie und anderen Verbänden mit ihren
Mitarbeitenden, besonders aber die Menschen, für die wir in
den Wohlfahrtsverbänden da sind.
Neue Sozialpartnerschaften, wenn auch rechtlich gesehen
anderer Natur, zeigen sich zunehmend auch in Kirchengemeinden und Kirchenkreisen. In komplexer werdenden
gesellschaftlichen Konstellationen und bei zunehmender
Individualisierung kann eine Einrichtung oder Initiative allein
weit weniger bewirken, als wenn sie sich mit anderen zusammenschließen. So sind Tafeln und Sozialkaufhäuser entstanden, die weit über die Grenzen einer Kirchengemeinde hinaus
Menschen zur Mitarbeit anziehen. Mitarbeitende aus der
Kommunalverwaltung, aus Vereinen und Diakonischen
Werken haben ihre Kompetenzen miteinander verknüpft,
um Projekte wie Schularbeitenhilfe oder Patenschaften für
Jugendliche ohne Ausbildungsplatz zu initiieren.
11
Aus einem „mit Unterschieden nebeneinander her leben“ wird
ein „mit Unterschieden gemeinsam handeln“.
Nicht immer ist das – wie gern und reichlich oberflächlich
behauptet wird – verbunden mit der Erfahrung, dass Unterschiede bereichern. Oft sind Unterschiede auch belastend
und schwer erträglich. Das haben Inklusionsbemühungen mit
„Toleranz“, dem Thema des EKD-Lutherjahres 2013 – (von lat.
tolerare: daran leiden, dass der andere nicht meiner Meinung
ist) gemeinsam. Dennoch sind gerade die Versuche, „mit
Unterschieden zu leben“ verheißungsvoll und gelingen oft.
Am Anfang jeden Gottesdienstes sagte der Pastor immer:
„Tief in uns wurzelt eine Sehnsucht … “ und sagte dann:
„ … dass Frieden sei.“ Dieser Perspektive bleiben wir verpflichtet.
Gern, fröhlich und kreativ – und auch erfolgreich, wie die
Berichte dieses Heftes belegen.
Dr. Christoph Künkel
ist Direktor des
Diakonischen Werkes der
Landeskirche Hannovers
12 Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft
Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft 13
Zwischenruf:
Höchste Zeit, umzusteuern!
„Für Behinderte sind Fachleute zuständig“, so meinen viele
Christinnen und Christen. Deshalb gebe es ja viele große
Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen – zwar ohne
ihre Angehörigen, aber dafür mit Fachleuten. Doch: Wie kann
ein Mensch in einer Sondereinrichtung lernen, an der Gesellschaft teilzuhaben, ja aktiv mitzuwirken? Ich spreche nicht
davon, dass Menschen mit Behinderungen „dabei sein“ dürfen,
zum Beispiel im Konfirmandenunterricht oder als Mitglied des
gemeindlichen Leitungsgremiums. Ich spreche von aktiver
Mitgestaltung und Verantwortung. Von Teilhabe, Inklusion.
Nicht länger von „Behindertenhilfe“. Das ist eine Frage von
Menschenrechten. Die sind unverbrüchlich und gelten universal.
„Als Menschenrechte lassen sich ganz allgemein jene Rechte
definieren, die unserer Natur eigen sind und ohne die wir als
menschliche Wesen nicht existieren können. Die Menschenrechte und die grundlegenden Freiheiten erlauben uns, unsere
menschlichen Eigenschaften, unsere Intelligenz, unsere
Begabungen und unser moralisches Bewusstsein voll zu
entwickeln und zu gebrauchen und unsere geistigen und
sonstigen Bedürfnisse zu befriedigen“, führen die Vereinten
Nationen aus. Zu diesen Bedürfnissen gehört neben dem
nackten Überleben und der Unversehrtheit der Person auch
die gesellschaftliche Teilhabe – für alle Menschen in allen
Lebenssituationen. Wer da ist, gehört dazu.
Unrecht ist es, einer Person oder Personengruppe Menschenrechte zu entziehen. Auch klar. Das „Übereinkommen über die
Rechte von Menschen mit Behinderungen“ ist ein sehr
konkretes internationales Dokument. Diese „UN-Behindertenrechtskonvention“ hat in Deutschland Gesetzeskraft. Das
möchte ich sehen, dass gesetzliche Rechte – zum Beispiel
über Urlaubsregelungen oder die Rente oder das Hochschulwesen – für ganze Menschengruppen in Frage gestellt werden.
Wir würden uns zu Recht energisch wehren. Es ist Zeit, die
Gesetze für und mit behinderten Frauen, Männern und Kindern
vollständig umzusetzen.
In Deutschland und vielen anderen Ländern haben Kirchen
Anteil daran, dass Menschenrechte von Menschen mit
Behinderungen beschnitten wurden und werden, indem sie
systematisch in Sondereinrichtungen ausgegliedert werden:
Besondere Wohnstätten, besondere Werkstätten, besondere
Schulen, oft diakonisch getragen, an besonderen Orten.
Barrierefreiheit, Wohnen, Lernen, Arbeiten, Partnerschaft,
Gesundheit – all diese Lebensfelder haben für Menschen mit
Behinderungen zu oft ausgrenzende Strukturen, mit denen die
Mehrheitsgesellschaft sich aus vielen Gründen arrangiert. Es
ist Zeit, diese Aussonderung komplett zu beenden!
Das geht nicht einfach mit einer Ansage, zum Beispiel an
Lehrkräfte an Regelschulen oder Erzieherinnen in Kindertagesstätten: „Ihr seid jetzt einfach für alle da!“ Nein, für die Förderung behinderter Kinder und Jugendlicher sind Team-Unterricht, gute Fortbildungen und angepasste Gruppengrößen
nötig. Also Menschen, die fachlich fit und bezahlt arbeiten
können – für behinderte Menschen wie für nicht behinderte
gleichermaßen.
14 Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft
Wir sparen viel Geld, indem wir umverteilen: weg von
Sondereinrichtungen hin zu einer Gesellschaft für alle.
Und es ist nötig, über Geld zu sprechen. Auch über kirchliches
Geld. Damit auch behinderte Menschen dazu gehören und
ihre Familien nicht länger alleingelassen sind und vor der
schmerzlichen Entscheidung stehen: Angemessene, gesicherte
Förderung oder soziale Teilhabe. Ja, das ist zuerst anstrengend
und kostet Geld. Wir sparen aber auch viel Geld, indem wir
umverteilen: weg von Sondereinrichtungen hin zu einer
Gesellschaft für alle. Wir müssen also institutionskritisch
fragen, ob wir an den richtigen Stellen Geld ausgeben.
Mitwirkung, Inklusion wird nicht durch Aussonderung gefördert,
sondern durch Teilhabe. Hier hinken wir der gesetzlichen
Wirklichkeit stark nach.
Handeln auseinander. Ich meine, Kirche und Diakonie müssen
mit aller Kraft umsteuern! Gemeinden müssen sich öffnen für
Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen. Ihre krassen Erfahrungsdefizite überwinden: „Wir haben hier doch gar
keine Behinderten!“ So kann nur denken, wer nicht hinsehen
will. Gemeinden müssen Eingänge umbauen. Zeiten anpassen.
Müssen rausgehen aus ihren eigenen vier Kirchenwänden.
Und sich der Lebenswirklichkeit behinderter Menschen stellen.
Kirchen in Norwegen, den Niederlanden oder in Texas zeigen,
dass das zuerst schwer ist, aber auch, wie es geht und richtig
gut für alle wird. So werden wir überrascht feststellen: Menschen jeder Lebenslage können einander zu Botinnen und
Boten der Liebe Gottes werden. Alle Menschen.
Es ist billig, von der Gotteskindschaft jedes Menschen zu
sprechen, wenn nicht gleichzeitig die Teilhaberechte für alle
Menschen verwirklicht werden. Sonst klaffen Reden und
Prof. Dr.
Hanna Löhmannsröben
ist Superintendentin im
Kirchenkreis Wolfsburg-Wittingen
und war bis 2012 Professorin
für Heilpädagogik im Studiengang
Soziale Arbeit an der Evangelischen Fachhochschule
Berlin
Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft 15
Zwischenruf:
Inklusion, ja aber …
Der Begriff „Inklusion“ ist unmittelbar mit der UN-Behindertenrechtskonvention verknüpft, auch wenn er in der offiziellen
deutschen Übersetzung der Bundesregierung gar nicht auftaucht. In der Übersetzung wird weiterhin der Begriff Integration
genutzt. Lediglich eine inzwischen weit verbreitete und anerkannte Schattenübersetzung manifestierte diesen Begriff auch in
der politischen Landschaft. Heute ist das Schlagwort Inklusion
auch in der Politik und öffentlichen Diskussion angekommen.
Inhaltlich und praktisch bleibt Inklusion ein heißes Eisen, an
dem sich niemand die Hände verbrennen möchte. Einerseits
stellt sich vielen Großeinrichtungen und Verbänden die Frage
danach, wie weit sie sich jetzt aus dem Fenster hängen:
Entwickeln sie Inklusion als neue Gesamtstrategie ihres Arbeitens
oder handelt es sich nur um ein gerade populäres Konzept, dass
als nicht umsetzbar in kurzer Zeit wieder von der nächsten Idee
abgelöst wird? Auf der anderen Seite möchte natürlich niemand
als „Inklusionsgegner“ dastehen. Denn gegen eine gerechte
Beteiligung aller Menschen am Leben kann man nichts sagen.
Mal angenommen, es hätten sich alle darauf geeinigt, unter
Inklusion Teilhabe zu verstehen, entstehen weitere Fragen:
Wem nützt Inklusion eigentlich? Was ist ihr Preis? Welche
Chancen stehen welchen Risiken gegenüber? Das sind
Fragen, die wir nur beantworten können, wenn wir uns noch
einmal ernsthaft mit unserer eigenen Haltung auseinandergesetzt
haben. Wie ist meine Position im Spannungsfeld zwischen
Fürsorge und Selbstbestimmung? Hat jeder ein volles Recht auf
Selbstbestimmung, oder gibt es Grenzen, die die Selbstbestimmung eingeschränken müssen – bei Menschen, die sich beispielsweise nicht allein mit gesunden Lebensmitteln versorgen
können, oder bei der Aufnahme von Kindern mit ADHS in Klassen
mit nur einer Lehrkraft ohne Zusatzausbildung? Was bedeutet der
Paradigmenwechsel für mich in meiner eigenen Lebenssituation?
Menschen mit Behinderungen bilden die Gruppe, an der
Inklusion als gesamtgesellschaftliches und politisches Thema
im Moment festgemacht wird. Gleichzeitig wird schon zu
diesem Zeitpunkt sehr deutlich, dass die Auseinandersetzung
mit Teilhabemöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen
auch anderen zu Gute kommt.
Inklusion umzusetzen wird nicht leicht. Das Beispiel des
Niedersächsischen Inklusionsgesetzes, das zum 1. August
dieses Jahres die inklusive Schule eingeführt hat, zeigt das
sehr deutlich: Hier geht es nicht nur um die Einbindung von
Menschen mit Behinderungen in das bestehende Schulsystem,
sondern es ist vielmehr ein Infragestellen des bestehenden
Bildungssystems insgesamt. Das tut weh, erfordert Aufwand.
Dennoch: Inklusion ist eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, die die große Chance in sich birgt, gemeinsam daran
zu arbeiten, wie wir in Zukunft miteinander leben wollen.
Ralph Büsing
ist Dozent für Auszubildende in
der Heilerziehungspflege mit
inklusivem Schwerpunkt am
Annastift Berufsbildungswerk
16 Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft
Mitten drin
Tagesförderstätte in lebendiger Nachbarschaft
Mitte März 2013 wurde im hannoverschen Stadtteil List
Eröffnung gefeiert. Die Tagesförderstätte der Annastift Leben
und Lernen gGmbH für Menschen mit wesentlicher Behinderung
stellte sich offiziell der Öffentlichkeit vor. Mittlerweile ist die
neue Einrichtung bestens in die Nachbarschaft integriert.
Gute Stimmung im Kreativbereich der Tagesförderstätte
Zur Eröffnungsfeier kamen viele, die schon einmal vorher
hereingeschaut hatten: Nachbarn, Freunde und Angehörige,
der Pastor der nahen Kirchengemeinde, Geschäftsleute,
Stadtteilpolitiker und sogar der Bürgermeister. Sie freuten
sich über die schönen hellen Räume, in denen zuvor ein eher
verwinkelter Drogeriemarkt seine Waren angeboten hatte.
Besonders angetan waren die Besucherinnen und Besucher
aber von der offenen Atmosphäre im neuen „Zentrum für
Arbeit, Bildung und Teilhabe“ – davon zeugen etliche Eintragungen in das Gästebuch. Großes Lob für die Initiative des
Annastiftes, mit einer Tagesförderstätte für Menschen mit
Behinderung in einen lebendigen Stadtteil zu gehen, kam von
Bürgermeister Bernd Strauch. Alle Menschen, jung, alt oder
mit Behinderungen, gehörten zur Stadtgesellschaft, betonte
der Bürgermeister und lobte: „Ich freue mich wirklich riesig,
dass diese Tagesförderstätte entstanden ist und vielleicht
auch zum Vorbild für andere wird!“
In der „Tafö“ ist aber nicht nur an Feiertagen gute Stimmung.
Auch wer die Einrichtung an einem Werktag besucht, kann
erleben, dass das Konzept aufgeht. Selbstverständlich ist das
ehemalige Ladengeschäft komplett barrierefrei und rollstuhlgerecht. Eine große Rampe, die von vorbeikommenden
Kindern gerne für Übungen mit Skateboard und Roller benutzt
wird, führt von der Straße in den großzügigen Eingangsbereich.
Alle Räume sind in warmen Gelbtönen gehalten, große
Fenster zur Straße und zur begrünten Terrasse lassen viel
Licht hinein. Der Besucher wird freundlich begrüßt, zum
Beispiel von Sabrina Schmidt. Die 24-Jährige gehört zu den
knapp 20 Beschäftigten der Tafö und ist dort unter anderem
für die Erfassung von Kundenaufträgen zuständig. Seit ihrer
Geburt querschnittsgelähmt, bedient sie den Computer mit
einer Mundspange und legt dort Listen an. Auch wenn die
Tafö kein Geschäft ist und keine Gewinne erwirtschaften muss –
gearbeitet wird hier schon. Dienstleistungen wie die Digitalisierung
von Fotos und Schallplatten sowie Büroarbeiten gehören dazu.
In einer Kreativwerkstatt werden Dekogegenstände hergestellt
und zum Kauf angeboten.
„Wir betreten mit diesem Projekt Neuland“, erklärte Dr. Ulrich
Spielmann, Geschäftsführer der Annastift Leben und Lernen
gGmbH, bei der Eröffnung. „Wir wollen hier deutlich mehr als
Beschäftigung bieten. Wir wollen ein Teilhabe-Zentrum im
Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft 17
Maher Badaoui (rechts) digitalisiert Schallplatten im Kundenauftrag
Stadtteil sein.“ Dass das zu gelingen scheint, dafür sprechen
sowohl das große Interesse der Nachbarschaft als auch die
Begeisterung der Beschäftigten für den neuen Standort. Die
meisten der Beschäftigten, die im Laufe des Frühjahres zur
„Tafö“ kamen, arbeiteten vorher in der Tagesförderstätte des
Annastiftes in Mittelfeld, einem ruhigeren Stadtteil am Rande
Hannovers. „Die Beschäftigten waren hier zunächst auf Probe,“
erklärt die Fachgruppen-Leiterin der Tafö, Andrea Breitling,
„aber alle haben mittlerweile gesagt, dass sie bleiben möchten.“
Auch Bärbel S. gehört zu denen, die „umgezogen“ sind. Sie
hat einen Schlaganfall erlitten, lebt in ihrer eigenen Wohnung
in der List und freut sich, dass sie nun einen kürzeren Weg
hat. Für Maher Badaoui gibt es noch einen anderen Grund,
warum er sich für die Einrichtung in Zentrumsnähe entschieden hat: „Hier ist einfach mehr los!“ sagt der 25-Jährige, der
die Mittagspause der Tafö gerne nutzt, um mit seinem Rolli
die Läden in der Umgebung anzufahren. Er lebt in einer
Wohngruppe des Annastiftes in Mittelfeld und kommt bei
gutem Wetter selbstständig mit der Stadtbahn in die List.
Andrea Breitling ist besonders begeistert von der Resonanz
im Stadtteil: „Ich habe anfangs gedacht, ich müsste sehr viel
tun, damit uns Menschen aus dem Stadtteil besuchen,“
berichtet sie, „aber sie sind von Beginn an von selber gekommen!“ Regelmäßige Kunden und sogar einige Ehrenamtliche,
die sich in der Tafö engagieren wollen, habe man schnell
gewinnen können. Das Nachbarschaftscafé, das einmal
monatlich stattfindet, wird ebenfalls bestens angenommen.
Und auch die Politik zeigt Engagement: Bei einer Stadtteilbegehung mit Beschäftigten, Mitarbeitenden und Vertretern des
Bezirksrates stand im Mittelpunkt, an welchen Stellen etwa
noch Bordsteinkanten abgesenkt werden müssen, damit sich
die Beschäftigten der Tafö ungehindert in der Umgebung
bewegen können. Eine gute Voraussetzung für echte Teilhabe.
Ines Goetsch
ist freie Journalistin und
Mitarbeiterin in der Öffentlichkeitsarbeit des Diakonischen
Werkes der Landeskirche
Hannovers
18 Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft
„Ich bin entscheidend”1
Selbstbestimmt leben
Recht auf selbstbestimmtes Leben
Inklusion, Selbstbestimmung und gesellschaftliche Teilhabe
prägen die Diskussionen in der Behindertenhilfe seit den
neunziger Jahren und zunehmend auch in anderen Hilfefeldern, zum Beispiel der Altenpflege. Deutlich wird, dass
Hilfen immer stärker aus der Nutzersicht zu beurteilen sind.
Selbstbestimmung und Selbsttätigkeit sind leitende Ziele in
der Behindertenpädagogik und der Pflege.
Ein selbstbestimmtes Leben ist durch fünf
Lebensbereiche charakterisiert:
 Befriedigung von Grundbedürfnissen
 Unabhängigkeit im Fühlen und Denken
 Selbstakzeptanz und Selbstvertretung
 Gleichwertigkeit in den Begegnungen
 Kontrolle über das eigene Leben
Speziell in den beiden Lebensbereichen „Gleichwertigkeit in
den Begegnungen“ und „Kontrolle über das eigene Leben“
sind die freie Wahl des Wohnumfeldes, des Arbeitsplatzes,
die Teilnahme am öffentlichen Leben, Wahl der Begleitpersonen, Regelung der eigenen Angelegenheiten und andere für
die Arbeit mit Menschen mit Behinderung und Pflegebedürftigen von maßgeblicher Bedeutung für die Autonomie der auf
Assistenz angewiesenen Personen.
Durch das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die
Rechte von Menschen mit Behinderung und das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) wurden die Rechte auf Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderung deutlich gestärkt.
Das Grundgesetz schützt die freie Entfaltung der Persönlichkeit unbeeinflusst von den geistigen oder körperlichen
Fähigkeiten des Einzelnen; dies gilt zum Beispiel auch für
Menschen mit hohem Pflegebedarf.
Vor diesem Hintergrund hat die Debatte um die Wahl des
Wohnortes und damit verbunden auch über die Art der Hilfen
deutlich an Dynamik gewonnen. Im Bereich der Behindertenhilfe
sei hier beispielhaft die Umwandlung von stationären Angeboten
in ambulante Betreuungsformen genannt. Im Bereich der
Altenpflege hat das Pflegeneuausrichtungsgesetz spezielle
Fördermöglichkeiten für neue Wohnformen wie zum Beispiel
Pflegewohngemeinschaften eröffnet. Das geplante Bundesteilhabegesetz sieht weitere Schritte vor, um das Recht auf
Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderung zu stärken.
Mit diesen Entwicklungen sind die Träger von Einrichtungen
und Diensten der Diakonie deutlich herausgefordert und
reagieren mit vielfältigen neuen und veränderten Angeboten.
Dabei ergeben sich zum Teil jedoch unerwartete Problemstellungen: Auch wenn Politik und Öffentlichkeit ohne Widerspruch
die Entwicklung nach Verwirklichung von Selbstbestimmung
und Selbstständigkeit in der Behindertenhilfe und Altenpflege
einfordern, tun sie sich doch in der konkreten Umsetzung
schwer damit.
Motto des Europäischen Protesttages zur Gleichstellung für Menschen mit Behinderung
1
Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft Beispiele dafür gibt es genügend: Seit fast sechs Jahren wird
über die rechtlichen Voraussetzungen zur Gründung von
Pflegewohngemeinschaften gestritten, ohne das bis heute
eine rechtssichere Lösung im niedersächsischen Heimrecht
verabschiedet worden ist. Bis zum Einschreiten der neuen
Sozialministerin Rundt gab es nach Auskunft des niedersächsischen Sozialministeriums nicht einmal einen Änderungsbedarf im aktuellen Heimrecht. In der Praxis bedeutet das, dass
in Niedersachsen in den vergangenen Jahren kaum Pflegewohngemeinschaften neu gegründet worden sind und schon
bestehende um ihren Bestand fürchten müssen. Die lange
überfällige Gesetzesänderung soll nun spätestens 2014 erfolgen.
Streit um Kostenvorbehalt
Ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 18. Mai 2011 hat
Ansprüche eines Menschen mit Behinderung gegenüber der
Krankenversicherung zur Kostenübernahme eines Sportrollstuhles, um im Sportverein aktiv am gesellschaftlichen Leben
teilnehmen zu können, abgewiesen: „Zudem kann aus den
19
Regelungen der UN-Konvention kein subjektiv-öffentliches
Recht des Einzelnen abgeleitet werden, ein konkretes und der
persönlichen Mobilität dienendes Hilfsmittel von einem
bestimmten Leistungsträger verlangen zu können“ (BSG Urteil
vom 18. Mai 2011).
Sollte sich diese Rechtsauffassung durchsetzten, besteht auch
Grund zur Annahme, dass der Kostenvorbehalt gemäß
Paragraph 13 SGB XII Bestand hat, nach dem ambulante
Leistungen nicht finanziert werden, wenn „eine Leistung für
eine geeignete stationäre Einrichtung zumutbar und eine
ambulante Leistung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten
verbunden ist.“ Dieser Vorbehalt benachteiligt die Menschen
mit hohem Hilfebedarf gegenüber Menschen mit geringerer
Behinderung bei der Selbstbestimmung ihres Lebensmittelpunktes. Als reinen Zynismus müssen wohl Äußerungen von
kommunalen Kostenträgern beurteilt werden, die die Wahlfreiheit von Soziallleistungen betonen: Niemand wäre zu einem
Heimaufenthalt gezwungen. Die Annahme der Sozialleistung
ist freiwillig. Somit könne der Wohnort weiterhin frei gewählt
werden. Die Diakonie fordert deshalb ausdrücklich, den
Kostenvorbehalt gemäß Paragraph 13 SGB XII zu streichen.
20 Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft
Budgetierung birgt Gefahren
Kritisch zu hinterfragen ist auch die in den Vorschlägen der
Arbeits- und Sozialministerkonferenz zum Bundesteilhabegeld
deutlich erkennbare Ausrichtung einer Hilfe im Sinne einer
Wettbewerbsorientierung, verbunden mit einer deutlichen
Kontroll- und Wirkungsorientierung. Der Dienstleistungscharakter von Hilfeleistungen stärkt auf den ersten Blick den
Nutzer der Hilfen. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem
Dienstleistungscharakter sozialer Hilfen findet deshalb kaum
statt. Dienstleistungen sind aber nicht per se nutzerfreundlich
und schon gar nicht bedarfsdeckend. Die Idee der Kostenträger auf den Nenner gebracht lautet: „Die Nutzer der Hilfe
kaufen zukünftig die Hilfe selber ein. Das Budget für die
Dienstleistung wird aber unabhängig vom Bedarf festgelegt.“
Anschließend wird sehr genau geprüft, ob die Ausgaben auch
zweckentsprechend getätigt wurden. Offen oder zumindest
unterschwellig wird unterstellt, dass die Einrichtungen und
Dienste Ressourcen verschwenden oder nicht wirtschaftlich
arbeiten. Durch eine effizientere Kontrolle soll im Sinne der
Nutzer mehr Wirtschaftlichkeit in der Hilfe erzielt werden. Dies
mag für einen Teil der Nutzer von sozialen Dienstleistungen
auch zutreffen, speziell wenn die Zahlung von „persönlichen
Budgets“ mit Anreizen für die Nutzer verbunden ist. Für
Menschen in Krisen, mit komplexem oder hohem Hilfebedarf
wird der Einkauf von zum Teil existenznotwendigen Hilfen aber
zu erheblichen Problemen und Einbußen an Hilfeleistung führen.
Die Leistungsempfänger sollen mehr, die Leistungserbringer
weniger über das bestimmen, was an Hilfe erbracht wird. Das
kann Selbstbestimmung befördern, darf aber nicht zur Privatisierung von Problemlagen und damit verbunden den Rückzug
institutioneller und gesellschaftlicher Verantwortung führen.
Selbstbestimmung und Selbstständigkeit zu ermöglichen bedeutet nicht den Verzicht auf professionelle Hilfen. Autonomie
bedeutet nicht, auf notwendige Assistenz und Unterstützung zu
verzichten, möglicherweise aus falsch verstandener Scham.
Fatal wäre der Gedanke: „Wenn ich Hilfe annehme, fehlt es mir
an Autonomie.“ Die Träger von Einrichtungen und Diensten sind
gefordert, gegen den unterschwelligen Vorwurf von „Sozialarbeit
und Pflege sind Ausdruck von Fremdbestimmtheit“ anzugehen.
Denn das Gegenteil ist richtig: Professionelle Hilfen mit ausreichenden Ressourcen, die genügend Personal, Material und
Gebäude beinhalten, sind die Grundvoraussetzung, damit
Menschen mit Behinderung und Pflegebedürftige solange wie
möglich selbstbestimmt und selbsttätig leben können.
Für die Diakonie bleibt neben aller Notwendigkeit, Hilfen
wirtschaftlich und transparent zu erbringen, das wichtigste Ziel,
den Menschen die Hilfe zukommen zu lassen, die im Einzelfall
notwendig ist, um in den oben genannten Lebensbereichen
Selbstständigkeit und Selbsttätigkeit zu ermöglichen. Und zwar
unabhängig von der Schwere der Behinderung oder dem Alter.
Jörg Reuter-Radatz
ist Bereichsleiter für Gesundheit,
Pflege und Rehabilitation
im Diakonischen Werk der
Landeskirche Hannovers
Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft 21
Junge Pflege
Das Katharina-von-Bora-Haus
in Osnabrück
Wer durch einen Unfall oder schwere Krankheit in jüngeren
Jahren schwer pflegebedürftig wird, musste bisher oft in eine
Altenhilfeeinrichtung ziehen. Das bedeutet, sich in einem Umfeld
wiederzufinden, in dem fast alle Menschen über 80 Jahre alt sind
und die Versorgung und Betreuung der Pflegebedürftigen somit
auf diesen Kreis zugeschnitten ist. Da oft ein hoher Anteil der
Bewohner demenzerkrankt ist, fallen viele Mitbewohner zudem
als Gesprächspartner aus. Für junge pflegebedürftige Menschen,
die eine lange Lebensspanne in einer Einrichtung verbringen
müssen und nur eine geringe bis gar keine geistige Einschränkung haben, ist auch der Wechsel in der Bewohnerschaft durch
Versterben eine starke Belastung. Für junge Pflegebedürftige
bietet deswegen das Katharina-von-Bora-Haus in Osnabrück
eine eigene Wohngruppe an.
Mit dem Wechsel in die Trägerschaft des Diakoniewerks Osnabrück im Jahr 2009 stand fest, dass das Katharina-von-BoraHaus nach vierzigjährigem Bestehen eine grundlegende Sanierung erhalten würde. Zu diesem Zeitpunkt waren in den
verschiedenen Altenhilfeeinrichtungen des Diakoniewerkes schon
etliche jüngere Menschen mit Pflegebedarf untergebracht und es
war der Wunsch entstanden, für diesen Personenkreis eine
eigene Wohngemeinschaft zu gründen. Im neuen Anbau des
Katharina-von-Bora-Haus ergab sich die Möglichkeit, konkret für
diese Gruppe zu planen. Entstanden ist eine Wohneinheit für 18
Menschen mit 16 Einzelzimmern und einem Doppelzimmer.
Selbstbestimmtheit, Selbständigkeit und Beteiligung sind die
Leitlinien, anhand derer das Konzept für diesen Bereich entwickelt wurde. Das bedeutet für die bauliche Gestaltung, dass jeder
Bewohner sein Zimmer frei einrichten kann: Es wird zwar hausseitig die Standardausstattung angeboten, der Bewohner kann aber
von der Wandfarbe über die Gardine bis zur Möblierung sein
Zimmer selbst ausgestalten. Herzstück der Wohngruppe ist die
Wohnküche, die sich in der Mitte der Wohngruppe befindet: Hier
bilden Küche, Esszimmer und Wohnzimmer in baulicher Einheit
den Mittelpunkt des täglichen Lebens. Die barrierefreie Ausgestaltung der Küchenzeile macht allen die Hausarbeit leichter. Kaffeemaschine und Getränke sind immer erreichbar und jeder Bewohner hat sein Fach, um seine Lieblingstasse jederzeit in Reichweite
zu haben. Auch Fernseher und Internetanschlüsse gehören zur
Ausstattung. Die zwei großen Balkone werden so intensiv wie die
Wohnküche genutzt.
Die eigentliche Besonderheit und zugleich Herausforderung im
Bereich der Jungen Pflege ist die Ausgestaltung der Pflege,
Betreuung und Unterstützung im täglichen Leben. Von Bewohnern und Mitarbeitenden gewünscht ist eine weitgehende
Autonomie der Wohngruppen-Bewohner: Aufstehen, Versorgt
werden, Teilnahme an Gemeinschaft – alles soll stattfinden, wie
es täglich passt. Mitsprache ist gewünscht von allen Beteiligten –
Sofakissen ja oder nein, ein rauchfreier Balkon ja oder nein, und
auch, wo der Ketchup zu stehen hat. Die Moderation des Gruppengeschehens ist so notwendig wie die Klärung von Grenzen
und Möglichkeiten der Individualität in einer Wohngruppe.
Die Rückmeldungen unserer Bewohner der Wohngruppe geben
uns Recht: Sie sind froh, hier ein fröhliches und lebendiges
Zuhause gefunden zu haben.
