Literaturauswertung zur Quantifizierung der Passivrauchexposition

Transcription

Literaturauswertung zur Quantifizierung der Passivrauchexposition
CA MPUS INNENSTA DT
INSTITUT UND POLIKLINI K FÜR
ARBEITS-, SOZIAL- U. UMWELTMEDI ZIN
DIR.: PROF. DR. MED. DENNIS NOWAK
Klinikum der Universität München · Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin
Ziemssenstraße 1 · D-80336 München
Dr. med. Stefanie Kolb, MPH
Telefon +49 (0)89 5160 - 2372
Telefax +49 (0)89 5160 - 4954
[email protected]
http://aumento.web.med.uni-muenchen.de/
Postanschrift:
Ziemssenstraße 1
D-80336 München
02.10.2007
Literaturauswertung zur Quantifizierung der
Passivrauchexposition bei nie rauchenden
Beschäftigten im Gastgewerbe
für die
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung
-Abschlussbericht-
Septbember 2007
Projektleitung: Prof Dr. Katja Radon, MSc;
Literaturauswertung: Dr. Stefanie Kolb, MPH; Ulrike Brückner, MPH
Bericht: Dr. med. Stefanie Kolb, Ulrike Brückner, Prof. Dr. Katja Radon
Inhaltsverzeichnis
1
Zusammenfassung.............................................................................................. 3
2
Abstract ............................................................................................................... 5
3
Einleitung............................................................................................................. 7
4
5
3.1
Hintergrund .................................................................................................. 7
3.2
Problemstellung............................................................................................ 8
3.3
Zielsetzung................................................................................................... 9
Methodik............................................................................................................ 11
4.1
Literaturrecherche ...................................................................................... 11
4.2
Einteilung der Literaturauswahl .................................................................. 12
Ergebnisse ........................................................................................................ 15
5.1
Vorliegende Modelle zur Expositionsabschätzung von Passivrauch am
Arbeitsplatz ................................................................................................ 15
5.1.1
Expositionserfassung durch Fragebogen............................................ 15
5.1.2
Expositionserfassung durch „Zigarettenäquivalente“ .......................... 17
5.1.3
Modellentwicklungen zur Berechnung der Qualität der Innenraumluft
– Respirable Suspended Particles (RSP) ........................................... 21
5.1.4
Komplexe Modellentwicklungen zur Expositionsabschätzung ............ 25
5.2
Messungen der akuten Passivrauchexposition speziell im Gastgewerbe .. 33
5.3
Retrospektive Expositionsabschätzung und Risikoberechnung für mit
beruflicher Passivrauchexposition assoziierte Erkrankungen bei
Mitarbeitern im Gaststättengewerbe........................................................... 37
6
5.3.1
Hedley et al. ........................................................................................ 37
5.3.2
Siegel und Skeer................................................................................. 38
5.3.3
Jamrozik.............................................................................................. 39
Diskussion ......................................................................................................... 43
6.1
Diskussion der Methoden........................................................................... 43
6.2
Vorliegende Modelle zur Expositionsabschätzung von Passivrauch am
Arbeitsplatz ................................................................................................ 43
6.2.1
Expositionserfassung anhand von Fragebogendaten ......................... 43
6.2.2
Zigarettenäquvalente .......................................................................... 45
6.2.3
Berechnung der Qualität der Innenraumluft –
Respirable Suspended Particles ......................................................... 45
6.2.4
Mathematische Modellentwicklungen zur Expositionsabschätzung .... 45
1
6.3
Messungen der akuten Passivrauchexposition speziell im Gastgewerbe .. 47
6.4
Retrospektive Expositionsabschätzung und Risikoberechnung für mit
Passivrauch assoziierte Erkrankungen bei Mitarbeitern im
Gaststättengewerbe ................................................................................... 48
6.4.1
Hedley et al. ........................................................................................ 48
6.4.2
Siegel und Skeer................................................................................. 49
6.4.3
Jamrozik.............................................................................................. 49
6.5
7
2
Schlussfolgerung........................................................................................ 50
Literatur ............................................................................................................. 51
1
Zusammenfassung
Passivrauch wurde 1998 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft als erwiesenermaßen
humankanzerogener Arbeitsstoff nach K1 eingestuft. Nach den dieser Einstufung zugrunde
liegenden Untersuchungen kann, insbesondere für Lungenkarzinome und chronische Atemwegserkrankungen, in der am höchsten exponierten Subgruppe der Nieraucher das relative
Risiko verdoppelt sein. Zu dieser Subgruppe zählen beruflich Exponierte im Gaststättengewerbe, die vor der Einführung des Nichtraucherschutzgesetzes am Arbeitsplatz nicht geschützt waren. Für Raucher und Exraucher ist hingegen nicht mit einer abgrenzbaren Risikoerhöhung durch Passivrauchexposition zu rechnen. Zur möglichen Umsetzung dieser Befunde in das Berufskrankheitenrecht bedarf es einer zuverlässigen Methode, mit der die kumulative berufliche Exposition gegenüber Passivrauch valide retrospektiv abgeschätzt werden kann.
Es wurde eine systematische Literaturrecherche zur Frage eines solchen zuverlässigen Modells zur retrospektiven Expositionsabschätzung bezüglich der Passivrauchexposition an
Arbeitsplätzen im Gastgewerbe durchgeführt. Insgesamt wurden 28 Studien eingeschlossen.
Neben Fragebögen zur retrospektiven Expositionserfassung lagen mathematische Modelle
vor, um die Passivrauchexposition von nicht- und nierauchenden Mitarbeitern retrospektiv zu
errechnen. Diesen lag meist ein von Repace und Hedley entwickeltes Modell zugrunde. Dieses Modell wurde mittels personenbezogener (z.B. Cotinin im Harn) und ortsfester Messungen (z.B. Nikotin in der Raumluft) validiert. Als besonders hoch beruflich belastet sind demnach Mitarbeiter in z.B. Bars, Kneipen, Billardhallen und Diskotheken einzustufen. Für diese
ergibt sich generell unter Annahme eines linearen Zusammenhangs nach ca. 8-jähriger Tätigkeit eine Risikoverdopplung für Lungenkrebs im Vergleich zu gering belasteten Büroangestellten. Für Mitarbeiter im Restaurant- und Hotelgewerbe ist hingegen eine individuelle Abschätzung der Exposition mittels dieses Modells notwendig.
Die Anzahl der vorliegenden Studien, die sich speziell mit der Risikoabschätzung für die
Passivrauchexposition bei Beschäftigten im Gastgewerbe beschäftigten, ist begrenzt. Modelle aus anderen Arbeitsplatzbereichen können jedoch für das Gastgewerbe in modifizierter
Form genutzt und zur Einführung einer BK-rechtlichen Schwelle verwendet werden.
3
4
2
Abstract
In 1998, Environmental Tobacco Smoke (ETS) has been classified as human carcinogen (K1) by the German Research Council (DFG). According to the studies on
which this classification has been based, the relative risk especially for lung cancer
and chronic obstructive respiratory disease (COPD) might be doubled in the group of
never smokers in the highest exposure category. Hospitality workers are part of this
group and have so far not been protected by the German Workplace Ordinance for
the restriction of smoking at the workplace. For the group of workers who are (ex-)
smokers, however, no additional increase in risk due to ETS exposure can be defined. In order to implement these results in the German legislation for occupational
diseases a method is needed to validly assess ETS exposure in the hospitality setting retrospectively.
In order to define such a reliable and valid method, a systematic literature review has
been performed. Overall, 28 studies could be included. In these studies, questionnaire instruments and mathematical models have been used for the retrospective
exposure assessment in never and non-smoking workers in the hospitality setting.
The latter models have mainly been based on a model developed by Repace and
Hedley. This model has been validated using personal exposure assessment (e.g.,
Cotinine in urine) and stationary measurements (e.g., nicotine in the air). According
to the results of these studies, employees in e.g., bars, pubs, billiard places, and discotheques have the highest level of exposure to ETS at the workplace. Assuming a
linear association, the relative risk of lung cancer in never smokers is doubled after 8
years of exposure in these workplaces as compared to offices with low levels of exposure to ETS. For never smokers working in restaurants or hotels past exposure
has to be estimated on an individual base using the a.m. model by Repace and Hedley.
Overall, the number of studies on risk assessment in the hospitality setting is limited.
However, mathematical models from other workplaces might be modified for the hospitality setting and could be used to retrospectively assess ETS exposures in this setting.
5
6
3
Einleitung
3.1
Hintergrund
Die mögliche gesundheitliche Gefährdung der Mitarbeiter durch Passivrauch am Arbeitsplatz ist seit Mitte der 1980er Jahre in den Mittelpunkt zahlreicher Betrachtungen
getreten. Besonders in den USA und in Europa wurden Studien zu Ermittlung des
durch Passivrauch verursachen Erkrankungsrisikos durchgeführt [1-3]. Eine Studie
im Rahmen des European Community Respiratory Health Survery (ECRHS) ergab,
dass viele Personen mit regelmäßiger Passivrauchexposition ausschließlich am Arbeitsplatz exponiert ist [4]. So berichteten 20% der Teilnehmer dieses Surveys über
eine alleinige Exposition am Arbeitsplatz. Passivrauch scheint somit, wenn man von
Allergenbelastungen absieht, vermutlich die hinsichtlich der Zahl Exponierter bedeutsamste inhalative Noxe der Innenraumluft am Arbeitsplatz zu sein. Passivrauch ist
definiert als der Seitenstromrauch, der durch das Glimmen der Zigaretten entsteht
und verursacht neben akuten Symptomen wie Reizungen der Augen und Schleimhäute auch chronische Erkrankungen. Dazu zählen unter anderem die Exacerbation
eines chronischen Asthmas bronchiales (Asthma), die Entwicklung und Verschlechterung einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) und die Entstehung
eines Lungenkarzinoms. Neben diesen Erkrankungen des Atemapparates ist Passivrauch auch mit Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems wie Myokardinfarkt (Herzinfarkt) [5, 6] assoziiert.
Eine große Schwierigkeit für eine valide Risikoabschätzung der durch Passivrauch
hervorgerufenen gesundheitlichen Effekte stellt sowohl die exakte Erfassung der Exposition als auch die Beschränkung der Risikoabschätzung auf Nieraucher dar. Letzeres ist wichtig, da für Raucher und Exraucher nicht mit einer abgrenzbaren Risikoerhöhung durch Passivrauchexposition zu rechnen ist. Da Passivrauch häufig ubiquitär, sowohl am Arbeitsplatz wie in der Freizeit und zu Hause, beispielsweise durch
einen rauchenden Partner, vorhanden ist, kann die Konzentration und die Intensität
der spezifischen Passivrauchindikatoren sowohl räumlich als auch zeitlich stark variieren. Dies erschwert die exakte Expositionserfassung.
Neben dem häuslichen und beruflichen Bereich spielt die private Exposition in Bars
und Restaurants oder Verkehrsmitteln eine untergeordnete Rolle. Eine Ausnahme
bilden hier Personen mit beruflicher Tätigkeit im Gastronomiegewerbe, die zumindest
bis in die Gegenwart in Deutschland an ihrem Arbeitsplatz uneingeschränkt dem
7
Passivrauch ausgesetzt gewesen sein können. Problematisch ist hier, dass auf der
einen Seite die Passivrauchexposition in Restaurants und Bars besonders hoch ist,
auf der anderen Seite gerade diese Arbeitsplätze bisher am wenigsten durch gesetzliche Verordnungen bezüglich des Rauchens geschützt werden [7, 8].
3.2
Problemstellung
Passivrauch wurde 1998 durch die Senatskommission zur Bewertung Gesundheitsgefährdender Arbeitstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft als erwiesenermaßen humankanzerogener Arbeitsstoff eingestuft [9]. Im Jahr 2002 wurde die Arbeitsstättenverordnung um §3a zum Nichtraucherschutz ergänzt. In der novellierten
Arbeitsstättenverordnung entspricht diese Regelung dem §5 ArbStättV (Nichtraucherschutz) und lautet wie folgt:
(1) Der Arbeitgeber hat die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nicht
rauchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren
durch Tabakrauch geschützt sind;
(2) In Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr hat der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen
nach Absatz 1 nur insoweit zu treffen, als die Natur des Betriebes und die Art der
Beschäftigung es zulassen.
Mit der Neuerung des Gesetzes „zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens"
vom 1. September 2007 wurde Folgendes ergänzt: „Soweit erforderlich, hat der Arbeitgeber ein allgemeines oder auf einzelne Bereiche der Arbeitsstätte beschränktes
Rauchverbot zu erlassen“. Die bestehende Ausnahmeregelung der Arbeitstättenverordnung (§5 ArbStättV, Abs.2) konnte jedoch wohl aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht gestrichen werden. Gastbezogene Regelungen des Nichtraucherschutzes
unterfallen - auch soweit sie zugleich dem Schutz der in der Gastronomie Beschäftigten dienen - dem Gaststättenrecht, so dass hierfür alleine die Länder gesetzgebungsbefugt sind. Bereits zum 1. August 2007 traten in den Bundesländern BadenWürttemberg, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen umfassende Gesetze
zum Nichtraucherschutz unter anderem im Gastgewerbe in Kraft. Am 1.Oktober 2007
wird eine derartige Gesetzgebung in Hessen folgen. Alle übrigen Bundesländer haben die Einführung so genannter Nichtrauchergesetze in den Landtagen zum größten Teil beschlossen und bis spätestens zum 1. Januar 2008 soll deren Umsetzung
erreicht werden. Eine flächendeckende konsequente Regelung erscheint gleichwohl
etwas fraglich.