Der Bedarf an anwesender Begleitung ist deutlich höher, als es
die Pflegesätze vorsehen. Auch die Unterstützung bei der aktiven
Teilnahme am öffentlichen und gesellschaftlichen Leben ist für
junge Pflegebedürftige in einer höheren Intensität notwendig:
Begleitung zu Open-Air-Konzerten oder zum Besuch bei der
Familie sieht der Pflegesatz nicht vor. So ein hohes Maß an
Kommunikation und Betreuung ist mit den Finanzierungsmöglichkeiten der Pflegeversicherung nicht zu leisten. Es wird nur mit
zusätzlichen Leistungen der Eingliederungshilfe möglich sein,
dieses Angebot dauerhaft zu gewährleisten.
Sabine Weber
ist Geschäftsführerin
im Diakoniewerk
Osnabrück gGmbH
22 Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft
Wohnen kann man lernen
Ambulant unterstütztes Wohnen in Osterode
„Eigentlich hat mir das keiner zugetraut!“ Florian Mues lacht.
„Und jetzt ziehe ich in meine eigene Wohnung!“ Florian ist 23.
Er arbeitet in der Gruppe Gebäudetechnik der Harz-WeserWerkstätten in Osterode. Er fand, es sei an der Zeit, von zu
Hause auszuziehen. Aber seine Eltern und andere Bekannte
hatten Bedenken. Sie schlugen ihm vor, in eine Wohngruppe
zu ziehen. „Das wollte ich aber nicht“, sagt Florian. „Ich will
nicht nur ein eigenes Schlafzimmer haben, sondern auch eine
Küche und ein Bad. Und in meinem Wohnzimmer will ich
meine Ruhe haben.“
Da hörte er von der Möglichkeit des Probewohnens beim
Ambulant Unterstützten Wohnen (AUW) in Osterode. Die
Harz-Weser-Werkstätten haben eine kleine Einzimmerwohnung
angemietet. Wer das selbstständige Wohnen ausprobieren
möchte, kann sie für einige Wochen nutzen und wird vom AUW
der Harz-Weser-Werkstätten unterstützt. Die Mitarbeiterinnen
haben viel Erfahrung im Umgang mit jungen Leuten, die auf
eigenen Füßen stehen wollen. Sabine Oppermann kümmerte
sich zunächst intensiv um Florian, damit er Vertrauen zu ihr
entwickeln und über alle Sorgen und Fragen mit ihr sprechen
konnte. Schnell stellte sie fest, dass zwei Treffen in der
Woche reichten. Darüber hinaus konnte Florian tagsüber beim
AUW anrufen, wenn er ein Problem hatte: „Das habe ich zu
Anfang oft gemacht“, gibt er zu. „Da ging die Balkontür nicht
zu oder im Flur brannte das Licht nicht oder so, dann habe
ich sie gefragt.“
So hat Florian in den zwölf Wochen, die er in der Probewohnung
leben konnte, viel von dem gelernt, was man wissen muss,
wenn man eine eigene Wohnung hat: wie man vernünftig
einkauft und gesund kocht, wie man sauber macht und Ordnung hält, wie man Wäsche wäscht und Müll trennt und vieles
mehr. Und siehe da: Wenn seine Eltern ihn besuchen, sehen
Ich will nicht nur ein eigenes Schlafzimmer haben,
sondern auch eine Küche und ein Bad. Und in meinem
Wohnzimmer will ich meine Ruhe haben.
Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft sie, dass er in der Lage ist, einen eigenen Haushalt zu führen.
Florian ist ein geselliger Mensch. Da war es zu Anfang sehr
ungewohnt, allein in einer Wohnung zu leben. Aber dann hat er
angefangen, Kontakte aufzubauen. Und ansonsten beschäftigt
er sich mit seinem PC, vielen DVDs und seiner Gitarre.
Jetzt hat er eine Wohnung in der Osteroder Innenstadt
gefunden, die ihm gefällt. Das ist auch in Osterode nicht so
einfach. Viele Vermieter sind skeptisch, wenn sie hören, dass
jemand eine Wohnung sucht, der Unterstützung benötigt.
Zum anderen dürfen die Wohnungen einen bestimmten
Mietpreis nicht übersteigen. Florian ist froh, dass es geklappt
hat, und freut sich darauf, seine Wohnung nach seinen
Vorstellungen einzurichten. Sabine Oppermann wird ihm
dabei noch eine Weile mit Rat und Tat zur Seite stehen und
ihn auch später regelmäßig unterstützen.
23
sicher sind, ob sie mit dem Alleinwohnen zurechtkommen.
Manche stellen fest, dass ihnen das zu einsam ist, aber viele
wechseln nach der Probezeit in eine eigene kleine Wohnung.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des AUW der Harz-WeserWerkstätten beraten und unterstützen ihre Klienten, die nach
SGB IX oder SGB XII Anspruch auf solche Leistungen haben.
Nicht nur, wenn der Auszug aus dem Elternhaus ansteht,
sondern auch bei der Suche nach einer Tagesstruktur oder
Arbeit, beim Verkehr mit Ämtern und Behörden, bei der
Freizeitgestaltung, bei Arztbesuchen und Therapien und bei
allerlei Alltagsproblemen. Art und Umfang der Unterstützung
werden vorher genau abgesprochen und auf die Bedürfnisse
des Einzelnen abgestimmt. Etwa 100 Menschen werden
mittlerweile im Landkreis Osterode auf diese Weise in eigenen
Wohnungen unterstützt und begleitet, damit sie leben können,
wo und wie sie möchten. Wohnen kann man lernen!
Die kleine möblierte Probewohnung kann dann vom nächsten
Bewerber genutzt werden. Viele wollen ausprobieren, wie es
ist, alleine zu leben, egal ob sie aus der Familie oder aus einer
Wohnstätte kommen. Das Probewohnen ist nicht Voraussetzung, um Unterstützungsleistungen des AUW zu erhalten,
erweist sich jedoch als sinnvoll bei Menschen, die sich nicht
Ute Augat
ist Referentin für Öffentlichkeitsarbeit in den
Harz-Weser-Werkstätten
Osterode
24 Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft
Leichte Sprache
Im eigenen Haus
mit Inklusion anfangen
Jetzt gibt es einen Beirat von Menschen mit Behinderung
im Diakonischen Werk der Landeskirche Hannovers
Der Beirat im Bild von links nach rechts.
In der hinteren Reihe:
Jan Sanner, Andrea Strobel-Brunke,
Sascha Jansen, Christine Voigt, Jasmin Graff
und Ariane Severijnse.
In der vorderen Reihe:
Britta Lesemann und Inge Kruppa.
„Nichts ohne uns über uns“
Das fordert das Übereinkommen der Vereinten
Nationen über die Rechte von Menschen mit
Behinderungen.
Die Forderung richtet sich an die ganze
Gesellschaft mit ihren Gemeinschaften und
Einrichtungen.
Das Diakonische Werk findet das richtig und gut.
Jetzt stellt sich die Frage,
wie wir selbst im Diakonischen Werk Inklusion
leben können.
Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft 25
Zum Beispiel:
Zu den Aufgaben des Beirates gehören:
Mit einem Beirat der Menschen mit Behinderung
für die Arbeit in unserem Landes-Verband.
Weil Inklusion bedeutet,
dass alle Menschen dazu gehören.
D
ie Beratung und der Austausch mit den
Mitarbeitenden im Bereich Behinderten-Hilfe.
Dieser Beirat wurde nun in der Diakonie Hannover
gegründet.
Den Beirat wird erst einmal für drei Jahre geben.
Der Beirat setzt sich zusammen aus:
D
er Beirat sammelt wichtige Themen,
mit denen er sich genauer beschäftigen möchte.
Die Satzung des Diakonischen Werkes und die
Satzung des Fach-Verbands Diakonische
Behinderten-Hilfe in Niedersachsen gibt es jetzt
in Leichter Sprache.
4
Menschen mit Behinderung
und ihren Assistenz-Personen,
 1 Pädagogin oder einem Pädagogen,
 dem Bereichs-Leiter für Gesundheit,
Rehabilitation und Pflege,
 der Referentin des Referates Behinderten-Hilfe
im Diakonischen Werk.
„Ich engagiere* mich im Beirat,
damit ich anderen Menschen helfen kann.
Jeder soll normal behandelt werden.
Es sollte ein Gesetz geben zur Inklusion, an das
sich alle halten müssen. Denn reden kann man viel.“
Das sagt Sascha Jansen, ein Mitglied im Beirat.
*Engagieren bedeutet, sich freiwillig für eine Sache einsetzen.
Jasmin Graff
ist Referentin für Behindertenhilfe im Diakonischen Werk der
Landeskirche Hannovers
Übersetzung:
Andrea Strobel-Brunke,
Büro für Leichte Sprache,
Diakonie Himmelsthür
Geprüft von: Helga Hinkelmann
26 Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft
Dasein und nicht verlassen werden
Auf dem Weg zu einer zukunftsfähigen Altenpflege
mit Palliativ- und Hospizkultur
Er sitzt mit großem Ernst vor seinem Breiteller. Den Löffel hält
er fest in der Hand. Und dann beginnt der kleine Kerl zu
essen. Man sieht es ihm an, dass er Hunger hat und dass es
ihm schmeckt. Aber es ist mühselig, den Löffel richtig zu
halten. Immer wieder rutscht der Brei vom Löffel, läuft ihm am
Hals runter, kleckert auf sein Lätzchen. Und doch lässt er sich
nicht beirren. Zu gut schmeckt der süße Brei.
Eltern und Großeltern kennen diese Szene. Nicht immer können
sie da zusehen. Sie korrigieren und helfen liebevoll, manchmal
auch ein wenig ungeduldig. Welch ein Gegensatz zu einer
ähnlichen Szene aus dem letzten Abschnitt unseres Lebens:
Es fällt ihr schwer, den Löffel zu halten. Aber sie ist froh, noch
am Tisch zu sitzen, den einen oder anderen Gesprächsfaden
auffangen und selber noch etwas sagen zu können. Aber die
Suppe wird immer mehr zum Problem. Die Hand zittert. Um
ihren Teller bilden sich Flecken. Sie hat es doch gekonnt, hatte
in feinen Lokalen gegessen, hatte es sich schmecken lassen.
Von der Seite spürt sie den Blick der Nachbarin. Warum schafft
die das mit ihren 95 Jahren noch? Und sie selber? Keiner hilft.
Es ist auch keiner zum Helfen da. Wäre es nicht doch besser,
auf dem Zimmer zu essen? Da wäre sie allein, keiner schaute
zu. Aber da wäre sie wirklich allein. Jeden Mittag verstärkt sich
das Gefühl der Beschämung und der Traurigkeit in ihr.
Es ist ein schwerer Weg, den viele hochbetagte Menschen
gehen müssen. Die körperlichen Kräfte schwinden, die Beweglichkeit des Geistes lässt nach, Krankheiten müssen ertragen
werden. Was einmal an Frische und Lebendigkeit vorhanden
war, weicht einem allmählichen Prozess des Zurückziehens
und Abschiednehmens. Die Lebenswelt um sie herum verliert
ihre Bedeutung, Begegnungen und Kontakte werden weniger.
Noch bleiben die Erinnerungen an frühere Begegnungen. Aber
sie entschwinden allmählich, entfernen sich wie im Nebel.
Viele hochbetagte Menschen gehen diesen Weg, begleitet
von ihren Angehörigen, oft aber auch allein. Aber irgendwann
ist die Grenze erreicht. Es geht nicht mehr ohne Vollzeitpflege.
Wenn sie nun in unsere Altenhilfeeinrichtungen kommen, gilt
es, unsere alten und pflegebedürftigen Menschen in ihrer
letzten Lebensphase so zu betreuen, dass sie geborgen leben
und getröstet sterben können.
Der Ruf des sterbenden Menschen: „Verlass mich nicht, wenn
ich schwach werde“ (Psalm 71,9) wird gehört von Angehörigen,
Pflegenden, Ärztinnen und Ärzten, Seelsorgerinnen und
Seelsorgern und von den Leitungen unserer Heime. Unsere
Einrichtungen leisten intensive Pflege, und alle Mitarbeitenden
stellen ihre berufliche Profession in den Dienst an alten Menschen. Wenn die Vitalkräfte nachlassen, wenn Körper und
Geist schwach werden, braucht der hochbetagte Mensch die
Nähe von Menschen, die ihm Geborgenheit geben. Dasein und
nicht verlassen werden ist ein hoher Anspruch an alle Pflegenden. Unsere Aufgabe ist es, den zu betreuenden Menschen
wie mit einem Mantel zu bergen, zu schützen und zu trösten.
Wir sehen in der palliativen Begleitung von alten, kranken und
sterbenden Menschen in stationären Alteneinrichtungen eine
große Herausforderung für die Gesellschaft. Denn immer
Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft 27
mehr Menschen verbringen ihre letzte Lebenszeit in Alteneinrichtungen und sterben dort. Unsere Pflegeheime entwickeln
sich zu Hospizen, zu Orten intensiver Pflege und zu Sterbeorten,
in denen alte Menschen in Würde und guter Begleitung
sterben dürfen.
in stationären Alteneinrichtungen begonnen und soll in
weiteren Regionen der Landeskirche etabliert werden. Neun
Einrichtungen mit 20 Teilnehmenden waren bisher beteiligt.
Sie werden durch den Deutschen Evangelischen Verband für
Altenarbeit und Pflege e. V. (DEVAP) zertifiziert.
Darum ist es eines der vorrangigen Ziele der nächsten Jahre,
eine zukunftsfähige Altenpflege mit dieser Abschiedsperspektive zu entwickeln. In unserer Hospiz- und Palliativarbeit
setzen wir hier Schwerpunkte, um die Implementierung von
Palliativkompetenz und Hospizkultur in Pflegeeinrichtungen zu
stärken. Besondere Bedeutung kommt dabei den Pflegenden
zu. Es gilt dafür zu sorgen, dass sie Zeit haben für Zuwendung
in der Pflege, sich fortbilden können, Entlastung durch
begleitende Gespräche bekommen und Wertschätzung aus
Kirche, Gesellschaft und Politik erfahren. Aus diesem Grund
wollen das Diakonische Werk und die Landeskirche in einem
gemeinsamen Projekt
Das Ziel, dem alten Menschen in seiner letzten Lebensphase
bestmögliche Lebensqualität zu erhalten, lässt sich mit dem
ganzheitlichen Konzept der palliativen Begleitung realisieren.
Es berücksichtigt neben der Linderung von Schmerzen und
anderen qualvollen Symptomen auch psychische, soziale,
spirituelle, ethische und rechtliche Aspekte der Begleitung.
Weitere Basisfortbildungen sind landesweit in diesem und in
den nächsten Jahren vorgesehen.
d
ie Qualifikation der Mitarbeitenden stärken durch Basisfortbildungen für Pflegeteams in palliativer Begleitung,
d
ie Vernetzung zu Hospiz- und Palliativgruppen und deren
Ehrenamtlichen fördern,
d
ie Einbindung von Ehrenamtlichen und die Stärkung der
Seelsorge ausbauen.
Das Projekt hat in Göttingen mit einer 40-stündigen Inhouseschulung „Palliative Begleitung alter Menschen“ für Pflegeteams
Christa Gerts-Isermeyer
ist Referentin für Hospizund Palliativarbeit im
Diakonischen Werk der
Landeskirche Hannovers
28 Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft
Entdeckungsreisen
Inklusion leben im Eltern-Kind-Zentrum
PETRI HAUS
Gemeinsame Entwicklung
„Wir haben soundso viele Kinder mit Behinderungen in unserer
Kita, soundso viele Eltern haben einen Migrationshintergrund –
genau das wollen wir nicht: Menschen zählen und in Schubladen
stecken. Denn Inklusion ist doch genau das Gegenteil, nämlich
gar nicht erst zu fragen, wo die Menschen unterschiedlich
sind“, erklärt Verena Küttner, Leiterin des PETRI HAUS in
Göttingen Alt-Grone. Seit 2008 leitet die Erzieherin das ElternKind-Zentrum im sozial schwachen Göttinger Bezirk Alt-Grone.
Die Stadt Göttingen hatte das Haus gebaut und die Trägerschaft für ein stadteilnahes Eltern-Kind-Zentrum an die
Kirchengemeinde St. Petri gegeben, da diese bereits gut in
den Stadtteil integriert war.
Heute nehmen jede Woche mehr als 250 Familien an den
verschiedenen Angeboten teil, 48 Kinder besuchen die Kita
des Hauses. Seit dem ersten Tag dabei ist russisch-stämmige
Isolde Wirt mit ihren beiden Kindern Kevin und Jennifer: „Mein
Sohn hat hier einen Kindergartenplatz bekommen. Am Anfang
war ich sehr zurückhaltend, ich sprach kaum Deutsch und
traute mich nicht, mit anderen zu reden. Doch die offene und
freundliche Art der Mitarbeitenden hier hat mir Mut gemacht:
Ich habe immer Hilfe bekommen, viele Freundschaften
geschlossen. Und ich habe im PETRI HAUS Deutsch gelernt.“
Isolde Wirt hat gemeinsam mit ihren Kindern an vielen
Angeboten des PETRI HAUS teilgenommen: an der musikalischen Früherziehung, am Elternfrühstück, auf einer Familienfreizeit auf dem Schulbauernhof und beim „Zumba“. Besonders beliebt bei ihren Kindern ist die Möglichkeit, ihren
Geburtstag als Piratenparty oder Prinzessinnenfest in den
Räumen des Eltern-Kind-Zentrums zu feiern – auf Wunsch mit
Unterstützung durch eine Erzieherin. „Dieses Angebot kommt
bei Eltern und Kindern sehr gut an. Die engen Wohnungen in
den Hochhäusern und Wohnblöcken hier in Alt-Grone bieten
oft nur wenig Platz zum Toben und Spielen bei einem Kindergeburtstag. Mittlerweile ist die Nachfrage so hoch, dass sogar
Menschen aus ganz anderen Stadtteilen bei uns Geburtstag
feiern wollen“, erzählt Verena Küttner.
Das PETRI HAUS ist im Stadtteil Alt-Grone und in Göttingen
selbst stark vernetzt – mit den Schulen, Kitas und Familienbildungsstätten in der Nachbarschaft, mit dem Diakonischen
Werk Göttingen, der Kirchenkreissozialarbeit und dem
Symphonieorchester. Die einzelnen Angebote für die Menschen aus Alt-Grone entwickeln die 39 Mitarbeitenden des
PETRI HAUS gemeinsam mit den Bürgern im Stadtteil: „Bei
uns wird nicht nur Kuchen gebacken oder mal ein Beet im
Garten angelegt, sondern Kinder und Eltern sollen ihre
eigenen Ideen einbringen“, so Küttner. Ein Schwimmkurs für
muslimische Frauen oder Sportangebote als Ausgleich zum
Alltag in den engen Wohnungen wurden beispielsweise von
Eltern angeregt.
Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft 29
Hüftschwung für mehr Selbstbewusstsein
Isolde Wirt hat im PETRI HAUS nicht nur ihre Sprachkenntnisse
erweitert, sondern auch so gut Bauchtanz gelernt, dass sie
ihn mit Kindern beim Sommerfest vortanzen konnte. „Früher
hätte ich mich das nie getraut! Und durch das gemeinsame
Üben hat sich auch mein Verhältnis zu den Kindern geändert,
zum Beispiel duzen mich jetzt alle“, sagt die hübsche Mutter.
Ihre Bauchtanz-Lehrerin war eine andere Mutter aus dem
Stadtteil, die aus Palästina stammt und die „Rucksackgruppe“ zur Förderung der Sprachkompetenzen von Eltern und
Kinder leitet. Die Rucksackgruppe ist ein inklusives Angebot
per se: Bei Treffen im PETRI HAUS sprechen Kinder und
Eltern, die meisten sind Frauen, über verschiedene Themen.
Anschließend bekommen die Mütter die beim Treffen verwendeten Materialien mit nach Hause – in ihrer Muttersprache auf
Türkisch, Russisch, Kurdisch, Arabisch usw. Mit dem Angebot sollen die Sprachkenntnisse verbessert werden. „Viele
Eltern sprechen nur gebrochen Deutsch und kommunizieren
mit ihren Kindern in diesem Deutsch statt in ihrer Muttersprache. Die Folge ist, dass ihre Kinder so Deutsch mit einer
falschen Grammatik und kaum ihre Muttersprache lernen. Mit
dem Rucksack-Angebot werden die Eltern angeregt, den
Kindern eine Sprache zu 100 Prozent beizubringen – und
zwar zuerst ihre Muttersprache“, beschreibt Corinna Kern,
Heilpädagogin im PETRI HAUS.
Konflikten führen, werden behandelt. „Wir hatten in der
Rucksackgruppe beispielsweise die Möglichkeit, das Fest
zum Abschluss des Ramadan, das Zuckerfest, kennenlernen
zu dürfen. Interessant war auch das Thema Sexualkunde und
der unterschiedliche Umgang damit. Das Zusammenleben im
PETRI HAUS bedeutet für uns vor allem, von uns gegenseitig
zu lernen. Wir entdecken uns, lernen voneinander und
akzeptieren uns“, meint Corinna Kern.
Corinna Kern, Heilpädagogin
Verena Küttner, Leiterin des Eltern-Kind-Zentrums
Der Austausch in der Rucksackgruppe geht aber über die
Förderung der Muttersprache und der Deutschkenntnisse
hinaus. Auch Themen, die im gemeinsamen Alltag im multikulturellen Stadtteil immer wieder auftauchen und andernorts zu
Isolde Wirt, Mutter aus der Nachbarschaft
(v.l.n.r)
30 Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft
Während die Kinder mit Freude Sandstein bearbeiten, tauschen sich
Jeden Donnerstag gibt es Musikalische Früherziehung
ihre alleinerziehenden Mütter aus
im PETRI Haus
Early-Excellence-Ansatz
Diese positive Grundhaltung gegenüber allen Menschen, allen
Kulturen und allen Ansichten beschreibt das pädagogische
Konzept des „Early Excellence“. Margy Whalley entwickelte
das Konzept in den achtziger Jahren für die Arbeit mit
Teenie-Müttern und ihren Kindern in einem sozial schwachen
Viertel in Großbritannien. Die Stadt Göttingen hatte Early
Excellence bereits als frühkindliches Leitkonzept für das
PETRI HAUS vorgegeben, keine der Mitarbeitenden war
jedoch vorher mit der Anwendung vertraut. „Early Excellence
bedeutet, die individuellen Stärken jedes Kindes zu sehen und
diese zu fördern. Zum Beispiel muss ich nicht zu einem Kind
sagen: Du bist zu schüchtern. Sondern ich sage: Du kannst
noch mutiger werden. Dabei werden die Eltern immer miteinbezogen, sie gelten als die Erziehenden an erster Stelle“, fasst
Verena Küttner das Konzept zusammen. Was aber, wenn
Eltern und Erziehende ganz unterschiedliche Ansichten
haben? „Das kommt natürlich vor. Für uns in der pädagogischen Arbeit bedeutet das, auch zuzulassen, dass die Eltern
manchmal eben besser wissen, was ihr Kind braucht“, so
Küttner.
„Wir selbst bleiben nach diesem Konzept auch als Pädagogen
immer Fragende und Lernende“, ergänzt Heilpädagogin Corinna
Kern. Unterstützung für ihre Arbeit nach Early Excellence erhalten
die Pädagogen, die nach einem normalen Betreuungsschlüssel
in der Kita arbeiten, durch gegenseitigen Austausch und
Supervision.
Das Eltern-Kind-Zentrum begegnet mit seinem Angebot dem
veränderten Bedarf an Bildungsangeboten für Kinder, Eltern
und Familien. Der gesellschaftliche Druck auf die Eltern nimmt
zu, im Beruf wird noch mehr Mobilität und Flexibilität gefordert,
es gibt immer mehr Alleinerziehende. „Wenn ich mir etwas
wünschen könnte, dann wäre das die bundesweite Einführung
des Early-Excellence-Ansatzes. Er gibt Menschen das Gefühl:
‚Schön, dass du da bist‘. Das macht Kinder und Familien zu
selbstbewussten Teilnehmern einer Gesellschaft. Genau das
brauchen wir als Mittel auf dem Weg zu einer inklusiven
Gesellschaft“, so Verena Küttner.
Maike Lukow
ist Referentin für
Öffentlichkeitsarbeit im
Diakonischen Werk der
Landeskirche Hannovers
Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft 31
Inklusion ist, gar nicht erst zu fragen,
wo die Menschen unterschiedlich sind.
Evangelische Familienzentren in der Landeskirche Hannovers
Insgesamt 40 evangelische Familienzentren gehören zur
Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers. Sie
befinden sich in allen Teilen der Landeskirche mit regionalen
Schwerpunkten in Hannover, Wolfsburg, Stadt und Landkreis Osnabrück und Göttingen.
Etwa 90 Prozent sind aus der konzeptionellen Weiterentwicklung von evangelischen Kindertageseinrichtungen
entstanden, die anderen Familienzentren gingen aus der
familienbezogenen Arbeit von Kirchengemeinden hervor.
Familienzentren in evangelischer Trägerschaft verknüpfen
im Kern vier Aufgaben und Angebote: Bildungs- und Erziehungsarbeit mit Kindern, Bildungsarbeit mit Eltern, Beratungsangebote und Begegnungs- und Austauschmöglichkeiten
für Eltern, insbesondere durch Eltern- oder Familiencafés.
Solche Eltern- und Familiencafés sind oft Treffpunkte, die
der Selbsthilfe dienen. Häufig entstehen hier Anknüpfungsmöglichkeiten für Beratungsangebote der Kirchengemeinden,
Kirchenkreise und im Gemeinwesen. Genau diese Verknüpfung
mit der familienbezogenen kirchengemeindlichen Arbeit
unterscheidet evangelische Familienzentren von Einrichtungen anderer Träger. Weil sich die Angebote für Eltern
auch an Familien richten, deren Kinder nicht in der Kindertageseinrichtung sind, öffnen sich die Einrichtungen in den
Sozialraum hinein und können so zu einem bedeutsamen
Teil des Gemeinwesens werden. In knapp 25 Prozent der
evangelischen Familienzentren basiert die pädagogische
Arbeit wie im PETRI HAUS Göttingen auf dem Early-ExellenceAnsatz (EEC). Zum Konzept Early Excellence gehört eine
besonders intensive Arbeit mit den Eltern im Sinne einer
Bildungs- und Erziehungspartnerschaft.
2010 haben sich die Familienzentren unter Federführung
des Diakonischen Werkes der Landeskirche Hannovers in
der Konferenz evangelischer Familienzentren zusammengeschlossen. Zweck der Konferenz sind der Fachaustausch,
die gegenseitige Information über Entwicklungen auf
kommunaler und Landesebene sowie die Fortbildung. Um
bestehenden und sich entwickelnden evangelischen Familienzentren eine Orientierung für die inhaltiche und strukturelle
Ausrichtung zu geben, wurden im letzten Jahr unter Beteiligung von Einrichtungsverantwortlichen Qualitätskriterien und
Profilmerkmale entwickelt, die zunächst im Sinne einer
Selbstverpflichtung angewendet werden.
Susanne Witte
ist Referentin für Partizipation
und Familienzentren im
Diakonischen Werk der
Landeskirche Hannovers
32 Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft
Gemeinsamkeit trotz Unterschieden
Solidaritätstafel 2012
Mit unserer Solidaritätstafel am 15. September 2012 mitten in
der Fußgängerzone in Hannover wollten wir ein Zeichen setzen
für die Bedeutung von Solidarität in unserer Gesellschaft.
Gemeinsam mit dem Caritasverband für die Diözese Hildesheim,
dem Diakonischen Werk Stadtverband Hannover, dem Diakonieverband Hannover-Land und dem Caritasverband Hannover
führten wir diese Veranstaltung zum zweiten Mal nach 2010
durch.
Die Diakonie erlebt in ihren örtlichen Beratungsstellen und
Einrichtungen tagtäglich die Lebenssituation von armen und
benachteiligten Menschen. Sehr deutlich nehmen wir die
Zunahme von Armut und sozialer Ausgrenzung sowie die
Grenzen der staatlichen finanziellen Unterstützung wahr. In
den letzten Jahren hat sich besonders der Anteil von älteren
Menschen erhöht, die um Rat und Hilfe nachfragen. Armut im
Alter wird für zunehmend mehr Menschen zur Lebensrealität.
Trotz der deutlichen Zunahme der Armutsquote im letzten Jahr in
Niedersachsen bleibt das Thema Armut ein Tabu. Gerade ältere
Menschen schämen sich oft, die ihnen zustehende finanzielle
Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Zu groß sind die
Hemmungen, Anträge zu stellen und sich als bedürftig zu
offenbaren: „Was könnten die Nachbarn sagen, wenn sie merken,
dass ich Sozialhilfe erhalte?“ Armut ist aber für die meisten
Menschen nicht nur ein materielles Problem, sondern arm zu
sein bedeutet auch, an vielen Dingen nicht teilhaben zu können.
Beim gemeinsamen Essen verschwinden die Grenzen zwischen
den Menschen, man sieht sein Gegenüber am Tisch als Nachbar, kommt miteinander ins Gespräch und erlebt vielleicht zum
ersten Mal, dass ein wohnungsloser Mensch, dessen „Zuhause“
die Bank in der Fußgängerzone ist, ein interessanter und
spannender Gesprächspartner sein kann.
Die vielen unterschiedlichen Begegnungen der Menschen an der
Tafel machen den einzigartigen Charakter unserer Solidaritätstafel aus. So setzt diese Aktion, die neben dem gemeinsamen
Essen von einem bunten Musik- und Informationsprogramm
eingerahmt wird, ein wichtiges Zeichen für das menschliche
Miteinander auch bei zunehmender Armut in der Bevölkerung.
Egal ob arm oder reich, jeder Mensch hat seinen ganz
persönlichen Wert. Diese Erkenntnis bringt dem auf Sozialleistungen angewiesenen Menschen zwar nicht mehr Geld in die
Tasche, aber sie stärkt sein Selbstwertgefühl und vermittelt
ihm trotz seiner schwierigen Lage das Gefühl, dazuzugehören
und teilzuhaben an unserer Gesellschaft. Wir brauchen mehr
solcher Orte der Begegnung in unserer Kirche.
Die Solidaritätstafel setzt ein wichtiges Zeichen, dabei darf es
aber nicht stehen bleiben.
Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft Gut 1.000 Menschen kamen zu Tisch
Viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer trugen
zum Gelingen der Solitafel bei
Forderungen von Diakonie und Caritas
zur Solidaritätstafel 2012:
 Ein Leben in Würde – ob mit oder ohne Arbeit, ob alt
oder jung
 Jeder Mensch muss vor Armut geschützt werden:
Bedarfsorientierte Grundsicherung und Bekämpfung des
Niedriglohnsektors, zum Beispiel durch Anhebung von
Regelsätzen und die Festlegung von Mindestlöhnen. Es
darf keine Armut im Alter geben.
 Reichtum muss der ganzen Gesellschaft zugute kommen. Deshalb brauchen wir eine faire Wirtschafts-,
Finanz- und Steuerpolitik, verbunden mit der Solidarität
zwischen den Generationen.