8
Die Maßnahmen zum Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz beruhen u. a. auf den Erkenntnissen international publizierter Metaanalysen einer Vielzahl epidemiologischer
Studien, in denen sich für Lungenkarzinome bei Nierauchern signifikant erhöhte Relative Risiken (RR) durch Passivrauchexposition zeigten. Nach diesen Untersuchungen kann, insbesondere für Lungenkarzinome und chronische Atemwegserkrankungen, in den am höchsten exponierten Subgruppen der Nieraucher das RR verdoppelt
sein. Für Raucher und Exraucher ist hingegen, wie oben beschrieben, eine etwaige
arbeitsbedingte Risikoerhöhung nicht abgrenzbar.
Damit hat die berufliche Exposition beim Nieraucher Berufskrankheiten (BK)rechtliche Relevanz. Zur Umsetzung in das Berufskrankheitenrecht bedarf es einer
zuverlässigen Methode, mit der die kumulative berufliche Exposition gegenüber Passivrauch valide retrospektiv abgeschätzt werden kann. Besondere Herausforderung
hierbei ist, dass die Latenzzeit zwischen Expositionsbeginn und Auftreten einer Erkrankung wie z.B. Lungenkarzinome viele Jahre beträgt.
3.3
Zielsetzung
Das Ziel dieser Literaturauswertung bestand darin, zu prüfen, ob die bestehende Literatur zum Zusammenhang zwischen äußeren Faktoren (Belüftung, Größe des
Raumes, durchschnittliche Anzahl der Gäste,…), individuellen Faktoren (beispielsweise Atemminutenvolumen in Abhängigkeit von der Schwere der Tätigkeit) und der
persönlichen Passivrauchexposition ausreicht, um ein zuverlässiges Modell zur retrospektiven Expositionsabschätzung an Arbeitsplätzen im Gastgewerbe ableiten zu
können. Diese Abschätzung soll dann zur Ermittlung berufskrankheitenrechtlich relevanter Schwellenbereiche herangezogen werden.
9
10
4
Methodik
4.1
Literaturrecherche
Mittels einer systematischen Literaturrecherche wurde dieser Literaturreview unter
Verwendung der Datenbank Medline durchgeführt. Es wurden folgende Selektionskriterien verwendet:
•
Schlüsselwörter der Suche:
o „tobacco smoke pollution“ (Oberbegriff für Passivrauchen (sogenannter
MeSH Term), beinhaltet die Begriffe „environmental tobacco smoke“,
„secondhand smoke“ und „passive smoking“
o „restaurant“ zur Beschreibung des Gaststättengewerbes (MeSH Term,
beinhaltet die Begriffe „Dicso“, „Bar“, „tavern“ und „pub)
o „occupational exposure“ und „risk assesment“ zur Expositions- und Modellabschätzung (MeSH Term)
•
Publikationssprachen: deutsch, englisch,
•
Zeitraum der Veröffentlichung: Januar 1990 bis Juni 2007
•
Art der Publikation: case-control, cohort, reviews, case-studies
(letters, comments)
Zur weiteren Spezifizierung der Suche wurden anschließend Kombinationen der obigen MeSH (Medline Search) Terme verwendet. Die Kombination der MeSH Terme
„tobacco smoke pollution“ und „restaurant“ ergaben 143, der Begriffe „tobacco smoke
pollution“ und „risk assesment“ 194 und der Begriffe „tobacco smoke pollution“ und
„occupational exposure“ 271 Veröffentlichungen (Abb. 1). In einem weiteren Schritt
wurden Überschneidungen dieser drei Suchkriterien eliminiert. Nach Überprüfung der
restlichen vorliegenden Artikel anhand der a priori festgelegten Selektionskriterien,
wurden von den Autoren dieser Arbeit 103 Artikel ausgewählt und in eine Endnote
Datei eingefügt. Bei der Überprüfung der Literaturverzeichnisse dieser ausgewählten
Publikationen konnten weitere 15 Literaturstellen identifiziert und dem Verzeichnis
hinzugefügt werden. Letztendlich lagen insgesamt 118 Veröffentlichungen zur Bearbeitung vor. Die detaillierte Bearbeitung dieser Publikationen ergab für 89 Arbeiten,
dass dieses nicht dem Ziel dieser Auswertung entsprachen. Diese wurden daher im
Weiteren ausgeschlossen.
11
Abbildung 1: Flussdiagramm Literatursuche für Passivrauchexposition
MeSH Terme
MeSH Terme
MeSH Terme
”tobacco smoke pollution” AND
”tobacco smoke pollution” AND ”risk
”tobacco smoke pollution”
”restaurant” N=143
assessment” N=194
AND ”occupational exposure” N=271
Quellen nach Mehrfachnennungen
N= 608
Ausschluß von Mehrfachnennungen
und Ausschluß anhand der Selektionskriterien
N= 505
aufgenommene Artikel
N= 103
in Literaturangaben zusätzlich
gefundene Artikel
N= 15
gesamte aufgenommene Artikel
N= 118
bearbeitet und im Folgenden ausgeschlossene Artikel N= 89
zum Literaturreview verwendete
Artikel
N= 29
4.2
Einteilung der Literaturauswahl
In einem zweiten Selektionsschritt wurden die 29 gefundenen Veröffentlichungen zur
besseren Übersicht in 3 Kategorien eingeteilt.
Kategorie 1: Modelle zur Expositionsabschätzung von Passivrauch am Arbeitsplatz
Kategorie 2: Studien zur Erfassung der akuten Exposition durch Passivrauch speziell
im Gaststättengewerbe
Kategorie 3: Studien, die eine retrospektive Expositionsabschätzung und eine Risikoberechnung für Erkrankungen, die durch Passivrauch verursacht wurden, enthalten und sich explizit auf Mitarbeiter im Gaststättengewerbe beziehen
12
Falls mehrere Publikationen einer Studie vorlagen, wurde nur die aktuellste Publikation mit aufgenommen. Tabelle 1 zeigt die Einteilung der Veröffentlichungen in die
beschriebenen Kategorien mit der Anzahl der dazu veröffentlichten Studien.
Tabelle 1: Kategorie-Einteilung der ausgewählten Publikationen
Anzahl der eingeKategorie der Publikationen
schlossenen Publikationen
1) Modelle zur Expositionsabschätzung von Passivrauch am Arbeitsplatz
11
2) Studien zur Erfassung der akuten Expositionsabschätzung von Passivrauch speziell im Gaststätten-
15
gewerbe
3) retrospektive Expositionsabschätzung und Risikoberechnung für mit Passivrauch assoziierte Erkran-
3
kungen bei Mitarbeitern im Gaststättengewerbe
Folgende Angaben wurden, wenn möglich, für jede Studie ermittelt und in eine MS
Excel-Tabelle (Microsoft Office) übertragen:
•
Anzahl und Art der Studienteilnehmer
•
das Land, in dem die Studie durchgeführt wurde
•
der untersuchte Arbeitsplatz
•
untersuchte Erkrankungen
•
Fragebogeninstrument zur retrospektiven Expositionserfassung
•
Messungen in der Raumluft: Nikotin, Partikel, CO
•
Cotininmessungen im Plasma, im Urin oder im Speichel sowie
•
gegebenenfalls das relative Risiko für eine mit beruflicher Passivrauchexposition assoziierte Erkrankung.
13
14
5
Ergebnisse
5.1
Vorliegende Modelle zur Expositionsabschätzung von Passivrauch am
Arbeitsplatz
Zahlreiche Autoren (s. Tabellen 2, 7 und 8) befassten sich mit der Expositionsabschätzung von Passivrauch am Arbeitsplatz. Zum einen wurden in Studien Fragebögen, mit denen retrospektiv die Exposition abgeschätzt wurde, eingesetzt. Zum anderen wurden Indikatoren des Passivrauches in Innenräumen, wie Respirable Suspended Particles (RSP), Nikotin, Solanesol und Utraviolett Particulate Matter UVMP sowie messbare Abbauprodukte des Passivrauches, meist Cotinin, in Urin, Speichel
und Blut [13-15] erfasst. Übersichtsarbeiten verglichen die Qualität der gemessenen
Indikatoren bezüglich ihrer Validität zur Erfassung von Passivrauch sowie die Eignung der bisher verwendeten Grenzwerte bezüglich der im Passivrauch vorkommenden Substanzen. Ferner existieren einige Veröffentlichungen mit Modellentwicklungen zur Berechnung der Qualität der Innenraumluft sowie mathematische Modelle,
die mehrere der oben genannten Parameter in einem Modell vereinen. Die verschiedenen Varianten werden im Folgenden näher erklärt.
Es ist zu berücksichtigen, dass in den vorliegenden epidemiologischen Studien die
Zigarettenanamnese soweit nicht anders angegeben mittels Fragebogen erfasst
wurde. Einige wenige Autoren beschränkten die Auswertung auf Nieraucher wobei
bei der Definition des Nierauchers in diesen Studien der selbst berichtete Zigarettenkonsum von 0 und 100 Zigaretten im Leben variieren kann [10, 11].
Die anderen Untersuchungen beschränkten sich auf Nichtraucher, wobei hier meist
keine genaueren Angaben zur Nichtraucherdefinition gemacht wurden. Einige Studien zum Zusammenhang zwischen Passivrauchexposition und Lungenkrebs subsummierten hierbei Nieraucher und Exraucher in die Gruppe der Nichtraucher. Dieses Vorgehen basiert auf der Annahme, dass eine länger als 15 Jahre zurückliegende Passivrauchexposition das Risiko für Lungenkrebs nicht erhöht [12].
5.1.1 Expositionserfassung durch Fragebogen
Eisner et al. [16] entwickelten 2001 einen Fragebogen, welcher Informationen zur
Passivrauchexposition der vorangegangenen 7 Tage in verschiedenen Mikroumgebungen, darunter auch am Arbeitsplatz und in Bars, erhob. Die hier erhobenen Informationen wurden mit den Nikotinmessungen durch Personendosimeter während
dieses Zeitraumes verglichen und bewiesen eine gute Übereinstimmung.
15
5.1.1.1
Ergebnisse epidemiologischer Untersuchungen, die das Erkrankungsrisiko durch Passivrauchexposition am Arbeitsplatz per Fragebogen untersuchten
Fragebogenangaben scheinen somit ein zuverlässiger Parameter zur Erfassung der
akuten Passivrauchexposition zu sein und wurden daher in vielen Studien eingesetzt
(Tabelle 2) [17-19].
Vineis et al. [20] untersuchte im Rahmen der EPIC-Studie (European Prospective
Investigation into Cancer and Nutrition) an 520000 freiwilligen Probanden aus 10
Ländern
das
Lungenkrebsrisiko
durch
Passivrauchexposition
bei
Nie-
und
Exrauchern. Die Informationen bezüglich Passivrauchs wurden ebenfalls mit einem
Fragebogen erfasst. Mittels konditioneller logistischer Regression wurde eine Hazard
Ratio von 1,65 (95%CI: 1,04–2,63) für den Zusammenhang zwischen Passivrauchexposition am Arbeitsplatz und Lungenkrebs festgestellt. Eine Unterteilung der Expositionshöhe am Arbeitsplatz wurde nicht vorgenommen (s. Tabelle 2)
Aus den Interviewdaten zur Passivrauchexposition wurde häufig aus der Summe der
Jahre, während derer eine Person gegenüber Passivrauch exponiert war, die kumulative Exposition und daraus das Risiko für eine Erkrankung berechnet. So fand Eisner et al. [21] in einer Studie bezüglich Passivrauchexposition (erhoben durch Telefoninterviews) durch Summierung der kumulativen Exposition im obersten Quartil mit
mehr als 23 Jahren Passivrauchexposition am Arbeitsplatz eine Odds Ratio (OR) von
1,36 (1,02-1,84) für chronisch obstruktive Lungenerkrankungen.
Eine weitere Möglichkeit der Expositionsabschätzung des Passivrauchs durch rein
retrospektiv erhobene Fragebogenangaben besteht aus der Dauer der kumulativen
Exposition in Stunden multipliziert mit einer subjektiven Beurteilungsskala zur Luftqualität in Innenräumen.
Boffetta et al. [12] verwendeten ein solches Modell bereits 1998 in einer Fall-KontrollStudie in 12 europäischen Zentren in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Portugal und Spanien, auch 12-Zentren-Studie genannt, und fanden bei Berücksichtigung der subjektiven Einschätzung des Grades der Verrauchtheit am Arbeitsplatz für die höchst exponierten eine OR von 2,07 (1,33-3,21) für Lungenkrebs.
Kreuzer et al. [22] untersuchten mit dieser Methode in einer großen deutschen FallKontroll-Studie die Assoziation zwischen Passivrauch und Lungenkrebs anhand von
292 nichtrauchenden Lungenkrebsfällen und 1338 zufällig ausgewählten nichtrauchenden Kontrollen. Dabei wurde zwischen den Expositionskategorien 1 (= nicht
16
sichtbarer, aber zu riechender Rauch; 2 = sichtbarer Rauch; 3 = sehr verraucht) unterschieden. Für die Gruppe der am höchsten Exponierten (nach Wichtung >100600
Stunden Passivrauchexposition; entsprechend einer 19 jährigen Exposition in Stufe 3
bzw. einer 29 jährigen Exposition in Stufe 2) ergab sich ein Risiko für Lungenkrebs
am Arbeitsplatz von 1,93 (95% CI: 1,04-3,58). Diese Assoziation wurde durch Adjustierung für potentielle Confounder nicht relevant verändert.
Mit alleinigen Daten aus Fragebogenerhebungen konnte ferner eine Dosis-WirkungsBeziehung bezüglich der Passivrauchexposition am Arbeitsplatz und dem Auftreten
von Lungenkrebs gezeigt werden [23]. Brennan et al. [23] fanden für den Bereich
von 8 bis 20.9 Jahren eine OR von 1,17 (95% CI 0,97-1,42) im Vergleich zu einer OR
von 1,25 (95% CI 1,03-1,51) für eine ≥ 21 jährige Passivrauchexposition am Arbeitsplatz.
5.1.2 Expositionserfassung durch „Zigarettenäquivalente“
Puntoni et al. [24] entwickelten ein mathematisches Modell zur Berechnung des Lungenkrebsrisikos bei niedrigem Zigarettenkonsum (<5 Zigaretten/Tag, Tabelle 2). Die
Autoren benutzten hierzu Daten aus neun großen Kohortenstudien und extrapolierten in verschiedenen mathematischen Modellen die dort berichteten relativen Risiken
auf niedrige Dosen. Sie konnten zeigen, dass auch im unteren Dosisbereich für Tabakrauch und Lungenkrebs eine lineare Dosis-Wirkungs-Beziehung gilt. Für die Passivrauchexposition errechneten sie sogenannte Zigarettenäquivalente. Dabei wird die
passive Zigarettenrauchexposition in eine aktive Zigarettenrauchexposition umgerechnet um so den potentiellen karzinogenen Effekt, der durch die aktive Zigarettenrauchexposition produziert wird, zu ermitteln. Hier wurde davon ausgegangen, dass
der Cotiningehalt im Plasma eines Passivrauchers etwa 0,6-1,0% [25] des Cotiningehalts eines Aktivrauchers entspricht. Wenn ein Aktivraucher täglich durchschnittlich 20-30 Zigaretten raucht, bedeutet das für Passivrauch ein Äquivalent von 0,120,20 bei einer Passivrauchexposition gegenüber 20 Zigaretten/ Tag und 0,18-0,30
bei 30 Zigaretten/ Tag. Diese Resultate entsprechen den Ergebnissen der Studien
von Tweedie et al. [26] (Zigarettenäquivalent: 0,21) während Saracci und Riboli [27]
etwas höhere Werte errechneten (Zigarettenäquivalent: 0,43 Zigaretten).
17
18
Tabelle 2: Kategorie 1a: Modelle zur Expositionsabschätzung von Passivrauch am Arbeitsplatz
Expositionserfassung durch Fragebogenangaben
Studie
Krankheit
relatives Risiko RR
Ort der Exposition durch Passivrauch
Erfassung
Exposition
Lungenkrebs
1 1,64 [1,04-2,59]
2 2,07 [1,33-3,21]
3 1,14 [0,88-1,47]
4 0,92 [0,67-1,26]
1 > 23.1 Packungsjahre Partner
2 > 89.0 Jahre am verrauchten Arbeitsplatz
3 > 44 Jahre Partner und Arbeitsplatz
4 > 15 Jahre seit Ende der PassivrauchExposition
Interview
1263 Fälle /
2740 Kontrollen
Lungenkrebs
1
2
3
4
1 > 30 Jahre Rauchender Partner
2 > 21 Jahre am Arbeitsplatz
3 > 20 Jahre Freizeitexposition
4 > 39 Jahre Passivrauchexposition
durch Partner, Arbeitsplatz & Freizeit
Interview
San Francisco, USA
2113 Erwachsene zwischen
55 und 75
Jahre
COPD
1,55 [1,09-2,21
1,36 [1,002-1,84]
zu Hause
am Arbeitsplatz
Interview
Neuherberg,
Deutschland
292 Fälle /
1338 Kontrollen
Lungenkrebs
1 1,93 (1,04 - 3,58)
2 2,62 (1,30 - 5,36)
1 > 100 600 Stunden gewichtete Dauer
am Arbeitsplatz
2 > 10950 Stunden gewichtete Dauer in
der Freizeit (Bar, Restaurant)
Interview
London,
GB
520 000 Nichtraucher
und ExRaucher
Lungenkrebs
1,03 [0,60-1,76]
1,65 [1,04-2,63]
1,34 [0,85-2,13]]
zu Hause
am Arbeitsplatz
zu Hause und/oder am Arbeitsplatz
Interview
Land
Exponierte
Boffetta, P et al
(1998)
Lyon,
Frankreich
650 Fälle /
1542 Kontrollen
Brennan, P et al
(2004)
Lyon,
Frankreich
Eisner, M
et al (2005)
Kreuzer, M et al
(2000)
Vineis, P
et al (2007)
1,24 [1,00-1,54],
1,27 [1,03-1,57],
1,26 [1,01-1,58],
1,32 [1,04-1,66];
Expostionserfassung durch Zigarettenäquivalente
Studie
Puntoni, R et al
(1995)
Land
Exponierte
Krankheit
Zigarettenäquivalente für
Passivrauch (95% CI)
aus Metaanalysen verwendetes RR für
Passivrauch [95% CI]
verwendetes
mathematische
Modell
Genua,
Italien
Nichtraucher
im allgemeinen
Lungenkrebs
0,21[0,07-0,34]
0,43 [0,24-0,65]
1,17 [1,06-1,28] Tweedie,1992 1.35[1.201,53] Saracci, 1998
two-stage
19
20
5.1.3 Modellentwicklungen zur Berechnung der Qualität der Innenraumluft –
Respirable Suspended Particles (RSP)1
5.1.3.1
Modellentwicklung von Klepeis [28, 29]
Klepeis [29] ging der Frage nach, ob mit Hilfe indirekter Methoden, wie der Bestimmung des Kohlenmonoxidgehalts in der ausgeatmeten Luft der Probanden und Aktivitätsmessungen, die Exposition durch Passivrauch im Alltagsleben valide zu erfassen ist. Daten aus dem National Human Activity Pattern Survey der USA von 1992
bis 1994 wurden herangezogen, um zu bestimmen, wie viele Minuten des Tages der
Proband in einer bestimmten Umgebung verbringt. Bei dieser Methode der indirekten
Expositionserfassung wird die mittlere Konzentration von RSP-Partikeln in der entsprechenden Umgebung mit der Aufenthaltsdauer multipliziert. Es zeigte sich, dass
der durch Passivrauch verursachte Anteil der durchschnittlichen 24h-Konzentration
an RSP-Partikeln im Arbeitsalltag 18 µg/m³ beträgt (Tabelle 3). Für den Aufenthalt in
einer Bar oder einem Restaurant mit Passivrauchexposition betrug der RSP-PartikelAnteil, der im 24 h Mittel verursacht wurde, 70 µg/m³.
In einer zweiten von Klepeis [28] stammenden Studie, wurde ein Modell zur Berechnung des Verteilungsverhaltens von kurzzeitigen und kontinuierlichen Rauchquellen
in geschlossenen Räumen vorgestellt. Messungen in Raucherlounges hatten ergeben, dass der Passivrauch einer Zigarette sich innerhalb von 12-80 Minuten in einem
geschlossenen Raum verteilt. Dabei spielte es keine Rolle, in welchen Teil eines
Raumes sich die Raucherquelle befand. Damit konnte gezeigt werden, dass die Einteilung in Raucher- und Nichtraucherbereiche keinen ausreichenden Schutz für den
Nichtraucher bietet.
5.1.3.2
Modellentwicklung von Ott [30]
Ott [31] befasste sich ebenfalls mit Modellen zur Vorhersagbarkeit der Luftqualität in
Innenräumen während des Rauchens (Tabelle 3). Er entwickelte unter Verwendung
von Raumvolumen, Anzahl der Raucher im Raum und Rate des Konzentrationsabfalls (berechnet aus der Ablagerungsrate für RSP und der Anzahl der aktiven Luftwechsel, welche beide von der Ventilation abhängen) ein Modell zur Schätzung der
Innenraumkonzentration von RSP-Partikeln (siehe Anhang Abbildung 1).
Dieses Modell wurde durch Messungen von RSP-Partikeln in Innenräumen validiert
[28, 30, 32]. Der Autor überprüfte ferner die publizierte Literatur bezüglich mathema1
RSP entspricht in Deutschland dem alveolengängigen Staub (~PM2,5)
21
tischer Modelle zur Erfassung der Passivrauchexposition und kam zu dem Schluss,
dass diese Modelle generell eine gute Vorhersagbarkeit zur Konzentration von RSPPartikeln in Innenräumen darstellen. Diese Modelle sind sich häufig sehr ähnlich und
beruhen auf dem physikalischen Gesetz des Massenerhaltungssatzes.
Die mittlere 24-h Exposition gegenüber Passivrauch wird durch sein Modell exakt
abgebildet.
22
Tabelle 3: Kategorie 1b: Modelle zur Expositionsabschätzung von Passivrauch am Arbeitsplatz
Modellentwicklungen zur Berechnung der Qualität der Innenraumluft
Ort der ExPublikation
Land
postion
äußere Exposition
RSP in der
Luft
Erfassung
äußere Exposition
inneren Exposition
Exposition
Nicotine in der Luft
Klepeis, NE
(1999)
Berkeley,
USA
135 Mitarbeiter
in
Bar/Restaurant
RSP Bar / Restaurant
70 µg/m³
Mittlere Zeit, die in einer Bar oder
einem Restaurant verbracht wurde
411 min/ Tag
Fragebogen
Klepeis, NE
(1999)
Berkeley,
USA
Wohnzimmer
Gaststätte
Bar
Durchmischungsgeschwindigkeit von
Nikotin in der Raumluft12-80 min
Raucherquellen pro Raum und
kontinuierliches Rauchen
eine Zigarette wird
normalesweise in 6-11
min geraucht
Ott, WR
(1999)
Stanford,
USA
Wohnzimmer
vorhersagen
der RSPKonzentration
Anzahl gerauchter Zigaretten, Geschwindigkeit der Ventilation in geschlossenen Räumen
23
24
5.1.4 Komplexe Modellentwicklungen zur Expositionsabschätzung
Ein grundlegendes Modell zur Risikoberechnung der Passivrauchexposition wurde
bereits 1985 von Repace und Lowrey [33] entwickelt und 1993 [34] bzw. 1998 validiert [2].
Hauptziel der Arbeiten von Repace und Lowrey war es, ein Modell zu entwickeln,
dass das durch Passivrauch an einem Arbeitsplatz, wie beispielsweise im Büro oder
in der Industrie, verursachte Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, vorhersagt (Tabelle 4). Zu Beginn der Modellentwicklung postulierten die Autoren eine konstante
Beziehung zwischen der Passivrauchexposition und der RSP-Konzentration im
Raum. Die Daten dazu lieferte eine von den obigen Autoren bereits 1980 durchgeführte Studie [35, 36] die neben der Höhe der Passivrauchexposition von Nichtrauchern in den USA auch die Dauer dieser Passivrauchexposition erfasste. Diese besagte, dass der durchschnittliche Nichtraucher in den USA ca. 88% seiner Zeit entweder zu Hause oder am Arbeitsplatz verbringt und dort gegenüber Passivrauch exponiert sein kann. Die Autoren Cummings, Fontham und Riboli kamen zu ähnlichen
Ergebnissen bezüglich der Passivrauchbelastung der Bevölkerung [3, 37, 38].
In einem nächsten Schritt schätzten die Autoren unter Verwendung des eigenen Modells zur Berechnung der Innenraumluftqualität [33] die typische Exposition gegenüber RSP-Partikeln durch Passivrauch in der nichtrauchenden arbeitenden USBevölkerung. Hieraus ergaben sich tägliche durchschnittlichen Menge an RSPPartikel (Q av) für die nichtrauchenden US-Bevölkerung, von (1)
Q av = 1,43 mg/Tag. (1)
Für die am höchsten Exponierten (Beschäftigte in Bars) nahmen die Autoren aufgrund von Ergebnissen vorangegangener Studien [34, 39] eine Verzehnfachung der
Werte für RSP-Partikel an und kamen damit auf einen Wert für die maximale Exposition (Q max) von (2)
Q max = 14,3 mg/Tag. (2)
Die gemessene RSP-Partikelkonzentration musste in einem nächsten Schritt ins
Verhältnis zur Nikotinkonzentration gesetzt werden. Guerin beschrieb hierfür eine
konstante Beziehung zwischen der Gesamtsumme an RSP und Nikotin, die im
Hauptstrom und Nebenstrom einer Zigarette freigesetzt werden [40].