 Kinder müssen unabhängig von den Einkommensverhältnissen ihrer Eltern gerechte Chancen erhalten, qualifizierte Bildung und Ausbildung zu erlangen.
 Gesundheitsversorgung muss sich an den unterschiedlichen Lebenslagen der Betroffenen ausrichten. Besonders ältere Menschen dürfen nicht von Leistungen
ausgeschlossen werden.
 Der Solidaritätsgedanke muss weiterhin fest im deutschen Gesundheitssystem verankert bleiben. Alle
Menschen müssen sich sicher sein können, dass sie im
Falle einer existentiellen Gefährdung im Alter, durch
Krankheit oder Pflegebedürftigkeit auf die notwendigen
Hilfeleistungen durch die Solidargemeinschaft zählen
können.
Martin Fischer
ist Bereichsleiter
für Offene Soziale Arbeit im
Diakonischen Werk der
Landeskirche Hannovers
33
34 Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft
Mit Herz für Kinder und
ihre Familien
Der Kleiderladen Wunstorf ist ein inklusives Projekt
von Zukunft(s)gestalten
129,44 Euro pro Monat steht nach geltendem Hartz IV-Regelsatz
einer vierköpfigen Familie mit zwei Kindern unter 13 Jahren an
Kleidungsgeld zu. In Niedersachsen leben außerdem rund
500.000 Menschen, die im sogenannten Niedriglohnsektor für
ihre Arbeit so schlecht bezahlt werden, dass sie teilweise zusätzliche Unterstützung beantragen müssen. Auch bei ihnen ist das
Geld knapp – für eine neue Winterjacke oder neue Sportschuhe ist oft kein Geld da. Der Kleiderladen Wunstorf ist ein
Projekt der Initiative „Zukunft(s)gestalten“ der gut erhaltene
Kleidung zu einem niedrigen Preis anbietet. Er spricht damit
Familien aus allen Schichten an.
wir nicht immer neuwertig kaufen“, erzählt eine sechsfache
Mutter, die ursprünglich aus Rumänien stammt und fast täglich
in den Kleiderladen kommt. „Bei uns muss man sich nicht
ausweisen, wenn man hier für seine Kinder oder sich selbst
einkaufen will. Keiner wird stigmatisiert, der Laden ist für alle
offen“, sagt Uwe Bönki. Der Frührentner engagiert sich freiwillig
im Kleiderladen. Täglich kommen Menschen, die ihre Kleidung
abgeben, 30 bis 50 Personen kaufen täglich als Kunden ein.
Ingelore Westhoff leitet den Kleiderladen, Inge Alvers (rechts) hilft ehrenamtlich
Alle Kleidungsstücke und Möbel in dem Kleiderladen sind
Spenden. Täglich werden gebrauchte Kleidungsstücke abgegeben. Viele sind gut erhalten, was nicht mehr in gutem Zustand
ist, wird aussortiert. Auch wenn der Laden von Anfang an gut
besucht war, steigt der Umsatz beständig an. Mittlerweile sind
die Räume für den hohen Andrang zu klein geworden, Anfang
Juni 2013 zog der Kleiderladen in die Nachbarräume.
Eine Markenjeans noch mit Preisschild aus dem Jeansladen, ein
neuwertiger Anorak oder gut erhaltene Turnschuhe – im
Kleiderladen Wunstorf finden Kunden Bekleidung für Kinder und
Erwachsene. „Ich habe eine sehr große Familie. Da geht oft
etwas kaputt, wir brauchen ständig etwas Neues. Das können
Seit Dezember 2011 ist der Kleiderladen geöffnet, der aus einer
Initiative des Kirchenkreises, der Stadt, Diakonischem Werk, der
Tafel, dem Jobcenter und der Volkshochschule entstanden ist.
Das Ziel: Es soll verhindert werden, dass Menschen wegen ihrer
Kleidung ausgegrenzt werden. Das trifft besonders Kinder und
Jugendliche. „Die Resonanz ist wirklich sehr groß. Da ist es
großartig, dass wir dank vieler Ehrenamtlicher jeden Werktag
lange Öffnungszeiten haben“, so Ingelore Westhoff, die als
Sozialpädagogin den Kleiderladen leitet. Mit ihr arbeiten 23
Ehrenamtliche und drei Ein-Euro-Kräfte. Sie nehmen die
Kleidung an, sortieren, beraten die Kunden und verkaufen.
Inklusion wird so auch durch die Mitarbeitenden selbst gelebt.
„Ich bekomme ALG II und wollte einfach nicht zu Hause
bleiben. Ich habe mich für den Kleiderladen als Ein-EuroArbeitsplatz entschieden: Hier kann ich mich einbringen, wir
sind alle freiwillig hier und die Stärken und Schwächen von
allen werden berücksichtigt. Das ist toll!“, meint Sabine Müller*.
Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft 35
Zukunft(s)gestalten wird
Initiative der DIAKONIEHilfe
Nicht alle kommen nur, um Kleidung zu kaufen. Mit einer
Sitzecke bietet der Kleiderladen auch die Möglichkeit zum
Austausch bei Kaffee und Kuchen. Ein Angebot, das häufig
genutzt wird. „Der Kleiderladen ist für viele Menschen wie eine
Insel. Es kommen viele Alleinstehende, immer wieder bilden
sich kleine Gesprächsrunden. Ein Wohnungsloser beispielsweise holt sich hier fast jeden Abend zwei Kannen Tee, um die
Nacht zu überstehen. So ist der Laden nicht nur etwas für
Menschen mit kleinem Portemonnaie, sondern auch für die, die
gebeutelt sind vom Leben“, beschreibt Ingelore Westhoff.
Die Kleidungsstücke werden zu Preisen zwischen drei und zehn
Euro verkauft. Auf einer Doppelstange hält der Kleiderladen
ständig auch kostenlose Kleidungsstücke bereit für Menschen,
die am Limit leben und gibt inzwischen auch eine gute Zusammenarbeit mit dem örtlichen Krankenhaus. Werden alleinstehende Menschen ohne Besitz ins Krankenhaus eingeliefert,
stellt der Kleiderladen kostenlos eine Grundausstattung für die
Patienten zusammen. Momentan wird der Kleiderladen durch
verschiedene Träger und die Aktion Zukunft(s)gestalten finanziell gefördert. Ab Ende 2014 soll er sich selbst tragen.
Ingelore Westhoff sieht in sozialen Läden eine gute Ergänzung
zu staatlicher Unterstützung. „100 bis 200 Euro mehr SGB IIBezüge wären sicherlich wünschenswert, sind aber derzeit wohl
nicht umsetzbar. Ich finde es wichtig, dass Kirche und Diakonie
auch Verantwortung übernehmen“, ist sie überzeugt: „Der
Kleiderladen ist ein Projekt mit Herz. Hier tun Menschen etwas
für Menschen. Der Kleiderladen ist ein Ort für Menschen, wo sie
einfach „sein können“ und Austausch mit anderen haben. Das
gilt für unsere Mitarbeitenden wie für die Kunden.“
*Name von der Redaktion geändert.
Wir leben in einem reichen Land. Wir haben genug zu
essen, zu trinken, Arbeit, eine Gesundheitsversorgung und
ein Dach über dem Kopf. Doch das hat nicht jeder. Rund 16
bis 20 Prozent aller Kinder in Niedersachsen gelten als arm,
das heißt rund 200.000 Schülerinnen und Schüler in
Niedersachsen leben mit ihren Familien unter der Armutsgrenze. Sie haben weniger Geld als andere Kinder. Und sie
haben weniger Chancen: Auf Erfolge in der Schule, Ausbildung und im Beruf. Auf Entwicklung, Sport und Kultur.
Zukunft(s)gestalten ist eine Initiative gegen Armut von
Kindern in Niedersachsen. Sie wird von der Landeskirche
Hannovers und dem Diakonischen Werk getragen. In
bisher 275 Projekten engagieren sich Haupt- und Ehrenamtliche in Kirchengemeinden gegen materielle Not und
Bildungsarmut. Seit 1. Januar 2013 ist Zukunft(s)gestalten
Teil der Spendenmarke DIAKONIEHilfe. So wie Zukunft(s)
gestalten hat sich die DIAKONIEHilfe dem Kampf gegen
Armut verschrieben. Auch vorher schon war die Diakonie
der Landeskirche Trägerin von Zukunft(s)gestalten. Die
Landeskirche Hannovers und das Diakonische Werk wollen
durch die Zusammenführung eine einheitliche Markenführung
schaffen und gleichzeitig mehr Unterstützer gewinnen.
Heike Krause
ist Referentin für Soziale
Beratung im Kirchenkreis
und für die Initiative
„Zukunft(s)gestalten –
Allen Kindern eine Chance“
36 Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft
Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft 37
Im Wartezimmer Deutschlands
DiaMiPA berät Menschen ohne
geklärten Aufenthaltsstatus
In Deutschland leben nach Schätzungen etwa eine Million
Menschen ohne Papiere. Mindestens genauso viele befinden
sich in schwebenden Verfahren zum Aufenthaltsrecht. Nicht
zu wissen, ob sie bleiben dürfen, allein oder mit der ganzen
Familie abgeschoben werden – das ist zermürbend. Bei
DiaMiPA, der Diakonischen Migrationsberatung für Personen
mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus, finden sie Unterstützung.
Wenn Nino Merabishvili zum Arzt oder auf eine Party geht,
fürchtet sie vor allem eine Frage: „Und, was machst du so?“
Die klassische Smalltalk-Frage lässt die junge Georgierin immer
wieder schlagartig wahrnehmen, wie ihre Lage als Mensch mit
ungeklärtem Aufenthaltsstatus ist: „Wenn jemand fragt, was
arbeitest du, was ist dein Beruf, dann kann ich nur sagen:
Nichts. Ich bin krank, ich finde keine Arbeitsstelle, kann nicht
studieren, keine Ausbildung machen, die eine Deutsche
machen will.“ Merabishvili kam vor 2,5 Jahren nach Hannover,
um als Au-Pair ein Jahr in einer Gastfamilie in Garbsen zu
arbeiten. Doch nach einem knappen Jahr erkrankte sie schwer
an Lymphdrüsenkrebs. Sie hat eine gute Heilungschance –
doch nur, wenn sie in Deutschland bleibt und im deutschen
Gesundheitssystem behandelt werden kann.
DiaMiPA beraten lassen, sind auf legale Weise über die deutschen Grenzen gekommen, hatten ein Visum und haben erst
dann ihren Aufenthaltsstatus verloren, beispielsweise weil sie
ihre Arbeitsstelle verloren oder sich von ihrem Ehepartner
getrennt haben. Sie haben jedoch die Möglichkeit, einen
regulären Aufenthaltsstatus, beispielsweise als Studierende, zu
beantragen. Das heißt, sie halten sich nicht unerlaubt in
Deutschland auf, sondern wechseln zwischen legalem und
illegalem Aufenthaltsstatus. Sobald ein Antrag gestellt ist, wird
man vom deutschen Staat registriert. „Natürlich gibt es auch
diejenigen, die durch Schlepper nach Deutschland einreisen und
genau planen, wie sie bleiben können. Viele Menschen, die zu
uns kommen, haben aber bereits Anträge auf Asyl oder Abschiebungshindernisse gestellt oder lassen sich dazu beraten. Damit
dürfen sie sich offiziell in Deutschland aufhalten“, erklärt Ziegler.
Die meisten haben gute Chancen auf ein Bleiberecht. Doch das
Warten auf die Entscheidung der Behörden dauert lang. „Diese
Duldung oder Fiktionsbescheinigung wird oft immer wieder
verlängert, sodass sich die Menschen in einem oft jahrelangen
Schwebezustand befinden. Diese Kettenduldungen sind ein
nervenzehrendes Bewerbungsverfahren – und zwar über Jahre.“
„So wie Frau Merabishvili treffe ich viele Menschen mit
ungeklärtem Aufenthaltsstatus hier in der Migrationsberatung
erst, wenn sie sich bereits entschlossen haben, einen Antrag
zu stellen und damit den Status der „Menschen ohne Papiere“
zu verlassen. Oft sind die Menschen sehr krank, sind schwanger
und auf ärztliche Versorgung angewiesen“, berichtet Fiona
Ziegler, Mitarbeiterin im Projekt DiaMiPA.
„Illegale“ so werden Menschen ohne Aufenthaltsstatus oft
bezeichnet und damit stigmatisiert. Doch das ist diskriminierend
und rechtlich falsch: Fast alle der Menschen, die sich bei
Aus diesen Ländern kommen Menschen, die sich bei DiaMiPA beraten lassen
38 Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft
Mein Glaube hilft mir, hier durchzuhalten.
Ich bin nicht faul, ich will gesund werden, ich will arbeiten, ich
will in diesem Land bleiben. Dafür muss ich weiterkämpfen.
Belastender Schwebezustand
Nino Merabishvili lebt seit 1,5 Jahren mit einer sogenannten
Fiktionsbescheinigung, die die Ausländerbehörde Menschen für
einen begrenzten Zeitraum erteilt, wenn sie einen Antrag auf eine
Aufenthaltsgenehmigung gestellt haben. Diese Bescheinigung
bedeutet kein Aufenthaltstitel, sondern lediglich die Bestätigung,
dass ein Antrag gestellt wurde. „Ich esse nicht, arbeite nicht,
schlafe nicht. Es ist schlimm, nicht zu wissen, wie es weitergeht“, sagt Merabishvili leise. Während sie auf eine Bearbeitung
ihres Antrags auf der Ausländerbehörde wartet, versucht sie mit
Unterstützung von DiaMiPA, ihr Leben zu meistern.
Gerade hat DiaMiPA Nino geholfen, ihre erste eigene Wohnung
zu finden. Über ein Jahr hatte die 27-Jährige in einem Zimmer
einer Bekannten aus der Kirchengemeinde gewohnt. „Mit einem
ungeklärten Aufenthaltsstatus befindet man sich in einem
Teufelskreis: Wer als Ausländer in Deutschland eine Wohnung
sucht, muss nicht nur einen Erwerbsnachweis oder Sozialbescheid vorzeigen, sondern auch seinen Aufenthaltsbescheid.
Die Erteilung aber über das Aufenthaltsrecht hängt wiederum
vom Grad der Integration ab: Hat die Antragstellerin eine Arbeit,
hat sie eine Wohnung. Und einen Arbeitsplatz bekommt man ja
sowieso nur, wenn es keinen Deutschen, Migranten mit Aufenthaltserlaubnis oder EU-Bürger gibt, der die Arbeit machen will“,
weiß Fiona Ziegler. Während der Prüfungsverfahren haben viele
der Antragstellenden Anspruch auf Sozialleistungen, im ersten
Jahr der Duldung ist Arbeiten ganz verboten. Erst dann dürfen
Geduldete selbst einen Arbeitsplatz oder Ausbildungsplatz
suchen und erst danach einen Antrag auf Arbeitserlaubnis
stellen. Einige engagieren sich darum ehrenamtlich.
Etwa zehn Personen suchen jede Woche regelmäßig die
Beratung auf, es gibt nur eine andere vergleichbare Anlaufstelle
in Hannover. Die Finanzierung des Projekts DiaMiPA steht
immer wieder auf der Kippe. Die Personalkosten sind hoch,
gegenwärtig unterstützen das Diakonische Werk, die Malteser,
das Friederikenstift, die Niedergerke-Stiftung und die Stadt
Hannover das Projekt, teilweise mit nur sehr kleinen Anteilen.
DiaMiPA als starke Schulter
Damit Nino Merabishvili in Deutschland bleiben kann, braucht
sie immer wieder ein Attest vom Arzt, das bestätigt, dass sie
schwer krank ist und ihre Abschiebung die Heilung gefährden
würde. „Ich hatte hier in Deutschland die schlimmste Zeit in
meinem Leben, als ich Krebs bekommen habe. Meine Au-PairFamilie hat mich fallengelassen, als ich krank wurde. Sie sagten,
sie bräuchten ein Au-Pair, das arbeiten kann. Doch was andere
Menschen für mich getan haben, wie sich mich gepflegt und
versorgt haben, ist überwältigend gewesen. Ich bin sehr
dankbar dafür.“ Sie habe sehr gute Heilungschancen, erfuhr
Nino zusammen mit der Diagnose Lymphdrüsenkrebs, doch
leider umfasse ihre Versicherung als Au-Pair die Behandlung
nicht. Sie müsste darum 30.000 bis 40.000 Euro selbst aufbringen. Eine utopische Summe für die junge Frau, deren Eltern und
Bruder sie nicht einmal besuchen konnten, seit sie in Deutschland und krank ist. DiaMiPA erfährt über Ninos Freunde und
Bekannte von ihrer Situation und besorgt ihr einen kostenlosen
Platz im Friederikenstift. Der Pfarrer ihrer Gemeinde findet ein
Zimmer zur Untermiete für die junge Frau und organisiert einen
Besuchsdienst aus Gemeindemitgliedern, die für sie kochen
und sie in der schweren Zeit der Chemotherapie pflegen.
Die Arbeit von DiaMiPA basiert auf großem Vertrauen. Es kostet
die Menschen oft große Überwindung, zu DiaMiPA zu kommen
und sich beraten zu lassen. Auch wer seinen Partner heiraten will
oder ein Kind bekommt, ist oft überfordert von den bürokratischen
Hürden, obwohl eindeutig ist, dass man so, zumindest vorüberge-
Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft 39
Leben im Verborgenen:
Menschen ohne Pass und Papiere
hend, ein Aufenthaltsrecht bekommt. Unterstützung wünschen
sich viele der Beratungssuchenden vor allem in rechtlichen
Angelegenheiten, medizinischer Versorgung oder beim Ausfüllen
von Behördenanträgen und Briefe schreiben. Einmal in der Woche
berät Fiona Ziegler auch in den Räumen der Malteser Migranten
Medizin. „Wer ein sogenannter Drittstaatler ist, dem können wir
fast immer helfen, seine Situation zu verbessern. Sehr bedrückend ist hingegen die Situation der Bürger aus armen EU-Staaten, die sich ein neues Leben in Deutschland aufbauen wollen. Es
kommen immer mehr Menschen aus Polen, Bulgarien, Rumänien, Italien und Griechenland. Da sind die Hilfsmöglichkeiten
sehr begrenzt“, bedauert sie. Immer wieder wird die Sozialpädagogin mit dem Vorwurf konfrontiert, ihre Arbeit in der Migrationsberatung würde letztlich darauf zielen, Menschen nach Deutschland einzuschleusen. Ziegler kontert dann entschlossen: „Die
Menschen sind nun einmal hier. Damit müssen wir umgehen.“
Was, wenn Nino Merabishvilis Antrag auf eine Aufenthaltsgenehmigung abgelehnt wird? „Mein Glaube hilft mir, hier durchzuhalten.
Ich bin nicht faul, ich will gesund werden, ich will arbeiten, ich
will in diesem Land bleiben. Dafür muss ich weiterkämpfen“,
sagt Nino mit fester Stimme. DiaMiPA und Fiona Ziegler werden
sie dabei unterstützen.
Maike Lukow
ist Referentin für
Öffentlichkeitsarbeit im
Diakonischen Werk der
Landeskirche Hannovers
Ein Leben ohne Papiere in Deutschland ist weder wünschens- noch erstrebenswert. Dennoch leben Menschen
unter dieser Voraussetzung. Sie sind unauffällig, versuchen
zu verbergen, dass sie keinen genehmigten Aufenthalt
haben. Sie unterstützen ihre Kinder, damit sie nicht auffallen. Konflikten gehen sie aus dem Weg. Unterstützung
fordern sie nicht ein, sie versuchen, alles allein und unauffällig zu regeln.
Menschen ohne Pass und Papiere leben in Deutschland
ohne Schutz. Sie sind der Willkür von Mitwissern, zum
Beispiel Vermietern oder Arbeitgebern ausgesetzt, die zu
hohe Mieten fordern, sie ausbeuten oder sie um ihren Lohn
betrügen können. Kirchen, Diakonie und gesellschaftliche
Gruppen weisen seit langem auf diese Missstände hin und
setzen sich für ihre Beseitigung ein. Das Diakonische Werk
der Landeskirche Hannovers fördert darum DiaMiPA, das
als Hilfsprojekt nur durch Spenden finanziert wird.
Die Diakonie setzt sich für Menschen ohne Papiere ein, um
 „Illegalität“ zu vermeiden und zu beenden
d
en Zugang zur medizinischen Versorgung zu ermöglichen
 Schul- und Kindergartenbesuch zu befördern
 Zugang zu Rechten und den Opferschutz zu verbessern
 eine zeitlich befristete Unterkunft und materielle Nothilfe
zu gewähren
 mit Seelsorge und Beratung den Menschen beizustehen.
Wolfgang Reiter
ist Referent für Migration im
Diakonischen Werk der
Landeskirche Hannovers
40 Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft
Auf die Plätze und Straßen gehen
Inklusion in der Wohnungslosenhilfe
Im jüdischen Talmud gibt es die Frage, was größer sei, die
Auferstehung von den Toten oder der Regen. Der Regen sei
größer, so lautet die Antwort, mit der Begründung: Der Regen
sei für alle da, für Gerechte und Ungerechte, die Auferstehung
dagegen nur für die Auserwählten.
Was ist größer, könnte man heute fragen, die Möglichkeiten
der Einbeziehung (Inklusion) oder die Gefahr des Ausschlusses
(Exklusion). Man könnte wieder antworten wie im Talmud: Die
Gefahr der Exklusion ist größer, sie betrifft alle. Von der Möglichkeit der Einbeziehung haben hingegen nur wenige etwas.
In der Wohnungslosenhilfe der Diakonie gibt es daher einen
eher kritischen Gebrauch des Begriffes „Inklusion“. Traditionell geht es in diesem Arbeitsbereich zunächst darum,
Ausschluss zu vermeiden, Ausschlussgefahren zu benennen
und willentlichen oder unwillentlichen Ausschluss rückgängig
zu machen: Ausschluss der Menschen von Bildung, Arbeitsmöglichkeiten, vom Wohnungsmarkt, von Sozialleistungen und
vom Recht.
An welche Ausschlussmechanismen denken wir in
der Wohnungslosenhilfe, wenn wir von Exklusion reden?
 Da sind zunächst Menschen, die eine schlechte Ausbildung
haben, deshalb keine Arbeit finden, keine Familie gründen
können und schließlich keine Wohnung mehr bezahlen können.
 Dann sind da Menschen, die ihre Situation nicht ertragen
und zu Alkohol und Drogen greifen und ihren Ausschluss
selbst befördern.
E
s gibt Menschen, die mit ihrem Geld nicht auskommen,
Schulden machen und nicht mehr kreditwürdig sind. Vermieter machen oft eine Vermietung abhängig von einer positiven
Kreditauskunft. So wird es schwer, eine Wohnung zu finden.
 Andere Menschen haben ihre Sozialleistungsansprüche
verloren aufgrund angeblich oder tatsächlich mangelhafter
Mitwirkung bei der Arbeitsvermittlung.
Etwa 1000 Menschen leben in Niedersachsen
Tag und Nacht auf der Straße.
Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft Welche Möglichkeiten gibt es hier zu helfen?
41
Die Menschen müssten in Ausbildungs- und Beschäftigungsprogramme einbezogen werden können. Leider sind die
spezialisierten Ausbildungsprogramme in den letzten Jahren
eingestellt worden. Die Arbeitsvermittlung bezieht sich lieber
und erfolgreicher auf arbeitsmarktnahe Bedarfsgruppen.
Ausgegrenzte Menschen leiden unter ihren Ausschlusserfahrungen, die immer traumatisch sind. Oftmals betäuben sie
sich mit Drogen oder Alkohol und geraten in einen Teufelskreis. Um „trocken“ zu werden braucht man eine Perspektive,
die oft nicht vorhanden ist.
Die Diakonie betreibt landesweit Einrichtungen mit 1200
stationären Plätzen und betreut ambulant noch einmal 1600
Menschen, die wohnungslos waren. Zusätzlich sind 4100
Menschen in kommunalen Not- und Dauerunterkünften
untergebracht. Hinzu kommen Zahlen, die man nur schätzen
kann: Etwa 1000 Menschen leben in Niedersachsen Tag und
Nacht auf der Straße. Viele werden von Räumungsklagen
bedroht, werden aus Krankenhäusern und Gefängnissen in
eine ungesicherte Wohnsituation entlassen, Frauen flüchten
vor familiärer Gewalt in Frauenhäuser. Mit unseren Angeboten
erreichen wir nicht alle Menschen, die uns brauchen und die
von Exklusion betroffen sind.
Wenn man erst einmal Schulden gemacht hat, befindet man sich
in einem weiteren Dilemma. Auf dem freien Wohnungsmarkt
findet man niemanden, der einem vertraut. In Städten, in denen
bezahlbarer Wohnraum knapp ist, werden Kreditauskünfte
verlangt, die man nicht liefern kann. Obdachlosigkeit verfestigt
sich. Schließlich machen sich Passivität und Resignation
breit. Die Menschen hören auf zu kämpfen. Sie nehmen ihre
Termine beim Jobcenter nicht mehr wahr und landen als
Bettler auf der Straße.
Hinter all diesen Inklusionsangeboten wirken tief im Inneren
unserer Gesellschaft zentrifugale Kräfte, die Menschen
zunächst an den Rand drängen und dann ausschließen. Wir
müssen über diese Kräfte reden, die den Zusammenhalt der
Gesellschaft gefährden. Dazu müssen wir auf die Plätze und
Straßen gehen. Wir dürfen unsere Augen nicht verschließen
vor der Armut, die wir dort sehen. Wir müssen die Ursachen
erkennen und uns dafür einsetzen, dass die Armen nicht noch
ärmer werden.
Peter Szynka
ist Referent für
Wohnungslosenhilfe im
Diakonischen Werk der
Landeskirche Hannovers
42 Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft
Es wächst zusammen,
was zusammen gehört
Kirchengemeinden und Diakonie
zum Raumprinzip. Weg von der Zentralisierung hin zur
Regionalisierung. Weg von der Komm- hin zur Gehstruktur,
weg von der Defizit- hin zur Ressourcenorientierung, weg vom
Planstellenkarussell der Hauptamtlichkeit hin zu neuen
Formen der Kooperation zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen... Wenn wirklich in diesem Paradigmenwechsel nicht
Kinder, Jugendliche, alte Menschen, Pflegebedürftige,
kinderreiche Familien, Alleinerziehende, Arbeitslose und Hartz
IV-Empfänger auf der Strecke bleiben sollen, dann müssen
Kirchengemeinden und Caritas-Verbände neue Formen der
Kooperation und Kommunikation entwickeln.“
Bundesbauminister Ramsauer präsentiert das Projekt „Kirche findet
Stadt“ im Januar 2012 in Berlin
Dass Kirche und Diakonie Hand in Hand arbeiten, ist eigentlich
selbstverständlich. Unter dem Stichwort „Gemeinwesendiakonie“
hat diese Zusammenarbeit aber in der letzten Zeit neue Aktualität
gewonnen: Kirchengemeinden und diakonische Dienste kooperieren stärker miteinander. Sie orientieren sich gemeinsam an den
Lebenslagen der Menschen vor Ort, um einen funktionierenden
Sozialraum zu gestalten – natürlich mit weiteren Akteuren.
Um die Zwillinge „Kirche“ und „Diakonie“, die irgendwann
kurz nach der Geburt getrennt worden sind, auch wieder
begrifflich näher zusammen zu rücken, wird seit Ende 2007
der Begriff „Gemeinwesendiakonie“ verwendet. Wieso eine
Gemeinwesendiakonie angesichts gesellschaftlicher Entwicklungen nötig ist, beschreibt Rolf Peter Löhr, ehemaliger Leiter
des Deutschen Instituts für Urbanistik: „Weg vom Fall- hin
Das taten die evangelische und katholische Kirche gemeinsam mit
ihren Wohlfahrtsverbänden Diakonie Deutschland und Deutscher
Caritasverband: Um die Kirchen und ihre Wohlfahrtsverbände als
Trägerinnen der integrierten Stadtteilentwicklung zu etablieren,
gründeten sie für die Jahre 2011 bis 2013 das ökumenische
Projekt „Kirche findet Stadt“ (KfS). Jetzt läuft das Projekt aus.
Regionalknoten St. Paulusgemeinde Burgdorf
Für Kirche findet Stadt wurden Projekte von Kirchengemeinden
und Wohlfahrtsverbänden gesucht, die sich auf innovative Weise
in die Entwicklung von Dörfern, Stadtteilen und Städten einbringen. Aus über 125 Bewerbungen wurden 36 kirchliche Referenzstandorte ausgewählt. Unter diesen wurden 12 sogenannte
Regionalknoten identifiziert: Projekte, die verstärkt begleitet
wurden. Regionalknoten in Niedersachsen wurde die Evangelischlutherische St. Paulus-Kirchengemeinde Burgdorf mit ihrem
Konzept „Kirchengemeinde auf dem Weg zum Familienzentrum“.
Besonders interessant für die teilnehmenden Projekte an
Kirche findet Stadt ist die Vernetzung mit anderen Projekten,
Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft 43
Kirche findet Stadt –
ein ökumenisches Projekt
zur Förderung
der Stadtentwicklung
die den Blick über den eigenen Tellerrand und gegenseitiges
Lernen ermöglicht. Was für den einen selbstverständlich ist,
kann so für den anderen zur zündenden Idee werden.
Besonders wichtig war es uns auch, in Zusammenarbeit mit
dem Diakonischen Werk Hannovers in einer Projektgruppe neue
Ideen im Bereich „Gemeinwesendiakonie“ zu geben. So fand
zum Beispiel im Februar 2012 in Burgdorf ein Impulstag statt,
an dem über 40 Teilnehmende aus anderen Kirchengemeinden
der Landeskirche Hannover sich zum Thema Gemeinwesenorientierung und Gemeindediakonie informierten. Es wurde auch
der Impuls „nach oben“ zurückgegeben, indem das Bundesbauministerium und Bundesverbände von Caritas und Diakonie
durch die Referenzstandorte von der Arbeit vor Ort erfuhren.
Diese Entwicklung muss weitergehen: Als wir in unserer Kirchengemeinde vor über zehn Jahren den diakonischen Blick neu
gelernt haben, war dies eine Initialzündung für einen stetigen,
qualitativen Gemeindeaufbau, der vielfältige Früchte trägt. Wenn
Gemeindehäuser leer bleiben, kann man sie natürlich abreißen –
oder aber mit den Menschen vor Ort Wege zu dem suchen, was
sie im Lichte des Evangeliums wirklich brauchen.