Um den Koeffizienten zur Umrechnung einer RSP-Konzentration in eine Nikotinkonzentration zu bestimmen, untersuchten die Autoren Leaderer und Hammond in der
„NYSERDA Study of indoor air pollution“ die Beziehung zwischen RSP und Nikotin in
25
47 Haushalten mit Passivrauchexposition [41]. Aus den Messungen in den Haushalten ergab sich eine resultierende Beziehung zwischen RSP-Partikelkonzentration (R)
und der Nikotinkonzentration (N), die die folgende Gleichung verdeutlicht (3)
R= 9,8 N + 22,9 (µg/m³) (3),
Hier ergibt sich ein Korrelationskoeffizient von r²= 0,64 für die Beziehung von NikotinKonzentration zu RSP-Konzentration. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen Miesner et
al. [42], die die Arbeitsplatzkonzentration an RSP und Nikotin in 21 gewerblichen
Gebäuden untersuchten. Sie beschrieben ein Nikotin-zu-RSP-Konzentrationsverhältnis von 9 zu 1 für diese Gebäude (r²= 0,78). Nagda et al. [43] erhielten bei
Messungen
der
Innenraumluft
in
61
US-Flugzeugen
ein
Nikotin-zu-RSP-
Konzentrationsverhältnis von 10.3 zu 1. Zur weiteren Berechnung verwendeten die
Autoren Repace und Lowrey in ihrem Expositions-Modell ein mittleres Nikotin-zuRSP-Konzentrationsverhältnis von 10 zu 1.
Dieses in Felduntersuchungen bestimmte Nikotin zu RSP-Verhältnis wurde verwendet, um die tägliche mittlere Nikotinexposition am Arbeitsplatz für die nichtrauchende
Bevölkerung zu bestimmen. Dabei wurde die durchschnittliche Menge an RSPPartikeln (Q
av)
dividiert durch das N-zu-R Verhältnis (10:1). Daraus ergibt sich eine
tägliche durchschnittliche Menge an Nikotin für die nichtrauchende Bevölkerung
durch Passivrauch von
E av = 1,43 mg/Tag : 10 = 143 µg/ Tag (4)
und für die am höchsten Exponierten (E max) ein Nikotinkonzentration von
E max = 1430 µg/Tag (5)
Die individuelle Exposition (E
ind)
von Nikotin am Arbeitsplatz errechnet sich dann als
Produkt aus der Dauer der Exposition H (h/Tag), der durchschnittlichen Nikotinkonzentration N (µg/m³) und der Atemfrequenz des Nichtrauchers (m³/h):
Eind = H N p. (6)
Als Atemfrequenzen wurden 0,4 m³/h für Pausen, 1 m³/ h für leichte sitzende Bürotätigkeiten und 2 m³/h für schwere körperliche Arbeit verwendet.
Mit Hilfe pharmakologischer Modelle [44, 45] für geschlossene Räume lassen sich
die gemessenen Konzentrationen in der Raumluft für Nikotin in Cotininkonzentration
im Urin umrechnen [46, 47] und daraus die Belastung des Einzelnen durch Passivrauch berechnen. Der erste Schritt besteht dabei in der Berechnung der täglich aufgenommenen Nikotinkonzentration D. Diese Nikotinkonzentration D ist [48] unter der
26
Annahme eine Koeffizienten α (Nikotin-Absorptions-Effizienz der Lunge ) linear mit
der mittleren täglichen Exposition, E ind verknüpft:
D = α x E ind (µg/ Tag) (7).
Iwasi et al.[48] errechneten für den Koeffizienten α, der die Nikotin-AbsorptionsEffizienz der Lunge darstellt, der japanische Zigarettenmarke Mild Seven Wert für α
von 0,71. Der Koeffizient ist dimensionslos. Die Autoren Repace und Lowrey verwendeten diesen Wert für ihre weiteren Berechnungen.
In einem nächsten Schritt bestimmten Repace und Lowrey die Beziehung zwischen
der absorbierten Menge an Nikotin und der daraus resultierenden Konzentration von
Cotinin im Plasma. Wichtig ist, dass die Cotininkonzentration im Plasma in einem
festen Verhältnis zur absorbierten Menge an Nikotin steht. Die entscheidende Größe
dabei ist eine konstante totale Cotinin-Clearance. Aus ihr kann die absolute Menge
des ausgeschiedenen Cotinins im Urin berechnet werden. Werden die renale und die
plasmatische Cotinin Clearance [47, 49] miteinander in Beziehung gesetzt, so ergibt
sich bei täglicher Passivrauchexposition von Eav =143 µg Nikotin/Tag (aus Gleichung
4), eine Cotininkonzentration im Urin von 6,2 ng/ml. Ungerechnet auf das Plasma
ergibt sich eine Cotinin-Konzentration von 0,95 ng/ml. Entsprechend dem 10-fachen
Wert für die am höchsten exponierte Gruppe der Nichtraucher liegen die Werte entsprechend bei 62 ng/ml für Cotinin im Urin und 9,5 ng/ml im Plasma (Tabelle 5).
27
28
Tabelle 4: Kategorie 1c: Kurzbeschreibung des Urmodells von Repace und Lowrey
Autoren
Land
Ziel der Arbeit
Repace & Lowrey (1993)
USA
Repace, Jinot, Bayered,
Emmons, Hammond (1998) USA
verwendete Parameter
1. Entwicklung eines Modells, welches die maximale Konzentration von Passivrauch am Arbeitsplatz bestimmt,
2. Berechnung eines Arbeitsplatz Grenzwertes für Passivrauch
(nach amerikanischen Maßstäben)
1. Bestimmung der RSP-Konzentration in der Raumluft
2. Umwandlung von RSP zu Nikotin ;
3. Bestimmung der tägliche Nikotindosis;
4. Bestimmung der jährlichen Nikotindosis;
1. Bestimmung der Werte für Nikotin und Cotinin im Körper als
Indikatoren für Passivrauch
2. Berechnung eines Lebenszeitrisikos für Lungenkrebs durch
Passivrauch
Umrechnung einer Nikotinraumkonzentration in eine Cotininkonzentration in
a) Urin und
b) Speichel
29
30
Tabelle 5: Errechnete Daten aus dem Repace Modell im Vergleich mit gemessenen
Daten anderer Autoren zu Vorhersage eine Cotininkonzentration aus einer NikotinLungen – Exposition [34]
Modell von
Nikotinexpostion E in
Cotinin im
Cotinin im
der Luft µg/Tag
Urin U ng/ml
Plasma ng/ml
143
6,2
0,95
Repace
Exposition
durchschnittlich
Exponierte
1430
62
9,5
am höchsten
Exponiertea
gemessene
Keine Daten
5,6
1,1
Mittelwert
Werte
Keine Daten
55-90
10-15
am höchsten
Exponierteb
a
Es wird davon ausgegangen, dass die am höchsten Exponierten eine 10-fach höhere Exposition haben als der
durchschnittliche Nichtraucher [39]
b
Aufgrund von Messwerten vorangegangener Studien wurden hier die höchsten beim Nichtraucher gemessenen
Werte zugrunde gelegt, mit denen ein leichter Nieraucher von einem Passviraucher unterschieden werden
kann [34]
Repace und Lowrey überprüften ihre errechneten Werte für Cotinin in Urin und
Plasma mit Messungen anderer Autoren zur renalen und plasmatischen CotininClearance und konnte so ihre Ergebnisse validieren [2]. De Schepper et al. und Curvall et al. [50-52] lieferten Werte für die Konzentration von Cotinin im Blut und Urin
von Nichtrauchern, die Repace und Lowrey mit den ihrigen verglichen (siehe unterer
Abschnitt der Tabelle 6).
Im nächsten Schritt leiteten Repace et al. die mittlere Cotininkonzentration im Speichel aus einer täglichen Nikotinkonzentration am Arbeitsplatz ab (Gleichung 8, Tabelle 6). Die Formel von Repace und Lowrey lautet:
S(ng/ml) = 1000 (γγ φ α ρ / δ τ)
τ (H) (N 8-TWA) (8)
S = steady state Speichel Cotinin Konzentration
Die mittlere Nikotinkonzentration wird später benötigt wird, um ein Lebenszeit-Risiko
für einen durchschnittlichen 8 Stunden Arbeitstag zu errechnen:
N 8 -TWA (µg/ m³) =r f GN P S d P / q C V (9)
31
Tabelle 6: Erläuterung der Symbole von Repace und Lowrey
StandardParameter Definition des Parameters
Wert
abweichung
α
γ
δ
φ
ρ
τ
CV
Lungen Nikotinabsorptions- Effizienz
0,71
0,21
1,16
0,35
61
7,1
0,78
0,16
0,90
0,18
(dimensionslos)
Speichel zu Plasma Cotininverhältnis
(dimensionslos)
Plasma Cotinin Clearance
ml/ min
Nikotin zu Cotinin Konversionsfaktor
(dimensionslos)
Atemvolumen pro Person in der Stunde
m³/ h
Anzahl der Minuten des Tages
1440
(24 h x 60 min = 1440 min)
Luftaustauschrate (Luftwechsel je Stunde)
0,84
0,42
h -1
8-Stunden-Verhältniszahl, die die steady state Ni- 0,81
f
kotinkonzentration in eine mittlere Nikotinkonzentration bei 8 h Arbeitszeit umrechnet, (dimensionslos) (inklusive 1 h Pause)
GN
H
DP
q
r
Ps
32
Nikotinemissionsrate je Zigarette
1800
540
7
0,5
0,025
0,005
2,2
0,33
2
0,6
0,29
0,06
µg/ Zig
Dauer der Exposition
Stunden
Personendichte im Raum (Raumhöhe 4 m )
Personen/ m³
Verhältnis der effektiven Ventilationsrate zur mechanischen Ventilation (Ceff / Cv)
Zigaretten je Raucher in der Stunde
Zigaretten-Raucher/Stunde
Raucherprävalenz (Anzahl Raucher im Raum)
5.1.4.1
Anwendung der Formel von Repace et al. zur Abschätzung des
Erkrankungsrisikos durch Passivrauchexposition am Arbeitsplatz
Repace und Lowrey schätzten aus der Nikotinexposition durch Passivrauch ein Lebenszeit-Lungenkrebsrisiko ab [34]. Sie verwendeten dazu ihr RSP-Risiko-Modell
[39] und wandelten es in ein Nikotin-Cotinin-Riskomodell um. Dabei wurde eine lineare Dosis-Wirkungsbeziehung zwischen der täglichen Nikotindosis am Arbeitsplatz
und dem Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, angenommen [39].
Der hier geschätzte Konversionsfaktor Ħ von der Passivrauchexposition, ausgedrückt als Cotininkonzentration in Urin, zu einem lebenslangen Lungenkrebsrisiko
wird folgendermaßen ausgedrückt:
Ħ = 4 x 10-4 Lungenkrebstote per ng Cotinin/ml Urin
(bezogen auf ein durchschnittlich 40 jähriges Arbeitsleben)
Ausgehend von einer mittleren Cotininkonzentration im Urin ergibt sich hier ein Lebenszeitrisiko für Lungenkrebs bei durchschnittlich gegenüber Passivrauch exponierten Nichtrauchern2 von 2,2/1000 Nichtraucher. In der Gruppe der am höchsten Exponierten (Angestellte in Bars [53]) ergibt sich ein Risiko von 22/1000 Nichtrauchern.
5.2
Messungen der akuten Passivrauchexposition speziell im Gastgewerbe
Studien zur Messung der akuten Passivrauchexposition konnten zeigen, dass Mitarbeiter im Gastgewerbe hohen Nikotinkonzentrationen ausgesetzt sind. Dies konnte
sowohl durch Nikotinmessungen in der Raumluft als auch durch Cotininmessungen
im Speichel, Urin oder Blut nachgewiesen werden (Tabelle 7).
Collet et al. [54] führte 1992 Raumluftmessungen in Nachtclubs, Tavernen und Kneipen durch. Die höchsten Konzentrationen an Nikotin fanden sich erwartungsgemäß
in Nachtclubs mit 58 µg/m³ und Tavernen 46.6 µg/m³, da dort die Dichte der rauchenden Personen ebenfalls am höchsten war (70 Personen/ 100 m² und 33 Zigaretten/ 100 m²). Für Kneipen lag die Nikotinkonzentration der Raumluft bei 38,6µg/m³.
1993 verglich Siegel [8] die Nikotinkonzentration in Bars und Restaurants mit denen
in berauchten Bürogebäuden und zeigte für Bars eine 4,1-fach und für Restaurants
eine 1,6-fach höhere Nikotinkonzentration. Hyvärinen et al. [55] fand in Finnland Nikotinkonzentration in der Raumluft von Nachtclubs und Diskotheken, in denen Rauchen erlaubt war, bis zu 42,2 µg/m³ . Kuusimäki et al. [56] konnten zeigen, dass die
2
Nicht näher definiert
33
erhöhten Nikotinkonzentrationen in Bars, Restaurants und Cafés, gemessen nach
der Einführung des Rauchverbotes in Gaststätten, Bars, Nachtclubs und Kneipen
von 77 µg/m³ auf 0,6 µg/m³ [57, 58] sank. In Irland kam es nach Einführung eines
Rauchverbotes im Gastgewerbe zu einer ähnlichen Beobachtung [59].
Weitere Nikotinmessungen der Innenraumluft im Rahmen der Initiative „Europa gegen Krebs“ in sieben europäischen Großstädten [15] zeigten besonders in Restaurants und Diskotheken/Bars deutlich erhöhte Nikotinkonzentrationen. In Diskotheken,
in denen Rauchen in allen Ländern erlaubt war, wurden Konzentration von 19 –122
µg/m³ erreicht. Jenkins et al. [18] berichteten ebenfalls für Bars und Restaurants mit
Raucherbereich deutlich erhöhte Nikotinwerte in der Luft durch Passivrauchexposition.
Es zeigte sich in weiteren Studien, dass die Nikotinkonzentrationen in der Innenraumluft von der Raumaufteilung abhängen. Besonders hohe Nikotinkonzentrationen
(4-fach erhöht) ergaben sich für abgeschlossene Räume, die ausschließlich als Bar
genutzt wurden, im Vergleich zu Räumen, in denen auch ein Restaurant betrieben
wurde [60]. Ferner ergab sich in dieser Studie kein Einfluss der Art der Belüftung
(Klimaanlage oder Ventilator) auf die Konzentration an Nikotin [61].
Bolte et al. [62] berichtete kürzlich über die Passivrauchexposition in deutschen Restaurants, Pubs und Diskotheken. Sie zeigte erhöhte mittlere Nikotinkonzentrationen
in der Raumluft von 15 µg/m³ in Restaurants, 31 µg/m³ in Pubs und 193 µg/m³ in
Diskotheken. Des Weiteren konnte sie gute Korrelationen der Marker für Passivrauch
in der Raumluft, speziell des Nikotins, bezüglich der Raumgröße, der Gästezahl, der
durchschnittlichen Anzahl an Personen und der durchschnittlichen Anzahl an Rauchern feststellen.
Bezüglich der Cotininkonzentrationen im Urin konnten Johnsson et al. [63] für Beschäftigte in Nachtclubs nach einer Arbeitsschicht deutlich erhöhte Werte als vor einer Arbeitsschicht finden (5,5 ng/ml vs. 1,1 ng/ml).
Bergman et al. [13] konnten neben erhöhten Nikotinkonzentrationen von durchschnittlich 37,1 µg/m³ (28-50 µg/m³) in der Raumluft, ebenfalls erhöhte Cotininkonzentrationen im Speichel von nichtrauchenden Musiker in Nachtclubs finden (3,4
ng/ml; Range 1,7-5,0). Die Konzentrationen erhöhten sich dabei signifikant mit der
Expositionsdauer.
34
Tabelle 7: Kategorie 2: Studien zur Erfassung der akuten Expositionsabschätzung von Passivrauch speziell im Gaststättengewerbe
Studie
Land
Arbeitsplatz
Dauer
Ort/ Person der
der Exposition
Raumluftmessung
Toledo,
USA
Restaurant
Raucherzone
Bergman et al
(1996)
Oklahoma,
USA
Nachtclub
Bolte et al.
(2007)
Oberschleißheim,
Deutschland
Restaurants
Pubs/Kneipen
Disco
Vancouver,
Kanada
Nachtclub
Taverne
Kneipe
Collet et al.
(1992)
Gee et al.
2006)
6.1 (3.7-8.29)
18.5-29.5
4
1
Nikotin (VPN)
Speichel 2 oder Urin 3
(ng/ml)
11,3
24,9
3.0 3
Musiker
37,1
(28,0-50,0)
3.4 (1.7-5.0) 2
Raumluft
15
31
193
persönliches Monitoring
Raumluft
Personen / 100m² 70,37,41
Zigaretten / 100m² 33,27,19
Raumluftmessungen
im Barbereich
im Raucherbereich
Manchester,
GB
Kneipe (Pub)
Hyvärinen
et al (2000)
Helsinki,
Finnland
Nachtclub/Disco
Kneipe
Restaurant
4
Bedienung
Jenkins & Counts
(1999)
Oak Ridge,
USA
Bar/ Restaurant
4 -9
Barkeeper
Bedienung
Helsinki,
Finnland
Nachtclubs
Kneipe
Restaurant
7.21
6.49
6.50
Helsinki,
Finnland
Restaurant, Bar und
Cafes im NR-Bereich
Johnsson et al.
(2003)
Kuusimäki et al.
(1999)
Maskarinec
et al (2000)
Mulcahy et al.
(2005)
Oak Ridge,
USA
Bar
4
Bedienung
4.98
Barkeeper
Bedienung
Hotelangestellte
7 bis 10
Nebot et al.
(2004)
Barcelona,
Spain
Bar/Diskotheken
Restaurant
4
24
Siegel (1993)
Berkeley,
USA
Bar
Restaurant
Referenz Bürogebäude
Oslo,
Norwegen
Bar
Restaurants
~7
Cincinnati,
USA
Kasino
7
Skogstad et al. (2006) und
Ellingsen et al. (2006)
Trout et al.
(1998)
FPM
Sol-PM
41,8
58,2
17,7
21,6
3-EP
151
93
95
58
46,6
38,6
108,8
114,5
151
109
93,3
101,7
98
37
77
26
77,1
88,2
6,3
1,6
1,4
42,2
8,2
7,0
3,30
1,75
14,1
5,88
10,2
3,7
1,4
8
Galway,
Irland
innere Exposition Cotinin
im Plasma1
äußere Exposition (µg/ m³)
RSP
(PM 2.5)
in Stunden
Akbahr-Khanzahdeh
(2003)
Erfassung von Risikofaktoren
5,5 3
4,4 3
1,1 3
0,7 - 85
112
82
40,6
20,0
74,8
32,4
1,17
0,59
14,16
8,18
vor RV 35,5
nach RV 5,95
Barkeeper
Bedienung
5,4 vs. 2,6 3
3,9 vs. 1,6 3
19 - 122
1.6-17
Bedienung
Bedienung
348
117
57
19,7
6,5
4,1
vor dem Rauchverbot
nach dem Rauchverbot
262
77
28,3
0,6
15,3 3
1,6 3
Pokertisch
Kasinoallgemein
90
65
8 - 16
6-12
1,851, 2,923
35
36
5.3
Retrospektive Expositionsabschätzung und Risikoberechnung für mit
beruflicher Passivrauchexposition assoziierte Erkrankungen bei Mitarbeitern im Gaststättengewerbe
Insgesamt konnten die Autoren dieser Übersichtsarbeit nur drei Studien finden, die
die Modelle zur retrospektiven Expositionsabschätzung zur Risikoberechnung für
Mitarbeiter im Gaststättengewerbe anwendeten (Tabelle 8). Die im nachfolgenden
vorgestellten Studien von Hedley et al. [64] und Siegel und Skeer [8] verwendeten
dabei das o.g. Modell von Repace et al. [2, 33, 34].
In diesen beiden Studien wurden jeweils die auf Passivrauchexposition zurückzuführenden zusätzlichen Todesfälle berechnet.
5.3.1 Hedley et al.
Das von Repace und Lowrey entwickelte pharmakokinetische Risikomodel (vgl.
3.1.2) wurde in einer aktuellen Studie von Hedley et al. [64] genutzt, um bei Berufstätigen im Gastgewerbe in Hong Kong das Risiko für Lungenkarzinome und Herzerkrankungen durch Passivrauch abzuschätzen (siehe Tabelle 8). Innerhalb einer groß
angelegten Studie des Zentrums für Rauchen und Gesundheit in Hongkong wurde
zwischen Februar 2000 und Mai 2001 die Cotininkonzentrationen im Urin von 184
Mitarbeitern im Gastgewerbe, davon 151 Nichtrauchern, erfasst und die Passivrauchexposition am Arbeitsplatz mittels standardisiertem Fragebogen detailliert erfragt. Die Passivrauchexposition zu Hause, in der Freizeit und am Arbeitsplatz wurde
evaluiert, wobei zwischen Nichtraucherarbeitsplatz, begrenztem Raucherarbeitsplatz
(Rauchen in vorgeschriebenen Bereichen erlaubt) und unbegrenztem Raucherarbeitsplatz unterschieden wurde.
Um die Antworten der Teilnehmer bezüglich ihres individuellen Rauchverhaltens zu
validieren, wurde Kohlenmonoxid in der ausgeatmeten Luft der Gastgewerbemitarbeiter gemessen. Keiner der nach Eigenangabe nichtrauchenden Mitarbeiter hatte
entsprechend der gängigen Grenzwerte (mehr als 6 ppm für Kohlenmonoxid in der
ausgeatmeten Luft [65]) erhöhte Messwerte, die hinweisend auf eine unzuverlässige
Eigenangabe sein könnten. Die Cotininkonzentration im Urin wurde immunchemisch
bestimmt und zeigte bei Probanden, die in einer Gaststätte arbeiteten, in der Rauchen unbegrenzt möglich war, einen mittleren Wert von 15,9 ng/ml (7,6 – 23,1ng/ml).
Dies entsprach einer etwa dreifachen Erhöhung der Cotininkonzentration im Ver37
gleich zu wenig exponierten Büroarbeitsplätzen [2]. Die Cotininkonzentration im Urin
wurde unter der Annahme einer 11-stündigen Arbeitsschicht und einer mittleren Atemfrequenz von 1 m³/h für leichte Tätigkeiten (die anderen Parameter der Gleichung
entsprechen den Werten von Repace und Lowrey) entsprechend der Repace und
Lowrey-Gleichung in eine RSP-Konzentration in der Raumluft umgerechnet. Dies
ergab eine durch Passivrauch verursachte RSP-Exposition von 429 µg/m³ RSPPartikeln und eine kumulative Konzentration von 185 µg/m³ (77-337µg/m³) RSPPartikeln pro Jahr (basierend auf 250 Arbeitstagen pro Jahr) über 40 Jahre.
Legt man die altersstandartisierte Mortalitätsrate für Lungenkarzinome und kardiale
Ereignisse in Hongkong zu Grunde, errechnet sich bei einer durch Passivrauch verursachten Cotininkonzentration im Urin von 15,9 ng/ml eine Lungenkarzinom- und
Herzerkrankungsrate von 3% pro Jahr (10. Perzentile 1% und 90. Perzentile 6%,
Gruppe der am stärksten exponierten Gruppe 10-21%). Von 1000 Nichtrauchern3 im
Gastgewerbe versterben im Jahr diesen Daten zufolge somit ca. 30 an den Folgen
von Lungenkrebs und den Folgen einer Herzerkrankung infolge von Passivrauchexposition. Das Verhältnis von kardialen Ereignissen zu Lungenkrebs 10:1. Dies bedeutet, dass drei Personen an durch Passivrauch verursachtem Lungenkrebs und
die anderen 27 an den Folgen der durch Passivrauch verursachten Herzerkrankungen versterben.
5.3.2 Siegel und Skeer
Zu sehr ähnlichen Ergebnissen kommt die Arbeit von Siegel und Skeer aus dem Jahr
2003 [8]. Die Autoren untersuchten dabei die aktuelle wissenschaftliche Literatur zur
Erfassung der Passivrauchexposition in Bars, Billiardspielhallen, Bowlingzentren,
Bingospielstätten und Wettbüros. Zur Risikoberechnung wurden nur Studien verwendet, die die Nikotinkonzentration in Innenräumen gemessen hatten.
Anhand dieser Nikotinkonzentration bestimmten die Autoren mit Hilfe der Gleichung
von Repace und Lowrey [34], bezogen auf die Lebensarbeitszeit, die Anzahl der
durch Passivrauch zusätzlich entstandenen Lungenkrebstodesfälle. Die Nikotinkonzentration im Gastgewerbe war 2,4-fach bis 18,5-fach höher als in Bürogebäuden
(4,1 µg/m³) und Wohnräumen ohne Rauchverbot (4,3 µg/m³) sowie 1,5-fach bis 11,7fach höher als in Restaurants (6,5 µg/m³). Am höchsten waren die Nikotinkonzentra-
3
Nicht näher definiert
38
tionen in Bingospielsstätten mit 76,0 µg/m³ (65,5-81,2 µg/m³) gefolgt von Bars mit
31,1µg/m³ (7,4 – 105,4 µg/m³) (vgl. Tabelle 9).
Tabelle 9: Nikotinkonzentration in der Innenraumluft an verschiedenen Arbeitsplätzen
im Gaststättengewerbe im Vergleich zu Büroarbeitsplätzen und häuslichem Umfeld
Arbeitsplatz
Büro
Wohnung
Restaurants
Bowlingcenter
Billardcenter
Bars
Mittlerer Nikotingehalt (Range) in
µg/m3
4,1 (0,8-22,1)
4,3 (1,6-21,0)
6,5 (3,4-34,0)
10,5 (10,1-10,7)
13,0 (9,8-19,4)
31,1 (7,4-105,4)
Verhältnis
1,0
1,0
1,6
2,6
3,2
7,6
Bei diesen Nikotinkonzentrationen ergaben sich für das Gastgewerbe zusätzliche
1,0-4,1 Lungenkrebstote je 1000 Mitarbeiter durch Passivrauch. In Bars errechneten
sich aufgrund der höheren Nikotinkonzentration circa 14 Lungenkrebstote pro 1000
Mitarbeiter, die auf Passivrauch am Arbeitsplatz zurückzuführen sind.