Matthias Paul
ist Pastor in der
Kirchengemeinde
St. Paulus Burgdorf
Im Bereich der Landeskirche Hannovers waren für „Kirche
findet Stadt“ die St. Paulus-Kirchengemeinde in Burgdorf
und die Martin Luther-Kirchengemeinde in Hildesheim-Drispenstedt Referenzstandorte. Weil „Kirche findet Stadt“ viel
Aufmerksamkeit erregt hat, konnte das Thema Gemeinwesendiakonie entscheidend weiterentwickelt werden. So sind das
Diakonische Werk der Landeskirche und das Haus Kirchlicher
Dienste dabei, gemeinsam ein Konzept zu erstellen, um
Kirchenkreise und Kirchengemeinden in der Umsetzung von
Gemeinwesen-Projekten zu unterstützen.
Auch mit der bundesweiten Unterstützung soll es weitergehen, wie Johannes Stockmeier, Präsident der Diakonie
Deutschland, bei der Abschlussveranstaltung der Projektphase
im Februar zusicherte: „‚Kirche findet Stadt‘ ist heute als
Projektphase zwar abgeschlossen, aber die Arbeit an der
Ausrichtung kirchlicher und diakonischer Arbeit ist damit
nicht beendet. Nun gilt es, Aufgebautes zu bewahren und
geschaffene Strukturen mit Leben zu füllen. Auf Bundesebene
wird dazu eine Transferstelle Gemeinwesendiakonie
eingerichtet, die in enger Kooperation mit dem Sozialwissenschaftlichen Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland
(SI), dem Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland
(EKD) und der Diakonie Deutschland – Evangelischer
Bundesverband die Kernaufgaben der Vernetzung und
qualitativen Weiterentwicklung übernehmen wird.“
Martin Fischer
ist Bereichsleiter
für Offene Soziale Arbeit im
Diakonischen Werk der
Landeskirche Hannovers
44 Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft
Gemeinde inklusiv
Petrusgemeinde Barsinghausen
Petrushof Barsinghausen
Küster Freed Janßen bringt das Siegel Diakonische Gemeinde an
Wer auf das Gemeindezentrum Petrus in Barsinghausen zuläuft,
der sieht auf den ersten Blick wenig Auffälliges. Eine Kirche in
Zeltform, ein Gemeindezentrum aus den Siebzigern, eine neu
angebaute Krippe mit Freigelände. Und doch ist diese Gemeinde ein Sonderfall – und das ist positiv gemeint. In der Gemeinde
ist vielfältiges diakonisches Leben: Sie hat Angebote für Kinder
und Familien, für Senioren und für interkulturelle Begegnung.
Sie bietet Sozialberatung und einen offenen Mittagstisch an,
eine regionale Pflegekoordination und Pflegeberatung, und
auch ein Mehr-Generationen-Internetcafé gehört dazu.
„gesundende Menschen“. So eine Sprache fordert zum Nachdenken und Umdenken auf: Gerade wir Christen leben ja von der
Hoffnung, dass nichts so bleiben muss, wie es ist. Wir glauben,
dass es keinen noch so dunklen Tunnel gibt, an dessen Ende
nicht auch wieder Licht aufscheint. Es macht also schon etwas
aus, ob man von „den Kranken“ oder „den Bedürftigen“ redet,
von „den Gesundwerdenden“ oder einfach „den Menschen“.
Allein diese Vielfalt wäre schon Grund genug gewesen, der
Gemeinde das Siegel „Diakonische Gemeinde“ zu verleihen.
Denn sie bringt unterschiedliche Generationen zusammen,
beteiligt die betroffenen Menschen und vernetzt sich im
Quartier mit anderen Partnern: mit dem Diakonischen Werk
des Kirchenkreises, mit der politischen Gemeinde, der
Arbeitsagentur oder mit der Wohnungsgesellschaft vor Ort.
Doch noch ein weiteres Engagement ist herausragend und
nach meiner Wahrnehmung in der Landeskirche Hannovers
nahezu einmalig: Links und rechts des Gemeindezentrums
entstand im Jahr 2011 der „Petrushof“, eine Wohnanlage und
Tagesstrukturstätte für psychisch gesundende Menschen.
Schon die Wortwahl signalisiert ihren inklusiven Charakter:
Doch nicht nur in der Sprache, sondern auch im Handeln
setzt die Petrusgemeinde den Gedanken der Inklusion um.
Sie bringt die unterschiedlichen Menschen ins Gespräch und
lädt sie zum Leben miteinander ein. 23 Frauen und Männer
mit seelischen Problemen leben in der Wohnanlage. Sie und
weitere Menschen aus der Region besuchen die angeschlossene Tagesstrukturstätte und werden dort auf ihrem Weg der
Gesundung therapeutisch begleitet. Das Ziel ist, dass die
Bewohnerinnen und Bewohner wieder selbstbestimmt und
selbstständig ihr Leben gestalten können. Begleitet werden
sie dabei von 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Ergotherapeutinnen und Krankenschwestern mit Zusatzqualifikationen und weiteren Professionen. Auch eine 24-Stunden-Rufbereitschaft ist eingerichtet.
Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft Im Rahmen des Projektes „WIG – Wohnen in Gemeinschaft“,
einer Kooperation des Familienzentrums mit einer Wohnungsbaugesellschaft und dem Verein für Gemeindediakonie Barsinghausen, ist es außerdem gelungen, Wohneinheiten für Menschen des Petrushofes zu gewinnen. Sie können so ambulant in
einer freieren Wohn- beziehungsweise Betreuungsform leben.
Ein neues Projekt nimmt sich die Kirchengemeinde für den
Herbst 2013 vor: Sie möchte in einer Wohnung unweit der
Kirche einen Laden einrichten, in dem neben Snacks und
Getränken selbst hergestellte Textil- und Holzwaren angeboten
werden sollen. Die Mitarbeitenden des Ladens werden psychisch gesundende Menschen sein, die so ein Training in der
Kundenbetreuung und im Verkauf absolvieren können.
45
Ja, es gab im Vorfeld der Planung des Petrushofes auch
Widerstände, von Anwohnern und besorgten Eltern, die ihre
Kinder täglich zur Krippe im Familienzentrum bringen. Ihre
Sorgen konnten durch viele Gespräche und eine transparente
Projektvorbereitung überwunden werden. Die Gemeinde lud zu
Diskussionsrunden ein und später auf die Baustelle. Sie nahm
die Bedenken ernst und ging auf Vorurteile ein. Mittlerweile
leben alle miteinander, nehmen und geben einander Anteil.
Nicht nur im Gottesdienst, sondern auch im Alltag oder bei Festen,
Konzerten und anderen Veranstaltungen, die in den Räumen
des Gemeindezentrums stattfinden, lernen sich die Menschen
kennen: Einheimische und Menschen mit Migrationshintergrund,
Reiche und Arme. Und nun auch Gesundende und Gesunde.
Siegel diakonische Gemeinde
Bereits 2006 und 2007 wurde das „Siegel diakonische Gemeinde“ in einem Auswahlverfahren verliehen.
Zur Förderung und Anerkennung diakonischer Arbeit in Kirchengemeinden wird seit 2012 das Siegel
diakonische Gemeinde vom Diakonischen Werk der Landeskirche Hannovers auf Antrag einer Kirchengemeinde und mit Befürwortung der Superintendentur vergeben.
Wichtige Kriterien für die Siegelvergabe sind:
 das diakonische Profil ist im Gemeindekonzept verankert
und die Aktivitäten und Initiativen sind in der Gemeinde
vernetzt.
 Die Arbeit geschieht nach den diakonischen Grundsätzen
der „Hilfe zur Selbsthilfe“ und der Beteiligung von Betroffenen.
 Ehrenamtliche werden für diakonisches Engagement
gewonnen, angeleitet und fortgebildet.
 Die diakonischen Aktivitäten und Initiativen sind so konzipiert, dass Menschen verschiedener Alters- und Bezugsgruppen zusammengeführt werden, sich kennen und
verstehen lernen und füreinander eintreten.
 Die diakonischen Aktivitäten sind auf Effektivität und
Nachhaltigkeit ausgerichtet und arbeiten zur Erreichung
dieses Ziels mit anderen kirchengemeindlichen oder
diakonischen Einrichtungen, Trägern und Verbänden
zusammen.
Das Siegel wird für fünf Jahre beziehungsweise für die Dauer
des Projektes zugesprochen. Im Rahmen der Visitation der
Kirchengemeinde soll festgestellt werden, ob die Gemeinde
die Voraussetzungen erfüllt, als diakonische Gemeinde das
Siegel zu führen.
Sven Quittkat
ist Referent für diakonische
Theologie im Diakonischen
Werk der Landeskirche
Hannovers
46 Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft
„wellcome“ und „Frühe Hilfen“
Seit sechs Jahren setzt die Schwangerenberatungsstelle
im Diakonischen Werk Hittfeld und Winsen Ehrenamtliche aus
dem Projekt „wellcome“ ein.
Interview
Wann kommen die „wellcome“-Engel
bei Ihnen zum Einsatz?
Wo sehen Sie die
Grenzen der Einsätze?
Ines Appel: Wir bieten den Familien, die sich bei uns
beraten lassen, verschiedene Unterstützungsangebote an.
Dazu gehören auch Einsätze unserer Ehrenamtlichen aus
dem Projekt „wellcome“. Wenn wir den Eindruck haben,
dass es nach der Geburt des Kindes besonders anstrengend
beziehungsweise belastend für die jungen Eltern werden
könnte, beispielsweise, wenn die Mutter alleinerziehend
ist, eine Familie neu zugezogen ist und keine Angehörigen
oder Freunde in der Nähe hat oder eine Mehrlingsgeburt
ansteht, dann schlagen wir Besuche unserer „wellcomeEngel“ vor.
Ines Appel: Unsere Ehrenamtlichen erhalten Schulungen,
Reflektionsgespräche und Fortbildungen, zum Beispiel in
Erster Hilfe und im Umgang mit Konfliktsituationen. Dies
und ihre eigene Erfahrung reicht in den meisten Fällen
auch aus. Wenn zum Beispiel der Säugling sehr viel
schreit, wissen unsere Ehrenamtlichen, wo in der Nähe ein
spezieller Kinderarzt oder eine Schreiambulanz zu finden
ist. Und wir wählen natürlich im Vorfeld nur Familien aus,
die wir für diese Form der Unterstützung geeignet halten.
In absehbar schwierigeren Familiensituationen vermitteln
wir andere fachliche Hilfen.
Wer sind die „wellcome“-Engel
und wie unterstützen sie die Familien?
Ines Appel: Wir haben vor allem ältere Frauen, die sich in
diesem Bereich engagieren. Das kommt auch sehr gut in
den Familien an. Die Ehrenamtlichen werden als eine Art
Ersatz-Großmutter meist sehr gut akzeptiert – von allen
Familienmitgliedern. Die „wellcome-Engel“ gehen ein- bis
zweimal pro Woche für zwei bis drei Stunden in die
Familien. Dort spielen sie dann mit den Geschwisterkindern,
begleiten die Mütter zu Arztbesuchen – das ist besonders
bei Müttern von Mehrlingen eine große Hilfe – oder sie
gehen mit dem Säugling auch einmal eine halbe Stunde
spazieren, damit die Mütter einmal verschnaufen können.
Oft geht es aber auch darum, den jungen Eltern einfach
zuzuhören oder mit kleinen praktischen Tipps zur Seite zu
stehen. Viele unserer „wellcome-Engel“ sind erfahrene
Mütter.
Ines Appel
ist Mitarbeiterin in der Schwangerenberatung im Diakonischen
Werk Hittfeld und Winsen
Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft 47
„wellcome“
Eine bewährte Form der „Frühen Hilfen“
Regionale Informationen im Internet
Im Januar 2012 trat das Bundeskinderschutzgesetz in Kraft
und im November 2012 die niedersächsischen Fördergrundsätze. Der aktive Schutz von Kindern sollte gestärkt werden
durch frühe Hilfen und verlässliche Netzwerke. Die Netzwerke
dienen der optimalen Zusammenarbeit von verschiedenen
Institutionen, zum Beispiel Beratungsstellen, Jugendämtern
und Einrichtungen des Gesundheitswesens.
„Frühe Hilfen“ ist inzwischen zu einem Fachbegriff geworden,
der vom Nationalen Zentrum Frühe Hilfen (NZFH) ausführlich
beschrieben wird. Kurz gesagt: Frühe Hilfen unterstützen
Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder. Frühe Hilfen zielen
darauf ab, Entwicklungsmöglichkeiten von Kindern und Eltern
in Familien frühzeitig und nachhaltig zu verbessern.
„wellcome“ ist moderne Nachbarschaftshilfe
„wellcome“ ist moderne Nachbarschaftshilfe für Familien nach
der Geburt eines Kindes. Viele Familien erleben die erste Zeit
mit einem Baby wie auf einem fremden Planeten. Weit und breit
ist keine Hilfe in Sicht – die eigene Familie lebt nicht „um die
Ecke“, die Nachbarschaft ist noch unbekannt und der Urlaub
des Vaters ist zu Ende. Doch Mütter brauchen gerade in dieser
ersten Zeit mit dem Baby kleine Auszeiten und Unterstützung.
Damit aus der großen Freude über das Baby kein Stress wird,
verhelfen die ehrenamtlichen „wellcome-Engel“ zu kleinen
Pausen, in denen die Mütter wieder Kraft schöpfen können.
In Niedersachsen gibt es insgesamt 31 „wellcome“-Standorte.
Davon sind 25 in evangelischer Trägerschaft in Familienbildungsstätten und in den Schwangerenberatungsstellen der
Diakonischen Werke. Diese Arbeit wird auch mit Kollektenmitteln gefördert.
Damit sich Familien und Fachleute über das Angebot der
Frühen Hilfen in ihrer Region informieren können, wurde vom
Land Niedersachsen das Internetportal www.fruehe-hilfenniedersachsen.de entwickelt, das im April 2013 von Sozialministerin Cornelia Rundt offiziell eröffnet wurde. An der Entwicklung
war auch das Referat Familienhilfe des Diakonischen Werkes
der Landeskirche Hannovers als Vertreter der Evangelischen
Aktionsgemeinschaft für Familienfragen in Niedersachsen (eaf)
und für die Diakonie in Niedersachsen beteiligt.
Das Spektrum der Angebote richtet sich an Eltern und Kinder
ab Beginn der Schwangerschaft bis zum Grundschulalter.
Sind Eltern auf der Suche nach dem Austausch mit anderen
Eltern, wollen sie sich beispielsweise über Schwangerschaftskurse oder Babymassage erkundigen oder eine Ansprechperson
zu Fragen der Entwicklung ihres Kindes suchen – hier hilft ein
Blick auf die neue Internetseite, auf der Anbieter ihre Angebote
tagesaktuell einstellen.
Eva-Maria Zabbée
ist Referentin für Familienhilfe
im Diakonischen Werk der
Landeskirche Hannovers
48 Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft
Was ist schon Inklusion?
Erfahrungen während einer inklusiven Familienfreizeit
der Evangelischen Familien-Bildungsstätte Hildesheim
„Hallo, hallo, hallllloooooo“ – ein Junge springt auf mich zu, er
überschreitet alle Distanz- und Abstandsregeln, die wir
kennen. Er steht mit seiner Nase direkt an meiner Nase. Voller
Freude schreit er: „Hallo, Hallllooooooo“. Währenddessen
rasselt er mit Kleiderbügeln. Nicht nur ich bin leicht erschrocken, sondern auch alle anderen im Raum. Höflich weise ich
ihn darauf hin, einen Schritt zurück zu gehen und erwidere
freundlich „Hallo“.
ließ, was Inklusion wohl bedeuten könnte. In den Osterferien
ging es mit 8 Familien nach Kotzenbüll an der Nordsee auf
den Mars-Skipper Hof. Als Teilnehmer fuhren 16 Kinder und
14 Erwachsene mit, zusammen mit sechs Betreuerinnen. Die
Freizeit war für behinderte und nichtbehinderte Kinder und
Erwachsene und deren Familien ausgeschrieben. Es gab
keine Altersbeschränkung für die Kinder, sodass Kinder im
Alter von 3 Monaten bis 15 Jahren mitfahren konnten.
Diese geschilderte Situation war die erste und gleichzeitig
eindrücklichste, die uns auf dem Kennenlerntreffen für eine
Familienfreizeit mit Eltern, Kindern und Freizeit-Team erahnen
In der aktuellen Debatte um das Thema Inklusion geht es oft
um das Schulsystem. Die Evangelische Familien-Bildungsstätte Hildesheim hat es sich zum Ziel gesetzt, neue Wege
inklusiver Bildungsarbeit zu beschreiten und Erfahrungen im
nicht-schulischen Kontext über Freizeitangebote zu machen.
„Inklusion kann am besten durch Handeln und Praxis, und
weniger über Gespräche und Debatten erlebbar gemacht
werden“, so die Überzeugung der Projektleiterin Katharina
Günter. Nach einem halben Jahr Planung konnte in Kooperation mit der Fachhochschule Ostfalia bereits eine erste
konkrete Maßnahme starten: eine fünftägige, inklusive
Familienfreizeit in den Osterferien 2013.
Aber was war nun über die sehr gemischte Teilnehmerstruktur
hinaus das inklusive an der Freizeit? Die Äußerung eines
Vaters steht hier exemplarisch für die in der Freizeit gemachten Erfahrungen. Sein Sohn hat das Down-Syndrom, er kennt
sich aus mit Freizeiten und auch im Umgang mit anderen
behinderten Kindern. Der Junge aus dem Eingangsbeispiel
überschritt auch bei ihm alle Nähe- und Distanzgrenzen. Nun
wusste er nicht, wie er sich verhalten sollte. Abweisen? Nein,
der Junge kann doch nichts dafür… Also, sich selber weiter
unwohl fühlen? Der Vater erzählt weiter. „Mein Sohn hat mir
gezeigt, was zu tun ist. Er hat ihn einfach zurückgewiesen und
ist weiterhin ohne Hemmungen mit ihm umgegangen.“ Der
Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft Vater ist erstaunt: „Mein Sohn muss mir zeigen, dass ich mit
diesen Jungen ‚normal‘ umgehen kann und keine Angst oder
gar Hemmungen haben muss?“
So gab es viele Situationen des Miteinander-Lernens. In der
Auswertung der Freizeit stellte sich heraus, dass das gemeinsame Miteinander und Erleben entscheidend dazu beiträgt,
behinderte Menschen nicht als „Aussätzige“ zu begreifen,
sondern als Menschen wie du und ich. Das lässt uns rückfragen: Wenn wir soviel voneinander lernen können, warum
sollte das in getrennten Institutionen geschehen? Die Evangelische Familien-Bildungsstätte plant auch in Zukunft die
Durchführung von inklusiven Familien-Freizeiten. Die Nachfrage ist hoch, die erste Erfahrung war einzigartig und macht
Freude auf mehr.
49
Familienfreizeiten
Familien sind heute vielfältigen Belastungen ausgesetzt.
Der nebenstehende Bericht zeigt deutlich, dass Familienfreizeiten Zeiträume für neue Erfahrungen und Impulse
eröffnen. Sie ermöglichen den Erfahrungsaustausch und
die Reflektion mit Eltern. Auf Familienfreizeiten erfahren
Eltern und Kinder gemeinsam positive Erlebnisse und
suchen gemeinsam nach neuen Wegen im Zusammenleben.
Das Land Niedersachsen fördert Familienfreizeiten, in
denen Ehe-, Familien-und Erziehungsfragen sowie Fragen
der gesundheitlichen Vorsorge behandelt werden. Über
die eaf – Evangelische Aktionsgemeinschaft Niedersachsen
wurden in diesem Jahr 75 Anträge von unseren Mitgliedern,
zum Beispiel Kirchengemeinden, Diakonischen Werken in
den Kirchenkreisen oder Familienbildungsstätten für
Familienfreizeiten gestellt.
Das Land Niedersachsen fördert auch Familienerholungsurlaube für Familien mit geringem Einkommen, um ihnen
eine gemeinsame Erholung zu ermöglichen. Anträge können
Familien über die örtlichen Diakonischen Werke einreichen.
Katharina Günter
ist Projektleiterin für inklusive
Bildungsarbeit in der
Evangelischen FamilienBildungsstätte Hildesheim
Eva-Maria Zabbée
ist Geschäftsführerin der
Evangelischen Aktionsgemeinschaft für Familienfragen
in Niedersachsen
und Referentin für Familienhilfe
im Diakonischen Werk der
Landeskirche Hannovers
50 Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft
Soziale Netzwerke nutzen
Selbsthilfe für Suchtkranke und Angehörige
Mitarbeitende der Suchthilfe bei der Fortbildung „Soziale Netzwerke
Helma Thiemann und Peter Müller probieren soziale Netzwerke aus
für Interessierte aus der Selbsthilfe“
Das Suchthilfesystem in Niedersachsen ist im deutschlandweiten Vergleich quantitativ und qualitativ sehr weit ausgebaut. Zur Diakonie in Niedersachsen gehört etwa die Hälfte
der stationären und ambulanten Hilfeangebote für Menschen
mit Suchterkrankungen.
und teilweise noch durch die Teilnahme an Gruppen(therapie)
sitzungen ergänzt wird. Auch im Selbsthilfebereich findet die
Beratung und Begleitung eher im Einzelgespräch (face-toface-Setting) statt, wobei die regelmäßigen Gruppentreffen
das Kernangebot darstellen.
Neben dem professionell ausgebauten Hilfesystem mit
Prävention, Beratung und Behandlung kann sich die diakonische Suchthilfe in Niedersachsen auf drei Selbsthilfeverbände stützen: Blaues Kreuz in Deutschland – Landesverband
Niedersachsen, Landesverband Niedersachsen des Blaues
Kreuzes in der Evangelischen Kirche e.V. und Freundeskreise
für Suchtkrankenhilfe – Landesverband Niedersachsen e.V.
Dieser Beratungs- und Behandlungsablauf hat in den letzten
Jahrzehnten in den Beratungsstellen dominiert und wird auch
in den nächsten Jahren voraussichtlich der typische Ablauf
bleiben. Doch im Sinn der Inklusion ist es erforderlich, über
weitere Zugänge zum Hilfesystem für Suchtkranke und ihre
Angehörigen nachzudenken. Es müssen Barrieren beseitigt
werden, die hilfesuchenden Menschen den Zugang zum
etablierten Hilfesystem erschweren oder sogar verwehren.
Hierbei können die sozialen Netzwerke im Internet, die in den
vergangenen Jahren eine rapide Weiterentwicklung erfahren
haben, eine Möglichkeit bieten.
Suchthilfe-Beratung im Wandel
Traditionell finden Beratungen und Interventionen der professionellen Suchthilfe und Suchtselbsthilfe am Telefon und im
persönlichen Gespräch statt. Auf den telefonischen Erstkontakt zur inhaltlichen und terminlichen Vorabstimmung folgt ein
Beratungsgespräch und weitere sich daraus ergebende
Interventionen. Das gesamte System ist aufgebaut als ein
Vier- bis Sechsaugenkontakt, der sich in der Regel während
der gesamten Beratungs- und Behandlungsphase durchzieht
Noch vor fünf Jahren haben wir Diskussionen darüber geführt,
ob wir Informationen künftig nur noch papierlos, zum Beispiel
per E-Mail, zur Verfügung stellen sollten. Damals haben wir
diese Überlegung verworfen, weil nur ein Bruchteil aller
Menschen, die Hilfe gesucht haben, per E-Mail erreichbar
waren. Die relativ hohen Druck- und Portokosten wurden
weiter in Kauf genommen. In den letzten zwei Jahren hat sich
Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft 51
Zur Diakonie in Niedersachsen gehört etwa die Hälfte
der niedersächsischen stationären und ambulanten
Hilfeangebote für Menschen mit Suchterkrankungen.
dieser Trend umgekehrt: Mittlerweile versenden wir nur noch
in Ausnahmefällen auf Wunsch Programm- und Informationsbroschüren postalisch; alle weiteren Informationen werden
per E-Mail beziehungsweise als Download-Angebot über
unsere Homepage ausgetauscht.
vorgestellt. Die Teilnehmenden diskutierten dabei unter anderem, ob die Anwendungen von Blogs zur vertieften Debatte
über Einzelthemen, die Präsentation über Facebook-Seiten oder
die Informationsweitergabe über Twitter eine angemessene
Weiterentwicklung für Selbsthilfeverbände darstellen können.
Nicht nur die Evangelische Landesarbeitsgemeinschaft für
Suchtfragen (ELAS) in Niedersachsen, sondern fast jede Beratungs- und Behandlungsstelle der Diakonie und jeder Selbsthilfeverband haben inzwischen eigene Websites, über die sie
Informationen über die Institutionen, die Angebote und die
Zugänge zu Suchthilfe und Suchtselbsthilfe anbieten. Parallel
dazu wurde bundesweit ein Online-Beratungsnetz für die
unterschiedlichen diakonischen und kirchlichen Hilfsangebote
aufgebaut, unter anderem auch für die Suchtberatung.
Viele Teilnehmer erkannten, dass zunächst eine eigene intensive Auseinandersetzung mit den interaktiven Internetangeboten, den Möglichkeiten und Grenzen erforderlich ist. In jedem
Selbsthilfeverband wird Überzeugungsarbeit geleistet werden
müssen, um andere Mitglieder für die Kommunikation in
sozialen Medien zu gewinnen. Da die Betreuung solcher
Angebote zeit- und personalintensiv ist, muss sie als Beratungsangebot von einer breiten Interessentenzahl gestützt werden.
Um in diesem Zusammenhang Überforderung zu vermeiden,
sollte geprüft werden, ob künftig internetbasierte Angebote
gemeinsam betreut werden. Als Organisationsplattform könnte
der ELAS als Fachverband die Koordination übernehmen.
Doch E-Mailversand und Homepagepräsentationen sind
eindimensionale Mitteilungen vom Anbieter zum Empfänger.
Das Internet bietet inzwischen viele Möglichkeiten der
interaktiven Kommunikation. So ermöglicht das Online-Beratungsportal für Kirche und Diakonie auch einen in der Regel
geschützten Schriftwechsel. Über Fachthemen tauschen sich
Menschen im Internet auch oft in sogenannten Foren aus.
Hier werden Hilfeangebote von Menschen mit vertieften
Fachkenntnissen für Interessierte gemacht. Solche Foren gibt
es natürlich auch zur Information und Beratung für die
Menschen, die unter Suchterkrankungen leiden.
Wie die Sucht(selbst)hilfe soziale Netzwerke
nutzen kann
Auf einer Fortbildung zum Thema „Soziale Netzwerke für
Interessierte aus der Selbsthilfe“ wurden Anfang Mai 2013
unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten des Social Web
Die beschriebenen Internetangebote können eine sinnvolle
Ergänzung zum bisher fast ausschließlich stattfindenden
face-to-face-Setting der Beratung sein. Besonders Menschen
mit Handicaps bekommen so einen besseren Zugang zum
Suchthilfesystem. Inwieweit dadurch auch Behandlungen und
Therapien möglich werden können, bleibt abzuwarten.
Roland Johannes
ist Referent für Suchtfragen
und Straffälligenhilfe im
Diakonischen Werk der
Landeskirche Hannovers
52 Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft
Vorurteilsbewusste
Bildung und Erziehung
Inklusive Praxisentwicklung in evangelischen
Kindertageseinrichtungen
Alle Kinder sind gleich
Alle Kinder sind gleich. Jedes Kind ist besonders. Geht es um
elementare Bedürfnisse wie Bindung, Kontakt zu Gleichaltrigen,
Nahrung, Liebe und Anerkennung, sind sie gleich. In der
Einzigartigkeit, den Stärken und Schwächen und ihren Lebenswelten unterscheiden sie sich. In den evangelischen Kindertageseinrichtungen treffen Kinder, Eltern und pädagogische
Fachkräfte mit unterschiedlicher sozialer und kultureller Herkunft,
aber oft auch mit ähnlichen Familienkulturen und Wertvorstellungen aufeinander. Sie spiegeln sowohl die gesellschaftliche
Vielfalt als auch die sozialen Ungleichheiten wider.
Im Elementarbereich begleitet uns der Begriff Inklusion schon
seit vielen Jahren und hat durch verschiedene Veranstaltungen, etwa beim Fachtag 2006 „Von der Integration zur
Inklusion – ein Paradigmenwechsel?“, zu einer Diskussion
und fachlichen Auseinandersetzung an der Basis geführt.
Durch die UN-Behindertenrechtskonvention hat diese Entwicklung einen weiteren Schub erhalten.
Einige Initiativen zur Inklusion gehen davon aus, dass sie auf
unterschiedlichen Ebenen gleichzeitig ansetzen müssen.
Sowohl auf der subjektiven Ebene (Haltung und Einstellungen)
als auch auf der institutionellen (zum Beispiel in Kindertageseinrichtungen) und auf der gesellschaftlichen Ebene (zum
Beispiel in Kirchengemeinden) seien Analysen des Gegebenen
notwendig, um einen Veränderungsbedarf bestimmen und
konkrete Veränderungen vornehmen zu können.
Auch in unserer Landeskirche gibt es darüber einen Diskussionsprozess, zum Beispiel in der Landessynode und deren
Ausschüssen „Diakonie und Arbeitswelt“ und „Bildung“.
Daraus entstand das Konzept einer berufsbegleitenden
Qualifizierung für Leitungskräfte zur „Fachkraft für inklusive
Prozesse“. Diese wird von den Evangelischen Fachschulen
Osnabrück im Auftrag und in Kooperation mit dem Diakonischen Werk der Landeskirche durchgeführt.
Barrieren beim Spielen und Lernen verhindern
In den evangelischen Kindertageseinrichtungen geht es
darum, Barrieren beim Spielen und Lernen für alle Kinder auf
ein Minimum zu reduzieren. Inklusion erfordert von den
Mitarbeitenden, die Kindertageseinrichtung so zu gestalten,
dass sich Kinder mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen
erfolgreich miteinander entwickeln können. Inklusion vermeidet Ausgrenzung von Anfang an. Im Gegensatz zur Integration ist ihr Ziel nicht die Anpassung des Individuums an die
Gesellschaft, sondern die Veränderung des Systems. So
verstanden gibt es keine Kinder mit Behinderungen, sondern
nur behindernde Strukturen.
Schulungen für pädagogische Leitungskräfte
Die Inhalte der Qualifizierung orientieren sich stark an dem
Konzept der „vorurteilsbewussten Bildung und Erziehung“.
Diskriminierungen sollen bereits in den Kindertageseinrichtungen
angesprochen und Gegenstrategien dazu entwickelt werden.
Dieser Ansatz geht davon aus, dass bereits kleine Kinder
Vorurteile und Vorstellungen über andere Menschen haben – sei
es aus Kinderbüchern, Filmen oder der Werbung. Kinder
brauchen deshalb pädagogische Fachkräfte, die Einseitigkeiten
erkennen und intervenieren können. „Vorurteilsbewusste
Bildung und Erziehung“ ist ein pädagogischer Ansatz aus den
USA („Anti-Bias-Approach“), der auf deutsche Verhältnisse
übertragen wurde. Er soll die Kinder unterschiedlicher sozialer
und kultureller Herkunft darin unterstützen, ihre Lebenswelt zu
verstehen und zu gestalten. Von den Fachkräften fordert er,
Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft dass sie sich möglicher Einseitigkeiten bewusst machen, die
ihre Einrichtung und die pädagogische Praxis prägen.