5.3.3 Jamrozik
In England berechnete Jamrozik [66] unter der Annahme einer Passivrauchprävalenz
am Arbeitsplatz von 11%, den Cotininmessungen im Speichel von Jarvis et al. [67]
und den von Woodward and Laugensen [68] aus Metaanalysen mittleren relativen
Risiken für allgemeine Arbeitsplätze die auf Passivrauch in England zurückzuführenden zusätzlichen Todesfälle. Hierbei leiteten sie aus den von Woodward und Laugensen [68] aus Metaanalysen entnommenenen mittleren relativen Risiken am Arbeitsplatz (Lungenkrebs 1,24; 95% Konfidenzintervall 1,13-1,36, koronare Herzerkrankungen 1,21; 1,04-1,41, Schlaganfälle Männer 2,10; 1,33-3,32; Frauen 1,66;
1,07-2,57) relative Risiken für Mitarbeiter im Gastgewerbe, die in Bars, Nachtclubs
und Kneipen arbeiteten, ab. Diese wurden mit 1,73 für Lungenkrebs, 1,61 für koronare Herzerkrankungen und 2,37 für Schlaganfälle angegeben. Zur Herleitung dieser
Relativen Risiken machen die Autoren machen die Autoren keine Angaben. Darüber
hinaus fehlt in dieser Arbeit die Berechnung von Konfidenzintervallen.
39
40
Tabelle 8: Kategorie 3: Retrospektive Expositionsabschätzung und Risikoberechnung für mit Passivrauch assoziierte Erkrankungen bei Mitarbeitern im Gaststättengewerbe
Studie
Land
Hedley, A et al.
(2006)
Siegel, M & Skeer, M
(2003)
Jamrozik, K
(2005)
Arbeitsplatz Gastgewerbe
Risiko a
Krankheit
Erfassung Risikofaktoren
Nikotin 1 / RSP2 in der Luft
Kotinin im Plasma 1,
Speichel 2 oder Urin 3
25.7 ng/ml
(SD 29.4 )3
Hong Kong, China
104 NR
Lungenkrebs
KHK
WLT 40 Risiko = 2.7/1000
WLT 40 Risiko = 7.8/1000
429 µg/m³ (SD 522 µg/m³) 2
Bosten, USA
27 Bars
Lungenkrebs
WLT 40 Risiko = 1.0-4.1/ 1000
31.1 µg/m³ (7.4 -105.4) 1
(7.6-fach höher als ein Büroabeitsplatz)
1.15 Mio Mitarbeiter im
Gastgewerbe
Lungenkrebs
KHK
Schlaganfälle
RR 1.73 vs RR 1.24c
RR 1.61 vs RR 1.20c
RR 2.37 vs RR 1.45c
England,
GB
a
WLT = working lifetime excess mortality risk = Lebensarbeitszeit Mortalitätsrisiko
b
NR
c
Beschätigte in Pubs, Bars und Nightclubs gegenüber Beschäftigten in Hotels und Restaurants
= Nichtraucher
Lebensarbeitszeit = 8 Stunden pro Tag, an 5 Tagen der Woche, 250 Tage im Jahr, 40 Jahre lang
41
42
6
Diskussion
Das Ziel dieser Literaturauswertung bestand darin, die bestehende Literatur zum Zusammenhang zwischen äußeren Faktoren (Belüftung, Größe des Raumes, durchschnittliche Anzahl der Gäste,…), individuellen Faktoren (beispielsweise geschätztem Atemminutenvolumen in Abhängigkeit von der Schwere der Tätigkeit) und der
persönlichen Passivrauchexposition zu prüfen und ein Modell zur retrospektiven Expositionsabschätzung an Arbeitsplätzen im Gastgewerbe abzuleiten.
6.1
Diskussion der Methoden
Veröffentlichungen vor dem Januar 1990 wurden ausgeschlossen, da die Gefahren
des Passivrauchs trotz der damals bereits bekannten Gefahren des Aktivrauchens
bis Anfang der 90er Jahre noch nicht im Focus der Wissenschaft waren. Die Schlüsselwörter der Suche wurden an der Problemstellung ausgerichtet. Durch Mehrfachkombinationen der Schlüsselwörter konnte eine vollständige Suche gewährleistet
werden. Die Studienpopulation wurde bewusst nicht vorab definiert, da die gewünschte Population „Beschäftigte im Gaststättengewerbe“ die Suche nach entsprechenden Literaturstellen zu sehr eingeschränkt hätte und möglicherweise keine Veröffentlichungen zu validen Expositionsmodellen gefunden worden wären.
6.2
Vorliegende Modelle zur Expositionsabschätzung von Passivrauch am
Arbeitsplatz
6.2.1 Expositionserfassung anhand von Fragebogendaten
Die von einigen Autoren verwendeten Methoden zur Erfassung der kumulativen Exposition [12, 19, 23] oder ein Index, der aus der Anzahl der Passivrauchjahre multipliziert mit dem Grad der subjektiven Verrauchtheit des Arbeitsplatzes [22, 69] gebildet
wird, gibt einen groben Anhalt für die tatsächliche lebenslange Passivrauchexposition.
Die Berufsjahre und wöchentlichen Arbeitszeiten im Gastgewerbe unterscheiden sich
individuell stark. Klassische Arbeitsmodelle wie im Angestelltenverhältnis im Büroalltag, wo von einer täglichen Arbeitszeit von 8 Stunden von Montag bis Freitag über
einen Zeitraum von 40 Jahren ausgegangen werden kann, bestehen in der Regel im
Gastgewerbe nicht. Bei Angestellten in Restaurants und Cafés sind Arbeitszeiten im
Schichtbetrieb mit teilweise 10 Stunden an unterschiedlichen Tagen der Woche üb43
lich. Im Bereich der Diskotheken und Nachtclubs sind entsprechend den Öffnungszeiten Arbeitszeiten beispielsweise nur an drei Wochentagen üblich. Hier sind jedoch
auch längere Schichten von bis zu 12 Stunden möglich. Generelle Angaben zu Arbeitszeiten sind im Gastgewerbe somit schwierig, können im Einzelfall jedoch erfragt
werden.
Zur Abschätzung eines gesundheitlichen Risikos durch Passivrauch ist neben der
Dauer besonders die Intensität der Passivrauchexposition von entscheidender Bedeutung. Zur Abschätzung der Intensität verwendeten die Autoren europäischer Studien [12, 22] eine subjektive Beurteilungsskala des Verrauchtheitsgrades eines
Raumes mit der Unterteilung 1 = kein Rauch, 2 = leichter Rauchgeruch, 3 = riechbarer und sichtbarer Rauch. Dieser Skalenwert wird anschließend mit den in Passivrauch verbrachten Arbeitsjahren multipliziert. Der daraus errechnete Wert kann als
Annäherung an die tatsächliche kumulative Exposition durch Passivrauch verstanden
werden. Für eine genauere Bestimmung der Passivrauchintensität im Gastgewerbe
ist ferner die Anzahl der Raucher in einem Arbeitsraum (Raucherprävalenz), die Anzahl der gerauchten Zigaretten je Raucher in der Stunde und die Dichte der Personen pro 100 m² erforderlich.
Eine aktuelle Publikation von Lampert und Burger [70] kommt zu dem Ergebnis, dass
sich die Raucherprävalenz in Deutschland in den letzen 20 Jahren deutlich verändert
hat. Dies erschwert die retrospektive Expositionserfassung generell. Rauchten beispielsweise in den 1980er Jahren nur circa 20 Prozent der Frauen, liegt deren Anteil
heute bei 28 Prozent. Bei Männern dagegen gab es einen Rückgang der Raucherprävalenz von 45 Prozent auf 37 Prozent. In der Altersgruppe der 18-19Jährigen, der Gruppe mit den häufigsten Besuchen in Diskotheken und Nachtclubs,
liegt die Raucherprävalenz jedoch mit 54 Prozent für junge Männer und 48 Prozent
für junge Frauen [71] wesentlich höher. Damit sind nichtrauchende Mitarbeiter von
Diskotheken und Nachtclubs bezüglich der Intensität im Sinne der Raucherprävalenz
am stärksten belastet. Zu den beiden anderen Parametern, die die Intensität des
Passivrauches widerspiegeln, der Anzahl der gerauchten Zigaretten je Raucher pro
Stunde und die Personendichte pro 100 m² Raum, existieren ebenfalls nur wenige
Daten. Collet et al. [54] bestimmten während Raumluftmessungen in Nachtclubs, Tavernen und Kneipen neben der Nikotinkonzentration auch die Anzahl der Personen
je 100 m² und die Anzahl der Zigaretten je 100 m². Die höchste Personendichte pro
44
100 m² und die höchste Anzahl gerauchter Zigaretten pro 100 m² wurden in Nachtclubs gemessen.
6.2.2 Zigarettenäquvalente
Puntoni et al. [24] entwickelten ein Berechnungsmodell des Lungenkrebsrisikos bei
niedrigem Zigarettenkonsum (<5 Zigaretten/Tag). Sie konnten zeigen, dass auch im
unteren Dosisbereich für Tabakrauch und Lungenkrebs eine lineare Dosis-WirkungsBeziehung gilt und somit auch niedrige Passivrauchexpositionen einen karzinogenen
Effekt haben können. Für die Komplexität der Expositionserfassung im Gastgewerbe
scheint diese Methode jedoch aufgrund des Fehlens wichtiger Parameter (z.B. Größe des Raumes, Anteil der Raucher etc.) evtl. eingeschränkt nutzbar zu sein.
6.2.3 Berechnung der Qualität der Innenraumluft – Respirable Suspended Particles
Klepeis et al. und Ott et al. [28, 31, 32] befassten sich mit Modellen zur Vorhersagbarkeit der Luftqualität in Innenräumen während des Rauchens anhand von Messungen der RSP-Partikel. Diese Modelle konnten durch Messungen der RSP-Partikel
Konzentration in Innenräumen validiert werden und spiegeln somit die Passivrauchexposition gut wider. Für eine Risikoabschätzung scheint diese Expositionsabschätzung des Passivrauchs jedoch unzureichend, da individuelle Faktoren nicht in Betracht gezogen werden.
6.2.4 Mathematische Modellentwicklungen zur Expositionsabschätzung
Im Rahmen dieser Literaturrecherche konnten neben dem bereits in den frühen
1980ern beschriebenen Model von Repace und Lowrey [33] keine weiteren validen
Modelle zur Expositionserfassung und Risikoberechnung im Gastgewerbe eruiert
werden. Alle später entwickelten Risikoberechnungen beruhen auf dem Grundprinzip
dieses Berechnungsmodells.
Das Belastungsmodell von Repace und Lowrey hat sich zur Erfassung der Passivrauchexposition am allgemeinen Arbeitsplatz wie Bürogebäuden als fester Bestandteil der wissenschaftlichen Arbeitswelt etabliert. Für die Mitarbeiter im Gastgewerbe
hingegen, die nach den erhobenen Nikotinwerten in höchstem Maße belastet ist,
existieren bis dato keine speziellen Modelle zur Abschätzung der kumulativen Exposition durch Passivrauch.
45
Repace und Lowrey [2, 33, 34] gehen in ihrem Berechnungsmodell für Erkrankungen
durch Passivrauch von einer lebenslangen Arbeitszeit von 40 Arbeitsjahren aus. In
Diskotheken und Nachtclubs arbeiten jedoch vorwiegend jüngere Menschen für
meist nur kurze Zeiträume, die jedoch von extremen Passivrauchbelastungen geprägt sind. Es ist zu vermuten, dass gerade in diesem körperlich sehr belastenden
Beruf Mitarbeiter häufiger in andere unbelastete Arbeitsbereiche wechseln und nicht
konstant 40 Jahre arbeiten. Da wenige Daten zur Dauer der Arbeitsverhältnisse im
Gastgewerbe existieren, kann eine generelle Risikoabschätzung hier nur bedingt erfolgen. Die individuellen Zeiten des Arbeitsverhältnisses könnten jedoch erfragt werden und das Modell dementsprechend angepasst werden.
Das bedeutendste Problem am Expositions-Belastungs-Modell von Repace und Lowrey [2, 33, 34] ist die Beeinflussung der gesundheitlichen Risiken durch Fehlklassifikation der Passivrauchexposition. Jeder Raucher und Exraucher, der nach dem Interview als Nichtraucher klassifiziert wird, beeinflusst das relative Risiko an Lungenkrebs zu erkranken. Dies könnte fälschlicherweise zu einer Risikoerhöhung führen.
Die Rate der Fehlklassifikation eines Exponierten ist abhängig vom Diskriminationskriterium wie beispielsweise die Höhe der Cotininkonzentration im Speichel (siehe oben). Diese Fehlklassifikation ist jedoch als gering einzustufen, da basierend auf
einer Cotininkonzentration im Speichel von mehr als 100 ng/ml für aktive Raucher
Fehlklassifikationsraten von nur 1,6 % bis 6,1 % berichtet wurden [72].