Vielfalt als Bereicherung verstehen
Es ist vorgesehen, dass die Absolventinnen und Absolventen der
Fortbildungen ihre erworbene Fachkompetenz auf der Ebene
des Kita-Verbandes oder Kirchenkreises weitergeben, indem sie
Prozesse initiieren und unterstützen und den Ansatz der Inklusion in die Praxis tragen. Neben Impulsen in Leitungskreisen,
Arbeitsgruppen oder Teambesprechungen werden auch
Studientage stattfinden, in denen der inklusive Ansatz und die
damit verbundenen Werthaltungen erarbeitet werden können.
Vielfalt ist Bereicherung – durch die Qualifizierung setzt das
Diakonische Werk ein Zeichen zur Umsetzung inklusiver
Prozesse. Der Weg hin zu einer inklusiven Gesellschaft erfordert
von allen, auch von Kindertageseinrichtungen und Kirchengemeinden, die Erweiterung ihrer Fähigkeiten und Kompetenzen
mit dem Ziel, dass sich Einrichtungen künftig ihren Nutzerinnen
und Nutzern anpassen – und nicht anders herum.
Sigrid Sternitzke
ist Referentin für Inklusion im
Referat Kindertageseinrichtungen im Diakonischen Werk
der Landeskirche Hannovers
53
54 Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft
Gedanken zur Inklusion
in der Jugendhilfe
Manfred (Name geändert) ist nicht ganz einfach. Man könnte
auch sagen, er ist sehr schwierig. Und er kann ohne Hilfsmittel oder Hilfestellung kaum alleine laufen. Seine Beine sind
seit der Geburt verkrümmt und er hat spastische Lähmungen,
die den Bewegungsablauf beeinträchtigen. Wenn Manfred
nicht gut drauf ist – und das kommt häufiger vor, beschimpft
und beleidigt er jede Person, die in seiner Nähe ist, in übler
Weise. Gelegentlich wirft er dann auch mit Gegenständen. Es
fällt ihm sehr schwer, sich wieder zu beruhigen.
Anfangs war Manfred in der Grundschule. Er ist nicht dumm,
vielleicht sogar etwas klüger als der Durchschnitt. In den
ersten Schuljahren versuchten Lehrer, Eltern und Mitschüler
mit seinen unkontrollierten Wutausbrüchen klarzukommen.
Doch als er älter wurde, ging das nicht mehr. Seine Eltern
wollten zwar, dass Manfred möglichst ganz „normal“ wie alle
Gleichaltrigen behandelt wurde, aber sein Verhalten führte
immer häufiger zu einer Eigen- und Fremdgefährdung. Das
Problem waren nicht die körperlichen Beeinträchtigungen,
sondern sein zunehmend unberechenbares Verhalten. Auch
für Manfreds Eltern wurden diese Verhaltensweisen und ihre
Folgen schließlich eine zu große Belastung. Sie brauchten
dringend Hilfe und Unterstützung, für Manfred und auch für
sich selbst. Deshalb kam der Junge zwischenzeitlich sogar
einige Male in die Psychiatrie. Von Mitarbeitenden dort wurde
den Eltern auch empfohlen, gemeinsam mit dem Jugendamt
nach einer geeigneten Einrichtung für Manfred zu suchen, in
der er angemessen betreut und gefördert werden könne.
Manfred war 12 Jahre alt, als das Jugendamt im Rahmen der
Hilfen zu Erziehung mit ihm und seinen Eltern schließlich eine
geeignete Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung fand. Manfred
und seine Eltern lernten Einrichtung und Mitarbeiterinnen
kennen und entschieden sich für das Heim. Dort gab es auch
eine Förderschule für emotionale und soziale Entwicklung, die
Manfred besuchen konnte. In den ersten sechs Monaten wurde
er von einer Pädagogin aus dem Heim in die Schule begleitet.
Manfred ist jetzt seit mehr als vier Jahren in der Jugendhilfeeinrichtung. Er fährt regelmäßig nach Hause zu seinen Eltern,
und in einem Teil der Ferien machen sie gemeinsam Urlaub.
Die gemeinsamen Zeiten können sie genießen – meist sogar
ohne Streit. Mit der Schule klappt es immer noch nicht so gut,
aber es gibt Fortschritte. Manfred hat gelernt, seine Ausbrüche besser zu kontrollieren und aufgestaute Energie auch mal
in der Sporthalle abzulassen. Es ist nicht alles gut, aber es
gibt Veränderungen, die zum Wohl von Manfred und seinem
Verhältnis zu seinen Eltern geführt haben.
Wird es bei der „großen Lösung“ der Inklusion keine Kinderund Jugendhilfeeinrichtungen und keine Förderschulen mehr
geben? Sind Kinderheime ein Regelsystem oder eine Spezialeinrichtung? Wie wird man dann Kindern und Jugendlichen
wie Manfred helfen? Brauchen wir nicht weiterhin „verschiedene“ Einrichtungen und Schulen, weil Menschen verschieden sind – und weil „es normal ist, verschieden zu sein“?
Ralph Hartung
ist Referent für Jugendhilfe
im Diakonischen Werk der
Landeskirche Hannovers
Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft 55
56 Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft
Freiwillige im FSJ und BFD
in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen
„Ich habe jetzt mehr Geduld mit Menschen“
Im aktuellen Jahrgang leisten 364 Männer und Frauen ein
Freiwilliges Soziales Jahr und 183 einen Bundesfreiwilligendienst
in Einrichtungen des Diakonischen Werkes der Landeskirche
Hannovers. Die Hälfte von ihnen arbeitet in Einrichtungen für
Menschen mit Behinderungen.
Sie leisten ihren Freiwilligendienst in Wohn- und Betreuungseinrichtungen, in Tagesförderstätten, in Werkstätten, Förderschulen,
integrativen oder heilpädagogischen Kindertagesstätten oder in
der individuellen Schwerbehindertenbetreuung. Ihre Aufgaben
sind vielfältig: Sie unterstützen Menschen bei der Bewältigung
ihres Alltags, in den Werkstätten, bei der Grundpflege, bei
hauswirtschaftlichen Tätigkeiten oder bei der Freizeitgestaltung
und ermöglichen ihnen dadurch die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. So sind sie Begleitende bei Konzert- oder Theaterbesuchen, unterstützen bei der Teilnahme an Sportveranstaltungen und manchmal fahren sie auch mit in den Urlaub.
Nur rund acht Prozent der Freiwilligen bewerben sich direkt für
einen Dienst in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderungen. Erst die Beratung durch Referentinnen und Referenten
und die Begegnung mit Freiwilligen oder Ehemaligen im Diakonischen Werk sowie Hospitationen haben sie ermutigt, sich auf
diese Arbeit einzulassen. Bereut hat diese Entscheidung aber
kaum eine Freiwillige oder ein Freiwilliger. Über 90 Prozent
äußern im Anschluss an den Einsatz, dass die Arbeit sie persönlich bereichert und auch verändert habe.
Eine von ihnen ist Ann-Kathrin Bruns (21). Sie arbeitet in der
Tagesförderung im Haus Herzogin-Elisabeth in der Diakonie
Himmelstür in Wildeshausen. Sie sagt über ihre Arbeit, dass sie
ihr Spaß macht, dass es viel zu tun gibt und die Kolleginnen und
Kollegen nett sind. Einen besonders schönen Moment erlebte
sie, als eine Bewohnerin mit ihr Kartoffeln schälen lernte und
einen anderen, als ihr eine Bewohnerin eine selbst genähte
Tasche zu Weihnachten schenkte. Aber Ann-Kathrin Bruns
erinnert sich auch an schwierige Situationen, wenn es viel Stress
oder körperliche Übergriffe gab und die psychische Belastung
hoch war. Sie sagt über das, was sie persönlich in diesem Jahr
verändert hat: „Geduld habe ich nun mit allen Menschen und ich
kann jetzt gärtnern!“
„Ich bin überrascht, wie normal
diese Arbeit für mich geworden ist“
Auch Lydia Kost (20) hatte anfangs andere Wünsche hinsichtlich
ihrer Einsatzstelle. Jetzt ist sie Freiwillige im Taubblindenzentrum
in Hannover-Kirchrode im Wohnheim für Erwachsene. Sie
begleitet die Bewohner zu Einkäufen, achtet auf ihre Termine,
unterstützt bei Hilfebedarf und reicht gemeinsam mit anderen
Mitarbeitenden das Essen an. Auch die Begleitung in den Urlaub
gehört zu ihren Tätigkeiten. Sie sagt: „Ich bin wirklich überrascht,
wie normal die Einsatzstelle für mich geworden ist. Und auch
Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft wie normal es ist, mit Menschen mit Behinderung zu arbeiten.“
Schwierige Situationen gab es am Anfang, als sie noch nicht gut
mit den Bewohnern kommunizieren konnte und die Bewohner
mit Unverständnis reagiert haben. Heute gehören die Momente
der Kontaktaufnahme mit den Bewohnern zu den schönen
Momenten und sie erfährt Freude, Offenheit und Dankbarkeit.
Das hat auch sie verändert.
In der gleichen Einrichtung arbeitet auch Ester Richter (23). Sie
hat sich gezielt für ein FSJ in diesem Arbeitsbereich beworben:
Dafür hat sie ihr Studium als Gebärdensprachdolmetscherin
unterbrochen. Im Wohnheim kann sie ihre bisher erworbenen
Kenntnisse einsetzen und erweitern. Sie sagt: „Wenn Besuch
kommt, der weder Gebärden noch Lormen (Tastalphabet für
Taubblinde) kann oder auch unterwegs bei Einkäufen oder im
Restaurant übersetze ich.“ Auch die Post lormt sie für die
Bewohner. Schöne Momente erlebte sie bei einem Ausflug in den
Serengeti-Park. Sehr berührt hat sie, als sie den verlorenen
geglaubten Hut einer Bewohnerin wiedergefunden hatte. „Sie hat
sich so gefreut, dass sie mich umarmt hat“, sagt Ester Richter.
Bei mehr als der Hälfte der Freiwilligen hat der Freiwilligendienst
auch Auswirkungen auf die Berufswahl. Für einige ist es auch
eine Möglichkeit zu überprüfen, ob der bisher angestrebte
Arbeitsbereich der richtige ist.
Im Freiwilligeneinsatz entstanden Freundschaften
Max Zietz (20) ist FSJler in der Annastift Lernen und Leben
gGmbH in Hannover. Er arbeitet in der individuellen Schwerbehindertenbetreuung und ist in der persönlichen Assistenz für einen
Bewohner zuständig. Er erlebte, dass sich aus dieser Tätigkeit
Freundschaften entwickeln können. Bereits vor Beginn des FSJ
57
war für ihn klar, dass er Heilerziehungspfleger werden möchte.
Er ist einer der wenigen, die sich direkt für einen Freiwilligendienst in diesem Arbeitsfeld beworben haben. Über seine Arbeit
sagt er: „Ich bin an der Arbeit gereift und habe gemerkt, dass
Menschen – ob sie eine Behinderung haben oder nicht – im
Grunde genommen gleich sind.“ Der Freiwilligendienst hat ihn
darin bestärkt und bestätigt, dass er auf dem richtigen Weg ist.
Am 1. Oktober 2013 wird er eine Ausbildung zum Heilerziehungspfleger beginnen.
Eine Konkretisierung seiner beruflichen Ziele gab es durch das
FSJ bei Sven Gänsler (20). Er arbeitet im Emil-Isermeyer-Haus in
Osterwald, einer Einrichtung der Diakonie Himmelstür für erwachsene Menschen mit geistiger Behinderung. Sein Berufswunsch
Erzieher zu werden, stand schon zu Beginn fest. Mit dem FSJ
wollte er die Wartezeit auf einen Schulplatz überbrücken. Mit
dieser Entscheidung ist er sehr zufrieden. Die Direktheit und
Unbeschwertheit der Bewohner im Umgang miteinander gehören
für ihn zu den positiven Erfahrungen. Er wünscht sich jetzt, nach
seiner Ausbildung in einer integrativen Kindertagesstätte arbeiten
zu können.
Christine Vetter
ist Referentin für
Freiwilligendienste im
Diakonischen Werk der
Landeskirche Hannovers
58 Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft
„All-inclusive“?
Entwicklungszusammenarbeit von Brot für die Welt –
Evangelischer Entwicklungsdienst
Mit Unterschieden leben –
Entwicklungszusammenarbeit inklusiv gestalten
Inklusionsdebatten in Deutschland bedeuten Diskussionen
um Schulformen und Lehrpersonal, Beiräte und „Leichte
Sprache“. Was aber bedeutet die Vision einer inklusiven
Gesellschaft, wenn man sie auf entwicklungspolitische
Zusammenhänge überträgt?
Geschlechtergerechtigkeit in Indien, Armutsbekämpfung im
Kongo, Beistand für verfolgte Menschenrechtsanwälte – Menschen weltweit zu unterstützen, die ausgegrenzt, diskriminiert
und benachteiligt werden, damit sie sich selbst aus ihrer
Situation befreien können, ist das Kernanliegen von Brot für
die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst. Ziel ist eine
globale Gesellschaft aller Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit und Gemeinsamkeit. Eine Gesellschaft, in der keiner
benachteiligt wird und alle gleichberechtigt sind – egal
welcher Herkunft, Hautfarbe, Religion, sozialer Schicht,
Geschlecht. Brot für die Welt setzt sich nachdrücklich für die
Teilhabe von Menschen an Prozessen der Entwicklung ein,
damit jeder einen gleichberechtigten Teil der Gesellschaft bildet.
Die Millenniums-Entwicklungsziele, die im Jahr 2000 auf
einem UN-Gipfel von mehr als 189 Ländern beschlossen
wurden, vereinbaren, den Anteil der Weltbevölkerung, der
unter absoluter Armut und Hunger leidet, bis zum Jahr 2015
zu halbieren. Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK)
von 2006 fordert unter anderem, Menschen mit Behinderungen in internationale Entwicklungsprogramme einzubeziehen und für sie zugänglich zu machen (Artikel 32). Aber: Eine
umfassende Gesamtstrategie „Entwicklungszusammenarbeit
inklusiv gestalten“ mit konkreten Maßnahmen fehlt bei
staatlichen wie nicht-staatlichen Akteuren. Auch bei Brot für
die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst liegt bisher noch
keine umfassende Strategie „Inklusion“ vor. Aber das Hilfswerk befindet sich in einem Prozess zur Umsetzung der
UN-BRK bei der Projektförderung und im Werk selbst.
Doch ist Inklusion nur, was explizit als solche bezeichnet
wird? Die Einbeziehung und Stärkung der Rechte gerade von
marginalisierten, unterprivilegierten und armen Menschen ist
ein Kernanliegen von Brot für die Welt. Das Leitbild von Brot
für die Welt ist seit der Gründung der Aktion 1959 immer
beteiligungsorientiert „Hilfe zur Selbsthilfe“: Vom Beginn
seiner Arbeit an agiert das kirchliche Hilfswerk ohne eigenes
wirtschaftliches oder missionarisches Interesse. Nur partnerschaftliche Programme, die vor Ort geplant und durchgeführt
Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft werden und in allen Schritten die Bevölkerung miteinbeziehen, werden darum bei der Mittelvergabe berücksichtigt. Ziel
ist das Empowerment der Menschen in den Ländern vor Ort,
also die Stärkung zur Selbstverantwortung, damit sie eigenverantwortlich und selbstbestimmt für ihre Anliegen eintreten
können. Wie die Partnerorganisationen an Prozessen teilhaben können, damit es sich um eine wirklich partizipatorische
Partnerschaft handelt, wird bis heute immer wieder im Dialog
mit den Partnern diskutiert.
Durchaus als „inklusiv“ zu bezeichnen ist auch der seit der
Gründung geltende Ansatz, Projekte weltweit nach der
herrschenden Not und Zweckhaftigkeit zu fördern – unabhängig von der Religions- oder Konfessionszugehörigkeit der
Menschen, die von den Projekten profitieren.
Die Frage nach der Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern in Entwicklungsprozessen ist ebenfalls Aufgabe einer
inklusiven Entwicklungszusammenarbeit. Ab den achtziger
Jahren nahm Brot für die Welt die Frage von „Frauen und
Entwicklung“ strategisch in den Blick. 1992 wurden die
59
„Wege zu einer frauengerechten Entwicklungszusammenarbeit“ beschlossen, die ausdrücklich eine „frauengerechte
Entwicklung“ forderten. Seit 1995 beschäftigt sich ein Gender-Begleitausschuss mit Fragen der Geschlechtergerechtigkeit bei Brot für die Welt.
Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst arbeitet
mit Projektpartnern in Afrika, Asien, Mittel- und Südamerika
und Osteuropa zusammen. Auch in der Projektförderung wird
bereits inklusiv gearbeitet und gezielt Projekte unterstützt, die
die Inklusion von Menschen mit Behinderung fördern und sich
für ihre Rechte einsetzen. Ein Beispiel ist das Ecumenical
Disability Advocates Network (EDAN). EDAN setzt sich als
Netzwerk unter dem Dach des Weltkirchenrats für Inklusion,
die Rechte von Menschen mit Behinderungen und die aktive
Beteiligung von Menschen mit Behinderung im sozialen,
spirituellen und wirtschaftlichen Leben ein. So fördert es den
Dialog innerhalb der Kirchen und ihrer theologischen Ausbildung zu Inklusion. Wie inklusive Projektarbeit aussieht, zeigt
auch die Zusammenarbeit mit dem „Heilpädagogischen
Zentrum“ in Russland.
Bis die Rechte von Menschen mit Behinderungen
auf allen Ebenen in Russland und der Föderation
wahrgenommen werden, ist es noch ein weiter Weg.
60 Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft
Projektbeispiel
Heilpädagogisches Zentrum in Russland –
Advocacy-Arbeit für die Rechte von Menschen
mit körperlichen und geistigen Behinderungen
Geschlossene Heime, keine Förderung individueller Kompetenzen, keine Arbeitsmöglichkeiten – die Situation von
Menschen mit Behinderungen in Russland ist oft prekär und
menschenunwürdig. Die Organisation „Heilpädagogisches
Zentrum“ setzt sich darum als Partnerin von Brot für die Welt
unter anderem mit Lobby- und Advocacy-Arbeit für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Russland ein.
„Da Russland kein Entwicklungsland nach OECD-Maßstäben ist,
legen wir bei der Förderung von Projekten dort besonderen Wert
auf einen rechtebasierten Ansatz, der zum Ziel hat, benachteiligte Bevölkerungsgruppen insgesamt in ihren Rechten zu
stärken“, erklärt Susanne Müller, Referentin für Europa bei Brot
für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst. Das entspräche
auch dem Wunsch des russischen Partners.
kulturellem Leben. Zur Zeit der Sowjetunion nahmen Menschen
mit Behinderungen faktisch nicht am öffentlichen Leben teil. Erst
seit der Jahrtausendwende weisen Politiker und Medien zunehmend auf die notwendigen Verbesserungen der Lebenssituation
der Menschen mit Behinderungen hin. Doch Meinungsumfragen
zeigen, dass in der russischen Gesellschaft noch immer eine
große soziale Distanz zwischen Menschen ohne und mit
Behinderung herrscht. Menschen mit Behinderungen werden
stigmatisiert. Besonders die Wahrnehmung von Menschen mit
Behinderungen als gleichberechtigter Teil der Zivilgesellschaft,
der selbstbestimmt für seine Rechte eintritt, fehlt.
In Russland leben mehr als 13,3 Millionen Menschen mit
Behinderungen, 500 000 von ihnen sind Kinder. Viele sind von
Armut betroffen und haben nur einen eingeschränkten Zugang
zu Gesundheitsversorgung, Rehabilitationsmaßnahmen und
Die Organisation „Heilpädagogisches Zentrum“ gründete sich
1989 als Selbsthilfegruppe betroffener Eltern, die sich für
Rehabilitation und heilpädagogische Maßnahmen für ihre Kinder
einsetzten. Viele der Eltern sind alleinerziehende Frauen, deren
Männer sie und ihre Kinder überdurchschnittlich oft verlassen.
Aufgrund fehlender Betreuungsangebote müssen sich die Mütter
meist allein um ihr Kind kümmern, können keiner regelmäßigen
Arbeit nachgehen und sind damit von Armut bedroht. Das
Heilpädagogische Zentrum setzt sich darum für ambulante
Betreuungsformen, Schulbesuch und heilpädagogische Rehabilitationsmaßnahmen ein. Die Nichtregierungsorganisation (NGO)
Sehen und tasten…
Hören und Entspannen…
Für die eigenen Rechte eintreten
Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft gründete dafür beispielsweise das führende Zentrum auf dem
Gebiet der Heilpädagogik in Russland. Sehr schwierig ist auch
die Situation erwachsener Menschen mit Behinderungen in
Russland. Sie haben keine Möglichkeit auf Ausbildung oder
Arbeit und werden oft in Altenpflegeheime abgeschoben.
Besonders marginalisiert werden Menschen mit geistigen
Behinderungen: Sie werden von der Gesellschaft isoliert und in
ihren Rechten diskriminiert. Familien werden gedrängt, ihre
geistig behinderten Kinder in sogenannten Psycho-Neurologischen Instituten unterzubringen und die Vormundschaft an
die Heimleitungen zu übertragen. Wer eine geistige Behinderung hat, wird in Russland als nicht rechts- und geschäftsfähig
eingestuft. Das bedeutet, Menschen mit geistiger Behinderung
haben nicht das Recht, ihre Wohnform frei zu wählen, sich
selbst Kleidung oder Lebensmittel zu kaufen oder eine Familie
zu gründen. „Bis vor einigen Jahren galt das Thema Leben mit
Behinderung in Russland allein als Angelegenheit der Familie.
Wer keine Familie hatte, kommt eben in ein staatliches Heim,
das an Anstalten erinnert, wie es sie früher auch in Deutschland gab. Die Teilnahme am sozialen Leben, eine individuelle
Förderung, gar die Aussicht auf einen Beruf – all das gibt es in
diesen staatlichen Heimen nicht“, so Susanne Müller. Erst vor
kurzem habe das Schicksal eines vierzehnjährigen Jungen in
einem solchen russischen Heim erschüttert. Er war auf 25 Kilo
abgemagert und konnte nur durch den Einsatz einer couragierten Pflegerin vor dem Hungertod gerettet wurde.
Das Heilpädagogische Zentrum setzte sich mit Kampagnen für
die Stärkung der Rechte von Menschen mit Behinderungen ein
und drängte durch jahrelange Lobbyarbeit auf die Ratifizierung
der UN-Behindertenrechtskonvention. Im Mai 2012 ratifizierte
die russische Staatsduma unter Präsident Dmitri Medwedew
die UN-Behindertenrechtskonvention schließlich – nicht zuletzt
auch aufgrund des zivilgesellschaftlichen Drucks, den das
Heilpädagogische Zentrum, gemeinsam mit dem von ihm
initiierten landesweiten Netzwerk von 850 NGOs, ausgeübt hat.
Die NGO wird häufig als Experte und Berater von der Duma,
ihren Arbeitsgruppen und auf föderaler Ebene eingeladen. Um
61
die Konvention konkret umzusetzen, macht das Heilpädagogische Zentrum viele Vorschläge zu Gesetzen, die in wichtigen
Gremien aufgenommen werden. Damit Menschen mit Behinderung ihr Recht auf Bildung und Rehabilitation durchsetzen
können, bietet das Heilpädagogische Zentrum zusätzlich eine
Rechtsberatung an.
Was nach der Ratifizierung
der UN-Konvention zu tun ist
Die Ratifizierung ist als erster Schritt für eine inklusive russische Gesellschaft zu bewerten: Denn die Umsetzung der
Konvention mit Entwicklung von Gesetzen, Rechtsnormen
und langfristigen Strategien, beispielsweise in der Sozialwirtschaft, liegt an vielen Stellen brach. Zudem sind hohe Kosten
mit der Verwirklichung der Normen verbunden, sodass
zivilgesellschaftliche Akteure fürchten, dass den Forderungen
der Konvention nur teilweise nachgekommen wird. „Bis die
Rechte von Menschen mit Behinderungen auf allen Ebenen in
Russland und der Föderation wahrgenommen werden, ist es
noch ein weiter Weg“, schätzt Susanne Müller. „Trotz Fortschritten auf staatlicher Ebene durch Forderungen von
Politikern ist die Umsetzung oft von Desinteresse, fehlendem
Kooperationswillen und fehlendem Rechts- und Fachwissen
auf Seiten der gesetzgebenden Organe und der zuständigen
Behörden geprägt.“
Maike Lukow
ist Referentin für Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit im
Referat Brot für die Welt
in der Landeskirche Hannovers
62 Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft
Einfach für alle
Barrierefreiheit im Internet hat nichts mit
Behinderung zu tun
Barrierefreiheit im Internet schließt Menschen mit und ohne
Behinderungen ein. Auch Benutzer mit technischen oder altersbedingten Einschränkungen sind im Internet unterwegs. Und nicht
zuletzt sind „Webcrawler“ zu berücksichtigen, mit denen Suchmaschinen den Inhalt einer Seite erfassen. Eine einhundertprozentig
barrierefreie Website gibt es allerdings nicht. Da dies aufgrund der
unzähligen individuell geprägten Barrieren nicht vollständig
erreicht werden kann, spricht man auch von „barrierearm“.
Das Diakonische Werk der Landeskirche Hannovers hat sich aber
zum Ziel gesetzt, möglichst viele Aspekte einer barrierearmen
Website umzusetzen. Dazu gehört auch und vor allem eine
sauber programmierte Homepage und ein darauf abgestimmtes
Redaktionssystem (CMS). Wir haben uns beim letzten Relaunch
(Webseitenneugestaltung) 2011 dazu entschlossen, das von
Alexander Selck (Fa. Sethora IT-Dienstleistungen) entwickelte
CMS „Synapsis“ einzusetzen, was diesen Anforderungen
entspricht.
Statistisch gesehen sind Menschen mit Behinderungen
überdurchschnittlich häufig im Internet und dabei auf spezielle
Aufbereitung der Webangebote angewiesen, die über die
übliche Darstellung hinausgehen. Blinde und sehbehinderte
Nutzer lassen sich Webseiten per Software vorlesen oder in
Brailleschrift ausgeben. Gehörlose oder schwerhörige Menschen,
deren erste Sprache Gebärdensprache ist, benötigen auf sie
zugeschnittene, besondere Darstellungsformen im Internet.
Zusätzlich zu der Berücksichtigung der Belange von behinderten Menschen bedeutet „barrierefrei“, dass ganz allgemein
niemandem Barrieren in den Weg gelegt werden sollen. Auch
nichtbehinderten Nutzern soll nicht die Pflicht auferlegt
werden, beim Abruf von Internet-Angeboten genau dieselbe
Hard- und Softwarekonfiguration zu verwenden wie der Autor
des Angebots (technische Barrierefreiheit). Neben der Zugänglichkeit (Accessibility) geht es auch um die Plattformunabhängigkeit – ein Internetangebot soll sowohl mit Bildschirm
beliebigen Formats als auch mit mobilen Geräten nutzbar
sein. Es soll unabhängig vom verwendeten Betriebssystem
und von der Software funktionieren. Auch diese Anforderungen haben wir auf unserer Homepage konsequent umgesetzt.
Mindestens ebenso wichtig wie die technische Zugänglichkeit
ist, dass die Inhalte übersichtlich und in leicht verständlicher
Sprache präsentiert werden. Dazu haben wir zunächst unsere
Satzung und eine Predigt zur diesjährigen Woche der Diakonie
auf unseren Webseiten eingestellt – weitere Texte sollen folgen.
Barrierefreiheit umfasst auch, keine übermäßigen, sondern
dem Thema angepasste Anforderungen an Bildung, Ausbildung und intellektuelles Niveau zu stellen. Dieser Kontext ist
insbesondere für die öffentlich-rechtlichen Webangebote
bindend, um die Forderungen nach Gleichberechtigung auch
von sprachlich in einem Land gehandicapten Menschen (wie
einem Teil der Migranten) zu realisieren. Sie erfasst aber auch
die Probleme älterer Menschen, die nicht mit den Möglichkeiten und Methoden moderner Kommunikation aufgewachsen sind, sowie sozial benachteiligter Schichten.
Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft 63
Grundlegende Techniken für barrierefreies Internet
Grundvoraussetzung für barrierefreie Internetseiten ist der
korrekte Einsatz von Webstandards. Die geforderte strikte
Trennung von Struktur eines Dokuments und seiner Darstellung erreicht man durch den korrekten Einsatz von „Cascading Style Sheets“ (CSS). Kompromisse beim Design sind
nicht nötig. Einige grundlegende Möglichkeiten, wie wir sie
auch weitgehend auf unseren Websites einsetzen:
 Gut strukturierter Text kann von blinden Menschen über
eine Braillezeile mit entsprechender Software (Screenreader) gelesen werden. Auch Sehende profitieren beim
Durchsuchen und Bearbeiten von Texten, wenn diese gut
strukturiert sind.
 Bilder (oder Text, der in Bildern enthalten ist) sind für Blinde
unzugänglich und sollten daher mit einem alternativen Text
ergänzt werden.
 Sehschwache benötigen Skalierbarkeit der Schrift im
Browser, um die Schriftgröße an ihre Sehleistung anpassen
zu können.
 Menschen mit einer Seheinschränkung benötigen möglicherweise starke Kontraste und klare Schriften sowie
Kontrolle über die Farbe von Schrift und Hintergrund.
 Für Personen mit einer Farbfehlsichtigkeit, so etwa infolge
einer Rot-Grün-Sehschwäche ist es problematisch, wenn
Informationen über Farbe allein vermittelt werden.
 Blinkende oder animierte Texte stellen für Menschen mit einer
Sehbehinderung und/oder einer kognitiven Behinderung eine
Barriere dar, da sie von den eigentlichen Inhalten ablenken.
 Personen mit Spastiken oder anderen motorischen Störungen, die keine Maus bedienen können, müssen mit der
Tastatur navigieren. Sie bewegen sich (meist mit der
Tabulatortaste) durch die Links, Formularelemente und
andere aktive Objekte auf der Seite. Damit eine Webseite
gut mit der Tastatur bedienbar ist, ist es wichtig, dass die
Elemente in einer sinnvollen Reihenfolge angesteuert
werden und dass jederzeit deutlich erkennbar ist, welches
Element gerade im Fokus ist.
 Gehörlose Menschen haben oft als erste Sprache Gebärdensprache gelernt. Für sie ist die Schriftsprache eine
Fremdsprache und meist schwer verständlich. Auch
akustische Inhalte können von gehörlosen Menschen nicht
aufgenommen werden. Sie sollten deswegen durch visuell
wahrnehmbare Inhalte ersetzt oder von ihnen begleitet
werden. Barrierefrei sind für sie Webseiten, die in Gebärdensprache dargestellt werden.