Fast jeder Nichtraucher ist im Alltagsleben, wenn auch nur in geringem Maße, gegenüber Passivrauch exponiert. Daraus ergibt sich die Frage, welchen Anteil die
Passivrauchexposition am Arbeitsplatz im Gastgewerbe an der Gesamtexposition
gegenüber Passivrauch hat und wie sich daraus das Risiko verändert. Daten dazu
fehlen jedoch. Berechnungen an Angestellten im Büroalltag zeigten, dass eine Fehlklassifikation der Exposition für Nichtexponierte und eine Hintergrund-PassivrauchExposition eine Unterschätzung des tatsächlichen relativen Risikos von 2,0 auf 1,2
bewirken kann [73-75].
Generell ist das Modell von Repace und Lowrey jedoch gut geeignet zur retrospektiven Expositionsabschätzung der Passivrauchexposition am Arbeitsplatz und können
auf das Gaststättengewerbe übertragen werden. Die hierfür verwendeten Parameter
sind umfangreich und scheinen die tatsächliche Exposition valide widerzuspiegeln.
46
6.3
Messungen der akuten Passivrauchexposition speziell im Gastgewerbe
Zur Erfassung der akuten Passivrauchexposition des einzelnen Mitarbeiters im Gastgewerbe hat sich die Verwendung des Nikotinabbauproduktes Cotinin durchgesetzt.
Es kann im Speichel, im Plasma und im Urin gemessen werden. Es zeigen im Mittel
für Cotinin im Speichel Werte zwischen 2,32 und 3,72 ng/ml. Die Werte für Cotinin im
Urin weisen eine erhebliche Schwankungsbreite auf und reichen von 1,1 ng/ml für
Bedienungspersonal in Restaurants bis 15,3 ng/ml für Kellner und Kellnerinnen in
Bars [76]. Der große Vorteil der Nikotin- und Cotininmessung ist ihre Sensitivität und
Spezifität als Biomarker für Passivrauch sowie die Nachweisbarkeit auch geringer
Dosen [77].
Problematisch allerdings ist zum einen die kurze Halbwertzeit beider Indikatoren (2
Stunden für Nikotin und 16-22 Stunden für Cotinin), welches gerade für Erkrankungen mit langer Latenz wie das Lungenkarzinom von Nachteil ist. Zum anderen bestehen große interindividuelle Unterschiede in der Aufnahme, im Metabolismus und
in der Elimination. Mögliche Beeinflussungen des Cotininspiegels im Serum durch
Nahrungsbestandteile in Gemüse wie Tomaten, Kartoffeln oder auch Tee konnten
als gering und daher vernachlässigbar gegenüber der Passivrauchexposition nachgewiesen werden [78]. Schwierig bei der Cotininbestimmung im Speichel ist ferner
die Diskriminierung von einer Hintergrund-Passivrauch-Exposition, die im Alltagsleben nahezu jedes Menschen vorhanden ist, gegenüber einer geringen Passivrauchexposition am Arbeitsplatz [17, 79]. Übersichtsarbeiten von Etzel und Odgen et al.
[80-82] zeigten, dass Passivrauchexposition in der Regel zu einer Konzentration im
Speichel von Cotinin zwischen 0-10 ng/ml führt und starke Passivrauchexposition zu
Cotinin-Speichelkonzentrationen von über 10 ng/ml führt. Als aktiver Raucher ist eine
Person ab einer Konzentration von 100 ng/ml Cotinin im Speichel einzuschätzen.
Dies ist als Unterscheidungsschwelle von großer Bedeutung. Falls ein Exponierter
aktiver Raucher ist oder war, kann sein Erkrankungsrisiko nicht mehr BK-relevant
zusätzlich durch Passivrauch erhöht werden [14]. Wichtig ist ferner, dass eine länger
als 15 Jahre zurückliegende Passivrauchexposition das Risiko für Lungenkrebs nicht
erhöht. Es entspricht dann dem Risiko eines Nichtrauchers ohne Passivrauchexposition mit einem relativen Risiko von 0,92 (95% CI: 0,67-1,26) [12].
Als weiterer Indikator für die Passivrauchexposition wurde Nikotin in der Raumluft
von Bars, Diskotheken, Nachtclubs und Kneipen gemessen. Dort liegen mittlere
Konzentrationen für Nikotin um das 10-fache und mehr, in einigen sogar um das 2047
fache, höher als in Büroräumen und öffentlichen Gebäuden wie Schulen und Krankenhäusern. Aufgrund der erheblich variierenden Arbeitszeiten, wie z.B. Schichtarbeiten von 4 bis 12 Stunden, sind die Mitarbeiter diesen hohen Nikotinmengen unterschiedlich lange ausgesetzt. Eine gerade erschienene Veröffentlichung [62] erhob
Nikotin in der Raumluft getrennt für Restaurants und Cafés, sowie für Kneipen und
Bars und für Diskotheken und Nachtclubs in Deutschland. Die mittleren Nikotinwerte
für Restaurants und Cafés, Kneipen und Bars entsprachen denen anderer europäischen Studien [15, 57-59]. Für Diskotheken und Nachtclubs hingegen wurden Werte
von im Mittel 226 ng/ml Nikotin in der Raumluft gemessen. Dieser Nikotinwerte liegt
um das doppelte höher als der höchste Wert in der Veröffentlichung von Nebot et al.
[15], Moshammer et al. [83] und Cains et al. [84] und dreimal so hoch wie die von
Gee et al. [61] gemessenen Nikotinwerte in britischen Pubs. Es ist insofern davon
auszugehen, dass die internationalen Studien die Exposition im Gaststättengewerbe
teilweise eher unterschätzen. Die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse von Bolte et al.
[62] sollte in diesem Kontext vor der flächendeckenden Einführung der Nichtrauchergesetze überprüft werden.
Insgesamt ist die akute Passivrauchexposition am Arbeitsplatz als ungeeignetes Maß
zur retrospektiven Risikoabschätzung Erkrankung mit langer Latenzzeit wie Lungenkarzinom oder COPD in einem BK-Verfahren einzuschätzen. Dies gilt verstärkt nach
Umsetzung der Nichtrauchergesetze in Deutschland.
6.4
Retrospektive Expositionsabschätzung und Risikoberechnung für mit
Passivrauch assoziierte Erkrankungen bei Mitarbeitern im Gaststättengewerbe
6.4.1 Hedley et al.
Hedley et al. [64] zeigten in einer Studie bei Mitarbeitern im Gastgewerbe in Hong
Kong, dass durch Passivrauchexposition vermehrt kardiovaskuläre und pulmonale
Todesfälle zu erwarten sind. Dabei verwendete er das Belastungsmodell von Repace
und Lowery. Im Gegensatz zu deren Modell wurde jedoch ein etwas höheres Atemvolumen in Höhe von 1 m³/h für leichte Tätigkeiten (die anderen Parameter der Gleichung entsprechen den Werten von Repace und Lowrey) verwendet. Im Gastgewerbe kann es jedoch zu deutlich vermehrter Belastung kommen. Für diese würde nach
dem Modell von Repace und Lowrey ein Atemvolumen von 2 m3/h angesetzt werden
48
müssen. Damit würde es hier sogar zu einer Unterschätzung des tatsächlichen Risikos kommen.
6.4.2 Siegel und Skeer
Siegel und Skeer errechneten circa 14 Lungenkrebstote pro 1000 Mitarbeiter, die auf
eine 40 jährige Passivrauchexposition am Arbeitsplatz zurückzuführen sind. Wie
schon in Punkt 4.2.4. ausgeführt, ist eine 40-jährige Expositionsdauer im Gastgewerbe zwar selten, muss jedoch auch berücksichtigt werden.
6.4.3 Jamrozik
Jamrozik [66] verglich das Risiko von durch Passivrauch verursachten Erkrankungen
von Mitarbeitern in Kneipen, Nachtclubs und Bars mit dem Risiko von Mitarbeitern in
Hotels und Restaurants. Dabei ist das relative Risiko für Lungenkrebs bei Mitarbeitern in Kneipen, Nachtclubs und Bars deutlich erhöht gegenüber Mitarbeitern in Hotels und Restaurants (1,73 vs. 1,24). Dies entspricht auch den deutlich erhöhten
Messwerten für Nikotin in der Raumluft, die zur Erfassung der äußeren Belastung in
Nachtclubs und Diskotheken gemessen wurden [85].
49
6.5
Schlussfolgerung
Es ist bekannt, dass durch die Passivrauchexposition im beruflichen Alltag gesundheitlichen Gefährdungen für den nierauchenden Mitarbeiter ausgehen. Die vorliegenden Risikoabschätzungen von Repace, Siegel und Skeer, Hedley et al., sowie
Jamrozik [2, 8, 64, 66] gehen übereinstimmend von besonders deutlich erhöhten Risiken für Mitarbeiter im Gastgewerbe aus.
Die hier geforderten Parameter können ein Anhalt für eine mögliche BKAnerkennung von Lungenkrebs durch Passivrauchexposition im Gastgewerbe auch
in Deutschland sein. Die vorliegende Literaturauswertung zeigt zudem Möglichkeiten
auf, die BK-rechtlich relevanten Schwellen insbesondere für Lungenkrebs durch
Passivrauchexposition für nierauchende Angestellte im Gastronomiegewerbe genauer festzulegen. Die Datenlage für andere Erkrankungen ist derzeit nicht ausreichend
für eine abschließende Beurteilung relevanter Schwellen.
Die Anzahl der Studien, die sich mit der retrospektiven Risikoabschätzung der durch
Passivrauchexposition verursachten Krankheiten im Gastgewerbe beschäftigen, ist
allerdings bisher begrenzt. Dennoch kann das von Repace und Lowrey vorgelegte
Modell auch im Gastgewerbe angewandt werden, um auch eine individuelle retrospektive Expositionsabschätzung zuzulassen. Hierbei sollte ferner bei der Expositionserfassung eine Unterscheidung in Personal von Restaurants und Cafés sowie in
Kneipen, Bars, Diskotheken und Nachtclubs vorgenommen werden.
Aus den vorhandenen Daten ergibt sich, dass Mitarbeiter in Bars, Kneipen, Diskotheken und Nachtclubs im Gruppenmittel besonders hoch gegenüber Passivrauch
belastet sind. Dies konnte sowohl durch Fragebogenangaben, Messungen der akuten Exposition sowie retrospektiver Modellierung der Exposition bestätigt werden.
Das relative Risiko ist für diesen Personenkreis bei Annahme eines linearen Zusammenhangs zwischen Exposition und Lungenkrebs um den Faktor 10 gegenüber
durchschnittlich exponierten Büroangestellten bei 40 jähriger Tätigkeit über 8
h/Arbeitstag erhöht. Somit ergäbe sich bereits nach einer 8-jährigen Exposition im
Mittel eine Risikoverdopplung für die am höchsten im Vergleich zur am geringsten
exponierten Gruppe.
50
7
Literatur
1.
Hammond, S.K., Exposure of U.S. workers to environmental tobacco smoke.
Environ Health Perspect, 1999. 107 Suppl 2: p. 329-40.
Repace, J.L., et al., Air nicotine and saliva cotinine as indicators of workplace
passive smoking exposure and risk. Risk Anal, 1998. 18(1): p. 71-83.
Riboli, E., et al., Exposure of nonsmoking women to environmental tobacco
smoke: a 10-country collaborative study. Cancer Causes Control, 1990. 1(3):
p. 243-52.
Radon, K. and D. Nowak, Passivrauchen--aktueller Stand des Wissens. Dtsch
Med Wochenschr, 2004. 129(4): p. 157-62.
He, J., et al., Passive smoking and the risk of coronary heart disease--a metaanalysis of epidemiologic studies. N Engl J Med, 1999. 340(12): p. 920-6.
Kreuzer, M., et al., Risk factors for lung cancer among nonsmoking women. Int
J Cancer, 2002. 100(6): p. 706-13.
Siegel, M., E.M. Barbeau, and O.Y. Osinubi, The impact of tobacco use and
secondhand smoke on hospitality workers. Clin Occup Environ Med, 2006.
5(1): p. 31-42, viii.
Siegel, M. and M. Skeer, Exposure to secondhand smoke and excess lung
cancer mortality risk among workers in the "5 B's": bars, bowling alleys, billiard
halls, betting establishments, and bingo parlours. Tob Control, 2003. 12(3): p.
333-8.
DFG, Senatskommission zur Bewertung Gesundheitsgefährdender Arbeitstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft
MAK- und BAT-Werte-Liste 1998. p.
Stranges, S., et al., Lifetime cumulative exposure to secondhand smoke and
risk of myocardial infarction in never smokers: results from the Western New
York health study, 1995-2001. Arch Intern Med, 2006. 166(18): p. 1961-7.
Wakefield, M., et al., Secondhand smoke exposure and respiratory symptoms
among casino, club, and office workers in Victoria, Australia. J Occup Environ
Med, 2005. 47(7): p. 698-703.
Boffetta, P., et al., Multicenter case-control study of exposure to environmental
tobacco smoke and lung cancer in Europe. J Natl Cancer Inst, 1998. 90(19):
p. 1440-50.
Bergman, T.A., et al., Occupational exposure of nonsmoking nightclub musicians to environmental tobacco smoke. Am Ind Hyg Assoc J, 1996. 57(8): p.
746-52.
Husgafvel-Pursiainen, K., Biomarkers in the assessment of exposure and the
biological effects of environmental tobacco smoke. Scand J Work Environ
Health, 2002. 28 Suppl 2: p. 21-9.