 Menschen mit kognitiven Behinderungen haben meist Probleme, lange und umständlich formulierte Texte mit schwierigen Schachtelsätzen und Fremdwörtern sowie komplexe
Navigationen zu verstehen. Deswegen ist es sinnvoll, Webseiten in so genannter „Leichter Sprache“ zu verfassen oder
Übersetzungen in „Leichte Sprache“ anzubieten.
64 Diakonie 2013 Diakonie und Gesellschaft
Zugriffszahlen 2012
Richtlinien zur Barrierefreiheit von Online-Inhalten
Um das Web barriereärmer zu machen, wurde vom World Wide
Web Consortium (W3C, Gremium zur Standardisierung der World
Wide Web betreffenden Techniken) die Web Accessibility Initiative
(WAI) gegründet. Diese Initiative veröffentlichte 1999 den ersten
international anerkannten Standard „Web Content Accessibility
Guidelines 1.0“ (WCAG). Die aktuelle Version WCAG 2.0 trat nach
mehr als neunjähriger Beratung am 11. Dezember 2008 in Kraft.
In Deutschland nutzen vier von fünf Menschen mit Behinderungen das World Wide Web. Zum 1. Mai 2002 ist in Deutschland das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen und
zur Änderung anderer Gesetze (Behindertengleichstellungsgesetz
– BGG) in Kraft getreten. In diesem Gesetz hat der Bund Regeln
zur Herstellung von Barrierefreiheit in der Informationstechnik für
seine Verwaltung gesetzt. Damit wurden alle öffentlichen
Einrichtungen verpflichtet, ihre öffentlich zugänglichen Internetund Intranet-Angebote grundsätzlich barrierefrei zu gestalten.
Eine entsprechende Rechtsverordnung (Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung – BITV) von Bundesinnenministerium
und Bundesministerium für Arbeit und Soziales regelt die
Maßgaben hierfür.
Die Zugriffszahlen auf unserer Internetpräsenz
www.diakonie-hannovers.de haben sich im Vergleich zum
Vorjahr deutlich erhöht. Das kommt zum einen daher,
dass sich das Internet immer mehr zum zentralen Leitmedium entwickelt und zum anderen durch die noch weiter
verbesserte Aktualität unserer Homepage. Auch die
Verbindung beziehungsweise Verlinkung zur DIAKONIEHilfe und der damit verbundenen Aktivitäten in den
sozialen Netzwerken (wie Facebook, Twitter, YouTube
und Pinterest) spielt dabei eine nicht zu unterschätzende
Rolle. Künftig wollen wir noch mehr Inhalt auf diese
Plattformen bringen.
Jahresergebnisse:
2010: 1.937.071 Zugriffe bei 51.517 unterschiedlichen
Besuchern (vor unserem Relaunch)
2011: 2.853.562 Zugriffe bei 53.632 unterschiedlichen
Besuchern
2012: 5.203.948 Zugriffe bei 59.567 unterschiedlichen
Besuchern
Das ist eine Steigerung von 82,37 Prozent gegenüber dem
Vorjahr bei den Klickzahlen, bei den unterschiedlichen
Besuchern eine Steigerung um 11 Prozent.
Das heißt, unsere Besucher bleiben insgesamt länger auf
unseren Internetseiten. Die durchschnittliche Verweildauer
liegt mit 68 Prozent bis zu 30 Sekunden; 10,6 Prozent
bleiben bis zu zwei Minuten auf einer Seite. Wir sind
ständig bemüht, die Seiten an diesem Verhaltensmuster
auszurichten, visuelle Anreize zu schaffen und die Textlänge dem Nutzerverhalten anzupassen, das heißt, kurze
und leicht verständliche Texte einzustellen.
Willi Schönamsgruber
ist Referent für
Öffentlichkeitsarbeit im
Diakonischen Werk der
Landeskirche Hannovers
Diakonie 2013 Diakonie und Politik 65
Haben Menschen mit
Behinderungen ein Recht
auf Inklusion?
„Integration“ und „Inklusion“ sind Begriffe, die vermehrt in der öffentlichen Debatte
auftauchen. Aber haben Menschen mit Behinderungen auch ein Recht auf Inklusion?
Und wenn ja, wie lässt es sich praktisch umsetzen? Zu diesen Fragen nimmt Frank Garlich,
juristischer Referent im Diakonischen Werk der Landeskirche Hannovers, Stellung.
Vermehrt berichten Medien über Integration und
Inklusion von Menschen mit Behinderungen. Worin
unterscheiden sich Integration und Inklusion rechtlich?
Garlich: Mit dem Weg von der Integration zur Inklusion ist ein
Perspektivwechsel verbunden. Wurde bislang der Begriff der
Integration verwendet, so war damit die Einpassung behinderter
Menschen in vorhandene Strukturen gemeint. Inklusion
bedeutet nun, dass sich die Strukturen den Bedürfnissen von
Menschen mit Behinderungen anpassen müssen. Es muss
insoweit einen entsprechenden Gesetzesrahmen geben.
Welche rechtlichen Ursachen begründen den
Perspektivwechsel hin zur Inklusion?
Garlich: Am 30. März 2007 wurde die UN-Konvention zu den
Rechten von Menschen mit Behinderungen ratifiziert. Die
Konvention trat in der Bundesrepublik am 26. März 2009 in
Kraft. Mit der Behindertenrechtskonvention ist der Begriff der
Inklusion in die Debatte eingeführt worden. Aber auch das
Grundgesetz stellt in Art. 3 Abs. 3 Satz 2 fest: „Niemand darf
wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“
Ergibt sich aus diesen Regelungen heraus ein Recht
auf Inklusion?
Garlich: Es gibt nicht das Recht auf Inklusion. Die Behindertenrechtskonvention enthält zahlreiche Menschenrechtsnormen.
Einzelne dieser Normen geben Menschen mit Behinderung
ein eigenes Recht, weil diese Normen eine unmittelbare
Wirkung gegenüber Menschen mit Behinderung entfalten.
Diese Rechte können von Menschen mit Behinderung auch
eingeklagt werden. Im Zweifelsfall müssen die Gerichte
darüber entscheiden, welche Inklusionsrechte einklagbar sind.
Auch das Grundgesetz schafft nicht ein eigenes spezielles
Inklusionsrecht, aber Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG bestimmt, wie
Gesetze in Deutschland beschaffen und ausgelegt werden
müssen, nämlich so, dass sie Menschen mit Behinderung
nicht benachteiligen.
66 Diakonie 2013 Diakonie und Politik
Diakonie 2013 Diakonie und Politik 67
Niemand darf wegen seiner
Behinderung benachteiligt werden.
Was bedeutet das konkret?
Garlich: Zum Beispiel wird das „Recht auf eine inklusive
Beschulung von Kindern mit Behinderung“ entsprechend der
Behindertenrechtskonvention oft als eine Pflicht zur schrittweisen
Umsetzung verstanden. Kinder mit Behinderung können
deshalb nicht einen Platz auf inklusive Beschulung unmittelbar
aufgrund der Behindertenrechtskonvention einklagen. Das
Recht auf Bildung kann schrittweise umgesetzt werden, indem
es vom Gesetzgeber durch Schaffung eines Gesetzes konkretisiert
wird. Das Kind mit Behinderung kann dann aber einen Platz
auf inklusive Beschulung einklagen, wenn das entsprechende
Bundes- oder Landesgesetz den Zugang zu einer allgemeinen
Schule mit inklusiver Beschulung eröffnet.
Und wie haben die deutschen Gerichte bislang
hinsichtlich eines Inklusionsrechts entschieden?
Bislang gibt es in Deutschland kein Gerichtsurteil, in dem die
Behindertenrechtskonvention unmittelbar zugunsten eines
Menschen mit Behinderung herangezogen wurde. Allerdings
gibt es zahlreiche Urteile, in denen bundes- oder landesrechtlichen Regelungen, die im Zusammenhang mit der Behindertenrechtskonvention stehen, entscheidend waren. Auch zogen
Gerichte die Behindertenrechtskonvention schon als Auslegungshilfe heran. Zum Beispiel berief sich das Landessozialgericht
Sachsen auf die Behindertenrechtskonvention, als ein blindes
Kind, das eine allgemeine Schule besuchen wollte, die
Finanzierung einer Integrationshelferin beantragte. Das
Gericht stellte fest, die Argumentation der Gegenseite widerspreche der Behindertenrechtskonvention.
Was ist, wenn Menschen mit Behinderungen nicht
klagen wollen. Welche Rechte haben sie dann?
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass Grundrechte
auch „im Lichte“ der Behindertenrechtskonvention zu interpretieren sind. Damit sind auch Behörden bei ihren Entscheidungen an die Vorgaben der Behindertenrechtskonvention,
auch zur Inklusion, gebunden. Wenn es also zum Beispiel
innerhalb des vorgegebenen institutionellen Rahmens möglich
ist, einem Schüler trotz seiner Behinderung den Zugang zu
einer allgemeinen Schule zu eröffnen, dann wäre die Zuweisung
zu einer Förderschule nicht nur unzweckmäßig, sondern
rechtswidrig. Die Zuweisung zu einer Schule ist stets eine
Ermessensentscheidung der Behörde, die eine Abwägung
voraussetzt. Die Abwägung hat im Lichte der Behindertenrechtskonvention zu erfolgen. Gegen solche ermessensfehlerhafte
Entscheidungen kann ein Widerspruch eingelegt werden.
Frank Garlich
ist juristischer Referent im
Diakonischen Werk der
Landeskirche Hannovers
68 Diakonie 2013 Diakonie und Politik
Schule und Inklusion
Gesellschaftliche Teilhabe ersetzt staatliche Fürsorge
Das Land Niedersachsen führt die gemeinsame Beschulung
von Kindern mit und ohne Behinderungen stufenweise ein.
Auch die Schulen in freier Trägerschaft, also auch die diakonischen Schulen, sind jetzt inklusive Schulen. Das zum Zweck
gemeinsamer Beschulung von Schülerinnen und Schülern mit
und ohne Behinderungen geänderte Niedersächsische
Schulgesetz (NSchG) dient der Umsetzung von Artikel 24 der
UN-Behindertenrechtskonvention. Darüber hatte sich die
Kultusministerkonferenz am 20. Oktober 2011 verständigt.
Der mit dem Gesetz zur Einführung der inklusiven Schule
vollzogene und auch von der Diakonie geforderte Perspektivwechsel bezweckt die Beseitigung struktureller Ausgrenzung.
Danach soll eine uneingeschränkte gesellschaftliche Teilhabe
des Einzelnen die staatliche Fürsorge ersetzen.
Schüler, die an der Regelbeschulung „aus eigener Kraft“ nicht
teilnehmen können, weil ihre Behinderungen einen Bedarf an
sonderpädagogischer Unterstützung brauchen, sollen diesen
bekommen, damit an jedem Lernort „qualitativ hochwertiges
gemeinsames Lernen“ ermöglicht wird.
Das Verfahren zur Feststellung des sonderpädagogischen
Unterstützungsbedarfs wird durch Verordnung geregelt.
Öffentliche Schulen werden generell zu inklusiven Schulen,
aber zunächst noch nicht alle Schulen, weil die Schulträger
bis 2018 durch die „Festlegung von Schwerpunktschulen“
noch bestimmen können, an welchen Schulen sie eine
inklusive Beschulung ermöglichen wollen. Immerhin muss
mindestens eine „allgemeine Schule“ in zumutbarer Entfernung erreichbar sein. Ab dem 1. August 2013 ist die schulische Inklusion Pflicht. Die „allgemeinen Schulen“ müssen
von diesem Zeitpunkt an damit beginnen, Schüler mit Bedarf
an sonderpädagogischer Unterstützung aufzunehmen, die
Grundschulen können schon vorher anfangen. 2018 soll
dieser Prozess vollendet sein.
Eltern haben Wahlfreiheit
Die Eltern haben die Schul-Wahlfreiheit für ihr Kind, und zwar
auch hinsichtlich der Entscheidung, ob ihr Kind die Regeloder eine Förderschule besucht. Dieses neue Elternrecht gilt
allerdings nicht schrankenlos: Im Kindeswohlinteresse kann
die Schülerin oder der Schüler an die Schule einer anderen,
für sie oder ihn geeigneten Schulform „überwiesen“ werden
(Paragraph 59 Abs. 5 NSchG). Das für die Überweisung
maßgebliche Kindeswohlinteresse besteht, wenn seinem
individuellen Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung
in der Zielschule besser entsprochen werden kann als in der
Diakonie 2013 Diakonie und Politik Ausgangsschule. Für die Überweisung braucht die Schule die
Zustimmung der Schulbehörde. Schülerfehlverhalten kann bei
beiden Schülergruppen gleich sanktioniert werden. Bei
ernstlicher Gefährdung anderer oder nachhaltiger und
schwerer Beeinträchtigung des Schulbetriebs sowie negativer
Zukunftsprognose kann auch zur Förderschule (und auch
zurück) überwiesen werden.
Der Anregung der Diakonie, die Schulbehörde als Entscheider
der Überweisung ausdrücklich im Gesetz zu benennen, ist der
Landesgesetzgeber gefolgt. Der weitergehenden DiakonieEmpfehlung, für die Überweisungsentscheidung die Vorbereitung durch ein sachverständig besetztes Gremium (wie bei
der Feststellung sonderpädagogischen Förderbedarfs)
vorzusehen, hingegen nicht.
Förderschulen werden
sonderpädagogische Förderzentren
Die Förderschulen bleiben grundsätzlich bestehen. Sie
werden jedoch zugleich sonderpädagogische Förderzentren.
Deren Aufgabe ist es, den gemeinsamen Unterricht an den
allgemeinen Schwerpunktschulen zu unterstützen und diese
zu beraten. Integrationsklassen können weitergeführt werden,
bis die betroffenen Schüler mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung den jeweiligen Schulbereich verlassen.
Der Förderschwerpunkt Lernen in der Primarstufe entfällt. Die
Grundschulen bekommen schrittweise eine sonderpädagogische Grundversorgung durch die Förderschullehrerstunden.
Förderschullehrer sollen in den allgemeinbildenden Schulbereich kommen, die Lerngruppen sollen verkleinert werden.
69
Schülerinnen und Schüler mit Bedarf an sonderpädagogischer
Unterstützung können künftig ihre Schulpflicht auch durch
den Berufsschulbesuch erfüllen, die bisherige Förderschulbesuchspflicht ist entfallen. Für noch nicht inklusive Schuljahrgänge kann bei Feststellung sonderpädagogischen Förderbedarfs die Förderschulbesuchspflicht aber fortwirken. Die
Feststellung des Bedarfs an sonderpädagogischer Unterstützung erfordert bei der Erstellung des Fördergutachtens auch
bei Schulen in freier Trägerschaft die Beteiligung einer
Förderschullehrerin oder eines Förderschullehrers an einer
öffentlichen Schule. Für die Beschulung von Kindern mit
geistigen Behinderungen ist der niedersächsische Landesgesetzgeber nach den Erfahrungen mit den Integrationsklassen
davon ausgegangen, dass deren Eltern weiterhin eine exklusive Beschulung wünschen. Das betrifft etwa 200 niedersächsische Schülerinnen und Schüler. Sind Schülerinnen oder
Schüler auf sonderpädagogische Unterstützung im Förderschwerpunkt „Geistige Entwicklung“ angewiesen, können sie
ihre Schulpflicht auch durch den Besuch einer anerkannten
Tagesbildungsstätte erfüllen.
Ralf Witte
ist Justitiar im
Diakonischen Werk der
Landeskirche Hannovers
70 Diakonie 2013 Diakonie und Politik
Ein Anfang ist gemacht
Zum Arbeitsrecht in diakonischen Einrichtungen
in Niedersachsen
Der Streit zwischen der Diakonie und den Gewerkschaften ver.di
und Marburger Bund ist bislang eine Auseinandersetzung ohne
Gewinner. Ein Grundlagenstreit über Dritter Weg oder Zweiter
Weg, über verbindliches Schlichtungsmodell oder Streikrecht,
über das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen oder die Koalitionsfreiheit der Gewerkschaften. Der Konflikt wird auf allen Ebenen
ausgetragen: in den diakonischen Betrieben, in der Politik, in der
Öffentlichkeit und vor den Gerichten.
Mit seiner Entscheidung am 20. November 2012 zum Streit um
das Arbeitsrecht von Diakonie und Gewerkschaften war das
Bundesarbeitsgericht sichtlich darum bemüht, beide Seiten mit
ihren gewichtigen Verfassungsrechten zu ihrem Recht kommen
zu lassen. Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht gibt den
Kirchen das Recht, aus dem Gedanken der Dienstgemeinschaft
heraus an die Stelle des Konfliktmodells von Streik und Aussperrung ein Konsensmodell einer paritätisch besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission mit verbindlicher Schlichtung im Dritten Weg
zu setzen. Aber das nicht unter Ausschluss der Gewerkschaften,
die Gewerkschaften müssen eingeladen sein, in den Kommissionen mitzuwirken. Und die Ergebnisse müssen verbindlich sein.
Das Bundesarbeitsgericht hat ein verständiges Urteil geschrieben,
das ersichtlich die Parteien an einen Tisch bittet. Kein Grundrecht
soll von einem anderen unverhältnismäßig verdrängt werden
(Grundsatz der praktischen Konkordanz).
Wie geht es nach dem Urteil weiter? Als wir beim Bundesarbeitsgericht in der Mittagspause unseren niedersächsischen Gesprächspartnern von ver.di begegneten, versprachen wir einander:
„Egal wie es heute ausgeht, wir müssen eine Form der Zusammenarbeit finden.“ Das Bundesarbeitsgericht hat uns bei diesem
Vorhaben mit seinem klugen Urteil sehr geholfen. Denn Streitgegenstand beim Bundesarbeitsgericht waren das Modell der
Arbeitsrechtlichen Kommissionen und die kirchengemäßen
Tarifverträge wie in der Nordkirche (früherer Bereich von Nordelbien) und in Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Bei den
Arbeitsrechtlichen Kommissionen sah das Bundesarbeitsgericht
angesichts der faktischen Wahlfreiheit der Dienstgeber über das
anzuwendende kirchliche Arbeitsrecht und der Nicht-Beteiligung
der Gewerkschaften erheblichen Korrekturbedarf. Die entsprechenden Satzungsbestimmungen unseres Diakonischen Werks
Hannovers hat es als unzulässige Wahlfreiheit der Dienstgeber
kritisiert. Die Mitgliederversammlung des Diakonischen Werks
Hannovers hat diese Satzungsbestimmung entsprechend am
Diakonie 2013 Diakonie und Politik 71
Es ist an der Zeit, als Sozialpartner
neue Wege zu gehen.
25. Juni 2013 korrigiert. Dagegen sah das Bundesarbeitsgericht
die kirchengemäßen Tarifverträge als verfassungsgemäß an.
Erkennbar gilt diesem Modell die Sympathie des Bundesarbeits­
gerichts, weil es in besonderer Weise die Gewerkschaften im
Verfahren kirchlicher Arbeitsrechtsregelung auf Augenhöhe beteiligt.
Mit dieser deutlichen Bestärkung der kirchengemäßen Tarifverträge
hatten wir nicht gerechnet. Grundlage dieses Modells ist zunächst
eine kirchengesetzliche Regelung, die diesen Weg des Konsensmodells für die diakonischen Dienstgeber ermöglicht und die
Dienstgeber auf diesen Weg verpflichtet. Die Dienstgeber müssen
sich dazu in Dienstgeberverbänden organisieren, die mit ver.di
einen Grundlagentarifvertrag vereinbaren. In diesen ist wesentlich
die Festlegung einer verbindlichen Schlichtung geregelt, die an
die Stelle der Arbeitskampfmittel von Streik und Aussperrung tritt.
Nach der Anpassung des Kirchenrechts durch die Synode
werden dann kirchengemäße Tarifverträge mit der Regelung von
Lohnhöhen, Arbeitszeit und so weiter zwischen den Dienstgeberverbänden und den Gewerkschaften geschlossen. Dieses Modell
bietet mehrere Vorteile: Bei den Tarifverträgen gelten die Inhalte
normativ, das heißt, die Mitarbeitenden können ihre Ansprüche
unmittelbar bei Gericht einklagen; der Landesverband muss dann
nicht mehr Wächter über die Einhaltung des kirchlichen Arbeitsrechts sein. Und diese Tarifverträge sind anschlussfähig oder
ausbaufähig zu einem „Tarifvertrag Soziales“, den wir seit Jahren
fordern. Dieser könnte bei einer Anwendungsdichte ab 50 Prozent
vom Land Niedersachsen für alle sozialen Dienstleister in Niedersachsen verbindlich als Mindestarbeitsbedingung erklärt werden.
Mit diesen Überlegungen sind wir an ver.di herangetreten und
konnten uns in einer Prozessvereinbarung auf die gemeinsame
Zielstellung „Flächentarifvertrag Soziales in Niedersachsen“
einigen. Dazu muss bis zum 1. April 2014 der novellierte rechtliche Rahmen zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der (privatrechtlichen) Diakonie in Niedersachsen, also das novellierte
Arbeitsrechtsregelungsgrundsätzegesetz der EKD, in Kraft gesetzt
und auf der Basis des dann geltenden kirchlichen Arbeitsrechts
Tarifverträge geschlossen werden. Im Einzelnen stehen noch
schwierige Klärungen an – zum Beispiel die Ausgestaltung der
Schlichtungsregelung, die weitere Anwendbarkeit der AVR-EKD,
der Umgang mit Notlagen von Trägern, die Überführung der
Haustarifverträge, die Mitgliedschaft der Dienstgeber im Dienst-
geberverband, die Entwicklung des Flächentarifvertrags in
Niedersachsen und die Allgemeinverbindlichkeit dieses Flächentarifvertrags.
Wichtige Erfolgsfaktoren des neuen Modells
kirchengemäßer Tarifverträge sind:
 Kirchen/Diakonie und Gewerkschaften müssen lernen, sich als
Sozialpartner zu verstehen. Beide Seiten haben das Ziel, dass
die Sozialwirtschaft in einer Weise refinanziert wird, die eine
tarifgemäße Entlohnung ermöglicht.
 Der Flächentarifvertrag Soziales kann nur Wirklichkeit werden,
wenn die anderen Wohlfahrtsverbände sich ihm anschließen
können. Das wird nicht gelingen, wenn die Diakonie weiterhin
um zehn bis 30 Prozent höher entlohnt als die Wettbewerber
aus Privatwirtschaft und Wohlfahrtsverbänden. Eine Annäherung der Lohnhöhen ist notwendig.
 Ver.di muss sein Versprechen wahr machen, dass die Beteiligung aller Wohlfahrtsverbände in Niedersachsen am Tarifvertrag Soziales einzig von dem Umstieg der Diakonie auf Tarifverträge abhängt.
Es ist an der Zeit, als Sozialpartner neue Wege zu gehen. Kirchengemäße Tarifverträge sind eine echte Chance des Miteinanders
von Diakonie und Gewerkschaften. Nicht nur die Diakonie ist bei
diesem Wagnis gefordert, auch ver.di muss sich auf eine Sozialpartnerschaft einlassen, die im Interesse aller Beteiligten die
Gesamtverantwortung im Blick hat. Ein Anfang ist gemacht.
Dr. Jörg Antoine
ist stellvertretender Direktor
des Diakonischen Werks
der Landeskirche Hannovers
72 Diakonie 2013 Diakonie und Kirche
Noch nicht eingeführt
und schon veraltet?
Unternehmerische Mitbestimmung in der Diakonie
Haben die Mitarbeitenden der Diakonie eigentlich weniger
Rechte in der Mitbestimmung als ihre Kolleginnen und Kollegen
in den nicht-kirchlichen Betrieben? Die Kirche und die ihr
zugeordnete Diakonie fallen bekanntlich nicht unter das
Betriebsverfassungsgesetz (Paragraph 118 Abs. 2 BetrVG)
An seine Stelle hat die Kirche das Mitarbeitervertretungsrecht
aufgestellt. Nutzt die Kirche diese Möglichkeit der eigenen
Regelung, um Mitarbeitenden Rechte vorzuenthalten? So lautet
zumindest der ständige Vorwurf von ver.di.
Ein Blick in die betriebliche Mitbestimmung entkräftet diesen
Vorwurf schnell: Die Kündigung im kirchlichen Bereich bedarf
der Zustimmung der Mitarbeitervertretung. Dagegen genügt im
Betriebsverfassungsgesetz ein bloßes Anhörungsrecht. Hinzu
kommt die Bildung und Finanzierung von Arbeitsgemeinschaften von Mitarbeitervertretungen über die einzelnen Träger/
Holdings hinaus (zum Beispiel für Niedersachsen). Vergleichbares haben die anderen Wohlfahrtsverbände der Sozialwirtschaft oder gar die Gruppe der privaten Träger nicht.
Der Vorwurf von ver.di zielt deshalb insbesondere auf die
unternehmerische Mitbestimmung, das heißt das Recht zur
Entsendung von Mitarbeitenden in die Aufsichtsräte der Träger.
Denn auch die gesetzlichen Regelungen der unternehmerischen
Mitbestimmung finden bei der Kirche und der ihr zugeordneten
Diakonie keine Anwendung.
Machen die Mitarbeitenden nun die „gleichen Rechte“ geltend,
dann ist nicht viel gefordert. Denn für Körperschaften des
öffentlichen Rechts sehen die staatlichen Gesetze keine Mitbestimmung vor und im privatrechtlichen Bereich sind die karitativen und erzieherischen Tätigkeiten und damit das Arbeitsfeld
von Diakonie und Wohlfahrtspflege von der unternehmerischen
Mitbestimmung ausgenommen. Ausgenommen sind allerdings
auch die Gewerkschaften, Parteien und künstlerischen Vereinigungen. Zudem findet die unternehmerische Mitbestimmung
keine Anwendung auf Vereine und Stiftungen. Das sind immerhin
die Hauptformen der privatrechtlichen Organisation der Diakonie.
Auch sonst ist es mit der unternehmerischen Mitbestimmung
nicht gut bestellt. Im internationalen Vergleich steht Deutschland
mit diesem Modell ziemlich allein da. Transnationale Konzernbildungen verdrängen die unternehmerische Mitbestimmung auch in
der Wirklichkeit deutscher Konzerne immer stärker. Die ideologischen Hochzeiten der unternehmerischen Mitbestimmung der
siebziger Jahre sind längst nüchternen Analysen der Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Industriestandorts gewichen.
Man könnte nun bereits geneigt sein, das Kapitel unternehmerischer Mitbestimmung in der Diakonie zu schließen. Wer setzt
schon auf ein Auslaufmodell? Unternehmerische Mitbestimmung hat die Funktion der Kontrolle von Unternehmensmacht,
Kooperation von Kapital und Arbeit, Abbau von Fremdbestimmung und Verbesserung des Arbeitnehmerschutzes, das heißt
Mitbestimmung bei den Wirtschaftsbedingungen unter denen
Unternehmen geleitet werden. Im besten Fall dient sie auch der
nachhaltigen Unternehmensausrichtung an Stelle kurzfristiger
Profitmaximierung („Schutzschicht vor Heuschrecken“). Von
daher erklärt sich auch, warum karitative, erzieherische,
politische, künstlerische, wissenschaftliche, koalitionsspezifische und religiöse Träger ebenso wie Ideal-Vereine und
Stiftungen generell von der unternehmerischen Mitbestimmung
ausgenommen sind. Bei ihnen dominiert nicht ein Kapital- und
Dividendeninteresse. Diese Träger sind ausgerichtet an einem
ideellen und eben nicht ökonomischen Zweck.
Diakonie 2013 Diakonie und Kirche Einziger Anhaltspunkt für unternehmerische Mitbestimmung in
der Diakonie kann deshalb nur das eigene Selbstverständnis
der Diakonie sein. Der Dienst in der Diakonie ist tätige Nächstenliebe und hat Zeugnischarakter für die Kirche. Wenn
Dienstgeber wie Dienstnehmer diesem Auftrag verpflichtet sind,
dann müssen auch beide Seiten an der Ausrichtung dieses
Auftrags beteiligt sein. Ebenso wie Dienstgeber die Dienstgemeinschaft ermöglichen müssen und nicht anordnen können,
so kann auch der Auftrag nicht einseitig vom Dienstgeber
interpretiert werden. Vielmehr unterstehen diesem Auftrag alle
Dienste der Kirche in gemeinsamer Verantwortung. Gerade in
der evangelischen Kirche – mit dem Priestertum aller Gläubigen –
können und sollen die Mitarbeitenden an der Konkretisierung
dieses Auftrags in diakonischen Einrichtungen auf der Ebene
der Strategiefindung im Aufsichtsrat beteiligt sein.
Die Gewerkschaften fallen als legitimer Anspruchssteller nach
unternehmerischer Mitbestimmung in der Diakonie allerdings
gegenwärtig noch aus. Dazu müssten sie sich erst einmal als
Teil der kirchlichen Dienstgemeinschaft verstehen. Das geht
nicht ohne ein positives Verhältnis zur Kirchenmitgliedschaft.
Doch müssen sich Kirche und Diakonie selbst fragen, warum
sie nicht die Potenziale der Dienstgemeinschaft aktiv für eine
unternehmerische Mitbestimmung der Mitarbeitenden zur
Anwendung bringen. Die Dienstgemeinschaft würde dadurch
gestärkt. Meine persönlichen Erfahrungen mit Mitarbeitenden in
Aufsichtsräten sind positiv. Gerade in der Krise diakonischer
Einrichtungen hat sich die Beteiligung der Mitarbeitenden im
Aufsichtsrat als vorteilhaft für beide Seiten erwiesen. Die
Vertrauensbasis zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer war
stärker, die Mitarbeitenden waren besser informiert und konnten
die Notwendigkeit der unternehmerischen Entscheidungen
besser nachvollziehen. Ich habe auch erlebt, wie die Mitarbei-
73
tenden in einem Aufsichtsrat über eine massive Fehlentwicklung
im Unternehmen, die den Bestand des Unternehmens gefährdet
hätte, rechtzeitig informiert hatten, so dass der gesamte
Aufsichtsrat gegensteuern konnte.
Von den diakonischen Trägern des DWH haben zwei Drittel der
Träger ein eigenes Aufsichtsorgan. In 17 Prozent der Aufsichtsorgane wirken Mitarbeitende im Aufsichtsrat mit; in der Hälfte der
Fälle davon mit Sitz und Stimme. Die Erfahrungen werden überwiegend als positiv bewertet; weiterempfohlen wird die Beteiligung
von Mitarbeitenden im Aufsichtsorgan dagegen eher nicht.
Das kommende Diakonische Werk in Niedersachsen e.V.
(DWiN) setzt auf die positiven Erfahrungen: Im zukünftigen
Aufsichtsrat des DWiN ist eine Beteiligung von zwei Vertretern
der Mitarbeitenden der Diakonie in Niedersachsen mit Sitz und
Stimme vorgesehen. Damit können die Mitarbeitenden mitwirken an der Verantwortung des DWiN für die weitere Entwicklung
der Diakonie in Niedersachsen auf Landesebene.