Nebot, M., et al., Environmental tobacco smoke exposure in public places of
European cities. Tob Control, 2005. 14(1): p. 60-3.
Eisner, M.D., et al., Measurement of environmental tobacco smoke exposure
among adults with asthma. Environ Health Perspect, 2001. 109(8): p. 809-14.
Jaakkola, M.S. and J.J. Jaakkola, Assessment of exposure to environmental
tobacco smoke. Eur Respir J, 1997. 10(10): p. 2384-97.
Jenkins, R.A. and R.W. Counts, Occupational exposure to environmental tobacco smoke: results of two personal exposure studies. Environ Health Perspect, 1999. 107 Suppl 2: p. 341-8.
Lee, C.H., et al., Lifetime environmental exposure to tobacco smoke and primary lung cancer of non-smoking Taiwanese women. Int J Epidemiol, 2000.
29(2): p. 224-31.
51
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
19.
20.
21.
22.
23.
24.
25.
26.
27.
28.
29.
30.
31.
32.
33.
34.
35.
36.
37.
38.
52
Vineis, P., et al., Lung cancers attributable to environmental tobacco smoke
and air pollution in non-smokers in different European countries: a prospective
study. Environ Health, 2007. 6: p. 7.
Eisner, M.D., et al., Lifetime environmental tobacco smoke exposure and the
risk of chronic obstructive pulmonary disease. Environ Health, 2005. 4(1): p. 7.
Kreuzer, M., et al., Environmental tobacco smoke and lung cancer: a casecontrol study in Germany. Am J Epidemiol, 2000. 151(3): p. 241-50.
Brennan, P., et al., Secondhand smoke exposure in adulthood and risk of lung
cancer among never smokers: a pooled analysis of two large studies. Int J
Cancer, 2004. 109(1): p. 125-31.
Puntoni, R., et al., Mathematical modelling in risk/exposure assessment of tobacco related lung cancer. Carcinogenesis, 1995. 16(7): p. 1465-71.
Wald, N., Urinary cotinine as marker of breathing other people's tobacco
smoke. Lancet, 1984. 1 (8370)(230-1).
Tweedie, R.L. and K.L. Mengersen, Meta-analytic approaches to doseresponse relationships, with application in studies of lung cancer and exposure to environmental tobacco smoke. Stat Med, 1995. 14(5-7): p. 545-69.
Saracci, R. and E. Riboli, Passive smoking and lung cancer: current evidence
and ongoing studies at the International Agency for Research on Cancer. Mutat Res, 1989. 222(2): p. 117-27.
Klepeis, N.E., Validity of the uniform mixing assumption: determining human
exposure to environmental tobacco smoke. Environ Health Perspect, 1999.
107 Suppl 2: p. 357-63.
Klepeis, N.E., W.R. Ott, and J.L. Repace, The effect of cigar smoking on indoor levels of carbon monoxide and particles. J Expo Anal Environ Epidemiol,
1999. 9(6): p. 622-35.
Ott, W.R., L. Langan, and P. Switzer, A Time series model for cigarette smoking activity patterns: model validation for carbon monoxide and respirable particles in a chamber and an automobile. J Expo Anal Environ Epidemiol, 1992.
2(Suppl2): p. 175-200.
Ott, W.R., Mathematical models for predicting indoor air quality from smoking
activity. Environ Health Perspect, 1999. 107 Suppl 2: p. 375-81.
Klepeis, N.E., W.R. Ott, and P. Switzer, A multiplesmokermodel for predicting
indoor air quality in public lounges. Environ Sci Technol, 1996. 30(9): p. 28132820.
Repace, J.L. and A.H. Lowrey, An indoor air quality standard for ambient tobacco smoke based on carcinogenic risk. N Y State J Med, 1985. 85(7): p.
381-3.
Repace, J.L. and A.H. Lowrey, An enforceable indoor air quality standard for
environmental tobacco smoke in the workplace. Risk Anal, 1993. 13(4): p.
463-75.
Coghlin, J., S.K. Hammond, and P.H. Gann, Development of epidemiologic
tools for measuring environmental tobacco smoke exposure. Am J Epidemiol,
1989. 130(4): p. 696-704.
Repace, J.L. and A.H. Lowrey, Indoor air pollution, tobacco smoke, and public
health. Science, 1980. 208(4443): p. 464-72.
Cummings, K.M., et al., Measurement of lifetime exposure to passive smoke.
Am J Epidemiol, 1989. 130(1): p. 122-32.
Fontham, E.T., et al., Lung cancer in nonsmoking women: a multicenter casecontrol study. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev, 1991. 1(1): p. 35-43.
39.
40.
41.
42.
43.
44.
45.
46.
47.
48.
49.
50.
51.
52.
53.
54.
55.
56.
57.
58.
Repace, J.L. and A.H. Lowrey, A Quantitative Estimate of Nonsmokers' Lung
Cancer Risk from Passive Smoking. Environment International, 1985. 11: p. 322.
Guerin, M.R., Formation and physicochemical nature of sidestream smoke.
IARC Sci Publ, 1987(81): p. 11-23.
Hammond, S.K., et al., Markers of exposure to diesel exhaust and cigarette
smoke in railroad workers. Am Ind Hyg Assoc J, 1988. 49(10): p. 516-22.
Miesner, E.A., et al., Particulate and nicotine sampling in public facilities and
offices. Japca, 1989. 39(12): p. 1577-82.
Nagda, N.L., et al., Airliner Cabin Enivronment: Contaminant Measurements,
Health Risks & Mitigation Options. Report DOT P-15-89, U.S. Department of
Transportation, Washington, D.C., December 1989), 1989.
Benowitz, N.L., The use of biologic fluid samples in assessing tobacco smoke
consumption. NIDA Res Monogr, 1983. 48: p. 6-26.
Vu Duc, T. and C.K. Huynh, [Exposure to involuntary smoking in local indoor
air. Problems linked to the measurement of exposure to tobacco smoke]. Soz
Praventivmed, 1986. 31(4-5): p. 244-6.
Benowitz, N.L. and P. Jacob, 3rd, Metabolism of nicotine to cotinine studied by
a dual stable isotope method. Clin Pharmacol Ther, 1994. 56(5): p. 483-93.
Jarvis, M.J., et al., Elimination of cotinine from body fluids: implications for
noninvasive measurement of tobacco smoke exposure. Am J Public Health,
1988. 78(6): p. 696-8.
Iwase, A., M. Aiba, and S. Kira, Respiratory nicotine absorption in nonsmoking females during passive smoking. Int Arch Occup Environ Health,
1991. 63(2): p. 139-43.
Benowitz, N.L., et al., Cotinine disposition and effects. Clin Pharmacol Ther,
1983. 34(5): p. 604-11.
Curvall, M., et al., The pharmacokinetics of cotinine in plasma and saliva from
non-smoking healthy volunteers. Eur J Clin Pharmacol, 1990. 38(3): p. 281-7.
Daenens, P., et al., Determination of cotinine in biological fluids by capillary
gas chromatography-mass spectrometry-selected-ion monitoring. J Chromatogr, 1985. 342(1): p. 79-87.
De Schepper, P.J., et al., Kinetics of cotinine after oral and intravenous administration to man. Eur J Clin Pharmacol, 1987. 31(5): p. 583-8.
Cummings, K.M., et al., Measurement of current exposure to environmental
tobacco smoke. Arch Environ Health, 1990. 45(2): p. 74-9.
Collett, C.W., J.A. Ross, and K.B. Levine, Nicotine, RSP, and CO² levels in
bars and nightclubs. Environment International, 1992. 18: p. 347-352.
Hyvarinen, M.J., et al., Nicotine and 3-ethenylpyridine concentrations as
markers for environmental tobacco smoke in restaurants. Indoor Air, 2000.
10(2): p. 121-5.
Kuusimaki, L., et al., Determination of nicotine as an indicator of environmental tobacco smoke in restaurants. Am J Ind Med, 1999. Suppl 1: p. 152-4.
Ellingsen, D.G., et al., Airborne exposure and biological monitoring of bar and
restaurant workers before and after the introduction of a smoking ban. J Environ Monit, 2006. 8(3): p. 362-8.
Skogstad, M., et al., Cross shift changes in lung function among bar and restaurant workers before and after implementation of a smoking ban. Occup Environ Med, 2006. 63(7): p. 482-7.
53
59.
60.
61.
62.
63.
64.
65.
66.
67.
68.
69.
70.
71.
72.
73.
74.
75.
76.
77.
54
Mulcahy, M., et al., Secondhand smoke exposure and risk following the Irish
smoking ban: an assessment of salivary cotinine concentrations in hotel workers and air nicotine levels in bars. Tob Control, 2005. 14(6): p. 384-8.
Maskarinec, M.P., et al., Determination of exposure to environmental tobacco
smoke in restaurant and tavern workers in one US city. J Expo Anal Environ
Epidemiol, 2000. 10(1): p. 36-49.
Gee, I.L., et al., Second-hand smoke levels in UK pubs and bars: do the English Public Health White Paper proposals go far enough? J Public Health (Oxf),
2006. 28(1): p. 17-23.
Bolte, G., et al., Exposure to environmental tobacco smoke in German restaurants, pubs and discotheques. J Expo Sci Environ Epidemiol, 2007.
Johnsson, T., et al., Occupational exposure of non-smoking restaurant personnel to environmental tobacco smoke in Finland. Am J Ind Med, 2003.
43(5): p. 523-31.
Hedley, A.J., et al., Risks for heart disease and lung cancer from passive
smoking by workers in the catering industry. Toxicol Sci, 2006. 90(2): p. 53948.
Middleton, E.T. and A.H. Morice, Breath carbon monoxide as an indication of
smoking habit. Chest, 2000. 117(3): p. 758-63.
Jamrozik, K., Estimate of deaths attributable to passive smoking among UK
adults: database analysis. BMJ, 2005. 330(7495): p. 812.
Jarvis, M.J., J. Foulds, and C. Feyerabend, Exposure to passive smoking
among bar staff. Br J Addict, 1992. 87(1): p. 111-3.
Woodward, A. and M. Laugesen, Deaths in New Zealand attributable to second-hand cigarette smoke: a report to the New Zealand Ministry of Health.
Wellington: Wellington School of Medicine, 2000.
Bohanon, H.R., Jr., et al., An international survey of indoor air quality, ventilation, and smoking activity in restaurants: a pilot study. J Expo Anal Environ
Epidemiol, 2003. 13(5): p. 378-92.
Lampert, T. and M. Burger, [Smoking habits in Germany -- results of the German National Telephone Health Survey 2003]. Gesundheitswesen, 2004.
66(8-9): p. 511-7.
Schulze, A., et al., [Results of two nationwide "smoke-free" campaigns]. Gesundheitswesen, 2005. 67(12): p. 872-8.
Riboli, E., et al., Misclassification of smoking status among women in relation
to exposure to environmental tobacco smoke. Eur Respir J, 1995. 8(2): p. 28590.
Nyberg, F., et al., Environmental tobacco smoke and lung cancer in nonsmokers: does time since exposure play a role? Epidemiology, 1998. 9(3): p. 301-8.
Nyberg, F., et al., A European validation study of smoking and environmental
tobacco smoke exposure in nonsmoking lung cancer cases and controls.
Cancer Causes Control, 1998. 9(2): p. 173-82.
Nyberg, F. and G. Pershagen, Passive smoking and lung cancer. Accumulated evidence on lung cancer and environmental tobacco smoke. BMJ, 1998.
317(7154): p. 347-8; author reply 348.
Bates, M.N., et al., Exposure of hospitality workers to environmental tobacco
smoke. Tob Control, 2002. 11(2): p. 125-9.
U.S. Environmental Protection Agency; Respiratory Health Effects of Passive
Smoking: Lung Cancer and Other Disorders (EPA 600/690/006B, December
1992).
78.
79.
80.
81.
82.
83.
84.
85.
Tunstall-Pedoe, H., M. Woodward, and C.A. Brown, The drinking, passive
smoking, smoking deception and serum cotinine in the Scottish Heart Health
Study. J Clin Epidemiol, 1991. 44(12): p. 1411-4.
Jenkins, R.A. and R.W. Counts, Personal exposure to environmental tobacco
smoke: salivary cotinine, airborne nicotine, and nonsmoker misclassification. J
Expo Anal Environ Epidemiol, 1999. 9(4): p. 352-63.
Etzel, R.A., A review of the use of saliva cotinine as a marker of tobacco
smoke exposure. Prev Med, 1990. 19(2): p. 190-7.
Ogden, M.W., Occupational exposure to environmental tobacco smoke.
JAMA, 1996. 275(6): p. 441; author reply 442.
Ogden, M.W., Estimating exposure to environmental tobacco smoke. Jama,
1996. 276(8): p. 603-4.
Moshammer, H., M. Neuberger, and M. Nebot, Nicotine and surface of particulates as indicators of exposure to environmental tobacco smoke in public
places in Austria. Int J Hyg Environ Health, 2004. 207(4): p. 337-43.
Cains, T., et al., Designated "no smoking" areas provide from partial to no protection from environmental tobacco smoke. Tob Control, 2004. 13(1): p. 17-22.
Britton, J., Lifting the smokesreen: 10 reasons for a smoke free Europe. ERSJ,
2006.
55