Dr. Jörg Antoine
ist stellvertretender Direktor
des Diakonischen Werks
der Landeskirche Hannovers
74 Diakonie 2013 Diakonie und Kirche
Kirche ist nicht nur
Dienst um den Altar
Acht Jahre Loyalitätsrichtlinie der EKD
Ein neuer Arzt in einem evangelischen Krankenhaus ist Muslim
und setzt für Sonntagmorgen keine Visite an – weil es Gottesdienstzeit ist. Er ist ganz verwundert, als er erfährt, dass seine
evangelischen Kollegen um diese Zeit Visite machen. Ein
evangelischer Kindergarten hat fast nur noch Kinder mit Migrationshintergrund – vor allem muslimische Kinder. Der Kindergarten überlegt, ob er beim nächsten Mal eine muslimische Erzieher/in einstellen soll. Eine diakonische Einrichtung aus dem
Osten Niedersachsens übernimmt eine Jugendhilfeeinrichtung in
Sachsen-Anhalt, nur zehn Prozent der Belegschaft sind Mitglieder in der Kirche. Ein engagierter junger Akademiker ist als
Zwanzigjähriger aus persönlicher Enttäuschung aus der Kirche
ausgetreten. Um die Stelle als Controller in einer diakonischen
Einrichtung antreten zu können, müsste er wieder in die Kirche
eintreten. Er schwankt und fühlt sich unwohl. Das sind die
praktischen Herausforderungen der Loyalitätsrichtlinie.
Diakonische Einrichtungen wollen und sollen Profil haben. Ihre
Arbeit soll als Dienst der Nächstenliebe, als tätige Verkündigung
der Kirche in Erscheinung treten. Die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter, die Dienstgeber und Dienstnehmer, die Hauptberuflichen und die Ehrenamtlichen, sie alle sollen sich von Christus
selbst berufen fühlen und sich gemeinschaftlich als Dienstgemeinschaft verstehen. Die Kirchen haben dieses Selbstverständnis auch in die staatliche Rechtsordnung vermitteln
können. Die Anti-Diskriminierungsrichtlinie der Europäischen
Union und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz Deutschlands erkennen deshalb an, dass die Kirchen zur Anstellungsbedingung machen können, dass jemand Mitglied in einer
Kirche ist. Was sonst zu Recht unmöglich ist, bei den Kirchen
ist es erlaubt: Die Kirchen sind wie Parteien und Gewerkschaften sogenannte „Tendenzbetriebe“. Sowie Parteien die Parteizugehörigkeit und die Gewerkschaften die Gewerkschaftszugehörigkeit ihrer Angestellten fordern können, so können die
Kirchen die Kirchenzugehörigkeit verlangen. Die sogenannte
Loyalitätsrichtlinie der EKD von 2005 gibt vor, was das in der
Anwendung genau bedeutet: Mitarbeitende in der Leitung,
Verkündigung, Seelsorge oder Unterweisung müssen grundsätzlich in der Kirche sein; andere Stellen können ausnahmsweise mit anderen Personen besetzt werden; wer aus der
Kirche ausgetreten ist, ist für den kirchlichen Dienst ungeeignet.
Kirche, das ist aber nicht nur der Dienst rund um den Altar als
Pfarrerin, Küster oder Organist, sondern auch der Gesamtbereich diakonischer Tätigkeit. In Niedersachsen arbeiten allein
über 50.000 Menschen in diakonischen Einrichtungen. Die
Eingangsbeispiele zeigen, wie schwierig die Einhaltung der
Loyalitätsrichtlinie bei zunehmender Säkularisierung und
religiöser Pluralisierung der Gesellschaft ist. Und als seinerzeit
Frau Özkan als damalige neue Sozialministerin in der Runde der
Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege fragte,
wie bei den Verbänden die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund gelinge, mussten Caritas und Diakonie auf die
Besonderheiten ihres Dienstes hinweisen. Dienstgemeinschaft
wirkt dann wie ein Integrationshemmnis.
Theologen neigen dazu, die sich ergebenden Konfliktlagen
situationsgerecht auflösen zu wollen. Das ist aus seelsorger-
Diakonie 2013 Diakonie und Kirche 75
licher Perspektive gut nachvollziehbar, rechtlich wird es dann
besonders heikel. Denn das Recht braucht Grundsätze und
Leitlinien. Die staatlichen Gerichte wollen wissen, ob die Kirchen
aus ihrem Selbstverständnis heraus so handeln müssen oder
ob sie unberechenbar beziehungsweise willkürlich handeln.
Letzteres wäre als Diskriminierung nicht erlaubt.
verkündigungsfernen Dienste von den Loyalitätsobliegenheiten
aus, gerät der diakonische Dienst schnell zur Zwei-Klassen-Kultur der Dienstgemeinschaft einerseits und der bloß Beschäftigten
andererseits. Zudem verlagern sich damit die Schwierigkeiten,
wenn die Beförderung ansteht. Dann wird die Kirchenmitgliedschaft
zur Pflicht, wenn eine leitende Position vergeben werden soll.
Die Rechtsprechung verpflichtet die Kirchen zwar nicht auf ein
Modell kirchlichen Selbstverständnisses, sie müssen ihr Verhalten allerdings plausibel machen können. Und wie die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20. November 2012
gezeigt hat, ist die Rechtsprechung bereit, dem verfassungsrechtlich garantierten kirchlichen Selbstbestimmungsrecht
einigen Gestaltungsspielraum zuzubilligen. Das Bundesarbeitsgericht verpflichtet die Kirchen nicht dazu, die Dienstgemeinschaft
nur als Gemeinschaft der Kirchenmitglieder zu verstehen. Sie
können den Kreis der Dienstgemeinschaft auf alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diakonischer Unternehmen erweitern.
Die Fortentwicklung der Loyalitätsrichtlinie ist ausgesprochen
schwierig. Die Einzelfallabwägung ist aus den benannten
Gesichtspunkten nicht weiterführend. Wer leichtfertig auf den
Kernbegriff des kirchlichen Arbeitsrechts „Dienstgemeinschaft“
insgesamt verzichten will, der sieht sich schnell im normalen
Arbeitsrecht ohne kirchlichen Bezug wieder. Und was theologisch naheliegend ist – die Taufe wird durch den Kirchenaustritt
nicht widerrufen – ist in der praktischen Konsequenz schwer zu
ertragen. Kann für die Kirche glaubwürdig als von ihr mitfinanzierter Botschafter nach außen auftreten, wer sich ihrer Solidarität
durch Kirchenaustritt entzogen hat? Nimmt man kurzerhand die
Trotz dieser Schwierigkeiten: Eine Revision der Loyalitätsrichtlinie ist unausweichlich. Die Loyalitätsrichtlinie von 2005 ist
rechtlich gut durchdacht und steht in Übereinstimmung mit
europäischem und nationalem Recht. Für die Praxis der
diakonischen Dienste im Jahr 2013 ist die Loyalitätsrichtlinie zu
eng gefasst. Die Praxis muss aber dem Kirchenrecht entsprechen, sonst folgt das, was das Bundesarbeitsgericht beim
Streikverbot im kirchlichen Dienst bereits vorgeführt hat: Es
misst die Kirchen an ihrem eigenen Anspruch. Werden die
Kirchen ihrem eigenen Anspruch nicht gerecht, dann können sie
auch anderen nicht ihre Regeln entgegen halten. Es steht also
an, kirchliche Norm und kirchliche Praxis wieder in Übereinstimmung zu bringen. Mit dieser schwierigen Frage wird sich die
Diakonie Deutschlands intensiv beschäftigen müssen. Das
Diakonisches Werk der Landeskirche Hannovers jedenfalls wird
sich hier weiter engagieren.
Dr. Jörg Antoine
ist stellvertretender Direktor
des Diakonischen Werks
der Landeskirche Hannovers
76 Diakonie 2013 Diakonie und Kirche
Schützenswert
Neuerungen im kirchlichen Datenschutzrecht
Zum 1. Januar 2013 ist die Novelle des Datenschutzgesetzes
der Evangelischen Kirche in Deutschland (DSG EKD) in Kraft
getreten. Das DSG EKD ist eines der wenigen Gesetze, das
die EKD nach Artikel 10 a Abs. 1 der Grundordnung der EKD
für alle Gliedkirchen verbindlich und einheitlich regeln kann.
Der Geltungsbereich umfasst dabei auch die der Kirche
zugeordneten diakonischen Einrichtungen, die es oft mit
besonders sensiblen Patienten- und Sozialdaten zu tun haben.
Die technische Fortentwicklung im Bereich der elektronischen
Datenübermittlung hat im Jahr 2010 zu drei Novellen des
Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) geführt. Das kirchliche
Datenschutzrecht ist gehalten, die technischen und rechtlichen Entwicklungen nachzuvollziehen. Dies hat seinen Grund
darin, dass der Staat den Kirchen die Meldedaten zulässigerweise nur übermitteln darf, wenn bei der Kirche ausreichende
Datenschutzmaßnahmen vorhanden sind.
Seit der letzten Novellierung vom 7. November 2002 hat sich
sowohl im technischen Bereich als auch im rechtlichen
Verständnis für den Datenschutz einiges verändert. Die
Bedeutung des Datenschutzes ist stärker in das Bewusstsein
der Menschen und der Öffentlichkeit gerückt.
Außerdem ist am 9. März 2010 ein Urteil des Europäischen
Gerichtshofs ergangen, das eine Stärkung des Datenschutzes
der Bundesrepublik Deutschland verlangt. In dem Urteil wird
der Bundesrepublik eine nicht mit der EU-Richtlinie übereinstimmende Umsetzung hinsichtlich der Unabhängigkeit und
Eigenständigkeit der Datenschutzaufsicht vorgehalten. Auch
diesen rechtlichen Vorgaben war Rechnung zu tragen.
Darüber hinaus liegt seit dem 25. Januar 2012 ein Vorschlag
der Europäischen Kommission für eine Datenschutz-Grundverordnung vor, die nach ihrer Verabschiedung das nationale
staatliche Datenschutzgesetz ersetzt. Momentan ist geplant,
dass diese Datenschutz-Grundverordnung eine Kirchenklausel enthält, nach der es möglich sein wird, das spezifische
kirchliche Datenschutzrecht beizubehalten, sofern es im
Einklang mit dem Schutzniveau der EU-Verordnung steht.
Vor diesem Hintergrund ist die Novelle, die sich überwiegend am
BDSG orientiert, zu verstehen. Dort, wo kirchliche Besonderheiten
zu regeln waren, wurden eigenständige Regelungen getroffen.
Inhaltlich ist hervorzuheben, dass die Voraussetzungen der
Videoüberwachung in Paragraph 7a DSG EKD zur Hilfestellung der Anwender des kirchlichen Datenschutzrechts
ausführlich geregelt wurden. Eine Videobeobachtung ist nur
Diakonie 2013 Diakonie und Kirche zulässig, soweit sie in Ausübung des Hausrechts der kirchlichen Stelle zum Schutz von Personen und Sachen oder zur
Überwachung von Zugangsberechtigungen erforderlich ist.
Voraussetzung ist, dass keine schutzwürdigen Interessen des
Betroffenen überwiegen. Auf eine Videoüberwachung ist
erkennbar hinzuweisen. Während des Gottesdienstes ist eine
Videoüberwachung weiterhin unzulässig.
Bei der Auftragsdatenverarbeitung wurde in Paragraph 11
Abs. 3 DSG EKD konkretisiert, was in einer Vereinbarung zur
Auftragsdatenverarbeitung geregelt werden muss und damit im
Wesentlichen die Regelung des Bundesdatenschutzgesetzes
übernommen.
Die bisherige Verpflichtung kirchlicher Stellen, eine Verfahrensübersicht gem. Paragraph 14 Abs. 2 DSG EKD zu führen, ist
gestrichen worden. Hier konnte eine wesentliche Straffung zur
Durchführung des Datenschutzes vorgenommen werden. Die
Pflege der bisher in Paragraph 14 Abs. 2 DSG EKD vorgesehenen Übersichten verursachte einen hohen Aufwand, der in
keinem Verhältnis zu dem Einsichtsrecht des Dritten stand.
Hinsichtlich der neuen Regelung zur Rechtsstellung der
Beauftragten für Datenschutz gem. Paragraph 18 DSG EKD,
die die Funktion der Datenschutzaufsicht haben, bildet das
EuGH-Urteil vom 9. März 2010 die Grundlage. Die Beauftragten für Datenschutz sind gemäß Paragraph 18 Abs. 4 DSG EKD
in der Ausübung ihres Amtes an Weisungen nicht gebunden
und nur dem kirchlichen Recht unterworfen. Die Ausübung
des Amtes geschieht in organisatorischer und sachlicher
Unabhängigkeit.
Für diakonische Einrichtungen besteht nach dem novellierten
Paragraph 22 DSG EKD nun eine rechtliche Verpflichtung,
77
einen Betriebsbeauftragten für Datenschutz schriftlich zu
bestellen, wenn in der Regel mehr als neun Personen ständig
mit der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten beschäftigt sind. Personenbezogene Daten sind
Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse
einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person
(Paragraph 2 Abs. 1 DSG EKD), zum Beispiel Name, Geburtsdatum, Adresse, Telefonnummer oder der Gesundheitszustand. Die bisherige Soll-Vorschrift zur Bestellung eines
Betriebsbeauftragten ist damit zu einer Muss-Vorschrift
geändert worden. Die maßgebliche Personenzahl wurde von
sechs auf neun angehoben. Die Betriebsbeauftragten unterstützen die diakonischen Einrichtungen bei der Sicherstellung
des in ihrer Verantwortung liegenden Datenschutzes, zum
Beispiel durch Informationen über datenschutzrechtliche
Fragestellungen und Herausgabe von Musterverträgen.
Das Diakonische Werk der Landeskirche Hannovers bietet
seinen Mitgliedseinrichtungen an, für sie die Aufgaben des
Betriebsbeauftragten für Datenschutz wahrzunehmen. Die
Einrichtungen entrichten dafür einen Sonderbeitrag an das
Diakonische Werk.
Ulrike Nickolaus
ist Datenschutzbeauftragte
im Diakonischen Werk der
Landeskirche Hannovers
78 Diakonie 2013 Diakonie und Geld
Damit das „Wir“ gelingt
Aktion Mensch und Inklusion
Förderprogramm Inklusion
Seit Gründung der „Aktion Sorgenkind“ durch das ZDF und
die Wohlfahrtsverbände im Jahr 1964 hat sich das Verständnis
von Behinderung grundlegend verändert – weg von der
Bedürftigkeitssicht hin zum respektvollen Umgang auf
Augenhöhe. Der neue Name „Aktion Mensch“ spiegelt dies
seit dem Jahr 2000 wider.
Die Aktion Mensch ist nicht nur eine soziale Organisation,
deren Geschichte die Menschen ganz eng mit den LoriotFiguren Wum und Wendelin verbinden, sondern auch ein
Unternehmen mit 260 Mitarbeitenden und einer knappen
halben Milliarde Euro jährlichem Umsatz. Davon fließen mehr
als 50 Prozent zurück ins Gemeinwohl, und zwar in die Bereiche der Förderung, der Aufklärung und als Lotteriesteuer an
den Staat. Die Aktion Mensch unterstützt jeden Monat bis zu
1.000 soziale Projekte für Menschen mit Behinderungen,
Kinder und Jugendliche, Wohnungslose und andere sozial
benachteiligte Menschen. Seit der Gründung sind mehr als drei
Milliarden Euro an gemeinnützige Vorhaben weitergegeben
worden.
Der Erfolg der Aktion Mensch resultiert aus dem engen
Zusammenwirken von Lotterie, Förderung und Aufklärung
unter dem Motto: „Das Wir gewinnt“. Die durch den Losverkauf erzielten Einnahmen ermöglichen nicht nur die Förderung
von sozialen Projekten, sondern auch von Kampagnen und
Aktionen, die den Gedanken der Inklusion in die Gesellschaft
tragen und die Menschen für ein gleichberechtigtes Miteinander sensibilisieren. Die Mitspieler der größten deutschen
Soziallotterie – 4,6 Millionen Menschen nehmen regelmäßig
teil – wiederum wissen, dass sie mit dem Los nicht nur für
sich persönlich etwas gewinnen können, sondern gleichzeitig
viele wichtige soziale Projekte unterstützen.
Unter Inklusion versteht die Aktion Mensch, dass jeder Mensch
vollständig und gleichberechtigt an allen gesellschaftlichen
Prozessen teilhaben kann – und zwar von Anfang an und
unabhängig von seinen individuellen Fähigkeiten, seiner
Herkunft, seines Geschlechts oder seines Alters. Die Aktion
Mensch hat zur Forcierung der Inklusion seit 2011 zwei
spezielle Förderprogramme aufgelegt.
Das Förderprogramm Inklusion fördert
 vorbereitende Aktivitäten zur Planung eines Inklusionsprojektes mit bis zu 15.000 Euro für bis zu 12 Monate und
 die Umsetzung inklusiver Projekte mit bis zu 250.000 Euro
für bis zu 36 Monate.
Die Förderhöhe beträgt jeweils maximal 70 Prozent der
förderfähigen Personal-, Honorar- und Sachkosten plus 20
Prozent Verwaltungskostenpauschale. Eine wesentliche
Voraussetzung für die Förderung ist die Vernetzung eines
Trägers der Behindertenhilfe mit mindestens zwei Partnern
aus unterschiedlichen Verbänden, wobei ein Partner außerhalb
der Behindertenhilfe wie zum Beispiel in Wirtschaft, Sport und
Kultur aktiv ist. Außerdem sind die Menschen mit Behinderungen an den Projekten aktiv zu beteiligen. Förderfähig sind
Projekte in den Bereichen Bildung, Arbeit, Freizeit, Wohnen und
Barrierefreiheit. Ein Beispiel ist der Aufbau eines Netzwerkes für
eine inklusive Stadtteilentwicklung zusammen mit der Gemeinde.
Ein Vernetzungsforum dient dazu, die passenden Partner zu
finden, das Interesse für Inklusion vor Ort zu wecken und
Wissen auszutauschen. Seit 2011 hat die Aktion Mensch
bundesweit 139 Planungsaktivitäten und 20 Inklusionsprojekte gefördert.
Aktion Meansch/Inklusionskampagne 2012
Förderaktion „Miteinander gestalten“
Das Wir gewinnt
Dieses Programm bezuschusst Sach- und Honorarkosten für
kleinere Projekte gemeinnütziger Träger mit bis zu 4.000 Euro
für die Dauer von einem Tag bis zu einem Jahr. Bei dieser
Aktion geht es darum, dass Menschen mit und ohne Behinderungen gemeinsam aktiv werden. Gefördert werden auch
Projekte, die für, mit und im besten Fall auch von Kindern und
Jugendlichen selbst gestaltet werden – in den Bereichen
Bildung und Beteiligung, Chancengleichheit und Perspektiven, Zukunft und Gemeinschaft. Im Gegensatz zu allen
anderen Fördertöpfen der Aktion Mensch werden bei dieser
Förderaktion keine Eigenmittel benötigt. Bisher wurden schon
mehr als 2.000 Anträge mit einer Fördersumme von rund
sieben Millionen Euro durch die Aktion Mensch bezuschusst.
Es ist unbestritten, dass die Umsetzung von Inklusion Geld
kostet. Unbestritten ist auch, dass sich jede Investition in
Inklusion lohnt, und sei sie noch so klein. Denn von einer inklusiven Gesellschaft profitieren alle Menschen: Menschliche Vielfalt
macht den gesellschaftlichen Reichtum aus, denn Menschen
sind es, die das Wohl einer Gesellschaft in allen Lebensbereichen
prägen. Die Frage des Geldes ist aber nur ein Teilbereich der
Thematik Inklusion. Kreative und innovative Ideen zur Inklusion
sind gefragt. Und mindestens genauso wichtig ist die Bereitschaft der Gesellschaft, sich auf Inklusion einzulassen. Ein
Umdenken in den Köpfen aller Menschen ist ein erster Schritt,
um Veränderungen – sei es im Bildungssystem, in der Politik oder
in der Arbeitswelt – anzustoßen. Jeder Einzelne kann seinen
Beitrag zur Inklusion leisten, damit „das Wir gewinnt“.
Weitere Details zu den Förderprogrammen Inklusion, zur
Antragstellung und zu bereits bezuschussten Fallbeispielen hält
die Homepage der Aktion Mensch unter www.aktion-mensch.de
bereit. Für die Mitglieder der Diakonie steht das jeweils zuständige Diakonische Werk als Ansprechpartner zur Verfügung.
Susanne Jünke-Mielke
ist Referentin für Betriebswirtschaft im Diakonischen Werk
der Landeskirche Hannovers
80 Diakonie 2013 Publikationen
Publikationen
Die kostenpflichtigen Publikationen sind erhältlich bei Angela Neetz,
Telefon 0511/3604-286, E-Mail: [email protected]
in Niedersachsen
Tageseinrichtungen für Kinder
Das Kind im Mittelpunkt –
Grundsätze für die Arbeit in evangelischen
Kindertagesstätten
Handbuch Qualitäts­management –
Leitfaden für die Einrichtung eines
Qualitätsmanagement-Systems in
Kindertageseinrichtungen (QMSK ®)
Das Kind im Mittelpunkt –
Arbeitshilfe für evangelische
Kindertagesstätten nach den
Grundsätzen 06/2010
Handbuch Qualitätsmanagement –
Leitfaden für die Einrichtung eines
Qualitätsmanagement-Systems in
Einrichtungen der Jugendberufshilfe
(QMSJ ®)
Gott in der Krippe –
Religiöse Bildung von Anfang an
Leitlinie Schmerzmanagement in der Pflege
Beflügeln und verwurzeln –
religionspädagogische Arbeitshilfe
Arbeitsvertragsrichtlinien
(AVR-K)
Das Kind im Mittelpunkt
Grundsätze für
die Arbeit in
evangelischen
Kindertagesstätten
L
GE I SC
A
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H
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K I
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Diakonisches Werk der
Ev.-luth. Landeskirche
Hannovers e.V.
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G A R
Broschüre Grundsätze KiTa RZ.indd 1
05.05.2011 12:36:01 Uhr
in Niedersachsen
Tageseinrichtungen
für Kinder
A
N
N
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N
E V
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D
Arbeitsgrundsätze KiTa RZ.indd 1
L
GE I SC
H
Diakonisches Werk der
Ev.-luth. Landeskirche
Hannovers e.V.
Das Kind im
Mittelpunkt
E
Arbeitshilfe für
evangelische
Kindertagesstätten
nach den Grundsätzen 06/2010
T
E R
G A R
23.05.12 14:22
in Niedersachsen
Zeit satt.
Jesus hatte Gott im Bauch –
Posterserie mit Kinderzitaten zu Gott
und der Welt
Worte der Bibel
und Gedanken
zum Thema Zeit
Zeit satt –
Worte der Bibel und Gedanken zum
Thema Zeit
Diakonie 2013 Publikationen 81
Mitarbeitervertretungsgesetz der
Konförderation Evangelischer Kirchen in
Niedersachsen
Worte der Hilfe
Kostenlose Publikationen erhalten Sie über die jeweils angegebenen Fachreferate.
Woche der Diakonie
2013
Anregungen für die
Gemeindearbeit
Diakonie
in Niedersachsen
www.woche-der-diakonie.de
in Niedersachsen
Unser Leistungskatalog
Mit Unterschieden leben
Diakonie
Woche der Diakonie 2013 –
Anregungen für die Gemeindearbeit
Zu beziehen über
[email protected]
Telefon 0511/3604-286
Was wir können
Unser Leistungskatalog
Menschlichkeit braucht Ihre Unterstützung.
Diakonie.
Diakonisches Werk
der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers e.V.
Ebhardtstr. 3 A
30159 Hannover
Telefon 05 11 - 36 04 - 0
Telefax 05 11 - 36 04 - 108
E-Mail [email protected]
Internet www.diakonie-hannovers.de
Was wir können
Mit Unterschieden leben
Diakonisches Werk der
Ev.-luth. Landeskirche
Hannovers e.V.
Was wir können – Unser Leistungskatalog
Zu beziehen über
[email protected]
Telefon 0511/3604-286
Erste Hilfe bei Überschuldung –
Soziale Schuldnerberatung
Zu beziehen über
[email protected]
Telefon 0511/3604-238
Mit wenig Geld den Haushalt managen –
eine Handreichung
Zu beziehen über
[email protected]
Telefon 0511/3604-236
Unverzichtbar –
Diakonische Beratungsarbeit in der Ev.-luth.
Landeskirche Hannovers
Zu beziehen über
[email protected]
Telefon 0511/3604-238
„Im Mittelpunkt: Familien(zentren)!
Zu beziehen über
[email protected]
Telefon 0511/3604-236
Seminare und Fortbildungen
für Alleinerziehende 2013
Zu beziehen nur noch im Downloadbereich
www.diakonie-hannovers.de/pages/presse/
publikationen/aktuelle-publikationen/index.html
12 Standards für das Ehrenamt –
Checkbögen und Material
Zu beziehen über
[email protected]
Telefon 0511/3604-291
in Niedersachsen
Seminare und Fortbildungen
für Alleinerziehende
2013
Diakonie für
Menschen
Diakonisches Werk
der Ev.-luth.
Landeskirche
Hannovers e.V.
82 Diakonie 2013 Publikationen
Aus- und Fortbildungen 2013
Seitenthema
Mitgliederverzeichnis und Angebotsstruktur
des Fachverbandes Diakonische
Behindertenhilfe in Niedersachsen
Zu beziehen über
[email protected]
Telefon 0511/3604-209
Spenderinfo
Zu beziehen über
[email protected]
0511/3604-267
ELAS – Aus- und Fortbildungsangebote 2013
Zu beziehen über
[email protected]
Telefon 0511/3604-288
Sammeln schenkt Freude · Tipps für Aktive
Zu beziehen über
[email protected]
Telefon 0511/3604-286
1
in Niedersachsen
Aus- und
Fortbildungsangebote
2013
Diakonie für
Menschen
Evangelische
Landesarbeitsgemeinschaft für
Suchtfragen in
Niedersachsen
05.02.13
05.02.13
Einführungsveranstaltung
für neue Mitarbeitende in evangelischen Tageseinrichtungen
für Kinder
07.02.13
09.02.13
Weiterbildung
Krippenberaterin II – Block VIII
07.02.13
08.02.13
Entwicklungsbegleitung konkret
-Wahrnehmen – Verstehen –
Unterstützen – Teil 2
Von
Bis
Titel der Veranstaltung
06.03.13
11.03.13
06.03.13
Schulung von ReferentInnen
für Einführungsveranstaltungen für
neue Mitarbeitende in evangelischen
Tageseinrichtungen für Kinder
06.03.13
Sprachbildung und
Sprachförderung –
Modul 3
13.03.13
„Das nichts bleibt, das
nichts bleibt wie es war…“
Vom Umgang mit
Veränderungen
Kirchenamt
Hildesheim
18.02.13
18.02.13
„Auf die Leitung kommt es an“ –
Coachingtag
DW
HVHS
Rastede
11.03.13
11.03.13
In stressigen Zeiten die Lebensqualität erhalten... und selbstverantwortlich auf die eigene
Gesundheit achten – Teil 1
22.02.13
DELFI-Plus – Baustein 5
Ostf
Aurich
11.03.13
11.03.13
Einführungsveranstaltung
für neue Mitarbeitende in evangelischen Tageseinrichtungen
für Kinder
Wer?
Ort
DW Diakonisches
Werk
Hannover
Von
Bis
Titel der Veranstaltung
11.04.13
12.04.13
DELFI-Plus – Baustein 7
16.04.13
Sammelsurium – Entdecken –
Erfinden – Gestalten – Teil 1
15.04.13
Auf einmal ist alles anders: „Der
Umgang mit Tod und Trauer in der
Kita“ – Religionspädagogischer
Fachtag KK Hildesheim-Sarstedt
Lü
LudwigHarms-Haus,
Hermannsburg
15.04.13
DW
Lutherheim
Springe
15.04.13
Gö
Göttingen
16.04.13
Einführungsveranstaltung
für neue Mitarbeitende in evangelischen Tageseinrichtungen
für Kinder
17.04.13
Fotoseminar: Beobachten und
dokumentieren kindlicher Entwicklung I – Fotografieren,
Kameratechnik, Bildarchivierung
Von
Bis
Titel der Veranstaltung
Aurich
25.04.13
26.04.13
Eltern und Erzieher im Dialog –
Stärkung der Erziehungspartnerschaft durch Videobegleitung –
Teil 2
Ostf
Aurich
Gö
Göttingen
29.04.13
30.04.13
Langzeitfortbildung
„Kinder bis Drei –
Geborgen und frei“ –
Teil 3
Gö
Göttingen
03.06.13
Hi
Lutherheim
Springe
02.05.13
03.05.13
Einführung in die kollegiale Beratung…
Oder eine kleine Gebrauchsanweisung
für gegensetitige Unterstützung in
schwierigen Berufssituationen – Teil 1
Gö
Göttingen
03.06.13
03.05.13
„Ich halte mal an...“ –
Die berufliche Entwicklung
im Blick behalten – Teil 3
Gö
Göttingen
03.05.13
DELFI-Plus –
Kolloquium und
Zertifikatsübergabe
Ostf
Ort
Ort
Von
Bis
Titel der Veranstaltung
29.05.13
29.05.13
Sprachbildung und
Sprachförderung –
Modul 4
Lü
LudwigHarms-Haus,
Hermannsburg
05.06.13
SGB IX/XII – heilpäd. Handeln /
Milieu
DW
Lutherheim
Springe
04.06.13
Jahrestagung PM-Mentorinnen
DW
Lutherheim
Springe
Ort
Göttingen
03.06.13
Sammelsurium – Entdecken – Erfinden – Gestalten – Teil 2
Gö
04.06.13
07.06.13
Werkstattgespräche
„Religionspädagogin für
Leitungen“
August
DW RPI Loccum
01.03.13
Einführung in die
Religionspädagogik
DW
RPI
Loccum
12.03.13
12.03.13
Einführungsveranstaltung
für neue Mitarbeitende in
evangelischen Tageseinrichtungen
für Kinder
Gö
Göttingen
22.04.13
24.04.13
Sprachliche Entwicklung bis
zum dritten Lebensjahr und
wie wir diese in der Krippe
unterstützen können
DW
noch offen
08.05.13
08.05.13
"Zufrieden und optimistisch
lebt es sich gesünder...“ –
Erinnern und Auffrischen
Gö
Göttingen
04.06.13
06.06.13
Den richtigen Ton treffen… und
konstruktiv Kritik äußern und annehmen – ein Kunst,
die erlernbar ist – Teil 1
Gö
Göttingen
DW Diakonisches
Werk
Hannover
25.02.13
25.02.13
Präsentationsveranstaltung
der Langzeitfortbildung 2012:
„Kinder bis Drei –
Geborgen und frei“
Gö
Göttingen
14.03.13
15.03.13
Kolloquium Kindergarten –
Performative Religionspädagogik
– auch ein Modell für
evangelische Kitas!?
DW RPI Loccum
23.04.13
23.04.13
In stressigen Zeiten die Lebensqualität erhalten… und selbstverantwortlich auf die eigene
Gesundheit achten – Teil 2
Gö
Göttingen
13.05.13
15.05.13
Langzeitfortbildung
für Leitungskräfte
Kurs K – 5. KA.
DW
Lutherheim
Springe
05.06.13
05.06.13
Einführungsveranstaltung
für neue Mitarbeitende in
evangelischen Tageseinrichtungen
für Kinder
Lü
Jugendherberge
Lüneburg
Lü
Missionarisches
Zentrum
Hanstedt I
14.03.13
DW Landesturnschule Melle
13.05.13
RPI
Loccum
07.06.13
21.02.13
Ostf
Aurich
16.04.13
Lü
Missionarisches Zentrum Hanstedt I
Sta
Tagungshaus
„Die Freudenburg",
Bassum
03.05.13
Ostf
Aurich
Fortbildungsprogramm 2013
Zu beziehen über
[email protected]
Telefon 0511/3604-253
Gö
Göttingen
26.02.13
27.02.13
Gesunderhaltung am
Arbeitsplatz I
15.03.13
DELFI-Plus – Baustein 6
Ostf
24.04.13
Bewegung als Brücke zum
Lernen – Langzeitfortbildung
Psychomotorik – Block 1
17.05.13
Religionspädagogische
Langzeitfortbildung –
Kurs R – 4. KW.
DW
Osn
Barnstorf
27.02.13
28.02.13
Umgang mit Problemen und
Konflikten im Hortalltag –
eine Chance sich weiter zu
entwickeln
Gö
Göttingen
04.04.13
06.04.13
Weiterbildung
Krippenberaterin II – Block IX
DW
Lutherheim
Springe
23.04.13
23.04.13
Kindeswohlgefährdung
SGB VIII §8a
Lü
LudwigHarms-Haus,
Hermannsburg
13.05.13
14.05.13
Führen und Leiten in
Veränderungsprozessen –
Teil 1
Ostf
Gö
Göttingen
28.02.13
01.03.13
Resilienz – Darf es auch noch
etwas mehr sein?
DW
CVJM
City-Hotel
Hannover
04.04.13
04.04.13
„Kindeswohl schützen –
Umgang mit § 8a SGB VIII“ –
Studientag für Kita-Teams
Hi
Kirchenamt
Hildesheim
23.04.13
23.04.13
Einführungsveranstaltung
für neue Mitarbeitende in evangelischen Tageseinrichtungen
für Kinder
Osn
Osnabrück
14.05.13
15.05.13
Fotoseminar: Beobachten und
dokumentieren kindlicher Entwicklung II –
Fotobearbeitung mit PSE 10
Gö
Dornum
22.04.13
03.06.13
Wer?
25.02.13
HVHS
Rastede
03.05.13
Wer?
Göttingen
Hi
DW
16.04.13
Wer?
2012
07.06.13
„Ich halte mal an...“ –
Die berufliche Entwicklung
im Blick behalten –
Teil 4
Gö
Göttingen
Aurich
13.06.13
14.06.13
„Krippenarbeit“
was nun? – tun! II
DW
Lutherheim
Springe
Sta Tagungshaus
13.06.13
14.06.13
Entwicklungsbegleitung
konkret – Wahrnehmen –
Verstehen – Unterstützen –
Teil 2
Gö
Göttingen
Osn Haus der Kirche,
Osnabrück
13.06.13
13.06.13
Gesunderhaltung am
Arbeitsplatz II
Lü
Missionarisches
Zentrum
Hanstedt I
13.06.13
13.06.13
Führen und Leiten in
Veränderungsprozessen
(KK Diepholz, Syke-Hoya)
Osn
noch offen
14.06.13
Eltern und Erzieher im Dialog –
Stärkung der Erziehungspartnerschaft durch Videobegleitung –
Teil 3
Ostf
Aurich
„Die Freudenburg",
Bassum
Osn
Osnabrück
01.03.13
01.03.13
„Ich halte mal an...“ –
Die berufliche Entwicklung
im Blick behalten – Teil 1
Gö
Göttingen
05.04.13
05.04.13
„Ich halte mal an...“ –
Die berufliche Entwicklung
im Blick behalten –
Teil 2
Gö
Göttingen
24.04.13
26.04.13
Religion für die Kleinsten –
Religionspädagogik für Kinder
von 0 bis 3 Jahren
DW
RPI
Loccum
22.05.13
22.05.13
Führen und Leiten in Veränderungsprozessen (KK Osnabrück,
Bramsche, Melle-GM-Hütte)
DW
Lutherheim
Springe
04.03.13
05.03.13
Langzeitfortbildung
„Kinder bis Drei –
Geborgen und frei“ –
Teil 2
Gö
Göttingen
09.04.13
11.04.13
Mit Eltern im Gespräch sein...
und eine partnerschaftliche
Zusammenarbeit gestalten –
Teil 1
Gö
Göttingen
24.04.13
25.04.13
Entwicklungsbegleitung
konkret – Wahrnehmen –
Verstehen – Unterstützen –
Teil 1
Gö
Göttingen
23.05.13
23.05.13
In stressigen Zeiten die LebensGö
qualität erhalten... und selbstverHerausgeber:
antwortlich auf die eigene GeDiakonisches
der Ev.-luth.
sundheit
achten – Teil Werk
3
Gö
Göttingen
04.03.13
04.03.13
Einführungsveranstaltung
für neue Mitarbeitende in
evangelischen Tageseinrichtungen für Kinder
Ostf
Aurich
11.04.13
12.04.13
„Krippenarbeit“
was nun? – tun! I
DW
Lutherheim
Springe
24.04.13
24.04.13
Einführungsveranstaltung
für neue Mitarbeitende im
kirchlichen Dienst
Osn
Osnabrück
28.05.13
28.05.13
Weiterbildung Krippenberaterin II
Ebhardtstraße 3A
– Wissensportal-Schulung
Impressum:
Brot für die Welt
30159 Hannover
Göttingen
Landeskirche Hannovers
DW Stephansstift
Hannover
13.06.13
Brot für die Welt 2012/2013
Der ewigen Dürre trotzen
www.brot-für-die-welt.de/hannovers
Land zum Leben – Grund zur Hoffnung
Einstieg in Bildungs- und
Lerngeschichten
Ort
Einführungsheft
Einführungsveranstaltung
für neue Mitarbeitende in
evangelischen Tageseinrichtungen
für Kinder
06.02.13
06.03.13
Aurich
Inhaltsverzeichnis
Langzeitfortbildung
„Kinder bis Drei –
Geborgen und frei“ –
Teil 1
30.01.13
04.02.13
RPI
Loccum
Ostf
Informationen über das Projekt:
30.01.13
30.01.13
Wer?
Beschreibung des Projektes im Projektmagazin
29.01.13
Göttingen
DW
Eltern und Erzieher im Dialog –
Stärkung der Erziehungspartnerschaft durch Videobegleitung –
Teil 1
Der ewigen Dürre trotzen
Reflexionstreffen der ReferentInnen
für Einführungsveranstaltungen für
neue Mitarbeitende in evangelischen Tageseinrichtungen für Kinder
Gö
Religionspädagogische
Langzeitfortbildung –
Kurs R – 3. KW.
15.02.13
Informationen über Projekt, Land und Leute
29.01.13
AG Sprachförderkräfte – Teil 1
15.02.13
14.02.13
Gemeindebriefvorlage
29.01.13
Ort
1.
„Es wird alles anders bleiben“ –
Die offene Arbeit in
Veränderungsprozessen
08.02.13
11.02.13
Aurich
Projektfotos (Beschreibungen unter Eigenschaften)
„Auf die Leitung kommt es an“
3. Modul
Titel der Veranstaltung
08.02.13
Göttingen
Powerpoint Präsentation
Einführungsveranstaltung
für neue Mitarbeitende in
evangelischen Tageseinrichtungen
für Kinder
23.01.13
Bis
Lutherheim
Springe
Gö
Anregungen für eine Spielekette zum Projekt
17.01.13
22.01.13
21.01.13
Von
DW
Ostf
2.
17.01.13
21.01.13
Wer?
Titel: (c) Christoph Püschner/Brot für die Welt.
DELFI-Plus – Baustein 4
Graphik
Entwicklungsbegleitung konkret
-Wahrnehmen – Verstehen –
Unterstützen – Teil 1
Graphische Vorlagen
Langzeitfortbildung für
Leitungskräfte Kurs K – 4. KA.
18.01.13
Eindruck-Plakate
Titel der Veranstaltung
18.01.13
17.01.13
Plakatmotive
Diakonisches Werk
der Ev.-luth.
Landeskirche
Hannovers e. V.
Bis
18.01.13
17.01.13
Thema: Ernährung
Qualität
Qualifizierung
Fortbildung
Von
Ideen und Unterrichtsbausteine
Fortbildungen
2013
Fortbildungen 2013
14.01.13
3.
in Niedersachsen
4.
Geschäftsstelle im
Diakonisches Werk
der Ev.-luth.
Landeskirche
Hannovers e.V.
Verantwortung für das Schicksal
früherer Heimkinder übernehmen
Zu beziehen über
[email protected]
Telefon 0511/3604-267
CD-Rom und alle weiteren Materialien zu
Brot für die Welt
Zu beziehen über
[email protected]
Telefon 0511/3604-109
Diakonie 2013 Zahlen und Fakten 83
Eine lohnende Sache
Mitgliedsbeiträge und Fördermittel im direkten Vergleich
Die Mitgliedschaft im Diakonischen Werk ist verbunden mit
einem Mitgliedsbeitrag. Im Jahr 2012 war dies ein Betrag in
Höhe von insgesamt rund 1,21 Millionen Euro. Der Mitgliedschaftsbeitrag trägt mit rund 16,6 Prozent zur Geschäftsstellenfinanzierung bei.
Die Mitgliedschaft im Diakonischen Werk ist mit einer Vielzahl
von Vorteilen für die Mitglieder verbunden. Diese können ihre
Gemeinnützigkeit von der Mitgliedschaft in einem Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege ableiten, zum Beispiel
Umsatzsteuerbefreiungen. Sie nehmen teil am Vorrang der
Freien Wohlfahrtspflege (Subsidiaritätsprinzip), können
Landesrahmenverträgen beitreten, an Schiedsstellen mitwirken und anderes mehr.
Fördermittel 2012
Auch im direkten finanziellen Vergleich haben die Mitgliedseinrichtungen mit ihrer Mitgliedschaft erhebliche Vorteile. Die
Mitglieder haben in der Summe im Jahr 2012 aufgrund ihrer
Mitgliedschaft Förderungen in Höhe von rund 12,77 Millionen
Euro erhalten können. Im Schnitt ergab sich damit für 1,- Euro
Mitgliedschaftsbeitrag eine Förderung von rund 10,60 Euro.
Neben den oben aufgeführten Fördermitteln, die Sie über das
Diakonische Werk für ihre örtlichen Maßnahmen erhalten, hat
das Landeskirchenamt über das Finanzausgleichsgesetz
(FAG) die diakonische Arbeit für die Suchtberatung und für
die Ehe-, Lebens- und Erziehungsberatung im Haushaltsjahr
2012 mit 3,59 Millionen Euro gefördert. Diese Mittel sowie die
Förderung der Arbeit der Kindertagesstätten mit rund 21
Millionen Euro unterstützten die diakonische Arbeit vor Ort in
erheblicher Weise.
Mitgliedsbeiträge 2012
5,0%
9,4%
 Landeskirchliche
15,3%
52,8%
Zuschüsse 6,74 Millionen Euro
 Soziallotterie 3,44 Millionen Euro
 Konzessionsabgaben 1,95 Millionen Euro
26,9%
 Kollekten 642.000 Euro
 Mitgliedsbeiträge 1,21 Millionen
entspricht ca. 9,4 Prozent der
Fördermittel
84 Diakonie 2013 Zahlen und Fakten
Zahlen und Fakten
Die Diakonie ist der soziale Dienst der Evangelischen Kirche. In über 3.000
Einrichtungen und Diensten leistet das Diakonische Werk der Ev.-luth. Landeskirche
Hannovers e.V. seine Arbeit in enger Kooperation mit der Landeskirche.
Das Diakonische Werk hat 440 Mitglieder.
Die Schwerpunkte
Kinder und Jugendliche
Gesundheit, Pflege und Rehabilitation
625 Kindergärten in evangelischer Trägerschaft mit rund
47.600 Kindern, davon 180 Gruppen für Kinder mit Behinderungen (integrative Gruppen) und 4 Kindergärten mit
Einzelintegration sowie 2.600 Krippenplätze in 174 Krippengruppen. Des Weiteren gibt es 87 Kinderspielkreise mit
2.175 Plätzen. Insgesamt sind rund 9.500 Mitarbeitende in
den evangelischen Kindergärten beschäftigt. Das Diakonische Werk ist für die Fachberatung und Fortbildung der
pädagogischen Fachkräfte und Träger zuständig.
139 Altenheime und Altenpflegeheime mit 11.524 Plätzen
44 Jugendhilfe-Einrichtungen für 2.550 Kinder und Jugendliche (in stationären Einrichtungen und Tagesgruppen)
sowie rund 1.000 Kinder, Jugendliche und deren Familien in
ambulanten Betreuungsmaßnahmen
12 Evangelische Krankenhäuser mit ca. 3.000 Betten und
8.000 Mitarbeitenden
18 Jugendwerkstätten mit 1.400 betreuten Jugendlichen im
Jahr 2012
1.250 Selbsthilfegruppen und -initiativen mit 44.000
Mitgliedern
260 Einrichtungen und Dienste für Menschen mit
Behinderungen mit ca. 20.000 ambulanten, teilstationären
und stationären Angeboten
Die Diakonie und Kirchenkreise unterhalten zusammen
105 Diakonie-Sozialstationen (ambulante Pflegedienste)
und 29 Tagespflegeeinrichtungen
4 stationäre Hospize
Die Diakonie in Niedersachsen e.V. ist der größte
Wohlfahrtsverband in Niedersachsen.
Diakonie 2013 Zahlen und Fakten 85
In der Diakonie der hannoverschen Landeskirche sind rund
40.000 Menschen beschäftigt,
mehr als 20.000 engagieren sich ehrenamtlich.
Offene soziale Arbeit
49 Diakoniegeschäftsstellen (in allen Kirchenkreisen der
Landeskirche)
Angebote der offenen sozialen Arbeit in Trägerschaft von
Kirchenkreisen, Kirchengemeinden oder Vereinen:
68 Beratungsstellen der allgemeinen sozialen Beratung
sowie Kurvermittlung
47Schuldnerberatungsstellen
31 Ehe-, Lebens- und Erziehungsberatungsstellen
47 staatlich anerkannte Schwangerschaftskonflikt­
beratungsstellen
21 Selbsthilfegruppen und Treffpunkte für Alleinerziehende
13Bahnhofsmissionen
3Müttergenesungskureinrichtungen
25 Fachstellen für Sucht und Suchtprävention mit
20 Nebenstellen
5 Anlaufstellen für Straffällige
3 Suchtselbsthilfeverbände mit insgesamt mehr als
200 Selbsthilfegruppen
37 Migrationsfachdienste mit folgenden Angeboten:
- Jugendmigrationsdienst
- Migrationserstberatung
- Integrationsberatung
- Flüchtlingsberatung
- Diakonische Projekte
31 „wellcome“-Standorte in Niedersachsen: Praktische
Hilfen für Familien nach der Geburt eines Kindes
80 Beratungsstellen und Tagesaufenthalte sowie
30 Einrichtungen und Wohngruppen mit zusammen
bis zu 2.400 betreuten Wohnplätzen für Menschen in
besonderen sozialen Schwierigkeiten (Wohnungslose,
Obdachlose, Straffällige)
Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) und Bundesfreiwilligendienst (BFD) im Jahrgang 2012/2013
Im Freiwilligen Sozialen Jahr: Vermittlung, Beratung und
Begleitung von 336 jungen Menschen zwischen 16 und 27
Jahren in 136 Einsatzstellen
Im Bundesfreiwilligendienst: Vermittlung, Beratung und
Begleitung von 265 jungen Menschen zwischen 16 und 27
Jahren in 102 Einsatzstellen
Darüber hinaus wurden im Bundesfreiwilligendienst 13
Personen, die älter als 27 Jahre waren, in 13 Einsatzstellen
eingesetzt und begleitet.
Insgesamt wurden 110 einwöchige Bildungsseminare in
22 Seminargruppen durchgeführt.
Von den Kirchensteuern 2012 wird rund jeder zehnte Euro
für diakonische Zwecke ausgegeben, insgesamt weit
mehr als 40 Millionen Euro.
Darüber hinaus findet Diakonie in vielfältiger Weise in den
Kirchengemeinden statt:
zum Beispiel in Besuchsdiensten, bei Brot für die Welt,
in Hospizgruppen, in der Arbeit mit jungen, alten und
kranken Menschen sowie in vielfältigen Projekten zur
Bekämpfung der Kinderarmut.
Stand: 07/2013
86 Diakonie 2013 Zahlen und Fakten
Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung 2012
Bilanz
Aktiva
Anlagevermögen
Umlaufvermögen
Rechnungsabgrenzung
2012
2011
4.702.821,32 4.661.663,55
13.184.694,65
12.188.728,23
16.488,17 33.531,87
Summe
17.904.004,14 16.883.923,65
Gewinn- und Verlustrechnung
Erlöse/Erträge
Zuschüsse/Zuweisungen
8.486.802,17 7.913.492,65
Spenden/Kollekten/Sammlungen
1.499.297,821.275.365,49
Mitgliederbeiträge
1.205.828,44
Sonstiges
1.870.368,561.711.321,10
1.130.994,15
Summe
13.062.296,99 12.031.173,39
Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit
253.949,20
Finanzergebnis
148.156,70127.916,26
Jahresüberschuss
402.105,90417.559,89
Entnahmen aus den Rücklagen
100.606,31
118.259,63
-502.712,21
-535.819,52
Einstellung in die Rücklagen
Bilanzgewinn
289.643,63
0,000,00
Diakonie 2013 Zahlen und Fakten Passiva
2012
Eigenkapital
Sonderposten aus Investionszuschüssen
220.142,88
231.187,28
98.690,14 98.690,14
Sonderposten für noch nicht aufwandswirksam
verwendete Spenden und Kollekten
554.036,81
Rückstellungen
510.668,73
1.176.075,49765.352,49
Verbindlichkeiten
10.197.401,7610.017.454,85
Rechnungsabgrenzung
2011
5.651.442,065.249.336,16
Hilfsfonds
87
6.215,00 11.234,00
Summe
17.904.004,1416.883.923,65
Kosten
Personal
5.274.173,254.845.315,92
Abschreibungen
155.790,05 116.207,29
Aufwendungen für wohlfahrtspflegerische Zwecke
2.577.045,39
Beiträge
2.817.216,79
376.440,27 376.135,79
Zuschüsse, Einzelhilfen
110.715,04
186.211,61
Sonstiges
3.119.561,642.784.970,26
Summe
Spenden/Kollekten
11.613.725,6411.126.057,66
Anteil am
Gesamtergebnis
20122011
2012
Anteil am
Gesamtergebnis
2011
Kollekten
875.824,70
21,51579.894,44
14,18
DIAKONIEHilfe
182.379,37
4,48227.742,54
5,57
Diakoniesammlung
0,00
0,0015.207,29
0,37
Landesk. Haussammlung
0,00
0,00
3.038,71
0,08
2.933.879,18
72,05
2.774.726,09
67,87
79.859,49
1,96
487.622,58
11,93
Brot für die Welt
Diakonie Katastrophenhilfe
Summe
4.071.942,74
1004.088.231,65
100
88 Diakonie 2013 Organigramm
Diakonisches Werk
der Ev.–luth. Landeskirche Hannovers e.V.
Telefon: 05 11 - 36 04 + Durchwahl
Zentrale: 05 11 - 36 04 - 0
Stand: Juli 2013
Führungsprozesse
Vorstand 1
Grundlagen
Ziele
Konzepte
Strategien
Direktor
Dr. Christoph Künkel. . . . . . . . . . . . . . . . . . -271
Assistenz
Diakonische Theologie
Sekretariat:
Sabine Hübner. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -207
Sven Quittkat. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -402
bei Führungsprozessen
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leitung: Sven Quittkat. . . . . . . . . . . . . . . . .
Reglindis Bloch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Maike Lukow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
N.N. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Willi Schönamsgruber. . . . . . . . . . . . . . . . .
Sozial- und gesundheitswissenschaftliche Kernprozesse
(Hilfefeld – spezifische
kundenorientierte Prozesse)
Fundraising
N. N. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Brot für die Welt
Uwe Becker. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Maike Lukow. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Heidrun Heselmeyer. . . . . . . . . . . . . . . . .
-402
-267
-252
-262
-263
-252
-166
-252
-109
Bereichsleitung 1
Bereichsleitung 2
Bereichsleitung 3
Jörg Reuter-Radatz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . -254
Angelika Stoffregen . . . . . . . . . . . . . . . . . -255
Martin Fischer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -190
Monique Senten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -191
Bernd Heimberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -265
Cornelia Trapp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -266
Referat Gesundheit
Jörg Reuter-Radatz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . -254
Angelika Stoffregen . . . . . . . . . . . . . . . . . -255
Referat Familienhilfe und
Alleinerziehendenarbeit
Eva-Maria Zabbée. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Alexandra Hall. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Marion Hamann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Hannelore Hildebrandt. . . . . . . . . . . . . . .
Referat Bildung
Ina Seidensticker. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Ekkehart Weier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Anne Woitha-Klapprott. . . . . . . . . . . . . . . .
Marc Weidemann. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
-273
-249
-249
-253
Referat Freiwilligendienste
Christine Vetter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Uta Bauersachs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Anita Burkhardt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Oliver Fruth-Schünemann. . . . . . . . . . . . . .
Inga Gerth. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Eckart Henschel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Petra Heistermann. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Daniela Klockgether . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Bernhard Kreft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Lars Mesch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Sina Otten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Karin Solsky. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dieter Steinlicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Sabine Meyer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Cornelia Wald . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Gritt Berner. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Edith Habermann. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
N.N.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Nicole Schuler. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Monika Zieba . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
-291
-294
-290
-258
-163
-231
-260
-333
-311
-386
-165
-170
-242
-278
-219
-276
-205
-307
-307
-293
Referat Hospiz- und Palliativarbeit
Christa Gerts-Isermeyer.. . . . . . . . . . . . . . . -262
Kathrin Röbbeln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -200
Referat Pflege
Dagmar Henseleit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Frank Pipenbrink. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Dagmar Schmidt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Silvia Gebauer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Beate Heinrich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
-259
-204
-234
-257
-256
Referat Rehabilitation
Jasmin Graff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -208
Isabella Hovemeier. . . . . . . . . . . . . . . . . . -209
Projekt
Zukunftsfähige diakonische Einrichtungen
Christoph Brauner. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -405
Referat Migration
Wolfgang Reiter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Reglindis Bloch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Silvia Fischer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Ulrich Hahmeyer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Elsa Schlüter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
-235
-297
-236
-238
-268
-241
-288
-283
-241
Referat Soziale Beratung im Kirchenkreis
Heike Krause. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -239
Alexandra Hall. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -297
Hannelore Hildebrandt. . . . . . . . . . . . . . . -238
Referat Suchtfragen und Straffälligenhilfe
Roland Johannes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -275
Silvia Fischer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -288
Referat Wohnungslosenhilfe
Dr. Peter Szynka. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -407
Silvia Fischer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -288
ZBS Niedersachsen – Regionalvertretung
Lüneburg
Dr. Peter Szynka. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -407
Udo Veleba. . . . . . . . . . . . . . . . . 04131-731853
Referat Jugendhilfe
Fachgebiet Hilfen zur Erziehung
Ralph Hartung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -344
Fachgebiet Jugendberufshilfe
Matthias Kreimeyer . . . . . . . . . . . . . . . . . . -264
Cornelia Trapp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -266
Initiative
Zukunft(s)gestalten
Heike Krause. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -239
Referat Kindertageseinrichtungen /
Landeskirchliche Fachberatung und Fortbildung
Regina Struwe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -247
Ulrike Fey-Dorn. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -233
Sigrid Sternitzke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -246
Susanne Witte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -274
Cornelia Geyer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -248
Erika Brahms. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -273
Gabriela Bunk-Klempel. . . . . . . . . . . . . . . . -168
Karin Kleen . . . . . . . . . . . . . . . . . 0511 3747986
Claudia Koops. . . . . . . . . . . . . . . 04141 778675
Christiane Schrödter. . . . . . . . . 04141 778675
Selbstständige
Prozesse
Diakonie in Niedersachsen e.V.
Helge Johr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -244
Datenschutz
Ulrike Nickolaus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -261
Diakonie 2013 Organigramm 89
Vorstand 2
Führungsprozesse
Stellvertr. Direktor
Dr. Jörg Antoine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -206
Grundlagen
Ziele
Konzepte
Strategien
Sekretariat:
Sabine Hübner. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -207
Controlling
Winfried Sautter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -229
Justitiariat
Ralf Witte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -230
Bettina Valtr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -251
Qualitätsmanagement
Christiane Meiners. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -201
Monique Senten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -191
Koordination Baumaßnahmen u. Sanierung
Christian Hacke. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -203
Assistenz
Unterstützende
Prozesse
bei Führungsprozessen
Betriebswirtschaftliche,
juristische und andere
Kernprozesse
(Hilfefeld – übergreifende
kundenorientierte Prozesse)
Bereichsleitung 4
Bereichsleitung 5
Administration, Logistik,
Service
Arvid Siegmann. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -381
Iris Bittner. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -385
Heike Wiglinghoff.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -400
Ina Wemmer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -403
Christiane Meiners. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -201
Sylvia Grüning. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -202
Referat Mittelvergabe
Karin Ehlert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -384
Edith Habermann. . . . . . . . . . . . . . . . . . . -205
Referat Arbeits- und Tarifrecht
Gerhard Krause. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -213
Silke Schrader. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -211
Anke Seifert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -212
Buchhaltung
Dagmar Miegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Heike Grothe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Margitta Gwiasda. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Andrea Reeh. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Doris Ritterhoff. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Referat Rechts- und Fachaufsicht
Sylvia Sebbin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Katja Brosch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Heike Krenzien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Kathrin Röbbeln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
-383
-382
-173
-200
Referat Betriebswirtschaft
Susanne Jünke-Mielke . . . . . . . . . . . . . . . .
N.N.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Winfried Sautter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Peter Stüber. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
-225
-408
-229
-226
Referat Sozial-, Zivil- und Europarecht
Frank Garlich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -240
Bettina Valtr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -251
Schiedsstelle
Silke Schrader. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -211
Anke Seifert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -212
diaplus-Beratungsgesellschaft mbH
Dr. Jörg Antoine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -206
Heike Wiglinghoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -400
-220
-221
-214
-222
-223
EDV
Claudia Merten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -227
Personalwesen
Andrea Müller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -224
Zentrale Dienste
Eva Kost . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Cornelia Cyrin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Siegfried Gwiasda. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Angela Neetz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
-286
-298
-295
-298
Ina Wemmer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -403
N.N.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . -408
90 Diakonie 2013 Adressen
Adressen
Diakonie in Niedersachsen e.V.
Diakonie in
Niedersachsen e.V.
Ebhardtstr. 2
30159 Hannover
Tel.: 05 11 / 36 04 - 244
Fax: 05 11 / 36 04 - 44 244
[email protected]
Vorsitzender des Vorstandes:
Dr. Christoph Künkel
Stv. Vorsitzender des Vorstandes:
Thomas Feld
Wolfgang Wagenfeld
Geschäftsstellenleiter:
Helge Johr
Mitglieder des Vereins Diakonie in Niedersachsen e.V.
sind die fünf Landesverbände:
Diakonisches Werk der
Ev.-luth. Landeskirche
in Braunschweig e. V.
Haus der Diakonie
Klostergang 66
38104 Braunschweig
Tel.: 05 31 / 37 03 - 000
Fax: 05 31 / 37 03 - 099
[email protected]
Vorstand:
Anke Grewe
Norbert Velten
Diakonisches Werk der
Ev.-luth. Landeskirche
Hannovers e. V.
Lutherhaus
Ebhardtstr. 3 A
30159 Hannover
Tel.: 05 11 / 36 04 - 0
Fax: 05 11 / 36 04 - 108
[email protected]
Vorstand:
Direktor Dr. Christoph Künkel
Postfach 13 80, 26763 Leer
Saarstr. 6, 26789 Leer
Tel.: 04 91 / 91 98 - 203
Fax: 04 91 / 91 98 - 148
[email protected]
Vorsitzender:
Pastor Dietmar Arends
Diakonisches Werk der
Ev.-Luth. Kirche in
Oldenburg e. V.
Postfach 1603, 26006 Oldenburg
Kastanienallee 9 - 11
26121 Oldenburg
Tel.: 04 41 / 210 01 - 0
Fax: 04 41 / 210 01 - 99
[email protected]
Vorstand:
Thomas Feld
Uwe K. Kollmann
Diakonisches Werk der
Ev.-Luth. Landeskirche
Schaumburg-Lippe e. V.
Bahnhofstr. 16
31655 Stadthagen
Tel.: 0 57 21 / 99 30 0
Fax: 0 57 21 / 99 30 66
[email protected]
Vorsitzender:
Pastor Ekkehard von Kleist
Diakonisches Werk der
Evangelisch-reformierten
Kirche
Stellvertretender Direktor
Dr. Jörg Antoine
Geschäftsführer:
Wolfgang Wagenfeld
Geschäftsführer:
Günter Hartung
Diakonie 2013 Adressen 91
Impressum
Herausgeber:
Dr. Christoph Künkel
Diakonisches Werk der
Ev.-luth. Landeskirche Hannovers e.V.
Ebhardtstr. 3 A
30159 Hannover
Telefon 05 11 - 36 04 - 0
Fax
05 11 - 36 04 - 108
[email protected]
Internetwww.diakonie-hannovers.de
Redaktion:
Ines Goetsch, Maike Lukow,
Sven Quittkat, Willi Schönamsgruber
Gestaltung:
Büro Schroeder, Hannover, www.bueroschroeder.com
Druck:
MHD Druck und Service GmbH
Bildnachweis:
Diakonisches Werk der Landeskirche Hannovers, Aktion Mensch,
Andreea Anca, Katharina Günter, Matthias Paul, Petri Haus
Göttingen, Petrus-Kirchengemeinde Barsinghausen, Sabine
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Hannover, August 2013
92 Diakonie 2013 Adressen
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